Medienethik zwischen X und dem Fediversum – Manchmal ist das Richtige leicht zu erkennen

Sinnigerweise stammt meine erste, öffentliche Warnung vor dem Rechtsdualismus von Elon Musk aus der Zeit, bevor er das damalige Twitter erworben hatte. Schon damals setzte er die demokratische Regierung unter Justin Trudeau von Kanada mit Adolf Hitler gleich.

Schon 2022 hatte ich in der “Jüdischen Allgemeinen” gewarnt:

“Wenn ein Mediensystem kaputt ist, stürzt die Demokratie ab.”

 

Matthias Meisner zitierte einen Satz von Dr. Michael Blume aus dem Artikel "Die Desinformierer" in der Jüdischen Allgemeinen: Wenn ein Mediensystem kaputt ist, stürzt die Demokratie ab.

Damals sog. Tweet von Matthias Meisner zu meinen medienethischen Ansagen in der Jüdischen Allgemeinen 2022, “Die Desinformierer”. Screenshot: Michael Blume

Und ich will noch einmal daran erinnern, dass sich der X-Besitzer Musk drei Wochen nach dem Hamas-Terrormassaker an Israelis mit dem fossilen Ressourcenfluch-Regime des Iran solidarisierte! Von heftigen Protesten und einem massenhaften X-odus vermeintlicher Israelfreunde war schon damals wenig zu spüren…

Musk-X-Post vom 28. Oktober 2023, in dem sich der US-Milliardär mit der fossilen Ressourcenfluch-Theokratie des Iran solidarisierte.

Am 28. Oktober 2023 solidarisierte sich Elon Musk auf X mit der fossilen Ressourcenfluch-Theokratie des Iran. Screenshot: Michael Blume

Nachdem ein Pro-X-Urteil des OLG Frankfurt Fragen aufwarf, habe ich mich aus X verabschiedet – und habe auch nicht vor, dorthin zurück zu kehren. Ich verstehe das Reichweiten-Dilemma von Demokratinnen und Demokraten, die in den Medien vorkommen müssen. Dies wäre jedoch leicht zu ändern, wenn sich Journalistinnen und Journalisten zu dem medienethischen Engagement und der Zivilcourage durchringen würden, die viele gerne von anderen fordern. Der sich als kritische Stimme in den USA ausbreitende, britische “Guardian” zog schon beispielhaft erste Konsequenzen.

Liebe Europäerinnen und Europäer: X braucht uns mehr als wir X brauchen!

So postete ich vorgestern auf Mastodon:

Liebe Medien,

auch von mir wurden früher oft -Takes berichtet – sinnigerweise auch hier schon 2022 zum Entgleisen von

Inzwischen habe ich X verlassen und habe auch nicht vor, diesen gefährlichen, rechtsdrehenden Konzern weiter zu füttern. Ihr, liebe deutschsprachige Medien, könntet dessen Monopol schwächen, wenn Ihr zunehmend über öffentliche Posts auf , über Blogposts & das berichten würdet. Es liegt auch an Euch!

Inhalte im Fediversum – also auf Mastodon, auf Blogs, in Pod- und Videocasts – sind grundsätzlich frei zugänglich und können von allen frei recherchiert werden. Jeder Medienbericht dazu stärkt die europäische Unabhängigkeit gegenüber US-amerikanischen, russischen und chinesischen Einflüssen. Fediversum-Beiträge wirken damit im Übrigen auch einem potentiell gefährlichen KI-Oligopol durch wenige Digitalkonzerne entgegen, die den auf ihren Plattformen erzeugten Content nur die eigenen KI-“Superintelligenzen” verwenden.

Dr. Michael Blume strahlend im blauen Fediverse-T-Shirt und mit Solarpunk-Tasse.

Manchmal ist es gar nicht schwer. Wer wirklich Sorgen um die Zukunft der Demokratien hat, engagiere sich im Fediverse bzw. Fediversum und für den Solarpunk. Foto: Familie Blume

In Folge 26 von Blume & Ince hatte ich mit Prof. Dr. Inan Ince (BWL) nicht nur über Elon Musk gesprochen, sondern auch darüber, wie der Medienmilliardär Alfred Hugenberg den späteren NS-Massenmörder Adolf Hitler an die Macht gebracht hatte:

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Dr. Michael Blume studierte Religions- und Politikwissenschaft & promovierte über Religion in der Hirn- und Evolutionsforschung. Lehrbeauftragter am KIT Karlsruhe, Wissenschaftsblogger & christlich-islamischer Familienvater, Buchautor, u.a. "Islam in der Krise" (2017), "Warum der Antisemitismus uns alle bedroht" (2019) u.v.m. Hat auch in Krisenregionen manches erlebt und überlebt, seit 2018 Beauftragter der Landesregierung BW gg. Antisemitismus und für jüdisches Leben. Auf "Natur des Glaubens" bloggt er seit vielen Jahren für das Fediversum, Wissenschaft und Demokratie, gegen antisoziale Medien, Verschwörungsmythen und den Niedergang Europas.

