Säkularisierung und Dekarbonisierung – Thesen aus “Islam in der Krise” werden debattiert

2013 und 2018/19 führte das Arab Barometer research network im Auftrag der BBC Umfragen in arabischen Ländern durch. Dabei kam unter anderem heraus, dass der Anteil der arabischen Menschen, die sich selbst als “nicht religiös” bezeichneten, sich von 8% auf 13% fast verdoppelt hatte – und bei den Unter-30-Jährigen sogar auf 18% emporgeschossen war.

Leserinnen und Leser von “Islam in der Krise” waren natürlich nicht überrascht – denn diese schnelle Säkularisierung war als “stiller Rückzug” neben der ebenfalls noch stattfindenden “Radikalisierung” die Hauptbeobachtung und -these meines Buches gewesen. Es war dann schon ein Gänsehaut-Moment, als die ersten Rückmeldungen dazu auf Twitter eingingen und sogar die Deutschlandfunk-Nachrichten genau darauf Bezug nahm, Zitat:

“Der Religionswissenschaftler Michael Blume hatte im vergangenen Jahr ein Buch veröffentlicht, in dem er zu einem ähnlichen Ergebnis gekommen ist, wie die Princeton/BBC-Studie. Demnach breiten sich die Säkularisierungstendenzen unter Musliminnen und Muslimen auch angesichts der zahlreichen Debatten über Islamismus und Radikalisierung zunehmend aus.”

Gänsehaut-Momente, wenn sich publizierte Thesen empirisch bestätigen. “Islam in der Krise”, erschienen bei Patmos. Foto: Michael Blume

Dekarbonisierung – Rentierstaatstheorie – Energiedemokratie
Auch die im Buch-Kapitel 3 unter “Fluch des Öls” vorgestellte Rentierstaatstheorie wird immer stärker wahrgenommen – zuletzt auch wieder durch das Schlusskapitel im Landtagsbericht gegen Antisemitismus. Darin wird jeweils auf eine klassische Erkenntnis der Politikwissenschaft verwiesen: Demokratische Staatsformen können sich nur dort entfalten, wo sich Staaten auch aus Steuermitteln finanzieren (“No taxation without representation”). Wo dagegen externe Einnahmen (sog. “Renten”) etwa aus Öl- und Gasexporten Überhand nehmen, entwickeln sich autoritäre und regelmäßig antiliberale, antisemitische, rassistische und homophobe Regime – von Brunei über arabische Staaten bis zum Iran, aber auch von Venezuela bis Russland.

Darstellung der Rentierstaatstheorie aus “Islam in der Krise”, Michael Blume

Entsprechend bremst also eine engagierte Umwelt-, Forschungs- und Energiepolitik nicht nur den eskalierenden Klimawandel, sondern ist auch ein wichtiger Beitrag zur Demokratie- und Friedensförderung. Und gerade auch wer das Existenzrecht Israels ernsthaft verteidigen möchte, sollte auch nicht die bereits beobachtbaren Folgen von Dürren und Landflucht in Afrika und der arabischen Welt verleugnen. Auch deswegen sprach und spreche ich mich für vernetztes Denken und deutlich größere Anstrengungen zur Dekarbonisierung aus.

Mir ist völlig klar, dass diese wissenschaftlichen Erkenntnisse auch weiterhin rassistischen und rechtsgerichteten Blogs, Foristen, Antideutschen usw. nicht schmecken werden, die “den Islam” als vermeintlich allesbedrohendes Feindbild benötigen und auch deswegen die realen Gefahren des Klimawandels noch immer verleugnen und Aktivistinnen wie Greta Thunberg und #FridaysforFuture verhöhnen. Aber ich erlebe doch voller Freude, dass immer mehr vernünftige und wirklich wissenschaftlich interessierte Menschen die Zusammenhänge erkennen und aufgreifen. Und das freut und ermutigt, auch in Zeiten bereits steigender Hitze…

 

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Dr. Michael Blume studierte Religions- und Politikwissenschaft & promovierte über Religion in der Hirn- und Evolutionsforschung. Uni-Dozent, Wissenschaftsblogger & christlich-islamischer Familienvater, Buchautor, u.a. "Islam in der Krise" (2017), "Warum der Antisemitismus uns alle bedroht" (2019) u.v.m. Hat auch in Krisenregionen manches erlebt und überlebt, seit 2018 Beauftragter der Landesregierung BW gg. Antisemitismus. Auf "Natur des Glaubens" bloggt er seit vielen Jahren als „teilnehmender Beobachter“ für Wissenschaft und Demokratie, gegen Verschwörungsmythen und Wasserkrise.

31 Kommentare

  1. habe Ihr Buch nicht gelesen noch nicht… Aber allein die 2 Aspekte – zusammenhang nichtdemokratisches System weil keine Steuern durch Bürger und daher Öl-/Kohle-Abschaffung als Reduzierung dieses Systems im teils radikalen Nahenosten – sind höchst interessant!

