Kartenliebe & das Scheitern digitaler Rechtsmimesis am Beispiel Großbritannien

Für die letzte Veranstaltung vor Beginn meiner Karenzzeit am 2. Oktober 2025 hatte ich mir ein Bekenntnis zur Kartenliebe vorgenommen. Auf Einladung der Jungen Union Rems-Murr nach Waiblingen hatte ich zum Thema “Das Judentum und die Deutsche Einheit” eine Europakarte zum Jahr 1444 mitgenommen, übereignet von Prof. Inan Ince & basierend auf dem Computerspiel Europa Universalis 4. Denn in Texten & Reden argumentieren wir meistens in der Linearzeitlichkeit, eine Landkarte aber zeigt die Gleichzeitigkeit. Wir leben als Menschen immer in einem linearen Zeitraum, aber auch in der miteinander vernetzten Raumzeit.

Schauen wir uns zum Beispiel diesen Ausschnitt des heutigen Großbritannien, Nordfrankreich & Heiligen Römischen Reiches nördlich der Alpen zum Jahre 1444 an:

Der Ausschnitt der Europakarte zum Jahr 1444 des Computerspiels Europa Universalis 4 zeigt die politischen Grenzlinien rund um die Nordsee, vor allem in Großbritannien, Nordfrankreich und im später so genannten Heiligen Römischen Reich deutscher Nation.

Europakarte zum Jahr 1444 mit der Nordsee in der Mitte, Großbritannien links und dem mitteleuropäischen Flickenteppich rechts. Foto: Michael Blume

Hier sehen wir auf einen Blick, dass von einem geeinten Deutschland noch überhaupt keine Rede sein kann, dass Dänemark bereits besteht, aber auch benachbarte Staaten wie Österreich, Polen, die Niederlanden und Belgien erst Form annehmen werden. England besteht bereits und hat sich Wales einverleibt, Schottland bildet ebenfalls bereits einen Flächenstaat, wogegen Irland in zahlreiche Territorien zersplittert ist. Noch tobt der hundertjährige Krieg zwischen dem englisch-französischen Königshaus der Lancasters, dessen letzter König Heinrich VI. (1421 – 1471) noch französische Gebiete kontrolliert und gerade einem Friedensvertrag von Tours zugestimmt hat. Dreizehn Jahre vor der Darstellung dieser Karte wurde die französische Aufständische Jeanne d’Arc (1412 – 1431) im Alter von gerade einmal 19 Jahren in Rouen als angebliche Hexe auf einem Scheiterhaufen verbrannt – was ihre Popularität nur steigerte. Sie wurde später nicht nur rehabilitiert, sondern 1909 von der römisch-katholischen Kirche auch selig-, 1920 gar heiliggesprochen.

Können wir als Deutschsprachige vom Kartenblick auf andere Länder lernen?

Ich meine wir können – und sollten unbedingt!

So brachte die Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) im September 2025 eine lesenswerte Studie Zwischen Abgrenzung, Einbindung und Tolerierung. Fallbeispiele für den Umgang mit rechtspopulistischen Parteien in Europa” heraus. Darin untersuchte sie an den Beispielen von Finnland, Frankreich, Griechenland, Italien, Niederlande, Österreich, Polen, Schweden, Spanien und Tschechische Republik den Aufstieg rechtspopulistischer Parteien – und den Umgang konservativer sowie christdemokratischer Parteien in der Europäischen Volkspartei (EVP) damit.

So wird schon auf einen Blick deutlich, dass die unter politisch Halbwissenden immer noch verbreitete These “Merkel sei Schuld an der AfD” politikwissenschaftlich falsifiziert ist, da es einen vergleichbaren und teilweise noch krasseren Aufstieg rechtsdualistischer Parteien weltweit und auch in anderen europäischen Nationen seit etwa 2010 gibt.

Auch konnte die immer noch zu hörende These falsifiziert werden, dass ein Rechtsruck liberaler, bürgerlicher, konservativer und christdemokratischer Parteien einschließlich von Bündnissen mit Rechtsaußen-Parteien diese schwächen würde. Der Vergleich – und übrigens auch die Analyse der deutschen Bundestagswahl 2025 – ergab das Gegenteil, Zitat: “Hier zeigt sich, dass in maßgeblichen Fällen eine ‘Zähmung’ rechtspopulistischer oder gar rechtsextremer Parteien durch Kooperation nicht gelungen ist und eher zu einer Schwächung der EVP-Mitgliedsparteien geführt hat.”

Hierzu möchte ich nun also auch das heutige Großbritannien heranziehen, dass ich bereits viele Male besuchen durfte und dessen geistige Traditionen mir viel bedeuten. So hatte ich u.a. über den britischen Theologen und Mit-Entdecker der Evolutionstheorie, Charles Darwin (1809 – 1882), 2013 eine Biografie veröffentlicht.

Ein Exemplar von "Evolution und Gottesglaube. Charles Darwin als Theologe" von Michael Blume bei Herder liegt auf einem eBook-Reader. Das Cover zeigt eine steinerne Statue des Evolutionsforschers vor dem Hintergrund eines leuchtenden Kreuzes in einem Kirchenfenster.

