Niedrige Ölpreise führen zu weniger Feuern des Hasses

Heute morgen sprach in einem Interview bei SWR Aktuell davon, wie der “niedrige Ölpreis” und “mehr Dialog” zum Frieden beitrügen. Das mit dem Dialog ist den meisten Menschen schnell klar. Den Zusammenhang von auch mörderischer Gewalt und hohen Ölpreisen möchte ich in diesem Blogpost erklären.

Der Ölpreis fiel zum 14.10.2025 auf 63,63 USD pro Barrel und damit weit unter den Höhepunkt von 78 USD im Juni 2025.

 

Die Versuche, den Ölpreis in 2025 auf wieder dauerhaft über 70 USD pro Barrel (Fass) zu heben, sind bisher gescheitert und wurden vom OPEC+-Ölkartell inzwischen aufgegeben. Foto von der Wirtschaftsseite der Stuttgarter Zeitung, 14.10.2025: Michael Blume

In meinem Gedicht “Die Feuer des Hasses” hatte ich einmal die Zerstörungen des Fossilismus beschrieben. Demnach entscheiden die Öl- und Gaspreise darüber, wie hoch “die Feuer des Hasses” lodern.

Hier eine politik- und religionswissenschaftliche Erklärung in Stichpunkten:

1. Der Ölpreis als „Fieberthermometer des Hasses“:

Ein hoher Ölpreis korreliert mit der Zunahme von Rentierstaatlichkeit und also von autoritärer Herrschaft, Korruption, Hass, Gewalt und feindseligem Dualismus weltweit.

Niedrige Ölpreise hingegen reduzieren den Anreiz für Diktaturen, Gewalt, Krieg und Terror. So kann auch Putin den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine aufgrund nachlassender Öl- und Gaseinnahmen immer schwerer weiterführen. Leider finanzieren noch immer sieben EU-Mitglieder den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine fossil mit.

Die Erklärgrafik zur Rentierstaatstheorie (Politikwissenschaft) & dem entsprechenden Ressourcenffluch (Volkswirtschaftslehre) zeigt eine gelbe Pyramidenform. Links wird der Aufstieg der Demokratie durch das "Einfordern der Steuerzahlenden nach Mitbestimmung" wie in "No Taxation without Representation" erklärt. Rechts wird die abweisende Gewalt von Rentierstaaten erklärt, da "die Herrschenden Geld von oben nach unten verteilen können, z.B. aufgrund von Öleinnahmen".

Erklärgrafik zur Rentierstaatstheorie (Politikwissenschaft) & dem entsprechenden Ressourcenffluch (Volkswirtschaftslehre): Michael Blume

2. Die Bedeutung des Petrodollars:

Der Ölpreis pro Barrel (Fass) wird fast ausschließlich in US-Dollar berechnet (Petrodollar).

Dies zwingt Volkswirtschaften weltweit, US-Dollar zu kaufen, was den Kurs des Dollars anhebt. Der Dollar wurde so zur Leitwährung des Fossilismus seit den 1970er Jahren.

Die Folge für die USA sind lange Zeit günstige Importe und höhere Schuldengrenzen, aber auch teurere Exporte, höhere Arbeits- und Produktionskosten. Wie andere erdölexportierende Länder leiden die Vereinigten Staaten unter dem Ressourcenfluch der Deindustrialisierung („holländische Krankheit“).

Immer mehr deutsche Regionen wie der bayerische Landkreis Wunsiedel, aber auch Unternehmen im deutschen Bodenseeraum produzieren dagegen ihre eigenen, erneuerbaren Wohlstandsenergien, erhöhen damit ihre Wertschöpfung und koppeln sich vom Petrodollar-System ab.

3. Ölförderkosten und Preisdynamik:

Die Kosten für die Ölförderung variieren stark: sehr günstig in Ländern wie Saudi-Arabien, sehr teuer durch Fracking und Teersande in Nordamerika.

Bei hohen Ölpreise lohnen sich auch teure Förderstätten; niedrige Preise machen sie unrentabel. 

Das Schaubild aus "Öl- und Glaubenskriege" (2015) von Dr. Michael Blume zeigt die Öl-Förderkosten pro Barrel in Saudi-Arabien (25 USD), Russland (45 USD), den USA (51 USD) und bei Fracking (76 USD).Das Schaubild aus meinem Buch “Öl- und Glaubenskriege” (2015, Neuausgabe 2022) zeigte die schon damaligen Förderkosten pro Barrel Rohöl in Saudi-Arabien (25 USD), Russland (45 USD), den USA (51 USD) und beim Fracking (76 USD). Grafik: Michael Blume

Historisch konnte das OPEC+-Kartell die Produktion bei niedrigen Ölpreisen entsprechend drosseln, um die Preise wieder zu erhöhen. Dies gelingt angesichts des schnellen Wachstums von erneuerbaren Friedensenergien, Solarenergie und Batteriespeichern sowie weltweit schnell fallender Geburtenraten immer weniger: Die Ölpreise fallen schnell immer wieder unter 70 USD, sogar schon in die Nähe von 60 USD. Auch die Preise für Kohle und Erdgas stürzen ab.

4. „Peak Oil“-Ölspitzen-Theorie vs. „Carbon Bubble“-Karbonblasen-Theorie:

Die „Peak Oil“-Theorie sagte den Zusammenbruch der Weltwirtschaft voraus, wenn nicht mehr genug billiges Öl gefördert werden könne.

Die „Carbon Bubble“-Theorie besagt das Gegenteil: Der Preisrückgang bei erneuerbaren Friedensenergien werde dazu führen, dass viel Öl und Gas im Boden bleiben und wirtschaftlich nicht mehr benötigt wird.

Inzwischen hat sich die „Carbon Bubble“-Karbonblasen-Theorie wissenschaftlich klar bestätigt und durchgesetzt.

Links ein grüner Wald, rechts eine von Brandrauch überzogene Industrieanlage. In der Mitte eine schimmernde Energiekugel, die die Karbonblase symbolisiert.

Die “Carbon Bubble”-Karbonblasen-Theorie sagt voraus, dass sich das Verfeuern von Erdöl und Erdgas (rechts) immer weniger lohnt und immer mehr fossile Rohstoffe im Boden verbleiben und damit die Mitwelt bewahren können (links). Michael Blume mit Leonardo.ai, Frühjahr 2025

5. Die Wende durch erneuerbare Energien:

Ölpreise über 70 Dollar sind kaum noch durchzusetzen, da schon jetzt täglich mehr Menschen auf erneuerbare Friedens- und Wohlstandsenergien (Solar- und Windstrom) umsteigen.

Das schnellste Wachstum im Solarstrom findet dabei längst in Asien, Afrika und Südamerika (z.B. China, Indien, Äthiopien, Sierra Leone, Uruguay…) statt, wo Länder erkennen, dass sie Energie volkswirtschaftlich günstiger selbst erzeugen können, statt weiterhin überteuerte Petro-Dollar für Öl und Gas auszugeben.

Dies setzt die Ideologien und Bündnisse des Fossilismus in öl- und gasfördernden Ländern (einschließlich der USA unter Trump) unter enormen finanziellen Druck.
Mit den mörderischen Terroranschlägen des 11. September 2001 gegen New York und deren Folgenlosigkeit für die Al-Qaida-fördernden Golfstaaten zeigte der Fossilismus seine enorme, auch politische Macht. Grafik: Michael Blume mit Leonardo.ai, 2025

6. Historische Vergleiche und Auswirkungen auf Konflikte:

Nach dem 11. September 2001 waren westliche Demokratien noch zu abhängig von Öl, um etwa Saudi-Arabien für die Terrorfinanzierung von Al-Qaida zur Verantwortung zu ziehen. Eher ablenkende statt Konflikt-lösende Kriege wurden stattdessen im Irak und Afghanistan geführt.

Zeitenwende seit dem 9. September 2025: Ein israelischer Luftschlag gegen das Hamas-Hauptquartier in Doha in Katar am 9.9.2025 zeigte dagegen den drastischen Wandel. Auch die Golfstaaten können sich Kriege nicht mehr leisten und suchten daher Hilfe bei Donald Trump, den sie seit Jahren fossil finanzieren. Dieser erzwang daraufhin einen 20-Punkte-Friedensplan für Gaza.

Auch dieser erste Schritt zum Frieden im Nahen Osten ist somit eine Folge des sinkenden Ölpreises und der damit verbundenen finanziellen Einschränkungen, nicht plötzlicher moralischer Einsicht.

Fazit: Die Solarpunk-Energiewende des 21. Jahrhunderts setzt sich durch sinkende Öl- und Gaspreise zunehmend und Friedens-förderlich gegen den Fossilismus des 19. und 20. Jahrhunderts durch

Noch immer lodern die “Feuer des Hasses” hoch, noch immer verzehren sie Mitwelt und Mitmenschen. Doch mit jedem Elektroauto, jeder Solaranlage, jedem Batteriespeicher, jeder Elektrolyse-Anlage für grünen Wasserstoff geraten die Öl- und Gaspreise stärker unter Druck. Hinzu kommt die demografische Implosion in immer mehr Industrieländern wie z.B. Japan, die die Nachfrage nach Rohstoffen, Gütern und auch Investitionen dämpft. Schon unter einem Ölpreis von 70 USD pro Barrel sinken die fossilen Mittel für Kriege und Terror, unter 60 USD würden viele Diktaturen samt ihrer Propaganda-Apparate zusammenbrechen. Und es ist durchaus wahrscheinlich, dass es in den nächsten Jahren und Jahrzehnten genau dazu kommt.

Deswegen schaue ich jeden Werktag auf die Ölpreis-Entwicklung – auch heute vor dem SWR-Interview zu den Chancen des Friedens. Und ich freue mich auch sehr, dass seit gestern auch mein Filderstädter Freund & Kollege Prof. Dr. Inan Ince auf Mastodon ins Fediversum eingetreten ist! Er postete heute so passend:

“Ich sehe die Abhängigkeit von fossilen Energien wie eine Sucht: Ein abrupter Entzug kann wirtschaftlich fatal sein, wie der Ukraine-Krieg zeigte. Die einen fordern Sanktionen aufzuheben, andere den Schockentzug – doch sinnvoll ist nur eine Therapie mit klarem Ausstiegsplan. Denn anders als bei Drogen leiden hier Umwelt und Gesellschaft. Gewinner bleiben die Dealer.”

