Pessach, Ostern und die Macht der Zeit-Medien

In diesen Tagen berühren sich das jüdische Pessach und das christliche Ostern. Das ist auch kein Zufall, denn hinter dem griechisch benannten Jesus Christus befand sich Rabbi Jehoschua – übrigens bis heute die erste Person, die in der Literatur “Rabbi” genannt wurde. Er wurde von den römischen Besatzern am Passahfest (Pessach) durch Kreuzigung hingerichtet, wahrscheinlich am 14. Nisan 3793 nach jüdischer Zeitrechnung, dies entspricht dem 3. April 33 nach christlicher Zeitrechnung (A.D., Anno Domini, Jahr des Herrn).

So wird Ostern im Hebräischen meist einfach als (christliches) Pessach bezeichnet, manchmal ergänzt durch חַג הַתְּחִיָּה / Chag haTechiyya – “Fest der Auferstehung“. Im Lateinischen heißt Ostern bis heute Pascha, im Französischen Pâques, im Spanischen Pascua. Dort wurde der Pessach-Begriff sogar zur allgemeinen Bezeichnung für “Feiertag” – Pascua Navideña bedeutet auf Spanisch: Weihnachten. Dagegen setzten sich im Englischen (Easter) und Deutschen (Ostern) der Bezug auf den Sonnenaufgang durch. Die Annahme von angelsächsischen und germanischen Frühlingsgöttinnen namens Eostre oder Ostera als vermeintlichen Namensgeberinnen wird mangels eindeutiger Funde immer seltener vertreten.

Auf diesem Foto sehen Sie drei Schriften aus meinem Haushalt, die mir viel bedeuten und zu denen ich gleich Näheres erläutern werde: Links das “Mitteilungsblatt des Oberrates der Israeliten Badens und seiner Gemeinden” zu Pessach 5785, in der Mitte die aktuelle Ausgabe des “Gemeindeblatt der Evangelischen Kirchengemeinden und Plattenhardt” und rechts das Buch “Exodus. Die Revolution der Alten Welt” des Ägyptologen Jan Assmann (1938 – 2024).

Links das Mitteilungsblatt der Israelitischen Religionsgemeinschaft Baden, in der Mitte das Evangelische Gemeindeblatt der Evangelischen Kirchengemeinden Bonlanden und Plattenhardt, rechts das Buch "Exodus" von Jan Assmann. Foto: Michael BlumeDie Bedeutung der Alphabetschriften wird zu Pessach und Ostern immer wieder besonders deutlich. Foto: Michael Blume

Auf dem Titelblatt der IRG Baden sehen wir bildlich die Symbole von Brot, Wein und Alphabetschrift eines jüdischen Pessach-Sedermahl, die auch die Grundlage des christlichen Abendmahles bilden. Es folgt der Titel “Pessach 5785” in deutsch und hebräisch. Denn: Alle alphabetisierten Kalender sind linear aufsteigend, auch etwa der islamische Mondkalender, der osmanische “Rumi”-Solarkalender, der Badi-Kalender des Bahaitums u.v.m.

Während es im pharaonischen Ägypten nur zwei Zeitformen djet = Ewigkeit und neheh = zyklische Gegenwart gab, trat erst mit der Alphabetschrift die Zeitform der Zukunft hinzu! Im alten Ägypten gab es über Jahrtausende keine “Demokratiebewegung”, weil ein Fortschritt undenkbar war. Auch der Begriff der “Bildung” für alle Menschen wurde erst mit der Alphabet-Thora 1. Mose 1, 27 denkbar – woran ich bei der Eröffnung des jüdischen Bildungswerkes in Schwäbisch Gmünd erinnern konnte.

