Scheitert die liberale Demokratie? Von der Gefahr des Verschwörungsglaubens

Nach dem Fall der Berliner Mauer von 1989 und dem Zerfall der Sowjetunion schien von den großen Ideologieströmen des 20. Jahrhunderts Faschismus, Marxismus und Liberalismus nur die letzte Variante übrig zu haben. Francis Fukuyama landete 1992 einen Bestseller mit der entsprechenden These vom “Ende der Geschichte”.

Doch Wirtschaftskrisen mit enormen Zugewinnen für die Ohnehin-Reichen, Terrorkampagnen, Kriege und vor allem eine – durch das Internet und Mehrheitswahlrechtssysteme zusätzlich befeuerte – Polarisierung der politischen Lager begannen den Liberalismus immer stärker in Frage zu stellen. Flüchtlingsströme und die gerne verdrängten Ängste vor einer längst stattfindenden Klimakrise gaben rechtspopulistischen Bewegungen weiteren Auftrieb.

In den USA wurde “liberal” zu einem Schimpfwort, das sich auf den Linksliberalismus bezog und im deutschen Sprachgebrauch SozialdemokratInnen und dogmatische SozialistInnen immer stärker und mit antisemitischen Verschwörungsmythen kombiniert zu einer vermeinlichen “Kulturmarxismus”-Weltverschwörung zusammenpackte. In Deutschland wurde dagegen “neoliberal” ganz umgekehrt zu einem Synonym für Sozialdarwinismus, wenn nicht gar Faschismus umgedeutet – nicht zuletzt befeuert durch Rechtslibertäre, die genau auch solche Fantasien samt Tyrannophilie äußerten.

In der aktuellen Autobiografie des Demokraten Barack Obama “A Promised Land – Ein verheißenes Land” schilderte der ehemalige US-Präsident, wie seine Versuche zum Brückenbau – unter anderem durch einen republikanischen Verteidigungsminister – immer stärker unter Beschuss gerieten – und zwar sowohl von Rechtslibertären wie auch vom linken Flügel der eigenen Partei. Schließlich empfahl er sogar ein heftiges Buch von Patrick Deneen mit dem schockierenden Titel “Why Liberalism failed” – Warum der Liberalismus gescheitert ist. Darin schilderte Deneen wie die Idee der individuellen Menschen- und Freiheitsrechte, unterlegt von Mythen wie den eines Gesellschaftsvertrages, absoluten Marktes oder absoluten Staates Links- und Rechtsliberale zunehmend gespaltet und schließlich zum Kompromiss unfähig gemacht habe.

Zwar sah – und sehe – ich die Situation in Europa und etwa Deutschland noch positiver, doch die Richtung lässt sich schwer leugnen: 2015 beendete ich meine (honorarfreie) Textarbeit für “eigentümlich frei”, weil das “freiheitlich” angelegte Magazin immer stärker wie seine US-Pendants in einen wütenden Markt-Staat-Dualismus, Sozialdarwinismus und auch Frauenfeindlichkeit und Rassismus umkippte. Auch dem Exodus von Liberalen aus der Friedrich-August-von-Hayek-Gesellschaft schloss ich mich schließlich an, als immer mehr Rechtspopulisten eingeladen und die demokratische Mitte letztlich für einen Schwenk nach Rechtsaußen aufgekündigt wurde.

Für mich persönlich bedeutete das auch die Erkenntnis, dass die sog. Hufeisen-Theorie schlichtweg falsch war, nach der Unvernunft, Verschwörungsmythen und Antisemitismus nur von den rechten und linken Rändern drohen würden – mit Entsetzen sah ich Menschen wie Oliver Janich, Markus Krall und Tilmann Knechtel in antisemitischen Verschwörungsglauben abdriften, die sich selbst als “Mitte der Gesellschaft”, als “weder rechts noch links” und als “freiheitlich” verstanden hatten. Auch Deutsche mit Migrationshintergrund wie Attila Hildmann und Xavier Naidoo radikalisierten sich in ihren Medienblasen in extreme Verschwörungsmythen etwa zu Hexensalbe / Adrenochrom. Verschwörungsbewegungen wie die sog. Querdenker zielten sogar von Anfang an auf das zahlungskräftige Bürgertum – von linken EsoterikerInnen über wütende Unternehmer bis hin zu Rechtsautoritären mit tyrannophilen Sehnsüchten nach Putin, Erdogan, Trump, Orban usw.

Selbst hier auf dem streng moderierten Blog können Sie sich über Monate wiederkehrende Troll-Attacken etwa von “hto” (sozialistisch) oder “Lars” (rechtslibertär) analysierend antun, die schließlich die Grundlagen eines zivilen Diskurses digital aufkündigten.

Zerfällt der Liberalismus also auch in Deutschland zwischen Sozial- und Neoliberalen, die einander immer mehr zu Feinden werden, ja einander der Verschwörung bezichtigen? Liefern wir einander – digital polarisiert – den Radikalen aus? Und was wird dann aus der Idee der Menschenrechte und gleichen Menschenwürde, der Gewaltenteilung, demokratischer Wahlen und des Dialoges zwischen Vernünftigen? Ist der Liberalismus tatsächlich gescheitert – und was käme danach?  

Der Liberalismus – in der Krise oder schon am Ende? Vortragsfolie Michael Blume

Ich bin nicht bereit, in den generellen Abgesang auf den Liberalismus einzustimmen. Denn im Gegensatz zu extremen Ideologien war und ist es ja gerade die innere Vielfalt, aus der sich diese Weltanschauung immer wieder erneuern konnte. Auf die klassischen Markt-Liberalen (“Nachtwächterstaat”, heute: Libertarians, sog. First Wave) folgten die stärker staatlich orientierten Sozialliberalen (“Social Liberals, Progressives”, Second Wave). Neoliberale wie Walter Eucken und Franz Böhm entdeckten dazwischen, dass funktionierende Märkte von klugen Regeln abhingen und setzten zum Beispiel in der Bundesrepublik Anti-Kartellgesetze durch. Die Frage ist, ob eine “Third Wave” eines evolutionären Liberalismus nach Antoinette Brown Blackwell, Franz Böhm und Karl Popper gelingt, der sowohl Markt- wie Staats-Mythologien in ihren Begrenztheiten durchschaut und wissenschaftlich informierte Antworten auf die sozialen und ökologischen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts aufnehmen und durchsetzen kann.

Entsprechend habe ich mich sehr gefreut, als mich das Walter-Eucken-Institut der sog. Freiburger Schule ausdrücklich zum Thema “Liberalismus und Verschwörungsglauben” einlud. Ich hoffe, es ist mir wenigstens in Ansätzen gelungen, deutlich zu machen, warum Verschwörungsglauben und Antisemitismus eben nicht nur Links- und Rechtsaußen bedrohen, sondern auch genau die Philosophien und Weltanschauung, auf denen unser demokratischer Rechtsstaat sowie die Europäische Union basieren. Denn ich fürchte, das “Ende der Geschichte” erwarten nur noch apokalyptische Verschwörungsgläubige, während liberale Demokratinnen und Demokraten darum kämpfen müssten, dass die Geschichte der Menschheit inmitten von Pandemien, Klimakrise, Rohstoffkriegen und Flüchtlingsströmen weitergeschrieben werden kann…

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Dr. Michael Blume studierte Religions- und Politikwissenschaft & promovierte über Religion in der Hirn- und Evolutionsforschung. Uni-Dozent, Wissenschaftsblogger & christlich-islamischer Familienvater, Buchautor, u.a. "Islam in der Krise" (2017), "Warum der Antisemitismus uns alle bedroht" (2019) u.v.m. Hat auch in Krisenregionen manches erlebt und überlebt, seit 2018 Beauftragter der Landesregierung BW gg. Antisemitismus. Auf "Natur des Glaubens" bloggt er seit vielen Jahren als „teilnehmender Beobachter“ für Wissenschaft und Demokratie, gegen Verschwörungsmythen und Wasserkrise.

91 Kommentare

  1. Dialog unter vernünftigen

    Sie löschen ja alles weg, was sie für Verschwöhrungsglauben, Blödsinn oder unsachlich, also für “unvernünftig” halten. Und entscheiden dann sozusagen eigenmächtig über Wirklichkeit und den Dialog. Wer so das “Hausrecht” handhabt, ist Teil der Provokation und selbst Ursache der Spaltung.

    Die Frage ist ja nicht, wer wen das Prädikat “vernünftig” verleihen darf, oder wer tatsächlich vernünftig sei, sondern, wer sich dem Dialog generel verweigert und so (mit Löschung der beteiligten Inhalte) den Eindruck erwäcken, das da weiter nichts zu sagen wäre, als nur, was stehen bleibt.

    Dabei verweigern sie mit der Löschung/Zensur den Dialog, nachdem sie nach freischnauze entschieden haben, was “unvernünftig” ist.

    Und überhaupt: Zensur ist gerade nicht “liberal”. Es ist aktiv illiberal und gar authoritär. Und es erzeugt auch diese beklagte offene Feindschaft.
    Damit kann man natürlich auch “Politik” machen, die subtil wirkt, und man jeden, der aus der Fassung gerät, sofort auch als Diskreditiert darstellen kann.

    Genau das ist auch ihre Taktik: Sie sind doch auch so der Typ, der gerade nicht auf Inhalte eingeht, sondern zu jedem Szenario gleich eine höhere Ethik erwidert oder Banalitäten retouriert, um ja nicht auf ein Problem eingehen zu müssen. Daraus resultiert der Eindruck der vollkommenen Dialogunfähigkeit/unwilligkeit.

    • Ja, @Demolog – ich musste leider gerade auch in der Blogosphäre lernen, dass Trolle gar keinen Dialog wünschen, sondern ihn zerstören. Sie verschanzen sich hinter Pseudonymen, interessieren sich Null für andere Fakten und Themen, sondern verlangen nur aggressiv Aufmerksamkeit für sich, ihre Verschwörungsmythen, ihren Opferneid. Sie missbrauchen die Toleranz, um ihre eigene Intoleranz hinauszublöken.

      Also: Ja, ich gebe Karl Popper auch hierbei Recht und halte das Menschenbild des klassischen Liberalismus für viel zu positiv. Zu jeder Freiheit finden sich leider auch schnell Menschen, die diese Freiheit egoistisch missbrauchen. Manche können und manche wollen nicht vernünftig und fair agieren. Im Internet kann das ja inzwischen jede/r selbst sehen. Wer Qualität und Vernunft anstreben will, muss dazu die ewigen Trollereien konsequent unterbinden.