33 Kommentare

  1. Guten Morgen, @Michael Blume.

    „Ich verstehe das Reichweiten-Dilemma von Demokratinnen und Demokraten, die in den Medien vorkommen müssen. Dies wäre jedoch leicht zu ändern, wenn sich Journalistinnen und Journalisten zu dem medienethischen Engagement und der Zivilcourage durchringen würden, die viele gerne von anderen fordern. Der sich als kritische Stimme in den USA ausbreitende, britische “Guardian” zog schon beispielhaft erste Konsequenzen.“

    Danke für den klaren Standpunkt Auch an den “Guardian”! Das ist allerdings selten. Viele führen eben das Reichweitendilemma ins Feld.

    „Fediversum-Beiträge wirken damit im Übrigen auch einem potentiell gefährlichen KI-Oligopol durch wenige Digitalkonzerne entgegen“

    Zu dem Thema gab es gerade eben ein sehr hörenswertes Interview im DLF mit dem Medienwissenschaftler Bernhard Pörksen.

    Dort wird über die nun unkontrollierte/unkontrollierbare Macht eines Elon Musk, der Aushebelung der Gewaltenteilung und von – wie Du es genannt hast – oligarchischen Strukturen gesprochen.

    Düstere Aussichten sind das.

  2. Es vermisst Sie auch niemand auf X. Viel Erfolg in Ihrem Fediversum, von dem wohl kaum ein Mensch bislang gehört hat.

    • Vielen Dank, @Der Dom! 😃

      Wenn mich „niemand vermissen“ würde, warum sind Sie dann hier und haben sich sogar einige Trolle am Mastodon-Verfolgen versucht? 🤭

      https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/empoerungssucht-nach-dem-x-odus-trolle-scheitern-an-den-mastodon-instanzen/

      Aber wenn Sie mir schon voller Sehnsucht folgen: Was halten Sie und Ihre Kollegen von der Rückkehr von Robert Habeck auf X? Was fühlen und was denken Sie?

      Ihnen herzliche Grüße vom Source-Medienkongress 2024 aus Stuttgart! 😊🇪🇺🇩🇪🖖

      • Scilogs lese ich seit eh und je, aber nicht wegen Ihnen, wenn ich das sagen darf.

        Bei X herrscht der höchste Grad an Meinungsfreiheit bei den sozialen Netzwerken. Meinungen von Grünen oder auch die Ihre sind genauso willkommen wie andere. Ich kann der Rückkehr von Hrn. Habeck eigentlich nichts Schlechtes abgewinnen (auch wenn ich ihn genau so wenig vermisst habe wie Sie), wenn da nicht das Geschmäckle wäre, dass er auf anderer Bühne hart gegen X schießt und sogar staatliche Zensur begrüßen würde, was vollkommen abzulehnen ist.

        Mal schauen, ob ihm als X-User der Grad der Meinungsfreiheit gefällt. Vielleicht bekommt er es aber auch nicht richtig mit, da ja scheinbar eine Agentur mit am Werk ist. Andererseits scheint er ja ausreichend Zeit zu haben; ich meine, wer als Wirtschaftsminister ein Buch schreiben kann…

        • Danke, @Der Dom 🙏🖖

          Selbstverständlich dürfen Sie auch hier behaupten, dass Sie sich gar nicht für mich interessieren, sondern mir nur zufällig sogar über verschiedene Medien hinweg folgen… 😉🤣💁‍♂️

          Ach ja, Elon Musk und die Meinungsfreiheit! War das nicht auch der Typ, der die Show eines Interviewers von X gecancelt hat, weil ihm die Fragen nicht gefallen haben?

          https://www.stern.de/digital/online/elon-musk–dieses-interview-kostete-den-neuen-star-journalist-von-x-den-job-34558048.html

          Meine Beobachtung: Wer von Rechtslibertären ernsthaft Meinungsfreiheit erwartet, hat die letzten Jahre nicht aufgepasst und ist selbst auf dem Weg in den verschwörungsmythologischen Dualismus. Aber ich freue mich selbstverständlich, wenn sich auch weiterhin X-er „nicht“ für mein Fernbleiben interessieren! 😸🚀🫶

    • Jetzt hätten sie doch Herrn Blume so leicht ignorien können.Aber irgendwie fehlte er Ihnen ja doch. Sonst wären sie ja nicht extra hierher gekommen. Aber zur Sache: Ist denn nun ein unabhängiges Medium sinnvoll oder ist es besser wenn einer diktiert was auf seinem Medium passiert?

