Papst Franziskus zu Wissenschaft, Vernunft und Glauben in „Evangelii Gaudium“

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Evolutionsgeschichte der Religion(en)
Natur des Glaubens

Gerade befinde ich mich auf einer wissenschaftlichen Tagung der Akademie der Diözese Rottenburg-Stuttgart, da sorgt “Evangelii Gaudium”, das erste eigene Lehrschreiben des neuen Papstes Franziskus u.a. mit der Forderung nach “Dezentralisierung” und der Kritik am religiösen Traditionalismus für Aufsehen.

Da meine letzten beiden Blogposts sich mit den “Grenzen der Wissenschaft(ler)” und nicht-katholischen Organisationsformen von Kirche(n) befasst haben, möchte ich die Leserinnen und Leser auch extra informieren (denn im allgemeinen Medieninteresse steht das Thema leider nicht): Das Lehrschreiben enthält auch eigene Aussagen zum Dialog von Wissenschaft, Vernunft und Glauben.

So schreibt Papst Franziskus:

Der Dialog zwischen Glaube, Vernunft und den Wissenschaften

242. Auch der Dialog zwischen Wissenschaft und Glaube ist Teil des evangelisierenden Handelns, das den Frieden fördert. Der Szientismus und der Positivismus weigern sich, » neben den Erkenntnisformen der positiven Wissenschaften andere Weisen der Erkenntnis als gültig zuzulassen «. Die Kirche schlägt einen anderen Weg vor, der eine Synthese verlangt zwischen einem verantwortlichen Gebrauch der besonderen Methoden der empirischen Wissenschaften und den anderen Lehren wie der Philosophie, der Theologie und dem Glauben selbst, der den Menschen bis zum Mysterium erhebt, das die Natur und die menschliche Intelligenz übersteigt. Der Glaube hat keine Angst vor der Vernunft; im Gegenteil, er sucht sie und vertraut ihr, denn » das Licht der Vernunft und das des Glaubens kommen beide von Gott« und können daher einander nicht widersprechen. Die Evangelisierung achtet auf die wissenschaftlichen Fortschritte, um sie mit dem Licht des Glaubens und des Naturrechts zu erleuchten, damit sie immer die Zentralität und den höchsten Wert des Menschen in allen Phasen seines Lebens respektieren. Die gesamte Gesellschaft kann bereichert werden dank diesem Dialog, der dem Denken neue Horizonte öffnet und die Möglichkeiten der Vernunft erweitert. Auch das ist ein Weg der Harmonie und der Befriedung.

243. Die Kirche verlangt nicht, den bewundernswerten Fortschritt der Wissenschaften anzuhalten. Im Gegenteil, sie freut sich und findet sogar Gefallen daran, da sie die enorme Leistungsfähigkeit erkennt, die Gott dem menschlichen Geist verliehen hat. Wenn die Wissenschaften in akademischer Ernsthaftigkeit im Bereich ihres spezifischen Gegenstands verbleiben und so im Zuge ihres Fortschritts eine bestimmte Schlussfolgerung deutlich machen, die von der Vernunft nicht verneint werden kann, widerspricht der Glaube diesem Ergebnis nicht. Die Glaubenden können ebenso wenig beanspruchen, dass eine ihnen angenehme wissenschaftliche Meinung, die nicht einmal ausreichend bewiesen ist, das Gewicht eines Glaubensdogmas gewinnt. Bei manchen Gelegenheiten gehen aber einige Wissenschaftler über den formalen Gegenstand ihrer Disziplin hinaus und übernehmen sich mit Behauptungen oder Schlussfolgerungen, die den eigentlich wissenschaftlichen Bereich überschreiten. In einem solchen Fall ist es nicht die Vernunft, die da vorgeschlagen wird, sondern eine bestimmte Ideologie, die einem echten, friedlichen und fruchtbaren Dialog den Weg versperrt.

Im deutschsprachigen Gesamttext von Evangelii Gaudium auf den Webseiten des Vatikan hier

Auf Eure Meinungen freue ich mich, hier an der Akademie ist es schon Thema. 🙂

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Dr. Michael Blume studierte Religions- und Politikwissenschaft & promovierte über Religion in der Hirn- und Evolutionsforschung. Uni-Dozent, Wissenschaftsblogger & christlich-islamischer Familienvater, Buchautor, u.a. "Islam in der Krise" (2017), "Warum der Antisemitismus uns alle bedroht" (2019) u.v.m. Hat auch in Krisenregionen manches erlebt und überlebt, seit 2018 Beauftragter der Landesregierung BW gg. Antisemitismus. Auf "Natur des Glaubens" bloggt er seit vielen Jahren als „teilnehmender Beobachter“ für Wissenschaft und Demokratie, gegen Verschwörungsmythen und Wasserkrise.

