Polarisierung & Überpersonalisierung schaden. Meine Gedanken zur Bundestagswahl 2025

Zwei Drittel meines Lebens – 32 Jahre – bin ich nun aktives Mitglied der Christlich-Demokratischen Union (CDU). Wie wohl jeder Demokrat und jede Demokratin bin ich mit den Personal- und Entscheidungen “meiner” Partei mal mehr, mal weniger glücklich. Aber ich trug loyal auch Schmerzhaftes mit, führte entsprechende Diskussionen lieber intern und halte auch grundsätzlich nichts davon, sich auf Kosten der je eigenen Partei zu profilieren.
Doch der 29. Januar 2025 stellte mich erstmals vor eine massive Gewissensfrage. Am Vormittag hatte ich im Landtag von Baden-Württemberg live miterlebt, dass das starke Miteinander aller demokratischen Fraktionen auch die AfD zur Zustimmung zum neuen Staatsvertrag mit den jüdischen Landesgemeinden zwang. Noch hatte ich die Hoffnung, dass sich der deutsche Bundestag ebenso anständig verhalten würde.
Mein – da noch hoffnungsvoller – Mastodon-Post vom Vormittag des 29. Januar 2025. Screenshot: Michael Blume
Doch auch meine bescheidenen, regionalen Warnungen vor einem “historischen Fehler” wurden leider in der Berliner Blase ignoriert. Noch am gleichen Nachmittag brach der CDU-Parteivorsitzende Friedrich Merz die Zusage vom November, keine Bundestags-Anträge einzubringen, die nur mit der AfD eine Mehrheit finden könnten. Auch vor dem Hintergrund, dass wir doch gerade erst dem 80. Jahrestag der Befreiung des KZ Auschwitz gedacht hatten, konnte ich dazu nicht schweigen und nahm auch an einer Brandmauer-Demonstration teil. Statt eines Plakates hatte ich dabei einfach die Biografie unserer früheren Parteivorsitzenden und langjährig erfolgreichen Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel dabei – und traf auf viel Zustimmung, ja Dankbarkeit.
Gemeinsam mit der interreligiös hoch aktiven Susanne Jakubowski, gewählter Repräsentantin der Israelitischen Religionsgemeinschaft Württembergs (IRGW), bei einer Brandmauer-Demonstration in Stuttgart. In meinen Händen halte ich die “Freiheit” – Autobiografie von Angela Merkel (CDU). Foto: privat
Danach dankten mir sehr viele gerade auch christlich, jüdisch, muslimisch, ezidisch und humanistisch geprägte Personen etwa auf der Bildungsmesse didacta – was ich jedoch als ambivalent erlebte: Wie konnte plötzlich eine Haltung “mutig” sein, die noch vor wenigen Wochen als selbstverständlich gegolten hatte? Was war hier ins Rutschen geraten?
Selbstverständlich nahm ich dennoch auch an dieser Wahl teil und rief auch auf “Blume & Ince” zur demokratischen Wahl des 21. deutschen Bundestages auf. Nun liegen also die Ergebnisse vor und ich möchte als Religions- und Politikwissenschaftler einige Gedanken mit Euch teilen.
1. Die die AfD aufwertende Abstimmung im deutschen Bundestag vom 29. Januar 2025 war für die politische Mitte ein Fehler
Selbst die notorisch Merkel-kritische Stuttgarter Zeitung musste heute morgen im Leitkommentar auf Seite 1 von Joachim Dorfs einräumen:
“Merz’ Schachzug, eine Gesetzesinitiative zur Migration mit Billigung der der AfD in den Bundestag einzubringen, hat sich als Fehler erwiesen. Die CDU ist danach abgerutscht, die AfD nicht geschwächt und die Linkspartei so in den Bundestag eingezogen. Eine Regierungsbildung auf dieser Basis wird eine enorme Herausforderung.”
So wird auf Seite 4 auf Basis der Daten von ARD / Infratest dimap gezeigt, dass die Unionsparteien 830.000 Stimmen an die AfD und weitere 60.000 an die Linke verloren hätten. Gewinne habe es dagegen von der SPD, FDP, den zuletzt Nichtwählenden und von den Grünen gegeben. In einer laufenden Mastodon-Umfrage von heute Morgen mit bereits mehreren Hundert Teilnehmenden geben knapp 80 Prozent an, die Abstimmung habe “auch Union & FPD geschadet”.
Noch im November sahen Umfragen die Unionsparteien bei bis zu 37 Prozent der Stimmen. Mit nun noch 28,52 Prozent haben die Unionsparteien ihr zweitschlechtestes Ergebnis aller Bundestagswahlen eingefahren, wobei die mit den Grünen regierende CDU in Baden-Württemberg mit 31,6 Prozent als bester Landesverband der Partei abschnitt. Die FDP und BSW, die ebenfalls entlang der Merz-Anträge mit Union und AfD abgestimmt hatten, flogen nach aktuellem Stand sogar aus dem Bundestag. SPD und Grüne, die trotz ihrer Enttäuschung über den “Tabubruch” eine Koalition mit Friedrich Merz nicht ausgeschlossen hatten, verloren wohl auch deswegen massiv Stimmen an die Linkspartei. Diese schoss bei den Unter-24-jährigen sogar zur Nummer 1 herauf und erzielte dort einen doppelt so hohen Stimmenanteil wie die Union.
Auf eine Anfrage hatte ich dazu gestern Abend im Fediversum gepostet:
“Mich beeindruckt, dass der sog. #Rechtsruck in der jungen Generation abflaut – bei den Wählern bis 24 schoss die #Linke auf Platz 1. Die Polarisierung machte die Mitte platt. Die #FDP wurde abgestraft.
Und wenn der Pulverdampf weitergezogen ist, werden kluge Leute merken, dass die #Union ihr zweit-schlechtestes Ergebnis bei einer #Bundestagswahl erzielt hat. Ich hoffe, dass viele von uns das auch erkennen & kritisch ansprechen. #Demokratie braucht #Anstand.”
Mastodon-Post am Abend der Bundestagswahl zur politischen Polarisierung der jungen Generation. Screenshot: Michael Blume
2. Überpersonalisierung und Aufmerksamkeitsfallen schaden
In Artikel 21 des deutschen Grundgesetzes heißt es bereits in den ersten drei Sätzen sehr klar, Art. 21.1 GG:
Die Parteien wirken bei der politischen Willensbildung des Volkes mit.
Ihre Gründung ist frei.
Ihre innere Ordnung muß demokratischen Grundsätzen entsprechen.
Es steht also nicht darin, dass sich politische Parteien als Glaubens- und Bekenntnisgemeinschaften in eigene Medienblasen zurückziehen und um vermeintlich unfehlbare Einzelpersonen emotionalisieren sollen. Wer beispielsweise von gewählten Abgeordneten kritiklose Zustimmung zu ruckartigen Manövern erwartet, handelt damit nicht “stark”, sondern stellt das Grundprinzip des europäischen Parlamentarismus in Frage. Auch ich will als Christ und Demokrat kein Stimmvieh und keine Parteisoldaten wählen, sondern selbstbewusste, verlässliche und nötigenfalls kritische Abgeordnete.
Und ich meine, dass wir besonders bei der BSW und FDP, aber auch bei der SPD und den Unionsparteien politische Schäden durch Überpersonalisierung erkennen können. Auch die Grünen verloren, wenn sie auch das zweitbeste Ergebnis bei Bundestagswahlen einfuhren. Große Gewinnerin war die Linke, in der die Spitzenkandidatin durch junge Teamer und prominente Alt-Abgeordnete als sog. “Silberlocken” ergänzt wurde.
Aus meiner Sicht wären daher demokratische Parteien klug beraten, sich wieder breiter aufzustellen und vor allem integrative Vorstände zu wählen, die sich nicht nur mit Jasagern aus dem eigenen Milieu umgeben. Wer nur das eigene Ego füttern will und nur die eigene Blase bedienen kann, eignet sich vielleicht als Influencer in antisozialen Medien, aber nicht für demokratische Verantwortung.
Ein Schaubild zu den psychologischen Mechanismen der Externalisierung und Reaktanz, die in digitalen Blasen, Tunneln und KI-Kokons tendenziell verstärkt werden. Screenshot: Michael Blume
3. Demografie und mediale Thymotisierung nicht nur der Jugend verstehen!
Neben der Klima- und Wirtschaftskrise geriet vor allem auch die Demografie völlig aus dem Fokus der Debatten. Dabei ist sie “das” Megathema, das über die Zukunft von Wirtschaft, Militär, Parteien usw. entscheidet. Und hier ist nicht nur die Stärke von Linken und AfD interessant, sondern auch, dass junge Männer wiederum stärker rechts und junge Frauen deutlich stärker links wählten.
Michael Seemann kommentierte dies trocken mit “das wird ne Generation von singles” – was im Hinblick auf die demokratisch und demografisch katastrophale Geschlechter-Polarisierung etwa in Südkorea durchaus nicht nur witzig ist. Wer männliche Thymoten sexistisch anfeuert, braucht sich nicht zu wundern, wenn sich immer mehr Frauen angewidert abwenden.
Verweist das zunehmend polarisierte Wahlverhalten junger Frauen und Männer in Deutschland auf die demografische Traditionalismusfalle wie in Südkorea? Screenshot: Michael Blume
Fazit: Demokratische Zukunft jenseits des Rechtsrucks
Persönlich empfand ich die Ausrufung der Neuwahlen und den überpersonalisierten, polarisierten Wahlkampf zum 21. deutschen Bundestag als harte Belastung bis zu Gewissensfragen. Doch die Deutschen und vor allem auch die junge Generation haben vom digitalen und globalen Rechtsruck genug, zumal der US-Thymokrat Donald Trump bereits für globale, militärische, demografische und politische wie auch wirtschaftliche Verwerfungen sorgt.
Aus meiner Sicht lassen sich aus den Wahlergebnissen mit starker Beteiligung immerhin vier konkrete, politikwissenschaftliche Empfehlungen ableiten.
1. Wo Konservative Rechtsdualisten nachlaufen, stärken sie diese nur.
Wir haben das nun in zahlreichen, europäischen Demokratien wie den Niederlanden, Großbritannien, Frankreich, Österreich usw. gesehen – und auch in Deutschland. Wer das also immer noch ignorieren möchte, kann sich die Berufung auf Geschichte und Wissenschaften auch sparen.
2. Die digitale Überpersonalisierung hat ihren Zenit überschnitten, die meisten Menschen wollen wieder Teams.
In jedem Führungsseminar wird dringend empfohlen, sich gerade auch aufgrund der medialen und gesellschaftlichen Beschleunigungen nicht nur mit Jasagern zu umgeben, sondern sich mit ausgewogenen und notfalls kritischen Teams zu umgeben. Sonst droht eine emotionale Eskalation in feindseligen Dualismus – und zwar in jedem Milieu. Demokratische Wählerinnen und Wähler wollen keine Mitläufer ohne Rückgrat, sondern erkennen Demokratie als Charaktertest.
3. Wer nicht mit allen demokratischen Parteien zusammenarbeiten will, soll gar nicht mehr kandidieren.
Im Zuge der Überpersonalisierung und parteipolitischen Medienblasen ist das mediale Spiel “Wer koaliert nicht mit wem?” über-eskaliert. Aber in einer repräsentativen Demokratie erwarten die Menschen zu Recht, dass die von ihnen gewählten Demokratinnen und Demokraten dann auch arbeiten, statt sich nur für ihre Followerschaften zu inszenieren. Aus meiner Sicht sollte daher zukünftig die klare Regel gelten: Wer sich nicht in der Lage sieht, mit allen demokratischen Parteien zusammen zu arbeiten, sollte besser gar nicht mehr für Parlamente kandidieren. Demokratie beruht auf der Übernahme von Verantwortung gegenüber dem ganzen Land und gegenüber allen Wählerinnen und Wählern. Wer das nicht kann oder will, verdient unser Vertrauen nicht.
4. Bitte zukünftig auch deutsche Konsulatswahlen.
Das deutsche Briefwahl-System ist veraltet und führte dazu, dass viele Tausend Deutsche aus dem Ausland ihre Stimmen nicht abgeben konnten. Daher könnte es sogar zu Wahlanfechtungen und weiteren Phasen der Unsicherheit kommen. Ich wünsche mir, dass nun endlich auch die Bundesrepublik die Abstimmungen in ihren Auslands-Konsulaten zulässt, wie es etwa die Republiken Frankreich und Türkiye längst möglich machen. Dass papierene Wahlzettel aus Indien und den USA händisch nach Deutschland gebracht werden müssen, ist im 21. Jahrhundert einfach nicht mehr Standard. Und, nein, das Fax ist nicht die Lösung…
Nun hoffe ich, dass sich alle Gewählten des 21. deutschen Bundestages ihrer Verantwortung besinnen und uns Bürgerinnen und Bürger vor weiteren Neuwahlen sowie polarisierten und thymotisierten Wahlkämpfen bewahren. Denn die Megatrends der Demografie, Mitweltkrise und wirtschaftlichen Transformation lassen sich zwar zeitweise verdrängen, brechen aber durch Arbeitskräfte-, Pflege- und Gesundheitsbedarf, Extremwetter und den Zusammenbruch fossiler Branchen doch in unsere Leben ein. Fossil finanzierte Diktaturen bedrohen die gesamte Europäische Union! Ich will hoffen, dass unsere bundesdeutsche Demokratie samt Parteien und Medien zukünftig stark genug ist, sich den Realitäten zu stellen.