      • Danke, @Reiner Jung

        Ich denke, wir sehen hier die Personalisierung, leider eben auch im feindseligen Dualismus. Eine erstaunlich hohe Anzahl von Trollen hat längst Sehnsucht nach den Angegriffenen, erlebt durch den X-odus geradezu Entzug.

        Ich spreche da bewusst von der digitalen Thymotisierung durch die Manipulation von Dopamin, Adrenalin und Testosteron. Deswegen erleben wir im Fediversum noch Dialog und Argumente, auf den kommerziellen, zunehmend antisozialen Medien aber immer weniger.

        #source2024

        • Hallo Herr @Blume,

          vielleicht handelt es sich ja um eine giftige Abhängigkeit wie bei die Leute die auf den Drachenlord hinhecheln. Eine art abartige Sehnsucht, Schmerz und Ärger zu produzieren, auch wenn es eigentlich nichts im Leben besser macht.

          Ist der Troll dann nicht in einem Suchtgefälle?

          Schönen Abend noch 🙂

          • Ja, @Berthold Forster – so ist es. Auf der emotionalen Ebene entwickeln viele TikTok-Nutzende, X-er usw. eine hormonelle Empörungssucht. Tag für Tag, manchmal gar Stunde für Stunde brauchen sie die Konfrontation mit vermeintlichen „Feinden“, um Ausschüttungen an Adrenalin und Dopamin immer wieder auszulösen und ihr sinkendes Testosteron zu kompensieren. Digitales Trolling füttert den hormonellen Thymos und verstärkt damit Empörungssucht.

            Tatsächlich folgten mir einige Trolle noch Wochen nach dem X-odus, so dass das Scherzwort aufkam: „Mastodon wirkt für Empörungssüchtige wie Methadon.“

            https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/empoerungssucht-nach-dem-x-odus-trolle-scheitern-an-den-mastodon-instanzen/

            Auf der psychologischen und biografischen Ebene verfestigt die Thymotisierung den feindseligen Dualismus: Betroffene identifizieren sich immer weniger über positive Inhalte, sondern negativ über ihre vermeintlichen „Feinde“. Sie steigern sich immer tiefer in ihre digitalen Schlachtfelder, vernachlässigen das echte Leben (RL, Real Life), Gemeinschaftsleben, Religionen, Beziehungen und den Aufbau von Familien.

            Digitaler Hass macht nicht immer hässlich, aber regelmäßig einsam.

            Mir tun daher Hater und Hetzer, Trolle und Dualisten auf eine gewisse Weise sogar Leid, weil sie nicht nur andere, sondern auch sich selbst beschädigen. Anstatt in ihrem Leben Gutes aufzubauen, beschleunigen sie den politischen, sozialen, kulturellen und auch demografischen Niedergang der Menschheit. Wenn sie auch mich wieder auf dem Kieker haben – und ich rechne nach den Erfahrungen während Trump I mit harten Jahren -, so kann ich mich doch damit trösten, dass sie dadurch weniger Zeit für das Angreifen anderer haben und ich zudem über das Ganze aufklären, Menschen schützen kann.

            Daher: Danke für Ihre Fragen! 😊🙏☕️

  3. Prof. Bernhard Pörksen spricht gerade über die Erschütterung, Lähmung, Verzweiflung nach dem Wahlerfolg von Donald Trump.

    Dieser habe „We are the Media!“ verkündet und das Ende der (demokratischen) „Mainstream-Medien“.

    Schon habe Elon Musk das Portal X in „eine Jauchegrube“ verwandelt. Während einerseits mehr Menschen denn je die digitale Stimme erheben könnten, finde gleichzeitig eine „mediale Refeudalisierung“ statt – wenige kontrollieren die Digitalmedien bis hin zu „Big AI“.