    • Vielen Dank, @Cornelia Gliem. Wenn Sie es dann gelesen haben, würde ich mich über eine (gerne auch kritisch-konstruktive) Rückmeldung sehr freuen! #Wissenschaftskommunikation

  2. Europa sollte aber dann nicht der Versuchung erlegen, in Nordafrika und dem Nahen Osten dort mit Solarenergie (Sonne un Platz ist ja vorhanden) seine Energieversorgung aus erneuerbaren Quellen zu bestreiten (DESERTEC).

    Gruss
    Rudi Knoth

  3. “Wo dagegen externe Einnahmen (sog. “Renten”) etwa aus Öl- und Gasexporten Überhand nehmen, entwickeln sich autoritäre und regelmäßig antiliberale, antisemitische, rassistische und homophobe Regime – von Brunei über arabische Staaten bis zum Iran, aber auch von Venezuela bis Russland.”

    Man muss da differenzieren. Der ‘commodity curse’ ist bei grossen Laendern das Problem, da diese sich eine repressive Wirtschaftspolitik gegenueber der eigenen Bevoelkerung leisten koennen. Kleinere Staaten koennen dies nicht, da der produktive Teil der Gesellschaft schnell ueber die Grenze gehen wuerde.

    Daher sind in der islamischen Welt die kleinen Monarchien wie die Emirate, Kuwait, Bahrain oder Qatar auch wirtschaftlich die liberalsten und wohlhabendsten. Grosse Staaten wie der Iran oder Aegypten sind wie zu erwarten am repressivsten.

    https://www.heritage.org/index/ranking

    “nicht nur den eskalierenden Klimawandel…”

    Ein Kommentar dazu spar ich mir mal 🙂

  4. bei allem, was durch Umfragen gestützt wird: man muss die Fragestellung genau darstellen, in diesem Fall: was sagt “nicht religiös” ? Atheist, Agnostiker oder unideologische Geisteshaltung ?

  5. Was ist, wenn die Wüstenstaaten eines Tages in großem Stil Solarstrom produzieren und exportieren?
    Dann bleiben sie ja wohl Rentierstaaten.

    • Es käme tatsächlich darauf an, @Steffen Ebert, wo und wer den Strom produzieren und verkaufen würde. Wenige zentrale Anlagen, die nur durch Truppen zu kontrollieren wären, könnten und würden tatsächlich zu neuen Rentenquellen werden. Dezentrale Produktionen durch kleine und mittlere (steuerzahlende) Unternehmen würden dagegen die Zivilgesellschaft stärken.

      Danke, dass Sie erkennen, wie strukturell wichtig Energiepolitik ist!

  6. Ich würde hier einen anderen Aspekt einbringen, da, wie @rudiknoth, vor westlichen Solar-Projekt-Unternehmer-Investititionen in nordafrikanischen und arabischen Wüsten-Regionen schlussfolgernd “gewarnt” wurde.
    Fossile Rohstoffe werden als territorial-gebundenes Eigentum (privat oder staatlich) behandelt. Die Sonne als Primär-Energie-Quelle lässt sich hingegen nicht als Eigentm in die Wirtschaftskreisläufen einbinden. Es fiindet damit also keine geografische Ressourcen-Ausbeute statt mit entsprechender Renten-Verteilung – zumindest bezogen auf die Photovoltaik-Technologie! Etwas differenzierter ist es bei der Sorlartechnologie zur Wasserstoff-Gewinnung. Der Ausgangsstoff Wasser ist mittlerweile zu einer “wertvollen” Ressource geworden, die somit zunehmend privat-wirtschaftlich als Rendite-Objekt eingebunden wird!
    Aber: Um das globale Problem der Dekarbonisierung in den Griff zu bekommen, bedarf es dann auch interkontinentaler Solar-Projekte, die in Effienz-Fragen mit fossilen Technologien konkurieren muss.

    • @Rinaldo K.

      Vielen Dank für Ihre konstruktiven Überlegungen!

      M.E. wäre zu bedenken, dass letztlich auch fossile Rohstoffe auf – über Lebewesen und deren Zerfall gespeicherte – Solarenergie zurückgeht. Im Hinblick auf die #Rentierstaatstheorie wäre also nicht die Form, sondern die wirtschaftliche Kontrolle über die Energiegewinnung entscheidend. Also die Frage, wer die Einnahmen (Energie-Renten) friedlich oder per Gewalt vereinnahmen kann.

      Habe heute Nacht dazu einen Gastbeitrag bei den Salonkolumnisten geschrieben:
      https://www.salonkolumnisten.com/oel_antisemitismus/?fbclid=IwAR3WYAdNUg97FNVd-MWULLBzEp0mj-2uUikCDrBas0DBBQFB-dZkMCRbpO8

  7. @Desertec und Rentierstaat

    Wenn wir für die europäische Energieversorgung Photovoltaik im großen Stil in Nordafrika installieren, werden das meiste Geld damit die Hersteller der Solarpaneele verdienen. Vor Ort landen nur die Installierungkosten der Anlagen. Der Ertrag der Anlagen richtet sich dann nach den Marktpreisen für Energie, und wird deutlich niedriger sein, wie der derzeitige Profit mit Öl und Gas. Die hohen Investitionen müssen erstmal reingeholt werden, bevor hier richtig Gewinn gemacht werden kann.

