Klage gegen Twitter & DGB-Debatte – Wann sind Medienunternehmen gut genug?

“Wenn ein Mediensystem kaputt ist, stürzt die Demokratie ab.” – “Hass darf kein Geschäftsmodell sein.” – “Wenn der Rechtsstaat nicht einmal mehr die Familien von demokratisch Aktiven beschützen kann, dann gibt er sich selbst auf.”

Diese und viele weitere Aussagen von mir konnten Sie in den vergangenen Tagen wieder in verschiedenen Medien (!) lesen. Angesichts der erkenntnisreichen Verhandlung “Blume gegen Twitter International” vor dem Landgericht Frankfurt wurde ich sogar gefragt, ob ich hoffe, dass der Digitalkonzern nach der Übernahme durch Elon Musk den Betrieb einstelle.

 

Auch das RND berichtete direkt mit Video und Text aus Frankfurt (Link). Screenshot: Michael Blume

Die spontane Nachbesprechung der intensiven Erfahrung mit der bundesdeutschen Justiz mit Chan-jo Jun wurde binnen Stunden zigtausendfach abgerufen:

Aber eines ist und bleibt mir wichtig: Wenn ich Zustände etwa in den Medien oder in der Justiz hinterfrage und kritisiere, dann eben nie aus Feindseligkeit (Dualismus) oder nur persönlicher Betroffenheit (Relativismus), sondern im Streben nach Verbesserungen (Monismus). Daher möchte ich in diesem Blogpost einmal bewusst die Frage beantworten:

Wann wären Medienunternehmen denn (aus meiner Sicht) gut genug?

Ich meine, Medien müssten “nur” drei Kriterien erfüllen, die sich sogar zu einer Funktion zusammenfassen ließen.

Und diese wären:

  1. Sicherheit / Schutz der Menschenwürde

Im Kern wünsche ich mir, dass sich Menschen genauso frei in öffentlichen Medienwelten bewegen können wie auch sonst im öffentlichen Raum. Das bedeutet nicht, dass es nirgendwo Übergriffe geben dürfe oder dass nicht manche Stadtteile und Uhrzeiten gefährlicher sein könnten als andere – aber eben doch, dass die Rechtsstaaten und Unternehmen nicht einfach vor der digitalen Gewalt kapitulieren.

Ich habe das einmal in einen Satz gegossen, der dann ohne mein Zutun zu einem digitalen Mem wurde: “Jede Frau, jeder Mann, jedes Kind sollte sich ohne Angst durchs Netz bewegen dürfen, niemand über Jahre hinweg gemobbt werden.”

Digitalkachel von HZSA. Link führt zum Heise-Artikel: Antisemitismusbeauftragter will “problematische Netzkultur auf Twitter” stoppen. MfG, Michael Blume

Von daher führe ich das sog. Musterverfahren mit Anwalt Chan-jo Jun und HateAid nicht nur für den Schutz von meiner Familie, meinen Mitarbeiter:innen und mir – sondern vor allem auch für den Schutz aller Bürgerinnen und Bürger. Abgesehen vom erfreulich hohen Sachinteresse des Landgerichts Frankfurt begrüße ich daher auch die Diskussion um die sog. Stillhalteabkommen, mit denen das Bundesjustizministerium parlamentarisch beschlossene Gesetze gegenüber Digitalkonzernen nicht vollzieht. Ich halte solche Deals auf Kosten der Sicherheit von uns Bürgerinnen und Bürger und unter Missachtung unserer immerhin gewählten Abgeordneten in Bund und Ländern für problematisch.

Und es ist kein Randproblem: Laut einer EU-weiten, repräsentativen Befragung von HateAid & Alfred Landecker Foundation aus 2021 mussten vor allem jüngere Erwachsene immer häufiger Online-Hass erleben. So war »jede zweite Person in der jüngsten Altersgruppe (18–35 Jahre) schon persönlich von digitaler Gewalt betroffen«!

Auch ich habe erlebe praktisch keine öffentliche Veranstaltung mehr, auf der mich nicht Betroffene ansprechen und über ihre Erfahrungen mit digitaler Hassrede und Trolling berichten würden.

  2. Wahrheitsorientierung / Monismus

Erkenntnistheoretisch gehe ich mit der überwältigenden Mehrheit aller Kolleginnen und Kollegen in der Wissenschaft davon aus, dass es eine von uns Menschen unabhängige Wahrheit gibt, die wir zwar nie völlig erfassen, der wir uns aber interdisziplinär annähern können. Und wenn Medien auch nicht so exakt wie wissenschaftliche Studien formulieren müssen und vor allem stärker Meinungen betonen dürfen, so sollten sie meines Erachtens dennoch grundsätzlich in Richtung Wahrheit streben.

Konkret: Wenn auch schon Gerichte in den USA und Brasilien bestätigt haben, dass Donald Trump und Jair Bolsonaro die jeweiligen Präsidentschaftswahlen verloren haben – dann ist es unanständig, wenn Medien das weiterhin als unentschieden berichten (False Balance, Relativismus) oder sogar Verschwörungsmythen über vermeintliche Wahlfälschungen verbreiten (Dualismus).

