Luke Skywalker heiratet. Wirklich. Star Wars mit Brautkleid

BLOG: Natur des Glaubens

Evolutionsgeschichte der Religion(en)
Natur des Glaubens

Zu meinen bevorzugten Jagdgebieten als Religionswissenschaftler gehören Bahnhofsbuchhandlungen. Nirgendwo tritt einem die Buntheit und Vielfalt menschlicher Sehnsüchte und Mythen so unmittelbar gegenüber. Doch neben der Neugier ist auch Mut gefordert – denn die Wege der Menschheit sind voller Überraschungen in allen Schattierungen. Nachdem ich zuletzt einige (mormonische) Hintergründe der Twilight-Vampirsaga beleuchtet hatte, war ich bereit für neue Herausforderungen. Aber niemand bereitete mich auf das Kommende vor…

Denn es begab sich, dass ich auf eine Fortschreibung des Star Wars-Mythos traf, der – auf dem Wurzelgrund von Christentum, Buddhismus, Gothic & Science Fiction – etwa um die Zeit meiner Geburt entstanden war und seitdem Milliarden Menschen erreicht und berührt hat. (Der Held meiner Jugend war übrigens der verwegene Han Solo und sein “Falcon”.)

Aber jetzt… ist alles anders!

Möge die Macht mit uns sein – Luke Skywalker hat geheiratet!

LukeSkywalkerheiratet

Und der Klappentext verspricht, für den Jedi-Padavan zunächst überraschend: “Die Hochzeit von Mara Jade und Luke Skywalker” und nicht weniger als “100 Seiten romantische STAR WARS Action!”.

Romantische Star Wars Action!? Geht’s noch!?

Ähm ja, es geht. Eigentlich war es immer schon so. Denn die in den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts aufbrechende Star Wars-Saga war von Anfang an als romantischer Fantasy-Ritterfilm im Science Fiction-Gewand angelegt – mit Laserschwertern, guten Mönchskriegern und bösen Magiern, verwickelten Familienverhältnissen, verwunschenen Zitadellen und gefangenen Prinzessinnen.

Dass dem Haupthelden irgendwann die große Liebe zustehen sollte, war also eigentlich zu erwarten. Die Braut ist die hübsche, vor allem aber kampfstarke Mara Jade – der früheren Topagentin und “Hand des Imperators”, gar einer Rivalin Darth Vaders -, die Luke Skywalker eigentlich töten wollte und dann seine Jedi-Schülerin wurde. Nun tauschen sie ewige Liebesschwüre und züchtige Küsse aus, nächtigen aber bis zur Hochzeit brav in getrennten Betten. Die Macht verpflichtet.

Ach ja – das Zölibat! Einige werden sich erinnern, dass Jedi – mönchslike – eigentlich nicht heiraten, sondern sich ganz ihrer Mission widmen sollten. Der Jedi-Rat genehmigte nur vereinzelte Ausnahmen. Aber der wurde von den Imperialen ja fast vollständig vernichtet, muss also neu aufgebaut werden – und die neue Generation führt ein paar Reformen durch, zu denen die Aufhebung des Pflicht-Zölibats gehört. Stattdessen lernen wir sogar eine neue Jedi-Eheliturgie im Las Vegas-Chapel-Stil kennen. Finden nicht alle Jedi & Republikaner gut, aber die meisten, zumal es – so ein Debattenbeitrag im Buch – hilft, noch bestehende Vorbehalte der Öffentlichkeit gegen den elitären Orden zu überwinden.

Überhaupt – die Öffentlichkeit. Eigentlich würden Mara und Luke gerne im ganz kleinen Kreis heiraten, aber die Verbindung zwischen dem republikanischen Helden und der ex-imperialen Agentin ist allzu gut geeignet, die Nachkriegs-Gesellschaftsordnung “zu heilen”. Also müssen Leia und der Protokolldroide C3PO ran.

Weitere zu bewältigende Aufgaben sind (kein Witz!): Die Auswahl eines geeigneten Brautkleides, eine herbe Prügelei beim Junggesellenabend im “Roten Rancor”, ein Wellness-Spabesuch der Jedimädels bzw. -ehefrauen und eine auf Terror zielende Splittergruppe verbitterter Ex-Imperialer. Das Ganze wird begleitet von finsteren Träumen, bei denen den beiden Jedi nicht klar ist, ob es sich um Ahnungen der Macht oder um allzu menschliche Torschlusspanik handelt.

Handlung und Gestaltung des Comics schwanken zwischen klassisch, humorvoll-ironisch und unerträglich süßlich. Dass die Aufmachung häufig eher an “Die Bunte” erinnert ist für ein Feiert-den-Frieden-Heft dabei leichter zu verschmerzen als die “Auflösung” der “Grundspannung”. Das Brautkleid wird dann wirklich schön; aber das “Ende” der imperialen Renegaten… nein, hier wird nicht gespoilert.

Wichtig ist doch nur, dass das Gute trotz allem siegt. Oder so.