38 Kommentare

  1. Mir gefällt die Hervorhebung des gegenseitigen Respekts und der Wertschätzung bei gleichzeitiger Forderung, die eigenen Grenzen der Profession nicht zu überschreiten. Der Glaube ist keine Wissenschaft und die Erkenntnisse der Wissenschaft sind keine dogmatischen Lehrsätze, sondern lediglich die Darlegung eines Erkenntnisstandes in räumlicher, zeitlicher und sozialer Verortung. Ich habe manchmal auch den Eindruck, dass der Szientismus heute verstärkt Raum greift und sich eine Art Absolutheitsanspruch anmaßt, der jeden konstruktiven Dialog grundlegend gefährdet. Wenn sich ein Grazer Universitätsprofessor – wie kürzlich geschehen – bemüßigt sieht, für die Leugner des human induzierten Klimawandels die Todesstrafe zu fordern, so zeigt sich darin ein deutliches Symptom für einen wissenschaftlichen Anspruch, der deutlich dogmatisch-religiöse Züge trägt und sich nicht mehr mit der Disputation von Erkenntnissen bescheidet, sondern diesen Erkenntnissen Erlösungs- und Sinnstiftungsqualitäten zuschreibt. Es zieht eine geradezu persönliche Kränkung nach sich, wenn andere diese Zuschreibungen nicht im selben Ausmaß zu akzeptieren bereit sind. Die Gedankes des Papstes zu dieser Thematik sind durchaus verfolgenswert und diskussionswürdig.

  2. Es gibt derzeit keine andere nennenswerte geistige Kraft, die der menschlichen Vernunft soviel zutraut wie die katholische Theologie – in Zeiten des Konstruktivismus sowie besagtem Positivismus und Szientismus ist man immer wieder regelrecht erschrocken über die Sätze, die Du hier dankenswerterweise zitierst und die in einer langen langen Reihe völlig ähnlich lautender Lehrtexte stehen – vgl. Vaticanum I: Gott kann mit dem Lichte der menschlichen Vernunft sicher erkannt werden, oder noch weiter zurück bei Thomas von Aquin u.ä. (hierzu: Puntel, Sein und Gott, 2012).

    • Trauen sie ihrer eigenen Vernunft so wenig zu Herr Hoppe? Brauchen sie dazu ein placet von außen? Baut ihre ganze Argumentation auf einen Parncutt? Was ist mit den paar Millionen anderen?

    • Lieber @Webbär,

      ich bin, zugegeben, sehr angetan von diesen ebenso knappen wie präzisen Äußerungen. Man merkt, dass Franziskus nicht nur Theologe, sondern eben auch studierter Chemiker ist.

      Erkenntnistheoretischer Pluralismus, Respekt und unbedingte Dialogbereitschaft, aber auch Themen wie Interdisziplinarität und Naturrecht – in sehr vielem stimme (auch) ich hier dem Papst zu und sehe zugleich, dass er spannende (Zukunfts-)Themen anreißt. Dass ihm das Ganze dann auch noch in zwei Abschnitten gelingt – super.

      Ich denke, auch dieser Aspekt des Lehrschreibens hat einiges Potential und hoffe, hin und wieder darauf zurück kommen zu können.

      • Den “studierten Chemiker” finde ich da nirgends, aber sehr wohl einen alten Theologen in einem klassischen Rückzugsszenario. Er ist intelligent genug um zu wissen, dass er modernen Wissenschaften nichts entgegensetzen kann. Worauf er aber in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft immer bauen konnte, kann und können wird ist die beschränkte Einsicht seiner Schafe, um es vorsichtig zu formulieren.
        Was wäre also besser geeignet als einfach mal etwas Autorität zu missbrauchen um den Schafen einzureden es gebe so etwas wie Szientizismus oder eine eingeschränkte Weltsicht der pösen Naturwissenschaftler, die ja mal wieder “das Ganze” (TM) nicht sehen.

        • Er ist intelligent genug um zu wissen, dass er modernen Wissenschaften nichts entgegensetzen kann.

          Wieso muss er dem denn etwas entgegensetzen?
          Wieso sollte er den Gegensatz zwischen religiösen Glauben und wissenschaftlicher Erkenntnis akzeptieren?

          Worauf er aber in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft immer bauen konnte, kann und können wird ist die beschränkte Einsicht seiner Schafe, um es vorsichtig zu formulieren.

          Wessen Einsicht ist denn bitte nicht “beschränkt”?

