Was ist Perfektion? Mal Philosophie künstlerisch zum Schmunzeln…
BLOG: Natur des Glaubens
In diesen Tagen stieß ich im Sammelband "Zukunftsperspektiven im naturwissenschaftlich-theologischen Dialog" (2011) auf eine Reflektion des Theologen und Biologen Ulrich Lüke, in der er aus evolutionärer Sicht mit den großen Fragen und dem Absoluten ringt. Und dann feststellt:
"Ganz abgesehen davon wissen wir angesichts sich ständig wandelnder selektiv wirksamer Rahmenbedingungen auch gar nicht genau, was das ist – Perfektion." (S. 33)
Perfektion – was ist das? Geht das?
Ich finde, Lüke hat da Recht: Man kann die Frage nach der Theodizee (der Frage nach dem Bösen in der Welt), nach Denk- und Begründbarkeit von Eingriffen überempirischer Akteure (Engel, Ahnen, Gott etc.) und menschlicher Freiheit in die Kausalitäten des Seins, nach Vorherbestimmung und unserem begrenzten Wissen in den Kaskaden des Universums theologisch und philosophisch diskutieren – wobei wir dabei wohl schneller an unsere Verstandes-Grenzen kommen, als wir uns eingestehen wollen. Als ich darüber so grübelte, fiel mir das Video "God is a DJ" von SPIN ein, das diese "großen Fragen" auf künstlerisch-heitere Art behandelt. Entspannen, genießen und nachdenken…
Wäre ein toller ‘Werbespann’ im TV
… und als e-mailpost für alle…
🙂 Danke!
Und klar, das Prinzip ist doch so simpel.
Der Beginn liegt im Kleinsten…
In jedem Bruchteil unserer Handlungen.
Würden es doch nur mehr, vor allem die, deren Handeln größere Auswirkungen hat, endlich erkennen und beherzigen (wollen).
Aber auch wir einzelnen können viel bewirken. Verteilen wir doch bewußt mehr Freundlichkeit, Hilfe, Mitgefühl, schenken wir möglichst viele Momente des Glücks. (Verzeihung: Liebe? 😉 )
Perfektion als Ziel, irgendwann am Ende der Menschheit?
@Stefi
Freundlickeit verteilen, Sie haben es getan. Und es hat mindest bei mir funktioniert. ^_^
Verstandesgrenzen
Ich denke, wer philosophiert balanciert ständig an seinen Verstandesgrenzen entlang, versucht genau diese zu erkundne und vielleicht doch noch ein kleines Stück des Unsagbaren auszusprechen – wohl wissend, dass der, der es hört, es kaum verstehen wird. Man kann sich das eingestehen und muss es doch nicht lassen.
Kurzfilm mit Tiefgang
@Stefi & Kasslerin
Danke für die Kommentare, die ja aufgezeigt haben, dass der gut gemachte Kurzfilm auch emotional anspricht.
@Jörg Friedrich
Ja, so sehe ich es auch. Und freue mich zugleich sehr, dass Ihr Blog “Arte-Fakten” wieder aktiv ist!!!
@Michael Blume
…und hier einmal
Dr. Francis Collins zum schmunzeln:
http://www.colbertnation.com/…06/francis-collins
http://www.colbertnation.com/…s-s–collins-pt–2
http://www.colbertnation.com/…09/francis-collins
Best regards!
“Eingriffe überempirischer Akteure”
Die Problematik von “Eingriffen überempirischer Akteure … in die Kausalitäten des Seins” wird immer wieder falsch verstanden, und zwar als Außer-Kraft-Setzen von Naturgesetzen. Das Feld der Religion ist aber das menschliche Leben und das ist bekanntlich kontingent.
Ein einfaches Beispiel: Beim Würfeln wird das Ergebnis vermutlich hundertprozentig von präzisen physikalischen Gesetzen bestimmt (Richtung und Wucht des Wurfs, Ausrichtung des Würfels, Reibung der Unterlage usw.) Trotzdem ist das Ergebnis de facto zufällig. De facto, das heißt auf der Ebene des menschlichen Lebens, z.B. dem des Würfelspielers, der auf ein “Wunder” hofft, nämlich auf 3 Sechser, mit denen er die Verluste des Abends auf einen Schlag wieder wettmachen könnte.
Wenn dieses “Wunder” eintritt, kann er sich bei Gott oder bei den Ahnen oder bei sonst irgendjemand bedanken. Er muss dafür keineswegs annehmen, dass diese “überempirischen Akteure” zu seinen Gunsten in die grundlegenden physikalischen Gesetze eingegriffen haben. Was hier außer Kraft gesetzt wurde, war nicht die Physik und auch nicht die Wahrscheinlichkeit (dieser glückliche Wurf wird die allgemeinen Wahrscheinlichkeiten des Würfelns nicht verletzen). Was außer Kraft gesetzt wird, sind die allgemeinen, “vernünftigen” Erwartungen (er wird keine 3 Sechser schaffen).