  4. Viel Erfolg bei dem Kongress. Gerade jetzt überaus wichtig.

    Die Stuttgarter Zeitung und die Stuttgarter Nachrichten haben anscheinend ihren Account bei X stillgelegt. Ob sie noch aus X zitieren, kann ich nicht sagen.

    Allerdings sind Lokalzeitungen noch bei X aktiv, aber selten.

    Was nach dem 20.01.2025 aus FB, Insta, Bluesky, Threads etc wird, bleibt abzuwarten. Die werden sich auf in irgendeiner Form auf jeden Fall
    anpassen müssen. Trump-kritische Inhalte sind vermutlich nicht erwünscht. Das gilt wahrscheinlich auch für
    Youtube. Kanäle, die in Gegnerschaft zum Präsidenten stehen, haben mE schlechte Chancen online zu bleiben.

    In der Zeit bis Ende Januar werde ich nur sporadisch posten bzw lesen. Sowohl bei Mastodon wie bei Bluesky. Die Zeiten ändern sich gerade massiv. Darauf stelle ich mich ein.

    • Vielen Dank, @SabineH

      Hier geht es gerade hoch her und ich berichte einfach mal:

      MP Kretschmann sprach hier gerade in einer Debatte mit Journalisten über Medien & Hirnforschung, archaische Gehirne, lymbisches System und den evolutionär jungen, schwachen Neocortex. Ein Journalismus, der nur Defizite beschreibe & Ängste schüre, führe in den Abgrund. Robin Alexander hält dagegen, Journalismus sei nun mal Fehlererkennung. „Gutbeten funktioniert nicht!“ Kretschmann trocken: „Schlechtbeten funktioniert. Biologisch.“ – Applaus, aber auch Nachdenklichkeit.

      Muss jetzt selbst auf die Bühne. #source2024

      • Fehlererkennung ist ja schön und gut. Entscheidend ist aus meiner Sicht, ob man berichtet oder kommentiert. Denn manche Journalisten können oder wollen den Unterschied nicht erkennen. Das ist mir leider schon oft aufgefallen.

        Schaut man auf die Zeitung mit den vier Großbuchstaben geht es weniger um sachbezogene Informationen. Das kann man sicher in den nächsten Tagen wieder beobachten. Die BDK von Bündnis 90/Die Grünen findet in Wiesbaden statt.

        Medienethik gehört doch vermutlich zur Journalistenausbildung dazu.

        Ein herzliches Dankeschön an Winfried Kretschmann für seine Schlagfertigkeit.

        Ich habe mir mal das Programm der Veranstaltung angesehen. Sehr interessant. Mit einem der Teilnehmer habe ich auf Parteiebene vor Jahren mal im Vorstandsgremium gesessen.

        • Danke, @SabineH. Im Publikum gab es auch erhebliche Zweifel, ob denn Axel-Springer-Döpfner-Medien „nur berichten“, oder doch nicht auch selbst politische und wirtschaftliche Ziele verfolgen.

          Unsere Diskussion zu TikTok war außerordentlich stark besucht, die Reaktionen waren lebhaft. Wenn ich auch nicht ganz bis zum Ende bleiben konnte, so hat sich dieser Medienkongress doch m.E. sehr gelohnt. Vielen Dank auch für Ihr Interesse und Ihre konstruktiven Kommentare! 😊🙏👍

  5. @SabineH 14.11. 12:53

    „Medienethik gehört doch vermutlich zur Journalistenausbildung dazu.“

    Schlechte Nachrichten dürfen gerne mit einem Kommentar abgeschlossen werden, wie man das Problem vielleicht lösen könnte. So ungefähr in etwa, was denn funktionieren könnte. So viel Arbeit kann ein Journalist sich doch machen, finde ich.

    Das rundet die Sache besser ab und fördert dann im Nachgang konstruktivere Dialoge.

    • Guten Abend, @Tobias Jeckenburger, @SabineH.

      „Schlechte Nachrichten dürfen gerne mit einem Kommentar abgeschlossen werden, wie man das Problem vielleicht lösen könnte. So ungefähr in etwa, was denn funktionieren könnte. So viel Arbeit kann ein Journalist sich doch machen, finde ich.“

      Dem kann ich nur zustimmen. Einen guten Ansatz fährt m.E. die Plattform „Perspective Daily“. Ich habe ein Abo. Die Texte sind gut recherchiert und weisen auch immer einen Weg zu einer Lösung. Eine der Gründerinnen, die Neurowissenschaftlerin Maren Urner, spricht hier vom konstruktiven Journalismus.

