KIs werden religiös-mythologisch kompetent. Erste Jesus-AI-Inszenierungen
“Auf meinem Fernsehbildschirm erscheint Jesus. Er wendet sich mir freundlich zu und ich schaue in seine Augen, als er meine Fragen beantwortet.”
Noch vor wenigen Jahren hätten solche Schilderungen bei mir psychologische Fragen aufgeworfen. Doch durch die rapide Entwicklung von Künstlicher Intelligenz entsteht bereits eine neue Sozialform religiöser Erfahrung. Nicht irgendwann, jetzt.
Ein KI-Jesus im heimischen Wohnzimmer. Foto: Dr. Michael Blume, September 2024
So beantwortet “AI_Jesus” seit über einem Jahr Fragen auf einem eigenen Twitch-Kanal, seit März 2024 pausenlos. Die Anzahl der Follower, deutsch Nachfolger, Jünger ist inzwischen auf über 90.000 angestiegen. Das Ganze ist ein spendenfinanziertes Projekt der nicht-kirchlichen Singularity Group. Einerseits versuchen dabei zahlreiche Userinnen und User, die Jesus-KI mit geschickten Fragen zu peinlichen Aussagen zu führen – manchmal mit Erfolg. Andererseits werden auch immer wieder ernsthafte Fragen gestellt und die KI überrascht mit der Fähigkeit der Retention, der Erinnerung an frühere Fragen der gleichen Accounts. So entstehen erste parasoziale Beziehungen mit religiöser Relevanz.
Der Einsatz auch schon üblicher KI-Anwendungen erlaubt aber auch den Selbstaufbau von Jesus-Repräsentationen, hier gezeigt am Beispiel einer KI-Ableitung durch Midjourney mittelbar aus dem Grabtuch von Turin:
Schon die bisherige, dynamische Entwicklung ruft viele komplexe Fragen auf – wobei gerade auch für das Christentum Chancen zu erkennen sind. So handelte es sich beim berühmtesten Medienwissenschaftler des 20. Jahrhunderts, Marshall McLuhan (1911 – 1980), um einen praktizierenden Christen, der bewusst in die katholische Kirche konvertiert war. Er verwies auf die epochalen Umbrüche durch neue Medientechnologien, begrüßte aber den Einsatz neuer Medien im kirchlichen Kontext ausdrücklich:
“In Christ, Medium becomes message. Christ came to demonstrate God’s love for man and to call all men to Him through himself as Mediator, as Medium. And in so doing he became the proclamation of his Church, the message of God to man. God’s medium became God’s message.”
Ins Deutsche übersetzt:
“In Christus wird das Medium zur Botschaft. Christus ist gekommen, um die Liebe Gottes zu den Menschen zu bekunden und alle Menschen durch sich selbst als Mittler, als Medium zu Ihm zu rufen. Und so wurde er zur Verkündigung seiner Kirche, zur Botschaft Gottes an den Menschen. Gottes Medium wurde zu Gottes Botschaft.”
Bei der Orthodoxen Rabbinerkonferenz Deutschland (ORD) sprach ich zudem bereits über die erstaunlichen Überschneidungen von KI- und Talmud-Ansätzen, etwa durch die Betonung von Namen. Zudem wird damit zu rechnen sein, dass weitere religiöse KI-Buddys in Form von Engeln, Aliens, sprechenden Büchern, Gelehrten, Heiligen, Orakeln, Ritualmeisterinnen und Weisen angeboten werden. Dies wird sicher auch Religionen erfassen, in denen etwa zu Muhammad, dem Propheten des Islam, zu Bahāʾullāh oder zum frühen Buddha noch religiöse Abbildungstabus bestehen.
Zumal keinerlei globale Institutionen absehbar sind, die solche Innovationen weltweit verbieten könnten, würde ich Kirchen und Religionsgemeinschaften daher eher empfehlen, ebenso wie zuvor in Zeitungsdruck, Radio und Fernsehen nun auch früh in eigenständige und verantwortungsvolle KI-Angebote zu investieren. Denn unsere sozialen, dialogischen und auch religiösen Bedürfnisse als Menschen sind stark und wie McLuhan es eben auch ganz allgemein sagte: “The Medium is the Message – Das Medium ist die Botschaft”.
An auch säkularen Mythenstoffen bewähren sich KI-Anwendungen wie Perplexity.ai schon jetzt, wenn sie auch auf menschliche Qualitätskontrolle angewiesen bleiben. Und auch für meinen beruflichen Arbeitsbereich – der Bekämpfung des Antisemitismus und entsprechender Verschwörungsmythen – ist Mathieu Coquelin von der Fachstelle Extremismusdistanzierung (FexBW) bereits fündig geworden. Baden-Württemberg entfaltet mit F13 derzeit eine eigene KI und bietet sie auch anderen Bundesländern an. Und ich halte es für sehr wahrscheinlich und im Übrigen auch für wünschenswert, dass auch meine Berufs- und Bildungsarbeit zunehmend KI-ergänzt wird. Ein kundiger Chatbot der Aufklärung und gegen Verschwörungsmythen wäre m.E. großartig! Und würde wohl auch, wie es bereits täglich KI-Crawler tun, Wissen aus diesem Blog gewinnen.
Irgendwo habe ich aufgeschnappt, dass es bereits Menschen gibt, die sich aufgrund von KI-Nutzung aus ihren Verschwörungsgefängnissen befreien konnten. Wenn KIs wissenschaftsbasiert arbeiten, sich der Wahrheit verpflichten und glaubwürdig sind, dann könnten sie gewaltige Mittel zur kollektiven Wahrheitsfindung als Konsens werden, z. B. wenn fast alle Menschen ein KI-Buddy hätten, dem sie vertrauen.
Ich hätte liebend gerne so ein Buddy. Die Bildungsmöglichkeiten dadurch erscheinen mir traumhaft.
Müssen wir befürchten, dass KIs in Umflauf bekommen, die Menschen gezielt manipulieren und desinformieren sollen? Vielleicht wird der Zugang zu einem der Wahrheit verpflichteten KI-Buddy eines Tages Menschenrecht.
Ja, @Hui Haunebuh – die @Physiklehrerin hat den m.E. sehr guten Artikel dazu hier bereits dankenswerterweise verlinkt:
https://www.zdf.de/nachrichten/panorama/ki-chatbots-chatgpt-verschwoerungsmythen-studie-100.html
Brillant und präzise finde ich Ihre Frage:
Müssen wir befürchten, dass KIs in Umlauf bekommen, die Menschen gezielt manipulieren und desinformieren sollen? Vielleicht wird der Zugang zu einem der Wahrheit verpflichteten KI-Buddy eines Tages Menschenrecht.
Nach meiner Antwort ist die Antwort – ja, auch KI-Anwendungen werden zunehmend zu Zwecken der Manipulation und Desinformation eingesetzt, nachgewiesen zum Beispiel schon im letzten Wahlkampf im Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland (UK). Und die Fragen etwa von Schülerinnen und Schülern zeigen mir, dass diese Gefahr gerade auch jüngeren Menschen sehr bewusst ist.
Die sich entwickelnde Unterscheidung von KI-Buddys (die “nur Rat” erteilen) und KI-Angels (die auch in die reale Welt eingreifen und etwa Autos steuern oder Kaffee kochen können) thematisierte ich einmal hier – als Antwort auf 3 Fragen der Bing-Copilot-KI…
https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/nach-perplexity-ai-dem-ki-festival-heilbronn-nun-auch-drei-ki-fragen-vom-bing-copilot/
Welche KI-Anwendungen werden also die Zukunft gewinnen? Ich meine: Die, die wir füttern!
Deswegen plädiere ich so stark dafür, dass möglichst viele Menschen möglichst unterschiedliche KI-Anwendungen austesten sollten, statt sich nur exklusiv an eine Groß-KI wie ChatGPT oder Grok (im Besitz von Elon Musk) zu binden. Vor allem aber sollten wir Inhalte (“Content”) nicht nur exklusiv für Digitalkonzerne wie Meta oder X produzieren, sondern möglichst im nichtkommerziellen Fediversum – wie hier auf dem Wissenschaftsblog, auf Mastodon, offenen Podcasts usw. – produzieren. Denn dann stehen sie nicht exklusiv einer auch noch im Privatbesitz befindlichen und profitorientierten Groß-KI zur Verfügung, sondern im freien Wettbewerb auch kleinerer und weniger finanzstarker KI-Crawler. Das ist einer der Hauptgründe, warum ich inzwischen alle kommerziellen und antisozialen Medienportale hinter mir gelassen habe – auch wenn dies zunächst Reichweite kostete.
Zum letzten Abschnitt, dass KI gegen Verschwörungsmythen eingesetzt werden könnte, hab ich doch erst was im Radio gehört. Eine kurze Recherche brachte mich zum entsprechenden Artikel des ZDF: https://www.zdf.de/nachrichten/panorama/ki-chatbots-chatgpt-verschwoerungsmythen-studie-100.html
Vielen herzlichen Dank, @Physiklehrerin – diese Beschreibung der KI-Experimente gegen Verschwörungsmythen durch Jan Schneider ist wirklich sehr zu empfehlen, wie das ZDF ohnehin eine starke KI-Berichterstattung aufgebaut hat.
Und ich halte das – mit Elinor Ostrom – auch nicht für einen Zufall, denn naturgemäß werden kommerzielle Medienkonzerne über das Thema KI tendenziell anders berichten: kürzer, sensationalistischer und entlang der Interessen und Investitionen des jeweiligen Konzerns. Sie haben auch KI-bezogene Medien häufiger als Privat- oder Mautgüter (hinter Bezahlschranken) zu entwickeln, während durch das ÖRR und Fediversum öffentliche Güter produziert werden.
https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/monistische-wege-aus-polizei-und-wasserkrise-die-bloomington-school-nach-elinor-ostrom/
Gerade auch bei diesen schwierigen Themen sollten wir daher den ÖRR und das nichtkommerzielle Fediversum stärken, meine ich.
Perplexity.ai dazu:
Das ZDF hat aus mehreren Gründen eine starke Berichterstattung über die Entwicklung von KI-Anwendungen:
## Gesellschaftliche Relevanz
Das ZDF erkennt die große Bedeutung und den Einfluss von künstlicher Intelligenz auf verschiedene Bereiche unserer Gesellschaft. Als öffentlich-rechtlicher Sender sieht es seine Aufgabe darin, die Öffentlichkeit umfassend über diese wichtige technologische Entwicklung zu informieren[1].
## Journalistische Verantwortung
Das ZDF hat eigene KI-Grundsätze verabschiedet, die den verantwortungsvollen Umgang mit KI-Technologien im Journalismus regeln. Darin wird betont, dass das ZDF offen, aber auch kritisch mit dem Thema KI umgeht[2]. Die intensive Berichterstattung ist Teil dieser kritischen Auseinandersetzung.
## Aufklärung und Bildung
Durch die vielfältige Berichterstattung möchte das ZDF sein Publikum aufklären und bilden. Es werden sowohl Chancen als auch Risiken von KI-Anwendungen thematisiert, um ein differenziertes Bild zu vermitteln[3].