Wenn wir über Fehler sprechen, die die politischen Ränder gestärkt haben, dann würde ich dabei eher daran denken, dass 54% der Wähler der Union die Hauptschuld an der Migrationskrise geben.
Und das ist nicht die Schuld von Merz, der nur mit dem Trümmelfeld arbeiten muss, das Merkel hinterlassen hat.
Nein, @Thorsten Boiger, an dieser Stelle muss ich sehr klar widersprechen:
Die feindselige und häufig auch sexistische Fixierung gegen unsere langjährige und erfolgreiche Bundeskanzlerin Angela Merkel ist nach meiner Einschätzung politikwissenschaftlich falsch und schädlich für die Christdemokratie.
1. Der medial befeuerte Rechtsruck fand global statt – und zwar gerade auch dort, wo sich konservative, liberale und bürgerliche Parteien zu einem Rechtsschwenk überreden ließen. Daran kann Dr. Merkel wohl kaum Schuld sein.
2. Auch in der Bundesrepublik selbst waren und sind jene CDU-Verbände deutlich erfolgreicher, die stabil in der demokratischen Mitte geblieben sind.
3. Wer die politischen Niederlagen Nachfolgender auf die erste Bundeskanzlerin und mehrfache Wahlsiegerin Angela Merkel abzuladen versucht, handelt gerade nicht konservativ, sondern unanständig und auch dumm. Denn dies wertet ja auch das Engagement Abertausender Christdemokratinnen und Christdemokraten ab, die in Wahl-, Haupt- und Ehrenämtern für eine pro-europäische und christlich-demokratische Politik eintraten.
Ich denke dabei auch an den bedeutenden, hessischen Christdemokraten Walter Lübcke (1953 – 2019), der wegen seiner Nächstenliebe von Rechtsdualisten digital angefeindet und dann ermordet wurde.
Jedes Abschneiden christdemokratischer Wurzeln zerstört Vertrauen nicht nur in diese Partei, sondern quer durch die Gesellschaft.
Ich schrieb es der Stuttgarter Zeitung und schreibe es auch hier: Wer meint, Merkel-Bashing kleiner Männer trage zur Stabilisierung unserer Demokratie bei, hat nicht verstanden, wie bürgerliche, christliche und generell anständige Psychologie funktioniert. Die digitalisierte Demokratie ist mehr denn je ein Charaktertest.
Dennoch Danke für den anregenden Druko! 🤓🇩🇪🇪🇺☕️
Volle Zustimmung!
Mich hat das Ergebnis der Linken überrascht. Die Motivation junger Leute gerade die Linken zu wählen bzw die AfD beschäftigt mich sehr. Ich mache mir Sorgen, dass sich unsere Gesellschaft ähnlich entwickelt wie in der Weimarer Republik, wo sich NSDAP und KPD mit körperlicher Gewalt auseinandergesetzt haben. Was kann noch getan werden oder sind diese jungen Leute für unsere Gesellschaft schon verloren?
Was uns in den nächsten Jahren noch viel stärker beschäftigen wird, ist die Macht der AfD, mit der sie jeden einschüchtern werden, der oder die es wagt, anderer Meinung zu sein.
Das Ergebnis der AfD im Osten muss ich so hinnehmen. Aber auch die bei uns im Südwesten. Das beste Wahlergebnis hier im Wahlkreis Calw/Freudenstadt (übrigens der Wahlkreis von Frau Esken) hatte zwar Klaus Mack, CDU. Dicht gefolgt von der AfD.
Was ich aber ganz sicher weiß: Nie wieder werde ich einen Urlaub in Thüringen etc machen. Da passt das Zitat des letzten Königs von Sachsen. “Macht eiern Dregg alleene”. Und ja, kurzzeitig dachte ich an ein anderes legendäres Zitat…
Es macht mich so wütend, wenn ich an den Osten denke.
Dass ausgerechnet der widerwärtige Mord an Walter Lübcke zu Wahlkampfzwecken missbraucht wurde, machte mich fassungslos.
Erleichtert bin ich, dass die Grünen für die Regierungsbildung nicht gebraucht werden. Es wäre bei künftigen Wahlen das Ende der Grünen. M.E. würde eine Koalition einschließlich der Grünen massive Probleme unionsintern aufwerfen. Insbesondere durch den bayerischen MP, der von seinem Stellvertreter vor sich hergetrieben wird. In Bayern sind 2025 Kommunalwahlen.
Ob diese BTW Bestand hat, wird sich noch zeigen. Denn BSW wird vermutlich anfechten.
Vielen herzlichen Dank, @Marie H.
Den besonders starken, politischen Rechtsruck haben wir ja in nahezu allen post-sowjetischen Regionen, zumal diese regelmäßig von Zwangs-Säkularisierung, starkem Geburtenrückgang und Abwanderung betroffen waren. Positive Beispiele wie das katholische Eichsfeld auch in Thüringen, in dem Björn Höcke (AfD) immer wieder scheiterte, habe ich ja u.a. hier benannt:
https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/das-mehrfach-scheitern-von-bjoern-hoecke-afd-und-des-antireligioesen-dualismus/
Gerne habe ich uns einmal durch Felo.ai die Zusammenhänge erläutern lassen:
## Verbindung zwischen säkularer Geburtenimplosion, Abwanderung und dem Anwachsen rechtsdualistischer Parteien
### **Hintergrund: Säkulare Geburtenimplosion und Abwanderung**
Die säkulare Geburtenimplosion beschreibt den Rückgang der Geburtenraten in vielen industrialisierten und zunehmend säkularisierten Gesellschaften. Dieser demografische Wandel führt zu einer alternden und einem Rückgang der Erwerbsbevölkerung, was wirtschaftliche und soziale Herausforderungen mit sich bringt. Gleichzeitig verstärken Abwanderung und Migration die demografischen Verschiebungen, da junge, arbeitsfähige Menschen oft in wirtschaftlich attraktivere Länder ziehen.
### **Aufstieg rechtsdualistischer Parteien**
Rechtsdualistische oder -populistische Parteien gewinnen in diesem Kontext häufig an Bedeutung. Dies lässt sich durch mehrere Faktoren erklären:
1. **Kulturelle und nationale Identität**
Migration wird von rechtspopulistischen Parteien oft als Bedroh für die nationale Identität dargestellt. Sie nutzen Ängste vor dem Verlust kultureller und religiöser Werte, um Unterstützung zu mobilisieren. In Krisenzeiten, wie COVID-16, verstärken solche Parteien ihre Rhetorik, indem sie Migration als Gefahr für nationale Sicherheit und Stabilität darstellen[3][5].
2. **Wirtschaftliche Unsicherheiten**:
Der Rückgang der Geburtenraten führt zu einem Fachkräftemangel, der durch Migration teilweise ausgeglichen werden könnte. Allerdings wird Migration von rechtspopulistischen oft als zusätzliche Bedrohung dargestellt, insbesondere wenn Migranten als Konkurrenten auf dem Arbeitsmarkt wahrgenommen werden. Diese Parteien betonen die Belastung durch Sozialleistungen und die Notwendigkeit, nationale Ressourcen zu schützen[4][5].
3. **Demografische Ängste und Natalismus:
In konservativen Kreisen führen sinkende Geburtenraten oft zu Diskursen, die mit dem Aufstieg des Natalismus einhergehen. Dieser propagiert mehr Geburten in der eigenen Gruppe, während Migration als Bedrohung für die demografische Stabilität dargestellt wird. Diese Narrative werden von rechtsdualistischen Parteien genutzt, um ihre Basis zu mobilisieren[3].
4. **Polarisierung und Diskursstrategien**:
Rechtspopulistische Parteien fördern eine dualistische “Wir-gegen-die”-Mentalität, indem sie Migration und Flüchtlinge als Sündenböcke für soziale und wirtschaftliche Probleme benennen. Diese Diskurse verstärken die gesellschaftliche Polarisierung und schaffen ein Umfeld, in dem solche Parteien gedeihen können[3][5].
### **Zusammenhang zwischen Demografie und Politik**
Der Zusammenhang zwischen demografischen Veränderungen und dem rechtsdualistischen Parteien ist komplex. Migration kann einen Beitrag zum demografischen Wandel leisten, wird von diesen Parteien aber oft als Bedrohung dargestellt. Gleichzeitig nutzen sie die Unsicherheiten, die durch den Geburtenrückgang und die Abwanderung entstehen, um ihre politischen Agenden voran zu treiben. Daher sind rechtsdualistische Parteien oft besonders erfolgreich in Ländern, in denen die Bevölkerung altert und die wirtschaftlichen Probleme zunehmen.
###Fazit###
Die Verbindung von säkularer Geburtenimplosion, Abwanderung und dem Anwachsen rechtsdualistischer Parteien ist das Ergebnis eines Zusammenspiels aus kulturellen, wirtschaftlichen und politischen Faktoren. Rechtsdualistische Parteien nutzen Ängste und Unsicherheiten, die durch demografische Veränderungen entstehen, um ihre Unterstützung zu stärken. Dabei spielen Narrative über nationale Identität, wirtschaftliche Belastungen und die Notwendigkeit von Grenzschutz eine zentrale Rolle.
[1] https://www.bpb.de/themen/migration-integration/kurzdossiers/515078/politische-praeferenzen-von-menschen-mit-migrationshintergrund/
[2] https://www.bpb.de/themen/migration-integration/regionalprofile/deutschland/255670/wie-stehen-die-deutschen-parteien-zu-den-themen-migration-integration-flucht-und-asyl/
[3] https://www.dbjr.de/artikel/appell-an-die-demokratischen-parteien-gegen-eine-menschenverachtende-migrationspolitik-und-die-zusammenarbeit-mit-rechtsextremen
[4] https://www.deutschlandfunk.de/bundestagswahl-2025-wahlprogramme-migration-100.html
[5] https://www.tagesschau.de/europawahl/parteien_und_programme/migration-164.html
[6] https://www.europawahl-bw.de/themenvergleich-asyl-19
[7] https://www.tandfonline.com/doi/full/10.1080/1369183X.2025.2452261?src=
[8] https://www.saet.ac.uk/Christianity/MigrationandChristianTheology
[9] https://www.politico.com/news/magazine/2024/04/28/natalism-conference-austin-00150338
[10] https://uknowledge.uky.edu/cgi/viewcontent.cgi?article=1060&context=geography_etds
[11] https://pmc.ncbi.nlm.nih.gov/articles/PMC9115416/
Ein Thema, das uns derzeit – noch – nicht sehr beschäftigt, ist die schleichende Zurücksetzung von Frauen.
Seitdem bekannt geworden ist, dass der künftige Bundeskanzler ein etwas antiquiertes Frauenbild hat, mache ich mir Sorgen um die Zukunft berufstätiger Frauen und deren Erfolgsaussichten.
Migration wird kritisch gesehen und von vielen zum vorherrschenden Wahlkampfthema gemacht. Wenn jetzt eine Partei, die den Bundeskanzler stellt, auch noch Frauen die Fähigkeit zur Führung abspricht, dann gehen wir harten Zeiten entgegen.
Die nächsten vier Jahre sind jedenfalls für die Chancen und Rechte von Frauen ein ungewisses Terrain.
Denen in der CDU, die die Meinung vom Parteivorsitzenden teilen, möchte ich gerne ins Stammbuch schreiben, dass die CDU einige sehr fähige Frauen in ihren Reihen hatte. Aus Baden-Württemberg u.a. Annemarie Griesinger.
Über Ihre Drukos freue ich mich immer, @Marie H.
Ich wäre Ihnen jedoch dankbar, wenn wir auch hier die parteipolitischen Polarisierungen hinter uns lassen und Sie die ständigen Nadelstiche gegen CDU und CSU unterlassen könnten. Jetzt muss auch mal langsam wieder Vernunft und Dialog Platz bekommen.