Allen, die es feiern, wünsche ich ein gesegnetes und vor allem friedvolles Simchat Tora (“Fest der Torafreude”)!

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Dr. Michael Blume studierte Religions- und Politikwissenschaft & promovierte über Religion in der Hirn- und Evolutionsforschung. Lehrbeauftragter am KIT Karlsruhe, Wissenschaftsblogger & christlich-islamischer Familienvater, Buchautor, u.a. "Islam in der Krise" (2017), "Warum der Antisemitismus uns alle bedroht" (2019) u.v.m. Hat auch in Krisenregionen manches erlebt und überlebt, seit 2018 Beauftragter der Landesregierung BW gg. Antisemitismus und für jüdisches Leben. Auf "Natur des Glaubens" bloggt er seit vielen Jahren für das Fediversum, Wissenschaft und Demokratie, gegen antisoziale Medien, Verschwörungsmythen und den Niedergang Europas.

37 Kommentare

  1. Wunderschönen Abend Michael!

    Schön zusammengefasst. Obwohl bekannt, ist es immer wieder spannend in die Fossilen Abhängigkeiten zu blicken. Ich hatte nämlich nicht im Bewusstsein das ja die USA durch ihre hohen Investitionen im Erdölsektor zwangsweise ebenfalls an der Holländischen Krankheit leiden. Derzeit sind die USA, wenn ich mich nicht täusche, mit abstand die größten Erdölproduzenten und werden wohl genauso unter dem sinkenden Ölverbrauch leiden, außer es gibt einige hilfreiche Tech Milliardäre die als Notgeneratoren für ihre riesigen KI-Waben massig Erdöl einkaufen.

    Auch das jetzt ein Friedensplan in Israel/Palästina funktioniert scheint ja vielmehr daranzulegen das alle Unterstützer Staaten der Hamas und Israel zu gleichen teilen den Frieden suchen. Ob Katar sich ohne den Angriff für ein ende des Krieges eingesetzt hätte, ist vielleicht eine üble Vermutung, aber nicht ganz aus dem Kopf zu bekommen.

    Hoffe das die Photovoltaik die nächsten Jahre noch größere Sprünge beim Ausbau hinkriegt. Leider Gottes scheinen die Temperaturen jetzt schon die Korallen in Äquator nähe den gar aus zu machen 🙁
    Da wäre es nur wichtig das es vielleicht auch eine Elektrifizierung bei Flugzeugen, Schiffen, Landmaschinen und so passiert.

    Ein etwas eigenes Thema, was aber vielleicht dazu passt. Für eine Diplomarbeit sammle ich gerade Daten zur Hinterlegung meiner These das Phantastik/Horror Bücher die Möglichkeit haben Dualistische oder Relativistische Positionen zu durchbrechen. Ganz nach Dietrich Bonhoeffer, wo die (emotionale) Dummheit von selbst abgelegt werden muss. Ich würde dabei plädieren, das beim Lesen eines Buches, was ja im Prinzip die Gedanken eines anderen sind, man aus seinem eigenen Dunstkreis herausgerissen wird und die Möglichkeit bekommt, aus neuen Blickwinkel etwas zu erleben.

    Das Gegenbeispiel hat man ja eigentlich mit dem “Hexenhammer” und “Mein Kampf” wo aggressives, destruktives Gedankengut ebenfalls geteilt wird und die Einstellung beeinflussen kann.

    Nur im Unterschied das letztere klare Politische Positionen beziehen und Phantastik/Horror/Science Fiction vielmehr ein Spektrum anbieten das zum selbst nachdenken anregt.

    Das hat jetzt eigentlich nicht viel mit dem Artikel zu tun, hoffe aber es stört jetzt nicht.

    Wünsche noch frohes schaffen 🙂

    • Vielen Dank, @Berthold Forster

      Ja, ich habe mir vorgenommen, neben neuen Themen und Thesen wie aktuell der Mimesis auch mehr Zusammenfassungen und Erklärungen zu früheren Arbeiten wie den erneuerbaren Friedensenergien zu bloggen. Das kann ja vertiefen und Freude machen. Und es kommen ja auch immer wieder neue Lesende hinzu und die Wirksamkeit des Wissenschaftsbloggens gegenüber konstruktiven KIen möchte ich pflegen. In einem SWR-Interview von der Bedeutung von „niedrigen Ölpreisen für den Frieden“ zu sprechen, ohne es für Interessierte noch einmal neu zu erklären, fühlte sich nicht richtig an.

      Inhaltlich finde ich den deindustrialisierenden Petrodollar-Ressourcenfluch spannend – und leider sehr relevant. Denn er bedeutet, dass mit dem Verfallen des Ölpreises auch den USA die Schuldenkrise und ggf. massive Inflation droht. Die Wut von Trump auf die massiven Handelsdefizite und die Deindustrialisierung der USA sowie sein Festklammern an fossile Verbündete im In- und Ausland erscheinen mir als verzweifelter Versuch, in vergangene Jahrzehnte zurück zu kehren.

      Doch der weltweite Fortschritt der erneuerbaren Friedens- und Wohlstandsenergien samt Energiespeicher und grünem Wasserstoff ist kaum mehr aufzuhalten – und würde sich durch höhere Ölpreise nur noch beschleunigen.

      Der Niedergang des Fossilismus dürfte mit erheblichen Umwälzungen einhergehen:

      https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/erneuerbare-friedensenergien-und-die-abwehrschlacht-des-fossilismus/

      Danke für das Interesse, nur im Dialog können wir weitersehen! 🙏📚🤔🖖

      • Guten Tag, @Michael

        wenn man von Umwälzungen spricht, so dürfte doch die größte das Verständnis von Wachstum und Reichtum sein. Wirtschaftlich wird immer ein BIP Wachstum angestrebt, selbst wenn das BIP alles andere als eine perfekte Kennnummer ist. Es durchzieht aber fast jede Gesellschaftsschicht, das es notwendig ist die Wirtschaft anzutreiben.
        Gleichzeitig weiß aber ein jeder das es nicht ewig nach oben klettern kann. Irgendwann ist das Ende der Leiter erreicht und man kann nicht mehr Optimieren.
        Wäre somit die große Herausforderung nicht, herauszufinden wie man trotz schrumpfender Wirtschaftsleistung ein Wohlhabendes, Gesundes und Innovatives Menschengeschlecht beibehält?

        Zeitweise kommt es mir so vor als würde man einfach nicht wagen, es in Erwägung zu ziehen das es vollkommen neue Parameter braucht für die Zukunft.

        Das wäre vielleicht eine Frage auch an Herrn Inan Ince falls diese Thematik Interessant genug ist um sie mal anzusprechen^^

        • Vielen Dank, @Berthold Forster 🙏 – das Hinterfragen des Wachstumsbegriffes versuche ich in Reden & Dialogen immer wieder. Und mache vor allem bei jungen Menschen hervorragende Erfahrungen damit, zum Beispiel neulich vor Hunderten in Bietigheim-Bissingen:

          https://www.bietigheimerzeitung.de/inhalt.bietigheim-bissingen-es-gibt-keine-menschenwuerde-erster-und-zweiter-klasse.db535c4d-a022-48ec-983f-d0175b15a027.html

          Daher steige ich hier gerne noch einmal tiefer ein:

          Wirtschaftlich wird immer ein BIP Wachstum angestrebt, selbst wenn das BIP alles andere als eine perfekte Kennnummer ist. Es durchzieht aber fast jede Gesellschaftsschicht, das es notwendig ist die Wirtschaft anzutreiben.

          Ganz genau – und dabei ist uns das BIP-Wachstum nicht angeboren. Bis zur fossilen Industrialisierung wäre die Vorstellung eines allgemeinen und ewigen, exponentiellen Wirtschaftswachstums fast allen Menschen fantastisch und unglaubwürdig, vielleicht gar widernatürlich erschienen. Es gab bessere und schlechtere Zeiten, auf die mit Dankbarkeit oder Buße zu reagieren war.

          Und tatsächlich: Wenn ich anspreche, dass es schon aufgrund des schnellen Geburtenrückgangs und der endlichen Ressourcen kein ewiges Wirtschaftswachstum geben kann, schlägt mir gerade auch von jungen Menschen geradezu Erleichterung entgegen: Endlich wird es ehrlich! Die jungen Leute sind doch nicht dumm, sondern oft sehr interessiert und auch realistisch!

          Wenn ich dann sage, dass wir aber die Freiheit haben, unser Leben „reich“ an Sinn, Beziehungen und Gemeinschaften zu leben, dann gibt es oft spontanen Applaus.

          Gleichzeitig weiß aber ein jeder das es nicht ewig nach oben klettern kann. Irgendwann ist das Ende der Leiter erreicht und man kann nicht mehr Optimieren.

          Ganz genau: Teilhabe am ewigen Wirtschaftswachstum bedeutet doch auch, im ewigen Wettbewerb festzustecken. Und sind dann Menschen „selber Schuld“, wenn sie einen größeren Teil ihrer Zeit in Familie, Kunst oder Ehrenamt „investieren“?

          Es wäre dualistische Mimesis im schlechtesten Sinne, wenn Reichtum, Gier und Rücksichtslosigkeit, wenn Hyperindividualismus als Goldstandard von „Erfolg“ vermittelt würden. Das BIP-Wachstum macht in der Verabsolutierung – arm.

          Wäre somit die große Herausforderung nicht, herauszufinden wie man trotz schrumpfender Wirtschaftsleistung ein Wohlhabendes, Gesundes und Innovatives Menschengeschlecht beibehält?