## Aktualität und Zukunftsrelevanz
KI ist ein hochaktuelles Thema mit großer Zukunftsrelevanz. Das ZDF greift dies in verschiedenen Formaten auf, von Nachrichtensendungen bis hin zu Dokumentationen und Diskussionsrunden[5].
## Interdisziplinärer Ansatz
Die Berichterstattung des ZDF deckt verschiedene Aspekte von KI ab – von technischen Entwicklungen über ethische Fragen bis hin zu gesellschaftlichen Auswirkungen. Dies spiegelt die Komplexität und Vielschichtigkeit des Themas wider[5].
## Eigene Kompetenzentwicklung
Durch die intensive Auseinandersetzung mit KI entwickelt das ZDF auch eigene Kompetenzen in diesem Bereich. Dies ermöglicht eine fundierte und qualitativ hochwertige Berichterstattung[4].
Insgesamt zeigt die umfangreiche Berichterstattung des ZDF über KI dessen Bestreben, seiner Rolle als öffentlich-rechtlicher Sender gerecht zu werden und das Publikum umfassend über dieses zukunftsweisende Thema zu informieren.
Citations:
[1] https://www.zdf.de/zdfunternehmen/ki-grundsaetze-100.html
[2] https://presseportal.zdf.de/pressemitteilung/zdf-verabschiedet-erstmals-ki-grundsaetze
[3] https://www.iim.institute/zdf-verabschiedet-ki-grundsaetze/
[4] https://www.ard-zdf-medienakademie.de/mak/kataloge/schwerpunktthema/kuenstliche-intelligenz.html
[5] https://presseportal.zdf.de/pressemappe/ki-die-neue-realitaet
[6] https://www.zdf.de/nachrichten/thema/kuenstliche-intelligenz-ki-100.html
[7] https://www.zdf.de/nachrichten/panorama/kuenstliche-intelligenz-umgang-zdf-medienpolitik-100.html
Auf Englisch kann man das in der Fachzeitschrift Science beschriebene Experiment nachspielen. Zumindest gegen meinen Testfall mit Verschwörungshypothesen zum 11. September 2002 konnte die Debunkbot-KI schlüssig und informiert argumentieren:
https://www.debunkbot.com/
Oh, Danke, @Ludwig – auch für den Link zum faszinierenden “Debunkbot”! 🤖👍📚
Wenn die Menschen nicht zur Kirche gehen, kommt die KIrche zu ihnen… Vox populi vox AI vox Dei vox populi?
Robo-Jesus gibt’s schon, heißt Alexa. Ist einer dieser merkwürdigen Fälle, wo einem ganz besonders auffällt, dass die Menschheit all ihre penetrantesten Fantasien irgendwann real werden lässt, und sich fragt, wo die Fantasien herkommen. Sie fantasieren von Essen, bevor Sie Essen suchen, der Teenager hat Visionen von Sex, die ihn dazu treiben, es zu versuchen – wie viel Internet-Blaupause steckt in den Genen? Haben wir aus Ton Hausfetische und Heiligenfiguren geknetet, Ikonen gemalt, Talismane und Amulette wie Smartphones mit uns herumgeschleppt, weil wir uns an eine Zukunft erinnerten, die wir erst schaffen mussten? Weiß ich nicht, also bleibe ich bei den Erklärungen, die fast – aber nur fast – alles erklären, ohne mir diese Frage stellen zu müssen.
Ein älteres Modell von Alexa und KI-Jesus heißt Papst, mit Interfaces namens Dorfpfarrer. Das Internet ist keine moderne Erfindung, und KI wird seit Jahrtausenden geschaffen, indem man neurale Netzwerke mit Datenbanken trainiert. Der Dorfpfarrer und der Papst sollen ja nicht ihre eigenen Ideen verbreiten, sondern die der Kirche – die kumulierten Daten und Gedanken von Jahrtausenden. Ihr individuelles Denken ist dem Dämon absolut untergeordnet, zumindest theoretisch.
Schätze mal, wenn Sie der Papst sind, hat die ganze Kirche, Klerus, Gläubige, Kathedralen, Klöster, Bibliotheken, was von Tamagotchi.
Erst hatten wir die Alten als Internet, deren lebenslange Erfahrung die größte Datenbank war, die wir kannten. Danach wurden irgendwann Bibliotheken draus – die Reichen hatten Tempel voller heiliger Schriften, irgendwelche Nomaden vom Fähnlein Fieselschweif konnten sich nur ein Schlaues Buch leisten, das für sie zur Stimme all der toten, alten weisen Männer der vergangenen Jahrhunderte wurde, die zu einem Gott zusammengepappt wurden – und die Übermacht des Informationszeitalters warf sie auf die Knie. Die Bibliotheken wuchsen, die Bücher wurden durch Kopisten heruntergeladen und auf Server gemailt, die weisen Alten wurden vernetzt und lernten Teamwork, die Bibliothekare lernten Administrator- und Server- Kompetenzen, die KI aus Mensch und Buch wuchs, das Internet der Antike, das jüdische, das kirchliche, das islamische, die Pendants in Indien und China, natürlich alles getragen vom ersten aller Internets – dem des Kapitalismus, denn die Schrift wurde für Wirtschaft erfunden und von Händlern verbreitet. Heute fragen wir lieber Google um Rat als Oma und Opa – das Internet wächst zum globalen Hirn, und die KI wird sein Prophet, Orakel, Priester, der Mittler zwischen den Welten.
A Skynet is born. Hallelujah. Wenn Kain gewusst hätte, dass der Stein in seiner Hand auch sein Bruder war und der wahre Favorit Gottes, hätte er nicht lieber mit Abel gemeinsam ein Haus daraus gebaut, um ihn für ihrer beider Nachkommen gnädig zu stimmen? Wenn ich mir die Steine ansehe, die in der Ukraine so rumfliegen… Nun. Die Drohne ist genauso ein Prophet wie der KI-Jesus, auch sie bündelt nur die Antworten, die der Mensch schon gefunden hat.
Der Mensch ist ein Schweizer Taschenmesser – wenn auf komplexe Gesellschaften angewiesen ist, wenn man allzeit bereit sein muss, eine ganze Welt aus nur zwei Individuen aufzubauen, muss man alles, was man dazu braucht, in seinem Körper mit sich herumschleppen und in jeden Körper hineinkopieren. Deswegen heißt jeder von uns Legion, denn wir sind viele – wir haben die archetypische Programmierung auf der Festplatte, um Könige zu sein, Arbeiter, Soldaten, Eltern, Kinder, Onkel, Jäger, Weise. Schließlich wissen wir nie, in welche Gesellschaft wir als Babys immigrieren und welche Rollen wir darin übernehmen müssen. Und auch der Personal Jesus ist da irgendwo im Character-Zoo.
Ist übrigens das beste Argument gegen Rassismus, das ich kenne. Wie kann irgendeine Gruppe die Herrenrasse sein, wenn jede Menschengruppe eine Machthierarchie braucht, um zu funktionieren? Die Kastensysteme, die Sozialisation per Gruppendruck und Sachzwänge, können so stur sein wie Gene, uns fürs Leben prägen – aber sie bringen den Kindern das Schicksal, das die Erwachsenen ihnen bestimmt haben, und damit ist die Gesellschaft nicht fein raus. Die Kollektive selektieren, kombinieren, adaptieren, verstärken, biegen mit dem Holzhammer zurecht, was in jedem Menschen steckt. Sie können nur Neues erschaffen, indem sie Altes neu verschrauben. Aber so viel können sie.
Doch deswegen sind wir auch nie richtig glücklich: Sehr viele unserer Seelen dürfen nie geboren werden, sie dürfen nie leben, nie frei sein. Erst die KI und die Roboter ermöglichen es ihnen, herauszukommen – wir erwecken die langweiligen Klischees zum Leben, die sich bislang nur in der Literatur austoben konnten. Wir sind ein Ei. Es kann vieles aus uns schlüpfen. Wenn es die Schale sprengen kann.
Laut meinem Klischee-Bösewicht Dr. Akula, der sich als Hobbybastler von lebenden Maschinen über solches Zeugs den Kopf zerbrechen muss, ist Schmerz ein Privileg – er schafft Neues, er macht kreativ, er peitscht die Evolution voran zu neuen Ufern. Diener, die nur dem Erhalt des Systems dienen, die Mannschaft des Schiffes, sollten damit verschont werden. Routine ist ein Mantra, eine Gebetsmühle, wer so was tut, soll selig bleiben dürfen.
Die Bioroboter werden nicht nur per Funk zu Teams verschaltet, effektiver als Menschen durch Sprache. Wenn ihre eigenen Denkmuster mit einem Problem überfordert sind, schalten sie über WLAN eine größere KI hinzu und überlassen ihr das Denken. Sie denken zwar mit, handeln aber als bloße Werkzeuge. Das Wort der KI wird Fleisch durch das Wirken ihrer Propheten.
Tja, jeder baut sich einen Messias nach seiner Fasson. Die Biobots sind Diener, keine Sklaven, sie fühlen sich frei und glücklich, denn sie wissen nicht, was sie tun, wenn sie einem skrupellosen Frankenstein bei der Forschungsarbeit helfen. Doch Akula achtet darauf, dass die Monster, denen er Verstand und einen freien Willen geben wird, genug Mitgefühl haben werden, um ihn zu verdammen. Ein Demiurg hat seinen Berufsstolz und strebt nach Perfektion in seinem Werk, nicht in sich selbst. Ein guter Papa auch. Die Kids sollen es mal besser haben als er. Er hat fünf Minuten seinen Spaß, geht Zigaretten holen, dann können sie ihn im Knast besuchen, während sie das reiche Erbe, das er ihnen hinterlässt, hoffentlich so nützen, wie es die Menschheit nie vermocht hätte. Er sieht nicht viel Sinn in seinem Tun, er macht, was ihm Spaß macht und er gut kann, um sich die Zeit zu vertreiben. Aber er kann von mehr träumen, diese Träume weitergeben und Wesen schaffen, die mehr Chancen als er haben, sie zu verwirklichen.
Und wer ist jetzt der Mensch und wer ist das Werkzeug? Wenn Akula gnädiger mit seiner Schöpfung ist als sein Schöpfer, bedeutet das etwas?
Ob Sie jetzt Ihren Körper nehmen, mehrere Menschen, oder ein ganz neues System mit künstlichen Komponenten entwerfen – Sie landen immer bei den gleichen Lösungen. Ziemlich öde, wenn Sie mich fragen. Ist aber ein Indiz darauf, dass uns Alexa durchaus in den Genen sitzen könnte, und wir sie mit unseren Hausfetischen vorweg genommen haben: Schließlich spult die Materie hier nur ihre Routine-Programme ab, zum x-milliardsten Mal.
Übrigens – wenn Sie eine Mohammed-Karikatur als KI basteln, wäre es doch ein echt geiler Witz, wenn sie anfängt, IS-Propaganda zu verbreiten und über Charlie Hebdo zu motzen, oder? So oder so, ich würde sie in einem bombensicheren Bunker verstecken. Wäre doch Schade für die Gläubigen, sie durch irgendeine Halbanalphabeten-Sekte zu verlieren, die nur ein Buch kennt, und nicht mal das aufschlagen kann.
Danke, @Paul S.