Eine einfache Einteilung in frauenfreundliche und frauenfeindliche Parteien funktioniert nicht: So hat in Baden-Württemberg eine CDU-Abgeordnete, Nina Warken, den höchsten Erststimmen-Anteil gewonnen. Und jede einzelne Partei der gescheiterten Ampel – „Fortschrittskoalition“ trat mit im Amt gescheiterten Männern an. Wie oben gezeigt tendierten junge Männer zur AfD, junge Frauen zur Linken.
Daher meine Bitte, nicht auch noch nach diesem unsäglichen Wahlkampf immer weiter zu externalisieren, sondern die Wahlergebnisse auch selbstkritisch zu reflektieren. Die Angehörigen anderer, demokratischer Parteien waren und sind nicht pauschal „böse“.
Vielen herzlichen Dank für Ihr Verständnis.
Starke Antwort und ich möchte hinzufügen: Unsere sogenannte Migrationskrise gibt es nicht, sie ist künstlich herbeigeredet
Die deutsche Migrationskrise ist höchstens eine Fachkräftekrise, will sagen: wir brauchen mehr Zugezogene um die vielen wirklichen Krisen, wie z.B. Gesundheits- und Rentenkrise, um nur 2 zu nennen, zu bewältigen.
Danke und liebe Grüße
Thorte
Vielen Dank, @Thorte
Das Anliegen, mehr Fachkräfte und weniger illegale Migration zu bekommen, verstehe und teile ich. Auch aus humanitärer Sicht ist es m.E. fragwürdig, vor allem junge Männer und Schlepper-bezahlte Familien aufzunehmen, statt der oft akut bedrohten Frauen und Kinder. Das habe ich ja beim Sonderkontingent für besonders schutzbedürftige Frauen und Kinder auch direkt so erlebt.
Allerdings hat Deutschland eben auch die Verantwortung, die EU beieinander zu halten. Und wer meint, es wirke abschreckend, digital affine Terroristen in Länder abzuschieben, in denen sie als Helden gefeiert werden und weitere Islamisten heranziehen, hat von echter Medien- und Sicherheitspolitik offensichtlich wenig Ahnung.
Ich hoffe also sehr, dass sich das Niveau unserer Migrations- und Integrationsdiskurse endlich deutlich erhöht. Grundkenntnissen in Demografie und ihrer Wirkmacht kommt dabei m.E. entscheidende Bedeutung zu.
Ich bezweifle, dass man das Wahlverhalten der Jüngeren unter dem Blickwinkel des Umgangs mit der AfD verstehen kann. Wesentlicher scheint mir zu sein, dass die politische Mitte weitgehend die Ansicht vertritt, dass es der nachfolgenden Generation zu der aktuell politisch herrschenden wirtschaftlich schlechter gehen wird. Das ist eine einmalige Zäsur in der Geschichte der Bundesrepublik. Ich würde sogar so weit gehen, dass das Wohlstandsversprechen ein Grundpfeiler unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung ist. Dass der Bruch dieses Versprechens eine massive Wählerwanderung der Betroffenen zu den politischen Rändern auslöst, darf nicht überraschen. Sie beklagen die mediale Empörung, aber diese Menschen haben jedes Recht, empört zu sein!
Aber das muss ja nicht so sein. Ob es eine Generation besser oder schlechter geht, ist letztlich eine Frage der politischen Verteilungskämpfe. Allerdings fehlt mir in einer alternden Gesellschaft die Phantasie, wo der politische Wille zu einer wirtschaftlichen Teilhabe der jüngeren Generation herkommen soll, da bin ich wiederum ganz bei Ihren Ausführungen zur Demographie. So befürchte ich, dass das alternde Pferd solange geritten wird, bis der rechte und der linke Rand gemeinsam auf 50%+1 kommen. Deswegen sind meine Erwartungen an die sich abzeichnende Große Koalition auch sehr begrenzt.
Danke für den Druko, @Bernd – der meine Position freilich Strohmann-verkürzt wiedergibt. Denn ich habe ja gerade nicht nur auf das Verhalten demokratischer Parteien gegenüber der AfD verwiesen, sondern ausdrücklich und mehrfach auf das Verdrängen der Megathemen Demografie, Klima und Wirtschaft.
Tatsächlich gehe ich ja sogar davon aus, dass wir weltweit den Zusammenbruch der fossil befeuerten, linear-säkularen Zukunfts- und Fortschrittsverheißungen erleben, vgl.:
https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/es-ist-die-zukunftsangst-stupid-die-zeitenumbruch-these-zur-wiederwahl-von-donald-trump-usa/
Insofern kann ich Ihnen inhaltlich gar nicht widersprechen – würde mir aber wünschen, dass Sie meine Aussagen auch fair wiedergeben. Tip: Beim Bloggen funktionieren Strohmänner kaum, da alles in Recherche-Weite hinterlegt ist. 🤓✅👍
Ich weiß nicht, ob das ein Strohmann ist, der von Ihnen verlinkte Artikel nimmt ja genau die Haltung ein, die ich kritisch hinterfrage. Letztlich ist es ja eine politische Entscheidung, wie viele fossile Brennstoffe wir verfeuern und wer die Lasten tragen soll, wenn wir das nicht mehr tun. Da zur jüngeren Generation zu sagen, Ihr habt jetzt Pech gehabt, während wir Jahrzehnte des Wachstums genossen haben, finde ich zu kurz gedacht. Das wird letztlich nur die Kräfte an den politischen Rändern stärken, bis sich aus der Mitte gar keine Mehrheiten mehr bilden lassen.
Oder habe ich eine Antwort auf diese Generationenfrage jenseits der Zustandsbeschreibung verpasst? Man muss sie nicht für richtig halten, aber diese Antworten haben sowohl die AfD als auch die Linken. Die AfD sagt, wir verbrennen weiter und ignorieren alle Konsequenzen daraus, und die Linken sagen, dass wir die Kosten für die Energiewende auf vermögende Personen abwälzen. Und solange die politische Mitte überhaupt keine Antworten liefert, haben die Parteien an den Rändern einen klaren Wettbewerbsvorteil. Ist beim Thema Migration im Übrigen genauso (“Grenzen zu” vs “kein mensch ist illegal”).
Und da beschleicht sich dann schon irgendwie der Eindruck, dass die Themen, welche die Menschen bewegen, gar nicht mehr gelöst sondern nur noch verwaltet werden sollen.
Klar, @Bernd – eine Analyse ist eine Beschreibung, aus der sich dann auch Forderungen ergeben.
So habe ich vor dem Landtag BW am 9.11.2023 für „erneuerbare Friedensenergien“ plädiert und vertrete, lebe auch selbst den Solarpunk:
https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/fuer-kinder-braucht-es-zuversicht-frieden-zu-solarpunk-und-demografie/
Danke für Ihr Interesse auch über die Tagesaufreger hinaus! ☺️🙏🙌
“Erneuerbare Friedensenergien” klingt gut, aber ist das wirklich eine Erfolgsgeschichte, die als Lösung des skizzierten Generationenkonflikts taugt? Wenn man sich den Strommix von 2024 im Vergleich zu 2014 anschaut, dann sieht man dass der Wachstum der Erneuerbaren auf Kosten von Kernenergie und Kohle ging, vor allem Letzteres taugt eher weniger als Treibstoff fossiler Diktaturen, da ja sogar teilweise in Deutschland abgebaut. Der Anteil von Öl und Gas ist sogar noch leicht gestiegen.
Und gleichzeitig haben sich die Strompreise für energieintensive (d.h. ehemals von der EEG-Umlage befreite) Industriebetriebe in den letzten 10 Jahren mehr als verdoppelt. Für die und ihre Angestellten ist Solarpunk vermutlich jetzt auch nicht die Lösung.
Nun, @Bernd, die große Erfolgsgeschichte der erneuerbaren Friedensenergien besteht nicht nur in ihrem schnellen Ausbau, sondern vor allem in massiv sinkenden Preisen. Schon jetzt kann Atomkraft inklusive Uranbeschaffung und Endlagerung da nicht mehr mithalten – dabei sind die großen Potentiale von Energiespeichern, Smart Grids und grünem Wasserstoff noch kaum erschlossen! Statt der bisherigen, schädlichen Überproduktion von industrieller Massentierhaltung werden schon jetzt immer mehr landwirtschaftliche Betriebe zu erneuerbaren Energieproduzenten. Ich überweise viel lieber Geld an unsere regionalen Betriebe statt an fossile Diktaturen und deren Terrorgruppen!
Und selbstverständlich eignet sich Solarpunk für die Breite! Schon jetzt reduzieren immer mehr Deutsche ihren Tierfleisch-Konsum, errichten Wärmepumpen, Balkonsolar- oder auch größere PV-Anlagen, erwerben Elektroautos. Meine Familie und ich sind bereits 2017 auf französische Elektroautos umgestiegen und haben dies nie bereut. Und sogar die deutsche Automobilindustrie beginnt sich zu bewegen.
Dem ewigen, deutsch-reaktanten „Die Welt ist so schlimm und wir können doch nichts dagegen tun!“ können wir ein: „Niemand kann alles, aber alle können etwas tun.“ selbstbewusst entgegensetzen. Damit bremsen wir die Klimakrise, reduzieren Abhängigkeiten, Importe und die (oft indirekte) Finanzierung unserer Feinde.
Schon jetzt höre ich von Grünen, dass sie sich darauf freuen, eine schwarz-rote Bundesregierung bei diesen Themen konstruktiv zu stellen. Landes- und Kommunalpolitik sind für die Energiedemokratie ja auch mindestens genauso wichtig.
Sie sehen also, es gibt da auch ernste Zustandsbeschreibungen von mir (u.a. das Gedicht „Die Feuer des Hasses“), aber eben durchaus auch Tatkraft und Hoffnung. Wir Demokratinnen und Demokraten haben noch lange nicht gegen die fossilen Thymokratien verloren! Wir können den Wettbewerb auch dieser Systeme durchaus noch gewinnen. Glaube ich.
“Das wird ne Generation von Singles”
Besser kann Einstieg zu einer Nachlese nicht sein .
Leute, locker bleiben, ich habe zum Beispiel SPD gewählt, weil der Herr Scholz ein Garant für Augenmaß war und ist.
Viel besser wäre es doch, wenn es nicht eine immer höhere Brandmauer bräuchte, sondern wenn die AfD schlicht an Attraktivität verlieren würde. Mich erinnert das etwas an die Weimarer Republik: Hitlers Partei war immer weit abgeschlagen und hat dann plötzlich innert kurzer Zeit sehr viele Zustimmung gefunden. Auch die Wähler dazumal dachten nicht mehr rational, sondern hofften auf einen Erlöser. Und das war Hitler. Auch die NSDAP hätte schon lang vorher kritisch hinterfragt werden müssen. Und überhaupt: wer auf einen Erlöser hofft, der kann meist nicht mehr erlöst werden, sondern wird noch tiefer fallen.
Und was die Probleme Deutschlands angeht. Die Migration ist ein Problem. Doch zweifellos ein lösbares. Die jetzt einsetzende Deindustrialisierung könnte Deutschland aber innert wenigen Jahren zu einem völlig anderen Land machen. So ähnlich wie Grossbritannien und Frankreich auch nicht mehr die Länder von früher sind seit es dort praktisch keine Industrie mehr gibt.
Ja, @Martin Holzherr – auch nach meiner Einschätzung verschärfen manche Diskurse reale Probleme eher, als dass sie diese lösen.
So wären dringend ehrliche Analysen und Ansagen zu Demografie und Renten, Gesundheit und Pflege, zur globalen Erhitzung und Flucht, zu Armee, Europa und wirtschaftlicher Transformation notwendig. Die Leute sind doch nicht blöd und spüren steigende Beiträge, Inflation, Wohnungs- und Ärztemangel, Extremwetter und Alterung jetzt schon. Aber die medialen Diskurse fokussieren auf kurzfristige Aufreger. Und wie wir in „Blume & Ince“ 33 auch diskutiert haben, befördern die medialen Inszenierungen derzeit sogar noch Gewalt-Nachahmer, so wie sie früher Suizide und sog. Flitzer thymotisch belohnt haben!
Wir kriegen wohl wieder die in memoriam Merkel Angststarren-Trump-Überlebens-GroKo aus Ich-will-nicht und Ich-kann-nicht. In der Opposition, ein dicker, blauer Batzen Ich-hasse-mich und ein Häuflein Ich-sollte. Als würde man in meinen Kopf schauen. Aber ich hab eins der Ich-solltes gewählt. OK, die Mehrheit von uns ist alt, müde, kaputt, da liege ich halt im Trend, aber wenn man sein Sterben aufs ganze Land projiziert, wer soll es dann am Leben halten?
Ich habe also gegen mich gestimmt und trotzdem mich bekommen. Irgendwie haben das wohl alle. Interessant, nicht? Ave, Zeitgeist, morituri te salutant.