    • @demolog

      Kann ich nicht bestätigen. Ich habe mich mit Herrn Blume durchaus schon heftig in der Wolle gehabt. Habe zeitweise meinem Nick auch alle Ehre gemacht und hier Verschwörungstheorien verbreitet. Bin z.B. nach wie vor der Überzeugung, daß Anis Amri nicht den Truck in den Weihnachtsmarkt am Berliner Breitscheidplatz gesteuert hat. Das ist von Herrn Blume durchweg freigeschaltet worden. So selten ist mal ein Beitrag von mir nicht freigeschaltet worden – neulich noch hatte ich was zur selektiven Bibellektüre des Herrn Blume, daß ich das für ein Versehen halten darf. Das sehr selten vorkommt.

      Legendär inzwischen ist Blumes Adenochrom-/Xavier-Naidoo-Beitrag. Da hat er sogar ausführliche Kommentare von Qultisten freigeschaltet, die hier ausführlich ihre Theorien verbreitet hatten. Angela Merkel sei gar nicht wegen Covid quarantänisiert, sondern, wie Boris Johnson, schon in Haft und ähnliches.

      • Danke, @Alubehüteter. Und, ja, meine Toleranz ist weit. Doch muss ich Sie gelegentlich bei Formulierungen bremsen, die weniger faire Leute… ermutigen würden. Bitte beachten Sie auch selbst die Wucht Ihres sprachlichen Könnens! ☺️📚💁‍♂️

      • @ Alubehüteter

        “Kann ich nicht bestätigen. Ich habe mich mit Herrn Blume durchaus schon heftig in der Wolle gehabt.”

        Geht mir genauso. Ich bat sogar darum etwas nicht zu veröffentlichen -Herr Blume hat sich vorbildlich immer daran gehalten. Ich bin ihm da sehr dankbar. Aber…Jetzt kommt’s. Herr Blume vermarktet sich auch hier auf dem Blog. Das darf man nicht vergessen. Natürlich will er stets gut aussehen -will man ihm das anlasten? Die Eitelkeit ist des Menschen stete Versuchung. Konstantin Wecker:
        “Ich bin dem Sanften nicht gewogen,
        auch langweilt mich der milde Blick,
        mich hat das Feuer großgezogen,
        zum Feuer will ich auch zurück.”
        Besser kann man die Psychologie eines Fausts in Verbindung mit Luzifer nicht ausdrücken. Ich sympathisiere gerne mit dem Bösen -ganz im Sinne Nietzsches. Denn im Bösen liegt die Entwicklung -das Gute will das Alte! Ob das Blume freischaltet? Ich denke, er tut es. Noch hadert er mit dem Bösen -noch will er zu den Guten gehören. Doch was ist gut? Was ist Wahrheit?, so frug schon einst Pilatus.

        • So ist es, @Dietmar Hilsebein. Bedenken Sie jedoch bitte auch, dass ich mich durch die digitale Präsenz angreifbar mache. Während ich allen Kommentierenden das Recht auf ein Pseudonym zugestehe und sich auch ein Schauspieler hinter seine Rolle zurückziehen kann, muss ich mich nicht nur für jedes eigene Wort hier verantworten, sondern setze mich auch jedem Kommentar aus.

          Eitelkeit betrifft mich ganz sicher wie jede/n andere/n auch. Aber gerade auch die Moderation hier – die ich ebenso wie das Bloggen im Ehrenamt betreibe – dient weniger der Selbstdarstellung als dem Selbstschutz. Die Begriffe und Thesen sind der Kritik ausgesetzt, doch als Mensch würde ich meine „Daseinsberechtigung“ gerne behalten…

          „Wenn einer weiß, daß sein Wissen morgen überholt sein kann, wird er kaum damit prahlen.“ – Karl Popper, „Tatsachen, Maßstäbe und Wahrheit“, 1961/2003

  2. “Freiheit” ist wie “Gerechtigkeit” und neuerdings auch “Nachhaltigkeit” eine der großen und unverzichtbaren regulativen Ideen einer menschlichen Gesellschaft. Aber die Rückbesinnung auf den Ordoliberalismus wird für eine Revitalisierung des Liberalen nicht reichen. Das bliebe zu sehr darin gefangen, Freiheit als (eingehegte) Unternehmerfreiheit zu denken. Und selbst an dem Punkt sollte man frischer denken, siehe z.B. das nach wie vor instruktive Buch “Freiheit gehört nicht nur den Reichen” von Lisa Herzog.

    • Ja, @Joseph Kuhn – deswegen optierte ich ja ausdrücklich auch für eine wissenschaftlich informierte „Third Wave“ des Liberalismus nach dem (neo-)klassischen und dem (links-)progressiven Modell. Danke für den Lesetip!

    • Kurzbeschreibung des Buches

      Freiheit ist mehr als die Freiheit, zu wirtschaften. Dieses Buch stellt dar, wie Liberalismus heute gedacht werden muss, damit er nicht im Widerspruch zu Gerechtigkeit, Nachhaltigkeit und einem gelingenden Leben steht. Freiheit, so das Plädoyer, muss vielschichtiger verstanden werden, um zu sehen, welche Rolle Märkte für eine gute Gesellschaft spielen können. Jenseits des politischen Schubladendenkens wird das Bild einer Gesellschaft entworfen, die allen Mitgliedern ein selbstbestimmtes Leben ermöglicht und dabei mit den begrenzten Ressourcen der natürlichen Welt vereinbar ist.
      Das Buch führt in zentrale Themen der Ideengeschichte, Wirtschaftstheorie und Sozialphilosophie ein und legt die Denkmuster offen, die viele heutige Debatten prägen. Unter anderem geht es um die Frage nach einem realistischen Menschenbild jenseits des homo oeconomicus, um das Verhältnis negativer, positiver und republikanischer Freiheit und um die Frage, wie eine Politik aussehen kann, die sich auch jenseits des Wachstumszwangs an einem selbstbestimmten Leben für alle Menschen orientiert. Nicht zuletzt zeigt das Buch auf, wie mit einem zeitgemäßen Freiheits- und Menschenbild Märkte wieder in den Dienst einer gerechten Gesellschaft gestellt werden können.

      Offensichtlich reicht es die Kurzbeschreibung zu lesen, um den zeitgeistlich-reformistischen “Wert” erkennen zu können, oder anders ausgedrückt: Den irrigen “Tanz um den heißen Brei”, der immer nur geführt wird um mit “Finger und Löffel” dem Rand etwas abzuringen ohne dem Kern / der Ursache nicht nahe zu kommen / nicht gefährlich nahe kommen zu müssen!?

  3. Eine insgesamt positive Zukunftssicht und der Glaube, jeder könne zu seinem eigenen Glück und zu einer besseren Gesellschaft etwas beitragen, bilden das beste Abwehrdispositiv sowohl gegen antidemokratische, antiliberale Bewegungen als auch gegen die Sehnsucht nach Führerfiguren, die dazu in der Lage sind, die angeblich für eine gute Zukunft nötige Ordnung herzustellen.

    In den USA herrschte diese positive Zukunftssicht bis in die 1990er Jahre, weswegen dort weder ausgeprägt rechte, ausgeprägt linke oder sektiererische Gruppierungen an Boden gewannen, noch eine so tiefe Polarisierung zwischen den politischen Lagern herrschte wie heute.

    Ähnliches gilt auch für weite Teile des Nachkriegseuropas, wo ähnlich wie in den USA die meisten glaubten, ihre Kinder würden es ebenso gut oder besser haben als sie selbst.

    Mein Eindruck: wenn sich das Bild der Zukunft bei der Bevölkerungsmehrheit verfinstert, dann steigt die Bereitschaft, Demokratie und Freiheit für angeblich Besseres zu opfern.

      • Dass Demokratie und das Beharren auf dem Fundament der Rechtsstaatlichkeit auf der Basis eines universalen Verständnis des Menschen und seiner Fähigkeit zur Humanität sich vor allem einer Phase der Krise und manifester Abstiegsangst bewähren muss, ist leider – eigentlich – eine BInsenwahrheit, welche aber leider vor allem dann in Vergessenheit zu geraten droht, wenn sie dringend nottut.

        Ich halte aber die Vorstellung, es gehe deshalb nur darum, mit vereinten Kräften eine positive Zukunftserwartung zu wecken, für wenig richtungsführend. Denn das Abdriften in eine auf der Makroebene irrationale, aber scheinbar dem eigenen Verharrungsvermögen hilfreichen narzisstischen Ideologien, geschieht ja bei den meisten Menschen nicht aufgrund eines bewussten Kalküls, sondern aufgrund ‘subkutan’ aufgenommener stetig ansteigender Angstmomente, für die Verschwörungserzählungen einen opportunen Rationalisierungsrahmen bilden, der Mobilisierungspotzenzial bietet. Die hieraus sich entwickelnde soziale Blase gibt dann noch zusätzlich psychischen Halt im Kollektiv.

        Dies ist nicht so einfach durch Gegennarrative korrigierbar. Vielmehr gilt es, alle einzusammeln, die diesem Drang nicht erliegen, und die Gefahr der inneren Desintegration einer Gesellschaft wahrheitsgemäß und mit der gebotenen Offenheit und Wahrheitsliebe auszusprechen, um alle die sozial zu bündeln, die noch zur Vernunft fähig sind – und zar über sonstige trennende Linien hinweg: ob klassische Sozialdemokraten, klassische Liberale, moderate Wertekonservative, moderate Christen, Muslime, (Juden sowieso – die Erfahrung von Gefahr, wo das universale Fundament des Humanismus Schiffbruch erleidet, ist historisch unvergesslich) sowie Humanisten, um vereint als eine gemeinsame Basis für das Fundament des Grundgesetzes als stabiler kollektiver Akteur sichtbar eine rationale und auf Bewältigung zielende Krisenkommunikation zu beginnen.

        Dann wird man die Mehrheit der Menschen hinter sich bekommen und den immer weiter sich radikalisierenden Kräfte der Spaltung, die alle ein poralisierendes und manichäisch strukturiertes Weltbild ein, das sich eo ipso in einer permanenten Eskalationsspirale bewegen muss.

        Wichtig ist, dass alle, die die Dringlichkeit sehen, die Gesellschaft wieder auf der Basis der Vernunft zu einen, nicht der Versuchung nachgibt, die eigenen Position durch taktisches Flirten mit den irrationalen Milieus, sondern entschieden zu all diesen Kräften Distanz halten.

        Erst wenn eine sichtbare Kraft der Synthese sichtbar und sozial erfahrbar ist, kann sie darauf setzen, vertrauensbildend auf alle zu wirken, die verunsichert sind, aber noch keiner der auf Projektion beruhenden Wahnvorstellungen verfallen sind.

        Desintegration ist ein sozialpathologischer Prozess, dem nur durch eine auch atmosphärisch spürbare Integrität eines ihm entgegenwirkenden sozial weiter aufgestellten Akteur wirksam begegnet werden kann. Erst muss der nervösen Erhitzung Ruhe und Stabilität entgegengesetzt werden, dann erst sind viele wieder aufnahmefähig für Vernunft.