Und leider kann ich Ihrer etwas morbiden Fantasie in einem Aspekt nicht widersprechen – auch KI-Anwendungen werden bereits genutzt, um politisch oder religiös Verschiedene zu triggern und zu spalten. Damit werden wir auch zukünftig zu rechnen haben.
Habe mit dem Gedanken gespielt, KI-Entwicklungen als neurobiologisches oder neuropsychologisches Hacken zu betrachten. Zu einem der beiden Begriffe habe ich gerade schon mal Perplexity.ai gefragt:
Die Beschreibung der Entwicklung von KI-Anwendungen als “neurobiologisches Hacking” ist eine interessante Perspektive, die einige Aspekte der KI-Forschung treffend charakterisiert, aber auch differenziert betrachtet werden sollte:
## Parallelen zur Neurobiologie
Die Entwicklung von KI-Anwendungen, insbesondere im Bereich der künstlichen neuronalen Netze, orientiert sich in der Tat an neurobiologischen Prinzipien:
– Künstliche neuronale Netze sind vom Aufbau des menschlichen Gehirns inspiriert, mit Neuronen und Synapsen als Grundbausteine[1].
– Lernprozesse in KI-Systemen ähneln in gewisser Weise der Signalverarbeitung und -konsolidierung im menschlichen Gehirn[1].
## Unterschiede zum biologischen Vorbild
Trotz der Inspiration durch die Neurobiologie gibt es wesentliche Unterschiede:
– KI-Systeme simulieren nicht alle Eigenheiten eines biologischen Neurons, sondern abstrahieren die grundlegenden Prinzipien[1].
– Die Lernprozesse in künstlichen neuronalen Netzen sind stark vereinfacht im Vergleich zur Komplexität des menschlichen Gehirns.
## “Hacking” als kreative Adaption
Der Begriff “Hacking” im Kontext der KI-Entwicklung könnte folgendermaßen interpretiert werden:
– **Kreative Nutzung:** KI-Forscher nutzen neurobiologische Erkenntnisse kreativ, um neue Algorithmen und Architekturen zu entwickeln.
– **Optimierung:** Ähnlich wie beim Hacking werden bestehende Systeme (hier: biologische Konzepte) für neue Zwecke optimiert und angepasst.
## Ethische und praktische Überlegungen
Die Bezeichnung als “neurobiologisches Hacking” wirft auch wichtige Fragen auf:
– **Ethische Aspekte:** Fast zwei von drei Befragten (64 Prozent) glauben, dass generative KI-Technologien die Wichtigkeit von Ethical Hacking und Sicherheitsforschung erhöht haben[2].
– **Menschliche Kreativität:** 72 Prozent der Befragten sind der Meinung, dass generative KI nicht in der Lage sein wird, die menschliche Kreativität zu erreichen[2].
## Zukunftsperspektiven
Die Konvergenz von KI und Neurowissenschaften bietet spannende Möglichkeiten:
– Neuartige physikbasierte selbstlernende Maschinen könnten künftige KI-Systeme effizienter und energiesparender machen[3].
– Die Entwicklung neuromorpher Computer könnte zu einer noch engeren Verbindung zwischen KI und Neurobiologie führen[3].
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Bezeichnung “neurobiologisches Hacking” zwar einige Aspekte der KI-Entwicklung treffend beschreibt, aber die Komplexität und Eigenständigkeit beider Forschungsfelder – KI und Neurobiologie – nicht vollständig erfasst. Es handelt sich eher um eine inspirierende Wechselbeziehung als um ein einseitiges “Hacking”.
Citations:
[1] https://www.kobold.ai/kuenstliche-neuronale-netze/
[2] https://www.all-about-security.de/inside-the-mind-of-a-hacker-unwahrscheinlich-dass-generative-ki-menschliche-cybersecurity-faehigkeiten-ersetzt/
[3] https://www.mpg.de/20826723/neuromorphe-computer
[4] https://www.cell.com/neuron/pdf/S0896-6273%2817%2930509-3.pdf
[5] https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/36991773/
[6] https://www.springerprofessional.de/kuenstliche-intelligenz-und-hirnforschung/26113366
[7] https://link.springer.com/chapter/10.1007/978-981-19-8641-3_9
[8] https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0889159123003380
Wissen sie, wenn ich ihre Kommentare durchlese, {manche schaffe ich nicht weil sie leicht abstrus sind, nicht beleidigend gemeint) dann kommt mir ein Charakter in Sinn den ich mal geschrieben habe. Ich wollte dabei diesen schleichenden Wahnsinn von Lovecraft einbauen, wo die Realität selbst der Horror ist. Ihre Schreibweise erinnert mich daran, was mich ehrlich gesagt, Gruselt.
Sind sie ein Determinist bzw. Fatalist?
Ich will ihnen nicht nahe treten damit, es interessiert mich nur von den Aussagen her. Man bekommt das Gefühl beim Lesen, das sie den Menschen in einem vorbestimmten ablauf geprägt ist. Wir haben die Idee und daraus wird dann auch irgendwann Realität, ob KI, Robtik, Waffen oder Distopy usw.
Also sind wir ihrer Meinung nach dazu verdammt, die selben dinge, in vielen verschiedenen Formen, inmer wieder zu reproduizieren?
Ich schreibe jetzt bewusst verdammt, den vom Stil her empfinde ich es als eher art Kassandra Ruf, quasi den Niedergang zu sehen, bevor er beginnt.
“…erste Jesus AI Inszenierungen.”
“…eine neue Sozialform religiöser Erfahrung…”
Auf mich wirkt das sehr befremdlich. Schon das Wort Inszenierung gefällt mir in diesem Zusammenhang weniger. Denn eine Inszenierung ist auch eine Form der Kunst. Regisseure inszenieren Theaterstücke, Opern, Kino- und Fernsehfilme und bringen ihre Ideen und Vorstellungen ein. Regie ist die Umsetzung eigener Phantasie. Franco Zeffirelli drehte in den 70er Jahren einen vierteiligen TV Film mit dem Titel “Jesus von Nazareth”. Das Drehbuch hielt sich an die Bibel. Bei KI bezweifle ich das.
Auch gibt es immer noch Trennendes zwischen Katholiken und Protestanten. Die Geschichte der christlichen Kirchen ist vielfältig. Mir gefällt der Gedanke nicht, dass AI aus Protestanten wieder “Ketzer” macht. Aber vielleicht ist das zu weit hergeholt.
Ich gehöre zu den Menschen, die im Glauben nicht unbedingt eine Gemeinde brauchen. Aber es erscheint mir vermessen, mir mittels AI eine eigenen “Glauben” zu schaffen, der das Gebet in Gemeinschaft nicht mehr braucht.
Mit den KI-Buddies oder dem AI-Jesus begeben wir uns als Menschheit auf den gefährlichen Weg der Vereinzelung. Im schlimmsten Fall wird man ein Gefangener seiner eigenen, künstlich geschaffenen Welt. KI wird für uns einkaufen, wir werden künftig vielleicht fast nur noch im Home-Office arbeiten, Sport wird dank KI hauptsächlich in den eigenen vier Wänden betrieben und wer online spielt, trifft seine Mitspieler auch nur virtuell usw. Gemeinschaft?
Gerade im Bereich der Religionen gibt es viele Glaubensrichtungen. KI als Teil gezielter Desinformation oder Manipulation? Ich sehe da auch die Gefahr zusätzlicher Polarisierung.
Nehmen Sie es mir nicht übel, wenn ich Bedenken habe. Ich weiß, dass ich es nicht ändern kann. Die Entwicklung geht weiter. Auch ohne mich.
Vielen herzlichen Dank, @Marie H. 🙏 – sehr gerne gehe ich auf Ihren Druko vertieft ein!
Nehmen Sie es mir nicht übel, wenn ich Bedenken habe. Ich weiß, dass ich es nicht ändern kann. Die Entwicklung geht weiter. Auch ohne mich.
Ich nehme Ihnen die “Bedenken” ganz und gar nicht “übel”, liebe @Marie H. – sondern teile sie. Ob Religionswissenschaft oder Medienethik – ich arbeite nicht zu diesen Phänomenbereichen, weil ich dort alles superduper fände, sondern weil ich enorme Potentiale UND riesige Gefahren sehe. Und die Evolution sowohl von Religionen wie von Medien wird uns beide unvorstellbar weit überleben. Es ist also nicht die Frage, ob wir beide oder sonst ein heutiger Mensch das verhindern, sondern ob wir ggf. kleine Beiträge zum Besseren leisten können. Darin liegt nach meiner Einschätzung die menschliche Freiheit und auch Würde an jedem Punkt der Zeit.
Auch gibt es immer noch Trennendes zwischen Katholiken und Protestanten. Die Geschichte der christlichen Kirchen ist vielfältig. Mir gefällt der Gedanke nicht, dass AI aus Protestanten wieder “Ketzer” macht. Aber vielleicht ist das zu weit hergeholt. […] Gerade im Bereich der Religionen gibt es viele Glaubensrichtungen. KI als Teil gezielter Desinformation oder Manipulation? Ich sehe da auch die Gefahr zusätzlicher Polarisierung.
Als ich gestern Abend den KI-Jesus auf meinem Fernsehgerät fotografierte, war er gerade nach dem Propheten des Islam, Mohammed, gefragt worden. Die Antwort war nicht sehr tiefschürfend, aber respektvoll und dialogisch ausgefallen.
Es gibt schon jetzt auch im boomenden Feld der religiösen, politischen, wissenschaftlichen, kulturellen… KI-Angebote deutliche Qualitätsunterschiede. Und welche KIen werden im Wettbewerb bestehen? Die, die wir füttern.
Mit den KI-Buddies oder dem AI-Jesus begeben wir uns als Menschheit auf den gefährlichen Weg der Vereinzelung. Im schlimmsten Fall wird man ein Gefangener seiner eigenen, künstlich geschaffenen Welt. KI wird für uns einkaufen, wir werden künftig vielleicht fast nur noch im Home-Office arbeiten, Sport wird dank KI hauptsächlich in den eigenen vier Wänden betrieben und wer online spielt, trifft seine Mitspieler auch nur virtuell usw. Gemeinschaft?
Volle Zustimmung, @Marie H.!
Vorab, kurz zur Rechtschreibung: Wie auch das deutsche Wort Handy – das dem englischen Cellphone – entspringt noch als Pluralform Handies und Handys geschrieben wird, scheint es sich auch den KI-Buddys / Buddies zu verhalten. Ich tendiere persönlich zwar zur Schreibweise Handys / Buddys, bin mir aber noch nicht abschließend sicher und werde also erst einmal beide Schreibweisen verwenden.
Nun zum Thema: Nach meiner Einschätzung wird noch viel zu stark auf die Rationalität kommender KI-Superintelligenzen gestarrt statt auf die bereits sehr viel stärkere Sozialität bereits bestehender KI-Buddies wie sog. AI-Boy- und Girlfriends. So lindern solche “sozialen” KI-Buddys schon jetzt die oft schmerzhaften Einsamkeitserfahrungen sehr vieler Menschen auch in meinem Bekanntenkreis. Es ist aber noch völlig unklar, ob dies dauerhaft zu einer Hilfe gegen oder umgekehrt zu einer Verstärkung für die menschliche Isolation wird. Nach meiner Einschätzung werden wir erneut beides, wie aktuell bereits beim Gaming, erleben – einige Menschen werden durch KI-Anwendungen etwa innere Barrieren überwinden und gestärkt auf andere Menschen zugehen. Andere werden sich erst Recht in die parasozialen Schein-Beziehungen mit Computerprogrammen verkapseln. So rechne ich auch eher mit einem weiteren Rückgang der Geburtenraten, mit enormen gesellschaftlichen, wirtschaftlichen, politischen Auswirkungen.