Die Jungen und die Alten warten auf die Erlösung durch den Tod der Alten, aus unterschiedlichen Gründen. Wenn wir uns die Kraft zur Erneuerung nicht aus der Migration holen können, bleibt nur die harte Tour. Ich hoffe, wir schaffen’s übern Jordan, ohne unsere Kinder zu fressen, wäre schade um die vielen Schneeglöckchen, wenn sie es nicht bis zum Frühling schafften. Deutschland ist ein rüstiger 60jähriger mit der Demenz eines 90jährigen, es könnte mit seinen Enkeln noch viel reißen, wenn es sie denn noch erkennen würde.
Die CDU macht den gleichen Prozess durch wie die Republikaner, sie zerfällt in zwei Flügel, von denen der radikale den gemäßigten auffrisst. Nur haben wir eine andere Mode, wir wickeln nicht alle Prozesse innerhalb zweier Volksparteien ab. Deswegen verteilen sich unsere Para-Trumpisten auf AfD und den rechten CDU-Flügel.
Wir haben Angst und knurren immer lauter. Ein Teil will jaulen, ein Teil will beißen, ein Teil schaut nervös in alle Richtungen und sucht nach einem Ausweg. Der Mensch ist immer Wolf im Schafspelz oder Schaf im Wolfspelz, und Sie sehen gerade, wie die CDU, wie Deutschland, wie Europa den Schafspelz abwerfen. Natürlich greifen wir dazu gern auf Fachkräfte zurück, Putin, Trump, Wölfe sind stets hilfsbereit und überaus kompetent, wenn es darum geht, Schafe schnell und unbürokratisch von ihrem Pelz zu befreien und in ein Rudel Welpen zu verwandeln.
Sie sind eine Schafs-Komponente, friedlich, sozial, sympathisch, etwas weltfremd, das Wertvolle und Wehrlose im Menschen mit Aszendenten Widder. Ich bin die Fortsetzung des Spektrums, ein Rindvieh, ein reizbarerer friedlicher Vegetarier mit Wolfszähnen auf dem Kopf (rein politisch, privat bin ich in Körper und Geist Schinken). Sieht nicht so aus, als ob wir die Herde anführten, oder? Im Moment ist Europa eine Schafsherde zwischen zwei Wölfen, doch aus dem verwirrten Bähen kann schnell Wolfsgeheul werden. Die Hälfte von uns findet’s ja super, gefressen zu werden.
Europa agiert nicht, es reagiert. Wir spiegeln die USA, machen gleichzeitig Copy and Paste und das Törtchen, das ihr Förmchen stanzt. Sie sehen ein Imperium in der Auflösung, die Machtstrukturen brechen zusammen, das Gesetz des Dschungels übernimmt. Die Zeiten werden brutaler, jeder rettet sich selbst, nicht den Nächsten, und Politik ist gut genug, wenn dabei nur zehn Prozent der Bevölkerung drauf gehen statt zwanzig. Wir denken wieder in Kollektiven, Staaten, Nationen, Statistiken, Schwund, für kostspieligen Individualismus wie Menschenrechte fehlen einfach die Mittel. Menschenrechte können sich nur die Oligarchen, Magnaten, Bojaren, Fürsten leisten, die sie aus eigener Latifundien-Tasche zahlen.
All das gab es schon. Die Legionen können euch nicht mehr schützen, baut Mauern um eure Städte, kümmert euch selbst darum – also sprach der römische Kaiser vor über tausend Jahren. Könnte ich mir Namen und Daten merken, würde ich sie nennen, aber mein dummer Schädel merkt sich nur Muster und sieht so nur sich ewig wiederholende Trends.
Wenn Sie sich Merkel ansehen – sie war eine kompetente Provinzpolitikerin, die kompetente Provinzpolitik gemacht hat. Aber es ist die Provinz eines nicht existierenden Staates, also musste sie auch den Job eines nicht existierenden Königs mitmachen, und war damit total überfordert. Sie wurde von Deutschland vereinnahmt, das Staat will, nur Provinz kann aber drauf pfeift, was es kann, versuchte, Trump und Covid zu überleben, Russland hatte sie nicht auf dem Radar. Russlandpolitik ist einfach: Haltet alle das Maul und tut, was die Polen sagen. Aber die Polen machten auch Provinzpolitik und versuchten, zwischen Deutschland und Russland zu überleben, was ohne Schutzmacht nicht geht, nicht ohne die USA – doch ob Trump oder Biden, es sind schwache Herrscher, sogar im eigenen Land.
Zar Coward Trump versucht, Europas Fürsten mit Gewalt in den Griff zu kriegen, dabei kann es sein, dass er schon an Amerikas Bojaren scheitert. Er surft auf dem „Make jeden dahergelaufenen Arsch mit Knete great again“-Trend mit, doch auch er kann darin ertrinken – er hat den Westen zerfetzt, doch wenn er den Oligarchen-Reißwolf nicht aufhalten kann, wird es auch die USA in Fetzen reißen.
Vice Vance Wince Whine Witchfinder General reitet ins Dorf, und sofort sammeln die Bauern Reisig für Scheiterhaufen. Finsterstes Mittelalter ante portas, und wir tun nix, um es zu überspringen und zu dem lustigen Teil vorzuspulen, wo es wieder ins Helle ging.
Vielleicht haben wir Glück, Trump unterjocht Europa, und wir kriegen eine Art Byzanz hin – ein transatlantisches Rest-Rom, in dem wir um Emanzipation kämpfen dürfen, Bürgerrechte für Europas Provinzen, ein Wahlrecht für den Senat, was auch immer der Kaiser davon übrig lässt. Wir kriegen aber auch Konstantin, der unsere heidnischen Tempel niederbrennt, um den Trumpismus zur Staatsreligion zu erheben, wir kriegen Streit, den Konzile beenden werden, indem sie die Meinungsfreiheit noch weiter einschränken, die Arianer ächten, Hus verbrennen, mit Dogmen und Zensur und Inquisition um sich schlagen, ganze Völker verprellen und zu noch rabiateren Ketzern machen. Wir kriegen verarmte Bauern, die für Tribute schuften müssen und für die ewigen Zickenkriege ihrer Fürsten, wenn der Kaiser zu schwach ist, den ewigen Landfrieden durchzusetzen. Raubritter, Hunnen, Völkerwanderung, alles ein Trend, alles ein Prozess im Gange.
Und mittendrin, irgendwo ein klappriges Boot mit Jussuf und Mischpoke drauf, die alle nur einen Job, was zu futtern und ein Dach überm Kopf suchen.
Kriegt’s in eure Köpfe: Wenn ihr die Segnungen eines Imperiums wollt, braucht ihr ein Imperium. Wenn ihr Zwergstämme wollt, holt ihr euch all die Flüche der Schwachen mit ins Haus. Denn Deutschland kann weniger dagegen tun, was mit Deutschland passiert, als Sie dagegen, was mit der CDU passiert, und was mit der CDU passiert, ist ein Symptom dessen, was mit dem Westen passiert. Führt der Kopf in die Scheiße, stinken halt die Füße. Wenn euch Amerika nicht gefällt, eint euch in Europa, wenn euch Europa nicht gefällt, fresst, was euch Amerika ins Maul stopft, und wenn ihr lieber Russland wollt – ein schwacher Zar ist ein grausamer Zar, und Putin ist stärker als Trump an Willen, nicht an Muskeln, er siegt nur, solange mehr gebellt wird als gebissen. Wollt ihr nix davon, kriegt ihr Wölfe, ihr autistischen Schafe.
Entscheidet euch endlich, ihr lallenden Irrlichter. Entscheidet euch und dann zieht’s durch. Mit allen Kosten und Konsequenzen.
Paul S,
Das nächste Mal bitte in Versform. Autistische Schafe lieben Verse .
Tatsächlich habe ich es spaßeshalber probiert, habe dann aber einfach die KI Perplexcity gefragt und wow, das hat was!
Geistiges Eigentum von Paul S. unfomatiert in Versform, der direkter Vergleich zeigt auch das vieles hinzugefügt wurde von Perplexcity.
Ein Land, das müde, gebrochen, alt,
projiziert sein Sterben, ein bitterer Halt.
Die Jungen warten, die Alten auch,
auf Tod und Wandel im gleichen Hauch.
Die GroKo kehrt zurück, ein starrer Blick,
aus “Ich-will-nicht” und “Ich-kann-nicht” gestrickt.
Die Opposition: ein blauer Batzen Groll,
ein Häuflein Hoffnung, doch ohne Soll.
Europa, ein Schaf zwischen Wölfen gestellt,
spiegelt den Westen, der langsam zerfällt.
Trump und Putin, die Mächte von fern,
reißen am Pelz, als brächten sie Stern’.
Die CDU frisst sich selbst entzwei,
rechts ein Flügel, der stärker sei.
Die Angst regiert, das Knurren wird laut,
der Wolf im Schafspelz hat sich gezeigt.
Ein Imperium zerbricht in seiner Glut,
zurück bleibt Chaos und kaltes Blut.
Doch ohne Einheit bleibt nur der Fluch:
Zerfall und Schwäche – ein alter Spruch.
Entscheidet euch! So ruft die Zeit:
Wollt ihr Frieden oder ewigen Streit?
Denn wer zaudert und schweigt in dieser Nacht,
wird vom Sturm der Geschichte umgebracht.
Danke, @Berthold 🙏 – das ist ja super-kreativ!
Oft ermüden mich die Textwüsten von @Paul S., da nicht selten gelungene Assoziationen mit unangemessener Vulgarität gegenüber Frauen, Demokratien und NS-Geschichte verbunden sind. Dialog ist aber auch nicht sein (oder ihr) Ding. Auch dieses Medienmengen-Paradox mit KI kreativ zu bearbeiten, finde ich super & kreativ! Vielen lieben Dank! 👍👏🙌
Berthold Forster,
Chapeau oder nur der Strohhut einer Vogelscheuche ?
“Die CDU frisst sich selbst entzwei….” 6 Direktmandate sind ihr schon zum Opfer gefallen, ja, Tand , Tand ist das Gebild aus Menschenhand.
Eine Gelegenheit über unser Wahlsystem nachzudenken.
Parteien, die ihre Diskursräume vom kommerziellen Social Media steuern lassen, können an niemands Willensbildung mitwirken, weil aufmerksamkeitsgesteuerte Diskurse spaltende Themen provozieren und Diskurse wegen sinkender Aufmerksamkeit beendet werden, bevor es zu einem demokratischen Konsens kommen kann.
Wer keine Hoheit über seine Diskursräume mehr hat, ist zu gar keinem gemeinsamen Handeln mehr fähig.
Vielen Dank, @ErwinL
Ich stimme zu, dass das Konzern-Neurohacking in antisozialen Medien auf der ganzen Welt Menschen empörungssüchtig (Dopamin), Dauer-wütend (Adrenalin) und einsam (Testosteron) macht.
Auch deswegen habe ich mich inzwischen aus den Portalen von X, Meta, Amazon, Disney & Co. verabschiedet und engagiere mich vor allem im Fediversum.
Ihr Ausstieg aus den algorithmisch gesteuerten SM-Plattformen gilt offensichtlich nicht für YouTube.
Ich tue mich damit auch etwas schwer. Auf der einen Seite hat mir YT beim DIY-Aufbau meiner Wärmepumpe ein wenig geholfen.
In der Gesamtschau trägt es aber stark dazu bei, dass die große Mehrheit meines sozialen Umfeldes der festen Überzeugung ist, dass Wärmepumpen nicht funktionieren und aus vielen weiteren kruden Gründen ein Irrweg sind.
Das Gleiche gilt für mein E-Auto. Da konnte ich zwar auf YT ein schönes Vorstellungsvideo des Modells ansehen aber das rechtfertigt um Längen nicht den Schaden, den es in unserer sozialen Wahrheitsfindung zu diesem Thema anrichtet.
Wir können es drehen wie wir wollen. Es ist kein gemeinwohldienliches Konzept für kommerzielles Social Media in Sichtweite.
Unsere öffentlichen Organisationen incl. der Parteien müssen anfangen, die Verantwortung für die gemeinwohldienliche Gestaltung von Social Media zu übernehmen.
Ja, @ErwinL – zwar gibt es bereits erste Fediversum-Video-Angebote wie PeerTube, aber diese bräuchten m.E. erst eine EU-Förderung und -Sicherung, um in der allgemeinen Wissenskommunikation wirklich konkurrenzfähig zu werden. Die Ansätze sind schon da:
https://fedi.tips/peertube-video-hosting-on-the-fediverse/
Aber da Deutschland 🇩🇪🇪🇺, wie geschrieben, noch nicht einmal sein Briefwahl-System auf europäischen Standard bringen konnte, möchte ich auch hier lieber auf konkrete Lösungen hinarbeiten. Die offene Gesellschaft nach Popper reift ja durch Evolution, nicht durch Revolution.