    Aber die Priorität für den Schutz der Anlagen wird dennoch sehr hoch sein, egal wer da gerade in welcher Region an der Macht ist. Die Investoren und die europäischen Staaten werden alles daran setzen, den Betrieb und den Energieexport aufrecht zu erhalten. Ob die Energie über Stromleitungen oder als Wasserstoff/Methan per Pipeline oder als Synthesesprit per Tanker transportiert wird, ist hier nicht entscheidend.

    Eher sind hier ständig Konflikte um US-Wirtschaftssanktionen zu befürchten. Aber das würde vielleicht sogar den verheerender Einfluss der USA in der Region reduzieren, und damit auch die Verhältnisse stabilisieren. Traditionsgemäß fördern dort die USA jeden Ärger, der sich bietet. Wenn ein wesentlicher Teil der europäischen Energieversorgung da stationiert ist, werden wir in Europa kein Interesse daran haben, ständige Regimewechsel in der Region zu fördern. Die hohen Investitionskosten der Solaranlagen gegenüber denen der Ölindustrie machen den Unterschied.

    Im Sinne der Rentierstaatstheorie haben wir keine eindeutigen Effekte zu erwarten. Die Installierung der Anlagen ist nicht die Installierung von einer funktionierenden Wirtschaft, die auf Produktion durch Arbeit beruht. Demokratie wird es den Ländern also nicht unbedingt bringen, aber eben stabilere Diktaturen, dass ist immerhin meistens besser als ständiger Bürgerkrieg, finde ich.

    Zur Rentierstaatstheorie selbst würde ich sagen, das eine arbeitsproduktive Gesellschaft eben gebildete Arbeiter und studierte Fachkräfte benötigt. Diese Bildung führt dazu, dass die Menschen einerseits Demokratie fordern, und anderseits auch eine funktionierende Demokratie überhaupt erst ermöglichen. In der Geschichte und in vielen Ländern der Gegenwart kann man beobachten, dass zuwenig Bildung ein Problem für das Funktionieren von Demokratie sein kann. Der Faktor Bildung ist vielleicht wesentlicher als der Faktor einer steuerzahlenden Bevölkerung.

    Auf der anderen Seite kann man beobachten, das viel Bildung auch den autoritären Stil in Diktaturen reduziert. In China ist neben der Zunahme von Bildung auch eine Zunahme von Rechtsstaatlichkeit zu beobachten, auch wenn da die Regierung nicht gewählt werden kann. Auch unsere Politik wird offenbar von Lobbyisten mehr beeinflusst als vom Wähler. Die Lobbyisten sind hier einfach näher dran.

    Ein wichtiger Faktor, der Demokratie verhindern kann, ist auch das Phänomen Bananenrepublik. Durch Korruption von Außen kann auch Demokratie bzw. dessen Funktionieren verhindert werden. Gerade das ist vielleicht der entscheidende Faktor für den chinesischen Erfolg: China ist einfach zu groß, dass hier die Korruption von außen durch internationale Konzerne entscheidenden Einfluss haben kann. Die Chinesen haben es sogar geschafft, sich die Produktionsgeheimnisse von unseren Konzernen abzuluchsen, was den meisten Schwellenländern nicht gelingt. Da werden die Regierungen einfach nur von den ausländischen Konzernen geschmiert, und die Eliten konzentrieren sich darauf, das Geld für private Zwecke auszugeben.

  8. Dass alles Biologische (Flora und Fauna) letztendlich auf Solarenergie zurückgeht, ist Sonnen klar. Nur dauert es halt bissel, bis die zersetzte biologische Materie wieder als Energie-Träger zur Verfügung steht. Gerade beim Erdöl und der Kohle (außer Grill-Holzkohle) dauert es paar Millionen Jahre. Diese in einem sehr kurzen Zeitraum des menschlichen Industrie-Zeitalters – und weitestgehend unabhängig von der #Rentierstaatstheorie – in Größenordnungen freigesetzt, führte nun zu dem bereits eingesetzten Klima-Wandel.
    Eine Dekarbonisierung sollte man daher auch nicht nur aus der Sicht der #Rentierstaatstheorie betrachten.
    Die wirtschaftliche Kontrolle über die Energiegewinnung entscheidet letztendlich auch nicht über die Erfolgsaussichten einer Klima sanierenden Dekarbonisierung, weil die Wirtschaft in Einheit als Energiegewinner sich selbst über ihren selbst geschaffenen politischen Überbau (den Staat für die Schaffung inner- und außenpolitischer Rahmenbedingungen) kontrollieren müsste.
    Den C02-Anstieg in der Atmosphäre haben die entwickelten Industrie-Staaten zu verantworten und nicht die Erdöl besitzenden arabischen Staaten. Verantwortlich sind die übergeordneten Interessenlagen, die wiederum manipulativ verschleiert werden können.
    Die Saudis vollziehen übrigens derzeit ebenfalls einen technologischen Umbruch hin zur Solar-Wirtschaft und leisten damit einen Beitrag zur Dekarbonisierung.
    Richtig, dass mit dieser anderen Form der Energie-Gewinnung vorerst keine entscheidende Änderung der Kontrolle über diesen Wirtschaftszweig einhergeht und damit die #Rentierstaatstheorie bestätigt.
    Was sich aber in der Folge weiter ändern wird, ist die Renten-Quelle. Die aus dem Erdöl-Erlös (Zugriff über privates territoriales Eigentum) versiegt. Die Ersatz-Renten-Quelle Sonne ist nicht, wie in meinem vorherigen Kommentar ausgeführt, unmittelbar habhaftbar.
    Der Staat wird also Probleme bekommen, seiner Bevölkerung die Existenz zu sichern.
    Die Bevölkerung selbst wird dann auf ihre Weise zeigen, inwieweit sie dann den Rentierstaat duldet und/oder der “Arabische Frühling” eine Fortsetzung findet.
    Damit hat man indirekt über die Wahl der Form dann doch die Chance, einen Wechsel vom Rentierstaat zur Demokratie einzuleiten!