2013 veröffentlichte ich bei Herder “Evolution und Gottesfrage. Charles Darwin als Theologe”. Foto: Michael Blume

Auch im modernen Großbritannien entstand 2019 eine rechtsdualistische Partei, die Brexit Party um Nigel Farage. Der Populist hatte es geschafft, über Trump-eske Medienkampagnen und Aufmerksamkeitsfallen auch viele Bürgerliche für den Brexit, den Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union zu gewinnen. Doch danach hörte er nicht etwa auf, sondern machte sich daran, die bestehenden, demokratischen Parteien des Königreichs herauszufordern. Die konservative Tory Party reagierte panisch und mit Rechtsmimesis – also mit der Nachahmung der Narrative und Erzählungen der rechtsdualistischen Partei.

Das Ergebnis war ein Desaster: Die Tories verloren jede Glaubwürdigkeit und die zu Reform UK umbenannten Rechtspopulisten wurden immer stärker. Bei der Parlamentswahl zum “House of Commons, Unterhaus” im Juli 2024 verloren die Konservativen mit 19,9 Prozentpunkten fast die Hälfte ihrer bisherigen Wählerschaft und damit auch die Regierungsmehrheit.

Eine Datengrafik von n-tv und BBC zeigt das Fast-Endergebnis der britischen Unterhauswahlen 2024. Labour gewann 1,5 Prozentpunkte auf 33,7%, die Tories verloren 19,9 Prozentpunkte auf 23,7%. Die rechtspopulistische Reform UK gewann 12,3 Prozentpunkte auf 14,3% hinzu, die Liberaldemokraten 07 Prozentpunkte auf 12,2% und die Grünen 4,1 Prozentpunkte auf 6,8%.

Die Rechtsmimesis kostete die britischen Tories bereits bei der Parlamentswahl 2024 fast die Hälfte ihrer Wählerschaft – und der Abwärtstrend setzt sich fort. Screenshot: Michael Blume

Mimesis bezeichnet dabei die menschliche Psychologie der Nachahmung von Zielen: Wenn ein Kind mit einem Spielzeug spielt, wird es auch für andere begehrlicher. Wenn attraktive Menschen um ein Produkt gruppiert werden, wollen auch wir dieses eher haben – das mimetische Hauptprinzip der Werbung. Und wenn Flitzer, aber auch Suizide und Verbrecher medial berühmt gemacht werden, entsteht eine massive Gefahr von mimetischen Nachahmungstaten. Leider werden Vorbild-Potentiale der Mimesis wie auch ihre enormen Gefahren immer wieder vergessen bzw. verdrängt.

Das "Symbolbild Mimesis" zeigt einen Zweig mit roten Trauben, darüber das türkische Sprichwort "Üzüm Üzüme Baka Baka Kararir" und die deutsche Übersetzung "Die Traube schaut die Traube an & wird dunkel dabei".

Ein türkisches Sprichwort zur Ähnlichwerdung etwa von Ehepaaren besagt in deutscher Übersetzung “Die Traube schaut die Traube an & wird dunkel dabei“. Das ist Mimesis. Symbolbild: Michael Blume mit Leonardo.ai

 Rechtsmimesis bedeutet also, dass die Nachahmung von Feindbild-Erzählungen gegen Migranten und deren Nachkommen, gegen Bildung & Wissenschaften, gegen Feministinnen, Juden, gegen Arme, Kranke, gegen andere Völker und Religionen immer und immer wieder den feindseligen Rechtsdualismus verstärken wird. Rechtspopulistische, rechtsextreme, rechtsdualistische Parteien werden dadurch in den Augen der Öffentlichkeit mimetisch bestätigt und gestärkt, nicht geschwächt. Wer als Demokrat oder Demokratin weiterhin auf Rechtsmimesis setzt, ist entweder ignorant oder hat bereits innerlich die Idee der Menschenwürde aufgegeben.

In einem kurzen Satz: Rechtsmimesis befeuert Rechtsdualismus. Immer & immer wieder.

Genau diesen Rechtsmimesis-Fehler beging nach den britischen Tories auch die Führung der britischen Labour Party um Premierminister Keir Starmer! Um den Aufstieg von Reform UK zu stoppen, ahmte er auch den Anti-Migrations-Kurs der Rechtsdualisten nach, kürzte Sozialleistungen und schloss eine Rückkehr des (noch) Vereinigten Königreiches in die Europäische Union aus.

Das Ergebnis war und ist eine erhebliche Krise sowohl innerhalb von Labour wie auch in den katastrophal abstürzenden Umfragen. Und gerade verzeichnete Labour eine katastrophale Wahlniederlage bei einer Nachwahl zum Senned, dem Landesparlament von Wales.

Über ein Jahrhundert war der Wahlkreis Caerphilly fest in den Händen von Labour gewesen, die nun jedoch um 27 Prozentpunkte auf nur noch 11% der Stimmen deklassiert wurden. Die Konservativen / Tories erzielten gerade noch zwei Prozent der Stimmen. Klare Wahlgewinnerin waren die Waliser Linksnationalisten von Plaid Cymru, die mit ihrem Kandidaten Lindsay Whittle 47 % der Stimmen erzielten. Die rechtsdualistische Reform UK erzielte mit 36 % fast drei Mal so viele Stimmen wie Labour & Tories zusammen!