  4. Es scheint bei vielen Menschen einen starken Drang zu geben, anderen immer größere Bereiche ihres Lebens und Handelns vorzuschreiben – und zwar auf immer größeren politischen Ebenen. Das führt dazu, dass sich viele Menschen von der politischen Gemeinschaft abgekoppelt fühlen. Die extremistischen Bewegungen in vielen (westlichen) Ländern sind eine Art irrationaler Hilfeschrei.

    Beispiel Obama, der ja angeblich immer Brücken bauen wollte: Er drückte eine verpflichtende Krankenversicherung auf Bundesebene durch, obwohl etwa die Hälfte der Amerikaner dies strikt ablehnt. Die richtige politische Ebene für die Krankenversicherung wäre der einzelne Bundesstaat gewesen, wo es ja durchaus auch positive Beispiele gibt. Sein nationales Projekt hat die Gesellschaft weiter gespalten.

    Ähnliche Beispiele gibt es in vielen Bereichen und Ländern, der Brexit und Euro-Frust in vielen EU-Ländern sind nur zwei von ihnen.

    Die Lösung für viele unserer Probleme können nur eine kluge Regionalisierung von Politik und weniger Zentralstaatlichkeit sein. Das schließt ja keinesfalls aus, dass die Regionen bei wichtigen Themen zusammenarbeiten.

    Diese Regionalisierung ist aus meiner Sicht auch das zentrale Thema für den Liberalismus der Zukunft.

    • Das ist ein spannender Gedanke, @Tim. Allerdings müssten dann doch kleinere Nationalstaaten wie Dänemark oder Österreich weniger Rechtspopulismus aufweisen als größere Bundes- oder gar Zebtralstaaten wie Deutschland oder Frankreich. Das kann ich aber nicht erkennen. Hätten Sie auch dafür eine Erklärung? 🤔

      Mit ehrlich interessierten Grüßen!

      • Ich verstehe Tim eher so, dass es in großen gesellschaftlichen Entitäten zu einer zu großen Distanz zwischen der Ebene der Entscheider und der Ebene der Betroffenen kommt. Daraus resultiert am Ende gegenseitiges Unverständnis, gefolgt bei Abwehr und Aggression.

        Ein Beispiel wäre z. B. in Berlin die Flüchtlingsunterkunft direkt an die Grenze von Einfamilienhäusern und deren Gärten zu setzen. Weder die Bewohner der Unterkunft, noch die Hauseigentümer finden das super … wurde halt von “Oben” entschieden. “Auch den MUF-Bewohnern ist die Nähe peinlich. Sie haben weder Rollläden noch Gardinen, also hängen sie Laken an die Fenster.

        Hier wurde zwar geltendem Recht Genüge getan, aber die goldene Regel der Ethik missachtet “Man soll niemals einem Anderen antun, was man für das eigene Selbst als verletzend betrachtet. Dies, im Kern, ist die Regel aller Rechtschaffenheit” (Mahabarata).

          • Selbstverständlich habe ich die Geflüchteten zu Wort kommen lassen: Auch den MUF-Bewohnern ist die Nähe peinlich. Sie haben weder Rollläden noch Gardinen, also hängen sie Laken an die Fenster.” Ich hab leider nicht recherchiert (mea culpa) wofür “MUF” steht.

          • Nein, @G.C., Sie haben Aktionen auf ein entwurzeltes Leben geschildert, ohne jede Wortmeldung. Klar kann man(n) auch durch Autoritäre und Rohstoffkriege verursachte Flüchtlingsströme dann ein bisschen höhnisch als eine bloße Angelegenheit von Kommunalpolitik runterspielen. Aber die daraus resultierenden Verschwörungsmythen werden weder der Welt noch den Menschen gerecht – und schon gar nicht dem Liberalismus. Diesem fiel es ja umgekehrt schwer, gewaltsame Grenzschließungen herzuleiten. In einem perfekten Gesellschaftsvertrag oder einem perfekten Markt – die es eben niemals gab – wäre Nationalismus gar nicht begründbar, es gäbe auch keine Näheren und Fremderen.

          • Lieber Herr Blume,

            ich startete von hier “Es scheint bei vielen Menschen einen starken Drang zu geben, anderen immer größere Bereiche ihres Lebens und Handelns vorzuschreiben – und zwar auf immer größeren politischen Ebenen. Das führt dazu, dass sich viele Menschen von der politischen Gemeinschaft abgekoppelt fühlen. ”

            Als Beispiel habe ich den Zeitungsausschnitt aus der BZ gewählt, weil die Entscheidung wohl ohne Kenntnis oder schlimmer unter Ignoranz der Verhältnisse vor Ort getroffen wurde und keiner(sic!) am Ende der Betroffenen ist mit der Lösung glücklich.

            Hohn = stark abwertende Form der Kommunikation mag ich nicht erkennen.

            Zu Verschwörungsmythen, Flüchtlingsströmen etc. und dergleichen hab ich mich überhaupt nicht geäußert.

            Mit freundlichem Gruß, Graf Cagliostro

          • Lieber @G.C.,

            anstatt immer wieder nachträglich zu erklären, was Sie angeblich nicht gemeint haben, könnten Sie sich doch auch einfach konstruktiv einbringen? Also: Inwiefern sollte eine kommunale Körperschaft alleine für Flüchtlingsströme verantwortlich sein? Und wie stehen denn nach Ihrer Auffassung Liberalismus und Nationalstaatsgrenzen zueinander?

            Wagen Sie es doch einfach mal, mit nach vorne zu denken, statt immer wieder nur gegen Demokrat(i)en zu sticheln. ☺️

      • Ich weiß nicht, ob der “Rechtspopulismus” in allen genannten Ländern strukturell und inhaltlich identisch ist und man das überhaupt vergleichen kann. Ich vermute allerdings, dass Dänemark und vielleicht auch Österreich insgesamt homogenere Gesellschaften aufweisen als Deutschland und Frankreich.

        Je homogener eine Gesellschaft ist, in desto größeren Entitäten kann man vermutlich politisch entscheiden. In Deutschland, Frankreich, USA, UK haben wir aber längst den Punkt überschritten, an dem alle politischen Entscheidungen des Zentralstaats für alle Bürger akzeptabel ist. Speziell in den USA sehen, dass sich der gesellschaftliche Verband auflöst, wenn man dann weitermacht, als wäre nichts gewesen.

        Der Liberalismus ist ja gerade mit dem Versprechen angetreten, widerstrebende Interessen durch größtmögliche Toleranz unter einen Hut zu bringen. Und das ist – zumindest in den großen Flächenstaaten – meiner Meinung nach nur mir kluger Regionalisierung zu erreichen.

        In der EU hieß das mal Subsidiarität und war ein Kernwert. Leider hat ihn nie jemand sonderlich ernst genommen.

      • Zum Rechtspopulismus in Österreich kann ich etwas sagen:
        er hat seine Wurzeln im Habsburgerreich ab dem österreichisch-ungarischen Ausgleich 1867. (Evtl. schon vorher und anderswo- aber das lasse ich jetzt weg und beschränke mich auf den ungarischen Teil, bei dem ich mich auskenne.) Im ungarischen Teil wurden alle Minderheiten brutal unterdrückt, auch die deutsche Minderheit. Der beste und unverdächtige Zeuge dafür ist (man glaubt es kaum) Jules Verne in seinem Roman “Das Schloß in den Karpathen” . Die deutsche Minderheit hatte aber publizistische und politische Unterstützung im deutschen Reichsteil. Dummerweise war schon 1848 der ungarnfreundliche Sprecher der deutschen Minderheit in Siebenbürgen, Stefan Ludwig Roth, einem ungarischen Justizmord zum Opfer gefallen. Damit sahen sich die Deutschen im Habsburgerreich bedroht. Der Versuch des Kronprinzen Franz Ferdinand aus dem Dualismus einen Dreibund zu machen, scheiterte bekanntlich in Sarajevo. Soviel fürs Erste; Fortsetzung kann folgen.

  5. Sehr geehrter Herr Blume:

    Was den Unterschied des Begriffes “liberal” in den USA und Deutschland angeht, so kenne ich diesen seit 40 Jahren. In Deutschland ist dieser Begriff mit der FDP verbunden, die seit den 1980ern eher in die wirtschaftsliberale Richtung tendierte. Ausnahmen sind Gerhard Baum und Hildegard Hamm-Brücher.

    In den USA war dieser Begriff “linksliberal” also sozialdemokratisch bis sozialistisch. Daher ist er vor allem für “Konservative” ein Schimpfwort.

    Gruß
    Rudi Knoth

    • Oh ja, @Rudi Knoth – dass Begriffe wie „linksliberal“ oder auch „neoliberal“ überhaupt zu Schimpfwörtern werden konnten, ist m.E. ein leider starkes Argument für die Selbst-Zerfleischungs-These zum Liberalismus… 😔

      • @Michael Blume – die Begriffe wie „linksliberal“ oder auch „neoliberal“ werden doch von den jeweiligen Opponenten als Kampfbegriffe benutzt – wieso Selbstzerfleischung?

        Eine Anekdote zu Rudi Knoths passend zu Kommentar: eine aus Bayern in die USA ausgewanderte Familie kommt mit dem 20-jährigen, in den USA sozialisiert, politisch interessiert und den Republikanern nahe stehenden, Sohn zum Familienbesuch in das urbayrische Dorf. Opa ist Dorfbürgermeister (natürlich CSU) – nach längerem Gespräch verkündet Sohnemann “Opa ist ein Kommunist” … hab ich aus erster Hand.

        • Weil, @G.C., das eben die These von Deneen ist: Der Liberalismus „scheitere“ (fails) daran, dass sich Links- und Rechtsliberale dualistisch zerfleischen, der Verschwörung beschuldigen, die gemeinsamen Wurzeln und Anliegen vergessen. So würden sie die liberalen Institutionen (wie die Gewaltenteilung) selbst aushöhlen und schließlich angreifen. Vgl. QAnon von rechts und Identitätspolitik von links.

        • @ Graf Cagliostro

          Ja, alle maßgeblichen Politiker der US-Demokraten wären in Deutschland (mindestens) am rechten Rand der Union.

          Und was in den USA als sozialistisch gilt, ist in Deutschland Konsens. Umgekehrt würde jeder US-Politiker in Deutschland als harter Militarist gelten.

          Leider übersetzen viele Medien das amerikanische “liberal” immer noch mit dem deutschen “liberal”, was natürlich Quatsch ist.