Und gerade auch Trump-Fans konnten in diesen Tagen doch anhand der Rupert Murdoch-Medien Fox News und New York Post erleben, wie es sich anfühlt, wenn sich diese plötzlich gegen den früheren POTUS wenden. Medienunternehmen sollten dafür zur Verantwortung gezogen werden, wenn sie aus kommerziellen oder politischen Gründen wissentlich Falschnachrichten verbreiten. Zumal wir zuletzt auch an den Entwicklungen etwa bei QAnon und Querdenken sehen konnten – Verschwörungsmythen münden wieder und wieder in Antisemitismus.

  3. Integration

Wie alle anderen Betriebe tendieren auch Medienunternehmen dazu, sich auf einmal erschlossenen Zielgruppen auszuruhen. Aber jede Demokratie ist dynamisch – und also sollten Medien auch immer wieder die jungen Generationen sowie zugewanderte Menschen ansprechen und einbeziehen. Ich habe im Irak hautnah erlebt, was es für eine Gesellschaft bedeutet, wenn es zwischen den unterschiedlichen Ethnien, Religionen und Generationen praktisch keine gemeinsamen Medien mehr gibt.

Die Integrationsfunktion wird daher meines Erachtens nach auch am Besten durch ein Mischsystem erfüllt: Während öffentlich-rechtlich finanzierte Medien (ÖRR) für mehr Stabilität sorgen, sind privat kontrollierte Medienunternehmen oft sehr viel dynamischer, auch in der Gewinnung neuer Zielgruppen.

Die drei Grundanforderungen an Medien – Sicherheit, Monismus und Integration – lassen sich m.E. sogar zu einem psychologischen Faktor zusammenfassen: Selbstwirksamkeit. Medienanbieter erfüllen dort ihre Aufgaben optimal, wo sie den Menschen die Erfahrung bieten, “den Medien” nicht nur ausgeliefert zu sein, sondern selbst auch mitgestalten zu können.

Genau deswegen halte ich im Übrigen auch Lokalmedien für besonders relevant und sprach gerne etwa zum Lokaljournalistenpreis der Konrad-Adenauer-Stiftung 2021. Das Internet bietet einerseits großartige, neue Möglichkeiten des Mitwirkens. Andererseits aber geht der Trend zu internationaler Berichterstattung, hinter der das örtliche Geschehen und die Kommunalpolitik – die eigentliche Basis jeder Demokratie – zu verschwinden drohen.

Zu einer Podiumsdiskussion “Zeitung in der Krise, Demokratie in Gefahr” auf Einladung des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) begrüßte uns am 28. Oktober 2022 der BW-Landesvorsitzende Kai Burmeister, die Verabschiedung übernahm die Akademiedirektorin Dr. Verena Wodtke-Werner. Moderiert von Andrea Gregor (DGB) und Paul Kreiner (Akademie) durfte ich diskutieren mit Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne), Swantje Dake, Chefredakteurin Digital bei der Zeitungsgruppe Stuttgart und mit Ulrike Trampus, Chefredakteurin der Ludwigsburger Kreiszeitung.

Fazit

Ohne Qualitätsmedien ist kein Gelingen von Staatlichkeit, Recht, Wirtschaft, Wissenschaft und Demokratie denkbar. Im weiteren Sinne gehören über die Berichterstattungs- und Unterhaltungsmedien hinaus auch Wissenschaften und Religionsgemeinschaften, Musik-, Film-, Theater- und Sportproduktionen zu den Medienproduzierenden. Deswegen gebe ich über die GEZ-Gebühr hinaus gerne Geld für eine Tageszeitung aus, für eine größere Zahl von Büchern und Zeitschriften, für eine Mitgliedschaft bei Wikimedia sowie für Film- und Musikabonnements. Zudem blogge ich hier und podcaste auch gerne, schreibe Artikel und Bücher und versuche mit all dem, einen kleinen Beitrag für ein gelingendes Mediensystem zu leisten, das den o.g. Kriterien genügt. Denn seitdem unsere Vorfahr:innen das Sprechen lernten, wurden die Medien zu unserem Schicksal. 

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Dr. Michael Blume studierte Religions- und Politikwissenschaft & promovierte über Religion in der Hirn- und Evolutionsforschung. Uni-Dozent, Wissenschaftsblogger & christlich-islamischer Familienvater, Buchautor, u.a. "Islam in der Krise" (2017), "Warum der Antisemitismus uns alle bedroht" (2019) u.v.m. Hat auch in Krisenregionen manches erlebt und überlebt, seit 2018 Beauftragter der Landesregierung BW gg. Antisemitismus. Auf "Natur des Glaubens" bloggt er seit vielen Jahren als „teilnehmender Beobachter“ für Wissenschaft und Demokratie, gegen Verschwörungsmythen und Wasserkrise.

32 Kommentare

  1. Das Verfahren ist eine Farce, denn gerade Du stellst Dich nie irgendwelchen kritischen Diskussionen die Du nicht manipulieren kannst. Und besonders mit Deinen Manipulationen bist Du ein Heuchler und Lügner, wenn Du kein besonderer Dummkopf bist, der den Hass sogar noch schürt, wohl eben weil Du ihn für Dein abscheuliches Verständnis von Demokratie brauchst!?

    • Nein, lieber @hto – ich bestehe lediglich auf meinem Recht, nicht persönlich diffamiert zu werden. Obwohl ich Ihnen mehrfach die Chance gab, sich hier konstruktiv einzubringen, sind Sie wieder und wieder ins Spammen und Beleidigen abgedriftet. Sie flogen nach eigenen Angaben ja auch aus jeder Partei, da Sie offensichtlich nicht willens oder nicht fähig waren, mit anderen Menschen fair und dialogisch umzugehen. Ich erlebe Sie als autoritär, intolerant und chauvinistisch.