Die gelbe Schleife erinnert daran, dass sich noch immer Geiseln in den Händen der antisemitischen Terrororganisation Hamas in Gaza befinden. Daran erinnert auch der IRG-Vorsitzende und und erste jüdische Landes-Verfassungsrichter Rami Suliman in seinem Grußwort gleich auf Seite 3:

“Wir freuen uns auf das bevorstehende Pessach-Fest. Bei unseren Mitgliedern zu Hause und in den Gemeinden werden die nötigen Vorbereitungen getroffen. Wir erinnern uns mit dem Pessach-Fest an die Befreiung aus der Sklaverei in Ägypten. Die Befreiung von dem Bösen in der Welt ist heute so dringend wie in vergangenen Zeiten. […]

Der 7. Oktober hat zu einem Ausbruch antisemitischer Vorfälle geführt, die unsere Wirklichkeit nach wie vor beeinflussen. Nicht absehbar ist auch, wie die Politik des neuen und alten amerikanischen Präsidenten Donald Trump tatsächlich in unser Leben in Baden-Württemberg eingreift. Aber: Im Schulterschluss können wir gemeinsam vieles schaffen und Großes erreichen. Nach wie vor erreichen uns auch beruhigende Zeichen der Solidarität. Lassen wir uns nicht Bange machen.”

Und so freute ich mich besonders, in dieser Ausgabe zu Pessach 5785 / April 2025 schöne Berichte über gleich zwei Bat Mitzwa – Feiern von Töchtern der Rabbinerfamilien Radbil (Konstanz) und Flomenmann (Lörrach, auch Landesrabbiner & Polizeirabbiner Baden) lesen zu dürfen. Denn dass zusätzlich zur Bat Mitzwa für die heranwachsenden Jungen sich auch die Lese-, Gebets- und Redefeier für Mädchen zunehmend durchsetzt, empfinde ich als Vater von 3 Kindern mit bisher zwei Tauf- und Konfirmationsfeiern für je eine Tochter und einen Sohn als großen und guten Fortschritt.

Dass ich mit allen drei genannten Würdenträgern seit Jahren befreundet sein darf, macht mich gerade in diesen Tagen froh und dankbar. Die gemeinsame und endlich auch wieder von Vertrauen geprägte Geschichte unserer so eng verbundenen Religionen ist noch nicht vorbei.

Entsprechend wichtig ist mir auch die dialogisch-monistische Oster-Ausgabe des christlichen Gemeindeblattes meiner Kirchengemeinde in der Mitte zum Thema “Echt jetzt? Über die (Un-)Wahrheit”. Gerne habe ich dazu einen Artikel über Verschwörungsmythen beigesteuert. Und in Zeiten, in denen die Kirchen auch wieder in großen, deutschen Zeitungen verspottet und mit Deep State-Verschwörungsmythen überzogen werden, empfehle ich allen Demokratinnen und Demokraten, eigene Medien im dialogischen KI-Fediversum zu produzieren, statt sich von oft fossilistischen Konzernmedien abhängig zu machen.

Rechts finden Sie schließlich ein leider noch wenig bekanntes Fachbuch des großen Ägyptologen Jan Assmann über das zweite Buch Moses, in der christlichen Tradition “Exodus”. Im Judentum heißt dieses Buch Sefer Schemot (ספר שמות), „Buch der Namen“. Der Name leitet sich von den ersten Worten des Buches Schemot („Namen“, שמות) her – und der biblische Schem / Sem gilt als der Begründer der ersten Alphabet-Schule. Aus Undankbarkeit und Bildungsneid erwuchs der bis heute mörderische Anti-Sem-itismus

Jan Assmann lernte ich im Zuge meiner Doktorarbeit kennen und werde mich immer gerne an den starken Dialog zur Linkeschen Alphabet-These in seinem Büro voller Bücher und Statuen zu Heidelberg erinnern. Weil wir kein Gegenbeispiel gegen die (später auch von Lord Rabbi Jonathan Sacks (1948 – 2020), seligen Angedenkens, vertretene) These von den vokalarmen, linksläufigen, semitischen, Bild-abweisenden Alphabeten einerseits und den vollvokalisierten, rechtsläufigen, jafetitischen, Bild-bejahenden Alphabeten andererseits finden konnten, riet er mir, dieses Thema nach der Dissertation weiter zu verfolgen. Das tat und tue ich, von “Gott, Gene & Gehirn” (2012) bis heute.