Eine Mastodon-Umfrage von Dr. Michael Blume vom 21. Oktober 2025 zu den Themen Rechtsmimesis und Rechstdualismus. Es beteiligten sich 218 Personen, von denen 3% angaben, Mimesis & Dualismus zu verstehen. 47% verstanden Dualismus, Mimesis aber (noch) nicht. 21% kannten Mimesis, Dualismus aber nicht. Und 29% gaben an, "beides nicht" zu verstehen.

Nach einer Mastodon-Umfrage meinerseits im Oktober 2025 verstanden bereits 68% der 218 Antwortenden den Fachbegriff “Dualismus”, aber erst 24% “Mimesis”. Screenshot: Michael Blume

Die Rechtsmimesis hat nacheinander sowohl die konservativen Tory Party wie auch die sozialdemokratische Labour Party an den Rand der Selbstvernichtung geführt. Und auch in Deutschland stürzen CDU und CSU auf diesem Irrweg immer weiter ab.

Hoffnungszeichen: Kartenliebe, Geschichte & Politikwissenschaft in der nächsten Generation

Ich denke also, dass ein Blick auf historische wie auch auf gegenwärtige Landkarten uns helfen kann, Chancen und Gefahren besser zu erkennen. Mir war es wichtig, die jungen Demokratinnen & Demokraten über die Geschichte des Judentums in Deutschland und zugleich über die immer auch europäischen Gleichzeitigkeiten unserer Geschichte und Gegenwart zu informieren. Deshalb ließ ich die Karte auch während meines Vortrages herumgehen & sprach danach noch länger mit Interessierten. Ein Dank geht auch an den Landtagsabgeordneten Christian Gehring (CDU), der noch von einem anderen Termin zu uns stieß.

Einem meiner Söhne, der gerade sein freiwilliges Dienstjahr bei der Bundeswehr abgeschlossen hat, gefiel der Abend so gut, dass er sich danach mit mir und der Europakarte fotografieren ließ. Die Begeisterung für unsere parlamentarische Demokratie und für historisch orientierte Strategiespiele wie Age of Empires, Civilization und eben Europa Universalis verbindet.

Einer der Söhne von Dr. Michael Blume steht mit ihm am Ende eines Vortrages in Waiblingen Schulter an Schulter. Die beiden halten eine Europakarte zum Jahr 1444 von Europa Universalis 4 vor sich.

Gemeinsames Bekenntnis zur Kartenliebe nach erfolgreichem Vortrag mit einem meiner Söhne am 2. Oktober 2025 in Waiblingen. Foto: JU Kreisverband Rems-Murr

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Dr. Michael Blume studierte Religions- und Politikwissenschaft & promovierte über Religion in der Hirn- und Evolutionsforschung. Lehrbeauftragter am KIT Karlsruhe, Wissenschaftsblogger & christlich-islamischer Familienvater, Buchautor, u.a. "Islam in der Krise" (2017), "Warum der Antisemitismus uns alle bedroht" (2019) u.v.m. Hat auch in Krisenregionen manches erlebt und überlebt, seit 2018 Beauftragter der Landesregierung BW gg. Antisemitismus und für jüdisches Leben. Auf "Natur des Glaubens" bloggt er seit vielen Jahren für das Fediversum, Wissenschaft und Demokratie, gegen antisoziale Medien, Verschwörungsmythen und den Niedergang Europas.

61 Kommentare

  1. Mir geht eher die Nachahmung von Mitteln auf den Senkel: Wenn wir alle nach unten treten und nach oben buckeln, profitiert nur die Spitze der Nahrungskette, denn an die Stärksten traut sich keiner heran, die unteren Ränge zerstören sich selbst von unten nach oben. Sie sehen also eine rein physikalische Struktur, die unter ihrem eigenen Gewicht zusammenbricht, einen Koloss auf tönernen Füßen. Wenn die Gewerkschaft zerbricht, weil Trump mit seiner Tour Erfolg hat und jeder Paketbote sich wie Trump aufführt, ist selbst die Sklaverei besser als die Freiheit, weil nur ein großer Trump die vielen kleinen Trumps am Krieg hindern kann.

    Wenn. Das ist das Schlüsselwort, das den Unterschied zwischen Anarchie und Demokratie ausmacht. Die Demokratie ist das bessere Regierungssystem, die Anarchie ist gar keins, die Diktatur das mittlere Übel, und dass wir ihre Namensschilder gern vertauschen, damit sich auch ein lupenreiner Despot oder verschlagener Galgenvogel mit fremden Federn schmücken können, ist ihnen egal.

    Mein erster Versuch vor vielleicht 10 Jahren, dem Spiegel Online den globalen Rechtsruck zu erklären, war die Thermodynamik, wir verhalten uns ja wie Wasser im Kochtopf. Schätze mal, mit dem Versuch, der Menschheit klar zu machen, dass sie sich wie doofes Wasser verhält, habe ich genauso viel Erfolg wie die Menschheit mit dem Versuch, zu ignorieren, dass sie es tut. Ich finde dieses Vexierbild-artige so faszinierend, nachdem sich die gleiche Situation als etwas ganz Anderes entpuppt, je nachdem, wie man den Zoom-Faktor oder Blickwinkel setzt oder mit welchen Analogien man sich der Sache zu nähern versucht. Denn dann findet man ja nicht nur die Zusammenhänge zwischen der Situation und den Analogien, sondern auch unter den Analogien generell, und findet Sachen heraus, die die lästige Eigenschaft haben, das Weltbild auf den Kopf zu stellen. Ich mochte mein Weltbild vorher viel lieber. Aber ich bin nur ein Auge ohne Willen, ich streite mich nicht, ich melde, was ich so als Halbblinder sehe.