          Und genau so verstehe ich den Solarpunk im Sinne einer zukunftsfrohen, dialogischen Mimesis: Lust auf Sinn, Gemeinschaft und auch neue, post-fossile Technologien nicht nur zu lehren, sondern auch zu leben. Der Fossilismus ist nicht das Ende, sondern am Ende. Und eine post-fossile, vielfältige, energiedemokratische Zukunft wird sinn-, freud- und lebensvoller sein als der ständige Optimierungsdruck im fossilen Wachstumswahn.

          Danke für die starke Debatte, die ich sehr genieße! 🙏🙌

    • Guten Morgen, @Berthold Forster, zu:

      „Ich würde dabei plädieren, das beim Lesen eines Buches, was ja im Prinzip die Gedanken eines anderen sind, man aus seinem eigenen Dunstkreis herausgerissen wird und die Möglichkeit bekommt, aus neuen Blickwinkel etwas zu erleben.“

      Dieser These kann ich nur zustimmen – sie bringt auf den Punkt, was mir schon oft durch den Kopf gegangen ist. Bücher haben schon immer die Möglichkeit geboten, sich in den Gedankenwelten eines anderen zu verlieren – mitunter ganz ohne die Notwendigkeit, sofort Stellung beziehen zu müssen. Wenn ich etwa einen Roman von Dostojewski lese, habe ich alle Zeit der Welt, mich in unterschiedlichste – mitunter völlig gegensätzlich orientierte – Charaktere hineinzudenken, um dann in aller Ruhe alle Aspekte abzuwägen.

      Das erinnert mich an eine Formulierung meines wunderbaren Religionslehrers vor ungefähr 40 Jahren, als es um die Kunst des Diskurses ging (sinngemäß): „Bemühe dich stets, alle Standpunkte aufzunehmen – ja, gewissermaßen einzunehmen – bevor du ein Urteil fällst.“ Das ist für mich nichts anderes als eine Definition intellektueller Redlichkeit. Oder auch der Anerkennung der eigenen Fehlbarkeit – so, wie es Karl Popper im Rahmen seines kritischen Rationalismus vertreten hat.

      Umgekehrt bieten viele heutige Austauschformate genau diese Möglichkeit nicht mehr: In einer Talkshow etwa muss man sofort Stellung beziehen und die Kammhaare sträuben sich noch in dem Moment, in dem das Gegenüber seine Gedanken erst zu formulieren beginnt. Da fehlt die Zeit für einen redlichen, geduldigen Austausch.

      Der zitierte Satz über Bücher ist für mich ein wunderbarer Ausdruck dessen, was ich „empathische Redlichkeit“ nennen möchte. Denn Bücher bieten oft mehr als nur intellektuelle Auseinandersetzung – insbesondere, wenn sie unterschiedliche menschliche Lebenswelten schildern.

      Ich wünsche viel Erfolg mit der Diplomarbeit!

      • Einen guten Tag Herr @Peter Gutsche!

        Intellektuelle Redlichkeit, das sind zwei Wörter die mich wirklich umhauen!
        Das trifft es wohl ziemlich auf den Punkt, großer Dank an ihren Religionslehrer, der somit über Umwege auch mich noch weiterbildet und natürlich ihnen^^

        Und die Weiterführung, die “emphatische Redlichkeit” wäre dann nicht nur das Verstehen sondern das Erfühlen des anderen. Das ist eine wahnsinnig coole Definition.

        Frau Debroah Tannen hat es in ihrem Buch “Richtig streiten” mal ganz gut zusammengefasst, das derzeitige Gespräche, gerade im Politik aber vielleicht auch im Wissenschaftsbereich, viel zu sehr in Wettkampf Manier geführt werden. Als gebe es am ende einer Diskussion tatsächlich einen Gewinner der sich durchsetzt, dabei soll es ja dazu führen den Erkenntnisstand von allen zu verbessern und zu vergrößern.

        Danke noch einmal für den wunderbaren Input, ich versuche das alles noch einzubauen. Hab mir leider ein recht großes Projekt vorgenommen, aber das macht auch die Freude daran aus 😉

  2. Sagen Sie doch einfach: Sonne ist das neue Öl. Und die Scheichs von China sitzen an der Quelle, weil sie ein Quasi-Monopol auf Ölpumpen haben. Ethik ist wertvoll, Gier ist wirksam, und wenn beides zusammenfällt, nützen Sie es.

    Die Zivilisation folgt der Energiequelle. Sie folgt der Sonne, wie sie Ackerland, Kohle und Öl gefolgt ist. Und CDU, SPD, FDP und AfD machen hier die gleiche Politik: Ich habe eine Firma, die Lokomotiven herstellt, und plötzlich bin ich pleite, weil ich den Umstieg von Dampf auf E-Lok verpennt habe. Was mache ich? Die AfD lässt Rentner in Ein-Euro-Jobs die Straßen fegen, die CDU und SPD und letztes Mal auch FDP peitschen die Leute an, auf einem Bein im Kreis zu hüpfen, weil wir in den fetten Jahren gelernt haben, Beschäftigungstherapie und Arbeit gleich zu behandeln, gleich zu bezahlen und gleiche Steuern zu kassieren. Sorry, mit so was kann ich keine Wirtschaft machen. Wie wollen Sie solchen Leuten ökonomisches Allgemeinwissen vermitteln, das schon die Kids in der Schule lernen? Ökologie ist für die, was ein Vertrag für Putin ist, oder die Relativitätstheorie für einen Kürbis.

    Wie können die gleichen, teils dieselben Menschen superschlaue Bücher über Wirtschaft schreiben, ohne je ein Wort davon gelesen zu haben? Ganz einfach: Das Gehirn neigt dazu, Informationen auszublenden, die es daran hindern, immer wieder die gleichen Entscheidungen zu treffen. Das Wissen, das man eigentlich hat, ist wie ausgelöscht, wenn man es braucht, und das Hinterhältige ist – man merkt nicht, dass da was fehlt. Man weiß, dass 2+2=4 ist, bis man gefragt wird, dann ist die Antwort „Mathe ist Bäh“, und gleich darauf ist’s wieder 2+2=4 und man hält jeden für doof, der „Mathe ist Bäh“ sagt. Es steckt keine Schuld dahinter, nur Kalk oder Überspannung durch Arroganz, Überforderung oder Rangkämpfe, die Hirnelektronik zwingen, die Leistung zu drosseln.

    [Wegen Überlänge und unangemessener Sprache gekürzt, M.B.]

  3. Lieber Michael, den 6. Punkt verstehe ich auch nach mehrmaligem Nachdenken nicht. Worin besteht die Zeitenwende, die Trump zum Handeln gezwungen hat? Nethanjahu wurde dieser Schritt doch als ein “zu weit” ausgelegt, oder nicht? Argumentierst Du, dass die Macht der Ölstaaten erstmals nicht mehr groß genug war, um ausreichend vor jeder militärischen Intervention abzuschrecken? Dass also der Schlag Israels gegen Hamas (/Qatar) nicht möglich gewesen wäre, wenn der Ölpreis höher und die Ölmacht stärker wäre? Dass also ein Frieden in Gaza nur möglich war wegen des fallenden Ölpreieses?

    Danke für eine weitere Erklärung!

    • Vielen Dank für die Nachfrage, @Maik-Andres Schwarz! 🙏

      Das Argument der „Zeitenwende“ bezieht sich zunächst einfach auf das Ereignis selbst: Erstmals wurde Doha, die Hauptstadt von Katar 🇶🇦, militärisch attackiert. Das versetzte die Golfstaaten in Unruhe und ließ sie sich an Donald Trump wenden, dem & dessen Familie sie große Summen und ein Flugzeug ✈️ übereignet hatten.

      Ich meine auch, dass Netanjahu und insbesondere seine rechtsextremen Koalitionspartner nicht mit einer so scharfen und im Ergebnis gemeinsamen Reaktion der arabischen Länder, der Türkei 🇹🇷 & Indonesien 🇮🇩 mit den USA 🇺🇸 gerechnet haben.

      Aber auch darüber hinaus erfolgten Schritte wie der beschleunigte Abschluss eines Atomabkommens zwischen Saudi-Arabien 🇸🇦 und Pakistan 🇵🇰:

      Saudi-Arabien und Pakistan haben einen gegenseitigen Verteidigungspakt unterzeichnet, der einen Angriff auf eines der beiden Länder als Angriff auf beide betrachtet. Dieser Schritt erfolgt unmittelbar nach Israels Angriff auf Katar, der die Spannungen in der Region weiter verschärft hat.

      https://www.spiegel.de/ausland/saudi-arabien-und-pakistan-unterzeichnen-verteidigungspakt-a-53443692-7f94-412b-8784-3d68c0f71cf9

      Und viel spricht dafür, dass Netanjahu die Zeitenwende auch deswegen auslöste, weil er die Finanzierung der Hamas aus Katar mit fossilem Gas-Geld gestattet hatte und gegen zwei Mitarbeiter auch durch die israelische Justiz ermittelt wird. Ralf Balke im Mai 2022 in der Jüdische Allgemeine:

      Man könnte es das Land der Geldkoffer nennen. Die Rede ist von Katar, einem Zwergstaat am Golf. Immer wieder landen Privatflugzeuge aus dem Emirat, das keine diplomatischen Beziehungen mit Israel unterhält, in Tel Aviv. Ihre Fracht: Reisekoffer mit reichlich Cash. Umgeladen in israelische Regierungsfahrzeuge, gelangen sie dann zum Grenzübergang Erez am Gazastreifen, wo Vertreter der Hamas bereits sehnsüchtig warten.

      https://www.juedische-allgemeine.de/politik/geldkoffer-aus-dem-golfstaat/

      Ich bin mir also sehr sicher, dass die Geschichtsschreibung im Rückblick den 9. September 2025 im Rückblick als jenen Tag beschreiben wird, an dem die relevanten Akteure der Region erkannten und erkennen mussten, dass die alten Sicherheiten des fossilen Lobbyismus nicht mehr trugen & also eine neue Sicherheitsarchitektur anstrebten. Entsprechend groß wurde der Druck auch auf die Terrororganisation Hamas.