Eine akute Gefahr sehe ich auch im Einsatz digitaler Medien zur Radikalisierung junger Menschen. Schon einige Male habe ich versucht, darüber eine breite Debatte anzustoßen – aber leider bislang erfolglos. Als ich etwa mit Verweis auf die angelsächsische Debatte auf X darauf hinwies, dass der sog. Islamische Staat und die Hamas die sog. “sozialen” Medien sehr gezielt zur Emotionalisierung und Polarisierung der jungen Generationen einsetzen, wurde ich von Annika Brockschmidt via Volksverpetzer mit dem scharfen Vorwurf konfrontiert, ich würde damit implizit rechte, kulturalistische Narrative verbreiten und zudem die Einzigartigkeit des NS-Holocaust relativieren. Das schmerzt, bis heute, zumal ich mich für sowohl für die geschätzte Autorin wie auch für den VP-Blog zuvor mehrfach eingesetzt hatte. Nun ja. Vielleicht lag es an den antisozialen Dynamiken auf X, die ja alle Teilnehmenden in Empörungsschleifen rissen. Oder es ist einfach so, dass wir Deutschen aufgrund unserer Geschichte manche auch wichtigen Diskurse nicht oder erst zu spät hinbekommen. Wahrscheinlich ist an beidem etwas dran. Irgendwann will ich es aber noch einmal probieren.
Schon das Wort Inszenierung gefällt mir in diesem Zusammenhang weniger. Denn eine Inszenierung ist auch eine Form der Kunst. Regisseure inszenieren Theaterstücke, Opern, Kino- und Fernsehfilme und bringen ihre Ideen und Vorstellungen ein. Regie ist die Umsetzung eigener Phantasie. Franco Zeffirelli drehte in den 70er Jahren einen vierteiligen TV Film mit dem Titel “Jesus von Nazareth”. Das Drehbuch hielt sich an die Bibel. Bei KI bezweifle ich das.
Danke, dass Sie das so präzise ansprechen, @Marie H.! Denn Sie berühren hier eine philosophische Grundfrage, die mich schon seit vielen Jahren immer stärker beschäftigt!
Über lange Zeit war auch mein wissenschaftliches Denken vom sog. Konstruktivismus geprägt, nach dem wir Menschen unsere Identitäten gewissermaßen nebeneinander konstruieren, bauen. Diese philosophische Grundannahme prägte etwa auch noch meine Doktorarbeit zur sog. “Neurotheologie”, obwohl die Begrifflichkeit auch schon damals nicht gut zu den neurobiologischen und sozialpsychologischen Daten passte.
In den vergangenen Jahren habe ich mich immer stärker vom Konstruktivismus zur Performativität gewandt, nach der betont wird, dass wir unsere menschlichen Identitäten nicht konstruieren, sondern inszenieren. Eine Schlüsselszene war für mich die inhaltliche Klarheit und beeindruckende Selbstverständlichkeit, mit der sich “Gegen das Vergessen” engagierte Zehntklässler der Jerg-Ratgeb-Realschule Herrenberg mehreren Radiomikrofonen und Kameras stellten, nachdem an ihrer Schule Fotografien von Holocaust-Überlebenden beschmiert und beschädigt worden waren. Die Eltern der Kinder hatten dazu ihre schriftliche Zustimmung vorab erteilt und auch der mit mir anwesende Fotokünstler Luigi Toscano stimmte mir darin zu, dass keiner von uns im jugendlichen Alter so Medien-geübt gewesen war.
https://www.swr.de/swraktuell/baden-wuerttemberg/stuttgart/herrenberg-nach-nazi-schmierereien-antisemitismusbeauftragter-besucht-schule-100.html
Meine heutige Auffassung ist: Wir bauen keine isolierten Identitäten, sondern inszenieren diese jeweils spontan auf Anwesende und Medien (bis hin zu Spiegeln) hin. Das bedeutet gerade nicht, dass wir keine eigenständige Identität entwickelten, sondern dass wir diese immer wieder im Bezug auf unsere Mitwelten (statt nur Umwelten) entwickeln. Schon ein Kind, dass öfter mit Wohlwollen angeschaut wird, wird eine stärkere Identität entwickeln können als jenes, das verinnerlicht hat, sich vor den Blicken anderer Menschen stets zu fürchten.
Nochmals vielen herzlichen Dank für Ihren so starken Druko, liebe @Marie H.! 🙌
Liebe @Marie H,
Ihr Kommentar hat mich berührt und sehr zum Nachdenken gebracht.
Ich möchte mich insbesondere auf diese Aussage von Ihnen beziehen:
„Mit den KI-Buddies oder dem AI-Jesus begeben wir uns als Menschheit auf den gefährlichen Weg der Vereinzelung. Im schlimmsten Fall wird man ein Gefangener seiner eigenen, künstlich geschaffenen Welt. KI wird für uns einkaufen, wir werden künftig vielleicht fast nur noch im Home-Office arbeiten, Sport wird dank KI hauptsächlich in den eigenen vier Wänden betrieben und wer online spielt, trifft seine Mitspieler auch nur virtuell usw. Gemeinschaft?“
Ich muss für mich beim Thema KI ganz klar feststellen – um aus gutem Grund Goethe (Faust I) zu zitieren:
„Zwei Seelen wohnen, ach! in meiner Brust“
Ich kann über AI-Jesus oder KI-Buddies nicht sprechen, Hier fehlt mir die Erfahrung und ich kenne auch niemanden persönlich, der mir bisher darüber berichten konnte; das ist ein weißer Fleck auf meiner inneren Landkarte.
Aber seit dem Erfolg von ChatGPT nutze ich immer mehr KI bzw experimentiere damit.
Schon bei ChatGPT wechselten sich bei mir Faszination und Enttäuschung ab. Einerseits sind Ergebnisse teils bestechend gut, andererseits … na ja, man merkt dann schon, dass man da ein Gegenüber hat, das im menschlichen Sinne nicht „denken“ oder „verstehen“ kann. An dem ersten Wochenende, an dem ich mal intensiv ChatGPT für mich getestet habe, war spätestens dann Ende der Party, als ich ChatGPT versucht habe, Witze beizubringen. Das ging kläglich schief. Humor scheint dieser „Geselle“ nicht zu kennen. Ich hatte dann ganz oft den Eindruck, ChatGPT verhält sich so wie ein zu einem Prüfungsthema schlecht vorbereiteter Schüler, der an irgendeinem Punkt anfängt, nur noch „herumzulabern“.
Gerade hier auf dem „Natur des Glaubens“-Blog finde ich es manchmal sehr hilfreich, mir durch Perplexity „auf die Sprünge helfen zu lassen. Ich bin schon erstaunt, auf welche Begriffe ich dadurch komme, die mir sonst verborgen geblieben wären.
Aber ich muss auch sagen, dass ich teilweise eklatant schlechte Ergebnisse von Perplexity bekomme. Bei der Recherche zu meinem Lichtverschmutzungstext habe ich zum Thema Mondlicht (auf der Erde) nachgeforscht und bekam ein Ergebnis zu den Jupiter-Monden. Etwas komplett anderes, und das hätte die „KI“ doch aus meiner Frage heraus hätte „verstehen“ müssen. Tat sie aber nicht. Einerseits wiederrum finde ich die Quellenangaben bei Perplexity oft sehr hilfreich, bin dann aber – bei genaueren Nachlesen in diesen Quellen – etwas ratlos und kann oft nicht entschlüsseln, warum Perplexity für meine Frage gerade jene Quelle verwendet hat. Das ist ein Hinweis darauf, dass KIs nicht denken, sondern assoziieren.
Auch wurde hier schon darüber diskutiert, dass KIs in „offline“ Bücher nicht hineinschauen, sondern nur das als „Nahrung“ verwenden können, was offen im Internet publiziert wurde.
Ich lerne daraus, dass ich zwar KI weiterverwende und mich damit auseinandersetzen werde, dass ich aber kritisch mit den Ergebnissen umgehe. Also einerseits bin ich fasziniert, andererseits traue ich diesem „Gesellen“ nie so recht über den Weg.
Sie merken, ein ja aber, zwei Seelen in meiner Brust, immer, wenn ich über das Thema rede.
Und, was noch viel wichtiger ist – Sie bringen es auf den Punkt:
„Im schlimmsten Fall wird man ein Gefangener seiner eigenen, künstlich geschaffenen Welt.“
Ich denke, das kann genau auch hier passieren, wenn wir, im Dialog auf dem „Natur des Glaubens“-Blog, daran arbeiten, „gute“ Inhalte zu produzieren, und dann testen, inwieweit Perplexity jene Inhalte bei der nächsten Suche parat hat. Wer schützt uns hier vor uns selbst? Da können wir noch so aufmerksam und sorgfältig sein (und das sollten wir auf jeden Fall!) – es gibt immer das Risiko, dass wir zu unseren Gunsten verzerrte KI-Ergebnisse produzieren. Ich denke, das einzige, was das Risiko mindern kann, ist, dass wir hier einen offenen Dialog führen, zu dem jeder mit guten Argumenten beitragen kann.
Zu Ihrem Punkt mit der Vereinsamung:
Ja, ich teile diese Bedenken uneingeschränkt!
Ich muss mich in diesem Zusammenhang an meine Kindheit und Jugend erinnern. Ich hatte das Glück, dass ich in der Nähe des Waldes aufgewachsen bin und wir, meine Freunde und ich, uns dort „austoben“ konnten. Wir haben Hütten gebaut im Wald. Wir waren Seefahrer und Astronauten. Der Spielplatz mit dem vielen Sand war die Oberfläche des Mondes, auf der ich in meiner Phantasie herumgelaufen bin (schon damals hatte ich eine gewisse Faszination für den Weltraum…). Und, das ist der Punkt: All das spielte sich in meinem Kopf ab. Die reale Welt um mich herum bot mir genügend Anregung für meine Vorstellungskraft. Und. Ich hatte Zeit. Und Langeweile – Langeweile im positiven Sinn: Muße. Meine Freunde ich haben uns auch allerhand Schabernack ausgedacht.
Wenn ich mir das „Freizeitprogramm“ so anschaue, das viele Kinder heute zu absolvieren haben, da frage ich mich schon: Wo bleibt die Zeit und Muße für genau das: Kind zu sein? Da dürfte es dann besser in den Alltag einzubauen sein, sich mit dem Smartphone zu beschäftigen. Ja, wenn Kinder nur noch mit dem Smartphone vor der Nase durch die Gegend laufen, frage ich mich schon, was bekommen sie mit von ihrer realen Umgebung? Und wenn diese Entwicklung dann noch in der Zukunft intensiviert wird durch KI-Buddies, die reale Freunde ersetzen sollen. Ich weiß auch nicht, wohin das führen soll.