    Und immer wieder diese merkwürdige Gewissheit, dass überall um mich herum zwar nur Tod und Verfall sind, aber ich in Europa eine Geburt sehe. Ich sehe das brennende Nest, doch nicht den Phönix, das platzende Ei, doch nicht das Küken, eine Plazenta, die zerfetzt wird, vielleicht die Art Geburt, die die Mutter nicht überleben wird – aber dennoch eine Geburt. Und deswegen ignoriere ich den ganzen Populisten-Etablierten-Mist einfach. Ohnmacht und Fieber, Leichenstarre und Fäulnis, eine solch extreme Polarisierung von Passiv und Aktiv ist typisch für Sterbende und Tote.

    Nichts davon ist wichtig. Palliativmedizin, Schadensbegrenzung, die Behandlung ändert sich nicht, wird nur weiterentwickelt: Heute haben wir Morphium zu den Gebeten und Tröpfe zum Abtupfen der Lippen. Was ewig gleich bleibt, ist das Händchen halten und das gute Wort, dafür haben wir jetzt Schiffe, Straßen, Züge, um Krankenpfleger und Patienten zueinander zu bringen.

    Hüten Sie sich vor der Mimesis des Zieles Tod. Wir sind alle Flüchtlinge in Europa, die alte Welt tot, eine neue noch nicht geboren. Wenn Sie sich die Geschichten der Ossis anschauen, es sind typische Migranten-Geschichten – sie kamen mit großen Hoffnungen in den Westen, wurden abgezockt, ausgelutscht, von Oben herab behandelt und von Inkompetenz bevormundet, ihre Kultur wurde unterdrückt, ihre Versuche, sich nach eigener Fasson selbst zu helfen, abgewürgt. Die Reaktion ist die gleiche wie in den Banlieues und den Schweden-Gettos, die AfD ist ihr Islamismus.

    Doch auch die Wessis sind Migranten, über Nacht von einem so hohen Ross gestoßen, dass es sich anfühlt, als wären wir vom Mond gefallen. Das Sanssouci, das uns das Amerikanische Imperium als Rentnerheim für Imperialisten A.D. gebaut hat, zerbricht an Nöten und Sorgen, die Illusion, das Lebensgefühl, es wäre noch 1900 und wir würden die Welt beherrschen, wird von einem Reality Check nach dem anderen zertrümmert wie eine Abrissbirne. Wundert es Sie da, dass sich die CDU vor der überwältigenden, neuen Welt abschotten möchte, dass sich der Clan-Chef in seinem Getto einigelt und dort seinen eigenen Staat einrichtet, der äußerst brutal schwer kriminellen Geschäften nachgeht und alle Fremden skalpiert, auf dem Altar seiner Götzen opfert, um sie dann in einem großen Kochtopf zu leckerer Suppe zu verarbeiten? Dass der Mensch mal irgendwo kein Flüchtling ist, ist für die Menschheit noch Neuland – wir wissen noch kaum, wie das gehen soll!

    Die Amerikaner verlieren ein Imperium. Die Briten merken auf die harte Tour, dass sie keins mehr haben. Die Chinesen finden sich auf Planet Europa wieder, wo sie nur eine Minderheit sind und nicht der Große Zampano, zum ersten Mal in der Geschichte muss es sie interessieren, was der Rest der Welt will. Russland war 1991 noch eine Supermacht, heute ist es das, was die Ukraine bisher war, und die Ukraine weiß selber nicht, was sie ist, aber auch sie kann nicht sein, was sie sein will und wird sich neu definieren müssen. Und so weiter und so fort. Selbe Welt, selbes Wirtschaftssystem, selber Kollaps, doch jeder findet eigene Gründe und eigene Wege ins selbe Grab.

    Leichenstarre und Fäulnis haben bis jetzt noch keine Leiche aufgeweckt und aus der Pathologie joggen lassen. Gesundbeten vs Menschenopfer, Streit darüber, ob man dem Patienten noch mit Finanz-Koks aufputschen sollte oder ihn ins Spar-Koma versetzen, die Priester und Medizinmänner und Scharlatane sind machtlos. Mein Körper und mein Geist sterben mit dieser Welt, ich werde eine andere nie sehen, außer in dem Beitrag, den ich vielleicht, vielleicht noch zu ihr leisten kann. Mich interessiert das Küken, die DNA, die Physiologie, die Anatomie, die Baupläne für das Baby, das irgendwann in die trockenen Tücher muss. Falls es die Geburt überlebt. Falls es je ein Baby gab und nicht bloß den Wahn meines kaputten Hirns.

    Nicht, weil ich ein so großer Fan des Lebens wäre. Aber der Tod langweilt, Sterben nervt, also bleibt mit kein Hobby sonst übrig. Sie können sich andere Gründe suchen, andere Wege. Aber entscheiden Sie sich, was Ihr Ziel ist. Denn der Tod frisst die Vergangenheit, nicht die Zukunft.