      Und im von Ihnen verehrten China Bäumen sich gerade immer mehr Menschen todesmutig gegen die Diktatur auf.

      Ich will Ihnen also gar nichts Böses und gehe daher auch nicht gegen Ihr pöbelndes Trolling vor. Aber ich räume Ihnen eben auch nicht das Recht ein, die großteils konstruktiven Debatten auf diesem Blog zu stören.

      Falls es Ihnen doch noch gelingen sollte, mal zu menschlich angemessenen Umgangsformen zurück zu finden und sich auch ehrlich für die Argumente anderer Menschen zu interessieren, dann sind Sie hier auch wieder willkommen.

      Ihnen die besten Wünsche!

  2. @Blume: “… und sich auch ehrlich für die Argumente anderer Menschen zu interessieren, dann sind Sie hier auch wieder willkommen.”

    Das Wort “ehrlich”, im Zusammenhang mit meinen Erfahrungen als wirklich Andersdenkender hier, besonders aus Kommunikation mit anderen Teilnehmern herausgefiltert worden zu sein, das ist ein starkes Stück …, wo ich von Anfang an durch Deine Filterungen erkannt habe was Dir willkommen ist!

    • Ja, @hto – ich glaube Ihnen, dass Sie Ihr (oft feind-seliges) Urteil über andere Menschen „von Anfang an“ getroffen haben.

      Genau das unterscheidet uns; wie es auch das Vor-Urteil vom Dialog unterscheidet.

      Ihnen noch einen schönen, gerne auch besinnlichen Advent!

  3. @Blume
    Sie beschreiben 3 Kriterien, die Medien erfüllen müssen – dazu gehört:
    2. Wahrheitsorientierung

    Ich habe kürzlich beim NDR/vertikalhorizontal einen Podcast gefunden:
    http://www.ndr.de/nachrichten/info/auf-dem-weg-in-eine-andere-Dimension-Nahtoderfahrungen-EinBlick-ins-Jenseits.audo1234702.html

    In diesem Beitrag werden Nahtod-erfahrungen(NTEs) ausschließlich nur als unerklärbar dargestellt – dass ich seit 2006 ein komplettes Erklärungsmodell entwickelt und veröffentlicht habe, wird mir keinem einzigen Wort erwähnt.
    Dies ist ein Beispiel dafür, wie zum Thema NTE entweder keine guten Recherchen gemacht werden (denn dann hätte man mein NTE-Erklärungsmodell finden müssen) oder aber dass mit betrügerischer Absicht vorsätzlich falsch informiert wird. Beides ist aber ein Verstoß gegen journalistische Qualitätsstandards.
    Ich habe deshalb beim NDR-Rundfunkrat eine Beschwerde eingereicht, mit der Bitte/Aufforderung diesen Beitrag als unseriös zu kennzeichnen oder zurück zu nehmen.

    Ich möchte die bei dieser Art von Berichterstattung erkennbare unseriöse Arbeitsweise an einem Beispiel verdeutlichen:
    Wenn Journalisten in einem Beitrag über die Form der Erde nur ausschließlich solche Leute zu Wort kommen lassen welche die Meinung vertreten, dass die Erde eine Scheibe ist; dann darf man dies tun – wegen der journalistischen Freiheit.
    Diese suggestiv manipulative Vorgehensweise mit dem absichtlichen(!) Weglassen wichtigster Information ist aber unseriös – da eine Recherche ergeben hätte, dass es auch Leute gibt, welche behaupten dass die Erde kugelförmig ist. Mit dem Weglassen dieser Info ist der Beitrag zu 100 % falsch.

    Wer will, kann gerne alle verfügbaren Medienberichte zum Thema NTE anhören/-sehen – es gibt keinen einzigen Beitrag, in dem auch nur mit einem einzigen Wort darauf hingewiesen wird, dass ich ein komplettes NTE-Erklärungsmodell veröffentlicht habe: d.h. diese Beiträge sind zu 100 % falsch.

    D.h. kein einziger Beitrag erfüllt das von Ihnen Herr Dr. Blume geforderte Kriterium ´2. Wahrheitsorientierung´.

    Ich habe kürzlich in meinen Unterlagen nachgesehen: weil in Berichten des Bayerischen Rundfunks (BR) die NTEs immer als unerklärbar dargestellt werden – habe ich seit 2010 ca. 35 Personen/Abteilungen kontaktiert und darauf hingewiesen, dass NTEs komplett erklärbar sind. Aktueller Stand ist – dass man mir mitgeteilt hat, dass man keinen weiteren Bedarf an Kontakten zu diesem Thema sieht – die Falschmeldungen wurden nicht korrigiert: d.h. wenn man Leute kontaktiert die dies nicht möchten, dann wäre dies Stalking.

    In dem Bemühen, beim BR eine ´Wahrheitsorientierung´ einzufordern habe ich sämtliche Instanzen kontaktiert – von Mitarbeitern bis hin zur Intendantin und dem Rundfunkrat: erfolglos.
    Quelle: Mein Buch ´Kinseher Richard: Pfusch, Betrug, Nahtod-Erfahrung´ ist seit 2014 im Handel. Ich habe dieses Buch mit einer Beschwerde zum BR geschickt – und bekam es original in Folie verschweisst wieder zurück.
    Wahrheitsorientierung sieht anders aus!