          […]es gebe so etwas wie Szientizismus[…]

          Es gibt so etwas wie Szientizismus, jedenfalls in dem Sinne, wie es andere ismen gibt.
          Ob er dabei besonders logisch, “wissenschaftlich” oder ähnliches ist, ist eine davon unabhängige Frage, auch ob er unter Naturwissenschaftlern tatsächlich verbreitet ist.

  3. Die Kirche wie auch dieser Papst haben trotz solcher Aussagen überhaupt kein Interesse selbst grundlegende Ergebnisse und Erkenntnisse.der Wissenschaft zu berücksichtigen. Wie kann es sonst sein, dass Wunderglauben, Auferstehung und Jungferngeburt, etc. Teile dieser Religion sind, wenn diese doch den einfachsten Erkenntnissen und Erfahrungen der Naturwissenschaften widersprechen?

    • Möglicherweise weil der Papst dann den Laden Dicht machen kann, wenn Gott doch nicht in die Welt eingreift.

      Das Jungfrauen keine Kinder bekommen und Tote nicht auferstehen wusste man im Grunde auch schon vor den modernen Naturwissenschaften. Hätte man dies für alltäglich empfunden wäre es kein Wunder.

      P.S zu Herr Blume Text schicke ich Ihnen höchstwahrscheinlich am Wochenende.

    • Ist es nicht der Traum eines jeden Wissenschaftlers, etwas zu finden, was den einfachsten Erkenntnissen und Erfahrungen der Naturwissenschaften widerspricht?
      Die Nature/Science Publikation wäre dann jedenfalls im Trockenen – wenn nicht sogar der Nobel-Preis.

      • Man wird nur nichts finden, was den einfachsten Erkenntnissen und Erfahrungen der Naturwissenschaften widerspricht. Warum wohl?

        • Man wird nur nichts finden, was den einfachsten Erkenntnissen und Erfahrungen der Naturwissenschaften widerspricht.

          Ganz einfach: Weil jede beliebige Erkenntnis oder Erfahrung, die man auf “naturwissenschaftlichen Wege” macht, automatisch nicht mehr den Naturwissenschaften usw. widerspricht.
          Sie widerspricht nur den alten naturwissenschaftlichen Theorien.

      • Die 1 Million von Randi auch, da es aber bislang nicht passiert ist gehe ich nicht davon aus, dass etwas in dieser Art kommt.

      • Naturwissenschaftler, die übernatürliche Wunder “finden“ wollen, überschätzen sich und ihren Erkenntnisbereich m.E. gewaltig! 😀

        • Ich wollte eigentlich auf zwei Aspekte hinweisen:
          (1) Dass in der Wissenschaft zunehmends die Ergebnissoffenheit und die Neugierde zugunsten von Dogmatismus aufgegeben wird. Das finde ich schade. Argumente wie von Prof. Oberhummer kann man zwar gut nachvollizehen, wenn man sich dem Kampf gegen die Pseudowissenschaften verschrieben hat. Aber eigentlich sollten wir uns als Forscher die kindliche Neugierde bewahren – und selbst zu den absurdesten Behauptungen erst Stellung beziehen, wenn Beweise, Belege oder empirische Befunde vorliegen. Ein Paradebeispiel dieser Aufgeschlossenheit kann man z.B. in “Surely You’re Joking, Mr. Feynman!” nachlesen.
          (2) Eine eklatante Lücke in unserem Bildungssystem ist die Wissenschaftstheorie. Und wenn ich Aussagen lese, die sich vereinfacht auf die Form “Wunder widersprechen der Empirie” reduzieren lassen, dann weiss ich gar nicht, wo ich mit dem Erklären anfangen sollte: da stecken einfach zu viele Denk- und Kategorienfehler drin. Wunder definieren sich doch gerade dadurch, dass sie der Empirie nicht zugänglich sind. Ausserdem postulieren stattdessen gängige Wissenschaftstheorien, dass es Wunder/Übernatürliches nicht gibt. Das ist aber ein Postulat und kein empirischer Befund (und unterscheidet sich nicht wesentlich vom entgegengesetzten Postulat der Religionen). Ich weiss nicht, was ich von Prof. Oberhummers Kommentar halten soll: spricht aus ihm einfach nur Ignoranz oder schon eine Vernebelungsstrategie?

          • Vielen Dank, @Physiker.

            Und Heinz Oberhummer ist halt ein religionskritischer Missionar – und bei Missionsargumenten aller Religionen und Weltanschauungen wird gerne mal vereinfacht und verkürzt. Vielfältige Mission hält aber auch das geistig-kulturelle Leben lebendig und regt wenigstens einige zum Nachsinnen an, ich finde sie daher gar nicht schlecht. 😉

          • @Physiker

            “Wunder definieren sich doch gerade dadurch, dass sie der Empirie nicht zugänglich sind.”