  2. @Paul S.: “… die Anarchie ist gar keins, …:

    Die Anarchie ist der absolute Verstand von wirklich-wahrhaftiger Vernunft und Verantwortungsbewusstsein OHNE Heuchelei und Lügen, doch leider hat Mensch seine Vernunftbegabung wohl unabänderlich für Nichts vergeudet.

  3. @Paul S.: “Aber der Tod langweilt, …”
    😃
    Da habe ich aber eine andere Erfahrung gemacht.

    “WER WEIß SCHON OB LEBEN TOTSEIN UND TOTSEIN LEBEN IST” (Euripides)

    Aufgrund meiner Erfahrung habe ich die Vermutung, daß der Sinn des Programms Holographisches Universum, für die Schöpfung existenziell ist, also unsere Dummheit nicht in Dumm-Verkommenheit münden sollte – Jesaja 55,8-11 Sch…ade eigentlich!?

    • @hto

      Es ist die Tragik gnostischer Erfahrungen, dass sie von anderen nicht überprüft werden können.

      Und grämen Sie sich nicht: @Paul S. schreibt viel, aber antwortet wenig.

      Sie können also mit Ihrer Spammerei aufhören. 🤭💁‍♂️🔠

  4. Die KI schreibt:

    “Gnostik bezieht sich auf religiöse und philosophische Ideen, die im 2. Jahrhundert n. Chr. entstanden und eine “Gnosis”, eine esoterische, spirituelle Erkenntnis, betonten. Kernmerkmale sind ein starker Dualismus (Geist vs. Materie, Gut vs. Böse), der Glaube an einen verborgenen, lichtvollen Gott und einen niederen, materiellen Schöpfergott (Demiurg) sowie die Erlösung des im Körper gefangenen göttlichen Funkens durch Wissen. Der …”

    Da bin ich ja froh, daß ich sowas nicht bin – Wer hat die KI wohl mit diesem wettbewerbsbedingt-konfusen Blödsinn gefüttert.👋😂

    Gott ist die Vernunft des Geistes, bzw. des Zentralbewusstseins der Schöpfung – Menschen sind konfuse Wesen OHNE Geist und OHNE Seele, welches nur als ganzheitlich-ebenbildliches Wesen, mittels Vernunftbegabung einen neuen/weiteren Geist und eine neue/weitere Seele gottgefällig/vernünftig fusionieren sollen, für die neue/weitere Gestaltung der Schöpfung – Johannes 4,24

    • Doch, @hto – wir hatten ja nun wirklich oft genug über Ihr gnostisches Getrolle und Ihren feindseligen Dualismus kommentiert. Sie werden sicher verstehen, dass ich mir und den ernsthaft Interessierten an “Natur des Glaubens” Ihr immergleiches Geschwurbel nicht länger zumute. SO interessant ist Ihre Techno-Gnosis nun auch nicht.

      Ihnen alles Gute, auch im echten Leben! 🌞🙌

        • Vielen Dank, @Claudia Vogt

          Es war für mich nicht ganz leicht zu akzeptieren, dass es leider feindselige Dualisten gibt, die jede Einladung zum Dialog als Gelegenheit zum Getrolle missverstehen. @hto ist da leider nicht der Einzige. Aber ich übe mich in Resilienz. 🤓☕️🙌

  5. Zitat 1 Michael Blume: So wird schon auf einen Blick deutlich, dass die unter politisch Halbwissenden immer noch verbreitete These “Merkel sei Schuld an der AfD” politikwissenschaftlich falsifiziert ist, da es einen vergleichbaren und teilweise noch krasseren Aufstieg rechtsdualistischer Parteien weltweit und auch in anderen europäischen Nationen seit etwa 2010 gibt.
    Zitat 2 Michael Blume: „Auch konnte die immer noch zu hörende These falsifiziert werden, dass ein Rechtsruck liberaler, bürgerlicher, konservativer und christdemokratischer Parteien einschließlich von Bündnissen mit Rechtsaußen-Parteien diese schwächen würde. “

    Mir scheint, sie Michael Blume unterscheiden in diesem Artikel zu wenig zwischen rechten/rechtsextremen Parteien und ihren Wählern. In meinen Augen ist die Annahme falsch, die Wähler der AfD seien ideologisch auf der Linie der AfD. Meine These ist dagegen:
    1) Die AfD wird durch Ausgrenzung durch die regierenden Parteien extremer als sie schon war, schon ist
    2) die Wähler wählen die AfD nicht wegen ihrer ideologischen Ausrichtung, sondern weil die regierenden Parteien den Wählerwillen bei einigen wenigen, aber wichtigen Punkten ignorieren.

    zu 1): Die AfD wird von den anderen Parteien so stark ausgegrenzt, dass sich die AfD gar nicht mehr bemühen muss, mit den anderen Parteien zu kommunizieren. Das begünstigt aber die Extremisten innerhalb der AfD und es erklärt zudem gut, warum die AfD die SPD, CDU/CSU und die Grünen als Altparteien bezeichnet. Wer so eine Bezeichnung wählt will und kann wohl nicht mit den anderen Parteien kommunizieren und wirbt sogar mit einem Abschied vom Alten und damit für einen Umsturz. Doch dieser Extremismus wird durch die „Brandmauer“ sogar verstärkt und begünstigt.