  4. Bin ich auch manchmal so kindisch egozentriert? Dann bitte aufwecken.

    Ansonsten: Gelungener und treffender Beitrag. Kann ich so unterschreiben; und glaub mir: Ich mach´s mir nicht leicht mit Dir einer Meinung zu sein 😉

    • Das Kind im Manne gehört m.E. gepflegt, @Uli Schoppe. Dies gerade auch, weil ihm digitale Ego-Spiele noch fremd sind und es Kindheit nicht abwertend, sondern selbstverständlich anführen würde.

      Ihnen Dank für das lebendige und fast immer konstruktive Interesse!

  5. Was ich nicht verstehe ist das das Stillhalten im Bezug auf 3b aufrecht erhalten wird / werden kann wenn doch eigentlich klar ist das das Gesetz konform ist in dem Punkt?

    Mal davon abgesehen das ich es für Unrecht halte / es so empfinde das nicht wenn schon dann die Durchsetzung für ALLE ausgesetzt wird wenn das Gesetz hinterfragungswürdig ist in einem Punkt…

    • Ja, @Uli Schoppe – das finde ich, wie geschrieben, auch sehr schwierig. Aus meiner Sicht sollten von der Legislative / den Parlamenten beschlossene Gesetze grundsätzlich gelten – Deals dagegen mit internationalen Konzernen finde ich schwierig. Neben den Abgeordneten bewegt mich dabei auch das Recht des Bundesrates – werden die Bundesländer gehört, wenn doch das von ihnen mitbeschlossene Recht von Bundesorganen und Teilen der Judikative außer Kraft gesetzt wird? Gerade auch Medienrecht war ja nach der NS-Katastrophe bewusst als föderales Länderrecht angelegt worden und sollte m.E. nicht durch den Bund unterlaufen werden.

      Bin sehr gespannt, was sich im Verlaufe dieses Rechtsstreites noch alles ergeben wird.

  6. Herr Blume,
    Sie schrieben am 7. November 2022 auf Twitter:
    „Solange der Rechtslibertäre #ElonMusk mit #Twitter auch das demokrat. System der USA attackiert, lasse ich diesen Account ruhen.“

    Das verschafft Ihnen offensichtlich (mehr) Zeit auf Scilogs – nach Ihrer eigenen Bewertung auf Twitter – als „demokratischer Föderalist“ zu publizieren.

    Zum Verständnis
    Das Adjektiv »demokratisch« wird landläufig verwendet, auch von denen die Sie als nicht-demokratisch bezeichnen (würden). Meinen Sie mit »Föderalist« einen Befürworter des Konzeptes der Vereinigten Staaten von Europa?

    Als zeitreicher Mensch kommentiere ich – hin und wieder – auch Ihre Beiträge auf Scilogs, sofern diese „Ihre Vormoderation überstehen“. Auch wenn ich Ihre Ansichten meist nicht teile, so stimme ich Ihnen zu, dass persönliche Beleidigungen nicht stattfinden sollten.

    Allgemein gilt jedoch demokratisch betrachtet:
    Vormoderation als solche ist – da methodisch intransparent – nicht „demokratisch“.

    Vormoderation ist die Unart dass viele Blogbetreiber Kommentare nach ihren zeitlichen Vorstellungen veröffentlichen oder zensieren. Das bedeutet, der Kommentarschreiber verfasst einen Kommentar, den er auf die scilogs-Ebene hochlädt. Dieser Kommentar wird dann erst „freigeschaltet“ und erscheint als Kommentar, wenn der „Blog-Herr“ dies wünscht.

    Die Ergebnisse sehen dann so aus: Der angegebene Zeitpunkt der Kommentarveröffentlichung stimmt nicht. Denn das Datum und die Uhrzeit beziehen sich nicht auf den Zeitpunkt der Kommentarveröffentlichung, sondern auf den Zeitpunkt, als der Kommentar auf die Scilogs-Ebene hochgeladen wurde. Sollte (m)ein kritischer Kommentar veröffentlicht werden, erfolgt nicht selten „zeitgleich“ bereits der Erwiderungskommentar des Autors. Das suggeriert fälschlicherweise, daß (m)ein kritischer Kommentar manchmal für einen Tag oder länger bereits unkommentiert wahrnehmbar war.

    Des Weiteren können zu jedem Zeitpunkt (auch weitere) Erwiderungskommentare vom Blogbetreiber ohne Leserwahrnehmung bereits vor der Veröffentlichung gelöscht werden.

    Wie würde ein demokratischer Artikelautor mit Kommentarbeiträgen umgehen?

    Dieser würde ungesehen erst einmal alle Kommentare zulassen. Bedeutet: Jemand der einen Kommentar verfasst hat, kann diesen zu seinem gewünschten Zeitpunkt zu einem Blogartikel veröffentlichen.

    Sollte der Kommentarschreiber signifikant und wiederholt vom eigentlichen Blog-Thema abweichen, so würde ein Demokrat darauf in einem Erwiderungskommentar sachlich hinweisen (1.Ermahnung bei der „Sache“ zu bleiben). Wenn nötig folgt eine weitere „schärfere 2.Ermahnung. Sollte dies nichts bewirken würden weitere „Störkommentare“ nachträglich transparent gelöscht werden. Das bedeutet: Kommentar von @Kommentator X vom [Veröffentlichungsdatum] am [Löschdatum] gelöscht. Grund: off-topic-Wiederholung

    Was nicht sein sollte, ist einen off-topic Erstkommentar löschen. Praktischer und leserinformativer Hintergrund: Die Kommentarmitleser können selbst erkennen, warum ein off-topic-Wiederholungs-Schreiber-Kommentar gelöscht wurde.