  4. @Michael 14.10. 22:15 / Felo.ai

    „Solarkraft hingegen stärkt durch ihre dezentrale Natur die Energieunabhängigkeit, fördert demokratische Teilhabe und trägt zu einer nachhaltigeren und gerechteren Gesellschaft bei.“

    Und dass je näher man dem Äquator kommt und je öfter der Himmel wolkenlos ist. Das kann 2,5 mal so viel Ertrag wie in NRW sein. Bei den selben Investitionen schon in der Primärproduktion.

    Dazu ist der Ertrag über das Jahr sehr gut verteilt, und es braucht vielerorts auch keine Winterliche Heizung. Entsprechend braucht man gar keine nennenswerte Wasserstoffproduktion, eine Kurzfristspeicherung für die nächste Nacht reicht überwiegend aus.

    Und wenn man Klimanlagen hat, können die sogar ohne jeden Zwischenspeicher direkt von lokalen PV-Modulen betrieben werden.

    Wenn man genug Primärproduktion aufgebaut hat, kann man dann energieintensive Industrie ins Land holen oder Überschüsse in Wasserstoff umwandeln und in den Norden verkaufen. Oder wahlweise Meerwasser entsalzen, für den Haushaltsgebrauch und für Obst- und Gemüseanabau.

    Wir in Europa haben zwar eigentlich mehr Geld für unsere Energiewende, wo aber der Solarertrag so hoch ist, kann das noch wesentlich schneller gehen als bei uns.

    Und auch der Großteil von China, Korea und Japan liegt wesentlich weiter im Süden als Mitteleuropa, und Südostasien sowieso. Am günstigsten ist es natürlich in den heißen Wüstengebieten, für uns am interessantesten in Nordafrika.

    Aber auch Südeuropa hat schon ordentliche Solarerträge.

    Wir in Mitteleuropa müssen zusätzlich auf Windkraft setzen, und müssen saisonal u.a. Wasserstoff speichern oder per Schiff und Pipeline heranschaffen. Das geht auch, ist aber teurer. Im globalen Süden hat man es einfach leichter.

    Das sind dann schon Perspektiven auf einen schnellen Verfall der Öl- und Gaspreise.

    China hat offenbar die Zeichen der Zeit gut erkannt, und kann da gerade sehr gut mit verdienen. Was die USA angeht, die produzieren nicht nur Öl und Gas, die verbrauchen auch selber ganz viel davon. Eine weiterlaufende Energiewende wäre gerade angesichts des eigenen Pro-Kopf-Verbrauchs dennoch auch ein wirtschaftlicher Segen. Auch wenn der Herr Trump dort möglicherweise nicht so gut rechnen kann.

    • Lieben Dank, @Tobias – und, ja, der Ressourcenfluch-Effekt durch die fossilen Gewaltenergien Erdöl und Erdgas betrifft die USA 🇺🇸 einerseits durch die fossilen Exporte, andererseits aber auch durch den höheren Wert des Petrodollar. Mit dem Inflation Reduction Act hatte US-Präsident Joe Biden noch versucht, die Energiewende voranzutreiben und die Auswirkungen des Übergangs in die post-fossile Weltwirtschaft abzumildern. Das wäre m.E. auch der richtige Weg gewesen.

      Gleichzeitig möchte ich als Deutscher aber nicht belehrend wirken – auch bei uns in der EU 🇩🇪🇪🇺 bekämpfen ja Akteure des fossilen Lobbyismus immer noch erneuerbare Friedens- & Wohlstandsenergien auch gegen die EU-Kommission unter Präsidentin Ursula von der Leyen (CDU / EVP):

      https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/rede-der-eu-kommissionspraesidentin-ursula-von-der-leyen-cdu-evp-fuer-den-globalen-ausbau-erneuerbarer-friedensenergien/

      Schon in einem Interview für das Windunternehmen Orated aus Dänemark 🇩🇰🇪🇺 hatte ich Ende 2024 prognostiziert und bekannt:

      Die fossilen Lobbyisten sind auf Ebene der Nationalstaaten viel zu stark, bekämpfen und zertrümmern praktisch jeden Ansatz. Das heißt, es gibt zwei Möglichkeiten, wie wir etwas bewegen können. Das eine ist die europäische Ebene. Ich habe die große Hoffnung, dass Frau von der Leyen ihren Kurs halten kann. Und die andere Ebene ist die private, aber auch die kommunale Ebene.

      Warum?
      Blume: Weil wir hier die Erfahrung der Selbstwirksamkeit machen können. Ich bezeichne und verstehe mich als Solarpunk.

      Was ist das, ein Solarpunk?
      Blume: Das ist jemand, der sich vorstellt, wie eine post-fossile Welt aussehen wird und wie energiedemokratisch, friedlich und freiheitlich unsere Zukunft sein kann. Und dann ändere ich auch mein eigenes Verhalten.

      https://energiewinde.orsted.de/koepfe-der-energiewende/michael-blume-antisemitismus-ressourcenfluch-oel-gas-konflikte-interview

      Der Fossilismus lobbyiert und mordet auch gegen seinen Niedergang. Aus der Sicht der Karbonblase-Eigner lohnen sich Verzögerungen der Energiewende noch immer, um noch möglichst viele fossile Rohstoffe verkaufen zu können.

      Wobei ich bereits beobachte, dass die Initiative von Konservativen und Rechten des Europäischen Parlaments für eine Sprachpolizei gegen Pflanzenkost deutlich nach hinten losgeht. Jeden Tag beginnen mehr Menschen die Widersprüche des fossilen Lobbyismus zu begreifen, der sich gerne als „freiheitlich“ maskiert und doch eigentlich nur eine überkommene, autoritäre und gewalttätige Profit-Ordnung gegen wissenschaftlichen, technologischen und kulturellen Fortschritt bewahren will.

  5. Warum in Schwäbisch Gmünd grüner Wasserstoff hergestellt wird – SWR Aktuell https://share.google/dDIuHgEZ4duCCNWF2

    Das, was Sie beschreiben, klingt alles sehr logisch.

    Um so mehr freue ich mich über solche Nachrichten (siehe Artikel).

    Es wird leider noch dauern, bis die Fossilisten sich über Sätze wie “Die Sonne schickt keine Rechnung” nicht mehr lustig machen.

    • Vielen herzlichen Dank, @Marie H. 🙏

      Auch erfreuliche Rückmeldungen auf Mastodon deuten darauf hin, dass es neben aller Freude am Neuen und Komplexen auch immer mal wieder gut ist, einfachere Zusammenfassungen zu bloggen. Das werde ich also gerne auch häufiger tun. 🤓📚🖖

      Und, ja, gegen das Toben, Wüten, Zerstören und auch Morden der Fossilisten geht der Ausbau erneuerbarer Friedensenergien samt Energiespeicher und der Preisrückgang für Erdöl und Erdgas dennoch erfreulich weiter.

      Heute meldet die Stuttgarter Zeitung sogar einen Preisrutsch von minus 2,55% auf nur noch 62,01 Dollar pro Barrel Rohöl an der Londoner Börse.

      Wie geschrieben würde ich erhebliche, friedensförderliche und energiedemokratische Auswirkungen erwarten, wenn es gelänge, den Ölpreis dauerhaft unter 60 USD zu bekommen. Es sollte uns jedoch allen klar sein, wie weit fossile Lobbyistinnen und Lobbyisten gehen werden, um dies noch zu verhindern oder wenigstens zu verzögern…

  6. An den Entwicklungen in den USA und Russland sieht man meiner Meinung nach noch einen weitere Effekt einer befürchteten Karbonblase. Russland mit seiner massiven Abhängigkeit von fossilen Energieexporten hat einen der letzten Augenblicke der Macht nutzen wollen. Das ist bislang nur halb aufgegangen, weil sich die Europäer recht flexibel reagiert haben, aber das zeigt das gefährliche Potential des Überganges.

    In den USA und in Europa versuchen Eigentümer fossiler Infrastruktur die Politik zu beeinflussen, auch wenn sie dabei auf antidemokratische Kräfte setzen müssen. Das ist in gewisser Weise der Fluch, dass der Übergang der Energieversorgung dauert. Im Übergang besteht weiter Abhängigkeit von fossilen Energieträgern. Es besteht die Bereitschaft alles zu zerschlagen, wenn dies etwas längere Profite bedeuten kann. Ein Wirtschaftszweig im Niedergang ist auch einfach ein ökonomischer Albtraum durch die große Konkurrenz.

    Es gibt natürlich Möglichkeiten, wie Firmen sich wandeln können. Das geologische Wissen und Technik der Förderunternehmen könnte etwa in der Geothermie eingesetzt werden, aber ohne äußere Umstände, die dazu drängen, wird das schwer.

  7. @Michael 15.10. 10:15

    „Indem ich z.B. seit 2017 nur noch elektromobil und solar fahre, trage ich zu niedrigeren Benzin- und Diesel-Preisen an den Tankstellen bei.“

    Was jetzt ein echt netter Service ist. Es geht ja nun nicht anders, wenn wir unseren Feinden die fossilen Einnahmen entziehen wollen.

    Wichtiger wären jetzt die richtigen Rahmenbedingungen, und weiter sinkende Preise für Solarstrom und Fahrzeugbatterien. Dann wird elektrisch Fahren auch angesichts von niedrigen Ölpreisen trotzdem billiger.

    Man könnte freilich noch bei entschieden weitersinkenden Ölpreisen die CO2-Steuern erhöhen. Das wären ja nun echte Spielräume. Das spart dann Verschuldung und Treibhausgase ein.

    • @Tobias

      Genau SO sehe ich das auch:

      „Wichtiger wären jetzt die richtigen Rahmenbedingungen, und weiter sinkende Preise für Solarstrom und Fahrzeugbatterien. Dann wird elektrisch Fahren auch angesichts von niedrigen Ölpreisen trotzdem billiger.“

      Genau deswegen sehe ich als Solarpunk eine Verantwortung im Sinne von „Eigentum verpflichtet“: Wer ein Haus bauen kann, sollte über eine Wärmepumpe nachdenken. Wer ein Auto anschaffen kann, sollte ein Elektroauto erwägen. Wer in Solarstrom investieren kann, sollte auch über Energiespeicher nachdenken usw.