            Das ist falsch. Wunder sind empirische Phänomene. Sie sind wahrnehmbar, könnten auch auf Film gebannt werden, im Gegensatz zu überempirischen Akteuren. Und Wunder wurden ja auch beobachtet, glaubt man nur wenigen der vielen Berichte. Durch ihr plötzliches, einmaliges Auftreten entziehen sich Wunder aber weitgehend einer empirischen Forschung, die auf Wiederholung oder zumindest Dauer angewiesen ist.

            Regelmäßig, bzw. wiederholt auftretende Wunder, wie das Weinen von Madonnenstatuen oder Bluten von Christusfiguren, wurden ja teilweise auch wissenschaftlich aufgeklärt. In Anbetracht der Dauer und ihrer Hartnäckigkeit würde ich auch die Existenz von Michael Blume & mir nicht zu den Wundern zählen. Obwohl Fragen offen bleiben.

          • @Joker

            Fairerweise muss ich dazu schreiben, dass der Gedanke, wonach jeder Mensch ein “Wunder” sei, nicht von mir, sondern uralt ist. Er trifft aber auch die von Ihnen beschriebenen Sachverhalte: Die einzelne Menschin ist beobachtbar existent und wissenschaftlich beschreibbar, aber nie in der Fülle ihres biologischen, kulturellen und geistigen Lebens “wiederholbar”.

            Die jüdische Philosophin Hannah Arendt hat dies einmal so formuliert: “„Das ´Wunder` besteht darin, dass überhaupt Menschen geboren werden, und mit ihnen der Neuanfang, den sie handelnd verwirklichen können kraft ihres Geborenseins. Nur wo diese Seite des Handelns voll erfahren ist, kann es so etwas geben wie ´Glaube und Hoffnung`…Dass man in der Welt Vertrauen haben und dass man für die Welt hoffen darf, ist vielleicht nirgends knapper und schöner ausgedrückt als in den Worten, mit denen die Weihnachtsoratorien die ´frohe Botschaft` verkünden: ´Uns ist ein Kind geboren`“.”

            Kann ja sein, dass manche Leute mehr brauchen, um sich täglich zu “wundern”, zu hoffen und zu glauben. Anderen reicht dies völlig, und so entdecken sie in den vermeintlich alten Texten auch immer neue Tiefen- und Sinnschichten.

            Der Mensch ist halt so. Wen wundert’s? 😉

          • Nach reiflichem Nachdenken möchte ich sogar noch einen Schritt weiter gehen. Lassen sie uns das spontane Zusammensetzen eines zersprungenen Kruges zurück zum Original aus tausenden Bruchstücken als Wunder bezeichnen – oder die Entstehung des Lebens, auch das wird ja gelegentlich als Wunder beschrieben (siehe oben und unten). Wenn die Naturwissenschaft recht hat, ihre Gesetze der Thermodynamik und der Entropie die Welt korrekt beschreiben, dann müssen solche Wunder gelegentlich geschehen. Je länger wir leben, umso mehr ähnliche Ereignisse sollten wir beobachten dürfen.

            Das Ausbleiben von Wundern wäre ein Wunder.

    • Lieber Herr Oberhummer,

      das würde ich so pauschal nicht zu behaupten wagen. Verdanken wir doch viele Erkenntnisse in den Naturwissenschaften (z.B. Botanik, Genetik, Zoologie) forschenden Menschen mit kirchlichem Background. Die von Ihnen angesprochenen Themen (Wunderglauben, Jungfrauengeburt, Auferstehung) können m. E. nicht alleine durch die Brille der rationalen Vernunft und auch nicht losgelöst vom historischen Kontext betrachtet werden. Hier mischt sich subjektives Erleben mit narrativer Vermittlung. Insofern gibt es mehrer Deutungsebenen, von denen die des Vergleichs oder der Metapher nur eine ist. Die Aussage, die diesen in der heutigen Zeit schwer verständlichen Sprachbildern innewohnt ist die: Wer sein Leben auf Gott gründet, dem ist alles möglich. Er/Sie verändert Lebensqualität, öffnet die Augen, schafft neues Lebens, lässt Neuanfang dort zu, wo ihn keiner mehr vermutet. Alle diese Erzählfiguren setzen religiöse Erfahrungen voraus und machen losgelöst davon wenig Sinn. Sie tragen durch die Unzulänglickeit sprachlicher Begriffe für Situationen tiefer, innerer Berührung auch immer den Keim des Missverständlichen, der Verkürzung sowie der dogmatsichen Versteinerung in sich und wirken dann paradoxerweise dysfunktional gegen den eigenen Ursprung zurück. Es ist ungefähr so, wie wenn man einem geliebten Menschen das eigentliche Wesen dieser Liebe mit neurophysiologischen und biochemischen Prozessen erklären würde. Die Resonanz wäre sicher gering. Es geht in dieser Lebenssituation aber gerade um diese Resonanz.
      Wenn ich mich auf einen echten Dialog mit Religion einlassen will, muss ich auch diese Ebenen in meine Betrachtungen miteinbeziehen und neben dem rationalen Dialog auch Berührung zulassen, denn was mich im Innersten berührt, kann meist nicht mit einer standardisierten und mit der Sicherheit einer für alle das gleiche bedeutenden Begrifflichkeit kommuniziert werden.