    Ein anderer Aspekt, den ich eigentlich schon gestern anbringen wollte:
    Die Rentierstaatstheorie wirkt auch über unterschiedliche Staaten-Gebilde hinweg. Ein Beispiel aus der Historie und wie dies bis heute nachwirkt.
    In der DDR schloss man u.a. auch zur Devisen-Beschaffung Verträge über Facharbeiter-Ausbildung mit dem Ausland. So unter anderem mit Ländern aus dem arabischen Raum in der Ausbildung von Facharbeitern im Maschinen- und Anlagenbau. Auf diesem Gebiet hatte die DDR großes Potential und die Araber entsprechendes Interesse an eigene Industrie-Fachkräfte.
    Da hier von vorn herein keine Integration in die DDR-Gesellschaft beabsichtigt war und die Ausbildungs-Richtung typische “Männerberufe” waren, kam es im Alltag dann nicht selten auch zu heftigen Auseinandersetzungen rivalisierender “junger Männer”-Gruppen.
    Auch die vermeintliche Übervorteilung der ausländischen Auszubildenden durch privilegierten Zugang zu Devisen (zentralistisch verteilte Renten über Ländergrenzen hinweg) und das damit künstlich geschaffene soziale Ungleichgewicht, wirkt nun als empirisch vererbte Prägung heute im Osten Deutschlands noch nach. Man könnte sagen, dass heute ein sogenannter Phantomschmerz der Ostdeutschen als Schatten-Wirkung erlebter DDR-Verhältnisse zurückgeblieben ist.
    Das erkennt man u.a. an der Analogie in der Argumentation von AfD, Pegida und Co, dass z.B. von “allein reisenden Jugendlichen” oder von “jungen Männern” aus dem arabischen Raum eine Gefahr ausginge.
    Die DDR verstand sich auch als säkularer Staat, der aber selbst eine Ideologie als Herrschafts-Instrument einsetzte.
    DDR-Bürger-gewesen-sein heißt daher auch gelernte und gelehrt-bekommene Beurteilung gesellschaftlicher Zusammenhänge aus Sicht von Ideologien. Das ist die sogenannte “ostdeutsche Prägung”, aber Kein Grund zur Stigmatisierung.
    Der Islam, als “fremde” Ideologie verstanden, wurde als bedrohlich wahrgenommen.
    Dieses eigen-interpretierte Bedrohungs-Potential richtet sich nun gegen die jetzigen Migrations-Bewegungen vorrangig aus islamisch geprägten Ländern und richtet sich damit auch gegen Integrations-Bestrebungen. Flüchtlinge werden durch fremdenfeindliche Bewegungen in eine Abwehr-Position gedrängt, die in der Auseinandersetzung dann in eine Verteidigung ihrer jeweiligen kulturellen Wurzeln mündet. Dies wiederum bremst die Sekularisierung von Migranten in den europäischen Ländern, was auf die Herkunftsländer rückkoppeln könnte (siehe türkische Präsidentschaftswahlen).
    Dieses Mosaik-Steinchen hier mal etwas ausschweifender anzubringen, bot sich an, da im Einleitungsbeitrag auf eine positive Wirkung bei der Aufklärung gegen die rechte Szene hingewiesen wurde. Dies bietet dann auch weitere konkrete Ansätze zur Verteidigung der Demokratie.

  9. Ob die Leute weniger Verzweifelt und radikal sind wenn die Staaten kein Geld aatmehr haben wage ich doch zu bezweifeln.

    Immerhin Syrien und Jemen beides Staaten mit relativ wenig Öl sind keine Musterdemokratien sondern feiled states.

    Was die Säkularisierung angeht sehr interessant, aber auch riskant. Mir wäre ein toleranter wenig dogmatischer Islam in diesen Ländern, an den alle glauben holieber. Als eine völlige Radikalisierung an beiden Polen wie in den USA. Dort stärken sich scheinbar beide Pole ein evangelikalisches Christentum und ein kämpferischer Atheismus.

    • @Zoran Jovic

      Danke – aber nun sind natürlich gerade Syrien und Jemen Paradebeispiele für die Länder, in denen die benachbarten Rentiersregime ihre brutalen Stellvertreterkriege austragen…

      Bessere Beispiele für Nicht-Rentierstaaten wären Taiwan, Südkorea, Japan usw…

  10. Ich bin ja ein großer Fan der ostasiatischen Staaten, aber es wird schwer für die arabische Welt zu kopieren.

    Südkorea nutzte den Kalten Krieg voll aus. Während neue Industrie durch Zölle geschützt wurden (Verbot von Import von Fernseher und Autos um Samsung und Hyundai zu schützen), konnten sie in die USA alles verkaufen. Heute würde, bei so einer Politik, die USA und die EU gleich Zölle erheben.