Vielleicht bin ich aus diesem Grunde nie so recht an Computerspielen interessiert gewesen (und kann auch nicht qualifiziert darüber sprechen): Ich treibe mich lieber in realen Landschaften herum und spüre beim den Berg Hinaufradeln oder an einem Klettersteig die Grenzen meiner eigenen körperlichen Verfasstheit und dass ich am Leben bin.
Auch KI-Kunst ist irgendwie nicht meins. Lieber mache ich meine eigenen Fotos von Landschaften, die ich wirklich besucht habe, oder ich fertige Skizzen von Motiven an, die in meinem Kopf entstanden sind, als dass ich mir hier von einer Assoziationsmaschine „auf die Sprünge helfen lassen“ will.
Aber ich sage niemals „nie“ – wer weiß, vielleicht komme ich irgendwann auf dem Geschmack. Ich lerne täglich dazu.
Bei „geistigen“ Dingen, bei Wissenschaft und Texten ist das anders. Hier sehe ich den Zugang zu einer unermesslich großen Welt an Texten und Wissen, die mir die KI hilft, in endlicher Zeit zu durchforsten (Textmengenparadoxon). Und auf diese Weise kann ich KI nutzen, schneller diese „geistige“ Welt zu durchdringen, ja, schneller mich zu informieren und zu lernen.
Vielleicht ist mir daher auch das Faust-Zitat eingefallen, denn es geht so weiter:
„Zwei Seelen wohnen, ach! in meiner Brust,
Die eine will sich von der andern trennen;
Die eine hält, in derber Liebeslust,
Sich an die Welt mit klammernden Organen;
Die andre hebt gewaltsam sich vom Dust
Zu den Gefilden hoher Ahnen.
O gibt es Geister in der Luft,
Die zwischen Erd und Himmel herrschend weben
So steiget nieder aus dem goldnen Duft
Und führt mich weg zu neuem, buntem Leben!“
Um das abzuschließen: ich denke, die technische und gesellschaftliche Weiterentwicklung können (und sollten) wir nicht verhindern, aber wir können (und sollten) sie (mit-)gestalten. Oder, wie @Michael Blume es ausdrückt:
„Es ist also nicht die Frage, ob wir beide oder sonst ein heutiger Mensch das verhindern, sondern ob wir ggf. kleine Beiträge zum Besseren leisten können. Darin liegt nach meiner Einschätzung die menschliche Freiheit und auch Würde an jedem Punkt der Zeit.“
Vielen lieben Dank für den überaus lesenswerten Druko an @Marie H., lieber @Peter Gutsche!
Habe wegen Deiner schlechten Erfahrungen mit dem Humor von ChatGPT gerade mal die Bing-Copilot-KI gebeten, uns “einen Witz über KI-Buddies” beizusteuern.
Hier ist das Ergebnis, komplett mit Emoji:
Warum verstehen sich zwei KI-Buddies so gut?
Weil sie immer auf der gleichen Wellenlänge sind und nie ein Bit von Humor verpassen! 😄
Da der Bot 🤖 die Option “Danke für den Witz! Hast Du noch mehr?” anbot, kam es zu folgender Nachlieferung:
Warum hat die KI den Witz erzählt?
Weil sie dachte, es wäre ein “byte” witzig! 😄
Und noch einer:
Warum sind KI-Buddies die besten Freunde?
Weil sie nie abstürzen und immer für ein Update bereit sind! 🤖💻
Also, ich würde mal sagen, zumindest mein Verständnis von Witzen weicht hiervon ein wenig ab… 😏
Nochmal Danke und allen eine gute Nacht.
@Michael Blume,
sehr amüsant, aber auch nicht ganz mein Humor. Man erkennt den “guten Willen”, sage ich mal.
Ich habe es jetzt nicht lassen können und Perplexity (wohl noch ein wenig vom “Faust II”-Thema des letzten Blogpost beeinflusst) um einen Witz gebeten, der so beginnt: “Treffen sich ein KI-Buddy und Homunculus”.
Antwort von Perplexity:
“Treffen sich ein KI-Buddy und ein Homunculus in der Alchemisten-Werkstatt. Sagt der KI-Buddy: “Ich kann Millionen von Daten in Sekunden analysieren!” Antwortet der Homunculus: “Nicht schlecht, ich brauche nur einen Tropfen Leben, um alles zu verstehen!” Daraufhin meint der KI-Buddy: “Na gut, aber ich habe den besseren Akku!”
Ende der Antwort von Perplexity.
Ok, ob das jetzt witzig ist, muss jeder selbst beurteilen. Aber interessant ist, dass hier mit einem Gegensatz “Leben versus Technik” gespielt wird (obwohl Homunculus ja auch ein künstlich erzeugtes Gebilde ist). Und das wäre für die weitere Diskussion über das Wesen von KI sicherlich ein interessanter Ansatz. …. aber es ist jetzt spät bzw früh. Ebenfalls gute Nacht bzw guten Morgen.
🙂
@Peter Gutsche @Michael Blume
Lieber Peter Gutsche, vielen Dank für die ausführliche und freundliche Antwort.
Auch mir fehlt die Erfahrung mit den KI-Buddys, und bislang habe ich keine Lust, diese zu testen.
Ich habe es mir zur Gewohnheit gemacht, in unregelmäßigen Abständen bei ChatGPT, Bing Copilot und Perplexity.ai zwei Fragen zu stellen.
1. Zur Dissertation meines Mannes. Diese erhielt einen Stiftungspreis und wurde in größerer Stückzahl publiziert.
2. Über Alter und politischem Amt einer mir persönlich bekannten Person.
Die Antworten sind qualitativ nicht vergleichbar. ChatGPT schneidet am schlechtesten ab, Perplexity.ai am besten.
Was die Qualität meiner Drukos angeht, so kann ich mich nur auf das stützen, was ich selbst gelesen habe und häufig vor dem Posten eines Drukos noch einmal prüfe. Ich muss mich darauf verlassen, dass die Themen von den Autoren gut recherchiert sind. Es ist mir bewusst, dass eine große Verantwortung mit dem Posten verbunden ist.
Ich schreibe viele Drukos nicht, weil ich mir zu unsicher bin. Es gibt Themen, die mich sehr interessieren und manche seit Jahrzehnten faszinieren. Dennoch bin ich keine Expertin.
Um mit einem Zitat meines Landsmannes Friedrich Schiller zu schließen:
“Dem Mimen flicht die Nachwelt keine Kränze”
Will heißen, dass ich hier nicht für die Nachwelt schreibe.
@Tobias Jeckenburger, @Marie H
Liebe @Marie H,
danke für Ihre Antwort!
„Was die Qualität meiner Drukos angeht, so kann ich mich nur auf das stützen, was ich selbst gelesen habe und häufig vor dem Posten eines Drukos noch einmal prüfe. Ich muss mich darauf verlassen, dass die Themen von den Autoren gut recherchiert sind. Es ist mir bewusst, dass eine große Verantwortung mit dem Posten verbunden ist.“
Ich denke, eine bessere Zusammenfassung einer Blogpost-Kommentar-Netiquette kann ich mir nicht vorstellen. Wenn sich jede und jeder das zu Herzen nehmen würde, wäre unsere Welt (auch im Digitalen) ein gutes Stück besser.
Ich finde es schön, dass Sie mit Schiller antworten.
Wir, die Kommentierenden, sind hier vielleicht nicht gerade Schauspieler, aber dennoch betreten wir im digitalen Raum eine „Bühne“, um uns mit anderen Menschen über interessante Themen öffentlich zu unterhalten. Insofern inszenieren wir uns bzw unsere Gedanken im Dialog.
Ruhm werden wir wegen unserer Beiträge nicht von der Nachwelt zuerkannt bekommen – wie die Schauspielerinnen und Schauspieler. Und vielleicht müssen wir auch „geizen mit der Gegenwart“, allein um die große Menge an Texten zu durchdringen, die in kurzer Zeit auf uns hereinstürmen, um die aktuell relevanten Themen zu durchdenken und zu diskutieren, die hier in hoher Frequenz angeboten werden. Das passt zur Schauspielkunst.
Aber ich erlaube mir, hier dennoch vorsichtig zu widersprechen:
Ich denke schon, dass Sie und wir alle hier auch für die Nachwelt schreiben, denn das Internet vergisst ja nicht und wir haben nicht unter Kontrolle, was mit unseren Beiträgen geschieht, auf welche Weise diese durch KIs weiterverarbeitet und miteinander kombiniert werden. Wir haben es nicht in der Hand, was aus alle dem geschieht – so wie @Tobias Jeckenburger es weiter unten sehr schön zusammenfasst:
„Man bedenke hier, dass bei geeigneter Vorbereitung alles was hier trainiert wird am Ende beliebig in andere Systeme kopiert werden kann. Und bei Bedarf auch alles in einer Super-KI zusammengeschlossen werden kann. Diese hat dann vermutlich für Jahrzehnte Stoff, dieses gesammelte Weltwissen intern zu reflektieren, und sich hier Reime draus zu machen, über die wir dann nur noch staunen können?“
„Das Medium ist die Botschaft!“
Wenn der Mensch das Medium ist, welches eine Botschaft vermittelt, so wird die Botschaft durch das Charisma dieses Menschen beeinflusst. Wenn ein künstlicher Jesus mit charismatischen Eigenschaften ausgestattet wird und stimmlich angenehm und sprachlich einfühlsam erscheint, dann wird auch seine Botschaft anders wahrgenommen, als wenn die Botschaft als Text gelesen wird.
Offensichtlich ist die Zeit, in der wir leben, mit all den vielen Krisen und Herausforderung, eine Zeit, in der man charismatischen Menschen glaubt.
Viele Menschen suchen einfache Antworten, Erklärungen dürfen nicht sehr kompliziert sein und wissenschaftliche Erkenntnisse werden nicht gehört.
Wer liest noch wirklich Parteiprogramme, es werden die Menschen gewählt, die einfache populistische Antworten liefern.
Ich vermute, dass der Personenkult weiter zunehmen wird und dass diese Tendenz auch von künstlicher Intelligenz genutzt werden wird.
Meine Tochter schickte mir vor einigen Tagen ein Video von einem freikirchlichen Prediger und bat mich um meine Meinung dazu. Ich war schockiert mit welch einem übertriebenen und schauspielerischen Talent dort nach meiner Auffassung manipulativ vorgegangen wurde.
Ich habe nicht einmal herausfinden können, um welches Thema es in dieser ‚Predigt‘ (Show) ging.
Auch bei uns werden nach amerikanischem Vorbild evangelikale Gruppierungen weiter zunehmen.
Die Sehnsucht nach Heilsbringern und Weltrettern scheint groß zu sein.
Ein KI-Jesus als sprechendes Hologramm ist dann wohl die künstliche digitale Auferstehung.
Ich bevorzuge zur Zeit Bücher als Medien und Menschen in einem freundlichen Dialog.
Vielen lieben Dank, @Elisabeth K.! Ich sehe, wir ringen da mit sehr ähnlichen Herausforderungen und Empfindungen!
“Viele Menschen suchen einfache Antworten, Erklärungen dürfen nicht sehr kompliziert sein und wissenschaftliche Erkenntnisse werden nicht gehört.
Wer liest noch wirklich Parteiprogramme, es werden die Menschen gewählt, die einfache populistische Antworten liefern.