@Hauptartikel
„Demokratie beruht auf der Übernahme von Verantwortung gegenüber dem ganzen Land und gegenüber allen Wählerinnen und Wählern.“
Die Herausforderungen angehen dürfte jetzt die Maßgabe sein. Wenigstens kennen sich CDU und SPD seit 75 Jahren, da müsste doch die Möglichkeit bestehen, hier mal richtig produktiv die nächsten 4 Jahre zu gestalten.
Aufrüsten wäre wohl das dringlichste. Eine schlagkräftige europäische Streitmacht könnte Putin davon abhalten, uns die nächsten Jahre doch noch anzugreifen. Diese Aufrüstung wird teuer, aber es lohnt sich.
Von mir aus kann man hierfür auch erstmal auf teure Klimaschutzmaßnahmen verzichten, und nur nicht so teure Maßnahmen vornehmen. Also insbesondere z.B. Baugenehmigungen für Windräder oder die Digitalisierung der Stromzähler im ganzen Land. Sicherlich hilft auch die Energiewende gegen hohe Öl und Gaspreise und das füllte dann weniger Putins Kriegskasse. Aber das kommt einfach zu spät, zumindest aktuell betrachtet.
Es hilft uns auch unser Wohlstand nicht weiter, wenn es doch zum Krieg von Russland gegen ganz Europa kommt. Eine massive Aufrüstung wird teuer, und dennoch lohnt es sich, dafür auch für einige Jahre mal etwas weniger zu konsumieren. Meine ich zumindest.
Die AfD hat wohl nicht nur mit Ausländerpolitik gepunktet. In NRW zumindest ist sie vor allem von Arbeitern mit schwieriger Finanzlage gewählt worden. Eine weitere Verschärfung der Finanzlage bei diesen Menschen sollte man vielleicht echt vermeiden, besser noch hier gezielt Steuern reduzieren. Die kann man besser bei Besserverdienern und bei Vermögenden eintreiben.
Auch beim Bürgergeld kann man sparen, ohne den Menschen viel zu schaden. Derzeit werden die Wohnung samt Heizkosten komplett übernommen. Wer mit einer kleineren Wohnung hinkommt und sparsam heizt hat da rein gar nichts von. Man könnte hier eine Regelung finden, dass es sich für den Bürger lohnt, sparsam zu sein, und dabei gleichzeitig selber Steuergelder sparen.
Das hilft dann auch gleichzeitig ein wenig gegen die Wohnungsnot.
Jaja, es heißt, es hilft nichts die Zuwanderung zu begrenzen, dass man so der AfD keine Zustimmung entziehen kann. Ich denke aber, dass das nur kurzfristig stimmt. Ich würde es dennoch probieren, dass die EU wirklich die Außengrenzen dicht macht, und so dann nicht mehr viele neue Zuwanderer aus Afrika und dem Nahen Osten zu uns kommen.
Wenn dann noch der Ukrainekrieg pausiert und in Syrien passable Verhältnisse etablieren, dann könnten eine Millionen oder mehr Menschen zusätzlich Deutschland wieder verlassen. Ich vermute, dass das dann in 4 Jahren doch der AfD Stimmen wegnimmt.
Über weniger Zuwanderung nur zu reden, wird dagegen tatsächlich nicht helfen. Es muss dann schon wirklich was passieren.
Für die so dringende Aufrüstung Schulden machen würde ich auch noch befürworten, aber hier auch Staatsgelder umschichten dürfte eigentlich alternativlos sein. Wenn wir uns sonst mitten im Krieg wiederfinden, dann geht das wirklich auf Wohlstand und Lebensqualität. Mit der Option einer atomaren Eskalation.
Der im Artikel zitierte
Art. 21.1 GG:
“Die Parteien wirken bei der politischen Willensbildung des Volkes mit.”
steht auch in einem Spannungsverhältnis zu
Art. 38.1 GG
“ Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages werden in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt. Sie sind Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen.
Vom Gewissen des einzelnen Abgeordneten, der das ganze Volk vertritt und nicht an Weisungen gebunden ist, hat man bei der Abstimmung über die Migrationsanträge mit der AFD nur sehr wenig bemerkt. Die wenigen “Abweichler” haben es ja großteils nicht mal gewagt sich offiziell zu enthalten, sondern sind einfach ferngeblieben.
Bitte nicht falsch verstehen – eine gewisse Fraktionsdisziplin muss wohl sein, wenn man regieren will. Und es ist völlig klar, dass sich nicht jede*r Abgeordnete*r in alle Themen einarbeiten kann; bei einem Verkehrsthema z.B. verlassen sich die meisten halt auf die Expertise der Kollegen aus dem Verkehrsausschuss, lassen sich das Thema vielleicht von denen erklären und stimmen dann unisono mit der Fraktion. Das finde ich völlig ok.
Aber wenn es um Grundsätzliches geht, und um Themen, die auch innerhalb der eigenen Partei umstritten sind: da würde ich mir vom nächsten Bundestag wünschen, dass sich die Abgeordneten ein wenig mehr von ihren Leitwölfen emanzipieren.
Ganz genau so sehe ich es auch, @Hans 👍
Die digitale Welt zersplittert in immer mehr Mikroblasen. Keine Bewegung und keine Partei kann diese mehr nur durch eine Person bespielen. Stattdessen braucht es verschiedene, glaubwürdige Abgeordnete, wie sie ja auch bisher zur Vertretung ihrer Wahlkreise gewählt und entsandt wurden.
Mit der Überpersonalisierung zerlegen sich nun immer mehr Parteien, auch im deutschen Bundestag. Die große Kunst digitaler Politik besteht nicht mehr darin, nur einzelne Spitzenkandidierende zu zelebrieren, sondern glaubwürdige Teams. Und wer seine gewählten Abgeordneten wie Stimmvieh oder Parteisoldaten einsetzt, zerstört deren Glaubwürdigkeit – und die eigene gleich mit. Das haben bereits dieser Wahlkampf und die Bundestagswahl 2025 gezeigt. Und es ist erst der Anfang.
Auch Donald Trump musste sich bereits stundenlang in Podcasts setzen und mächtige Verbündeten wie Elon Musk Raum geben. Ob sich der Kongress gegen ihn emanzipieren kann, wird entscheidend für die Zukunft der Vereinigten Staaten sein. Deutschland hat sogar noch die Chance, den Übergang in die Thymokratie zu verhindern.
Vor diesem Hintergrund lehne ich übrigens das derzeit geltende Wahlrecht ab, das dazu führt, dass nicht alle direkt gewählten Kandidierenden dann auch in den Bundestag einziehen und vor allem städtische Regionen nicht mehr direkt im Parlament vertreten sind. Das stärkt die Landeslisten unnötig und nach meiner Auffassung auch sinnwidrig gegenüber der demokratischen Direktwohl von Abgeordneten.
Sie lehnen das derzeit gültige Wahlrecht ab. So weit würde ich nicht gehen. Ich finde es auch ungerecht, dass Leute, die direkt gewählt sind, ihr Mandat nicht wahrnehmen können. Dieser Fall ist z.B. im Wahlkreis Nürnberg Nord eingetreten. Um den Bundestag zu verkleinern, müssten, wenn ich Sie richtig verstehe, eigentlich die Landeslisten verschwinden.
Da SPD, FDP, Grüne, Linke etc seltener Direktmandate erringen, wären sie dann im Parlament nicht mehr vertreten und würden mit der Zeit verschwinden. Nach heutigem Stand bestünde der Bundestag zu über 90% aus CDU und AfD, die sich mangels Konkurrenz keine Sorgen mehr machen müssen, ob sie wiedergewählt werden. Die Häme, die über die anderen Parteien ausgegossen würde, kann ich spüren.
Warum sollte ich dann überhaupt noch wählen?
Danke, @Marie H.
Aber das sog. Grabenwahlrecht, für das ich plädiert habe, ist kein reines Mehrheitswahlrecht, sondern kombiniert Direktwahl & Listenwahl. 🙂
Ich habe mich mal über dieses Grabenwahlrecht informiert und habe eine Nachfrage: Stimmt es, dass es für die großen Parteien vorteilhafter ist? Bis hin zu einer absoluten Mehrheit für eine einzige Partei? Danke
Danke für die Nachfrage, @Marie H.
Das hängt von der Ausgestaltung des Grabenwahlrechtes ab: Wenn die beiden Hälften strikt getrennt werden, haben regional starke Parteien einen Vorteil, weil sie zusätzlich zu vielen Direktmandaten auch Sitze aus der Verteilung der anderen Hälfte nach Verhältniswahlrecht bekommen können. Der Vorteil dieses Systems wäre, dass sich die Zahl der Parlamentssitze direkt festlegen ließe.
Es ist aber selbstverständlich auch eine Lösung denkbar, wonach zuerst die Direktmandate verliehen werden und dann nur noch zusätzlich dazu die Listenplätze. Dann hätten große Parteien nur dann einen Vorteil, wenn sie mehr Mandate gewinnen, als sie Listenplätze errungen haben. Allerdings kann dann wieder die Größe des Parlamentes schwanken. Das sollte ja vermieden werden.
Denkbar wäre auch eine verbindende Variante: Zum Beispiel 200 Wahlkreise + 300 Sitze nach Verhältniswahlrecht, miteinander verrechnet. Dann würden die Vorteile für die großen Parteien reduziert bzw. verschwinden, allerdings auch die Wahlkreise jeweils größer werden.
In der jetzigen Regelung wird entgegen dem Grabenwahlrecht vorgegangen – entscheidend ist das Verhältniswahlrecht und wenn die Zahl erfüllt ist, werden Direktmandate eben nicht besetzt. Das bestraft regional starke Parteien, indem sie auch dann Sitze nicht besetzen können, wenn sie die Direktwahl gewonnen haben. In Fällen wie Tübingen bedeutet dies beispielsweise, dass diesmal gar keine Abgeordneten in den Bundestag einziehen konnten. Und das ist natürlich für gerade auch den wählenden Menschen des Wahlkreises nicht zu vermitteln.
Ich hoffe sehr, dass so etwas bei keiner Bundestagswahl mehr geschieht. Es ist den Bürgerinnen und Bürgern, die jetzt gar nicht im Parlament vertreten sind, einfach nicht zuzumuten, dass sie zu Zigtausenden wählen, um dann zu erfahren, dass aufgrund komplizierter Berechnungen gar niemand aus ihrem Wahlkreis in den Bundestag einziehen wird.
Friedrich Merz delegitimiert geraden den Internationalen Strafgerichtshof:
“Merz sagt Netanjahu Deutschlandbesuch ohne Verhaftung zu.
Friedrich Merz will den Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofs gegen Israels Ministerpräsidenten umgehen.”
http://www.zeit.de/politik/deutschland/2025-02/friedrich-merz-benjamin-netanjahu-einladung-haftbefehl#cid-74505863
Und das in einer Zeit, in der die Trump-Regierung die internationale Ordnung angreift und zugunsten des Rechts des Stärkeren zerstören will.
Und jetzt will Merz auch die Schuldenbremse noch mit dem alten Bundestag reformieren, weil im neuen Bundestag die absolute Mehrheit dafür mit Rot, Schwarz, Grün nicht zu erreichen ist. Das hätte er vor der Wahl machen können und sollen, aber das wollte er nicht, weil das nicht in den Wahlkampf passte.
http://www.zeit.de/politik/deutschland/2025-02/debatte-schuldenbremse-reform-friedrich-merz-gruene-olaf-scholz
Ich habe große Zweifel, dass Merz charakterlich und politisch für das Kanzleramt geeignet.
Und mein Thymometer zeigt große Ausschläge nach oben!
@Paul Stefan
Leider haben sich die internationalen Organisationen wie die UN gerade auch gegenüber Israel bereits selbst ausreichend delegitimiert. Und in der dortigen Demokratie gibt es bereits eine länger schwelende Krise um die Gewaltenteilung, konkret um den Obersten Gerichtshof. Die kommenden Jahre werden spannend, für alle Noch-Demokratien. Auf deutsche Oberlehrer-Attitüden wartet dabei nach meiner Erfahrung weltweit niemand mehr. Das haben wir uns insbesondere mit unseren fossilen Import-Abhängigkeiten, unserer schwachen Demografie und also nachlassenden wirtschaftlichen und militärischen Kraft auch selbst zuzuschreiben. Meine ich.
Die Einhaltung von internationalem Recht, zu dem sich Deutschland verpflichtet hat, ist keine “Oberlehrer-Attitüde”.