    zu 2):
    – die Migration ist gemäss Umfragen ein von Deutschen empfundenes Problem, das von den regierenden Parteien nicht angegangen wird und das ist in D einer der Hauptgründe für den zunehmenden Wahlerfolg der AfD selbst bei Menschen, die sonst wenig mit der AfD anfangen können. Meine Vermutung: die Deutschen waren auch früher schon ausländer-ängstlich (Quelle: Helmut Schmidt) und die Zunahme der Migration ist für viele Grund genug die einzige Partei zu wählen, der sie eine Änderung der Migrationspolitik zutrauen.
    – die Wirtschaftslage verschlechtert sich auch in Deutschland und wiederum bieten die regierenden Parteien keine Lösung, ja sie bieten nicht einmal eine überzeugende Analyse und es fehlt ihnen der Wille zur wirtschaftspolitischen Wende.
    – die regierenden Parteien erreichen die Menschen, also die Bevölkerung über die sie regieren, immer weniger. Das lässt sich etwa daran festmachen, dass junge Wähler immer stärker die Linke und die AfD wählen. Interpretation: Junge lesen keine Zeitung, sondern sind auf social media unterwegs und dort ist auch die Linke und die AfD präsent. Zudem fehlt den Jungen die Parteibindung und sie sind stärker sachorientiert anstatt programmorientiert.

    Noch zur Rolle von Angela Merkel: In vielen Artikeln, die ich gelesen habe, ist der Konsens, dass Angela Merkel die CDU/CSU deutlich nach links verschoben hat, ja dass seit Merkel die Konservativen/Rechten ihre Heimat verloren haben und sie deshalb die AfD wählen.

    • Hier bin ich, @Martin Holzherr, einmal ganz entschieden anderer Meinung als Sie.

      Sie schrieben:

      “In vielen Artikeln, die ich gelesen habe, ist der Konsens, dass Angela Merkel die CDU/CSU deutlich nach links verschoben hat, ja dass seit Merkel die Konservativen/Rechten ihre Heimat verloren haben und sie deshalb die AfD wählen.”

      Angela Merkel hat die CDU in die politische Mitte geführt und damit in schwierigster Zeit traumhafte Beliebtheits- und Zustimmungswerte sowie Wahlergebnisse von über 40% zu Bundestagswahlen erreicht. Sie hat dann auch ihr Amt freiwillig aufgegeben, statt sich wie andere vor und nach ihr “heraustragen” lassen.

      Und Merkel kann schon aus zwei Gründen nicht Schuld am Wahlergebnis der AfD oder deren Extremismus sein.

      1. In anderen Ländern weltweit und auch in Europa stiegen ebenfalls rechtsdualistische Parteien auf – oben ist eine ausführlich vergleichende Studie der KAS erwähnt.
      2. Sowohl Wählende wie Partei-Aktive in Deutschland sind ganz überwiegend erwachsene und mündige Menschen. Wer also Faschisten wählt oder sich rechtsdualistisch radikalisiert, trägt dafür auch die Verantwortung. Was ist das nur für ein jämmerliches Menschenbild, nach dem Erwachsene sogar für ihren eigenen Extremismus noch anderen – vor allem Frauen – die Schuld geben wollen? Wer die AfD wählt oder sich in ihr engagiert, weiß, was er oder sie tut. Zumal in Deutschland ja noch die Erkenntnisse der Geschichte hinzu zu ziehen sind.

      Sie behaupteten “die Migration ist gemäss Umfragen ein von Deutschen empfundenes Problem, das von den regierenden Parteien nicht angegangen wird und das ist in D einer der Hauptgründe für den zunehmenden Wahlerfolg der AfD selbst bei Menschen, die sonst wenig mit der AfD anfangen können.”

      Das ist politikwissenschaftlich falsifiziert, da schon bei der letzten Bundestagswahl sehr viel mehr Menschen Sorgen über hohe Mieten und Lebenshaltungskosten, über die Klimakrise und die Sicherheit von Gesundheit und Altersversorgung bekundet haben als über Migration. Rechtslibertäre in Politik und Medien haben das Thema “Migration & Sicherheit” künstlich hochgepusht, damit auch noch Nachahmungstaten in Kauf genommen und zu einem absolut kläglichen Wahlergebnis der Union sowie zu einem Erstarken der AfD beigetragen. Rassistische Rechtsmimesis ist auch Anfang diesen Jahres bereits psychologisch gescheitert, vgl.

      https://www.herder.de/hk/hefte/archiv/2025/10-2025/medien-und-mimesis-journalismus-in-zeiten-digitaler-aufmerksamkeitsoekonomie/

      Genau richtig hat der Ministerpräsident von Schleswig-Holstein, Daniel Günther (CDU) dazu am 12.10.2025 bei t-online.de erklärt:

      Frage: Friedrich Merz hat das kurz vor der Bundestagswahl versucht, indem die Union im Bundestag einen Migrationsantrag mit Stimmen der AfD verabschiedet hat. War das klug?