    Sollte es zu Beleidigungen einer Person als Artikelautor oder zu Beleidigungen anderer Kommentarschreiber kommen, so wird der Beleidiger aufgefordert, sich zu entschuldigen. Geschieht dies nicht wird bei ausbleibender Entschuldigung und/oder im Wiederholungsfall einer Beleidigung der nächste Kommentar dieser Person gelöscht (Kommentar von @Kommentator X vom [Veröffentlichungsdatum] am [Löschdatum] gelöscht. Grund: Ausbleibende Entschuldigung oder Wiederholte Beleidigung])

    Ob Artikel-Autoren Kommentare erwidern, hängt erst einmal davon ab, ob sie direkt „angesprochen“ werden. Ansonsten denke ich, dass eine „fließende“ Diskussion unter Kommentarschreibern nicht durch die Artikelautor-Sicht zu oft beeinflusst werden sollte, da der Schreiber-Artikel-Standpunkt bereits ausführlich dargelegt werden konnte.

    Des Weiteren wäre am Artikelende eine Email-Adresse sinnvoll. Damit die Möglichkeit besteht, auch unabhängig vom Kommentarfeld mal eine Information oder Frage, die – aus welchen Gründen auch immer – im Kommentarfeld fehl am Platze ist, kommunizierbar ist.

    • Nein, @Dirk Freyling – die Freischaltung und Beantwortung von Kommentaren ist eine Leistung, die ich wie das gesamte Bloggen auch FREIWILLIG erbringe. Sie haben hier nur jene Ansprüche, die ich Ihnen einräume. Und wenn es Ihnen nicht passt, dürfen Sie gerne gehen und übrigens auch selber bloggen. Sie würden dann wiederum merken, wo auch Ihre Grenzen sind.

      Freiheit ist nicht nur Ihre Freiheit, sondern die Freiheit von uns allen. Wir können ja auch nur deswegen am Straßenverkehr teilnehmen, weil es gemeinsame Regeln gibt, an die sich sogar SUV-Fahrer halten müssen.

      Ich schenke Ihnen auch gerne zukünftig etwas von meiner Zeit. Aber daraus erwachsen Ihnen keinerlei Ansprüche. Denn auch ich bin frei.

      Meine Überzeugungen wurzeln im alpinen Föderalismus, der sehr viel älter ist als die USA 🇺🇸 & diese mitgeprägt hat. Vgl. beispielhaft Amalie & Gustav Struve, die ich am Lörracher Revolutionstag gerne würdigte:

      https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/revolutionsrede-zum-struwwelputsch-am-21-8-1848-in-loerrach-die-revolution-traegt-deinen-namen/

      Beste Grüße!

  7. Gerade auch Medienrecht war ja nach der NS-Katastrophe bewusst als föderales Länderrecht angelegt worden und sollte m.E. nicht durch den Bund unterlaufen werden.

    Danke @Michael Blume, das hatte ich so gar nicht auf dem Schirm. Und es macht einen echten Punkt. Und reiht sich zu dem Argument das gerade der eigentliche Gesetzgeber übergangen wird.

    • Gerne, @Uli Schoppe. Mich interessiert die Architektur von Medien immer besonders – und der ÖRR sowie das föderale Medienrecht in Deutschland waren direkte Reaktionen auf den Zusammenbruch der Weimarer Republik. Noch viel zu wenig beachtet wird dabei die Rolle von Alfred Hugenberg, vgl.

      https://de.m.wikipedia.org/wiki/Alfred_Hugenberg

      Entsprechend der Stärkung des föderalen Ansatzes habe ich inzwischen mit dem Aufbau eines Mastodon-Accounts begonnen: @BlumeEvolution@sueden.social

      Nochmal Danke für das Interesse!

  8. Ergänzend beigebracht :

    -> https://www.basicthinking.de/blog/2022/02/01/netzdg-twitter-klagt-gegenmeldepflicht/ (Textprobe : ‘Seit dem 1. Februar 2022 verpflichtet das Netzwerkdurchsetzungsgesetz die „großen“ sozialen Medien dazu, potenziell strafbare Inhalte an das Bundeskriminalamt zu übermitteln. Doch die Plattformbetreiber wehren sich. Nach Google, TikTok und Meta hat nun auch Twitter Klage eingereicht.’)

    Vier Anmerkungen :

    1.) “Twitter” und anderen sog. Social Media-Unternehmen kann aus diesseitiger Sicht nur schlecht abverlangt werden selbst zu urteilen, was in der BRD (und in anderen Ländern) rechtlich zulässig ist i.p. Meinungsäußerung.
    Kann nicht Staatsanwalt werden, sozusagen.

    2.) “Twitter” müsste insofern eine Schnittstelle der Rechtspflege in der BRD fortlaufend bedienen, die sich auf Verdachtsfälle bezieht und Nutzerdaten wie beschrieben zur Prüfung weiterreicht.
    Denkt, wie andere sog. Social Media-Unternehmen nicht daran, mitzumachen.