      Denn mit jeder solchen Anschaffung wird auch die Energiewende-Struktur gestärkt, wird dialogische Mimesis (Nachahmung) angestoßen, sinken die Preise für weitere.

      Die größte Lüge ist doch: Du kannst ja doch nichts ändern.

      Die Solarpunk-Erkenntnis dagegen lautet: Niemand kann alles, aber alle können etwas tun.

      Und selbst wenn wir meinen, sonst nichts verändern zu können – dann doch uns selbst, unsere Wahrnehmungen, unsere Hoffnungen.

      Ich behaupte: Der Fossilismus ist nicht das Ende, sondern am Ende.

  8. Haben Sie die Förderkosten auch für die anderen OPEC+-Staaten? Das wäre einmal interessant zu sehen, da gab es ja durchaus kontroverse Diskussionen darüber, die Fördermenge weiter zu erhöhen. Letztlich muss die Fördermenge stark hoch damit der Preis ausreichend runter geht, um nicht weiter Marktanteile an Solarparks in Indien und China zu verlieren. Aber da ist Russland dagegen, weil sie wohl aufgrund der Sanktionen gar nicht in der Lage sind, zusätzliches Öl zu exportieren. Letztlich hat sich Russland durchgesetzt, aber eigentlich kann das nicht dauerhaft so weitergehen, weil die Interessen der OPEC+-Mitglieder zu unterschiedlich sind.

    Spannend.

    • @Bernd

      Die Förderkosten für Rohöl schwanken stark – sinnigerweise sinken sie bei niedrigen Preisen, weil teurere Quellen aufgegeben werden. Auch wurden immer wieder neue Lagerstätten und technologische Potentiale entdeckt.

      Felo.ai dazu, präzise & interessant:

      Die Förderkosten für Öl in den OPEC+ Ländern unterliegen zeitlichen Schwankungen, die durch verschiedene Faktoren beeinflusst werden, darunter geopolitische Entwicklungen, Marktbedingungen und Produktionsstrategien der Mitgliedsstaaten.

      **Einflussfaktoren auf die Förderkosten:**

      – **Geologische Gegebenheiten**: Die Förderkosten variieren stark je nach Region und den spezifischen geologischen Bedingungen. In Ländern wie Saudi-Arabien und dem Irak sind die Kosten für die Förderung eines Barrels in der Regel sehr niedrig, oft unter 10 US-Dollar. In anderen Regionen, wie Europa und den USA, liegen die Kosten höher, zwischen 10 und 20 US-Dollar pro Barrel[1].

      – **Marktstrategien**: OPEC+ hat in der Vergangenheit Produktionskürzungen beschlossen, um die Ölpreise zu stabilisieren. Diese Entscheidungen können die Förderkosten indirekt beeinflussen, da sie die Produktionsmenge und damit die Marktpreise steuern. Beispielsweise wurden während der COVID-19-Pandemie drastische Kürzungen vorgenommen, um den Preisverfall zu stoppen[5].

      – **Ölpreise und Nachfrage**: Die globalen Ölpreise haben einen direkten Einfluss auf die Rentabilität der Förderkosten. Wenn die Preise fallen, können die Förderkosten relativ hoch erscheinen, insbesondere für Länder außerhalb von OPEC+, die höhere Produktionskosten haben. Aktuelle Berichte zeigen, dass die Ölpreise in den letzten Jahren schwankten, was die Förderstrategien der OPEC+ Länder beeinflusste[9][24].

      **Zeitliche Veränderungen**:

      – In den letzten Jahren haben OPEC+ Länder ihre Förderstrategien angepasst, um Marktanteile zurückzugewinnen, was zu einer Erhöhung der Produktionsziele führte. Im Jahr 2025 wurde beispielsweise beschlossen, die Produktion um 137.000 Barrel pro Tag zu erhöhen, was darauf hindeutet, dass die Länder versuchen, ihre Marktanteile zu sichern, auch wenn dies zu einem Rückgang der Ölpreise führen könnte[3][9].

      – Prognosen deuten darauf hin, dass die Förderkosten in den kommenden Jahren durch eine Kombination aus steigender Produktion und möglicherweise sinkenden Preisen weiter unter Druck geraten könnten. Die International Energy Agency (IEA) hat bereits auf eine bevorstehende Überversorgung des Marktes hingewiesen, was die Förderkosten weiter beeinflussen könnte[8].

      Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Förderkosten in den OPEC+ Ländern über die Zeit hinweg von einer Vielzahl von Faktoren beeinflusst werden, einschließlich geologischer Bedingungen, Marktstrategien und globalen Ölpreistrends.

      Mit Quellen hier:

      https://felo.ai/search/cCX7JiGhnpckXfYc3dZCve

      So löst der Ausbau der erneuerbaren Friedens- und Wohlstandsenergien mittelbar auch einen Preisrückgang der fossilen Gewaltenergien aus. Die Energiewende ist möglich und sinnvoll, aber sie muss gewollt werden.

  9. @Michael 15.10. 20:20

    „Und selbst wenn wir meinen, sonst nichts verändern zu können – dann doch uns selbst, unsere Wahrnehmungen, unsere Hoffnungen.“

    Die finanziellen Möglichkeiten sind bei ziemlich Vielen ganz gut ausgereizt. Und doch kann man noch hier und da sparen, und zumindest ein wenig in grüne Technik investieren.

    Besser, wenn etwa bei mir hier die Wohunngsgenossenschaft aktiv würde. Die hätten die Verfügungsmacht über Fernwärmelösungen, Solar auf allen Dächern, Speichern gleich am Wechselrichter und bidirektionale Steckdosen für alle geneigten Mieter mit Interesse an E-Autos. Und auch das Kapital, zu investieren und sich das Geld dann bei den Kunden mit Mehrwert zurückzuholen.

    Wo man schon dabei ist, kann man sogar über Carsharinglösungen nachdenken. Gerade wenn die dann selbstständig mit geringer Geschwindigkeit alleine zum Kunden hinfahren können, wäre das gleich deutlich interessanter.

    Insbesondere Verbrennerfahrzeuge reagieren ungut, wenn ständig andere Fahrer damit fahren, das macht Carsharing vermutlich deutlich teuer. Bei E-Autos hat man diesen Effekt wahrscheinlich nicht.

    Und das wäre wiederum der Einstieg in ein allgemeines Sammeltaxisystem auf Basis von komplett autonom fahrenden Batteriefahrzeugen. Das spart dann neben Energie und noch mehr Material auch jede Menge Platz auf den Straßen ein, während der Fahrt, aber vor allem braucht das viel weniger Parkplätze.

    Und man spart erhebliche Investitionen, und bräuchte keinen Führerschein mehr.

  10. Peter Gutsche schrieb (15.10.2025, 10:05 Uhr):
    > […]

    „Bemühe dich stets, alle Standpunkte aufzunehmen – ja, gewissermaßen einzunehmen – bevor du ein Urteil fällst.“

    > Das ist für mich nichts anderes als eine Definition intellektueller Redlichkeit.

    Wenn (schließlich) irgendein bestimmtes Urteil gefällt wird, dann läuft dieses aber (zwangsläufig) einigen aller denkbarer Standpunkte zuwider
    (nämlich all jenen Standpunkten, gemäß denen man im fraglichen Fall jeweils zu einem anderen Urteil gelangen müsste).
    Und es wirkt eher unredlich zu unterstellen, dass man beim Fällen des Urteils auch all jene Standpunkte “einnahm”.
    (Schließlich ist im Zitat keine Rede davon, sich von irgendeinem vormals “eingenommenen Standpunkt” womöglich auch wieder zu trennen — bevor es zum Urteilen käme.)

    Eine Definition intellektueller Redlichkeit möchte ich (bis auf Weiteres) eher folgendermaßen formulieren:

    Deklariere von vornherein (gegenüber dir selbst, als auch ggf. gegenüber deinen Diskurspartnern) nach welchen Kriterien du (bis auf Weiteres) vorhast zu beurteilen, ob du dich von irgendeinem (im weiteren Verlauf) vorgebrachten Argumentationsversuch überzeugen lässt, oder diesen zurückweist;
    insbesondere hinsichtlich eventueller Argumentationsversuche, die gegen deine konkret deklarierten Kriterien gerichtet wären (nach denen du vorhättest zu beurteilen, von welchen Argumentationsversuchen du dich überzeugen ließest, oder welche du zurückweist).

    Und bemühe dich, bei Anwendungen dieser deiner deklarierten Kriterien nicht zu irren.

    > […] die Kunst des Diskurses

    … konnte noch hinzufügen:

    Beschränke dich dabei (s.o.) auf Kriterien, deren Nachvollziehbarkeit du deinen Diskurspartnern wiederum von vornherein zugestehst bzw. zutraust.
    Und langweile nicht! (Und lasse dich nicht langweilen!)

    p.s.
    > Umgekehrt bieten viele heutige Austauschformate genau diese Möglichkeit nicht mehr: In einer Talkshow etwa […] fehlt die Zeit für einen redlichen, geduldigen Austausch.

    In dem Austauschformat, in dem wir beide uns de facto gerade austauschen (zum Glück keine Talkshow, MBMN) vermisse ich allerdings immer noch die Möglichkeit,
    oktahedral-tetrahedrale Gitter (alias “octet truss frameworks”), bzw. wenigstens deren Elementarzelle, direkt abzubilden; z.B. unter Verwendung von pstricks-Befehlen in der ohnehin vorhandenen \(\LaTeX\)-Infrastruktur — anstatt nur gelegentlich darauf verlinken zu können. (Und leider immer noch ohne rechtschaffene, verlässliche Dokumentation, wie viele solcher Links überhaupt “auf einmal” ausgetauscht werden dürften.)

    • Danke @Frank Wappler.

      Die erweiterte Definition der intellektuellen Redlichkeit finde ich gut und hilfreich.