Genau dieses drückt das Wort “Wunder” aus (lateinisch “miraculum”, von “mirari” / sich wundern). Ich wundere mich über das Unerwartete, über das, was meine Erwartungen über den Lauf des Lebens durchbricht. Es ist nicht notwendig, dass dabei Naturgesetze gebeugt werden.
Nehmen wir die Wunderheilungen Jesu. Wenige Ärzte werden Spontanheilungen auch bei dramatischen Krankheitsbildern als Durchbrechung von Naturgesetzen ansehen. Entscheidend ist die extreme Unwahrscheinlichkeit eines solchen Ereignisses, d.h. die feste Erwartung, dass es nicht eintreten wird und demensprechend das “Wundern”, wenn es doch geschieht. (Das lässt natürlich die Frage völlig offen, ob Jesus tatsächlich solche Heilungen durchgeführt hat.)
@Eric Djebe
Danke für den schönen Gedanken, dem ich einerseits viel abgewinnen kann. Aber wie wäre es dann z.B. mit Gebeten? Werden diese nicht häufig auch in einer Hoffnung gesprochen, der überempirische Akteur möge eingreifen? Auch z.B. Votivtafeln wurden und werden ja spezifisch für ein geglaubtes Eingreifen (Fachbegriff: Intercession) gestiftet, oder? Ich stimme zu, dass man so nicht glauben “muss”, in der Alltagsreligiosität scheint mir das aber sehr stark zu sein.
@Michael Blume
Sehr gerne geschehen. Es ist meinerseits ein Vergnügen, auf diesem Feld einer Diskussion mit Niveau teilnehmen zu dürfen – bei diesem Thema fast ein Unikat.
Natürlich gibt es die Vorstellung, dass ein „höheres“ Wesen in das Weltgeschehen eingreift. Die Pointe meines Beitrags lag woanders und Ihre Frage zwingt mich nun, diese Pointe zu schärfen – vielen Dank!
Ein konkretes Beispiel: Ein Bauer bittet einen Heiligen wegen einer kranken Kuh (Bei einem Häusler mit einer einzigen Kuh, mit der er dann auch pflügte, war dies eine existentielle Bedrohung). Die Bitte würde dann in etwa lauten: „Mach, dass die Kuh gesund wird“ oder, direkter: „Mach die Kuh wieder gesund“.
Siedeln wir die Szene z.B. um 1800 an, dann war für den Bauern der Heilige eine real existierende Macht, zwar „droben im Himmel“ angesiedelt, aber mit der Befugnis und den Machtmitteln, hier auf Erden einzugreifen und das gewünschte Ergebnis zu erzielen. D.h., für ihn war der Heilige mit seiner Intervention ein realer Teil des Universums und damit durchaus ein legitimer Bestandteil der „Kausalketten des Seins“.
Dass wir diesen Heiligen als „überempirisch“ einstufen und damit außerhalb dieser Kausalketten ansiedeln, ist unsere eigene Sicht von außen auf diesen Vorgang, eine Rekonstruktion in unserer eigenen Denkweise. Erst dadurch kommt aber erst das Problem zustande, da nun das Eingreifen des Heiligen eine Art Kategorienfehler darstellt (wie kann ein überempirisches Prinzip in die Empirie eingreifen?).
Der Witz ist: Niemand zwingt uns zu einer sochen Rekonstruktion. Wir würden es als eine merkwürdige Forderung empfinden, wenn uns jemand z.B. eine solche Rekonstruktion des Maori-Systems von mana, tapu und noa abverlangen würde und dann die Frage wälzen würde, wie dieses und jenes darin in die Kausalketten des Seins passt. Wir beschreiben von außen so gut wie möglich dieses Universum der Maori und das genügt uns – zu Recht. Wir schaffen uns nicht künstlich Probleme, indem wir versuchen, dieses Universum in unser eigenes zu quetschen, es in unserem Universum mit unserer eigenen Logik und Empirik zu rekonstruieren.
Erst einmal so weit, Fortsetzung folgt.
@Michael Blume / 2
Nun geht es hier aber nicht nur um Bauern um 1800, sondern auch um zeitgenössische Theologen wie Ulrich Lüke oder um andere Menschen unserer Zeit, die zumindest irgendeine Version des Gottesglaubens in Einklang bringen müssen mit ihren zeitgenössischen Vorstellungen vom Lauf der Welt.
Im Gegensatz zu meinem ersten Beitrag, in dem ich die ganze Frage “Gott” auf der Ebene der Kontingenz des menschlichen Lebens angesiedelt habe, nehmen die meisten Menschen, falls überhaupt, zur Frage des “göttlichen Handelns” eine Haltung ein, die ich als Semi-Deismus bezeichnen würde. Sichtbar wird dies an Fragen wie: “Warum hat Gott nicht eingegriffen, als XY geschah” usw. Das Wort “eingreifen” transportiert hier sehr schön die dahinter liegenden Vorstellungen: Das Weltgeschehen bildet mit seinen “Kausalketten des Seins” eine Art geschlossenes Uhrwerk, das irgendwann einmal in Gang gesetzt wurde (falls dies Gott getan hatte, wäre dies eben der Deismus). Gott kann aber punktweise “eingreifen”, seinen Arm in das Uhrwerk stecken und dieses oder jenes Zahnrad anhalten oder versetzen; danach läuft die Welt wieder weiter wie vorher.