    Südkorea hat massiv auch Geld gedruckt um die Infrastruktur aufzubauen.

    Das alles ist gegen die wirtschaftliche Lehre welche man der Welt verabreicht. Freie Märkte, unabhängige Zentralbanken e.t.c.

  11. Ist es nicht gerade Venezuela, welches hier Explizit als Beispiel für die Rentierstaatstheorie genannt wird, das diese wiederlegt?

    Immerhin war Venezuela ca. 50 Jahre eine stabile Demokratie, was beeindruckend ist für ein lateinamerikanisches Land, besonders in den 70ern und 80ern. Nicht selten wird die außergewöhnliche Stabilität Venezuelas zu dieser Zeit eben gerade den Öleinnahmen zugeschrieben.

    Man mag argumentieren, dass Venezuela ja aktuell keine Demokratie ist und daher die Theorie wieder passt, allerdings wäre dies aufgrund der globalen Tendenzen doch eher eine fadenscheinige Argumentation, die viele Fragen offen lassen würde…

    Die Aussage “Demokratische Staatsformen können sich nur dort entfalten, wo sich Staaten auch aus Steuermitteln finanzieren” ist so jedenfalls nicht tragbar, das belegt Venezuela. Ob sich demokratische Staatsformen in einem Staat halten können, der von einer Einnahmequelle abhängt ist eine andere Frage, die aber auch nicht direkt mit Renten oder Steuern zusammenhängt.

    • Ähm, @Marc – tatsächlich ist Venezuela ein starkes Beispiel „für“ die Rentierstaatstheorie. Mächtige Oligarchen, abhängige Parteien, schließlich eine „sozialistische“ Machtergreifung und heute ein brutales und antisemitisch argumentierendes Gewaltregime, das auch die eigene Bevölkerung in die Flucht treibt… Das Öl hat auch Venezuela nicht glücklich gemacht, sondern seinen „Fluch“ entfaltet…

  12. Ähm, @Michael Blume – das ist sehr schade.

    Venezuela hat 1958 aus sich selbst heraus einen demokratischen Staat, für ein Land, in dem sich demokratische Staatsformen laut ihrer Theorie gar nicht entfalten können ist das doch schonmal eine Leistung.
    Besonders aus Sicht eines Landes, welches gleich zwei Weltkriege verlieren musste, bis das mit der Demokratie wenigstens teilweise klappt.

    Zudem hat es diesen demokratischen Staat beibehalten, während rundherum Diktaturen gebildet wurden. Das ist doch auch ziemlich beachtlich für ein Land, welches Quasi zur Diktatur verdammt ist.

    Und um auch das noch in Perspektive zu rücken, es gibt Venezulaner, die 50 Jahre in einer Demokratie gelebt haben. Etwas das nicht jeder Deutsche von sich behaupten kann.

    Letztlich hat der Verfall des Erdölpreises zur Wirtschaftskrise und darüber in die Diktatur geführt. Von der Krise in die Diktatur ist beileibe kein Monopol von “Rentierstaaten”.

    Leider ist ihre Argumentation relativ schwach aufgestellt und fokussiert sich sehr auf die Gegenwart. Was historisch nicht passt wird als “unausweichlich” dargestellt. Tatsächlich ist Lateinamerika fragil, und Venezuela ist nicht der einzige Staat, welcher in den letzten 10 Jahren eine Wendung zur Diktatur vollzogen hat und scheinbar auch leider nicht das letzte.
    Ebenso gibt es in (fast) ganz Lateinamerika Mächtige Oligarchen und abhängige Parteien, Mexico ist hier ein ebenso gutes Beispiel wie El Salvador oder Honduras.

    • Lieber @Marc,

      ich habe volles Verständnis dafür, dass wissenschaftliches Denken manchmal auch gegen innere Widerstände eingeübt werden muss.

      So scheinen Sie das Gefühl zu haben, Venezuela verteidigen zu müssen – während die Rentierstaatstheorie doch darauf hinweist, dass nicht Menschen oder Landschaft, sondern die aus dem „Fluch des Öls“ erwachsenden Strukturen das Problem sind. Beklemmend eindeutig z.B. schon dieser SPIEGEL-Artikel von 1956:
      https://m.spiegel.de/spiegel/print/d-31587155.html

      Dann greifen Sie zu einem kleinen (und gar nicht seltenen, sicher oft unbewussten) Trick: Aus der Aussage, hohe Ölrenten begünstigten Diktaturen, machen Sie – logisch falsch – die Aussage, alle Diktaturen basierten auf Öl – und „widerlegen“ diese dann. Tatsache ist aber, dass die Rentierstaatstheorie tatsächlich nur Aussagen über Rentierstaaten macht – und nicht z.B. über die Diktatur in China.