    3.) “Twitter” kann so, wenn es mitmacht, in wie hier gemeinte internationale Fälle des Rechts geraten, die sich widersprechen.
    Was in einem Land als Meinung strafbar ist, könnte in einem anderen Land durch spezielle Gesetzgebung in seiner Verbreitung (!) explizit geschützt sein.

    4.) Es wird da wohl aktuell auf Bundesminister-Ebene mit “Twitter” verhandelt, ein sog. Deal scheint aus diesseitiger Sicht auch angeraten zu sein, soweit Dr. W richtig verstanden hat.
    Der beschriebene Fall ist vermutlich in diesem Kontext zu sehen.

    Mit freundlichen Grüßen
    Dr. Webbaer (der es natürlich ganz schrecklich findet, wenn wie beschrieben verleumdet worden ist, so wird dann hoffentlich von “Twitter” zeitnah gelöscht, wenn es rechtlich klar ist, in den Staaten geht auch nicht Alles i.p. Freiheit der Meinungsäußerung, wobei sich “Twitter” ja selbst weitreichende Richtlinien (freiwillig) gegeben hat, die dann gar keine Rechtspflege benötigen)

    • Danke, @Webbaer. Das Problem sehe ich freilich auch umgekehrt: Wenn das Löschen von juristischen Entscheidungen abhängig gemacht wird, dann können nur noch jene Menschen ihre Menschenwürde verteidigen, die sich Rechtsbeistände leisten können. Wir haben ja z.B. gerade in den USA gesehen, wie der Millionenerbe Donald Trump einerseits andere Menschen bepöbelte, andererseits die Herausgabe seiner Steuerunterlagen in teuren Prozessen jahrelang verzögerte!

      Wikipedia und Mastodon scheinen mir dagegen gute Beispiele zu sein, wie Ehren- und Hauptamtliche selbst föderale Medienstrukturen organisieren – und zwar weniger politisch verzerrt als gewinnorientierte, internationale Medienkonzerne.

      • Korrekt angemerkt, in einigen Staaten, auch in der BRD gibt es sozusagen Armenrecht, diese kleine Anmerkung zu :

        Wenn das Löschen von juristischen Entscheidungen abhängig gemacht wird, dann können nur noch jene Menschen ihre Menschenwürde verteidigen, die sich Rechtsbeistände leisten können. [Ihre Nachricht]

        Auch ist es so, dass im Web auch in Abwesenheit schlecht über eine Person gesprochen werden könnte, die im Gegensatz zu Ihnen, nie sog. allgemeinen Geschäftsbedingungen zugestimmt hat.
        Nie Teil wie gemeinter Veranstaltung war.

        Es könnte dann sozusagen auch von dritter Seite geklagt werden.

        Denkbarerweise ist Elon Musk im ausgleichenden Sinne unterwegs, an seiner Verständigkeit wird hier nicht gezweifelt, es liegt insofern vermutlich keine Aversion vor, sondern es bleiben Grundsätzlichkeiten, wie oben beschrieben, einzuregeln.

        Mit freundlichen Grüßen
        Dr. Webbaer

  9. 1.) “Twitter” und anderen sog. Social Media-Unternehmen kann aus diesseitiger Sicht nur schlecht abverlangt werden selbst zu urteilen, was in der BRD (und in anderen Ländern) rechtlich zulässig ist i.p. Meinungsäußerung.

    Aber M$ kann “kleinen” Usern das Konto sperren, weil seine Bots nacktes gesehen haben? Warum sollte Twitter dann keine offensichtlich kriminellen Inhalte finden können?

    Wer in Rhodos Geld verdienen will, muß in Rhodos die Gesetze beachten.

    • ‘Rhodos’ wäre in diesem Fall in den Staaten, sicherlich ist AGBs gefolgt worden, wenn bei “Twitter” teilgenommen worden, sog. Netiquette wie Rechtspflege anerkannt worden ist. [1]
      “Twitter” kann wohl (mittlerweile) auf besonderer Al­go­rith­mik beruhend “Porno” erkennen, bei bösen Nachrichten kann hier Automatisiertes nur helfen, nicht letztlich bestimmen.
      Es würde vermutlich das Ende des wie gemeinten Kurznachrichtendienstes bedeuten, wenn ihm gerichtlich abverlangt wird, zeitnah böse und (regional!) rechtlich relevante Kommentare zu löschen, vielleicht gar auch die Urheberkonten.
      Genau deshalb finden wohl auf bundesdeutscher Ministerebene Verhandlungen statt.
      MFG
      WB
      [1]
      Es kann natürlich auch von Dritter Seite geklagt werden, wegen Libel, so heißt dies in den Staaten, auch dies wäre für den Schreiber dieser Zeilen interessant.
      (Denn, was in den Staaten gesagt werden darf, darf nicht selten in Europa nicht gesagt werden.)

  10. Gerade wurde in Nachrichten berichtet, dass Elon Musk mit seiner Firma Neuralink bald einen N1-Hirnchip in die Hirne von Menschen einsetzen will.
    Damit sollen z.B. gelähmte Leute in die Lage versetzt werden, dass man Computertastaturen per Gedankensteuerung bedient.

    Diese Nachricht ist für das Blogthema deshalb von Interesse – weil wegen der Falschmeldungen in den Medien das Thema ´Nahtod-Erfahrung´(NTE) nie ernsthaft erforscht wurde.