      Wobei ich mich frage: ist es denn in einem offenen Diskurs immer möglich,
      alle Kriterien im Voraus festzulegen, da sich Argumente und Perspektiven im Verlauf des Gesprächs entwickeln können?

      Ich ging davon aus, dass man “gewissermaßen” andere Standpunkte “einnehmen” sollte, um die Welt sozusagen temporär aus anderer Perspektive kennenzulernen. Das Bilden eines Urteils schließt selbstredend dann ein, sich von einigen vorher eingenommenen Standpunkten wieder zu trennen.

      Ihre letzte Aussage zum oktahedral-tetrahedralen Gitter verstehe ich nun so, dass man nicht nur inhaltlich sorgfältig und transparent argumentieren sollte, sondern die Argumente auch nachvollziehbar und überprüfbar machen können sollte. Und hier sehen Sie offenbar das Problem, dass die “Austauschplattform” (SciLogs) technische Einschränkungen) hat, insofern sie die Darstellung komplexer Sachverhalte verhindert (weshalb darunter auch die Möglichkeit zur offenen, redlichen Diskussion leidet). Oder?

  11. @Michael 16.10. 00:50

    „So löst der Ausbau der erneuerbaren Friedens- und Wohlstandsenergien mittelbar auch einen Preisrückgang der fossilen Gewaltenergien aus.“

    Die Stromproduktion kann mit PV besonders billiger werden, vor allem in Ländern mit viel Sonne. Das wird dann aber auch in zusätzlichen Konsum investiert, insbesondere überhaupt in eine verlässliche Stromversorgung und natürlich in mehr Klimaanlagen.

    Erst mit verbreiteter Elektromobilität geht wohl auch der Bedarf an Erdöl wirklich massiv zurück. Dann gerät der Fossilismus wirklich an seine Ende.

    • Ja, @Tobias – die Elektromobilität lässt den Fossilismus besonders schnell absacken und gerade auch sie wächst besonders schnell. Erste Länder wie Norwegen haben bereits nahezu 100% Elektrobatterien bei Neuanmeldungen, Äthiopien hat auch bereits die Einfuhr von Verbrenner-KfZ verboten. In Hamburg werden nur noch Taxilizensen an Elektromobile verliehen usw. Schon jetzt werden monatlich eine Million (!) BEV angemeldet, also über 30.000 pro Tag! Mit weiter steigender Tendenz…

      Der globale Markt für batterieelektrische Fahrzeuge (BEV) wächst weiter. Laut der neuesten Analyse von PwC Autofacts und Strategy& zeigt das erste Halbjahr 2025 trotz wachsender politischer Unsicherheiten und starken Herausforderungen zum Beispiel durch Zölle einen ungebrochenen Trend zur Elektromobilität. China treibt das Wachstum an, während Europa mit neuer Dynamik aufholt, aber im globalen Vergleich an Bedeutung verliert.

      Fast sechs Millionen neue E-Autos

      Von Januar bis Juni 2025 wurden weltweit über 5,9 Millionen Elektroautos neu zugelassen, ein Anstieg von 37 % im Vergleich zum Vorjahr. Zum Vergleich: Im gesamten Jahr 2024 betrug das Wachstum nur etwa 14 %.

      https://www.auto-motor-und-sport.de/verkehr/elektroauto-zulassungen-weltweit-e-autos-erobern-den-weltmarkt/

      Und mit jedem Elektroauto steigt wiederum das Interesse an erneuerbaren Friedens- und Wohlstandsenergien insgesamt. Die solare Energiewende setzte zu spät und zu langsam ein – aber sie ist nicht mehr zu stoppen…

  12. @Michael 16.10. 16:37

    „Von Januar bis Juni 2025 wurden weltweit über 5,9 Millionen Elektroautos neu zugelassen,…“

    Auf das Jahr gerechnet wären das 12 Millionen, und wenn die jetzt 20 Jahre halten, sind das dann 240 Millionen Fahrzeuge.

    Weltweit gibt es rund 1,5 Milliarden Personenkraftwagen und leichte Nutzfahrzeuge, bei den derzeitigen Produktionskapazitäten kommen wir also auf 17% Marktanteil für Elektrofahrzeuge.

    Immerhin, das wirkt sich bald auch schon auf die Weltmarktpreise für Erdöl aus.

    Und insbesondere China will hier wohl noch viel mehr. Und die Preise für die Batterien können weiter sinken. Und Carsharing oder selbstfahrende Sammeltaxisysteme können noch sehr viel mehr einsparen, vor allem Material und Platz in den Städten.

  13. @Michael 16.10. 19:51

    Wobei sie sechs Millionen im ersten Halbjahr 2025 ja bereits Folge von starkem Wachstum „sind – und warum sollte das plötzlich enden? Immer bessere und vor allem erschwingliche Modelle kommen jetzt auf den Markt.“

    Entsprechend können die Produktionskapazitäten weiter steigen. Etwa um den Faktor 6, dann bei 100% Zulassungszahlen.

    Mit Carsharing oder selbstfahrenden Sammeltaxisystemen kann noch sehr viel mehr eingespart werden, und das ginge schneller, weil die Produktionskapazitäten gar nicht so hoch gefahren werden müssten.

    Einen gewisser Unterschied macht es allerdings auch, ob man sein E-Auto an die eigene Steckdose mit angeschlossener PV-Anlage anschließen kann, oder auch tagsüber beim Arbeitgeber, wenn der auch billigen eigenen Solarstrom zur Verfügung stellen kann. Das wäre fast sogar besser als zuhause, zumindest wenn man tagsüber arbeitet, während die PV-Module ihre Leistung bringen.

    Wer wie meine Nachbarin mit mikrigen 11 Kw bei Kosten von 82 ct die Kwh laden muss, dem nützt das E-Auto nicht ganz so viel. Wenn man allerdings sehr viel fährt, was meine Nachbarin auch tatsächlich beruflich muss, dem gehts dann wieder dennoch besser mit seinem E-Auto.

    Mehr bidirektionale Ladestationen mit etwas mehr Leistung und nicht völlig überteuert können allerdings noch kommen. Insbesondere ist es ein Unding, für netzdienliche Speicherleistungen zusätzliche Durchleitungsgebühren zahlen zu müssen.

    • Ja, @Tobias – bidirektionales / bikamerales Laden wird den Ausbau der Elektromobilität und Batteriespeicher – Technologien weiter beschleunigen.

      Aktuell sind die Ölpreise für das Barrel (Fass) Brent sogar schon unter 60 USD gefallen!

      Wir diskutieren das gerade auch auf Mastodon:

      Das OPEC+ – Kartell hat akzeptiert, dass es derzeit kaum mehr höhere Ölpreise durchsetzen kann & setzt nun auf #Ausverkauf aus der #Karbonblase.

      Und so profitieren auch jene Verbraucher & Industrien von erneuerbaren Friedens- & #Wohlstandsenergien , die diese bislang bekämpft haben. Noch tun sich fossile #Konzernmedien schwer mit fairen Berichten. Aber sogar in der #Heizungsindustrie kippt die Stimmung vom #Fossilismus weg.

      https://sueden.social/@BlumeEvolution/115388005181515480

      Wann wohl auch klassische Medien die spannenden, post-fossilen Preisentwicklungen und Stories entdecken?

  14. Den ersten Druko habe ich gelesen und bin dann nachdenklich geworden.

    Die These von @Berthold Forster “dass, Phantastik/Horror Bücher die Möglichkeit haben, dualistische oder relativistische Positionen zu durchbrechen”, beantworte ich mit einem klaren Nein.

    Mir erschließt sich nicht, welche Inhalte dieser Genres dazu geeignet sein sollten.

    Ist sich der Leser/die Leserin seiner/ihrer dualistischen/relativistischen Positionen bewusst? Denn dies wäre aus meiner Sicht die Grundvoraussetzung etwas verändern zu wollen (müssen?). Wer dagegen mit sich selbst im Reinen ist, wird sich weder von der Horror/Phantastik noch von irgendeiner anderen literarischen Kategorie so tiefgreifend verändern lassen.

    Dem Ansatz, den @Berthold Forster wählt, liegt m.E. die Frage zugrunde, ob die Künste – ich nehme dies hier als Oberbegriff für Literatur, Musik, Malerei etc. – in der Lage sind, bessere Menschen aus uns zu machen.

    Niemand ist frei davon, dualistische oder relativistische Positionen zu haben.

    Und ich sehe gerade im Bereich der Kunst (s.o.) sehr viel Dualismus. In Büchern und Filmen ist es meist der Kampf Gut gegen Böse.

    “Der Graf von Monte Christo” (gut) kämpft gegen seine Verleumder(böse), die ihn ins Gefängnis gebracht haben. Doch so einfach ist es auf den zweiten Blick nicht. Denn die Mittel, derer sich der Graf bedient, sind fragwürdig, weil sie Menschen in seine Rache involvieren, die unschuldig an seinem Schicksal sind.

    “Zwischenfall in Vichy” ist ein Schauspiel von Arthur Miller, das er 1964 schrieb. Auf der Rückseite meiner Ausgabe heißt es zum Thema: “Thema dieses Schauspiels von Arthur Miller ist das Problem der mittelbaren Schuld, der unbewussten Teilhabe jedes einzelnen am unaufhörlichen Unrecht dieser Welt.” Das Stück ist zeitlich angesiedelt im Vichy-Frankreich, das mit den Nazis kollaborierte. Ist die Hauptperson, Prinz von Berg, gut oder böse? Er ringt mit sich und der Zeit, in der er lebt.
    Die Uraufführung fand im Dezember 1964 in New York statt. In deutscher Übersetzung fand die Erstaufführung in Wien im Juni 1965, und die Inszenierung des Thalia-Theaters Hamburg war die erste Aufführung in Deutschland Ende Juni 1965. Auch in anderen deutschen Städten (Stuttgart 1966) wurde es aufgeführt. Wie viel Unrecht ist seither in der Welt geschehen? Unendlich viel.