  6. “Selbst hier auf dem streng moderierten Blog können Sie sich über Monate wiederkehrende Troll-Attacken etwa von “hto” (sozialistisch) oder “Lars” (rechtslibertär) analysierend antun, die schließlich die Grundlagen eines zivilen Diskurses digital aufkündigten.”

    Wirst Du denn den Analysierenden (wenn es denn welche geben sollte die sich solch Schwachsinn antun wollen!) auch all die Beiträge/Kommunikationsversuche zeigen die Du aus Angst um Deine heuchlerisch-verlogene Imagepflege nicht veröffentlicht hast, vor allem die am Anfang unseres Kennenlernens??? 🙂

    Einen Troll kannst Du mich ruhig nennen, aber dafür das Du manipulativer Hetzer mich Rassist und Antisemit genannt hast, solltest Du in den Knast kommen – Vielleicht kommt das ja noch, wenn das menschenverachtende imperialistisch-faschistische Erbensystem und der nun “freiheitliche” Wettbewerb endlich bald in Gemeinschaftseigentum, wirklicher Wahrhaftigkeit und zweifelsfreier Eindeutigkeit umgewandelt/globalisiert wird!?

    Es läuft jedenfalls die letzte Runde, die hoffentlich nicht wie gewohnt in kriegerischer Gewalt eskaliert!!!

    • Lieber @hto,

      Danke, dass Sie auch diesen Blogtext gleich wieder bestätigen. Es fällt Ihnen wohl gar nicht auf, dass Sie einerseits mit Schimpfkanonaden um sich werfen – aber andererseits jeden Widersprechenden umgehend „in den Knast“ wünschen. Respekt und Augenhöhe kriegen Sie als autoritäre und aggressive Persönlichkeit nicht hin und halten sich doch für „links“. Immerhin zeigen Sie uns damit, wohin politisches Denken jenseits von Liberalismus immer wieder führt.

      Ihnen gute Besserung. Und seien Sie versichert, dass mich Ihre Trollerei ebenso motiviert wie die Ihrer Pendants von Rechtsaußen. Wir Demokrat:innen lassen es ja nicht einmal zu, dass Sie sich gegenseitig einknasten… 😉💁‍♂️🇩🇪🇪🇺🖖

  7. Anders als Paul Krugman, nach dem das Auseinanderdriften der US-amerikanischen Gesellschaft systematisch politisch herbeigeführt wurde, denke ich, dass die Ursache einer (vermeintlich) voranschreitenden Radikalisierung nicht allein an diesem Aspekt festzumachen sein wird. In Erwägung gezogen werden sollte, dass Scott Atrans Erkenntnisse über die Entstehung von Gewaltextremismus auch für “normalen” Extremismus und dem damit korrelierten Aufblühen diverser Verschwörungsmythen sowie deren Anhängerschaft gilt.
    Dies umso mehr, da die zukünftige Perspektive sowie das Lösen von bevorstehenden Problemen dem Vernehmen nach sehr stark und fast ausschließlich an eine weitere Technologisierung gekoppelt ist.Weitaus weniger wird darüber diskutiert – insbesondere in Deutschland! – wie dabei der Mensch mit sich selbst umgehen soll. Meines Wissens ist der Psychologe Robert Sternberg einer der ganz wenigen, die die Problematik des 21. Jahrhunderts in Forschungsarbeiten “auf menschliche Anforderungen” herunterbrach und hier mit einem sehr interessanten Modell aufwartete, welches allerdings gleichzeitig ein Armutszeugnis für das gegenwärtige Establishment (politisch, wirtschaftlich und wissenschaftlich) darstellt.

    Man muss nicht so weit gehen wie Stefan Bauberger und den (Natur-)Wissenschaften Versagen attestieren obschon sie für den Einen oder Anderen einen perfekten (und legitimen?) Nährboden für Sozialdarwinismus feilböten. Die Problematik des Klimawandels zeigt jedoch, dass Technologie und Wissenschaften nicht ausreichen, um Problem zu lösen, diese sogar beschleunigen oder erst verursachen.
    Es ergibt – wie Sie selbst schon postulierten – zudem keinen Sinn, wenn sich stützenden Pfeiler (z. B. Religion und Wissenschaft) unserer freien Kultur gegenseitig bekämpfen wodurch letztlich die vorherrschende Unsicherheit vertieft wird und entsprechend dem Ansatz Atrans zu einer Radikalisierung führen kann. Um den Althistoriker Géza Alföldy zu zitieren: Woran Rom litt, daran leiden auch wir; und was Roms Ende brachte, das droht auch das Ende der europäischen Demokratien zu werden.

    Allerdings sehe ich den westlichen Liberalismus trotz allem nicht unmittelbar in Gefahr (genauso wenig wie die Idee eines Deutschlands im Mittealter durch den damals vorherrschenden herrschaftspolitischen Flickenteppich gefährdet war). Allerdings zeigen China und Russland, dass wohl dosierter (Pseudo-)Liberalismus und an die Gegebenheiten und Bedürfnisse angepasster kapitalistischer Sozialismus erfolgversprechend sind.
    Mich stimmt zuversichtlich, dass man durch die Gegebenheiten des Internets Einzelne lauter schreien hört und sich der Grossteil dennoch bedeckt hält, man somit nur bedingt von objektiver Repräsentativität sprechen kann. Hat sich das Wesen der Menschen durch das Internet verändert oder repräsentiert es nicht deren Wesen, welches schon vorher vorhanden war?

    Der Ausspruch, dass wir seit dem Internet wissen, dass die Perversen in der Überzahl sind, geht davon aus, dass es jemals anders war. War es das wirklich oder hat sich nicht unsere Wahrnehmung durch das Internet angepasst?

    • Vielen Dank, @Martin Schmidt. Aus meiner eigenen Arbeit kann ich sagen, dass der Anteil der Antisemit:innen eher sinkt – aber sich jene digital vernetzen und radikalisieren… 😣

  8. Liberal darf nicht mit führungslos verwechselt werden. Aber genau das geschieht, wenn zu liberal gedacht wird.
    Jimmy Carter ist gescheitert, weil er zu liberal war. Er wurde abgelöst von dem stringenten Ronald Reagan, der den Kalten Krieg beendet hat.
    Führungsstärke dar also auch nicht als nichtliberal gesehen werden.
    Deswegen war die amerikanische Politik mit einer Ausnahme so erfolgreich, weil sich die Republikaner mit den Demokraten regelmäßig abgewechselt haben.

    West- und Mitteleuropa hat mittlerweile auch eine demokratische Tradition und es gibt keine Anzeichen, das sich das ändert. B.Obama war wahrscheinlich frustriert als er von einer Krise des Liberalismus sprach.

    • Danke, @hwied. „Frustriert“ liest sich Obamas Biografie eher nicht. Aber Bitterkeit wegen der abnehmenden Dialog- und Kompromissbereitschaft durch die zunehmend dualistisch auftretenden Republikaner wird schon deutlich. So wurden Republikaner, die mit der gewählten Regierung arbeiteten, als RINOs (Republicans in Name only) verhöhnt und aus der Partei gedrängt.

      • durch die zunehmend dualistisch auftretenden Republikaner

        50 % der Amerikaner sagen genau das übrigens über die Demokraten. 🙂 Es hilft überhaupt nicht, die Schuld nur bei den US-Republikanern und ihren Wählern zu suchen.

        Die politische Spaltung der US-Gesellschaft begann ja auch nicht unter Trump oder Obama, sondern spätestens in den 80er Jahren, ziemlich parallel zur aufkommenden “political correctness”. In den 90er Jahren erlebte sie unter Newt Gingrich dann einen ersten politischen Höhepunkt im Kongress.

        Die Demokraten treiben heute auf Bundesebene Themen voran, die die Republikaner-Wähler zum großen Teil strikt ablehnen. Daher kommt auch das Gefühl der Republikaner, dass ihnen die Demokraten “das Land stehlen”. Man muss sich vergegenwärtigen, dass auf min. 80 % der Fläche der USA Republikaner die Mehrheit haben. Solange die Demokraten das nicht begreifen, wird das Bürgerkriegspotenzial unweigerlich anwachsen.

        • Vielen Dank, @Tim.

          Newt Gingrich (übrigens Nute Gunray in Star Wars 😉 ) haben Sie erwähnt. Ich gebe gerne noch die Gebrüder Koch, die Tea-Party-Bewegung und Rush Limbaugh hinzu. Könnten Sie vergleichbar dualistisch Agierende auf demokratischer Seite benennen? (Ernsthafte, empirisch interessierte Frage.)

          • Star Wars kenne ich nicht wirklich gut, aber ich kann mir in etwa vorstellen, welche Rolle Nute Gunray dort einnimmt. 🙂

            Im Stil gibt es bei den Demokraten sicher nichts, was auch nur annähernd Gingrich & Limbaugh gleicht. Die Republikaner sind heute ein politischer Kampfhund, der seine Gegner totbeißen will, keine Frage.

            Die Demokraten spalten durch die Inhalte ihrer Politik. Wie ich schon schrieb, wollen Republikaner-Wähler möglichst wenig Bundespolitik bzw. Bundeseinfluss in ihrem Leben (wenn man mal vom US-Militär absieht, das überall höchste Zustimmung genießt). In den USA sind ja die Bundesstaaten die eigentlichen Träger der staatlichen Souveränität; diese wurde im Laufe der Geschichte allerdings immer weiter zurückgedrängt. Viele Republikaner sind ausgesprochene “constitutionalists” und verlangen eine Beschränkung der Bundespolitik im ursprünglichen Sinne der Verfassung. Wenn man sich die Verfassung durchliest, merkt man sofort, wie weit sich die USA heute davon entfernt haben. Und mit den Demokraten gibt es eben immer mehr Washington und immer weniger Bundesstaat. Das ist der Ursprung des Hasses.

          • Lieber @Tim,

            gerne würde ich Ihnen folgen, aber ich sehe die Empirie nicht. Wir sind uns also einig, dass es vergleichbar aggressive Akteure in den letzten Jahrzehnten nur auf Seiten der Republikaner gab. Aber gerade auch Donald Trump vertrat eben “keinen” Föderalismus, sondern attackierte von Washington aus v.a. demokratisch regierte Bundesstaaten (vgl. “Liberate Michigan!”) und schließlich sogar die föderal ermittelten Wahlergebnisse in republikanisch dominierten Staaten. Die auch von ihm ausgehenden Attacken gegen das Kapitol erfolgten am Tag der Anerkennung der bundesstaatlichen Wahlergebnisse und richteten sich auch gegen seinen eigenen Vizepräsidenten Mike Pence.

            Für große Teile nicht nur von QAnon, sondern auch der republikanischen Partei waren das Weiße Haus und der Kongress so lange vermeintlich (welt-)verschwörerisch, solange dort Demokrat:innen regierten. Mit einer tyrannophilen Machtkonzentration in den Händen eines republikanischen Präsidenten hatten sie keinerlei Problem, im Gegenteil.