      Antwort Günther: In der Union ist da der Blick zurück ziemlich einheitlich: Das hat nicht geholfen. Es hat am Ende die Ränder rechts und links gestärkt. Daraus folgt für mich: Wir müssen uns klar von der AfD abgrenzen und in keiner Form mit ihr zusammenarbeiten, damit wir das Vertrauen der Menschen zurückgewinnen.

      https://www.t-online.de/nachrichten/deutschland/innenpolitik/id_100950116/cdu-landeschef-daniel-guenther-ueber-ampel-gesetz-angst-und-schrecken-.html

      Schließlich meinten Sie: Junge lesen keine Zeitung, sondern sind auf social media unterwegs und dort ist auch die Linke und die AfD präsent. Zudem fehlt den Jungen die Parteibindung und sie sind stärker sachorientiert anstatt programmorientiert.

      Ganz genau – die politisch-mediale Sozialisierung läuft bereits heute vor allem über die Internet und hier bisher vor allem über antisoziale Konzernmedien ab. Das ist selbstverständlich nicht nur in Deutschland so – auch etwa in unserem Nachbarland Frankreich sind rechte und linke Dualisten inzwischen so stark geworden, dass es keine parlamentarische Mehrheiten in der Mitte mehr gibt.

      Denn wenn sich immer mehr demokratische Parteien auf eine rechte Mimesis einlassen, so bleibt auch jüngeren Wählerinnen und Wählern kaum etwas anderes übrig, als weiter links nach einem Gegengewicht zu suchen. Auch im o.g. Wales hat sich ja gerade eine linke Partei vor die rechtsdualistische Reform UK geschoben. Wer aus der Mitte heraus nach rechts blinkt, stärkt die medialen Blasen an beiden Rändern.

      Mithilfe der Psychologie der Mimetik sind die Zusammenhänge auch ganz einfach zu verstehen: Wer über Suizide und Verbrechen mimetisch berichtet, löst Nachahmungstaten aus. Wer Rassisten mimetisch nachläuft, befeuert den Rassismus und die Panik. Die AfD will die Union zerstören und findet leider auch in der Berliner Blase genügend politische Versager, die ihr immer wieder in die Falle gehen.

      Warum ich vor über 30 Jahren der CDU gerade nicht als konservativer (also nur reaktanter), sondern bewusst als christdemokratischer Partei beigetreten bin, habe ich hier ja ausführlicher erklärt:

      https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/menschenbilder-stadtbilder-verletzungen-die-sprachmacht-deutscher-komposita/

      Ich finde es sehr bedauerlich, wie tief gerade eine rechtslibertäre Herrenriege durch dümmliche Rechtsmimesis das Vertrauen in CDU und CSU beschädigt und damit sogar den Zusammenhalt unserer Demokratie gefährdet. Die Ergebniosse und Umfragen belegen es ja jeden Tag neu: Mit der charakterlichen und politischen Kompetenz einer Angela Merkel kann von diesen Leuten keiner mithalten. Ich hoffe, die CDU findet wieder in ihr christlich-demokratisches Zentrum zurück.

      So hat in Bolivien gerade der Christdemokrat Rodrigo Paz die Präsidentschaftswahlen nach Jahrzehnten sozialistischer Misswirtschaft gegen einen Rechtslibertären in der Stichwahl gewonnen:

      https://www.tagesschau.de/ausland/amerika/bolivien-wahlen-100.html

      Eine ihrer selbst bewusste Christdemokratie hat auf dieser Welt noch sehr viele inhaltliche und politische Erfolge vor sich. Eine weitere “konservative” Partei, die wie bereits in Frankreich und in Großbritannien an der Rechtsmimesis zugrunde geht, braucht dagegen kein Mensch.

      • @Michael Blume: ihre Antwort gemäss der CDU/CSU und SPD alles recht gemacht haben, bedeutet aber auch – so behaupte ich -, dass die Leute die AfD aus Überzeugung wählen. Und ehrlich gesagt, würde das für mich auch bedeuten, dass inzwischen mehr als 25% der Wähler nicht mehr demokratisch denken (denn die AfD argumentiert nicht demokratisch).
        Gemäss AfD zieht in Umfrage mit Union gleich mit der Überschrift

        Im ARD-DeutschlandTrend äußert eine Mehrheit Zweifel am Funktionieren der Demokratie. Die Unzufriedenheit mit der Regierung bleibt hoch. In der Sonntagsfrage erzielt die AfD ihr bislang bestes Ergebnis.

        gilt folgendes:
        – AfD und CDU/CSU haben denselben Zuspruch bei Wählern
        – die Unzufriedenheit mit der Bundesregierung ist von 51 Prozent Anfang Juni auf mittlerweile 77 Prozent angestiegen
        – Nur noch eine Minderheit von 42 Prozent ist mit der Art und Weise, wie die Demokratie in Deutschland funktioniert, zufrieden. 56 Prozent hingegen sind damit weniger bzw. gar nicht zufrieden. Am größten ist die Unzufriedenheit unter den AfD-Anhängern mit 91 Prozent.

        Kurzum: Meine eigene These für den Wählerzuspruch zur AfD ist nach wie vor die: Deutsche wählen die AfD aus Unzufriedenheit mit der Regierung und nicht weil sie hinter den Anliegen und der Orientierung der AfD stehen. Die AfD ist also in den Augen der Wähler keine konstruktive Partei, sehr wohl aber eine Oppositionelle. Und nicht wenige Deutsche denken, CDU/CSU, SPD und Grüne seien trotz internen Querelen das eine Lager, sie repräsentierten quasi das Etablierte, aber nicht mehr Funktionierende, und das andere Lager sei dann die AfD.