Mara küsst Luke, aber noch nicht im Brautkleid. Bild: Jedipedia

Ja, Mythen entwickeln sich. Oder doch eigentlich nicht?

Möge die Macht mit Euch sein!

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Dr. Michael Blume studierte Religions- und Politikwissenschaft & promovierte über Religion in der Hirn- und Evolutionsforschung. Uni-Dozent, Wissenschaftsblogger & christlich-islamischer Familienvater, Buchautor, u.a. "Islam in der Krise" (2017), "Warum der Antisemitismus uns alle bedroht" (2019) u.v.m. Hat auch in Krisenregionen manches erlebt und überlebt, seit 2018 Beauftragter der Landesregierung BW gg. Antisemitismus. Auf "Natur des Glaubens" bloggt er seit vielen Jahren als „teilnehmender Beobachter“ für Wissenschaft und Demokratie, gegen Verschwörungsmythen und Wasserkrise.

17 Kommentare

  1. StarWars spielt in einer magischen Welt, wenn sich jemand für magische Welten interessiert, ist das Schaffen Terry Pratchett’s vielleicht ein guter Anlaufpunkt.
    Pratchett hat, vielleicht sogar für den hiesigen Inhaltegeber von Interesse, wesentliche philosophische, gesellschaftlich-politische und religionstypische Fragen sozusagen en passant bearbeitet.
    Klar, ein Best-Seller und insofern nicht dazu einladend Gutes zu ahnen, aber aus unbekannten Gründen ein Best-Seller, der auch etwas zu sagen hat.
    Ischt aber Humanist.
    HTH
    Dr. W

    • Und klasse – ich genieße Terry Pratchett immer wieder gerne! Und wie in der Diskussion um Twilight geschrieben finde ich nicht, dass “Best-Seller” grundsätzlich “nicht dazu einladend Gutes zu ahnen” sind. Mir scheint eher, dass gerade Bestseller Qualitäten aufweisen, die sie für sehr viele verschiedene Menschen interessant machen und also literarisch wie wissenschaftlich von besonderem Interesse sind. Deswegen überlege ich auch, so etwas hier häufiger zu thematisieren.

      • Pratchett wäre eine Fundgrube für einen scifi- oder fantasy-interessierten Religionswissenschaftler. Eine derartige Tiefe hat Ihr Kommentatorenfreund, der eigentlich “alle” hier Gemeinten gelesen hat, ansonsten nicht festgestellt,
        Philip K. Dick wäre vielleicht noch philosophisch wichtich.

        MFG
        Dr. W (der noch einen schönen Sonntag-nNachmittag und -abend wünscht)

  2. schön, dass es eine Neuauflage von dem Comic gibt! Die Geschichte hat mich damals bei der Erstveröffentlichung schon angesprochen, als 15-Jährige, und ich habe mit Spannung verfolgt, wie sich das Leben von Luke & Mara in den chronologisch nachfolgenden Büchern weiterentwickelt. Das Meiste davon wird zwar mit dem Erscheinen der neuen Star Wars Filme hinfällig werden, aber als Quellenmaterial sind all die Romane sehr ergiebig.

  3. Es gibt einen Grund, warum ausgerechnet Bahnhofsbuchhandlungen so etwas Spezielles haben. Sie sind abgekoppelt vom normalen Buchhandel, wo der Buchhändler das bestellt, was er verkaufen will. In den bunten Buden am Bahnhof liefert ein Grossist, was er liefern will, und er nimmt – im Gegensatz zum normalen Buchhandelsgeschäft – nichts zurück. Keine Remittenden. Was beim Erscheinen der neuen Nummer nicht verkauft ist, kommt in den Reißwolf (wird “makuliert”) und kehrt bestenfalls als Klopapier wieder, schlimmstenfalls als Blödzeitung.

    Das hat zur Folge, daß nur Zeug im Bahnhofsbuchhandel auftaucht, was sich garantiert auch verkauft – insofern sind diese Läden ein ganz spezielles Spiegelbild der Gesellschaft.

    • Danke, das ist ein sehr guter Hinweis! Das Biotop der Bahnhofsbuchhandlung ist tatsächlich ein besonderes! Ich liebe z.B. auch diese Kruschteltische mit Mängelexemplaren, weil man dort auf Sachen stößt, von denen man nicht gewusst hätte, dass sie einen interessieren! 🙂

  4. Ist ja interessant, dass Sie sich so gut mit Star Wars auskennen. 🙂
    Ich hab ja in den 90er Jahren auch im wesentlichen die neu erschienenen Bücher alle verschlungen. Aber irgendwann hatte ich kein Bock mehr drauf und seit dem häng ich mehr oder weniger hinterher. Aufgehört hab ich vor der Reihe “Das Erbe der Jedi-Ritter”, d.h. die hab ich schon nicht mehr gelesen. Hab sie auch nicht vollständig, sondern nur die Bände 1, 3, 5, 8, 11, 12 und 15; – so wie ich sie auf Wühltischen eben gefunden habe. Der Rest fehlt mir noch, und alles, was danach kommt, sowieso. Ach ja, und die Comics… – Da gab/gibt es ja auch eine Menge, ich hab aber auch nur ein paar davon. 🙁
    Das nächste Star Wars Buch, dass ich mir zulegen werde, so ich es noch kriegen kann, ist die von Tim Zahn mit Kommentaren versehene Neuauflage von seiner “Erben des Imperiums”-Trilogie. Die hatte ich neulich mal im Laden in der Hand…