    • Herr Oberhummer,

      das Wunder der Auferstehung und Jungferngeburt, die Sie ansprechen, sind singuläre Ereignisse (nicht wie im nachfolgenden Kommentar von Herrn Jovic beschrieben gleich im Plural) einer Einzelperson, nämlich Jesu Christi. Und das ist schon seit 2.000 Jahren eine Steilvorlage für alle, egal welcher Zeit und Kultur, denn Jesus Christus ist Gott, der Mensch wird: und wenn das stimmt, dann braucht uns auch die Auferstehung nicht zu wundern oder zu stören, denn sie fällt natürlich nicht mehr in den Bereich der Naturwissenschaften (womit sollen wir NW uns denn noch abgeben! Methodologischer Naturalismus ist uns ja eingeschrieben…). Und wenn das stimmt, dass Gott Mensch wurde, dann ist das, was uns eigentlich stören sollte, das er fast von allen verlassen am Kreuz stirbt – für uns Menschen.

      Wir kommen nicht umhin, Jesus Christus polarisierte schon in seiner eigenen Zeit: Sein Volk wollte einen König, der ihnen ausreichend Brot gibt und mit großer Macht und Herrlichkeit kommt, die Griechen können sich nicht damit anfreunden, dass ein Gott nicht zum Vergnügen einmal kurz so in Menschengestalt erscheint, sondern das Mensch-Sein wirklich ernst nimmt, die einen meinen, er sei nur ein besonderer Prophet, andere, er hätte vielleicht unsere vermeintliche Ruhe nicht stören sollen, indem er uns einlädt, mit Ihm in Dialog zu treten, oder wir mögen es nicht, dass er unser geschlossenes Weltbild stört.

      Gott mutet uns diese Steilvorlage des Glaubens zu. Sehr spannend! Eines geht allerdings nicht: wir Christen können einen ontologischen Naturalismus nicht teilen, nur einen methodologischen.

  4. Ich finde die Dialoge von Religion und Wissenschaft sowieso kaum fruchtbar.

    Wenn man davon ausgeht, dass die Welt von Gott geschaffen wurde, kann man dies sowieso nicht beweisen und die anderen nicht wiederlegen. Wenn er die Naturgesetze auch brechen kann, dann sind auch Wunder möglich (auch wenn alles dagegen spricht).

    Dann fragt man sich aber was solche Dialoge bringen soll, vor allem bei Leuten welche wie ich kein religiöses Weltbild vertreten, wird man dadurch auch nicht von Gott überzeugen können.

    • Hallo Herr Jovic,

      genau richtig. Wozu sollte ein solcher Dialog denn dienen? Das sind zwei völlig verschiedene “Welten”.

      Reicht ja schon wenn mal ein Wunder sichtbar wäre. Also ein Geschehen entgegen der Naturgesetze. Bisher? Fehlanzeige.

      • Wieso Fehlanzeige???

        “Reicht ja schon wenn mal ein Wunder sichtbar wäre. Also ein Geschehen entgegen der Naturgesetze.”

        davon gibt es jede Menge. Aber worauf ich schon oft genug verwiesen habe: Man kann eben auch Wunder abstreiten….. noch.

        • @Grenzgängerin

          Bevor man Wunder abstreiten kann, sollte man erst mal welche kennen.

          Wo sind denn in Lourdes neben den Krücken die weggeworfenen Prothesen, weil Gliedmaßen nachgewachsen sind?

      • Hallo Thomas und Boris

        Wie ist eure Frage gemeint? Ich kenne euch nicht, sehe euch nicht, um daraus mehr entnehmen zu können. Die Frage klingt jedenfalls eher aggressiv, provokativ.
        Ihr habt aber etwas vermutlich gründlich missverstanden.Wir brauchen keine Wunder, um an Gott zu glauben. Es ist vielmehr umgekehrt, wenn Du an Gott glaubst, entdeckst du seine Wunder.