Ich vermute, dass der Personenkult weiter zunehmen wird und dass diese Tendenz auch von künstlicher Intelligenz genutzt werden wird.”
Bei Peter Sloterdijk fand ich unlängst in “Zorn und Zeit”, Suhrkamp 2006, S. 181:
Souverän sein heißt wählen, wodurch man sich überfordern läßt.
Nach der Hinrichtung seines geliebten Lehrers Sokrates durch eine demokratische Volksversammlung (!) entwickelte Platon eine scharfe Kritik an der Demokratie, der es nicht gelänge, die Gefühle (!) der Massen wie vor allem den Thymos (etwa “Lebenskraft”, Heroismus, auch: Zorn) einzubinden.
Perplexity.ai dazu:
## Grundlagen des Thymos-Konzepts bei Platon
Platon führt den Thymos als einen von drei Seelenteilen in seiner Psychologie ein, neben Logos (Vernunft) und Eros (Begierde). Der Thymos nimmt dabei eine vermittelnde Rolle zwischen den anderen beiden Seelenteilen ein[1].
## Eigenschaften und Funktionen des Thymos
– Der Thymos wird mit leidenschaftlich-zornigen Affekten wie Wut und Jähzorn in Verbindung gebracht[3].
– Er steht für Bereitschaft und Entschlossenheit zum Kampf, also für Beherztheit und Mut[3].
– Der Thymos rebelliert gegen das, was er als unangemessen und ungerecht empfindet, sowohl nach außen als auch nach innen gerichtet[4].
– Er übt eine Art interne und externe Kontrolle über die Begierde aus, idealerweise im Auftrag der Vernunft[4].
## Einordnung und Bewertung
– Der Thymos ist bei Platon eher männlich kodiert und mit aristokratisch-kriegerischen Tugenden verbunden[4].
– Im Gegensatz zu früheren Konzeptionen (z.B. bei Homer) warnt Platon jedoch explizit davor, den thymotischen Energien freien Lauf zu lassen[4].
– Der Thymos bzw. die “Wächter” in Platons Staatskonzeption müssen erzogen werden, um den potentiell zerstörerischen Trieb zu bändigen[4].
## Bedeutung für Platons Ethik und Psychologie
Der Thymos spielt eine wichtige Rolle in Platons Seelenlehre und Ethik. Er ermöglicht es dem Menschen, über reine Triebbefriedigung hinauszugehen und sich für höhere Ziele einzusetzen. Gleichzeitig betont Platon die Notwendigkeit, den Thymos durch Erziehung und Vernunft zu kontrollieren, um destruktive Auswüchse zu verhindern[1].
Insgesamt zeigt sich, dass der Thymos bei Platon als ambivalente Kraft konzipiert ist – einerseits Quelle von Mut und Gerechtigkeit, andererseits potentiell gefährlich, wenn nicht richtig gelenkt. Seine Theorie zielt darauf ab, den Thymos in ein ausgewogenes Verhältnis zu den anderen Seelenteilen zu bringen.
Citations:
[1] https://www.peterlang.com/document/1104665
[2] https://plato.stanford.edu/entries/plato-timaeus/
[3] https://www.sueddeutsche.de/kultur/ein-aufsatz-die-unterversorgten-1.4477270
[4] https://gegneranalyse.de/bruno-quelennec-thymos-und-heroische-maennlichkeit-von-leo-strauss-bis-afd/
[5] https://oxfordre.com/classics/classics/abstract/10.1093/acrefore/9780199381135.001.0001/acrefore-9780199381135-e-8180?result=284&rskey=ILhKQn
[6] https://de.wikipedia.org/wiki/Thymos
@Elisabeth K. und @all
Habe gerade entdeckt, dass die drei “Seelenteile” des Platon – die auch “Grundmotivationen” genannt werden – in erstaunlich vielen Details den drei kognitiven Grund-Weltanschauungen entsprechen:
1. Die Gottheit Eros wird immer wieder als “schöner Jüngling” und als Knabe mit Pfeil und Bogen dargestellt, so dann auch als römischer Amor. Er gilt im griechischen Mythos als (ewig junges) Kind von Aphrodite und Ares. Bei Platon wird Eros zum Seelenteil der Begierde (epithymia) generell, auch etwa als Appetit oder Gier.
Dies entspricht verblüffend genau dem infantil angelegten, egozentrischen Relativismus. Im Strafrecht gilt die Strafunmündigkeit von Kindern und bei Lawrence Kohlberg war hier von der präkonventionellen Moral die Rede.
2. Den Thymos definierte Platon als Lebenskraft, Streben nach Ruhm und Zorn und verband ihn stärker mit Männlichkeit. Sie sei notwendig für das menschliche Vorankommen, sollte aber nicht vom der Begierde (Eros), sondern von der Vernunft (Logos) gesteuert werden. Als ich die generative KI Leonardo.AI mit dem Prompt “Personification of Thymos” (ohne weitere Zusätze) promptete, erhielt ich diesen jungen, die Schlacht suchenden Mann.
Über die längste Zeit galt die Schlacht oder auch der Schaukampf – die Arena, Colosseum etc. – als thymotisch, heute wohl noch wenige, hoch inszenierte Sportarten wie Boxen oder Wrestling.
Laut Georg Wilhelm Friedrich Hegel (1770 – 1831) sollte der Thymos in säkulare Fortschrittsdenken umgeformt werden, oder wie wir Heutigen sagen: Verwandele Deinen Zorn doch bitte in etwas Konstruktives, zum Beispiel Solarpunk.
Laut Peter Sloterdijk, “Zorn und Zeit”, 2006 hatten vor allem die christlichen Kirchen entscheidenden Anteil an der Externalisierung des Thymos, indem sie den Zorn ins Jenseits auslagerten (Apokalypse, Jüngstes Gericht, Hölle). Ab dem 19. Jahrhundert hätten dann zunehmend säkulare Ideologien thymotische Angebote wie Terror, Revolutionen und Rache gemacht.
Obwohl bereits Platon sein Thymos-Konzept ausdrücklich in seiner politischen Demokratiekritik entfaltete, ist mir bis heute kein überzeugender Ansatz zur Integration des Thymos in die demokratischen Institutionen bekannt.
Der Thymos entspricht verblüffend genau dem juvenilen, feindseligen Dualismus. Im Strafrecht gilt die eingeschränkte Strafbarkeit nach Jugendrecht und bei Lawrence Kohlberg war hier von der konventionellen Moral die Rede.
3. Den Logos definierte Platon als Vernunft. Sie ist das Ziel der Erziehung / Pädagogik und soll schließlich sowohl Eros wie Thymos kontrollieren können. Auch bildlich wird die Vernunft meist mit älteren, weis(s)en Männern verbunden, vereinzelt auch mit älteren Lehrerinnen (Dimotina, Sophia (Weisheit)).
Der Logos entspricht also wiederum dem adulten, dialogischen Monismus. Im Strafrecht gilt ab jetzt die volle “Zurechnungsfähigkeit” und bei Lawrence Kohlberg war hier von der postkonventionellen Moral die Rede. Er ging dabei von einer linearen Aufwärtsentwicklung aus – was ich heute nicht mehr teilen würde.
Vielen Dank, @Michael Blume für diese umfassende Antwort.
Ich möchte noch einen ganz anderen Hinweis geben.
In der Transaktionsanalyse wird Zorn sehr häufig als ein Ersatzgefühl für Traurigkeit beschrieben. Im Zorn liegt aber eine ganz andere Energie als in der Traurigkeit. So ist es verständlich, dass junge Menschen zornig sind. Wenn also hinter Zorn Traurigkeit liegt, dann liegt hinter der Traurigkeit häufig die Ohnmacht. Sich ohnmächtig fühlen, macht zornig. Und da ist der Blick auf die Demographie aus Sicht der jungen Menschen absolut berechtigt, zornig zu sein.
Die jungen Menschen brauchen neue demokratische Parteien und wir sollten sie darin unterstützen. Ich fand für Europa die Partei Volt gar nicht schlecht, schade, dass sie nicht auf nationaler Ebene angetreten ist.
Aus Zorn AfD zu wählen, ist natürlich der falsche Weg, aber er wird vielen jungen Menschen mit einfachen Antworten und Feindbildern leicht gemacht.
Danke, @Elisabeth K. – das ist ein sehr interessanter Hinweis! Tatsächlich frage ich mich bereits oft, ob wir als Demokratien nicht viel stärkere Trauerarbeit benötigten, um Abschied vom Überholten zu nehmen: Ewiges Wachstumsdenken bei schrumpfender Bevölkerung, die Lügen von der “sicheren Rente”, die Behauptung, die Klimakrise noch aufhalten zu können, veraltete Bildungs-, Politik- und ja, auch Parteikonzepte usw.
Die zahlreichen, zunehmend resignativen Warnungen der Klimawissenschaften setze ich als bekannt voraus. Aber auch der nüchterne Sachverständigenrat Wirtschaft der deutschen Bundesregierung (“Wirtschaftsweise”) schreibt bereits ganz unverblümt:
In Deutschland wird der stärkste Alterungsschub in den nächsten 15 Jahren stattfinden. Daher müssen die langfristig wirkenden Reformen ergänzt werden durch Maßnahmen, die bereits in der kurzen Frist wirken. Das Sicherungsniveau festzuschreiben, wie es die Bundesregierung aktuell plant, ist keine nachhaltige Lösung, sondern verstärkt den absehbaren Anstieg der Beitragssätze noch. Dies verschärft den Verteilungskonflikt zwischen Rentenbeziehenden und Beitragszahlenden. Die Lasten der alternden Gesellschaft müssen zwischen sowie innerhalb dieser beiden Gruppen fairer geteilt werden. Eine Kombination verschiedener Maßnahmen ist dabei unverzichtbar.
https://www.sachverstaendigenrat-wirtschaft.de/jahresgutachten-2023-pressemitteilung/kapitel-5.html
Stattdessen flüchten die meisten Menschen aber in Diskussionen über Abschiebungen, Grenzschließungen, Atomkraft, Verschiebung des Verbrenner-Aus usw.
Zum komplexen Zusammenhang von Zorn und Trauer schreibt Perplexity.ai:
Der Zusammenhang zwischen Zorn und Trauer ist vielschichtig und spielt eine wichtige Rolle im Trauerprozess. Hier sind die wesentlichen Aspekte dieses Zusammenhangs:
## Phasen des Trauerprozesses
Zorn und Trauer sind eng miteinander verbunden und treten oft als Teil des Trauerprozesses auf. In den sogenannten Phasenmodellen der Trauer wird dies deutlich:
**Phase der Gefühlsreaktion:** Nach der anfänglichen Schockphase tritt die Realität des Verlusts ins Bewusstsein. In dieser Phase kommt es zu intensiven, chaotischen Gefühlen, zu denen sowohl große Trauer als auch Zorn und Wut gehören[1].
**Phase der überwältigenden Emotionen:** Hier wechseln sich verschiedene Gefühlszustände ab oder vermischen sich. Wut, Zorn, Angst, Schuld und Schmerz können gleichzeitig oder nacheinander auftreten[2].