          • Donald Trump ist von vielen gewählt worden, um “Washington” zu zerstören. Das ist die Erzählung, die Trump in die Welt gesetzt und im Laufe seiner Präsidentschaft weiter gepflegt hat und mit denen er tatsächlich die Herzen der sich abgehängt fühlenden Wähler gewann.

            Mit seiner realen Politik hatte das nicht viel zu tun. Ich glaube auch nicht, dass die Trump-Wähler seine Politik wirklich en detail verfolgt haben oder auch nur Interesse daran hatten.

          • Einverstanden, @Tim. Dann sind wir jedoch genau dort, wo ich das Problem vermutet hatte: In einem immer weiter radikalisierten Freund-Feind-Denken (Dualismus), dem es gerade nicht mehr um spezifische “Inhalte”, sondern nur noch um die Vernichtung der vermeintlichen (Welt-)Verschwörer geht.

          • Ja, genau dort sind wir (bzw. in unserer Minidiskussion hier die Amerikaner).

            Allerdings kommt so etwas nicht von heute auf morgen, sondern es entwickelt sich anhand konkreter politischer Inhalte über eine lange Zeit. Wir (und die US-Demokraten) mögen sich ja über die hinterwäldlerischen und wenig weltgewandten Rednecks mokieren, aber genau diese herablassende Attitüde ist der Nährboden, auf dem der Hass gewachsen ist.

          • Es macht wirklich Freude, mit Ihnen zu diskutieren, @Tim. Allerdings ist “false balance” für sich genommen einfach noch kein Argument. Sie können nicht den US-Demokrat:innen für deren “Inhalte” die hälftige Mit-Schuld an den Culture Wars geben – und dann wiederum behaupten, Trumpist:innen kümmerten sich überhaupt nicht um Inhalte. Das sind dann eher gefühlte als empirisch überprüfbare Wahrheiten.

            Klar kann eine “herablassende Attitüde” (denken wir an Hillary Clintons “deplorables”) bestehende Wut verstärken. Aber Verschwörungsvorwürfe etwa von Newt Gingrich und Rush Limbaugh wirkten doch eher noch verletzender und emotionalisierender. Obama schreibt in seiner Biografie einiges, wie Rassismus und Sexismus gegenüber ihm und insbesondere gegenüber seiner Frau Michelle ihn angenagt und oft auch verletzt haben. Auch wenn es ihnen weniger zugestanden wird: Auch Liberale und Linke sind Menschen mit Gefühlen…

            Vgl. https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/qanons-sind-keine-verschwoerungstheoretiker-fuer-ein-ende-der-verharmlosung/

  9. Ich vermute,der Liberalismus scheitert nicht. Er macht auch keine Krise durch. Eher wächst er. Es findet nur ein erheblicher Diskurs um Teilhabe vs ‘es zu sagen haben’ statt.
    Es gibt halt einige Deppen oder den heimlichen Wunsch nach Homogenität und somit möglichst größter Konfliktfreiheit.
    Wenn Andreas Reckwitz mit seine Analyse des Singularismus stimmt,dann haben wir eine Auseinandersetzung zwischen Regierungssystem und politischem System. Das ist nicht immer sauber zu trennen und/oder zu betrachten.
    Wir erleben eine unglaubliche Kommunikation und einen unglaublichen Informationsaustausch von nie möglich gehaltenen Möglichkeiten.
    Abgesehen von Trolls und Bots finden stammtischgespräche öffentlich statt. Eine nie dagewesene Transparenz.
    Rechthaberei wird neu verhandelt.

    • Danke, @Mussi. Ich sehe halt schon das Problem, dass der klassische Liberalismus eine Öffentlichkeit – wie ja oft auch einen Markt – voraussetzt. Diese gibt es aber weniger denn je. Bildungs- und Gesundheitsmärkte funktionieren nach völlig unterschiedlichen Regeln, die Umwelt ist kein neutrales Warenlager, sondern ein lebendiges System, von dem wir auch selbst abhängen – und Debatten im Internet zersplittern in Abertausende Mikro-Milieus, die sich oft gegenseitig verachten. Eine Diktatur kann sich darüber freuen, eine Demokratie eher nicht…

  10. Eine „liberale Demokratie“ ist ein Drahtseilakt zwischen einer reinen Demokratie und einem reinen Liberalismus. Viele Menschen fühlen sich heutzutage abgehängt und haben den Eindruck, dass sie kaum mehr Einfluss auf die Politik haben. Letztere wird eher als „repräsentatives Elitensystem“ begriffen, deren Vertreter kein Interesse an einer „Volksdemokratie“ haben, wie sie die Vertreter am linken und am rechten Rand des Parteienspektrums fordern. Insofern kann die „liberale Demokratie“ eine derart gespaltene Gesellschaft kaum mehr vereinen.
    Einige Menschen sind auch der Ansicht, dass unser momentanes Demokratiemodell nicht mehr zukunftsfähig ist und reformiert werden sollte, weil es die dringendsten Zukunftsprobleme nicht lösen kann. Sie fühlen sich ausgeliefert und flüchten sich in Verschwörungsmythen, die ihnen helfen sollen den Frust loszuwerden. Der Sozialpsychologe Oliver Decker vertritt in einem Interview mit der IG Metall die Ansicht, dass es gut wäre Beteiligungsmöglichkeiten für diese Personen zu schaffen und beispielsweise die Mitbestimmung der Beschäftigten in den Betrieben auszubauen. „Wer im Betrieb die Erfahrung macht, sich beteiligen zu können, verfällt seltener in Verschwörungsgläubigkeit und Vorurteile. Man muss Mitbestimmungsrechte nicht wahrnehmen. Aber sie müssen existieren.“
    https://www.igmetall.de/politik-und-gesellschaft/so-wirken-verschwoerungstheorien-auf-die-psyche

    • Vielen Dank, @Mona! Diese Aspekte diskutieren wir tatsächlich – gerade auch mit dem erwähnten Decker – unter dem Begriff der (ggf. fehlenden) Erfahrung von Selbstwirksamkeit.

  11. Man sollte es mal aussprechen, die freie Marktwirtschaft, der freie Welthandel geht auf Kosten der Schwächeren.
    Wenn wir von liberal sprechen, dann bedeutet das für die Lieferanten Zwang.

    Scheitert die liberale Demokratie, meinen Sie die in Europa oder die in Fernost.?
    Nur mal so ein Gedankensplitter.

    • @hwied

      Man sollte es mal aussprechen, die freie Marktwirtschaft, der freie Welthandel geht auf Kosten der Schwächeren.

      Das sehe ich auch so.
      Genau dafür bräuchte man bessere Antworten, als wir machen weiter wie bisher.

  12. @Blume
    Der politische Liberalismus wird sich durchsetzen,da bin ich zuversichtlich.
    Schwierig wird es mit zwei unterschiedlichen Prinzipien.
    Mit dem NewPublicManagement und der Einführung der Bilanzierung in die öffentliche Verwaltung ist das komplette Gesellschaftssystem auf Maximierung gestellt worden:Aktivismus. Der Fortschrittsbegriff wurde nicht in Frage gestellt,sondern unreflektiert propagiert.
    Damit wurde das Umlageprinzip, welches sich an dem Minimalen orientiert fast ausgelöscht. Es existiert noch im Sozialsystem der sozialen Marktwirtschaft.
    Wir erkennen in eine demographisch vollen und enger werdenden Erde und deren Grenzen,das uns das Maximierungsprinzip in die Irre führt. Es ist aber das vorherrschende Prinzip seit Reagan und Thatcher gewesen und hat auch zum Ende des Kalten Krieges geführt. Wir im Westen sind damit als ‘gutes’ Prinzip belehrt und belohnt worden.
    Die Grenzen des Wachstums und des Fortschritts belehren uns jetzt aber das es nicht mehr der richtige Weg sein kann. Es bleibt nur ein Weg, sich mit Minimalismus und dem Umlageprinzip zu beschäftigen. Das betrifft das komplette Finanzsystem ausgehend von der Geldschöpfung bis zur Wechselwirkung aus Konkurrenz und Kooperation. Das wäre die Grundsatzsebatte,die geführt werden müsste,global.

    • Oh, Mussi, dann würde Sie mein Tweet von morgen früh freuen!

      Er basiert auf einem Zitat aus der Autobiografie des großen Liberalen Karl Popper („Ausgangspunkte“, Kap.8, S. 45): „Und wenn es so etwas geben würde wie einen Sozialismus verbunden mit persönlicher Freiheit, dann wäre ich auch heute noch Sozialist. Denn ich kann mir nichts Besseres denken als ein bescheidenes, einfaches und freies Leben in einer egalitären Gesellschaft.“

      Meinen Sie das mit „Minimalismus und dem Umlageprinzip“? 💁‍♂️

  13. Herr Blume,

    Sie betreiben “derailing”. Sie wollen über globale Flüchtlingsströme diskutieren, während mein Kommentar offensichtlich darauf abzieht, dass eine kommunale Körperschaft ggfs. besser vor Ort entscheiden kann, wo und was gebaut wird. Ich wundere mich, was sie damit erreichen wollen.

    Ich werde mich zu globalen Flüchtlingsströmen äußern, wenn sie einen Artikel dazu schreiben.

    Ich finde, dass der Artikel und das Video einen guten Überblick gibt, mir fehlen manchmal die Definitionen und der Kontext, liegt vermutlich an mangelhafter Bildung auf meiner Seite. Da sind ihre Artikel Anregung nachzulesen und Literatur zu besorgen.

    Grüße, Graf Cagliostro

    • Lieber @G.C,

      Schade, dass Sie wieder nur Attacke fahren. Der Vortrag behandelte die Krise der längst globalen Weltanschauung des Liberalismus. Sie nutzten dies, um ein ganz klar globales Problem – Flüchtlingsbewegungen – als ein Problem demokratischer Kommunalpolitik umzudefinieren. Dabei nahmen Sie die Perspektive der Hausbesitzer ein, ohne zu reflektieren, dass nach den liberalen Grundsätzen alle Menschen die gleiche Würde haben und schon nationalstaatliche Grenzen gar nicht leicht zu begründen sind. Eine Politik, die die Ursachen von Fluchtbewegungen erkennt und nach Kräften beseitigt – wäre liberal.

      Ich kann Sie nur herzlich einladen, von der Abteilung Attacke ins Mit-Denken umzusteigen. Dieser Blog bietet dafür reichlich Gelegenheit und Ihre konstruktiven Ausführungen würden sicher auch nicht nur mich interessieren.