      @Michael Blume, werden die Vorträge vom source-Medienkongress der Öffentlichkeit verfügbar gemacht? Das hört sich sehr interessant an.

    • @Tobias Jeckenburger & @SabineH

      Ich unterrichte ja selbst Berufs- und Medienethik am KIT Karlsruhe. Und leider ist „Journalist“ keine geschützte Berufsbezeichnung und kann auch ohne jede Ausbildung geführt werden.

      Wir haben auch in Baden-Württemberg längst problematische Medienanbieter, die sich nicht einmal mehr an Grundlagen der Medienethik halten. Und außerhalb von BW wurde ich sogar schon in einer Karikatur mit gelbem Judenstern auf der Brust markiert:

      https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/mit-gelbem-juden-stern-markiert-als-superman-bildmontage-im-filmmengen-paradox/

      Ich fürchte also, Medienethik alleine wird unsere Probleme der nächsten Jahre nicht lösen. Es gibt zu viele Akteure, die solche Regeln weder einhalten noch müssen. Nationalstaaten sind hier längst völlig überfordert. Und ein wirkliches EU-Medienrecht mit Biss ist leider noch ein ganzes Stück entfernt.

      • Meine Arbeitgeberin ist auf X aktiv. Auch ich liefere Meldungen. Bei uns mag niemand X. Aber solange die internationale Wissenschaftscommunity auf X aktiv ist, “können wir da nicht weg”. Ziemlicher Wahnsinn, wie ich finde, da X doch wissenschaftsfeindliche Politik betreibt. Hoffentlich werden wir Mastodon bald wenigstens simultan bespielen.

        Und wo soll die ganze X-Gaudi noch hinführen, wenn J.D. Vance schon mit einem NATO-Austritt droht, sollte die EU X regulieren?

        • Ja, @Hui Haunebuh – das Reichweitendilemma betrifft ja sowohl demokratische Politikerinnen und Politiker – die für sich werben müssen, auf Medienberichte angewiesen sind -, wie auch Wirtschaftsunternehmen.

          Mit dem Wahlerfolg von Donald Trump und Elon Musk kommt auch noch ein wachsender Druck hinzu, den der SPIEGEL bereits so beschrieb:

          “Da Musk nun jedoch der Regierung von Trump angehören soll und seinen Einfluss bereits spürbar macht, verändert sich laut dem Bericht der Financial Times das Kalkül zumindest einiger Werbekunden. Erste Markenkonzerne überlegten die Rückkehr auf die Plattform, um sich die Gunst der neuen Regierung zu sichern, berichten Insider der Werbebranche.

          Obwohl Musk immer wieder neue Rekordzahlungen bei der Nutzung gemeldet hatte, hatten die meisten Werbekunden die Plattform ignoriert. Laut einer Erhebung der Zeitung schalteten nur 7 von 200 Unternehmen, die X verlassen hatten, vor der US-Wahl neue Anzeigen. Musk hatte sich vor der Wahl optimistisch gezeigt, dass bei einem Trump-Sieg alle Werbekunden zurückkehren.”

          https://www.spiegel.de/netzwelt/elon-musk-guardian-bezeichnet-x-als-toxisch-und-verlaesst-die-plattform-a-b3be8b2b-5478-4089-a2f8-f23853470796

          In seiner Rede beim source-Medienkongress BW hatte Prof. Bernhard Pörksen bereits von einer Re-Feudalisierung der Gesellschaften gesprochen – und tatsächlich könnten Zeit- und Geldeinsätze auf X und in Trump-Medien zunehmend den Charakter von Tributzahlungen annehmen. Wer als Politiker gehört oder als Unternehmerin bedacht werden möchte, müsste demnach medial “mitspielen”. Erinnert sei hier auch daran, dass Jeff Bezos der von ihm gekauften Washington Post erstmals die Veröffentlichung eines Wahlaufrufes – pro Kamala Harris – untersagte!