      Auch ich finde es bedauerlich, lieber @Marc, dass bisher alle Demokratisierungsversuche in Venezuela gescheitert sind. Auch ich fühle mit den Menschen, die Not und Gewalt erleiden, fliehen müssen – darunter zuletzt auch viele Asylbewerber in Deutschland.

      Und gerade deswegen halte ich es für so wichtig, mit erfolgreichen Theorien wie der Rentierstaatstheorie die Geschichte und heutigen Prozesse besser verstehen und für eine bessere, auch demokratische Zukunft eintreten zu können. Vom Ölsparen bis zum Modell Norwegen ist viel möglich, auch genau dazu sind Wissenschaft und wissenschaftliches Denken da!

      Ihnen herzlichen Dank für Ihr engagiertes Interesse, bleiben Sie dran! 🤗📚👍

  13. Lieber Herr Blume,

    gerne bleibe ich dran 🙂

    Der Artikel auf den sie verweisen ist von 1956, mitten in der Zeit der Militärjunta unter Marcos Pérez Jiménez. Aus dieser hat sich zwei Jahre später (1958) eine Demokratie gebildet.

    Ihre gesamte Argumentation fällt direkt auf meine Kritik:

    Ihre Theorie passt wunderbar auf Venezuela vor 1958 und seit ca 2010. In den knapp 50 Jahren dazwischen könnten sie ihr Argument schlicht nicht machen.

    Keinesfalls habe ich übrigens den Punkt gemacht, Diktaturen basierten auf Öl, ein Vorwurf der auch gerne mit einem Zitat untermauert hätte werden dürfen.

    Sie nannten als starkes Beispiel Faktoren wie: Mächtige Oligarchen, abhängige Parteien…

    Ich nannte daraufhin Mexico, El Salvador und Honduras als Staaten, die ebenfalls mächtige Oligarchen und abhängige Parteien aufweisen, und alle Demokratien sind (wenn auch mit Defiziten).
    Während sie das möglicherweise als Case In Point Werten, sollten sie bedenken, dass nicht alle 3 Länder in den letzten Dekaden Demokratien waren.
    Sie haben sich aus der Diktatur entwickelt, ebenso wie es Venezuela 1958 gemacht hat, bei absoluter Abhängigkeit vom Öl, und es auch wieder tun kann.

    P.S.: Ich finde es übrigens super, dass sie sich der Diskussion stellen, ganz großes Lob dafür.

    • Lieber @Marc,

      ja, es kostet viel Zeit und zieht leider manchmal Trolling an – aber konstruktive Online-Diskussionen schätze ich sehr!

      Und wir sind uns also schon mal einig, dass Venezuela vor 1958 und nach 2010 rentierstaatlich-diktatorisch regiert wurde bzw. wird.

      Bezüglich Ihrer Annahme, dazwischen habe sich „eine Demokratie gebildet“, möchte ich nicht nur mit dem Verweis auf deren Scheitern verbleiben, sondern habe mir erlaubt, Ihnen auch einmal einen Bericht von Amnesty International, hier aus dem Jahre 1997, herauszusuchen:
      https://www.refworld.org/docid/3ae6a9f818.html
      Oder anders formuliert: Ich kann kein Jahrzehnt, nicht einmal ein Jahr finden, in dem Venezuela nicht vom „Fluch des Öls“ betroffen worden wäre. Daran scheiterte dann zwischenzeitlich auch – wie von der Rentierstaatstheorie vorher gesagt – sein von Oligarchen und Gewalt geprägter Versuch in Demokratie.

      Hoffen wir das Beste für die Zukunft und tragen wir durch das Einsparen von Ölverbrauch etwas dazu bei!

  14. Ich freue mich sehr, dass sie die Diskussion als konstruktiv empfinden.

    Selbstverständlich sind wir uns einig, dass Venezuela heute eine schreckliche Diktatur ist. Jegliches relativeren dessen verbittet schon das unglaubliche Leid der Bevölkerung.

    Auch die Dinge in dem Amnesty Report sind schrecklich und auch hier möchte ich nicht relativieren, es sei denn sie möchten unbedingt, dass ich darauf eingehe.

    Bezüglich der “von Gewalt geprägtem Versuch” der Demokratie möchte ich auf Freedom House verweisen. https://freedomhouse.org/

    In dem Bericht von 1997 erreicht Venezuela bei Political Rights eine 2+ und bei Civil Rights eine 3. (Die USA erreichen in beiden die Note 1)

    Insgesamt wird Venezuela attestiert:

    Citizens can change their government democratically. However, Venezuela’s institutions have been significantly and
    eroded by decades of corruption and drug-trade penetration and also by two 1992 coup attempts. Trust in the political system has been in
    steep decline since the late 1980s.

    Okay, das ist nicht so klasse, aber overall verdict war Venzuela ist ein freies Land.

    Hinzu kommt noch folgendes Zitat: “In Latin America, three countries—Colombia, Costa Rica and Venezuela—avoided the interruption of constitutional rule that swept the hemisphere in the 1960s and 1970s when military regimes sought to check the growth of populist and leftist movements.”