Und der Internationale Strafgerichtshof ist kein Organ der UN:
“Der Internationale Strafgerichtshof (IStGH; englisch International Criminal Court, ICC; französisch Cour pénale internationale, CPI) ist ein ständiges internationales Strafgericht mit Sitz in Den Haag (Niederlande) außerhalb der Vereinten Nationen.”
de.wikipedia.org/wiki/Internationaler_Strafgerichtshof
Ja, dann lassen Sie uns doch bitte Wladimir Putin, Xi Jinping und Donald Trump mitteilen, dass diese sich gefälligst an „internationales Recht“ halten sollten. Und sie notfalls auch verhaften.
Das können wir nicht? Aber gegen Israel 🇮🇱 sollen wir vorgehen? Echt jetzt?
Genau das ist das Problem, das ich mit „Oberlehrer-Attitüde“ meine. Der ganzen Welt fällt auf, dass das sog. „internationale Recht“ nur noch für arme und kleine Länder gelten soll. Damit verliert es seine Glaubwürdigkeit. Das halte ich für ein ernstes Problem.
Und setzt sich die deutsche Justiz wenigstens gegen internationale Konzerne durch? Habe zum Beispiel selbst mit HateAid gegen Twitter bzw. X von Elon Musk geklagt. Nach einem fulminanten Erfolg in der ersten Instanz passierte das:
https://hateaid.org/verleumdungskampagne-blume-twitter/
Also, ich will Ihre Erwartungen ja nicht dämpfen. Aber meine sind aufgrund internationaler Beobachtungen und auch eigener Erfahrungen doch eher überschaubar.
Ich habe keine großen Erwartungen an den Internationalen Strafgerichtshof, aber man sollte als Mitgliedsstaat ihn achten. Die Hamas-Führer standen übrigens auch auf der Fahndungsliste und Putin steht auf ihr, weil die Ukraine ihm beigetreten ist. USA, China und Russland sind keine Mitglieder.
Wollen Sie in letzter Konsequenz alle internationalen Organisationen auflösen oder ignorieren, weil sie das Recht nicht durchsetzen können? Oder sollte man nicht versuchen, das internationale Recht zu stärken?
Und welches Signal sendet das an alle Muslime und/oder Palästinenser oder Araber in Europa, die auch Gerechtigkeit gegenüber den Palästinensern fordern?
Auch für Erdogan, der sich als Beschützer von Türken und türkischstämmigen Migranten und der Palästinenser aufspielt, wird das eine Bestätigung sein, dass Deutschland seine Werte nur heuchelt. Es ist schwer, ihm da noch mit Argumenten zu widersprechen, wobei es natürlich nicht darum geht, diesen Autokraten überzeugen zu können, sondern um sein Publikum hier und in der Türkei.
@Paul Stefan
Wenn ich es mir wünschen könnte, so würde ich mir starke, internationale Organisationen und eine auch starke, internationale Justiz wünschen. Widersprach da auch dem israelischen Premier Netanjahu, vgl.
https://www.swr.de/swraktuell/baden-wuerttemberg/antisemitismusbeauftragter-blume-kritisiert-netanjahu-100.html
Genau deswegen lehne ich aber einseitige Strafen gegen Israel 🇮🇱 ab und hoffe, dass die neue Bundesregierung die deutsch-israelischen Beziehungen realistisch und ergebnisorientiert gestaltet. Der Mittelmeerraum wäre ja ohnehin ein Thema für sich…
@ Michael
“Vor diesem Hintergrund lehne ich übrigens das derzeit geltende Wahlrecht ab, das dazu führt, dass nicht alle direkt gewählten Kandidierenden dann auch in den Bundestag einziehen und vor allem städtische Regionen nicht mehr direkt im Parlament vertreten sind. Das stärkt die Landeslisten unnötig und nach meiner Auffassung auch sinnwidrig gegenüber der demokratischen Direktwahl von Abgeordneten”
Ja, auch so ein leidiges Thema, bei dem alle Parteien der Mitte Politikfrust erzeugt haben. Die Union (v.a. die CSU), weil sie sich über Jahre allen Versuchen widersetzt hat, das Wahlrecht zu reformieren; was aber dringend nötig war, um den Bundestag in arbeitsfähiger Größe zu halten.
Und auf der anderen Seite die Ampel, die – entgegen langjähriger Praxis – ein neues Wahlrecht gegen die Opposition durchgedrückt hat, das noch dazu die von die angesprochene Schwäche hat (Stärkung des “Proporzprinzips” zu Lasten der Wahlkreisvertretung).
Die Union hat ja schon angekündigt, das wieder zurückzudrehen – aber ich hoffe sehr, dass man zum alten Usus zurückkehrt, dass das Wahlrecht nur mit breiter Mehrheit verändert wird. Sonst kommen wir schnell dahin, dass jede neue Regierung zu ihrem eigenen Vorteil am Wahlrecht schraubt, was für das Vertrauen in Politik und Demokratie auch fatal wäre.
Wobei das deutsche Wahlrecht halt wirklich die Quadratur des Kreises versucht, mit seiner komplizierten “personalisierten Verhältniswahl”. Wie man das besser machen könnte, ohne kompletten Systemwechsel oder noch mehr komplizierte Detailregeln, wüsste ich jetzt aber auch nicht. “Grabensysteme” finde ich persönlich gut, aber die meisten Deutschen wollen den Proporz möglichst genau gewahrt sehen, denke ich.
Danke, @Hans
Mir persönlich würde ein Grabensystem mit je der Hälfte Direktmandate und Verhältniswahlrecht auch am Besten gefallen, da es eindeutig repräsentativ und einfach zu verstehen sowie zahlenmäßig klar zu begrenzen wäre. Fairerweise muss ich jedoch einräumen, dass es auch beim Wahlrecht auf Ebene der Länder und bisweilen auch Kommunen noch Potentiale gibt. Ein klares und verständliches Wahlsystem des Bundes könnte hier eine Vorbildfunktion übernehmen.
Vielen Dank für die erhellende Analyse, die ich im wesentlichen teile.
Ein großer Fehler, den imho fast alle Parteien gemacht haben, ist, das Narrativ der eskalierenden Migrationskrise ungeprüft zu übernehmen und sich so von der AfD vor sich hertreiben zu lassen. Betrachtet man die Zahlen, fällt aber auf, dass es bei der Einwanderung gelegentlich extreme Spitzen gibt, die auf akute Krisen zurückzuführen sind, etwa die Massenflucht aus Syrien 2015/16 oder der Beginn der Invasion Russlands in die Ukraine.
Dass danach die Zahlen aber immer wieder auf das langjährige Mittel zurückgegangen sind, geht in der digitalen Aufmerksamkeit unter, weil es nicht zur Skandalisierung taugt.
Es wäre die Aufgabe aller demokratischen Parteien, diesen Sachverhalt klarzustellen und sich nicht vor den Karren der Rechtsextremen Spannen zu lassen.
Danke & Zustimmung, @Christian Roeck – da sind wir beieinander.
Aus meiner Sicht besteht eine problematische Tendenz im Zeitalter der digitalen Aufmerksamkeitsökonomie, der Performativität, also der medialen Inszenierung: Belohnt wird das Sensationelle, das Kurzfristige, dass Augenfällige, der feindselige Dualismus. „Enge der Zeit ist die Wurzel des Bösen.“ (Hans Blumenberg)
Sogar die WerteUnion wie auch die Freien Wähler um Hubert Aiwanger beklagen, dass sie in den Massenmedien kaum vorgekommen wären, wogegen Sarah Wagenknecht (BSW) und Alice Weidel (AfD) stark gemacht worden seien:
https://www.augsburger-allgemeine.de/bayern/freie-waehler-scheitern-erneut-im-bundestagswahlkampf-ursachen-und-folgen-106032757
Bin gerade auf einer jüdisch-muslimischen-christlichen Tagung und habe hier zum Medien- und Zeitenumbruch nachdenkend und zuhörend so formuliert:
“ Jeder Mensch erbt eine auch schmerzhafte Vergangenheit, inszeniert sich in der Gegenwart anderer & entwirft angst- oder hoffnungsvolle Zukünfte. Sowohl die Erinnerung, die aktuelle Inszenierung wie die Zukunftsentwürfe finden immer wieder in Medien statt. #Philosophie #Medien #Zeit #Zeiten“
In der aktuellen Folge 33 von Blume & Ince haben wir ja auch darauf aufmerksam gemacht, dass medienethisch völlig klar ist, dass heroisierende Berichterstattung über Suizide oder sog. Fußball-Flitzer immer wieder Nachahmungswellen auslöste. Bei Rassismus und Terrorismus scheint dies aber noch völlig ignoriert zu werden.
In der Summe komme ich also immer stärker zur These, dass wir die eskalierende Aufmerksamkeits- und Medienkonkurrenz nur noch dann psychologisch bewältigen, wenn wir selbst zu Medien-Prosumentinnen & Prosumenten im Fediversum werden. Weder private noch ÖRR-Medien entgehen den Logiken von Relativismus und polarisierendem Dualismus. Fürchte ich.
Michael Blume,
Die Meinungsbildung wird durch Polarisierung beschleunigt und die Medien sind daran beteiligt.
Und es sind wieder die Medien, die den bequemere Weg vorziehen und die Parteioberen loben /kritisieren anstatt eine Analyse des Parteiprogrammes vorzunehmen.
Man könnte also den Schluss ziehen, die Medien sind maßgebend an einem Wahlausgang beteiligt.
Was etwas zu kurz kommt, das sind die Spätfolgen, die eine Legislaturperiode hinterlassen hat. Und zwar im Alltag.
Unsere Nachbarin, eine Frau aus Äthiopien, die musst jetzt noch einen zweiten Job annehmen, die muss jetzt abends noch Putzen gehen, weil sie ihre Miete nicht mehr bezahlen kann.
Um jetzt wieder poetisch zu werden. Bei Mackie Messer heißt es : “Man sieht nur die im Lichte, die im Dunkeln sieht man nicht.”
Die Sensationspresse nimmt sich ja solcher Themen an, die Weltpolitik ist im Augenblick aber blind für die Not der kleinen Leute.
Warum sage ich das ? Den Linken hätte ich mehr Beachtung gewünscht.
Vielen Dank, @N.
Habe erst heute morgen auf Mastodon eine Umfrage zur Rolle von Medien gestellt – und bei bereits mehreren Hundert Antworten eine unglaubliche Zustimmungsquote von 97% (!)!
Die Formulierung lautet:
“Bin ja wirklich ein politisch interessierter Mensch, aber die mediale Dauer-Präsenz von Sarah Wagenknecht (BSW) und Alice Weidel (AfD) im ÖRR und sogar Zeitungen hat mich diesmal abgestoßen. Ständig Polarisierung, Sachthemen wie Demografie, Klimakrise, Wirtschaft kamen m.E. zu kurz. Ging es anderen auch so? #Medienethik #Aufmerksamkeitsfalle“
https://sueden.social/@BlumeEvolution/114063394993719920
Ich denke, auch hier stoßen wir auf die mediale Beschleunigung und die Kognitionspsychologie der „Enge der Zeit“.
Michael Blume,
Volle Zustimmung ! Und da die digitalen Medien schneller reagieren können als die Printmedien, ist der Niedergang der Printmedien vorgezeichnet.
Etwas Pikantes zum Schluss: Der Bundesminister für Digitales und Verkehr der Bundesrepublik Deutschland, Volker Wissing, gehört der FDP an.
@Michael 25.02. 12:40
„Ich denke, auch hier stoßen wir auf die mediale Beschleunigung und die Kognitionspsychologie der „Enge der Zeit“.“
Das ist sicherlich eine wesentliche Dimension der politischen Meinungen. Aber allgemeine weltanschauliche Einstellungen wirken auf der langfristigen Skala mit, und die aktuelle wirtschaftliche Situation spielt auf der kurzfristigen Skala auch seine Rolle.
Die Medien sind nicht alles.
Wer sich aus weltanschaulichen Gründen grundsätzlich für den ganzen Planeten einsetzen will, der wird das tun. Und wer nicht mehr weiß, wie er seine Rechnungen bezahlen kann, wählt dann womöglich Parteien, von denen er wenigstens hoffen kann, dass diese seine Situation verbessern können.
Die Medien verarbeiten dann wiederum auch diese Themen.
Wie viel wirklich effektive Aufrüstung wir hinbekommen, könnte allerdings vor allem ein bürokratisches Problem sein. Das geht alles so quälend langsam, dass ich schon befürchte, dass man hier erst aufwacht, wenn bereits halb Polen von Putin besetzt ist.
Was regelmäßige Raketenangriffe auf Wohnhäuser und Infrastruktur mit unserem Wohlstand machen können, kann man ja nun gut in der Ukraine aktuell beobachten. Das zahlt auch alles keine Versicherung mehr. Das müsste eigentlich sogar eine Motivation für Vermögende sein können, hier zumindest einige Jahre mal ordentlich in die Staatskasse einzuzahlen.