          Auch die o.g. Nähe von Elon Musk zur Ressourcenfluch-Altherren-Theokratie des Iran zeichnet sich immer deutlicher ab – angeblich hat es bereits ein erstes Treffen Musks mit einem Botschafter des iranischen Regimes gegeben:

          https://www.spiegel.de/ausland/elon-musk-trifft-uno-botschafter-aus-iran-an-geheimem-ort-zu-gespraechen-a-f7ce16af-5f0c-4c45-b39b-992c9e01e931

          Es ist durchaus denkbar, dass wir ein neo-autoritäres “Friedensmodell” erleben werden, in dem Regime und Konzerne ihre Mitwelt und Mitmenschen brutal ausbeuten dürfen, so lange sie den äußeren Frieden wahren. Ob Putin sich darauf einlassen wird, auf die Unterwerfung der gesamten Ukraine zu verzichten und ob China bereit ist, auf Taiwan zu verzichten, wird dabei entscheidend sein.

          Was also könnte, sollte jeder und jede tun? Ich habe es zwar inzwischen auch durch Mastodon und diesen Blog geschafft, auf die kommerziellen und oft antisozialen Medien als Privatmensch zu verzichten, weiß jedoch, dass dies nicht alle können. Auch denjenigen, die etwa aus beruflichen Gründen auf X, TikToK, Meta & Co. präsent sein müssen, empfehle ich jedoch, eine starke und eigenständige Fediversum-Präsenz zu schaffen, sich nicht medial völlig abhängig zu machen. Wenn die Europäische Union nicht von den Digitalkonzernen aus den USA, aus China und Russland abhängig werden will, so sollte sie noch sehr viel stärker das Fediversum fördern. Ich kann es nicht gut finden, wenn Europäerinnen und Europäer aus Bequemlichkeit oder gar Feigheit jede mediale Unabhängigkeit aufgeben würden.

          Es gilt energiepolitisch wie auch medial das Solarpunk-Motto: Niemand kann alles, aber alle können etwas tun.

          Vielen Dank für das Interesse und den starken Druko, @Hui Haunebuh! 🙂

  6. bzgl der vermeintlichen reichweite bei X :
    niemand kann sagen, wieviele der subscriber/follower einen post bei x sehen. der algorhythmus ist unbekannt und wird zudem noch von musk manipuliert.

    und besonders leute, die versuchen solche netzwerke professionell zu nutzen, sollten sich darüber im klaren sein, dass sie programme benutzen, deren besitzer sie jederzeit aussperren können, ohne dass sie selbst etwas dagegen unternehmen können.

    im fediverse kann man dagegen jederzeit den anbieter wechseln, wenn einem die regeln des aktuellen nicht passen oder man rausgeworfen wird oder der host ausfällt. man wählt dann einen anderen aus und kann alle follower “mitnehmen”.

    cory doctorow hat das sehr schön beschrieben: er will keine zeit mehr aufwenden, monopolisten zu benutzen:

    https://pluralistic.net/2024/11/02/ulysses-pact/#tie-yourself-to-a-federated-mast

  7. Gibt es eine “best practice Liste” von Medien, die anstatt von X, FB und Insta auch aus föderierten Medien Stimmungsbilder und Trends verarbeiten? Im Sinne einer positiven Verstärkung wäre es wünschenswert diese Info weiterzugeben. Aufruf an die Mitlesenden…

    • @Tobias

      Also, ich nutze Mastodon, Blogs, Pod- und Videocasts, das Fediversum wächst. 🙂

      Und in der Tat haben wir hier auf den scilogs schon einen recht aktiven @Tobias Jeckenburger, so dass es bei diesem Pseudonym zu Verwechslungen kommen könnte.

      Eindeutig ein Beleg, dass das Fediversum wächst! 😉😊🚀

      Herzlich willkommen! 🖖

  8. Da sind einige interessante Anregungen dabei. Zum Beispiel was Kommentare angeht, die unter einem Artikel stehen könnten. Thema Wege zur Lösung der vorher beschriebenen Probleme.

    Danke für die verschiedenen Links.

    Mir ist klar, dass Mastodon nur ein Teil des Fediverse ist. Für mich ist das immer noch ein Buch mit sieben Siegeln. Mastodon mit FB oder anderen Social Media Plattformen zu vergleichen, funktioniert nur bedingt.

    Ich bin seit Juli 2023 dabei und nutze Mastodon jeden Tag. Dabei fällt mir auf, dass Posts in einer Art Bermuda Dreieck landen. Sie erreichen häufig nicht einmal meine Follower.

    Für mich hat Mastodon keinen beruflichen Nutzen. Vielleicht ist es einfach nicht für jeden geeignet, was auch okay ist.

    Mir sind die Nachteile der antisozialen Medien bekannt. Aber als ich heute auf Bluesky einen Follower aus vergangenen Twitter Zeiten wiedergefunden habe, habe ich mich sehr gefreut.