        Die Krankenheilungen und anderen Wunder, die Jesus selber zu Lebzeiten gewirkt hat, dienten der Beglaubigung seiner unglaublichen Sendung, seiner ungeheuren Botschaft und vor allem seiner damals äußerst ungewohnten Aussagen über Gott. Denn davon hatten die Menschen seinerzeit keinerlei Ahnung, das war zu fremd, das brauchte einer Beglaubigung,…zumal er außerdem nicht als weltlicher Herrscher in die Welt kam. Wie wir aber alle wissen, hat er selbst mit dieser Beglaubigung keinen Zwang auf die Menschen ausgeübt. Jesus hat auf jedwede Macht und Gewalt zur Beglaubigung seiner Botschaft verzichtet.

        Was aber unseren Glauben betrifft: bei jedem dieser Wunder sagte Jesus dem Geheilten in irgendeiner Form: “dein Glaube hat dir geholfen” .

        Also der Glaube hat das Wunder ermöglicht und nicht umgekehrt. 

        Das ist doch das Wunderbare und Großartige an diesem Gott und seiner Schöpfung, das alles so angelegt ist, dass Gott sich dem zu zeigen vermag, der wahrhaft glaubt oder glauben will, ohne dabei den übrigen die Freiheit zu nehmen. Um dieser Freiheit willen zeigt Gott sich so diskret, dass eventuelle Wunder nur dem Glaubenden selber wahrnehmbar sind, seinem Nachbarn in der Regel aber verborgen bleiben,(… wenn man mal von den Wundern der Natur absieht. …sehe gerade auch, dass Michael Blume z.B. euch beide sehr schön als Wunder geschildert hat..)

        Nachweisbare, spektakuläre Wunder – also Geschehen entgegen unseren Naturgesetzen – auf größerer Ebene mit gesellschaftlicher Relevanz sind die Ausnahme. Und selbst bei ihnen zeigt sich, wie gesagt, dass man sie bestreiten kann. Aber es gibt sie genügend. Thomas erwähnt ja selber z.B. Lourdes. Und es gibt etliche andere. Vor einigen Jahren hat man z.B. ein Tuch wiederentdeckt, das Jahrhunderte lang verschollen war. Dieses soll das Gesicht Jesu im Moment der Auferstehung wiedergeben. Ein ganz ungewöhnliches Schleiertuch das im Grab auf seinem Gesicht gelegen haben soll. Man kann die Existenz des Tuches bis zur Zeit Jesu zurück verfolgen. Es hat eine allerfeinste durchsichtige Diafotoqualität vom Gesicht Jesu, wenngleich es offenkundig anders als ein Foto zustande gekommen sein muss, denn die Fototechnik kannte man damals ja noch nicht. Auch ist es mehr als ein Diafoto. Es muss durch Licht entstanden sein und existiert so schon unbeschadet seit 2000 Jahren. Jetzt hat man außerdem mit Hilfe moderner Technik die Deckungsgleichheit des Tuches mit dem Gesicht auf dem Turiner Grabtuch festgestellt.

        Nun denn, niemand ist gezwungen, derlei für echt oder gar als Beweis anzusehen. Den Glauben ersetzt es nicht. Aber es kann dem helfen der ehrlich sucht und für sich ein Zeichen braucht. ( Unter “Volto Santo” googeln, dann findet man es. Befindet sich in einem kleinen Ort, “Manoppello” in den Abbruzzen in Italien. Es gab auch TV-Sendungen dazu.)

        Eure Art der Fragestellung….

        “Reicht ja schon wenn mal ein Wunder sichtbar wäre. Also ein Geschehen entgegen der Naturgesetze.” 

        ….hat eher den Charakter eines Tests, losgelöst von einem Wunsch glauben zu können. Bitte mich korrigieren, wenn ich das falsch sehe, aber wenn ja, dann kann das nicht gehen. So herum nicht.

        Ich wollte im Grunde nur die “Fehlanzeige” von Boris korrigieren, denn die stimmt ja nicht. Ihr seid doch des Googelns mächtig, denke ich, da werdet Ihr sicher fündig, wenn ihr wirklich Berichte von echten Wundern – Geschehen entgegen den Naturgesetzen – sucht und wenn es euch wirklich um euren persönlichen Glauben geht. Demnächst für meinen Blog kann ich aber eventuell solche Links mal raussuchen und anbieten.

        Wenn Ihr glaubt, dass Ihr ein Zeichen braucht, dann müsst ihr einfach darum bitten. Gott findet dann schon die richtige ‘Sprache’, die Euch das Zeichen als von ihm kommend verstehen lässt. Diese ‘Sprache’ ist ja bei jedem anders.