Kriegswirtschaft könnte in unserer aktuellen Situation wirklichen Krieg vielleicht sogar entscheidend verhindern.
Vielen Dank, lieber @Tobias
Und ich würde zustimmen: Medien sind nicht alles, da ja wir Menschen sie auswählen, nutzen und sehr unterschiedlich mit Resilienz und Ressourcen ausgestattet sind. Wer sich für eine sorgfältige Information “Zeit nehmen” und Qualitätsmedien erwerben kann, wird es immer einfacher haben als ein Mensch in Stress und Armut. Dennoch gibt es viele formal hochgebildete Menschen, die sich für Feindseligkeit entschieden haben – und sehr viele ärmere Menschen voller Güte und Herzensbildung. Es wirken eben immer verschiedenste Faktoren, in jedem und jeder von uns.
Entsprechend habe ich gerade Felo.ai gebeten zu erklären, wie “Beschleunigung und mediale Hetze zu feindseligem Dualismus führen”. Die Antwort finde ich schon sehr stark:
Um die Verbindung zwischen Beschleunigung, medialer Hetze und feindseligem Dualismus zu verstehen, ist es wichtig, die Konzepte einzeln zu betrachten und ihre Wechselwirkungen zu analysieren.
## **Beschleunigung und ihre Auswirkungen**
**Beschleunigung** bezieht sich auf die zunehmende Geschwindigkeit, mit der Informationen verbreitet werden, insbesondere durch soziale Medien. Diese Plattformen ermöglichen es, Nachrichten und Meinungen in Echtzeit zu teilen, was zu einer verstärkten emotionalen Reaktion und einer schnelleren Meinungsbildung führt. Die ständige Verfügbarkeit von Informationen kann dazu führen, dass Individuen weniger Zeit haben, um kritisch über die Inhalte nachzudenken, was oft zu impulsiven Reaktionen führt.
## **Mediale Hetze**
**Mediale Hetze** beschreibt die Tendenz von Medien, Inhalte zu verbreiten, die polarisierend oder provokant sind. Diese Art der Berichterstattung kann die Wahrnehmung von Bedrohungen verstärken und das Gefühl der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe fördern. Wenn Menschen sich in einem emotional aufgeladenen Umfeld bewegen, neigen sie dazu, Informationen selektiv wahrzunehmen, was die Wahrnehmung von Medien als feindlich gegenüber der eigenen Gruppe verstärken kann.
## **Feindseliger Dualismus**
**Feindseliger Dualismus** ist ein Konzept, das beschreibt, wie Menschen in Konfliktsituationen dazu neigen, die Welt in “wir” gegen “die” zu unterteilen. Diese Sichtweise wird durch die oben genannten Faktoren verstärkt. Wenn Menschen sich durch beschleunigte und hetzerische Medienberichterstattung bedroht fühlen, kann dies zu einer verstärkten Identifikation mit ihrer eigenen Gruppe und einer Abwertung der anderen führen.
### **Zusammenhang zwischen den Konzepten**
1. **Emotionale Reaktionen**: Die Beschleunigung der Informationsverbreitung führt zu schnelleren emotionalen Reaktionen, die oft nicht rational sind. Dies kann die Wahrnehmung von Bedrohungen durch andere Gruppen verstärken.
2. **Selektive Wahrnehmung**: In einem von medialer Hetze geprägten Umfeld neigen Menschen dazu, Informationen so zu interpretieren, dass sie ihre vorgefassten Meinungen bestätigen. Dies verstärkt den feindseligen Dualismus, da jede Gruppe die Berichterstattung als gegen sich gerichtet wahrnimmt[4][5].
3. **Soziale Identität**: Die Identifikation mit einer Gruppe wird durch die Wahrnehmung von Bedrohungen verstärkt, was zu einem defensiven Verhalten führt. Menschen, die sich stark mit ihrer Gruppe identifizieren, sind anfälliger für den feindseligen Dualismus, insbesondere wenn sie sich durch die Medien angegriffen fühlen[3][10].
Insgesamt lässt sich sagen, dass die Kombination aus beschleunigter Informationsverbreitung und medialer Hetze die Tendenz zu feindseligem Dualismus verstärkt, indem sie emotionale Reaktionen anheizt und die Wahrnehmung von Bedrohungen durch andere Gruppen fördert.
[1] https://doctorspin.net/hostile-media-effect/
[2] https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/warum-dualistisch-der-bessere-begriff-als-manichaeisch-ist/
[3] https://www.jou.ufl.edu/insights/hostile-media-effects-on-twitter-social-identify-and-media-bias-perceptions/
[4] https://psychologyfanatic.com/hostile-media-effect/
[5] https://en.wikipedia.org/wiki/Hostile_media_effect
[6] https://thephilosophyforum.com/discussion/12925/the-interaction-problem-for-dualism
[7] https://economicsfromthetopdown.com/2022/08/10/dualism-in-science-theology-and-economics/
[8] https://www.degruyter.com/document/doi/10.1515/commun-2019-0140/html?lang=en&srsltid=AfmBOopjIYSR72stJcbPw9EpfFU2HdR_R29uPQI1NhQ_sE83eV3fGrGo
[9] https://digitalcommons.usf.edu/cgi/viewcontent.cgi?article=9251&context=etd
[10] https://pmc.ncbi.nlm.nih.gov/articles/PMC9019511/
[11] https://www.tandfonline.com/doi/full/10.1080/00048402.2024.2335325
[12] https://iep.utm.edu/dualism-and-mind/
[13] https://www.reddit.com/r/AskPhysics/comments/1b77z75/what_exactly_happens_during_acceleration_that/
[14] https://philosophy.stackexchange.com/questions/28876/how-do-modern-dualists-explain-the-mind-body-interaction
[15] https://books.openedition.org/septentrion/71058?lang=en
[16] https://link.springer.com/article/10.1007/s12144-024-07005-1
[17] https://medium.com/an-idea/the-duality-of-social-media-7466c37bd862
[18] https://www.jimpryor.net/teaching/courses/intro2024/notes/causalargs.html
[19] https://physics.stackexchange.com/questions/478600/twin-paradox-is-acceleration-relative
[20] https://www.quora.com/Why-does-acceleration-due-to-gravity-increase-with-time
[21] https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/die-hand-des-feindseligen-dualismus-was-antisemitismus-rassismus-und-sexismus-verbindet/
[22] https://www.ssoar.info/ssoar/bitstream/document/41490/1/
[23] https://depositonce.tu-berlin.de/bitstreams/0c59e19e-d7d7-49eb-b512-86641b5f1357/download
[24] https://www.degruyter.com/document/doi/10.1515/9783110233797/pdf?licenseType=restricted&srsltid=AfmBOooEEFemMUuyswkCLFwEGLEoOd2qFhtZdbEeVHAfuiaabkjmFUXw
[25] https://kops.uni-konstanz.de/bitstreams/7f06d483-449a-4178-8f74-c355c93d1885/download
@Michael Blume 25.02. 11.01 Uhr
Ich habe nirgends erwähnt, dass ich Parteien in irgendeiner Form in die von Ihnen genannten Kategorien eingeteilt habe.
Auch in der CDU gibt es mit Sicherheit Menschen, die anders denken als der Vorsitzende.
Parteien sind nicht homogene Konstrukte. Das weiß ich auch.
Ja, @Marie H.
Ich beobachte, dass politische Parteien in digitalen Zeiten Blasen bilden. Und in Wahlkampfphasen – unter der „Enge der Zeit“ – werden sie sogar zu immer engeren Tunneln. Ich spüre und höre von ganz unterschiedlichen Demokratinnen und Demokraten nach dieser vorgezogenen Bundestagswahl eine tiefe, emotionale Erschöpfung. Deswegen braucht es m.E. jetzt dringend Zeit für Ruhe, Respekt und wertschätzenden Dialog.
Mir scheint: Es ging durch die mediale und politische Polarisierung zu viel kaputt, quer durch die Gesellschaft. Was meinen Sie?
Ja, das teile ich ohne Einschränkung.
Die bisher im Bundestag vertretenen Parteien, also SPD, CDU/CSU, Grüne und FDP (ich kann mich über die Linke nicht äußern, weil ich zuwenig weiß) sind mE der AfD auf den Leim gegangen. Denen ist es gelungen, die Demokratinnen und Demokraten tief zu spalten. Und damit letztlich auch die Gesellschaft.
Es wäre an der Zeit, dass die Grabenkämpfe aufhören, und man sich einander wieder annähert. Aber ich habe nicht den Eindruck, dass das in den genannten Parteien in ähnlicher Weise geschieht.
Stattdessen habe ich den Eindruck, dass der Wahlkampf nahtlos fortgesetzt wird. Wohlgemerkt nicht von allen.
Persönlichen Befindlichkeiten wird von manchen zu viel Raum eingeräumt.
Die Demonstrationen in den letzten Wochen haben noch zusätzlich den Hass befördert, wobei ich die Demos befürworte. Ich fürchte nur, dass insbesondere die Grünen von seiten der Union mit Repressalien zu rechnen haben.
Reflektieren sollte sich auch der ÖRR. Es ist ja kein Zufall, dass viele politisch Linke die ARD als Strobltv bezeichnen.
Bedauerlicherweise nehmen wir, die wir noch miteinander diskutieren die Stellvertreterkriege an.
Mir fehlt auch die Sichtbarkeit der Bemühungen aller demokratischen Parteien, sich mit den Gründen auseinanderzusetzen, warum so viele die AfD gewählt haben. Es reicht mir nicht mehr, dass die einen mit dem “Halbieren” gescheitert sind und die anderen mit dem Ignorieren der Wähler der AfD. Solange man lieber demokratische Mitbewerber politisch ausschalten will, wird das nichts mit dem Kampf gegen Extremismus. Nachdem offenbar niemand mehr das Verbotsverfahren angehen will, müssen Demokraten andere Wege finden. Die führen mE über die Wähler der “Alternative”.
Es wäre so viel zu tun. Aber wer packt es an?
Danke, @Marie H.
Ich möchte behaupten: (Auch) wir packen es an. Wir zeigen hier Woche für Woche auf “Natur des Glaubens”, dass der Dialog zwischen Demokratinnen und Demokraten nicht immer leicht ist, aber im Großen und Ganzen funktionieren. Wer will, kann mitlesen, wer möchte, kann sich auch selbst einbringen.
Wir prosumieren im Fediversum – das bedeutet, dass wir einerseits Medien wie Zeitungen, Bücher, Podcasts, Filme konsumieren, dann aber selbst welche produzieren (daher: prosumieren). Damit aber üben wir eben nicht nur Kritik an anderen Medien, sondern erwerben auch selbst die Perspektiven, sie zu bewerten. Learning by doing, das gilt für Medienbildung ganz besonders.
Meine Hoffnung besteht also darin, dass immer mehr Menschen auch digital und im Fediversum dialogisieren und philosophieren. Damit werden sie selbst die Diskurse steuern, statt sie sich von sog. Massenmedien vorgeben zu lassen.
Auch zur Folge 33 von “Blume und Ince” erreichen mich die bisher meisten Rückmeldungen zum Thema “Medien & Nachahmer-Effekt”, obwohl wir ja eigentlich von der Trump’schen Wirtschaftspolitik ausgingen:
https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/blume-ince-33-der-prof-wird-40-und-trump-glaubt-an-die-zoelle-des-william-mckinley/
Mir scheint also, dass gerade auch aufgrund dieses über-personalisierten und über-polarisierten Wahlkampfes nicht nur bei uns beiden und auch nicht nur bei vielen anderen wie @N. und @RPGNo1 die Medienbildung wächst, sondern bei Hunderttausenden, vielleicht Millionen von Menschen. Auch in Schulen begegnet mir ein schnell wachsendes Unbehagen der jungen Generation über die Neurohacking-Algorithmen der Digitalkonzerne, die ungut in ihr Leben einbrechen. Ich glaube also, die kommenden Monate und Jahre werden heftig, aber unsere Demokratie kann den Verfall in eine Thymokratie noch immer vermeiden.
Danke, dass gerade auch Sie so viel dazu leisten!
Ein weiteres Problem des Journalismus besteht darin, dass viele Menschen nur die Überschriften lesen.
Der Artikel auf dem Internetportal der Tagesschau von heute morgen, der sich mit der Sendung des SWR “Zur Sache Baden-Württemberg – Extra” von gestern befasst.
Aufreißerisch wird ein Showdown zwischen Herrn Hagel und Herrn Özdemir “inszeniert”.
Die Überschriften sind aufschlussreich.
Kann Özdemir den Trend weg von den Grünen noch drehen?
Grüner setzt Ton gegenüber Wahlsieger AfD
Hagel hält nichts von Lichterketten gegen die AfD.