Allerdings legte Assmann dann mit “Die mosaische Unterscheidung. Oder der Preis des Monotheismus” (2003) ein Buch vor, das auf Basis alter, antijüdischer Verschwörungsmythen und der bizarren Moses-Theorie von Sigmund Freud (1856 – 1939) dem “mosaischen” Judentum selbst die Schuld am Antisemitismus zuwies. Ich war auch inhaltlich tief enttäuscht über dieses Machwerk und hatte noch im Wahlkampf zur Bundestagswahl 2022 mit entsprechenden anti-mosaischen Verschwörungsmythen gegen eine demokratische Kandidatin zu kämpfen.

Aufklärungspost von Dr. Michael Blume im Bundestagswahlkampf 2022 gegen antimosaische Verschwörungsmythen, die gegen die damalige, grüne Spitzenkandidatin Annalena Baerbock eingesetzt wurden. Noch im Bundestagswahlkampf 2022 wurden von der sog. INSM antimosaische Verschwörungsmythen gegen die grüne Spitzenkandidatin Annalena Baerbock eingesetzt. Gemeinsam mit anderen klärte ich dagegen auf. Screenshot: Michael Blume

Doch Jan Assmann tat etwas, was auch große Gelehrte sehr selten tun: Er nahm die vielfache und fachlich begründete Kritik an. Spätere Ausgaben seiner “mosaischen Unterscheidung” enthielten kritische Einsprüche zum Beispiel des meinerseits sehr geschätzten Theologen Karl-Josef KuschelUnd: 2015 erschien dann Assmanns “Exodus”, das nicht weniger als eine Kehrtwende zum Stand der Wissenschaft einschließlich der Antisemitismusforschung darstellte. Hier heißt es nun zur Grundgeschichte auch von Pessach auf S. 19:

“Das Buch Exodus enthält die wahrscheinlich grandioseste und folgenreichste Geschichte, die sich Menschen jemals erzählt haben. Sein Thema ist eine Wende in der Geschichte der Menschheit, die sich nur mit den großen Evolutionsstufen auf dem Wege zum heutigen Menschen wie Schrifterfindung und Staatenbildung vergleichen lässt: Das ist die Wende vom Polytheismus zum Monotheismus, ein evolutionärer Einschnitt ersten Ranges, zumindest für die jüdisch-christlich-islamische Welt.”

Mir bedeutet dieses Spätwerk des großen Ägyptologen also nicht nur inhaltlich, sondern auch existentiell sehr viel – denn es belegt, dass sich auch weiße und weise Männer noch bis ins hohe Alter geistig bewegen, im Popperschen Sinne falsifizieren lassen und umkehren können. Deswegen bedeutet mir dieser Band des großen Kollegen und nun auch wieder Vorbildes gerade auch zu Pessach und Ostern Jahr für Jahr mehr.

Mastodon-Umfrage von Dr. Michael Blume am 16. April 2025 zur Polarisierung durch das aktuelle Mediensystem. 95% der 311 Antwortenden teilten seine Sorge.

“Wenn ein Mediensystem kaputt ist, stürzt die Demokratie ab.” sagte ich 2022 zur Jüdischen Allgemeinen. Am 16. April 2025 teilten 95% von 311 antwortenden Befragten meine entsprechenden Sorgen vor der aktuellen, medialen Polarisierung. Screenshot: Michael Blume 

Allen, die es feiern, wünsche ich also Chag Pessach Kascher ve Sameach und Gesegnete Ostern sowie allen Menschen schöne und besinnliche Feiertage! Eine schöne, säkulare Meditation über Raum-und-Zeit-Medien finden Sie auch im Blog von Dr. Peter Gutsche / silberspur. Niemand muss religiös sein, um zu erfassen: Aus den Alphabet-Medien entspringen weiterhin Zukunft und Hoffnung, auch der Solarpunk als Befreiung vom gewalttätigen Fossilismus.

 

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Dr. Michael Blume studierte Religions- und Politikwissenschaft & promovierte über Religion in der Hirn- und Evolutionsforschung. Lehrbeauftragter am KIT Karlsruhe, Wissenschaftsblogger & christlich-islamischer Familienvater, Buchautor, u.a. "Islam in der Krise" (2017), "Warum der Antisemitismus uns alle bedroht" (2019) u.v.m. Hat auch in Krisenregionen manches erlebt und überlebt, seit 2018 Beauftragter der Landesregierung BW gg. Antisemitismus und für jüdisches Leben. Auf "Natur des Glaubens" bloggt er seit vielen Jahren für das Fediversum, Wissenschaft und Demokratie, gegen antisoziale Medien, Verschwörungsmythen und den Niedergang Europas.