Eine solche Vorstellung ist möglich, wenngleich sie ihre eigenen Probleme aufweist. Sie ist aber nur dann notwendig, wenn wir an eine Art Laplace’schen Dämon glauben, d.h., dass es einem allwissenden Wesen möglich wäre, aus einem Weltzustand X alle daraus folgenden Kausalketten so zu berechnen, dass es jeden späteren Weltzustand Y umfassend und hundertprozentig voraussagen könnte. Bei einer solchen hundertprozentigen Determiniertheit könnte ein überempirischer Akteur ein Bittgebet nur so erhören, dass er in eine dieser Kausalketten eingreift und sie dementsprechend verändert.
Wenn ich aber davon ausgehe, dass ich es mit einem Schleier des Nichtwissens zu tun habe, sobald es um die Ableitung des tatsächlichen, kontingenten Lebenslaufs aus den physikalischen Kausalketten geht, dann bin ich nicht gezwungen zu erklären, was Gott tun müsste, um ein Bittgebet zu erfüllen, ich kann es auf sich beruhen lassen.
Dies ist eine sehr schwache Antwort, aber sie ist durchaus hinreichend. Auch in der Geschichte der Wissenschaften ist es immer wieder notwendig, gewisse im Moment nicht lösbare Fragen zu isolieren und beiseite zu lassen. Man muss sich nur im Klaren darüber sein, dass sie noch der Klärung harren.
@Eric Djebe
Also, mich überzeugen Ihre Ausführungen auch persönlich, (wenn ich auch noch hinzufügen würde, dass wir auch in Ihrem Modell weiterhin von einem Universum mit gerichteten Zeitpfeil ausgehen, was m.E. nicht das letzte Wort sein muss), allerdings bin ich ja auch weder Philosoph noch Theologe, sondern “nur” Religionswissenschaftler. Ich werde den Bloggerkollegen und Theologen Hermann Aichele mal anfragen, ob er uns etwas dazu schreiben kann.
Auf jeden Fall vielen, vielen Dank für Ihre konstruktiven Mühen und diese sehr anspruchs- und niveauvollen Überlegungen!
Perfektion
Interessante Gedanken habe erst gestern mich mit dem Thema befasst.
@Michael Blume
Noch einmal vielen Dank zurück für Ihren Blog. Danke auch, dass Sie mich auf Aichele aufmerksam gemacht haben. Ich bin gleich hinüber und habe einen Kommentar gepostet. Ich weiß allerdings nicht, wie dankbar er Ihnen dafür sein wird …
Auf jeden Fall habe ich Ihren Blog in meinem RSS-Feed und bin gespannt auf die nächsten Posts!
Noch was zum Schmunzeln
Als beinahe Digital Native stell ich mir Gott eigentlich wie einen Admin vor: Prinzipiell läuft das System, aber manchmal greift er ein, wenn ein User anruft und nicht weiter weiß. 😉
@Andreas: Cool! 🙂
So macht sich halt jede Generation & Kultur ihre Gottesbilder… Ein Admin-Gott, das hat was! 😉
Antwort No. 4a (Reparatur No. 4)
Antwort No. 4 war defekt. Sorry, da hat was mit der Übertragung nicht geklappt 🙁 . Also noch mal:
@Klaus Deistung
Wären Gott/die Götte wirklich Astronauten gewesen, wäre jeder Glaube an einen Gott existenziell überflüssig. Denn welchen spirituellen Wert sollten er haben?`
@Francois Pütz
Auch nicht naturwissenschaftliche Theorien können stringent dargelegt werden, siehe der Buddhismus. Das geht auch mit dem Christentum. Für eine ausführliche Darlegung müsste ich Sie auf mein Buch verweisen (siehe der Link in meinem Post). Vielleicht ist mein Kommentar Antwort No. 4 ja wegen dieser peinlichen Eigenwerbung von Michael Blume gekürzt worden …
Für einen Beginn der Diskussion möchte ich Sie auf den Link in meiner ansonsten verstümmelten Antwort No. 4 verweisen, übrigens mein erster Kommentar auf diesen Blog. Titel: “Eingriffe überirdischer Akteure”. Die Gedanken darin hat übrigens Dawkins nie verstanden.
Ich kenne dieses Wort Perfektion in verschieden Zusammenhängen entweder Philosophie oder synonym.In der Philosophie hat das ganze eine andere Bedeutung.
Aber ich denke wir haben alle unsere Verständnisgrenze noch lange nicht ausgeschöfft.
Jeder DJ sollte wissen, “There is something better than perfection“.