    Drei Länder ist nicht viel, Venezuela ist eines davon.

    https://freedomhouse.org/sites/default/files/Freedom_in_the_World_1996-1997_complete_book.pdf

    Interessant ist 1987. Dort erreicht Venezuela bei Political Rights eine 1 und bei Civil Rights eine 2. Deustchland übrigens

    Insgesamt attestiert der Report: Venezuela is a constitutional democracy in
    which power has alternated between major parties in recent years.
    Campaigns and voting are fair and open.

    Der Report 9 Jahre vorher, also 1978 kommt übrigens zu dem gleichen Ergebnis wie der von 1987. (1978 ist der älteste Report verfügbar).

    https://freedomhouse.org/sites/default/files/Freedom_in_the_World_1986-1987_complete_book.pdf

    https://freedomhouse.org/sites/default/files/Freedom_in_the_World_1978_complete_book.pdf

    Auch interessant ist hier der Report von 2018, in dem folgende Key Points herausgestellt werden:

    – Democracy faced its most serious crisis in decades in 2017 as its basic tenets—including guarantees of free and fair elections, the rights of minorities, freedom of the press, and the rule of law—came under attack around the world.

    – Seventy-one countries suffered net declines in political rights and civil liberties, with only 35 registering gains. This marked the 12th consecutive year of decline in global freedom.

    -Over the period since the 12-year global slide began in 2006, 113 countries have seen a net decline, and only 62 have experienced a net improvement.

    Und das ist der andere Punkt meiner Kritik. Ja, Venezuela ist zu einer Diktatur geworden. Im gleichen Zeitraum haben mehr als die hälfte aller Länder der Welt (Freedom House betrachtet 210 Länder) eine Wendung zu weniger Freiheit (=hin zu mehr Diktatur) vollzogen. Das sich dies eher chronologisch clustert anstatt an Dingen wie Rentierstaaten kann man meiner Meinung nach nicht ignorieren.

    Auch folgenden Satz sollte man nicht ignorieren:
    The past year brought further, faster erosion of America’s own democratic standards than at any other time in memory, damaging its international credibility as a champion of good governance and human rights.

    Insgesamt ist Venezuela leider kein Einzelfall in den letzten 10 Jahren. Der Verweis auf den “Fluch des Öls” scheint daher nicht wirklich gerechtfertigt.

    • @Marc

      Nun bin ich doch etwas überrascht: Venezuela war ein Öl-Rentiersregime, die nachfolgende Demokratie war von entsprechenden Problemen betroffen – und brach schließlich zusammen…

      Bitte entschuldigen Sie den Vergleich, aber diese Diskussion erinnert mich an Debatten mit Leugnern der Evolutionstheorie oder des Klimawandels…

      Warum ist es Ihnen denn so enorm wichtig, die Auswirkungen der Ölrenten auch auf politische Prozesse zu verschleiern? Das würde mich wirklich interessieren… 🤔

  15. Theorien, die die Menschheit betreffen, menschliche Gesellschaften, haben immer die Eigenschaft, mit Menschen zu tun zu haben, das bedeutet, mit Freiheit. Menschen können sich immer anders entscheiden, als naheliegend ist. Darum ist auch die Rentierstaatstheorie keine Theorie wie die Gravitationstheorie. Rentierstaaten sind nicht zwingend Diktaturen, so wie ein Planet gesetzmäßig in eine Umlaufbahn um die Sonne gezwungen ist; Norwegen macht es anders.

    Aber Rentierstaaten bieten Möglichkeiten, Tendenzen, Gefahren, und es ist einfacher, da hinein zu schlittern, als sich dagegen zu behaupten.

  16. @Michael Blume

    Ich finde den Verweis auf das Leugnen des Klimawandels oder Evolution als ausgesprochen unangemessen.
    Zumal sie bisher einen zeitlich deplatzierten Artikel aus der Zeit der Junta und einen Amnesty Report, der in keinem Satz staatliche Repression erwähnt als Beleg für “die Probleme” der venezuelanischen Demokratie angebracht haben. Keine derart überzeugende Leistung.

    Auch der Vorwurf ich wolle etwas “verschleiern” kommt aus der selben der Selbstgerechtigkeit, impliziert es ja schon, sie hätten unumstößlich recht.

    Ich bin mir ziemlich sicher sie werden diesen Kommentar nicht veröffentlichen, aber sie sollten wissen, dass ich denke sie können sich bei derart starken “Argumenten” auf ihrer Seite solche Verweise in aller Ruhe sparen.

    Obwohl ich denke, dass ich mir die Arbeit eigentlich sparen kann, möchte ich trotzdem erklären warum mir das “verschleiern” derart wichtig ist.

    Sie beschrieben ihre Theorie oben als sehr digital, Zitat:

    “Demokratische Staatsformen können sich nur dort entfalten, wo sich Staaten auch aus Steuermitteln finanzieren”

    Daraus folgt, ein Staat der sich aus anderen Mitteln als Steuern finanziert kann keine Demokratie aufbauen.