    • @SabineH

      „Mir sind die Nachteile der antisozialen Medien bekannt. Aber als ich heute auf Bluesky einen Follower aus vergangenen Twitter Zeiten wiedergefunden habe, habe ich mich sehr gefreut.“

      Meine Einstellung ist ja, dass sich von einer stabilen Fediversum-Präsenz aus auch kommerzielle und oft antisoziale Medien bespielen lassen. Also: Meinen Segen für BlueSky brauchen Sie zwar nicht, aber haben Sie! ☺️☕️👍

      Allen hier beste Grüße und eine gute Nacht! 😊👍

  9. Medienimperien wie X mögen mächtig sein und digitale, feudale Finanzstrukturen aufbauen. Aber offenbar wird oft übersehen, dass sie für all dies Technologien — sprich Hardware — benötigen und von ihnen abhängig sind.

    Und da kommt Taiwan ins Spiel.

    Mit seiner Marktmacht in der Halbleiterherstellung (2022 ca. 66%) sorgt Taiwan quasi für den Unterbau der digitalen Medien (neben der Autoindustrie, dem Militär usw.). Halbleiter sind praktisch das Öl des 21. Jahrhunderts.

    China, Europa und die USA haben das erkannt und versuchen geradezu panisch, den Rückstand aufzuholen.

    Und noch etwas:
    Für Taiwan ist die Führung in der Chipherstellung gewissermaßen eine Lebensversicherung, besonders China gegenüber. Sollte China eine Invasion in Taiwan starten wollen, könnte die Firma TSMC ihre Produktionsstätten zerstören. Für China wäre das Land dann wertlos — auch ein Dilemma. Es würde sich selbst in den Abgrund reißen, und Europa und die USA gleich mit.

    • Ja, @Tilmann Schneider – dem stimme ich auch in der Analyse zu!

      Doch leider bedeutet dies nicht zwangsläufig, dass die USA weiterhin die kleine Demokratie Taiwan (rund 23,5 Millionen Menschen) vor China schützen werden. Ich halte es leider für wahrscheinlich, dass Donald Trump den Druck auf die taiwanesische Republik erhöhen, von dieser Geld und Technologie erpressen könnte. Parallel würde er Gespräche mit der chinesischen KP führen und über den “Preis” einer Eingemeindung, ggf. sogar einen “Friedensplan” – der letztlich eine Unterwerfung der Demokratie unter die Diktatur wäre – verhandeln.

      Umgekehrt wird Xi Jinping schon aus der Amtszeit Trump I wissen, dass Trump mehr an Geschäften für sein Umfeld und sich interessiert ist als an der Freiheit asiatischer Menschen. Vor seiner nationalistischen Basis darf er zwar nicht “weich” erscheinen, aber US-amerikanische Truppen wird er kaum einsetzen wollen. Ein “Deal” könnte durchaus darin bestehen, dass China Taiwan besetzen darf und dafür “Sanktionen” der US-Seite hinnimmt, ohne zu eskalieren.

      Übrigens gehe ich fest davon aus, dass die chinesische KP auch deswegen Solarenergie und Elektromobilität so massiv ausbaut, weil es die wirtschaftliche und strategische Unabhängigkeit gegenüber Ressourcenfluch-Lieferstaaten wie Russland und Iran so schnell wie möglich verringern möchte. Während deutsche Autokonzerne Jahre mit fossilem Lobbyismus und Shareholder-Value vergeudet haben und Europa auch insgesamt nur noch in wenigen Feldern technologisch führend ist, teilen sich die (auch rohstoffreiche) USA, China und Russland untereinander die Einflusssphären auf.

      Ich hatte ja bereits am 9.11.2023 im Landtag von Baden-Württemberg dringend für “erneuerbare Friedensenergien” geworben – ebenso auch z.B. beim Israeltag im Mai 2024 in Stuttgart – und bin immer wieder erstaunt, wie wenig in der deutschen Öffentlichkeit über Sicherheit und Technologie, Demografie und Militär gesprochen wird. Mir scheint, dass sehr viele Menschen noch immer nicht wahrhaben wollen, dass die Welt in den nächsten Jahren ein sehr viel gefährlicherer Ort werden wird…

      Seinerzeit hatte ich ja meinen Wehrdienst freiwillig verlängert und auch einer unserer Söhne hat gerade ein freiwilliges Dienstjahr bei der Bundeswehr absolviert. Hier habe ich mal Perplexity.ai zusammenfassen lassen, wie allzu niedrige Geburtenraten die Verteidigungsfähigkeiten von demokratischen Staaten schwächen können:

      Eine niedrige Geburtenrate kann erhebliche Auswirkungen auf die militärische Stärke eines Landes haben. Anhand der vorliegenden Informationen lassen sich folgende Hauptaspekte identifizieren:

      ## Rückgang des verfügbaren Personals

      Der offensichtlichste Effekt ist die Verringerung der Anzahl junger Menschen, die für den Militärdienst zur Verfügung stehen:

      – In Südkorea wird erwartet, dass die Zahl der 20-jährigen Männer von 333.000 im Jahr 2020 auf 226.000 im Jahr 2025 und weiter auf 143.000 im Jahr 2040 sinken wird[2].
      – Dies führt dazu, dass die südkoreanische Armee Schwierigkeiten hat, ihre Truppenstärke aufrechtzuerhalten. Die Gesamtzahl der Militärangehörigen ist bereits unter 500.000 gefallen[2].
      – Experten prognostizieren, dass die Zahl der südkoreanischen Militärangehörigen bis 2038 auf 396.000 sinken könnte[4].

      ## Auswirkungen auf die Wehrpflicht

      Länder mit Wehrpflicht sind besonders betroffen:

      – Südkorea benötigt jährlich etwa 200.000 Soldaten, um die aktuelle Truppenstärke zu erhalten. Bei weniger als 250.000 Geburten pro Jahr (mit etwa 50% männlichen Neugeborenen) wird dies in Zukunft nicht mehr möglich sein[1].
      – Die sinkende Zahl von Wehrpflichtigen könnte zu einer Verkürzung der Dienstzeit führen, um junge Menschen schneller wieder in den Arbeitsmarkt zu integrieren[3].

      ## Rekrutierungsprobleme

      Auch Länder ohne Wehrpflicht spüren die Auswirkungen:

      – In Japan ist die Zahl der Bewerber für die Selbstverteidigungsstreitkräfte in den letzten 10 Jahren um etwa 30% gesunken[3].
      – 2022 traten weniger als 4.000 Personen den japanischen Streitkräften bei, was mehr als 50% unter dem Rekrutierungsziel lag[3].

      ## Strategische Implikationen

      Die demografischen Veränderungen haben weitreichende strategische Konsequenzen:

      – In Südkorea führt der Bevölkerungsrückgang dazu, dass die aktuelle Militärstärke nur noch 40% der nordkoreanischen Truppenstärke ausmacht[4].
      – Diese Entwicklung könnte das militärische Gleichgewicht in der Region verschieben und sicherheitspolitische Herausforderungen mit sich bringen.

      ## Anpassungsstrategien

      Um diesen Herausforderungen zu begegnen, ergreifen Länder verschiedene Maßnahmen:

      – Erhöhung des Anteils weiblicher Soldaten: Südkorea plant, den Anteil von Frauen im Militär bis 2027 auf 15,3% zu erhöhen[2].
      – Technologische Modernisierung: Investitionen in fortschrittliche Waffensysteme, KI-gesteuerte Drohnen und High-Tech-Kampfausrüstung, um die abnehmende Personalstärke zu kompensieren[2].
      – Anpassung der Rekrutierungsstandards: China hat beispielsweise die Anforderungen an Größe, Gewicht und Sehvermögen gelockert[3].
      – Umstrukturierung der Streitkräfte: Reduzierung von Nicht-Kampfpositionen und Fokussierung auf Kernkompetenzen[2].

      Zusammenfassend lässt sich sagen, dass eine niedrige Geburtenrate die militärische Stärke eines Landes erheblich beeinträchtigen kann, indem sie die verfügbare Personalstärke reduziert und zu strategischen Anpassungen zwingt. Dies stellt insbesondere für Länder in geopolitisch sensiblen Regionen eine große Herausforderung dar.

      Citations:
      [1] https://www.cnn.com/2023/12/30/asia/south-korea-birth-rate-military-strength-intl-hnk-ml/index.html
      [2] https://m.koreatimes.co.kr/pages/article.asp?newsIdx=364602
      [3] https://www.newsweek.com/could-population-crises-hurt-asian-military-powers-1912727
      [4] https://www.orfonline.org/expert-speak/south-korea-s-declining-demographics-a-national-security-issue
      [5] https://www.vox.com/world-politics/355547/soldiers-shortage-demographics-population-conscription

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