      Mit freundlichen Grüßen

      • Lieber Herr Blume,

        die globale Krise des Liberalismus äußert sich meiner Meinung nach in Themen die in der Kommunalpolitik behandelt werden (müssen). Globale Flüchtlingsströme sind auch Thema der Kommunalpolitik. Hier, wo ich wohne, haben 2015 der Bürgermeister und sein Stab, freiwillige Helfer etc. die Unterbringung organisiert.

        Liberalismus aus meiner Sicht wäre, wenn die übergeordnete Behörde nicht einfach entschieden hätte einfach die Unterkunft an diesem Ort und wenn an diesem Ort auf diese Art und Weise zu bauen.

        Liberalismus und Demokratie bestehen auch aus Partizipation der Betroffenen.

        Ich lade sie ein, die globalen Flüchtlingsströme mal aus der Perspektive der auf kommunaler Ebene Betroffenen zu betrachten, dass sind die Geflüchteten dann auch selbst, da die Integration im täglichen Miteinander stattfindet.

        Am Ende: Bitte weisen sie mir am Text nach, dass ich einseitige Perspektiven ergreife. Bitte!

        Mit freundlichen Grüßen

        • Lieber @G.C.,

          Sie haben mit Ihrem letzten Kommentar dankenswerterweise jeden Nachweis besser erbracht, als ich ihn je erbringen könnte.

          Sie schrieben selbst: „ Liberalismus und Demokratie bestehen auch aus Partizipation der Betroffenen.“

          Doch es ist für Sie völlig selbst-evident, dass als „Betroffene“ und Akteure von „Demokratie“ nicht etwa auch die Geflüchteten, sondern ausschließlich die Hauseigentümer zu betrachten wären. Obwohl die geflüchteten Menschen weit mehr verloren und riskiert haben, bis auf weiteres auch von Hauseigentum allenfalls träumen können, blenden Sie deren Würde und Rechte von vornherein aus. Ihr Konzept von „Liberalismus und Demokratie“ ist von vornherein auf die Perspektive jener beschränkt, die bereits Privilegien geerbt haben.

          Selbstverständlich können Sie sich auch weiterhin weigern, mit-zu-denken und stattdessen darauf beharren, dass Eigentumsrechte und Nationalstaaten quasi naturgegeben wären. Doch damit würden Sie – um in Ihrem eigenen Bild zu bleiben – weder den Hauseigentümern, noch der Kommunalpolitik und schon gar nicht den Geflüchteten weiterhelfen können. Die liberalen Ideale würden weder eingelöst noch hinterfragt, sondern schlicht unterschlagen. Ich traue Ihnen da auch intellektuell und mit-menschlich deutlich mehr zu…

          Mit ermutigenden Grüßen!

          • Herr Blume,

            das ist schon eine bösartige Interpretation, oder ein “Weglassen” – bitte lesen sie genau: “Liberalismus und Demokratie bestehen auch aus Partizipation der Betroffenen.

            Ich lade sie ein, die globalen Flüchtlingsströme mal aus der Perspektive der auf kommunaler Ebene Betroffenen zu betrachten, dass sind die Geflüchteten dann auch selbst, da die Integration im täglichen Miteinander stattfindet.

          • Also los, @G.C. – anstatt andere höhnisch zu einer Perspektive „einzuladen“, die Sie selbst bisher verweigern, lassen Sie uns wissen: Was also denken Sie über die Ursachen der globalen Flüchtlingsströme? Wird der (bisherige) Liberalismus diesen gerecht? Was wäre zu tun, dass zukünftig weder Kommunalpolitiker:innen noch Hauseigentümer oder gar Geflüchtete über Notunterkünfte und Integrationsarbeit verzweifeln müssten? Handelt es sich hier etwa um „externalisierte Kosten“ unseres Wirtschaftssystems (Rohstoffkriege, Köimakrise), die jetzt auf unsere Gemeinwesen zurückschlagen?

            Klar sind Hohn und Sticheln bequemer. Aber wagen Sie den Schritt aus der gedanklichen Komfortzone und nehmen Sie uns mit! Dafür sind Wissenschaftsblogs da! Sie schaffen das, sind schon ganz dicht dran!

  14. @Blume
    Ich würde das nicht ideologisch sehen.
    Ich stelle die Frage was wir alles für/wegen/mit Geld(Schulden) wie machen?
    Dabei kommt schlechtes,aber auch gutes bei raus.
    Darüber brauchen wir,so der Anschein, erst einmal ein allgemeines Bewusstsein.
    Ich kann Poppers Bescheidenheit und Freiheitsverständnis aus eigenen Umständen sehr gut verstehen.

  15. Verschwörungsglaube erwächst auch aus der ungleichen Verteilung der Güter .
    Ohne einen funktionierenden Sozialstaat bleibt die Demokratie anfällig für „Heilsversprechen“.

    Das lässt sich auch auf Länder übertragen, die sich als Spielball der Weltpolitik betrachten. Diese Länder sind dann der Ausgangspunkt für Kriege, in die auch wir mit hineingezogen werden können.

    Wenn wir also weiterhin in Frieden leben wollen, müssen wir die schwächeren Staaten unterstützen, wirtschaftlich und politisch.

    • @hwied
      Warum anfällig? Wenn es den Menschen in einer Demokratie schlechter geht, wozu dann Demokratie?

      Aktuell wandern die Influenzer aus Deutschland nach Dubai aus, weil das Wetter toll ist und man vor allem keine Steuern – 0 GwSt und 0 EKSt – bezahlen muss. Dafür hat man eine sehr strenge Monarchie. Das ist den Leuten aber anscheinend weniger wichtig.

      “müssen wir die schwächeren Staaten unterstützen”
      Aktuell sollte man sich mehr Sorgen um Deutschland machen. Nicht heute oder morgen aber vielleicht in 12 Jahren wenn der Abbau so weitergeht. Wir halten uns hier noch einigermassen im EU Vergleich, weil wir auf Kosten der anderen EU Länder recht niedrige Löhne haben im Vergleich mit der Arbeitsproduktivität.

      Das Gesundheits, das Rentensystem,… gehen grad den Bach runter. Großprojekte kommen nicht mehr zu einem Ende oder wenn dann nur mit starker Erhöhung der Kosten. Bei Politikern gehts gefühlt nur noch darum wer ist korrupt, hat seine Doktorarbeit abgeschrieben oder wer wandert nach seiner Zeit zu dem Konzern den er vorher überwachen sollte. Die Bafin Angestellten jonglieren privat mit Wirecard Aktien, obwohl sie uns vor Wirecard schützen sollten, und das abgesegnet von oben.

      Sollten die anderen EU Länder die von Deutschland abgesicherten Schulden benötigen, könnten wir wie Griechenland runtergestuft werden. Das geht von einem Tag auf den anderen, dann haben wir Zustände wie in Griechenland.

      In der Wirtschaftswoche habe ich letztens einen Artikel gelesen zum Thema Zufriedenheit mit der Regierung – China 90%! Deutschland 45%. Das sollte uns zu denken geben. Chinas Wirtschaft war nach einem Monat wieder betriebsbereit, bei uns ist das Ende nicht absehbar. Ja da hat eine Diktatur Vorteile. Wobei so dilletantisch wie hier grad müsste es nicht sein.

      Zum Artikel selbst:
      Ich denke entscheidend dafür sind nicht die Verschwörungstheorien auch nicht die “Mythen” sondern die wirtschaftliche Situation. Klar greifen Verschwörungstheorien verstärkt wenn es den Leuten schlecht geht, aber Ursache bleibt die wirtschaftliche Situation. Eine Monarchie kann man nicht abwählen eine Demokratie schon, wie wir ja wissen, dazu brauchts keine Revolution.

    • @Hwied
      auffällig ist, sehr archaische, wenig arbeitsteilige Kulturen wie die X!hosa akzeptieren beim Diktatorspiel sehr viel mehr Ungleichheit als westliche Kulturen.
      Schon in Rumänien (da habe ich es sehr genau gesehen) wird ein viel ungleicher verteiltes Einkommen akzeptiert, das gleiche gilt für Sizilien.
      Das als nicht ganz zu Ende gedachter Gedanken. Ockenfels hat vielleicht darüber geforscht.

  16. “Liberalismus, Marxismus, Sozialismus…”
    Die Frage wird wahrscheinlich in Zukunft anders gestellt werden müssen wenn es darum geht welches System seine Menschen(sein Volk) vor den Problemen der Zeit wie Pandemien, Klimakatastrophen, Flüchtlingen etc. zu schützen. bzw. eine soziale Gerechtigkeit zu schaffen die soziale Spannungen/Konflikten /Verteilungskämpfe ausschließt. Wenn hier Putin erwähnt wird. Im letzten Jahr wurde-so kann ich mich gut erinnern- der Impfstoff
    Sputnik von unseren Medien zerrissen bzw. in deutscher Überheblichkeit und Arroganz behandelt. Inzwischen hat -was für ein Wunder- auch unsere Kanzlerin diesen Impfstoff gelobt, was natürlich die hörigen Medien dann auch taten. Auch dieser Trump hat sich rechtzeitig um diesen Impfstoff gekümmert. Es steht also hier die Frage welches System flexibel genug ist und nicht in Selbstarroganz versinkt. .Wer das “Am deutschen Wesen soll die Welt genesen” kritisiert muss nicht unbedingt einen Verschwörungslauben haben sondern vielleicht nur eine eigene Meinung .Wer sagt überhaupt das diese heute noch gültigen Weltsichten in diesem Auslaufmodell Europa in einigen Jahrzehnten von der übergroßen Mehrheit der Weltbevölkerung überhaupt noch ernst genommen werden ?

    • Tatsächlich spricht einiges dafür, @Golzower, dass die angelsächsisch-liberalen Demokratien UK und USA trotz Brexit & Trump ihre Bevölkerungen schneller impfen als die kontinental-liberalen Demokratien, die oft an ihren Bürokratien & langwierigen Verfahren zu verzögern scheinen. Und, ja, das sollte in kommenden Analysen eine Rolle spielen, Arroganz ist (auch) hier unangebracht…

  17. @Michael 12.03. 11:06

    „Selbstverständlich können Sie sich auch weiterhin weigern, mit-zu-denken und stattdessen darauf beharren, dass Eigentumsrechte und Nationalstaaten quasi naturgegeben wären.“

    Naja, die Sozialkassen sind im wesentlichen national. Die Staatshaushalte auch, und die Gesetze nur maximal europaweit gültig. Und die Eigentumsrechte sind ganz real, und Erbschaftssteuern ziemlich niedrig. Auch die tatsächlich gezahlten Zins- und Unternehmenssteuern waren schon mal höher.