    Ihr Gedanke, dass dies ein Argument für die Dekarbonisierung ist hat zwei kleine Fallstricke. Selbst wenn wahr, so ist sie völlig obsolet. Selbst sie müssen einsehen, dass die Endlichkeit der Ressourcen und die Unbewohnbarkeit des Planeten durchaus als Grund ausreichen. Zumal die Dekarbonisierung ja auch keine Demokratie bringt, sondern diese lediglich möglich macht.
    Zudem führt ihre Theorie nicht zwangsläufig zur Schlussfolgerung der Dekarbonisierung, sie eignet sich hervorrragend für kolonialistische Argumente. Wenn unter der Last der Ölrenten eh keine Demokratie entstehen kann, so ist es absolut folgerichtig wenigstens ein Regime zu installieren, das einem wenigsten wohlgesonnen ist, oder man befreit die Staaten von der Last der Ölrente, immerhin können westliche Demokratien mit dieser Last laut ihrer Theorie viel besser umgehen.

    Wenn man jedoch annimmt, dass eine Demokratie unter Öleinnahmen zwar schwierig aber möglich ist, so ändert sich dies. In so einem Fall wird Venezuela zu einem interessanten Fall, aus dem sich die Frage ergibt, warum sich eine Demokratie entwickeln konnte, trotz der widrigen Umstände.
    Das wäre erheblich interessanter als ihre Theorie!

    • @Marc

      Wenn Sie empirisch starke, wissenschaftliche Theorien nicht leugnen wollen – dann lassen Sie es doch einfach! Es zwingt Sie doch niemand dazu – und wenn Sie das Ganze überfordert, hilft vielleicht eine gute Pause.

      Der bewundernswerte Demokratieprozess in Venezuela ist an den Ölrenten gescheitert, genau wie es die Rentierstaatstheorie vorausgesagt hat.

      Und dass man wissenschaftliche Theorien auch missbrauchen kann, ist unbestritten und nun ja wirklich der älteste „Einwand“ auch von „Evolutionskritikern“ gegen die Evolutionstheorie. Gibt es Sozialdarwinismus? Ja, leider! Ist dadurch die Evolutionstheorie widerlegt? Nein, selbstverständlich nicht!

      Die wilde Vermischung von empirischen und emotionalen Argumenten hilft Ihnen weder beim Verstehen noch beim Argumentieren wissenschaftlicher Theorien weiter.

      Inhaltlich stärkt die Rentierstaatstheorie m.E. einfach nur die Argumente für eine schnelle Dekarbonisierung, denn Abbau und Verfeuerung von Erdöl und Erdgas werden über Umweltschäden hinaus mit autoritären Strukturen, Verschwörungsmythen, Gewalt und also „Blut“ bezahlt. Wir sollten also nicht nur „der Umwelt“, sondern auch den Mitmenschen zuliebe so schnell wie möglich den Öl- und Gasverbrauch reduzieren.

      Denn die Folgen von Ölrenten sehen wir derzeit – auch über die global steigenden Temperaturen hinaus – leider auch in Venezuela… :-/

  17. Ein leider sehr kluger Kommentar in der FAZ: Vielleicht kommen sogar noch neue Rentierstaaten hinzu 🙁

    Es sollte volkswirtschaftlich rentabler sein für Brasilien, den Amazonas-Regenwald stehen zu lassen, als ihn für Futtermittelproduktion zu brandroden.

    Die reichen Länder der Welt müssen einsehen, dass ihnen nichts geschenkt wird. Was kostenlos aussieht, ist bloß unentgeltlich – die Kosten tragen andere. Und die haben irgendwann keine Lust mehr dazu. Brasilien exportiert seit Jahrtausenden einen extrem wertvollen Rohstoff in alle Welt: Sauerstoff. Bisher war der kostenlos. Aber wieso eigentlich? Wenn wir für Gold und Erdgas zahlen können, dann auch dafür.

    Also bezahlen für’s Nichtstun. Aber wen?

    https://www.faz.net/aktuell/politik/feuer-in-brasilien-der-wald-brennt-auch-unseretwegen-16350138.html

  18. Emmanuel Macron sagte in seiner Reaktion auf die Ermordung von Samuel Paty, dem Lehrer, der die Mohammed-Karikaturen des Satire-Magazins L‘Hebdo zum Thema seines Unterrichts machte: der Islam steckt in einer “Krise”.
    Mit anderen Worten, Emmanuel Macron sah im Anschlag auf einen französischen Lehrer nicht nur Islamisten am Werk, sondern auch den offiziellen Islam. Warum? Nun, unter anderem weil der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan unmittelbar nach Wiederveröffentlichung der Mohammed-Karikaturen, schwerste Vorwürfe gegen Frankreich und Macron erhob und Macron als geisteskrank bezeichnete, weil er die Wiederveröffentlichung der Karikaturen zuliess.

    Wenn Personen wie Erdogan sich selbst als (unwidersprochene?) Verteidiger des Islams darstellen und indirekt Terroranschläge wegen Beleidigung des Propheten verteidigen, dann müssen sich Staaten wie Frankreich tatsächlich fragen, ob sie nicht nur im Visier von Islamisten, sondern sogar im Visier des Islam selbst sind (mindestens im Visier eines Erdogan-Islam). Und ja, ein Islam, der Gewalt gegen fast ideale französische Bürger rechtfertigt, gegen Bürger, die nichts anderes tun, als die Idee des laizistischen Staates zu lehren, so ein Islam muss in französischen Augen falsch liegen und in der Krise stehen.

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