12 Kommentare

  1. Ich fand’s interessanter, als sich Karneval und Ramadan berührten. In der S-Bahn, Jecken und Kopftücher. Was Neuankömmlinge wohl von uns gedacht haben? Wenn so extreme Gegensätze nebeneinander bestehen oder gar miteinander können, scheint die Welt für einen Augenblick in Ordnung.

    Israel… Naja, fraktale Muster und Eskalation. [Gekürzt wegen Überlänge und unangemessener Sprache. M.B.]

    • Lieber @Paul S.,

      wie Sie wissen, zeige ich gerne immer wieder die Gemeinsamkeiten wie auch Unterschiede der Religionen und Kulturen auf. Ich halte jedoch gar nichts davon, sie zu verhöhnen oder gegeneinander ausspielen zu wollen. An Pessach und Ostern ist ein wenig Respekt voreinander sicher nicht zu viel verlangt.

      Und, nein, nicht Israel 🇮🇱 steht für „fraktale Muster und Eskalation“, sondern der Fossilismus. Noch vor dem Terrorangriff der fossil finanzierten Hamas am 6.10.2023 stand der Angriff des christlich geprägten Russlands 🇷🇺 auf die christlich geprägte Ukraine 🇺🇦, die in demokratischer Wahl mit Wolodymyr Selenskyj einen Juden zum Präsidenten gewählt hatte. Es wäre schön, wenn Sie die anti-israelische Täter-Opfer-Umkehr mal langsam aus dem Kopf bekämen.

      Und, nein, niemand verbietet Ihnen das Denken oder Kritisieren. Hier auf dem Blog finden Sie auch einen Blogpost etwa zur Kritik von Schin Bet an der Gestattung der fossilen Finanzierung der Hamas durch Katar 🇶🇦:

      https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/auch-der-schin-bet-israel-kritisiert-nun-die-fossile-finanzierung-des-antisemitismus/

      Und auch auf Mastodon diskutieren wir gerade diesen Artikel von Sabine Brandes in der „Jüdischen Allgemeinen“ über das sog. Katargate:

      https://www.juedische-allgemeine.de/israel/vom-feind-bezahlt/

      Ja, auch in Israel wird die Unabhängigkeit der Justiz und Presse von Fossilisten mit „Deep State“ – Verschwörungsmythen attackiert. Aber sie besteht eben noch und Abertausende mutiger Israelis stehen für sie ein.

      Währenddessen lässt der US-Prräsident und Thymokrat Donald Trump seit über einem Monat und für über eine Milliarde Dollar die Huthis im Jemen bombardieren, während diese weiterhin aus dem Iran fossil finanziert werden. Auch dazu finden Sie hier einen Blogpost, mit einer heutigen Zeitungsmeldung in den Drukos:

      https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/wie-dualistischer-antisemitismus-israel-gaza-und-den-jemen-zerstoert/

      All das könnten wir hier auch einfach einmal anerkennen, statt in dualistische Klischees zu verfallen.

      Gerade auch an Pessach und Ostern.

      Ihnen schöne Feiertage!

  2. Danke für den sehr interessanten Beitrag.

    Beispielhaft wird aufgezeigt, dass sowohl Menschen als auch die Wissenschaft sich immer weiterentwickeln. Ein gutes Beispiel für die Entwicklung der Menschheit ist der Weg vom Weltbild der alten Ägypter bis zu den heutigen Demokratien. Auch wenn ich zugeben muss, dass es in Sachen Demokratie aktuell eher Rückschritte gibt.

    In der Geschichtswissenschaft gibt es nicht die eine Wahrheit. Selbst bei Forschungsgebieten wie den alten Ägyptern oder den Bauernkriegen finden sich immer wieder neue Erkenntnisse, die eine veränderte “Wahrheit” abbilden.