    Wenn man den armen Ländern dieser Welt helfen würde, und dies über Vermögenssteuern gegenfinanzieren würde, dann wäre ich voll dabei. Schließlich verfüge ich über kein Vermögen. Wenn wir stattdessen weitere 5 Mio Flüchtlinge aufnehmen würden, wäre ich aber in der Tat betroffen. Auf dem Niedriglohnsektor wäre das dann noch enger, und auch auf dem Wohnungsmarkt würde es dann richtig schwierig. Es könnte mir dann passieren, dass ich im Falle einer Wohnungskündigung ins ländliche Ostdeutschland umziehen muss, weil hier im Westen einfach keine Wohnung mehr frei ist. Derweil würden die Kassen der Immobilienbesitzer klingeln wie noch nie.

    Aber es steht derzeit ja nicht zur Debatte, dass wir weitere 5 Mio Flüchtlinge aufnehmen sollen. Obwohl tatsächlich wohl so viele wirklich gerne hier einwandern würden. Wenn nicht noch mehr.

    Mit Klimaschutz kann ich mehr anfangen. Sich auf vernünftigen Konsum beschränken finde ich richtig gut, und das gelingt mir auch ganz gut. Ich mache alles mit dem Fahrrad, habe nur noch LEDs, einen sparsamen Kühlschrank und kaufe so ein, dass ich fast keine Lebensmittel wegwerfen muss. Nur mit dem Fleischkonsum, da komme ich nicht so recht von weg. Was im Aldi an Bio angeboten wird, kann ich mir oft noch leisten, im Bioladen einkaufen macht keinen Sinn, so viel Geld habe ich einfach nicht.

    Ein allgemeines Naturrecht für alle Menschen finde ich aber irgendwie doch attraktiv. Wenn das noch einhergeht mit einer allgemeinen Verantwortung, die alle Menschen wahrnehmen und umsetzten, umso besser.

  18. War nicht das “Ende der Geschichte” nach dem legendären Absturz des real existierenden Sozialismus optimistisch und Samuel Huntingtons Antwort darauf, irgendwas mit “Clash” und “Civilisations”, pessimistisch und vielleicht korrekt?

    Vor “EiFrei” hat Sie, lieber Herr Dr. Blume, der Schreiber dieser Zeilen rechtzeitig gewarnt, die sind dort libertär und womöglich auch a bisserl politisch rechts (vs. rechtsradikal), das war erkennbar nichts für Sie.

    Zur Frage, ob und wann die Liberale Demokratie scheitern kann, darf vielleicht an dieser Stelle das bekannte Böckenförde-Diktum zitiert werden, das unter anderem auch besagt, dass diese Demokratieform scheitert, wenn nicht mehr genügend Liberale da sind.

    Mit freundlichen Grüßen und weiterhin viel Erfolg!
    Dr. Webbaer (der das dankenswerterweise bereit gestellte audiovisuelle Material gleich noch “scannen” und vielleicht noch einmal nachhaken wird)

  19. Bonuskommentar noch dazu :

    Zerfällt der Liberalismus also auch in Deutschland zwischen Sozial- und Neoliberalen, die einander immer mehr zu Feinden werden, ja einander der Verschwörung bezichtigen?

    Also, der Liberalismus hat ja gewonnen, es wird in einer aufklärerischen liberalen Demokratie gelebt, auch wenn es für einige (recht erfolgreich) Richtung “Demokratischer Sozialismus” (steht bei der SPD und dem SED-Rechtsnachfolger im Parteiprogramm) gehen soll, für andere in Richtung “Expertokratie mit grünem Antlitz” (Räte sind ja im Kommen, der Ökologismus auch als Religionsersatz sowieso), hat sich daran grundsätzlich nichts geändert.

    Das liberale Spektrum ist recht breit, diejenigen, die sich Linksliberale nennen, wollen zumindest nicht die FDGO angreifen, die Neo- oder Ordoliberalen, Dr. Webbaer ist einer davon, unterstützen die FDGO aus- und nachdrücklich und Libertäre oder “EiFrei”-Kollegen sind ungefährlich, sie sind nicht sehr bedeutend und haben natürlich nichts gegen die Freiheit, sondern unterstützen sie “turbo-mäßig”, wobei es dann auch a bisserl Richtung Anarchismus gehen kann, gar den Anarchokapitalismus meinend, den gibt es wirklich.

    Sicherlich mögen sich klassisch Liberale und Linksliberale nicht sonderlich, mehr scheint mir nicht los zu sein. Keine Angst vor Auswüchsen des Liberalismus!

    Mit freundlichen Grüßen
    Dr. Webbaer (der den werten hiesigen Inhaltegeber vor “EiFrei” ein wenig vorgewarnt hat)

    • Lieber @Webbaer,

      ernsthaft interessiert nachgefragt: Im libertären Antisemitismus z.B. von Tilman Knechtel und den bizarren Ausführungen des von Funck angestellten Degussa-Bürokraten Markus Krall können Sie also keine Infragestellungen der FDGO erkennen? Auch nicht in der QAnon-Digitalsekte?

      Und: Inwiefern ergibt sich aus den empirischen Befunden der Klimaforschung eine „Religion“?

      Mit interessierten Grüßen

      • Howdy, Herr Dr. Michael Blume,

        Dr. Webbaer kann auf Ihre Erstfrage nicht antworten, er kennt weder dies Leutz noch deren Ideen.

        Zur Zweitfrage (‘Räte sind ja im Kommen, der Ökologismus auch als Religionsersatz sowieso’ [Dr. Webbaer, weiter oben in diesem Kommentariat] – womöglich wird so nachgefragt), ist es aus diesseitiger Sicht so, dass Ökologismus, der vielleicht so definiert werden kann, als vorliegend, dass der Natur ein Eigenwert, ein intrinsischer Wert (vgl. mit dem biblischen Dominium Terrae, dem gar Dr. W anhängt, als Humanist) zugesprochen wird.

        Diese Zusprache “postreligiöser”, in jedem Fall gläubiger Art sein könnte bis müsste. [1]

        Selbstverständlich ist die Klimaforschung, der Schreiber dieser Zeilen hat hier sehr viel Zeit investiert, ist auch insbesondere Dr. Georg Hoffmann (“ScienceBlogs”) lange gefolgt, wie auch von Storch (“Klimazwiebel”) grundsätzlich OK und nicht ‘Religion’.

        Mit freundlichen Grüßen und Sie, lieber Herr Dr. Blume, nicht irritierend wollend,
        Dr. Webbaer

        [1]
        ‘When people stop believing in God, they don’t believe in nothing, they believe in everything.’ [G. K. Chesterton]

        PS:

        Ja, Dr. Webbaer weiß, dass Sie in einem ehrenwerten Amt sitzen, das Dr. W nur unterstützen wird, als sinnhaft und nett, so dass selbstverständlich nicht sonderlich kontrovers kommentatorisch (bisher müsste es eigentlich gehen, Dr. W passt sich hier auch gerne a bisserl an) gegengeredet werden kann, wenn befürchtet werden muss, dass sich einige gegen Sie wenden, Dr. W hat hier jedes Verständnis und will – auf gar keinen Fall – irgendwelche Unangenehmlichkeiten bereiten. *
        Denn Dr. W setzt auf Sie.

        *
        Bei Kritik aus “Achgut–Kreisen” ist Dr. W nicht zusprechend, sondern bei Ihnen, dieses “Sternchen” gerne auch löschen, no problemo hier.

  20. @Michael 13.03. 14:45

    „Und: Inwiefern ergibt sich aus den empirischen Befunden der Klimaforschung eine „Religion“?“

    Wenn wir uns ein wenig weg vom Menschen, mehr in Richtung der Natur bewegen wollen, dann hat das auch religiöse Aspekte, zumindest. Die Befunde der Klimaforschung legen dazu nahe, dass wir hier ein richtiges menschengemachtes Problem haben, das mag zusätzliche Argumente liefern, sich der Natur zu nähern. Insofern man hier in religiösem Sinne nicht mehr nur den Menschen als das Maß aller Dinge sieht, sondern eben dem Rest der Natur auch einen intrinsischen Wert beimisst. Uns zwar nicht nur einen Wert für uns Menschen, der allerdings natürlich auch vorhanden ist.

    Naturschützer, Tierschützer und Veganer sehen hier wohl tatsächlich auch religionsartige Aspekte.

    Ich selbst sehe hier auch Relevantes, was die Existenzberechtigung nichtmenschlichen Lebens betrifft. Und spirituell gesehen, kann ich der Psyche von Hühnern oder Hunden durchaus was Wertvolles abgewinnen. Mag sein, dass wir Menschen kompetenter sind, aber was unseren intrinsischen Wert betrifft, so ist der keine rein menschliche Kategorie, finde ich.

    Menschenrechte für Tiere? Das geht mir zu weit. Aber Rücksicht nicht. Artgerechte Tierhaltung ist eine gute Sache, und das Fleisch daraus schmeckt auch viel besser.

    • Danke und Zustimmung, @Tobias Jeckenburger. Ich bin ja inzwischen auch deswegen Vegetarier.

      Allerdings vermute und fürchte ich, dass @Webbaer wie so viele Libertäre die Ergebnisse der Klimaforschung selbst für nicht empirisch-wissenschaftlich, sondern für mythologisch hält, weil sie seine individuellen Selbsterzählungen und Freiheiten zu bedrohen scheinen… 💁‍♂️🤔

      • Du meine Güte! Sie sind ja richtig ‘woke’. Respekt! Erst Elektro-Auto, um das Klima zu retten; jetzt auch noch Vegetarier, um die Tiere zu retten (außer die Tiere, die für die vegetarischen und veganen Erzeugnisse plattgemacht werden natürlich).

        Da darf aber nicht Schluss sein, Herr Blume! Man kann nie “besser” genug sein, um bei der Church of Woke nicht selbst auf der Abschussliste zu landen. J.K. Rowling musste das kürzlich erfahren. Die hatte sich ernsthaft die Häresie geleistet, zu behaupten, Geschlechter seien biologisch. Unverzeihlich sowas!

        Man muss also ständig nachlegen. Das hier wäre doch für Ihren nächsten Akt des ‘virtue signaling’ genau das Richtige:

        https://www.youtube.com/watch?v=fdX6aVzPgHs&ab_channel=KPRC2Click2Houston

        Aber mal ganz ohne Sarkasmus: Die Beweggründe, warum Libertäre sich nicht von der Quacksalberei der Klima-“Wissenschaft” beeindrucken lassen, können Sie ruhig den Libertären selbst überlassen. Da brauchen Sie nicht den Psychologen mimen. Mir kommen Physiker wie Richard Lindzen oder Ivar Giaever übrigens psychisch sehr stabil vor, jedenfalls stabiler als Fräulein Thunberg.

        Einen schönen Sonntag Ihnen! Namaste und so

        • Lieber @Lars,

          Danke, dass Sie uns mal wieder einen kleinen Einblick in Ihren libertären Verschwörungsglauben geben. Es ist doch spannend, dass eine Weltanschauung, die einmal wirklich freiheitlich angesetzt hat, inzwischen so höhnisch, hass- und angsterfüllt daherkommt.