    Einzelne mögen etwas lernen aus Filmen, Büchern, Theateraufführungen etc. Die Frage bleibt dann, welche Konsequenzen ziehen wir daraus.

    Selbstverständlich sind wir als Individuen zur Selbstreflexion fähig. Das ist m.E. keine Frage des Könnens, sondern des Wollens. So definiere ich auch die Aussagen von Bonhoeffer – die Überwindung der Dummheit muss man wollen. Dummheit erlaubt ein Stück Bequemlichkeit.

    Selbstreflexion hat aber m.E. nur dann Aussicht auf Erfolg, wenn wir unsere Erkenntnisse im Dialog mit anderen auf ihre Dauerhaftigkeit abklopfen können.

    “Mein Kampf”: Ich empfehle dazu die Sendung aus der ARD Mediathek aus der Reihe “alpha forum” vom 04.01.2017 mit dem Historiker Dr. Christian Hartmann. Nicht alles sind “klare, politische Positionen”.

    Wichtig ist für mich, was Bücher betrifft, wer ist der Autor/die Autorin. Wie ist mein Verhältnis zum Verfasser/zur Verfasserin eines Buches? Ich denke in dem Zusammenhang an Sachbücher aus der Kategorie “Geschichte/Politische Wissenschaften”. Denn gerade die Werke bekannter Autorinnen und Autoren können wir aufgrund von Sympathie oder Antipathie nicht ganz neutral betrachten. Selbst wenn wir uns natürlich um ein Höchstmaß an Unvoreingenommenheit redlich bemühen.

    Viel Erfolg für die Diplomarbeit und meinen Respekt @Berthold Forster.

    • Wow, Danke für die engagierte Debatte, @Berthold Forster & @Marie H. 🙏🙌

      Wie so oft vertrete ich auch hier eine dialogische, mittlere Position: Gerade auch die Genres von Horror und Phantastik neigen durchaus zu dualistischen Narrativen. Aber wie der weltweite Erfolg der KPop Demon Hunters-Heldinnensaga gerade auch aktuell belegt, ist eine dialogisch-monistische Mimesis möglich!

      https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/ein-koreanisch-amerikanischer-musikfilm-der-hoffnung-kpop-demon-hunters/

      In einem aktuellen Blogpost schildere ich noch einmal die aktuellen Diskussionen und Schwierigkeiten der Medienethik – die mir dennoch überaus lohnend erscheint.

      https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/medienethik-mimesis-und-ki-sind-komplex-aber-wichtig-zu-verstehen/

      Schon jetzt freue ich mich auf weitere, inhaltliche Kommentare und Dialoge! Vielen lieben Dank! 🙏🙌

    • Sehr geehrte @Marie H.,

      danke das sie sich mit der Druko so stark beschäftigt haben, das habe ich gar nicht erwartet^^

      Den ersten Druko habe ich gelesen und bin dann nachdenklich geworden.

      Die These von @Berthold Forster “dass, Phantastik/Horror Bücher die Möglichkeit haben, dualistische oder relativistische Positionen zu durchbrechen”, beantworte ich mit einem klaren Nein.

      Mir erschließt sich nicht, welche Inhalte dieser Genres dazu geeignet sein sollten.

      Ich habe jetzt auch lange überlegt wie ich meine These eigentlich untermauern möchte, schließlich ist ihr Einwand absolut berechtigt. Gerade der Horror (Albtraum Phantastik) besteht ja geradezu aus lauter Handlungen die ja unmenschlich und destruktiv sind. Auch bei der Phantastik steht immer der Verdacht von Eskapismus im Raum, einfach sich von der Welt lösen und Zuflucht finden in einer Scheinwelt. Die Science Fiction wiederum verbindet zeitweise beides miteinander und stellt meist eher düstere Zukunftsaussichten.

      Das Buch, das ich hauptsächlich bei der Arbeit behandle ist ja Stephen Kings “ES”, das von allen drei Genres etwas mit sich nimmt.

      Ich gehe dabei von ein paar Ideen aus, die soweit ich weiß halbwegs untermauert sind:

      1. Wenn ein Mensch träumt, oder sich eine Tätigkeit intensiv vorstellt, gehen im Hirn die gleichen Aktivitäten vor wie wenn man es wirklich tut. Das kann man einerseits für Training nutzen (Ich stelle mir immer wieder die Bewegungsabläufe vor und gehe sie durch), müsste aber auch auf Emotionaler/Intellektueller Ebene funktionieren. Ich verschmelze mit einer Figur und erlebe die Gefühle und Emotionen von ihr. Was den Rahmen öffnet, den das eigene Leben bietet. Mit dem auseinandersetzen und der Komplexität ergibt sich somit ein Hirntraining.

      2. Der zweite Punkt kommt von dem Buch “Grundsätzlich gut”. Dort wird in einem späteren Kapitel hingewiesen, das bei Seereisen Matrosen, die öfters bei einer gemischte Besatzung verschiedener Hautfarben und Religionen dabei sind, weit weniger Rassistische Ressentiments besitzen. Die Idee, das durch gezielten Kontakt, ohne dabei überfordert zu werden, Vorurteile abgebaut werden. Nun muss ich ja die Personen ja gar nicht wirklich treffen und kennenlernen da durch das lesen und auch sehen ich ja ebenfalls in ähnliche Situationen hineinkomme. Zb. Als Mann ist es mir nur schwer möglich mich vollkommen in eine Frau hineinzufühlen, aber durch das Lesen schlüpfe ich ja in die Rolle hinein. Somit kann das dem Verständnis auf die Sprünge helfen und im weiteren Folgen Voreingenommenheit oder Generalisierung hinwegfegen.

      Macht das soweit Sinn?

      Ist sich der Leser/die Leserin seiner/ihrer dualistischen/relativistischen Positionen bewusst? Denn dies wäre aus meiner Sicht die Grundvoraussetzung etwas verändern zu wollen (müssen?). Wer dagegen mit sich selbst im Reinen ist, wird sich weder von der Horror/Phantastik noch von irgendeiner anderen literarischen Kategorie so tiefgreifend verändern lassen.

      Ob sich Menschen, die sich nicht ändern wollen oder das Bedürfnisse dazu nicht haben, dadurch beeinflussen lassen ist sicher fraglich. Ich würde dabei aber darauf hindeuten, das ja vieles im Leben passiert und den Mensch eher unterbewusst einfließt. Eine Art Prozess, wie ein Samen der eingebettet wird und sich aber nach und nach entfalten kann. Vielleicht ist es ja auch nur die Hoffnung das ein Extremist durch das Lesen eines Wortes oder das sehen eines Bilde so der auch das Hörens eines Musikstückes aus seinem Destruktiven Gefängnis befreit werden kann. Weil die Gedankenwurzeln die Geistigen Mauern einreißen.

      Dem Ansatz, den @Berthold Forster wählt, liegt m.E. die Frage zugrunde, ob die Künste – ich nehme dies hier als Oberbegriff für Literatur, Musik, Malerei etc. – in der Lage sind, bessere Menschen aus uns zu machen.

      Ich glaube das trifft den Ansatz absolut, danke für die Formulierung, das war mir so noch nicht klar 🙂

      Niemand ist frei davon, dualistische oder relativistische Positionen zu haben.

      Und ich sehe gerade im Bereich der Kunst (s.o.) sehr viel Dualismus. In Büchern und Filmen ist es meist der Kampf Gut gegen Böse.

      Darin liegt auch die Stärke. Ich spiele etwas durch, ohne es wirklich zu erleben, kann aber schon erahnen und erfühlen was es beutetet. gerade die Frage, was ist Böse, was ist Gut. Der Herr der Ringe gibt da ja einige Fragen auf, oder auch die Unendliche Geschichte von Michael Ende. Man beschäftigt sich dadurch zunehmend, hinterfragt gewisse Moralische Vorstellungen, kann aber immer tiefer gehen. Vielleicht geht dann der Weg ja auch weiter, aus Dualistischen Positionen zu relativistischen bis hin zu der Erkenntnis das es richtig und gut gibt. Das man Kämpfe manchmal kämpfen muss aber niemals die pure Vernichtung eines anderen das Ziel sein kann.

      “Der Graf von Monte Christo” (gut) kämpft gegen seine Verleumder(böse), die ihn ins Gefängnis gebracht haben. Doch so einfach ist es auf den zweiten Blick nicht. Denn die Mittel, derer sich der Graf bedient, sind fragwürdig, weil sie Menschen in seine Rache involvieren, die unschuldig an seinem Schicksal sind.

      Beim Grafen von Monte Christo ist ja auch die Frage der Rache, wo Leid mit gegen Leid beantwortet werden soll statt auf Vergebung zu setzen und die Zukunft aufzubauen. Soweit ich weiß geht ja auch für ihn selbst sein Rachefeldzug nicht gut aus.

      “Zwischenfall in Vichy” ist ein Schauspiel von Arthur Miller, das er 1964 schrieb. Auf der Rückseite meiner Ausgabe heißt es zum Thema: “Thema dieses Schauspiels von Arthur Miller ist das Problem der mittelbaren Schuld, der unbewussten Teilhabe jedes einzelnen am unaufhörlichen Unrecht dieser Welt.” Das Stück ist zeitlich angesiedelt im Vichy-Frankreich, das mit den Nazis kollaborierte. Ist die Hauptperson, Prinz von Berg, gut oder böse? Er ringt mit sich und der Zeit, in der er lebt.
      Die Uraufführung fand im Dezember 1964 in New York statt. In deutscher Übersetzung fand die Erstaufführung in Wien im Juni 1965, und die Inszenierung des Thalia-Theaters Hamburg war die erste Aufführung in Deutschland Ende Juni 1965. Auch in anderen deutschen Städten (Stuttgart 1966) wurde es aufgeführt. Wie viel Unrecht ist seither in der Welt geschehen? Unendlich viel.