    • @Holger

      Science Fiction & Fantasy-Romane sowie Pen-and-Paper-Rollenspiele hatten ganz klar ihren Anteil daran, dass ich mich für die “Macht der Mythen” zuerst interessierte, dann faszinierte und schließlich zum Religionswissenschaftler wurde. 😉

      • Ich weis zwar nicht, wer Holger ist, aber ansonsten kann ich die Entwicklung nachvollziehen.
        Bei mir waren es ja auch die Berichte von Leuten, die die (ersten?) Adventure Spiele auf den Heimcomputern der 80er Jahre durchgespielt hatten, und darüber dann in mehrseitigen Artikeln der Computermagazine erzählten.

        Zurück zu Star Wars: Ich finde die Figur der Mara Jade und ihre Entwicklung im laufe der Zeit auch sehr faszinierend. Damit hat Herr Zahn eine mindestens ebenso interessante Figur kreiert, wie Geoge Lucas mit der Saga selbst. – Okay der Vergleich hinkt vielleicht, aber es ist ja noch früh…

  5. Mich würde ein Beitrag über Douglas Adams interessen, btw.

    @Star Wars: Naja, dass der neue Orden z. B. das Zölibat abschaft, ist den meisten Starwars-Fans schon bekannt. Hat ja auch historische Vorbilder, siehe Zen-Mönche in Japan. Auch wenn ich nicht glaube, dass man extra darauf abzielen wollten.
    Mal sehen, was die neuen Kino-Filme bringen.

  6. Was nur wenige wissen: Luke Skywalker soll als Austauschschüler auf der Erde gewesen sein. Wer im Austausch nach Tatooine entführt wurde, weiß niemand.
    Und ob Lukes´ Sohn Lucky Luc heisst, ist auch noch nicht raus.

  7. FANTASTISCHES HEIDEFEST

    PROTOKOLL DES ZÜHLSDORFER
    HEIDEKRAUTFESTES 2017

    Wir schreiben den 14. Juli des Jahres.

    Wir sind zu Gast im Mühlenbecker Land, und zwar in Zühlsdorf. Viele Einwohner und viele Besucher haben sich anlässlich des alljährlichen Heidefestes am Festzelt vor dem Zühlsdorfer Sportplatz eingefunden. Heute um 20 Uhr wird das neue Heidepaar gewählt, das königliche. Dazu muss das alte nicht abgewählt werden. Es genügt, dass man sich mit Winken von ihm verabschiedet, wenn es das Jahr gut überstanden hat und nichts Usurpatorisches vorgefallen ist.
    Noch ist nichts zu sehen von den Royals. Noch sind nicht alle eingetroffen, noch ist die Wahlveranstaltung nicht eröffnet. Denn es heisst, dass die Leute sich dieses Jahr nicht nur zur Wahl eines neuen Heidepaares einfinden – nein, Bürgermeister Fidolin (so sein Spitzname) hätte dazu aufgefordert, heute möglichst in großer Zahl vor dem Sportplatz zu erscheinen. Da es nämlich eine Überraschung geben könnte.

    „Hört hört, ein Gerücht !“, rufen nicht wenige und strömen zu Dutzenden über den Grünen Weg zum Sportplatz. „Kommt der Boss (1) zu Besuch ?“, unkt einer. „Oder die Kremle ?“, ein anderer. „Oder die Klonsoldaten, höhö !“
    Und außerdem: „Wer spricht denn da ? Wer will uns was erzählen ?!“

    Nun, hier spricht die zentrale Lesestimme. Will man die zentrale Lesestimme hören, muss man laut lesen, betonen und modulieren. Man kann die zentrale Lesestimme auch verfremden, indem man sich die Nase zuhält oder ein Megafon benutzt. Oder man lässt die zentrale Lesestimme leise in sich summen…
    Die zentrale Lesestimme besitzt Körper und Geist, aber sie erscheint gewöhnlich nicht auf der Bühne des Geschehens – wie z. B. die alte Dame, die als junges Ding (Kate Winslet) den Untergang der Titanic überlebt, und erzählt und erzählt, bis alle sich im Jenseits wieder finden… Nicht wahr, wenn die Bilder laufen lernen…
    Der zentralen Lesestimme zur Seite steht der stereotypische Chor. Auch er erscheint gewöhnlich nicht auf der Bühne des Geschehens. Es genügt der Stimme wie auch dem Chor, dem geschriebenen Wort Gehör zu verschaffen (leise oder laut). Lesestimme und Chorstimmen bitten um Nachsicht, wenn nicht immer alles ausgegoren klingt und manches dem gesunden Menschenverstand oder dem schütteren Bürgerglauben zuwider spricht. Es geht schlicht um Arbeitsteilung.

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