          Denn ob „woke“ oder nicht – die Naturgesetze gelten nun einmal und kümmern sich nicht darum, ob Sie die Ergebnisse der Umwelt-, Energie- und Klimaforschungen leugnen.

          Jeder Liberalismus ohne evolutionäre Erkenntnistheorie – ohne Karl Popper – verwandelt sich in einen plumpen Markt-Staat-Dualismus und stürzt dann in Verschwörungsglauben ab. Danke, dass Sie das hier eindrucksvoll demonstrieren:

          https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/verschwoerungsfragen-35-karl-popper-und-george-soros-zwischen-liberalismus-und-verschwoerungsglauben/

          PS: Mir ist aufgefallen, dass Ihre Auslassungen nach der Niederlage von Donald Trump und dem Zerfall von QAnon noch bitterer geworden sind. Wollen Sie uns dazu ein wenig erläutern? Sind Sie inzwischen auch schon beim Great Reset als Verschwörungsmythos angekommen? 💁‍♂️

  21. Dr. Webbaer,
    “Also, der Liberalismus hat ja gewonnen,”

    Das sieht nur auf den ersten Blick so aus. Die Staatsquote liegt in Deutschland derzeit bei über 50 %. Der Wirtschaftsliberalismus bezieht sich nur auf die Einschränkung der Arbeitnehmerrechte. Viele Firmen haben keinen Betriebsrat mehr. Das ist bedenklich.
    Im politischen Bereich hat der Staat auch seine Rechte gestärkt, z.B. bei der Vorratsdatenspeicherung.

  22. Matthias, J,

    die Demokratie ist ein Kulturgut. jawohl, Kulturgut, die wurde erkämpft, jawohl mit Blut erkämpft und jetzt soll sie wegen Steuervorteilen in Dubai nicht mehr gültig sein ? Wegen wirtschaftlicher Vorteile in diktatorisch geführten Ländern ?

    Der umgekehrte Weg ist der Richtige. Das Geld muss dort investiert werden, wo Freiheit herrscht, das sind wir der Freiheit schuldig !
    Wer ins Ausland zieht um sich der Steuer zu entziehen, der handelt asozial.

  23. @Lars 14.03. 08:54

    „Die Beweggründe, warum Libertäre sich nicht von der Quacksalberei der Klima-“Wissenschaft” beeindrucken lassen, können Sie ruhig den Libertären selbst überlassen. Da brauchen Sie nicht den Psychologen mimen.“

    Angesichts der Fakten kann man schon psychologisch interpretieren, auch wenn das nicht viel nützt. Wir haben inzwischen weltweit 1.1° Erderwärmung, in Deutschland sogar 1.9°, und die letzten 3 Sommer waren hier so trocken, dass wir flächendeckende Waldschäden haben.

    Die Prognosen der Klimaforscher sind nun tatsächlich ungenau, bei Verdopplung der CO2-Konzentration in der Atmosphäre kommen die auf 1.5° bis 4.5°. Angesichts der inzwischen eingetretenen Erwärmung sind das 0.4° bis 3.4° mehr als jetzt. Wenn Sie meinen, sie wollen einfach superoptimistisch sein, und glauben gerne, das hier die 0.4° die tatsächliche Zukunft sein wird, dann wäre das schon schräg.

    Noch schräger allerdings wäre hier, einfach die Fakten zum Fake zu machen. Vielleicht sind sie einfach nur rücksichtslos, und selbst so alt, dass Sie das nicht mehr persönlich betreffen wird. Das geht mir so, mit 57 mache ich mir für mich wenig Sorgen um das Klima, und Kinder habe ich auch nicht. Trotzdem habe ich keine Lust, hier solche Schäden mit zu verursachen. Eine Lösung des Klimaproblems wäre auch gar nicht so teuer, das könnten wir ohne weiteres finanzieren.

    Die Autos z.B. auf Elektro umstellen mag zunächst teurer sein, aber das eigene Auto kann ja auch eine Nummer kleiner sein, dann ist das gar nicht mehr teurer. Und man findet damit sogar schneller eine Parklücke.

      • Nun, @Lars, in unserer Familie haben sich Elektroautos bereits durchgesetzt. Ich bezahle keine autoritären Rentiersregime mehr an der Tankstelle, sondern nutze Ladestationen mit Solarstrom. Auch andere Antriebe – zum Beispiel grüner Wasserstoff für Lastwagen oder Biosprit für Flugzeuge – sollten m.E. ihre Chancen bekommen. Niemand kann heute schon wissen, welche Technologien sich bewähren und durchsetzen. Aber mit der Verbrennung von Erdöl und Erdgas unser Klima weiter zu erhitzen und autoritäre Regime zu finanzieren – das sollte niemand mehr tun, der oder die tatsächlich für Freiheit und Zukunft einstehen möchte…

        • Auch andere Antriebe – zum Beispiel grüner Wasserstoff für Lastwagen oder Biosprit für Flugzeuge – sollten m.E. ihre Chancen bekommen.

          Wie vereinbaren Sie diesen Teil mit Ihrem grünen Gewissen? Sie wissen ja, dass die Regenwälder – samt Orang Utans, die aus den Bäumen geschossen werden – nicht Kohlekraftwerken weichen müssen, sondern Palmöl- und Sojaplantagen, damit Klima-Aktivisten auch “klimaneutral” um die Welt jetten können.

          • Ganz einfach, @Lars: Umso weniger Fleisch & also Futtermittel wir verbrauchen, umso mehr könnten wir unsere eigenen Landwirte für die Produktion erneuerbarer Energien bezahlen. Genau das würde ich viel lieber sehen als weitere Energieimporte etwa aus Russland oder aus zerstörten Waldgebieten.

            Wie sähen denn dagegen Ihre Lösungsvorschläge aus? (Ernsthafte Frage)

  24. @hwied

    Ohne einen funktionierenden Sozialstaat bleibt die Demokratie anfällig für „Heilsversprechen“
    ….
    Der Wirtschaftsliberalismus bezieht sich nur auf die Einschränkung der Arbeitnehmerrechte.

    Wer ins Ausland zieht um sich der Steuer zu entziehen, der handelt asozial.

    So viel Übereinstimmung in der Sache hatten wir bisher selten.

  25. @Lars 17.03. 12:26

    „Ich sehe den großen Durchbruch des Elektro-Autos nicht kommen, obwohl ich persönlich Tesla-Fan bin.“

    Das wäre auch ein klein wenig verfrüht. Erstmal brauchen wir mehr Windräder im Hinterland, ganz viel mehr Photovoltaik und auch mehr Stromleitungen in Nord-Südrichtung. Erst wenn hier die installierte Leistung in etwa das Doppelte erreicht, haben wir dann die Gelegenheit, einen großen Anteil an Batteriefahrzeugen überwiegend mit grünen Überschüssen aufzuladen.

    Der große Vorteil von E-Autos ist ja gerade, dass man die Batterien über ein paar Tage verteilt dann aufladen kann, wenn genug Strom im Netz ist. So werden auch die Netze stabilisiert, und Strom kann so in den Autobatterien gespeichert werden, ohne hier Extrastromspeicher bauen zu müssen.

    Die Technik zu entwickeln macht aber jetzt schon Sinn, und so langsam mal eine Ladeinfrastruktur aufzubauen auch.

    Sicher wäre es noch mal sehr wirksam, wenn man in den Städten vernünftige Radwege baut, dann bräuchte so Mancher gar kein Auto mehr.

  26. So ein kleiner Hinweis zu Elektrizität:
    auf der Filderebene bei Stuttgart gibt es z.B. das Siebenmühlental. d.h. mindestens sieben geeignete Stellen zur Stromproduktion. Durch moderne Turbinen könnte man sehr viel mehr Strom gewinnen, als früher. Wieviel Dtrom wird dort erzeugt? Null.
    D.h. man könnte sehr viel mehr Strom aus Wasserkraft auch in Deutschland aus Kleinkraftwerken gewinnen – wenn man denn wollte. Es fehlt anscheinend der politische Wille.

  27. @ Michael Blume,

    Umso weniger Fleisch & also Futtermittel wir verbrauchen, umso mehr könnten wir unsere eigenen Landwirte für die Produktion erneuerbarer Energien bezahlen. Genau das würde ich viel lieber sehen als weitere Energieimporte etwa aus Russland oder aus zerstörten Waldgebieten.

    Gerade hier liegt ja der Widerspruch und es zeigt, wie die Anhänger des “Klimaschutzes” ständig gegen die Paradigmen des Umwelt- und Tierschutzes, die sie ja gleichsetzen, verstoßen.

    Wie viel Waldfläche durch Windparks zerstört werden, kann man leicht recherchieren. Meines Wissens stehen über 20% der Windräder dort, wo früher Waldgebiet war. Für das Fundament eines 140-Meter-Rads werden ca. 3.500 Tonnen Beton und 1.800 Tonnen Stahl verbaut. Die Umweltzerstörung in China für die Gewinnung der seltenen Metalle für die Elektromagneten wird gleich vom Klimaschützer mitsubventioniert; ebenso wie die Kohlekraftwerke in Deutschland und Nachbarländern, die ja den Zappelstrom ausgleichen müssen.

    PS: Ich unterstütze ganz klar Nordstream 2 und würde auch iranische Ölimporte unterstützen, obwohl ich das Regime dort verachte.

    • Ja, @Lars, Sie würden lieber weiterhin autoritäre Rentiers-Regime samt Atomwaffen-Programmen finanzieren als unsere eigenen Energiewirt:innen. Auch deswegen kann ich Ihre Bekenntnisse zur „Freiheit“ schwerlich glauben. Selbst die von Libertären gerne angeprangerte Sowjetunion überlebte samt der Besatzung des sog. Ostblocks noch lange durch Öl- und Gasexporte. Wer weiterhin den Übergang zu erneuerbaren Energien generell bekämpft, erhitzt nicht nur das Klima, sondern beschädigt auch Menschen- und Freiheitsrechte. 💁‍♂️

        • Seien Sie doch bitte mal ein selbstbewusster Mann, @Lars. Der Wechsel zwischen Aggressivität und weinerlichem Opferneid steht Ihnen nicht.

          Sie sind erst einmal nur für Ihre eigenen Handlungen verantwortlich. Sie haben die Freiheit, Verantwortung zu übernehmen. Oder eben zu versagen und zu jammern. Your choice.

  28. Jetzt muss ich doch @Lars beispringen:
    das, was er hier nennt, habe ich auch so kennengelernt: als Philosophie Dostojewskis bei Moltmann in Tübingen.: “alle sind an allem für alles schuld”,

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