    Bei Exodus und Moses dachte ich sofort an die Oper “Mosè in Egitto” von Gioachino Rossini, die er für die Passionszeit komponierte und die 1818 uraufgeführt wurde. Später überarbeitete er die Oper und fügte ihr die Preghiera “Dal tuo stellato soglio” hinzu. Die Musik und der Text berühren mich sehr. Im Mailänder Dom wurde das Werk 2015 aufgeführt und aufgezeichnet.

    Dankend erwidere ich Ihre guten Wünsche für die Feiertage.

    • Vielen herzlichen Dank, @Marie H. 🙏

      Wie es der „Zufall“ will, habe ich gerade ein Buch 📖 über den Bauernkrieg vor mir. Und hier sehe und erlebe ich den doppelten Effekt: Die Alphabetschriften eröffneten die Zeitform der Zukunft, der Buchdruck bereiteter allgemeiner Empörung den Weg. Und es wurden anfangs eben nicht vor allem gelehrte Werke nachgefragt, sondern „defrige“, drastisch bebilderte Werke über Hexen, astrologische Prophezeiungen, „fremdartige“ Bauernschaften. Gleichzeitig entstand mit der Memminger Bundesordnung und Zwölf Artikel erst ein gemeinsames Standes-Bewusstsein und regionale Aufstände verbanden sich zur Wahrnehmung eines gemeinsamen Bauernkrieges.

      In „Verschwörungsmythen“ schrieb ich dazu, dass wir die ersten Jahrgänge der Menschheit sind, die innerhalb einer Lebenszeit gleich „zwei“ Medienrevolutionen erleben: Die Internet-Digitalisierung und KI.

      Mir erscheint es daher schlüssig, dass wir derzeit weltweit den Zusammenbruch gewachsener Institutionen und einen Drift von der Vernunft zur Empörungssucht, vom Logos zum Thymos erleben. Hinzu kommt die „Enge der Zeit“ durch die rücksichtslose Ausbeute der fossilen Karbonblase, die Klima- als Wasserkrise und die fossil finanzierte Gewalt plus Propaganda.

      Deshalb gehe ich davon aus, dass wir zwei sehr turbulente und leider auch zerstörerische Jahrzehnte vor uns haben, eine letzte Abwehrschlacht des Fossilismus.

      Und ich hatte gehofft, dass sich ein paar Menschen die Mühe machen würden, mit mir über Pessach und Ostern über Medien und Zukunft zu sinnieren. Denn Sinn, Freiheit und Hoffnung scheinen mir kostbarer denn je.

      Daher meinen herzlichen Dank für unsere Dialoge! 🙏📚🖖

      • Ein Begriff der Zeit ist die Ewigkeit. Wenn wir damit die Unendlichkeit meinen, wo müssen wir dann die Bedeutung der Medien ansetzen?

        Ich frage mich, ob der Ewigkeitsbegriff in unserer schnelllebigen Zeit mit einem fast rauschhaften Medienkonsum überhaupt taugt.

        Religiöse Tage wie Pessach oder Ostern überleben auch solche Zeiten, weil sie für die Ewigkeit geschaffen worden sind, sofern es auch künftig Gläubige gibt. Ich zweifle daran nicht.

  3. Und gerade die Bauern sind es derzeit wieder, die den Fossilismus mit Besinnung auf ihre priviligierten Gewohnheiten neu befeuern – Nicht nur ihre Freiheit zur Dieselsteuer, nein auch die konventionelle Landwirtschaft mit Gift wollen sie zurück.

    • @hto

      Die oft unter christlichen Vorzeichen gestarteten Bauernaufstände von 1524 bis 1526 wurden meist blutig niedergeschlagen und erst in der säkularen Rückschau als fortschrittlich gedeutet. Entsprechend wenig Beachtung fanden bislang dialogische und also wegweisende Verhandlungserfolge wie der beachtliche Ortenauer Vertrag.

      Und waren es denn in unseren letzten Jahren wirklich „die Bauern“, die Straßen blockierten? Oder waren es oder doch eher anführende, von fossilistischen und antisozialen Konzernmedien angefeuerte Bauernfunktionäre oft industrieller Massentierhaltung, die einerseits massiv von staatlichen Subventionen wie dem „Agrardiesel“ profitierten und andererseits gegen demokratische Regeln und auch Wettbewerb wüteten? Viele wirkliche Familienbetriebe waren und sind von diesen Protest-Inszenierungen samt Galgen einfach angewidert.

