Prof. Heinrich Zankl zu Gott, Gene und Gehirn
BLOG: Natur des Glaubens
Die überaus erfreuliche Resonanz auf "Gott, Gene und Gehirn" hält an, die 2. Auflage ist inzwischen erschienen – und dafür möchte ich an dieser Stelle allen Lesern und Rezensenten ein herzliches "Danke!" schreiben. So hat z.B. die Zeitschrift Publik-Forum GGG mit einer Rezension von Norbert Copray zum Buch des Monats 02/2009 erhoben. Der Chefredakteur von Spektrum der Wissenschaft, Dr. Reinhard Breuer, empfahl es in seiner Spektrum-Rezension "Nachrichten vom betenden Tier", der Humanbiologe Christian Pantle stellte Befunde aus dem Buch im Magazin Focus vor.
Nach dem bekannten Biologen Prof. Franz Wuketits hat mit dem Humangenetiker (und buchstäblich ausgezeichneten Buchautor) Prof. Heinrich Zankl ein weiterer Forscher von evolutionsbiologischer Seite her seine ermutigende Einschätzung veröffentlicht. Herzlichen Dank, Prof. Zankl!
Heinrich Zankl schloss sein Studium der Veterinärmedizin in München 1967 mit der Promotion ab. Wissenschaftlich arbeitete er zunächst weiter an der Tierärztlichen Fakultät, wechselte dann aber zum Münchner Max-Planck-Institut für Psychiatrie. Parallel zu seinen dortigen Aufgaben studierte Heinrich Zankl Anthropologie und Humangenetik und promovierte 1974 auch in diesem Fachbereich. Anschließend wechselte er als Akademischer Rat ans Institut für Humangenetik an der Universität des Saarlandes, und habilitierte sich dort in Humangenetik. Von 1979 bis 2006 war er Professor für Humanbiologie und Humangenetik an der Universität Kaiserslautern.
Rezension Prof. Heinrich Zankl zu Rüdiger Vaas, Michael Blume: "Gott, Gene und Gehirn. Warum Glaube nützt. Die Evolution der Religiosität".
Hirzel-Verlag. Rezension veröffentlicht bei amazon.de und im Science-Shop.
"Über die menschliche Religiosität sind in den letzten Jahren viele Bücher geschrieben worden, aber nur wenige sind wissenschaftlich so gut fundiert wie das vorliegende Buch. Es ist zweifellos ein Glücksfall gewesen, dass sich der Neurobiologe Rüdiger Vaas und der Religionswissenschaftler Michael Blume zusammengefunden haben, um das hoch interessante, aber auch sehr komplexe Thema "Evolution der Religiosität" aus verschiedenen Perspektiven so darzustellen, dass auch für Nichtfachleute der neueste Stand der Forschung auf diesem Gebiet verständlich wird. Um das zu erreichen, müssen die Autoren allerdings weit ausholen und insbesondere die Bereiche Evolutionstheorie, Soziobiologie, Kognitionspsychologie und Neurotheologie näher erläutern. Dabei wird aber nicht das eigentliche Thema aus den Augen verloren und der Text ist auch sprachlich so gestaltet, dass man gerne weiter liest. Zur besseren Verständlichkeit tragen außerdem etliche Abbildungen und Tabellen bei. Das Buch fordert seinem Leser durchaus eine gewisse intellektuelle Anstrengung ab, dafür wird er aber durch wirklich neue Einsichten und Erkenntnisse reichlich belohnt."
Was ist denn hier los?
Hallo, hab ich was verpaßt? Seit wann äußern sich in Deutschland Naturwissenschaftler und dann sogar noch BIOLOGEN über Religion?? Und dann auch noch POSITIV!? Da ist doch normalerweise Verachtung angesagt. Kriegt dieser Prof dafür jetzt Ärger mit seinen “Fachkollegen”? Bei uns an der Uni war/ist es völlig verpönt, sich als Biologe positiv zu Religion zu äußern.
Verpasst? @Thorsten M.
Na ja, vielleicht. Vielleicht wollen deutsche Naturwissenschaftler englischen/amerikanischen nicht nachstehen. Insbesondere wenn ein englischer Biologe aus Oxford bereits sich auf diesem Gebiet äußert – der allerdings im Gegensatz zu seinem erklärten Vorbild Darwin sich nicht ausbremsen kann, gegen alle Religionen zu polemisieren, als ob er kraft seines Faches dafür kompetent wäre. Dabei erscheint seine Kenntnis von Religion manchmal so als ob er letztmals in einer anglikanischen Sonntagsschule in Kenia ernsthaft damit konfrontiert gewesen wäre.