    NTEs sind nichts anderes als ein bewusst erlebbarer Erinnerungsvorgang, bei dem man bewusst erleben kann, wie das Gehirn einen einzelnen Reiz/Gedanken systematisch verarbeitet. Analysiert man die dabei erkennbaren Inhalte/Strukturen – dann lässt sich DENKEN als Ergebnis einer Mustervergleichsaktivität mit drei einfachen Regeln beschreiben.
    Gedanken haben keine Dauer und keinen echten Zusammenhang sondern sind nur Ergebnis von rasch aufeinander folgenden, unabhängigen neuronalen Einzelaktivitäten.

    Und damit sind wir wieder bei Elon Musk: Solche Hirnimplantate, wie geplant, kann man nur bedienen wenn man sich voll auf deren Bedienung konzentriert.
    Dieses Konzentrieren führt aber schnell zu Erschöpfung – so dass damit nur kurzzeitig brauchbar gearbeitet werden kann.

    Man darf gespannt sein, was die Medien zu den Ideen von Elon Musk berichten. Ich hoffe dass meine obigen Hinweise ausreichen um zu zeigen, dass man sich von solchen Hirnchips nicht allzuviel erwarten darf

  11. Tach Dottore,
    sin Sie immer so schnell eingeschnappt?
    In der Grundschule gab’s so einen kleinen Prinzen, der kultivierte das ganze vier Jahre. Danach ging’s auf die Hauptschule.
    Den Namen hab ich leider vergessen.
    Puoi adiutarmi?
    Saluti da Colonia

    • Nein, @Gerd Mosbach – keine Sorge! Ich bin ganz und gar nicht „eingeschnappt“, sondern habe das traditionelle „Tässle Kaffee“ ☕️ inzwischen mit großer Resonanz ins werbe- und trollfreie #Fediversum von #Mastodon verlegt! Mein dortiger Account @BlumeEvolution@sueden.social hat bereits knapp 2000 Follows. Und es werden täglich mehr!

      Sie sollten sich also m.E. eher Sorgen um den Twitter-Crashkurs Ihres Prinzen Elon Musk machen, der gegenüber seinen abhängig Beschäftigten, Investoren, Kreditgebern und auch den viel zu geduldigen Demokratien unfassbare, rechtslibertäre Schäden anrichtet. Immerhin werden so die Schwächen des Aufmerksamkeitskapitalismus für alle sichtbar…

  12. Vorab, ich kann auch nicht nachvollziehen warum die beklagten Kommentare Bestand haben sollten.

    Auf der anderen Seite sollte man das Internet nicht so an die Kette legen wie einen diplomatische Treff von Regierungen. Damit würde man den demokratischen Diskurs mit abwürgen.

    Internet ist wie Stammtisch, allerdings (leider) etwas öffentlicher. Auf der anderen Seite wird soviel gepostet das das schneller im Rauschen untergeht.

    Wo jetzt die goldene Mitte ist, gilt möglicherweise noch zu ermitteln.
    Aus meiner Sicht sollte man mehr auf den sozialen Faktor setzen, Gesetze haben wir genug, der hat in der Anfangszeit gut funktioniert. Technisch könnte man das zB mit einem Bewertungssystem durch Nutzer umsetzen.

    • Habe als Liberaler weiterhin große Sympathie für Meinungsfreiheit, @M2. Doch es waren und sind die Verbreiter von Verschwörungsmythen und Lügen, die auch diese Freiheit missbrauchen. Die ganze Welt sieht gerade, in welche Abgründe Twitter durch Musks Massenentlassungen und „Free Speech“-Doktrin gestürzt ist. Ohne die Regeln und auch Schranken des Gesetzes bricht jede Freiheit zusammen.

      Hier ein Podcast-Interview mit mir und Chan-jo Jun zu unserer Klage gegen Twitter International:

      https://www.ardaudiothek.de/episode/hr-info-netzwelt/zwei-gegen-twitter-klage-gegen-den-kurznachrichtendienst/hr-info/12135945/

      Ihnen die besten Grüße

      • Wie ich bereits schrieb, bin ich durchaus für die Anwendung der Gesetze. Ich würde mich auch gegen Beleidigung, Rufschädigung usw wehren. Ich bin nur gegen deren schwammige Ausweitung. Im vorrauseilendem Gehorsam wird dann mehr gelöscht als erforderlich. Wenn der Staat Vorgaben macht was richtig und was falsch ist, dann ist das antidemokratisch. Ich will nicht sagen das wir da bereits sind, aber es geht tlw in die Richtung. Deshalb der Lösungsvorschlag mit dem sozialen Filter.

        “Musks Massenentlassungen” – Twitter ist defizitär, deshalb wurde das auch verkauft. Den Zusammenhang zu strafrechtlichen Posts sehe ich nicht. Musk wird sich auch an Gesetze halten müssen. Bin kein Twitter Fan, Twitter war seit jeher ein Sumpf, hab den Eindruck jetzt wird das alles Musk angeheftet.

        Der Umgang mit Verschwörungsmythen, wenn sie strafrechtlich relevant sind, dafür gibts Gerichte. Ansonsten Sachen wie flache Erde, seh ich kein Problem.
        Wahlbetrug, den gibts tatsächlich in USA, zB Ausgrenzung von Farbigen. Wer soll da entscheiden ist ein bestimmter Vorfall jetzt richtig oder falsch? Das hat einmal funktioniert, aber ich denke so schnell kein 2. Mal. Man muss da auch ein bisschen Vertrauen in die Demokratie haben.

        ps: zu ihrer Klage, hab das Video gesehen, ja mal schauen was am Ende rauskommt.