      Auch in den USA 🇺🇸 haben sich viele Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe für den MAGA-Thymokraten Trump begeistern lassen – und bezahlen jetzt bitter dafür.

      Aus meiner Sicht belegt all dies, dass es keine vor-medialen „Klassen“ a la Marx und Lenin gibt, sondern politische Formationen im Kontext von Medien und Narrativen, also ihrer jeweiligen Zeit. Deswegen liegen auch alle daneben, die vermeintlich ewige Geschichtsgesetze (nach Karl Popper: Historizismus) verkünden.

      Auch in der biblischen Exodus-Geschichte werden weder Moses noch Aaron oder die Israeliten als fehlerlos präsentiert: Moses wächst 40 Jahre im egozentrischen Relativismus auf, lebt 40 Jahre in der Verbannung des feindseligen Dualismus und führt schließlich 40 Jahre das sich aus Tyrannei und Polytheismus emanzipierende Volk, ohne selbst das Heilige Land betreten zu dürfen. Vgl.:

      https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/40-jahre-pkc-synagoge-freudental-text-der-dualen-stiftungsrede-zu-juden-und-christentum-aschkenas-japhet-und-schem/

      Es ist uns Menschen nicht möglich, die Zukunft an andere abzutreten. Wir haben Freiheit und also Verantwortung als Individuen, Familien und Gemeinschaften.

      Ihnen schöne, besinnliche und nicht von Hate geprägte Feiertage.

  4. @Blume: “Viele wirkliche Familienbetriebe waren und sind von diesen Protest-Inszenierungen samt Galgen einfach angewidert.”

    Das mag sein, aber trotzdem unterwerfen sie sich auch wie Du immernoch einer “Vernunft” der wettbewerbsbedingt-konfusen Symptomatik. Eine Symptomatik die demnächst, weil die Welt sich wieder brutal ändert, den “Sozial”-Staat zerstören wird und die bisher abhängigen Menschen besonders durch Kosten des Gesundheitssystems weiter spalten und marginalisieren wird, wenn nicht sowieso alles ganz anders/zerstörerisch kommt.

    • Ja, @hto – zur menschlichen Realität gehören sowohl Zusammenarbeit (Kooperation) wie Wettbewerb (Kompetition). Das sieht mensch ja auch an Ihrem Verhalten gegenüber Wissenschaftsbloggenden: Weil Sie selbst nichts Konstruktives hinbekommen, greifen Sie uns an und betteln um Aufmerksamkeit. Den Bildungsneid verkörpern Sie gleich selbst.

      Und dies ist auch der Grund, warum Sie es auch gestern & heute wieder nicht geschafft haben, sich von Ihren massenmörderischen Gesinnungsfreunden wie Stalin, Mao und Pol Pot zu distanzieren. Sie würden in Ihrem hasserfüllten Dualismus ebenso gewalttätig verfahren wie diese. Weil Sie sich jeden Respekt vor der Würde anderer Menschen abtrainiert haben. Das Internet tut Ihnen nicht gut, aber Hass und Thymos, Empörungssucht treiben Sie täglich hierher.

      Tja, immerhin: Auch so tragen Sie zur Besinnung anderer Menschen bei.

  5. @Blume: “Sie würden in Ihrem hasserfüllten Dualismus ebenso gewalttätig verfahren wie diese.”

    Das habe ich absolut nicht nötig, denn was Mensch gesät hat, wird Mensch ganz ohne mein Zutun ernten, wenn nicht doch noch …

    Ich bin absolut nicht neidisch auf eure Bildung/Dumm-Verkommenheit, dafür habe ich zuviel Bewusstsein.
    👋😇

    • Ja, @hto, ist klar. Sie haben so viel, ja „zuviel Bewusstsein“, um das ehrenamtliche Engagement von Wissenschaftsbloggenden anerkennen zu können. 🤭 Stattdessen treibt Sie Ihr „zuviel Bewusstsein“ zum täglichen Posten zahlreicher Hate-Drukos. 😌

      Ich denke, für die nächsten Wochen haben Sie hier genug von Ihrem „zuviel Bewusstsein“ abgeladen. „Danke“ dafür! 🙏

  6. @Marie H. 17:22 Uhr

    Was für ein schöner Zeit-Kommentar, auf den ich daher gerne etwas ausführlicher antworte. 🙏

    Ein Begriff der Zeit ist die Ewigkeit.