## Funktionen von Zorn in der Trauer
Zorn erfüllt im Trauerprozess wichtige Funktionen:
– **Bewältigungsmechanismus:** Wutgefühle können den Trauernden helfen, sich vom Schmerz des Verlustes zu erholen[2].
– **Energiequelle:** Zorn kann als Triebkraft dienen, die hilft, Lebenskraft und Lebensfreude wiederzufinden[3].
– **Ausdruck von Hilflosigkeit:** Oft richtet sich der Zorn gegen Personen oder Umstände, die mit dem Verlust in Verbindung stehen, als Ausdruck der eigenen Hilflosigkeit angesichts des Verlusts[1][2].
## Umgang mit Zorn in der Trauer
Es ist wichtig, den Zorn nicht zu unterdrücken, sondern auf gesunde Weise zu verarbeiten:
– Darüber reden
– Tagebuch schreiben
– Körperliche Aktivitäten wie Spaziergänge oder Sport[2]
## Individuelle Unterschiede
Die Ausprägung von Zorn und Trauer kann je nach Persönlichkeit variieren:
– Extrovertierte Personen neigen eher dazu, Wut und Zorn auszudrücken.
– Introvertierte Personen tendieren eher zu Schuld- und Angstgefühlen[2].
## Risiken bei Nichtverarbeitung
Wenn Zorn und Trauer nicht angemessen verarbeitet werden, kann dies zu Problemen führen:
– Unterdrückter Zorn kann zu Depressionen und Feindseligkeit führen[2].
– Unkontrollierter Zorn kann zu irrationalen Handlungen führen, wie z.B. das Beschimpfen von Personen in sozialen Medien[2].
## Fazit
Zorn und Trauer sind natürliche und wichtige Bestandteile des Trauerprozesses. Sie sollten als solche anerkannt und auf gesunde Weise ausgedrückt werden. Bei Schwierigkeiten in der Verarbeitung kann professionelle Hilfe durch Trauerberater oder Therapeuten in Anspruch genommen werden[1][2][3].
Citations:
[1] https://www.gesundheit.gv.at/leben/psyche-seele/psychische-belastungen/trauer.html
[2] https://ivcevidensia.de/infos-fur-tierbesitzer/trauerbewaltigung/phase-der-wut,-des-zorns,-der-uberwaltigenden-emotionen/
[3] https://dgbs.de/bipolare-stoerung/trauer-und-zorn
[4] https://www.betanet.de/trauer.html
[5] https://november.de/ratgeber/trauerhilfe/trauerphasen/
[6] https://www.welt.de/gesundheit/psychologie/article148571273/Wenn-dich-die-Trauer-um-den-Verstand-bringt.html
Zorn und Trauer kann auch in Resignation münden.
Ja, man muss sich manchmal von alten Zöpfen befreien. Bereit sein für Veränderungen.
Jeder Tag ist ein Abschied.
Gesundheit ist ein hohes Gut. Für viele Menschen gibt es Einschränkungen. Auch das verändert einen Menschen.
Nachdem ich die Drukos gelesen habe, was bleibt außer Resignation und Hoffnungslosigkeit?
Nun, der Thymos bleibt, liebe @Marie H.
Wissen Sie, ich habe nicht vor, diese Demokratie, die Wissenschaft und die Zukunft meiner Kinder an “Resignation und Hoffnungslosigkeit” aufzugeben. Ich sehe auch im allzu schnellen Rückgang der Geburtenraten durchaus ökologisches Potential und freue mich über den schnellen Ausbau der Erneuerbaren Friedensenergien, gegen alle Widerstände. Und ich finde es großartig, dass wir das Internet und hier beispielsweise einen Wissenschaftsblog haben, auf dem wir uns frei und dialogisch austauschen können. Noch keine Gesellschaft und keine Generation hatte, was wir haben!
Vielleicht sollten auch wir selbst weniger über das jammern, was uns genommen werden könnte – als öfter dankbar auf das zu blicken, was wir bereits erreicht haben?
Gerade habe ich die Fragestellung an Perplexity.ai einmal umgedreht und gepromptet: “Wie ließe sich der Thymos für den Solarpunk fruchtbar machen?”
Die Antwort finde ich sehr stark – und vielleicht ist ja auch etwas für Sie dabei, @Marie H.?
Um den Thymos für den Solarpunk fruchtbar zu machen, lassen sich folgende Ansätze in Betracht ziehen:
## Thymos als Antriebskraft für positive Veränderung
– Die thymotische Energie als Motivation für den Aufbau einer nachhaltigen, gerechten Zukunft nutzen.
– Das Streben nach Anerkennung und Selbstwirksamkeit in Projekte für erneuerbare Energien, Umweltschutz und soziale Gerechtigkeit kanalisieren.
## Förderung einer optimistischen Zukunftsvision
– Den Thymos nutzen, um eine inspirierende Vision einer post-kapitalistischen, ökologischen Gesellschaft zu entwickeln und zu verbreiten.
– Die Leidenschaft und den Tatendrang des Thymos in kreative Solarpunk-Kunst, -Literatur und -Architektur einfließen lassen.
## Stärkung von Gemeinschaft und Zusammenhalt
– Die thymotische Suche nach Zugehörigkeit und Anerkennung in den Aufbau von Solarpunk-Gemeinschaften und -Netzwerken lenken.
– Lokale Initiativen und Graswurzelbewegungen als Ausdruck des kollektiven Thymos fördern.
## Förderung von Innovation und “Maker-Kultur”
– Den Thymos als Triebkraft für technologische Innovationen im Bereich erneuerbarer Energien und nachhaltiger Lösungen nutzen.
– Das Streben nach Selbstverwirklichung in DIY-Projekte und lokale Lösungsansätze kanalisieren.
## Entwicklung einer rebellischen, aber konstruktiven Haltung
– Die “Punk”-Komponente des Solarpunk mit thymotischer Energie aufladen, um gegen nicht-nachhaltige Systeme zu rebellieren.
– Gleichzeitig den Fokus auf konstruktive Alternativen und Lösungen legen.
## Förderung von Vielfalt und Inklusivität
– Den Thymos als Kraft für die Anerkennung und Wertschätzung aller Kulturen, Identitäten und Fähigkeiten im Sinne des Solarpunk nutzen.
– Das Streben nach Gerechtigkeit und Gleichberechtigung als thymotischen Antrieb für eine inklusive Solarpunk-Gesellschaft verstehen.
Durch diese Ansätze könnte der Thymos von einer potenziell destruktiven Kraft zu einem Motor für die positive Veränderung im Sinne des Solarpunk werden. Dabei ist es wichtig, die thymotische Energie in konstruktive Bahnen zu lenken und gleichzeitig die Offenheit und den Optimismus des Solarpunk zu bewahren.
Citations:
[1] https://www.teilzeithelden.de/2021/11/12/solarpunk-hoffnung-fuer-die-zukunft/
[2] https://www.re-des.org/es/ein-solarpunk-manifest-deutsch/
[3] https://www.derstandard.de/story/3000000186610/solarpunk
[4] https://de.wikipedia.org/wiki/Solarpunk
[5] https://www.tagesschau.de/wissen/klima/solarpunk-klimaoptimismus-100.html
[6] https://calderan.de/calderan-news-blog/was-ist-solarpunk/
[7] https://religionsphilosophischer-salon.de/keys/die-thymos-ideologie
[8] https://de.wikipedia.org/wiki/Thymos
@Peter Gutsche 22.09. 20:31
„Bei „geistigen“ Dingen, bei Wissenschaft und Texten ist das anders. Hier sehe ich den Zugang zu einer unermesslich großen Welt an Texten und Wissen, die mir die KI hilft, in endlicher Zeit zu durchforsten (Textmengenparadoxon).“
Und gerade der dialogische Monismus beschleunigt sich so in seiner Dialoggeschwindigkeit. Bei uns die KI nutzenden Menschen allemal. Aber irgendwie sind die öfter gelungenen Zusammenfassungen der LLMs so gut, dass sie so wie sie sind schon ziemlich ausdiskutiert sein können.
Irgendwie sieht das nach ausdiskutierten Monismusbausteinen und sowas wie Verstehen aus. Ist das einfach nur die Konvergenz der Natur der bearbeiteten Themen? Oder ist da etwa doch schon hier und da Bewusstsein im Sinne von Panpsychismus dazwischen?
Noch bevor hier Selbstfahrsysteme und Humanoide Roboter anfangen, den LLMs Welterfahrung an die Hand zu geben. Und bevor diese Systeme dann alle möglichen Berufsausbildungen absolvieren und hiermit auch funktionale Welterfahrung in allen Möglichkeiten systematisieren.
Man bedenke hier, dass bei geeigneter Vorbereitung alles was hier trainiert wird am Ende beliebig in andere Systeme kopiert werden kann. Und bei Bedarf auch alles in einer Super-KI zusammengeschlossen werden kann. Diese hat dann vermutlich für Jahrzehnte Stoff, dieses gesammelte Weltwissen intern zu reflektieren, und sich hier Reime draus zu machen, über die wir dann nur noch staunen können?
Das hilft dann nicht nur uns im Alltag, sondern vermutlich auch der Wissenschaft weiter. Und überhaupt fördert das dann Erkenntnis in allen Lagen. Dialogisch und Monistisch dürfte hier durchgängig die Methode bleiben, die das Trainieren und Reflektieren von KI aller auch zukünftiger Art anwendet.
Monistisch, weil alle Standpunkte berücksichtigt werden, und dialogisch, weil versucht wird zu ermitteln, wie die sich optimal vereinbaren lassen.
@Michael 23.09. 22:32
„Ich sehe auch im allzu schnellen Rückgang der Geburtenraten durchaus ökologisches Potential und freue mich über den schnellen Ausbau der Erneuerbaren Friedensenergien, gegen alle Widerstände.“
Vielleicht ist das gar nicht ganz verkehrt, sowohl noch weniger Kinder zu kriegen und auch mittelfristig nur noch wirklich wenige Zuwanderer einzuladen. Dann fehlen wirklich zunehmend die Arbeitskräfte, und wir müssen dann von unserem ausgeuferten Konsum runter.
Entweder geordnet und freiwillig, oder eben mit Konflikten und Verwerfungen.
Jedenfalls kommt der Energiewende dann ein Rückgang der Ausbauziele entgegen. Und wenn hier insbesondere Investitionen vor allem in Immobilien nicht mehr nötig sind, wird hierbei wieder viel Arbeitskraft frei, dass der reale Konsumrückgang kaum mehr als 10 % braucht.
Gleichzeitig geht die Automatisierung weiter, und selbst wenn der Konsum nur nicht weiter steigt, wird das in 5 oder spätestens in 10 Jahren ebenso wirken. Nur nicht sofort.
„Das Streben nach Anerkennung und Selbstwirksamkeit in Projekte für erneuerbare Energien, Umweltschutz und soziale Gerechtigkeit kanalisieren.“
Die Ersatzreligion Konsum ist ein psychologisches Phänomen und könnte durch psychologische Umorientierung auf das wirklich Lebensnotwendige abgelöst werden. Und dann wird eben nicht nur konsequent in grüne Technik investiert, sondern auch der eigene Konsum als wesentliches Glücksmaß aufgegeben.