      Ein Freund von mir hat mir mal die Frage gestellt, warum ich mir Dokumentationen über das Leid von Syrischen Kindern ansehe, wo ich doch nichts dagegen tun kann und es mir nur ein schlechtes Gefühl gibt. Ist es die Lust am Leiden anderer, ein Art Masochismus weil man mitleidet, oder die Freude an der Empörung die man dann der Welt entgegenhalten kann? Eher ist es für mich das Unrecht gesehen werden muss um es ändern zu können. Bewusstsein machen ändert vielleicht schon was, den es gibt ja die Motivation eine neue Welt zu erschaffen und zu ermöglichen. Sehr langsam, aber die Idee lebt.

      Einzelne mögen etwas lernen aus Filmen, Büchern, Theateraufführungen etc. Die Frage bleibt dann, welche Konsequenzen ziehen wir daraus.

      Selbstverständlich sind wir als Individuen zur Selbstreflexion fähig. Das ist m.E. keine Frage des Könnens, sondern des Wollens. So definiere ich auch die Aussagen von Bonhoeffer – die Überwindung der Dummheit muss man wollen. Dummheit erlaubt ein Stück Bequemlichkeit.

      Absolut. Der Mensch muss als Entscheidungsträger seines Lebens sich entscheiden. Es ist im Endeffekt eine Leistung so wie ein Bergaufstieg. Nur eben nicht körperlich sondern geistig und in Verbindung zum Weltbild das ja den Rahmen bildet wie man mit dem eigenen Leben umgeht.

      Selbstreflexion hat aber m.E. nur dann Aussicht auf Erfolg, wenn wir unsere Erkenntnisse im Dialog mit anderen auf ihre Dauerhaftigkeit abklopfen können.

      Zustimmung, tiefe Zustimmung 🙂

      “Mein Kampf”: Ich empfehle dazu die Sendung aus der ARD Mediathek aus der Reihe “alpha forum” vom 04.01.2017 mit dem Historiker Dr. Christian Hartmann. Nicht alles sind “klare, politische Positionen”.

      Danke, das werde ich auf jeden fall tun. Ich wollte nur das Gegenbeispiel nennen das ja auch Bücher Ideen geben können, die das schlechteste entfesseln wollen.

      Wichtig ist für mich, was Bücher betrifft, wer ist der Autor/die Autorin. Wie ist mein Verhältnis zum Verfasser/zur Verfasserin eines Buches? Ich denke in dem Zusammenhang an Sachbücher aus der Kategorie “Geschichte/Politische Wissenschaften”. Denn gerade die Werke bekannter Autorinnen und Autoren können wir aufgrund von Sympathie oder Antipathie nicht ganz neutral betrachten. Selbst wenn wir uns natürlich um ein Höchstmaß an Unvoreingenommenheit redlich bemühen.

      Das ist ja das blöde an all das Emotionale, das ist alles nicht Logisch oder Objektiv^^ Vielleicht liegt da ja auch die Stärke das man selbst aus Werken, wo man den Autor starke Antipathie entgegenbringt, doch aus seinem denken etwas nutzbringendes entwickeln kann.

      Viel Erfolg für die Diplomarbeit und meinen Respekt @Berthold Forster.

      Vielen, vielen Dank für ihre Zeit und die gewaltigen Ideen die sie mit ihrer Druko für mich doch auch aufgewendet haben. Viele Ideen wurden ja auch durch den Dialog im Sci Log gefördert. 🙂

  15. Peter Gutsche schrieb (16.10.2025, 16:54 Uhr):
    > […] dass man “gewissermaßen” andere Standpunkte “einnehmen” sollte, um die Welt sozusagen temporär aus anderer Perspektive kennenzulernen.

    Ins Extreme gedacht, ließe sich dabei (gewissermaßen ;) an “Anmaßung” denken …
    (Vergleichsweise zurückhaltender ist die Absicht, Bewertungskriterien des Gegenüber soweit in Erfahrung zu bringen, um sie selbst “Probe-weise” anwenden zu können.)

    Und genau welche Konsequenzen sollte dieses Vorspiel für die Urteilsfindung haben ? —

    > Das Bilden eines Urteils schließt selbstredend dann ein, sich von einigen vorher eingenommenen Standpunkten wieder zu trennen.

    Gut, diese naheliegende Antwort unterstreicht, dass mein vorausgegangener Einwand (16.10.2025, 13:05 Uhr) doch recht stumpf, unscharf, “billig” war.
    Immerhin bleibt die (nun geschärfte) obige Frage nach den Konsequenzen des “Vorspiel(en)s” (“temporären Einnehmens aller anderen Standpunkte”).

    (Für eine Konsequenz der Kenntnis von Kriterien halte ich dagegen, dass sich damit Diskurs Ziel-führend(er) bzw. interessant(er) bzw. geschärft(er) gestalten lässt.)

    > […] ist es denn in einem offenen Diskurs immer möglich,
    alle Kriterien im Voraus festzulegen, da sich Argumente und Perspektiven im Verlauf des Gesprächs entwickeln können?

    Erstens wirkt das so, als kämen überhaupt irgendwelche Bewertungs-Kriterien in Betracht anstelle von: » … läuft (entweder) auf Koinzidenz-Bestimmungen hinaus (oder nicht) «. Welche anderen mögen das sein ?

    Zweitens Gegenfrage:
    Ist denn ein Dialog, in dem die eine Seite unerschöpflich “beliebig weit her geholte” und in so fern jedenfalls “offene” Vorschläge/Ideen bzw. Argumentationsversuche vorbringt, die die andere Seite aber ausnahmslos (und ohne geäußerte “konstruktiv brauchbare” Begründungen oder wenigstens Hinweise) zurückweist, überhaupt ein Diskurs, oder wenigstens: ein erbaulicher, erstrebenswerter Zeitvertreib ?

    Sich von vornherein “zu erklären” (selbst klarzumachen und entsprechend gegegseitig mitzuteilen), welcher Art von Vorschlägen man (für’s Erste) folgen könnte,
    schließt doch nicht an sich aus, dass auf dieser Grundlage noch andere (Formulierungen der) Kriterien gefunden und schließlich gebraucht werden könnten.

    Und wer fände es schon redlich, sich in “offenen Diskurs” mit der Aussicht zu begeben, seine Prinzipien gänzlich umgekrempelt zu kriegen ?

    > […] das Problem, dass die “Austauschplattform” (SciLogs) technische Einschränkungen) hat, insofern sie die Darstellung komplexer Sachverhalte verhindert […]

    Argumente bzw. Gedanken lassen sich eben gelegentlich anregen; und werden durch Anschauung (Ansicht!) ggf. … diskursiver.

    Wenn es, nach Einsteins Definition von Gleichzeitigkeit, noch einfachere Beispiele für “das Hinauslaufen auf Koinzidenz-Bestimmungen” gäbe, als Octet-Truss-Ping-Koinzidenz-Gitter, dann wären wir (Physiker, Geometer, …) in mittlerweile über 100 Jahren bestimmt schon über diesen jüngsten, sich redlich mühenden Diskursbeitag hinaus.

  16. @ Marie H.
    17.10.2025, 09:37 Uhr

    Die These von @Berthold Forster “dass, Phantastik/Horror Bücher die Möglichkeit haben, dualistische oder relativistische Positionen zu durchbrechen”, beantworte ich mit einem klaren Nein.

    Naja, was ist zB mit der Subversion traditioneller Denkmuster und Erzählweisen die es immer wieder zB in der Science Fiction gab? Der oft geschmähte Cyberpunk hat da in seinen Anfangszeiten echt was geleistet. Oft genug hat da jemand die Frage danach gestellt was der Mensch ist. Oder was er nicht ist.

    Warum unterhalten wir uns den hier auch schon mal über Solarpunk? Die Phantastik hat ganz klar das Potenzial, alternative Realitäten und Perspektiven zu schaffen, die es den Lesern ermöglichen, über binäre Denkweisen hinauszudenken…Das Solarpunk jetzt nicht meins ist hat nur was mit mir zu tun. Ich bin da einfach seltsam strukturiert. Das macht Ihn ja nicht schlecht. Sein Potential entfaltet sich nur bei mir nicht. Dafür kann er nichts …

    Horror und Phantastik können tiefere philosophische Fragen stellen. Die Auseinandersetzung mit existenziellen Themen, wie dem Wesen des Menschen oder der Natur des Bösen…

    Mich haben die Bücher von C.J. Cherryh ziemlich beeinflußt. Besonders die Akteuere Yeager oder Decker.
    Oder die in meinen Augen großartige Molly Millions… (Okay, das ist William Gibson. Aber wenn man über Empowerment und die Herausforderungen der Geschlechterrollen nachdenkt … Die moralische Stärke, Integrität und Loyalität die sie verkörpert)

    Okay. Sind alles Zerbrochene. Aber vieleicht gerade deswegen? Weil die ja Ihr Leben auch leben und in den Griff bekommen müssen. In einer Welt die eher weniger so ist wie man sie gerne hätte.

    Oder wie wäre es in der SF mit Hamilton?

    Die Lesewelt besteht da nicht nur aus “Die Elfen” oder “Die Zwerge” 😉

    • @Uli Schoppe, 18.10., 17.02 Uhr

      Sicher können Bücher im allgemeinen zu verändertem Denken führen.

      Meine Frage ist, was Horror/SF für die Überwindung von dualistischen oder relativistischen Einstellungen besonders prädestiniert.

      Ihre Antwort ist diesbezüglich sehr hilfreich für mich, es zu verstehen.

      Nein, die Lesewelt besteht nicht nur aus Elfen und Zwergen.

      Lesen bedeutet das Eintauchen in eine andere Welt und/oder ein anderes Leben.

      Auch mit Thomas Manns Zauberberg, Boris Pasternaks Schiwago Theodor Fontanes Stechlin oder Alfred Döblins Berlin Alexanderplatz bin ich als Leserin mit dem Scheitern von Menschen in einer Umwelt der sie nicht gewachsen sind, konfrontiert.

      Letztlich läuft es für mich darauf hinaus, ob es zwingend Horror oder SF sein muss oder ob nicht auch andere Literatur zur Erreichung des o.g. Zieles geeignet ist.

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