    • Hat das Leben und Forschen einen Sinn? Warum sollten Wissenschaften und auch Grundlagenforschung gefördert werden? Sind naturwissenschaftliche Erkenntnisse weltanschaulich, gesellschaftlich, rechtlich relevant? Was sind Wunder überhaupt – und gehören ggf. die Naturgesetze, das Leben, die Vernunft auch dazu? Wie könnte menschliche Gesellschaft aussehen?

      All diese und unendlich viele weitere Fragen können Naturwissenschaften nicht alleine beantworten. Es wäre m.E.aber auch ungut, wenn solche Fragen ohne empirische Erkenntnisse debattiert würden.

      Zum Dialog wird niemand gezwungen und es wird immer Leute aller Seiten geben, die sich verweigern. That’s life – und da religiöse Traditionen bisweilen Jahrtausende überdauern (im Gegensatz zu nichtreligiösen Populationen) brauchen sie auch niemandem nachzulaufen. Aber gut, wenn sie einladen.

      • So schaut’s besser aus, v2:

        Was sind Wunder überhaupt

        Diese Frage gilt spätestens seit dem Film Pulp Fiction als beantwortet:

        JULES WINNFIELD: What is a miracle, Vincent?
        VINCENT: An act of God.
        JULES WINNFIELD: And what’s an act of God?
        VINCENT: When God makes the impossible possible.

    • Hallo Zoran Jovic,
      Sie schreiben m.E.im anderen Blog über Ihren persönlichenKnackpunkt zur Frage des Dialogs zwischen Religion und Wissenschaft, ob sinnvoll oder nicht:
      “Ich z.B bin mit zunehmenden Interesse an Naturwissenschaften, immer skeptischer bei religiösen Fragen geworden (wirklich gläubig war ich nie).”

      Letzteres ist der Knackpunkt. Wenn Sie nie wirklich gläubig waren und dementsprechend auch nicht konkret aus dem Glauben heraus gelebt haben, ist es insbesondere in unserer Zeit heute kein Wunder, dass die Naturwissenschaften Sie dem Glauben gegenüber skeptisch machen, der somit ja nur Halbwissen über den Glauben, aber nicht innere Gewissheit aus dem Glauben ist. Wenn man die Kraft und Frucht des Glaubens nicht von innen heraus erfahren hat, fehlt einem die Grundlage und das Rüstzeug, um die derzeitigen rasanten naturwissenschaftlichen Entwicklungen für sich persönlich intuitiv in Kohärenz zu den Wahrheiten des Glaubens sehen zu können.
      Denn die sind eben so sehr rasant, dass vorerst sehr wichtig ist, dass jeder Einzelne für sich persönlich diese Kohärenz schon einmal intuitiv herzustellen vermag. Denn die menschheitlich notwendig gewordene epochale Herstellung der Kohärenz braucht ihre Zeit. Das geht nicht von jetzt auf gleich. Sie wird aber kommen. 🙂

      So wie Ihnen geht es deshalb heute vielen, die zwar im religiösen Milieu aufgewachsen sind, aber nicht wirklich zum Glauben hingeführt wurden und folglich nicht konkret im Glauben gelebt haben. Das großartige Neue, das man aus dem Glauben heraus in den Blick bekommen müsste, ist zu umwälzend. Mit einer falschen Brille kann man es nicht sehen.
      Ich bin mir aber sicher, sollten Sie sich dem Glauben ehrlich neu öffnen und das großertige Neue in den Blick bekommen wollen, werden Sie Hilfe dafür finden.

    • @Zoran Jovic & Boris Blix

      Also, ich möchte gerne mal zwei empirisch nachweisbare “Wunder” benennen: Zoran Jovic und Boris Blix. Beider Existenz widerspricht nicht den Naturgesetzen (und warum sollte z.B. ein Herr der Zeit auch solches nötig haben?), aber sie ist auch aus keiner physikalischen Formel ableitbar. Denn beide sind absolut einzigartig, sowohl in ihrer biologischen wie kulturellen und biografischen Ausprägung – und werden sich in ihrem So-Sein in diesem Universum nie wiederholen. Beide haben Leben, Bewußtsein und Geist und sind nicht auf ihre materiellen Grundlagen – die auch existieren – reduzierbar. Und beide suchen und hungern nach empirisch gar nicht nachweisbaren Verheißungen wie “Wahrheit”, “Sinn” oder “Glück”, berufen sich auf “Rechte”, sie argumentieren, behaupten, zweifeln.