Nun gut, deutsche Biologen werden wohl innerhalb ihres Faches kaum Anlass haben, sich über Religion zu äußern. Insofern kann ich verstehen, dass im normalen Universitätsbetrieb nicht zur Sprache kommt. Aber es ist doch wohl für alle Fachbereiche gut, über den eigenen Tellerrand zu blicken und dabei Beobachtungen zu verknüpfen. Und dabei ist es wenigstens hier in Deutschland möglich, dass ein Biologe wie Wuketis, der seinerseits Atheist ist, durchaus die wissenschaftliche Qualifikation einer Arbeit am Phänomen Religion einzuschätzen und wertzuschätzen weiß. Dazuhin die Zusammenarbeit eines Wissenschaftsjournalisten (Rüdiger Vaas, übrigens u.a. auch Biologe!) mit einem Religionswissenschaftler, Michael Blume, der dabei wie die meisten seiner Fachkollegen den notwendigen methodischen Agnostizismus festhält, aber in Eigenständigkeit gegenüber vielen dieser Fachkollegen zeigt, dass man nicht notwendigerweise atheistische Schlüsse daraus ziehen *muss*.
Ich nehme nicht an, dass die wertschätzenden Äußerungen von beispielsweise Wuketis gegenüber einem religionswissenschaftlichen Buch irgendwo „verpönt“ werden müssten. Wäre ja wohl auch kein besonders wissenschaftlicher Wertmaßstab – oder?
Basty
@ Thorsten M.
Lieber Herr M.,
danke für Ihre Anfrage. Ja, es gibt in der Tat in den letzten Jahren “etwas Neues” im Bereich der Religions- und Evolutionsforschung. Und Deutschland spielt dabei oft vorne mit, vielleicht auch, weil bei uns die “Culture Wars” nicht so heftig ausgefallen waren wie andernorts.
Was passiert? Natur-, Geistes- und Kulturwissenschaftler beginnen, gemeinsam das Phänomen Religion zu erforschen – und zwar so, wie zuvor auch schon gemeinsam z.B. zu Sprache oder Musik geforscht wurde (und wird).
Wie @Basty geschrieben hat, kommt es dabei je gar nicht auf die individuelle Weltanschauung oder das “Geschmacksurteil” an, sondern auf die empirischen Fakten: Wie wirkt sich die Ausprägung des Merkmals z.B. auf den Reproduktionserfolg der Phänotypen aus (durchschnittlich sehr positiv), zeigen sich z.B. in Zwillingsstudien genetische Veranlagungen (ja), seit wann ist religiöses Verhalten archäologisch belegbar usw.
Wir forschen inzwischen gemeinsam, schreiben gemeinsam, richten auch gemeinsame Veranstaltungen aus, z.B. hier:
http://www.chronologs.de/…ngen-im-juni-juli-2009
Statt Tabus und gegenseitiger Polemiken tritt das gemeinsame Erkenntnisinteresse in den Vordergrund – samt der Erkenntnis, dass Biologie und Kultur einander zutiefst prägen und nur in Wechselwirkung zueinander verstanden werden können. Es würde mich freuen, wenn auch Sie dafür “Feuer fangen” würden! 🙂
Mit herzlichen Grüßen
Michael Blume
Biologen
Um hier angesichts der Anfrage von @ThorstenM mal eine Lanze für die Biologen zu brechen: Da gibt es sehr kreative und neugierige Köpfe, die sich auch für den Dialog mit der Öffentlichkeit nicht zu schade sind!
So macht die Zusammenarbeit & Diskussion mit den Biologen der Uni Tübingen nicht nur immer wieder enorme Freude – mit einem Videoclip (!) werben die auch sehr pfiffig für ein modernes Bild der Evolutionstheorie (das z.B. Reproduktions-, statt bloßer Überlebensvorteile betont):
http://www.chronologs.de/…erleben-oder-berlieben
jesus.de-Rezi
Nun ist auch von ganz anderer Perspektive, auf jesus.de, eine Rezension von Christian Döring zu GGG erschienen – über die ich mich auch sehr freue.
http://www.jesus.de/…tic_pi1%5Bdetail_uid%5D=263
Es scheint gelungen zu sein, doch auch ganz unterschiedliche Interessenten und Vorannahmen anzusprechen und für die wissenschaftliche Betrachtung der Thematik zu gewinnen. Das ist sehr ermutigend! *freu*
@ Blume
Der Link zur Rezension auf jesus.de ist nur für Mitgliedern von jesus.de zugänglich.
@ Martin: Schade
Lieber Martin,
das ist wirklich schade – gestern war die Rezension noch frei erreichbar (ich hatte sie zufällig über Google News gefunden). Ob jesus.de wegen der Datenpannen einiger Social communities wie SchülerVZ seine Sicherheitseinstellungen hoch gefahren hat?
Naja, mich hat es auf jeden Fall sehr gefreut, dass ein Buch über Evolutionsforschung sowohl unter etablierten Fachleuten aus der Biologie wie auch unter jungen Glaubenden Zuspruch gefunden hat. Das war schon ein wenig der Traum, der hinter der Lust am Schreiben stand.