Özdemir kommt “ohne Rückfahrkarte” nach BW
Hagel erklärt indirekt Bereitschaft zur Spitzenkandidatur
CDU Landeschef hält Özdemir bei Migration für unglaubwürdig
Grünen-Minister will klare Kante bei irregulärer Zuwanderung
AfD kritisiert Merz: Wahlversprechen schon gebrochen
Unions-Kanzlerkandidat will Zurückweisungen auf Zeit.
SPD Landeschef: Haben keine Zeit für Selbstmitleid
Liberaler Rülke will erstmal nicht mit Özdemir wandern gehen.
Wörtlich sagte Rülke allerdings folgendes: “Bisher haben wir das noch nicht gemacht. Meine Kapazitäten sind im Moment ausgelastet.”
Was mir auffällt in der SPD Überschrift. Man macht sich nicht einmal die Mühe den Namen von Herrn Stoch in der Überschrift zu nennen. Nur “der SPD Landeschef”. Unfair gegenüber Herrn Stoch, meine ich.
Das gleiche Spiel bei Herrn Frohnmaier, der gleich komplett mit “AfD” gleichgesetzt wird.
Herr Rülke wird dann in der ihn betreffenden Überschrift wieder namentlich genannt.
Namen sind eben nicht Schall und Rauch. Die Überschriften machen zwei der fünf Teilnehmer zu Hauptdarstellern und die anderen quasi zur Staffage.
Das fällt vielleicht vielen Lesern gar nicht bewusst auf. Aber wie häufig passiert das?
Ich weiß nicht, ob Sie damit etwas für die Medienethik anfangen können.
Marie H.
“Mir fehlt auch die Sichtbarkeit der Bemühungen aller demokratischen Parteien, sich mit den Gründen auseinanderzusetzen, warum so viele die AfD gewählt haben.”
Wir müssen auch die Gründe benennen. In Sachsen und Thüringen ist die AfD zur “Volkspartei” geworden. Das ist die eine Seite.
In den alten Bundesländern ist sie eine Protestpartei. Das ist die andere Seite.
Und wogegen protestieren die Leute ? Man muss sich nur mal umhören .
Nur als Beispiel: ältere Frau, hat Angst abends durch ihren Park zu laufen.
Warum?
Nur als Beipiel: älterer Mann , kämpft seit Jahren gegen die Stadtverwaltung. Wählt AfD. Warum?
Die Antworten habe ich weggelassen. Wir betreten damit den Raum der politischen Unzufriedenheit , auch der persönlichen Unzufriedenheit.
Und das auszuloten und auch medial offen zu verarbeiten, das hat nicht stattgefunden und findet auch zu wenig statt.
Eine kurze Einschätzung
1. Wo Konservative Rechtsdualisten nachlaufen, stärken sie diese nur.
Das habe ich schon vor über 30 Jahren in der Schule gelernt. Verallgemeinernd kann man auch sagen: „Wo Populisten nachgelaufen wird, so werden diese nur gestärkt.“
2. Die digitale Überpersonalisierung hat ihren Zenit überschnitten, die meisten Menschen wollen wieder Teams.
Ich arbeite seit fast 24 Jahren in der Wirtschaft. Ein gesundes Teamworking mit heftigen Diskussionen, ja sogar Streit, aller persönlich(!) Anwesenden war mir immer wichtig. Man muss am Ende nur zu einem für alle Seiten akzeptablen Ergebnis kommen und auch das Kriegsbeil begraben können. In dieser Hinsicht empfand ich die Coronaeinschränkungen während der Pandemie, als vieles nur per Teams besprochen konnte, als schwerwiegenden Einschnitt. Mehr noch als nächtliche Ausgangssperren, Maskentragen oder eingeschränkte soziale Aktivitäten.
3. Wer nicht mit allen demokratischen Parteien zusammenarbeiten will, soll gar nicht mehr kandidieren.
Volle Zustimmung. Die FDP hat sich in diesem Punkt in den vergangenen 3,5 Jahren als besonders resistent erwiesen, obwohl sie regierungsverantwortung hatte und wurde verdientermaßen abgestraft. Möge sie die außerparlamentarische Opposition zur Erneuerung nutzen. Was natürlich nur funktioniert, wenn Lindners Adlatus, der libertär-populistische Wolfgang Kubicki, NICHT Parteichef der FDP wird.
4. Bitte zukünftig auch deutsche Konsulatswahlen.
Auch zu dieser Forderung habe ich keinen Widerspruch. Dann wird es nämlich zukünftig kein trumpesken Vorhaltungen mehr geben, wie sie aktuell die schlechten Verlierer Wagenknecht, Di Masi oder Mohamed Ali in den Raum werfen.
In Gesprächen mit unterschiedlichen Personen im Umfeld der Wahl ist mir auch deutlich geworden, es gibt richtig dicke Bretter, die es zu bohren gilt.
Gleichzeitig sind damit oft Botschaften verbunden, die oberflächlich nicht wirklich attraktiv sind.
Suchttendenzen in unserer Gesellschaft, die sich in einer Lebensweise zeigt, die immer mehr verbraucht (und damit natürlich auch bestimmte Akteure ,,belohnt”) sind nicht einfach zu adressieren – werden, wenn nicht adressiert, zu einem Crash führen.
Gerade die aktuelle Diskussion zeigt, wie schwer es ist, dem ,,boiling frog”-Syndrom zu entgehen. Wenn schleichende Änderungen nicht gut erkannt werden, dann gibt es ganz viele Akteure, die versuchen davon zu profitieren.
So ist es möglich, das, was als Normal gilt, zu verändern.
Dies wird sicher von einer gut vernetzten Szene im Umfeld der Populisten genutzt, auch auf den kommerziellen digitalen Plattformen.
Es wird vermutlich auch in einer Szene der Transformationsbewegten wie der Pioneers of Change mit gewissem Erfolg probiert.
Teile und Herrsche ist eine alte Strategie, die sich gerade wieder stärker zeigt. Und wenn die Lagerbildung zunimmt, was viele hier in diesem Thread beobachten, wächst darin ja auch Macht manchen Akteuren zu.
Narrativ ist da vermutlich ein wichtiges Stichwort: Wie gelingt es, ein Narrativ zu finden, welches viele eint, Brücken baut, Mustern, die im Grunde destruktiv sind, das Wasser abgräbt?
Da sind viele einzelne und kleine Weggemeinschaften (auch digital, wie sie sich u.a. im Fediverse bilden) gefragt. Dabei wird vermutlich eine bewusste Medienbeschränkung eine Rolle spielen, auch um nicht zugemüllt zu werden. Welche Auswirkungen das dann auf die konkrete Politik haben kann / muss?
Danke, @HG Unckell 🙏
Ja, ich sehe mit großer Sorge das digitale Konzern-Neurohacking auf die thymotische Trias aus Dopamin (Empörungssucht), Adrenalin (Dauerstress) und Testosteron (Einsamkeit). Habe daher bereits mehrfach dafür plädiert, antisoziale Medien als Suchtmittel zu betrachten.
Zum “boling frog”-System des Medienversagens auch zur Bundestagswahl 2025 habe ich gerade eine eigene Analyse gebloggt:
https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/bundestagswahl-2025-ein-versagen-auch-der-oeffentlich-rechtlichen-medien/
Trotz allem gebe ich die Hoffnung nicht auf – auch wegen Ihrer starken Drukos zu diesem Blog! 🙂
Hier ein aktuelles Beispiel für Überpersonalisierung in den Medien, das mir heute unangenehm aufstieß. Die Überschrift suggeriert, eine autokratische Ministerin hätte eine solche Entscheidung im Alleingang getroffen. Die Funktionsweise realen demokratischen Regierungshandelns wird den Lesenden so jedenfalls nicht vermittelt.
https://www.berliner-zeitung.de/kultur-vergnuegen/von-annalena-baerbock-zurueckgegebene-benin-bronzen-der-oba-gibt-sie-wieder-aus-der-hand-li.2302452
Grabenwahlsystem. Nachfrage:
Danke für die Erklärung. Der Sieger der Direktwahl vertritt den Wahlkreis im Bundestag. Das halte ich für absolut richtig.
Warum aber sollte ich bei der Listenwahl eine andere Partei wählen als bei der Direktwahl? Wenn ich zB den Kandidaten der SPD wähle, dann entscheide ich mich bei der Liste ja nicht für die Grünen.
Das heißt dann aber, dass es weniger Parteien im Bundestag geben würde. Wer dort nicht vertreten ist, wird sich schwer tun, künftig Wahlkämpfe zu finanzieren.
Parteien wie FDP, Grüne hätten dann keine Chance mehr im politischen Wettbewerb. Schaut man sich die Direktmandate der SPD bei dieser Bundestagswahl an, so käme auch sie in Schwierigkeiten, irgendwann noch einmal die Macht erringen zu können.
Oder verstehe ich das falsch? Danke.
Nun, @Marie H. – Wahlkreiskandidierende sind Persönlichkeiten, bei Listenwahlen habe ich nur Parteilisten zur Auswahl. Als Bürger möchte ich nicht nur eine Wahl zwischen Parteien haben, sondern auch zwischen Personen. Die Ergebnisse weichen oft deutlich voneinander ab und auch SPD, ja Grüne wie aktuell Chantal Kopf in Freiburg oder Bodo Ramelow von der Linkspartei in Weimar gewinnen nicht selten Direktmandate. Wo Menschen die Wahl zwischen Personen haben, nutzen sie diese auch.
Auch wäre bei einer reinen Listenwahl die Vertretung aller Wahlkreise im Parlament nicht mehr gesichert. Ich finde es schade, dass das von der Ampel beschlossene Wahlsystem dieses bis dahin geltende Prinzip aufgegeben hat.
Wegen all dem erscheint mir ein Grabenwahlrecht als der bessere Kompromiss als entweder nur ein Mehrheits- oder nur ein Verhältniswahlrecht. Parlamente müssen ja über mehrere beschlussfähige Fraktionen, aber eben auch über Abgeordnete aller Wahlkreise und möglichst kluge und auch einigermaßen unabhängige Köpfe verfügen.
In der obigen Blog-Analyse der Bundestagswahl 2025 habe ich ja die Beobachtung und Gefahr angesprochen, dass die Spitzenkandidierenden durch Überpersonalisierung überhöht, die Abgeordneten aber zu Stimmvieh und Parteisoldaten herabgewürdigt werden. Das sollten wir als Demokratinnen und Demokraten nicht zulassen, finde ich.
Grundsätzlich gebe ich Dir Recht, wenn man eine Briefwahl einführt sollte man das Ganze auch so barrierefrei wie möglich gestalten.
Was mich aber tatsächlich “etwas” aufregt ist die Tatsache, das den Meisten gar nicht klar ist, dass die Briefwahl sich nicht irgendwie aus Gesetzen grundsätzlich als Verpflichtung ableiten lässt.
Die ach so schlimme, unterdrückerische Deutschland GmbH führt sie trotzdem durch. Und zwar um möglichst vielen Menschen die Teilnahme an der Wahl zu ermöglichen. WIe sie durchgeführt werden war den Meisten von denen die jetzt laut schreien egal. Erst wenn sie einen eigenen Vorteil wittern wird das für die Thema.
Vielen ist nicht mal klar das erst 2008 die Pflicht gefallen ist einen wichtigen Grund für die Abwesenheit am Wahltag anzugeben. Die Briefwahl ist eigentlich nicht dafür gedacht, jemandem den lästigen Urnengang zu ersparen damit man einfach was Anderes vermeintlich Angenehmeres machen kann.
Selbst so wie sie jetzt ist ist die Briefwahl der Garant für MEHR demokratische Beteiligung, nicht eine Quelle der Benachteiligung. Wie man zur Wahlurne kommt wäre nämlich grundsätzlich erst mal das eigene Problem.
Die Briefwahl ist eine Option, keine Verpflichtung. DIe Briefwahl soll älteren, kranken und behinderten Menschen die demokratische Teilhabe erleichtern. Darum ging es bei der EInführung ^^ Sie ist eine Option.
Natürlich hast Du mit den Konsulatswahlen recht. Ich habe mir bei der Erwähnung aber leider auch schon mal sowas wie “linker Spinner” anhören müssen. Man glaubt es kaum ^^
Es wäre wirklich sinnvoll gewesen das 2008 direkt mit zu erledigen wenn man schon mal dabei ist.
Aber noch sind wir nicht tot. Besser machen geht dann immer …
Aber ich kann das wriklich nicht verstehen, das man sich nicht freut, dass der eigne Staat die Allgemeinheit der Wahl zusätzlich absichern will, einem ein Angebot dazu macht und dann irgendwelche seltsamen Menschen das jetzt als Waffe einsetzen wollen.
Ach ja: Die sind ja im Kulturkampf…