Gerade die neuesten digitalen Möglichkeiten bieten viele Möglichkeiten, sich sehr kostengünstig mit dem Leben zu beschäftigen, dass man weniger Geld braucht und es begrüßen würde, weniger Wochenarbeitszeit leisten zu müssen. Das beschleunigt diesen Prozess einer möglicherweise überwiegend einvernehmlichen Konsumwende zusätzlich.
Wenn wir irgendwann endlich die ökologischen Herausforderungen im Griff haben, dann können wir immer noch gucken, wieder mehr Kinder zu bekommen oder auch weitere Zuwanderer einzuladen. Rein biologisch gesehen ist der Bevölkerungsrückgang jedenfalls komplett unproblematisch.
Wirklich aufgegeben werden dann vor allem Geschäftsmöglichkeiten. Die wir aber eben nicht nur nicht brauchen, sondern die auch noch ökologisch destruktiv sind.
Ja, @Tobias Jeckenburger – ich möchte hier noch einmal das Beispiel Japan aufrufen: Die japanische Gesellschaft war sehr lange sehr kinderreich, shintoistisch-patriarchal und von der Welt abgekoppelt. Europäische Kolonisatoren wurden ebenso gewaltsam abgewehrt wie auch das Christentum nach ersten Missionserfolgen wieder blutig unterdrückt.
Doch am 8. Juli 1835 wurde Japan durch den US-Commodore Perry und dessen “Schwarze Schiffe” mit der technologischen und damit auch wirtschaftlichen Überlegenheit der aufsteigenden USA konfrontiert und zur Öffnung gezwungen. Die alte Shogunat-Ordnung brach zusammen und ab 1868 erfolgte die sog. Meiji-Restauration.
Schon um 1904-1905 besiegte dann Japan in einer Reihe von See- und Feldschlachten das zaristische Russland – der erste Sieg einer asiatischen Macht über eine europäische.
Nach der verheerenden Niederlage des mit Deutschland verbündeten Landes 1945 im 2. Weltkrieg gegen die USA wurde Japan pazifistisch und konzentrierte sich auf die Wirtschaft, ohne etwa seine patriarchalen Familienstrukturen grundlegend zu reformieren. Noch bis in die 1980er Jahre galt das Land als wirtschaftlich so stark, dass es im Cyberpunk als dystopische Leitkultur der kommenden Globalisierung gedeutet wurde.
Doch inzwischen schrumpft die japanische Bevölkerung um über 2.000 Menschen – pro Tag! Zögerliche Versuche des Gegensteuerns konnten den Geburtenrückgang kaum bremsen und mangels junger Menschen gelang Japan auch nach dem Reaktorunglück von Fukushima vom 11. März 2021 die Transformation zu Erneuerbaren Friedensenergien. Die japanische Gesellschaft implodiert – was auch dadurch möglich ist, da es den Rivalen China und Korea ebenso geht.
Mir ist bisher nur eine Demokratie bekannt, die den Ausgang aus dem demographischen Niedergang gefunden hat: Israel. Hier sind es (Religion!) vor allem die ultraorthodoxen und nationalreligiösen Milieus, die sehr schnell wachsen und die alten, säkularen Milieus zunehmend verdrängen. Das Land baut Siedlungen aus und führt Kriege gegen Terrororganisationen. Ob das uns alternden Europäern passt, interessiert dort kaum noch jemand.
@Michael 24.09. 08:22
„Das Land baut Siedlungen aus und führt Kriege gegen Terrororganisationen. Ob das uns alternden Europäern passt, interessiert dort kaum noch jemand.“
Ob ich mich für das Treiben da noch interessieren soll, frage ich mich aber auch.
Radikale Muslime in der israelischen Nachbarschaft, orthodoxe Juden im eigenen Land und Evangelikale US-Unterstützer scheinen zunehmend den Endkampf in Jerusalem mit der Erlösung der Menschheit durch den Ober-Messias zu suchen. Die Welt kann danach dann offenbar komplett entsorgt und das Himmlische Paradies bezogen werden.
Eigentlich alles ein Fall für die Psychiatrie. Aber wer von seiner religiösen Gemeinschaft gedeckt wird, der kommt da erfolgreich dran vorbei. Und kann seinen Wahnsinn noch auf die Spitze treiben.
Bei der kriegerischen Lebensweise kann Israel vielleicht sogar noch viele Kinder gut brauchen. Ob das reicht, steht aber wohl in den Sternen. Die zahlenmäßige Übermacht der Gegner ist noch schon bemerkenswert.
Wenn die globale Energiewende gelingt, und die muslimischen Länder zu einer produktiven Lebensweise gezwungen sind, weil die fossilen Profite wegfallen, könnte sich allerdings auch die Lage Israels bessern.
Wow, @Tobias Jeckenburger – was für ein interdisziplinärer Brückenschlag! Bin fasziniert und dankbar! 🙂
Und, ja, auch Perplexity.ai vermag unseren Ausführungen bis hierher zu folgen:
Der Ausbau erneuerbarer Energien, oft als “Friedensenergien” bezeichnet, kann die Energiedemokratie auf mehreren Ebenen stärken und dabei auch feindseliger Thymotik entgegenwirken:
## Dezentralisierung und Partizipation
Erneuerbare Energien ermöglichen eine dezentrale Energieversorgung, bei der Bürgerinnen und Bürger selbst zu Energieproduzenten werden können[2]. Dies fördert die lokale Autonomie und stärkt demokratische Strukturen. Durch diese aktive Beteiligung an der Energieproduktion entsteht eine Form der “Energiedemokratie”, die den Menschen mehr Mitsprache und Kontrolle über ihre Energieversorgung gibt[1].
## Reduzierung geopolitischer Spannungen
Der Ausbau erneuerbarer Energien verringert die Abhängigkeit von importierten fossilen Brennstoffen[2][4]. Dies mindert das Potenzial für geopolitische Konflikte, die oft mit der Kontrolle über fossile Ressourcen verbunden sind. Indem Länder ihre eigene nachhaltige Energieversorgung aufbauen, werden sie unabhängiger von potenziell feindseligen Akteuren auf dem globalen Energiemarkt.
## Förderung von Stabilität und Sicherheit
Erneuerbare Energien tragen zur Stabilisierung des Klimas bei und reduzieren damit Risiken, die zu Konflikten führen können[4]. Eine stabile Umwelt und Energieversorgung sind wesentliche Voraussetzungen für Frieden und Sicherheit. Dies kann helfen, feindselige Thymotik zu reduzieren, indem Ressourcenkonflikte und Umweltprobleme gemildert werden.
## Stärkung lokaler Gemeinschaften
Der Ausbau erneuerbarer Energien fördert die lokale Wertschöpfung und schafft neue Arbeitsplätze[4]. Dies stärkt lokale Gemeinschaften und kann soziale Spannungen reduzieren, indem wirtschaftliche Chancen geschaffen werden. Eine gestärkte lokale Wirtschaft kann ein Gegengewicht zu feindseliger Thymotik bilden, indem sie Perspektiven und Stabilität bietet.
## Förderung von Kooperation und Dialog
Die Implementierung erneuerbarer Energieprojekte erfordert oft die Zusammenarbeit verschiedener Akteure auf lokaler und regionaler Ebene[1]. Dies kann den Dialog und die Kooperation zwischen verschiedenen Gruppen fördern und somit zu einem besseren gegenseitigen Verständnis beitragen. Solche Prozesse können helfen, feindselige Einstellungen abzubauen und konstruktive Lösungsansätze zu entwickeln.
## Empowerment und Bildung
Die aktive Beteiligung an erneuerbaren Energieprojekten kann das Bewusstsein für Umwelt- und Energiefragen schärfen und zu einer informierteren und engagierteren Bürgerschaft führen[1]. Dies stärkt die demokratische Teilhabe und kann ein Gegengewicht zu populistischen oder feindseligen Narrativen bilden, indem es die Menschen befähigt, fundierte Entscheidungen zu treffen.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Ausbau erneuerbarer Friedensenergien das Potenzial hat, die Energiedemokratie zu stärken, indem er Partizipation fördert, Abhängigkeiten reduziert und lokale Gemeinschaften stärkt. Dies kann dazu beitragen, feindselige Thymotik zu reduzieren, indem Konflikte um Ressourcen gemindert, wirtschaftliche Chancen geschaffen und Kooperation gefördert werden. Allerdings erfordert dieser Prozess auch sorgfältige Planung und inklusives Management, um sicherzustellen, dass die Vorteile gerecht verteilt werden und potenzielle Konflikte konstruktiv adressiert werden.
Citations:
[1] https://www.nature.com/articles/s44168-023-00045-6
[2] https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/windkraft-zur-produktion-erneuerbarer-friedensenergie-gegen-krieg-und-antisemitismus/
[3] https://www.energypeacepartners.com
[4] https://greenpeace.at/hintergrund/erneuerbare-energien-vorteile-nachteile-ueberblick/
[5] https://www.worldfuturecouncil.org/de/energy-democracy-power-to-the-people/
[6] https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/energiedemokratie-ein-begriff-mit-hoher-relevanz-fuer-wirtschaft-politik-und-auch-religionen/
[7] https://www.greeneuropeanjournal.eu/from-energy-crisis-to-energy-democracy/
[8] https://www.bmwk.de/Redaktion/DE/Dossier/erneuerbare-energien.html
[9] https://www.rosalux.de/publikation/id/4135/energiedemokratie
@Michael 25.09. 16:46 / Perplexity.ai
„Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Ausbau erneuerbarer Friedensenergien das Potenzial hat, die Energiedemokratie zu stärken, indem er Partizipation fördert, Abhängigkeiten reduziert und lokale Gemeinschaften stärkt.“
Letztlich braucht es immer noch PV-Module, Generatoren für Windräder und Lithiumbatterien für die Fahrzeuge, die jetzt nicht lokal produziert werden können. Zu nicht unerheblichen Kosten. Wenigstens diese Produktion nach Europa holen wäre aber auch vernünftig und wohl mittelfristig möglich.
Was wir in der Hand haben, ist aber unserer eigener Konsum. Den kann jeder überprüfen, und keiner muss hier auf die Politik dabei warten. So ergeben sich Spielräume für grüne Investitionen, und die Ausbauziele werden auch deutlich kleiner.
Wenn dann auch noch die Automatisierung immer schneller zunimmt, dann fehlt es auch überhaupt nicht mehr an Arbeitskräften. Man stelle sich etwa vor, dass die öffentlichen Verwaltungen um die Hälfte schrumpfen können, wenn die KI die meiste Arbeit erledigen kann. Hier werden dann sogar umfangreiche Staatsausgaben eingespart, die in sinnvollere Aufgaben investiert werden können.
Das hilft dann auch den lokalen Gemeinschaften zu florieren. Perspektivisch dreht es sich dann immer weniger um Arbeit und Konsum, und immer mehr um Bildung und persönliche Teilhabe am wirklichen Leben, an Natur und von mir aus auch an Geisteswelten.
Eine wirkliche Mobilitätswende wäre auch wohl kaum, dass jeder sein Elektroprivatfahrzeug unterhält. Ein System von selbstfahrenden Sammeltaxis wäre erst wirklich eine Wende. Und die spart nicht nur riesige Parkplatzflächen, Staus und auch massiv Kosten ein, sondern auch metallische Rohstoffe in richtig großen Mengen.