    Ja, interessanterweise begegnen wir der Ewigkeit als Djet schon im pharaonischen Ägypten. Hier äußert er sich im Medium des Steins wie dem Tempel und Grabmal, der Pyramide, dem Obelisk und der „in Stein gemeißelten“ Schriftform der Hieroglyphe (griech. Heiliges Zeichen).

    Von einem Pharao und leitenden Beamten wurde erwartet, dass sie bald nach Beginn ihrer Amtszeit auch mit der Anlage ihres Grabes begannen – der weltliche Dienst im säkularen Neheh (der zyklisch gedachten Gegenwart) sollte immer schon auf das ewige Jenseits gerichtet sein.

    Das jährliche Pessach-Fest und auch Sukkot (Laubhüttenfest), später dann auch Ostern und Weihnachten greifen den jährlichen Zyklus auf und öffnen ihn zugleich in die Zukunft: Der Auszug aus Ägypten ohne feste Häuser und auch ohne Grabmal 🪦 für Moses, gefolgt von der Hoffnung auf Land und Wohlstand und Freiheit und Frieden. Im Cheistentum dann die Geburt eines Kindes im Stall von Bethlehem und dessen spätere Kreuzigung durch römische Besatzer in Jerusalem, gefolgt von der Hoffnung auf Auferstehung aller.

    Die altägyptische Religion auf Basis der steinernen Zeit-Medien griff in die Vergangenheit, um die Gegenwart zu sichern. Die semitisch und später auch jafetitisch alphabetisierte Religion griff der Zukunft vor, um die Gegenwart zu öffnen.

    Wenn wir damit die Unendlichkeit meinen, wo müssen wir dann die Bedeutung der Medien ansetzen?

    Wie jedes andere Lebewesen auch ist unsere menschliche Zeitwahrnehmung auf einen Mesokosmos von etwa einer Sekunde bis zu 80 Jahren beschränkt. Was dakürzer oder dalänger, sogar ewig gedacht wahrgenommen werden soll, muss durch Medien dargestellt werden. Ob Kalender, Uhren, Geschichte(n) – sie alle basieren auf Medien und werden durch diese geprägt.

    Ich frage mich, ob der Ewigkeitsbegriff in unserer schnelllebigen Zeit mit einem fast rauschhaften Medienkonsum überhaupt taugt.

    Ja, in der medialen Beschleunigung schon ab dem Alphabet – Buchdruck scheint mir der Keim der Individualisierung und auch Säkularisierung zu liegen. Nicht mehr das gemeinsam hörende und sehende Wir, sondern dass zum zunehmend isolierten Knotenpunkt von immer mehr Medienströmen werdende Ich wird zum Kern der Weltwarnehmung. Und leider gilt dabei auch das Blumenberg – Diktum: „Enge der Zeit ist die Wurzel des Bösen.“

    Das Neurohacking antisozialer Konzernmedien überflutet uns zum Schlechteren: Dopamin macht uns rauschhaft süchtig nach Aufmerksamkeit, Adrenalin lässt uns süchtig werden nach den Kicks aus Empörung und die Simulation von Beziehungen senkt unser Testosteron und befeuert Einsamkeit auch schon unter jungen Menschen.

    Religiöse Tage wie Pessach oder Ostern überleben auch solche Zeiten, weil sie für die Ewigkeit geschaffen worden sind, sofern es auch künftig Gläubige gibt. Ich zweifle daran nicht.

    Ja, es sieht sogar eher so aus, als ob die demografisch und sozial beschleunigte Evolution zu mehr Religiosität sich beschleunige.

    https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/quarks-co-glauben-wissen-evolution/

    Die Zukunft bleibt zur Hoffnung offen.

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