      Klar wird es Leute geben, denen die Existenz von Zoran Jovic & Boris Blix nicht wundersam genug ist, die sie nur für kosmische Zufälle und ihre Wahrheitssuche als belanglos halten. Mir persönlich reichen sie, stellvertretend für das Wunder jeden Lebens aus jener so unergründlich tiefen Quelle.

  5. Also, ganz ehrlich, wenn ich Sätze wie

    === schnipp ===
    Auch der Dialog zwischen Wissenschaft und Glaube ist Teil des evangelisierenden Handelns
    === schnapp ===

    lese, dann frage ich mich allen Ernstes, was denn die Naturwissenschaft von einem Dialog mit der Theologie (was auch immer das sein mag) gewinnen kann. Warum sollten sich denn Naturwissenschaftler mit theologischen Fragen befassen? Wollen wir klären, warum der Gott, der am Anfang die Schalter einstellte, Vater werden musste, nur um die Fehler wieder zu beseitigen?

    Oder was soll uns die Theologie helfen, wenn wir praktisch forschen?

    Okay, Forscher sind auch Menschen. Aber gewinnen die wirklich was durch Religion? Und falls ja, welche Religion sollten sie auf dem bunten Markt der Möglichkeiten wählen? Thor beispielsweise, nach dem geheiligten Motto ‘Die Götter und den Viehbestand, die wähle aus dem Heimatland!’?

    Ich frage mich, was einen Forscher dazu bewegen sollte, das zu lesen, was der Papst geschrieben hat. Kann natürlich sein, dass sich der Papst darum kümmern muss, seine Existenzberechtigung zu verteidigen, aber das braucht eigentlich auch niemanden zu interessieren.

    • Gerne nochmal: Gerade auch um die empirischen Wissenschaften selbst ranken sich überempirische Fragen. Hat das Leben und Forschen einen Sinn? Warum sollten Wissenschaften und auch Grundlagenforschung gefördert werden? Sind naturwissenschaftliche Erkenntnisse weltanschaulich, gesellschaftlich, rechtlich relevant? Was sind Wunder überhaupt – und gehören ggf. die Naturgesetze, das Leben, die Vernunft auch dazu? Wie könnte menschliche Gesellschaft aussehen?

      All diese und unendlich viele weitere Fragen können Naturwissenschaften nicht alleine beantworten. Es wäre m.E.aber auch ungut, wenn solche Fragen ohne empirische Erkenntnisse debattiert würden.

      Zum Dialog wird niemand gezwungen und es wird immer Leute aller Seiten geben, die sich verweigern. That’s life – und da religiöse Traditionen bisweilen Jahrtausende überdauern (im Gegensatz zu nichtreligiösen Populationen) brauchen sie auch niemandem nachzulaufen. Aber gut, wenn sie einladen. Und dass sich große Religionsgemeinschaften nun einmal über Generationen und Orte hinweg bewährt haben, ist ja gerade auch evolutionär unstrittig. Insofern stehen da schon andere Dimensionen dahinter als beim Guru in der Nachbarschaft, mit dem man mehr oder weniger Glück haben kann… 😉

  6. Mich wundert ja nach solchen Aussagen (die im Grunde ja nicht neu sind, auch andere Päpste vorher haben das schon ähnlich festgehalten), dass sich die kath. Kirche nicht stärker gegen Pseudowissenschaften wie etwa der Homöopathie positioniert. Eigentlich wäre sie prädestiniert dafür, denn diese Ideologien beruhen auf “Irrglauben” und stehen somit im Widerspruch sowohl zum Glauben als auch zu Vernunft und Wissenschaftlichkeit. Und es wäre ein Feld, in dem die Kirche wirklich gutes tun könnte, für alle.

    • Ein guter Punkt, @Andreas!

      Tatsächlich gibt es einige evangelische Kirchen, die sich entschieden gegen Formen von “Aberglauben” bei ihren Mitgliedern richten und von Horoskopen über esoterische “Medizin” bis hin zu Harry Potter-Romanen allerhand bekämpfen.

      Die katholische Tradition kennt dagegen eine sehr lange Geschichte der Auseinandersetzung mit “Volksreligiosität” samt Wunderglauben, dem Überleben vorchristlicher Traditionen, Reliquienkulten, Heiligenverehrung usw. Mit Repression hat sie dabei insgesamt schlechte Erfahrungen gemacht und ist stattdessen dazu übergegangen, mit alternativen Angeboten oder der langsamen Umformung bestehender Traditionen die Bedürfnisse in die eigene Kirchenlehre zu integrieren. Ich halte das durchaus für weise – denn der Mensch ist nunmal nicht nur auf Rationalität hin evolviert.

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