        • Vielen Dank für Ihren konstruktiven Kommentar, @M2!

          Darf ich wegen eines offenkundigen Widerspruchs nachfragen, der mich tatsächlich auch selbst beschäftigt und interessiert?

          Sie schreiben einerseits: “Wenn der Staat Vorgaben macht was richtig und was falsch ist, dann ist das antidemokratisch.”

          Andererseits aber fürchten Sie, dass die Konzerne etwa aufgrund eigener AGBs zuviel löschen könnten (sog. Overblocking): “Wie ich bereits schrieb, bin ich durchaus für die Anwendung der Gesetze. Ich würde mich auch gegen Beleidigung, Rufschädigung usw wehren. Ich bin nur gegen deren schwammige Ausweitung. Im vorrauseilendem Gehorsam wird dann mehr gelöscht als erforderlich.”

          Soweit ich sehe, verweisen Sie als “Lösungsvorschlag” auf nicht von Menschen betriebene Algorithmen als “sozialen Filter”. Aber würden genau diese dann nicht – je nach Programmierung – zu vielen Fehlentscheidungen (in beide Richtungen) führen? Und müssten über Widersprüche gegen Löschungen und Blocks dann nicht doch wieder Menschen in Konzernen oder Gerichten entscheiden?

          Also, ganz konkret: Wenn der Staat keine strengen “Vorgaben” machen soll und wiederum die Konzerne keinen “vorauseilenden Gehorsam” leisten sollen – wer soll denn dann über Löschungen und Blockierungen entscheiden? In den klassischen Medien – Zeitungen, Radios etc. – war dies in liberalen Demokratien normalerweise die Aufgabe der Redaktionen.

          Ihre ehrliche Meinung dazu würde mich sehr interessieren, gerne auch ausführlicher! (Und ja, das gilt für alle Mitlesenden. Ich halte das für eine Kernfrage.)

          • Mit sozialem Filter meine ich tatsächlich Menschen. Ein aktuelles Beispiel ist Mastodon. Da gibt es nicht die finanziellen und tlw nicht die technischen Möglichkeiten Löschkolonnen zu beschäftigen. Da werden andere Server die man nicht haben will geblockt.

            Für Twitter, da quasi nur 1 Server, könnte man via Like und Dislike System blocken. Zuviele Dislikes führen irgendwann zum Block oder tauchen zumindest nirgenwo mehr von alleine auf. Bei Redit wird das im Ansatz gemacht, da werden die nach unten sortiert oder hellgrau.

          • Danke, @M2. Also das Prinzip #Fediversum bzw. #Wikiversum, demokratische Selbstorganisation auf Spendenbasis. Ja, das funktioniert bei Mastodon und Wikipedia. Finde ich gut, zahle seit Jahren Wikimedia-Mitgliedsbeitrag und reiche das “Tässle Kaffee” inzwischen beim Urtier.

            Aber: Das Ehrenamt kann und wird keine Konzernangebote reparieren. Ich glaube nicht, dass sich Abertausende demokratische Deutschsprachige z.B. anstelle der gefeuerten Mitarbeiter:innen von Elon Musk einspannen lassen. Und ein blosses Up- oder Downvoting von strafbaren Inhalten würde Ihnen als etwa von Verleumdung Betroffener ja auch nicht reichen.

  13. Ich meine kein Ehrenamt, sondern die Benutzer selbst.

    “Und ein blosses Up- oder Downvoting von strafbaren Inhalten würde Ihnen als etwa von Verleumdung Betroffener ja auch nicht reichen.”

    Davon war nie die Rede. Wie ich bereits schrieb “bin ich … für die Anwendung der Gesetze”. Es ging um die Sachen die nicht ! davon abgedeckt sind. Ausserdem können Sachen die nicht rechtlich verfolgt werden, sei es wegen der Masse, können damit geblockt werden.
    Was anderes machen die Leute bei Twitter btw auch nicht, die machen ja auch keine Rechtsverfolgung.

    ich schrieb:
    “Zuviele Dislikes führen irgendwann zum Block oder tauchen zumindest nirgenwo mehr von alleine auf. ”
    das ist erheblich mehr als ” blosses Up- oder Downvoting”

    Das funktioniert wenn mans mal durchdenkt. Es gibt auch reale Beispiele dafür.

    Was sie meinen mit Spenden für Mastodon, da gehts um die Finanzierung der Server, das hat mit dem Thema nichts zu tun. Ich bezog mich aufs Blocken von Inhalten.

    Sie klammern sich zusehr an Musk, hier gehts aber um eine generelle Lösung nicht nur für twitter.

    • Tja, wenn es um die „Einhaltung von Gesetzen“ geht – Elon Musk hat laut CNN u.a. bereits einen mehrfach verurteilten Neonazi und Holocaust-Leugner wieder freischalten lassen:

      https://edition.cnn.com/2022/12/05/opinions/elon-musk-twitter-obeidallah/index.html

      Die von Ihnen angemahnte Selbstorganisation von nicht-strafbaren Inhalten findet im Fediversum, vor allem auf Wikipedia und Mastodon, bereits erfolgreich statt. Ich bezweifle „nur“, dass sich Tausende reflektierte Ehrenamtliche dauerhaft für profitorientierte Konzerne ausbeuten lassen. Die Leute sind doch nicht doof.

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