        • Lieber @Martin Holzherr,

          ich nehme mir wirklich gerne Zeit für das Wissenschaftsbloggen und den Dialog mit ehrlich Interessierten.

          Ihrem letzten Kommentar muss ich jedoch leider entnehmen, dass Sie a) entweder meine Texte nicht wirklich lesen oder b) bewusst lügen.

          So behaupten Sie, ich hätte geschrieben, dass “CDU/CSU und SPD alles recht gemacht haben”. Das Gegenteil ist wahr – ich kritisiere hier in diesem Blogpost die konservativen Labour und die sozialdemokratische Labour in Großbritannien wie auch in meinem verlinkten Mimesis-Artikel die CDU/CSU und die FDP für ihr Bundestagswahlergebnis 2025, das für die Union historisch schlecht ausfiel und mit dem die FDP sogar den Wiedereinzug in den deutschen Bundestag verfehlte. All das zeigt: Demokratische Parteien, die Rechtsmimesis betrieben haben, haben damit auch immer (!) verloren.

          https://www.herder.de/hk/hefte/archiv/2025/10-2025/medien-und-mimesis-journalismus-in-zeiten-digitaler-aufmerksamkeitsoekonomie/

          Ebenso habe ich nicht behauptet, “dass die Leute die AfD aus Überzeugung wählen.”. Welche Überzeugung soll das denn sein? Manche wollen mehr Sozialstaat, andere weniger. Viele verstehen sich als Israelfreunde (gegen Muslime), andere haben eine Waffenboykott-Linie gegen die israelische Regierung durchgesetzt usw. Und das ist doch bei anderen rechtspopulistischen Bewegungen wie MAGA in den USA ganz genau so – fragen Sie doch dort mal etwa nach den Epstein-Files.

          Rechtsdualistische Bewegungen werden durch Feindbilder zusammengehalten, nicht durch positive Überzeugungen. Auch profitieren sie von ausländischer, v.a. russischer, chinesischer und US-amerikanischer Propaganda. Zur letzten Wahl hatte u.a. der Milliardär Elon Musk in der Welt am Sonntag zur Wahl der AfD aufrufen dürfen!

          Gleichwohl weise ich erneut darauf hin, dass es sich bei Wählerinnen und Wählern um erwachsene Menschen handelt, die nicht anderen die Schuld für ihre Wahlentscheidungen geben können. Wer die Hamas in Gaza gewählt hat, Smotrich in Israel, Trump in den USA, Milei in Argentinien, Bolsonaro in Brasilien oder die AfD in Deutschland wählte nicht “Protest”, sondern Rechtsdualismus. Und in keinem Fall hat es demokratischen Parteien geholfen, entsprechend rechte Narrative mimetisch nachzuahmen.

          Bei ihrer letzten Bundestagswahl als Bundeskanzlerin erzielte Angela Merkel am 24. September 2017 übrigens noch immer 32,9 Prozent der Stimmen für die Union, die AfD erzielte 12,6 Prozent. Während die Union unter Armin Laschet am 26. September 2021 weiter absackte, fiel die AfD auf nur noch 10,4 Prozent zurück.

          Nach den gemeinsamen Abstimmungen mit der AfD unter Friedrich Merz am 23. Februar 2025 erreichte die Union auch nur noch 28,5 Prozent der Stimmen, die AfD aber verdoppelte ihr Ergebnis auf 20,8 Prozent! Die FDP, die sich ebenfalls auf die gemeinsamen Anträge eingelassen hatte, verfehlte mit 4,3 Prozent deutlich den Wiedereinzug in den Bundestag.

          Sowohl internationale wie auch deutsche Studien zeigen also eindeutig, dass konservative und christdemokratische Parteien verlieren, wenn sie die rassistischen und reaktanten Narrative der Rechtsdualisten mimetisch übernehmen. Und ich frage mich ernsthaft, ob Sie das a) wissen, aber verleugnen oder b) nicht wahrhaben wollen.

          Gerne nehme ich mir auch in Zukunft Zeit für Ihre Kommentare – wenn Sie sich umgekehrt erkennbar darum bemühen, meine Aussagen ehrlich wahrzunehmen und bei den Fakten zu bleiben.

          • @Michael Blume: Zustimmung: rein reaktive Übernahme der Positionen des Gegners überzeugt die Wähler wohl selten, da stimme ich ihnen zu. Denn wenn das, was der politische Gegner thematisiert, im Kern richtig ist, warum sollte der Wähler sich dann von der gegnerischen Position abwenden.
            Das heisst allerdings nicht, dass man vom Wähler empfundene Probleme ignorieren kann. Viel wirkungsvoller als auf den Gegner zu reagieren ist es, selber etwas vorzuschlagen, was eventuell auch vom Gegner hätte vorgeschlagen werden können, es aber als Eigengebräu auszugeben. Über Angela Merkel habe ich ja genau das gelesen: sie hätte oft Dinge propagiert, die ebenso gut von der SPD hätten sein können, die sie aber als eigene Ideen ausgab. Und tatsächlich gewann sie damit Stimmen.

          • @Martin Holzherr

            Ja, so nähern wir uns an:

            “ Zustimmung: rein reaktive Übernahme der Positionen des Gegners überzeugt die Wähler wohl selten, da stimme ich ihnen zu.“

            In der Politik wird diese zentrale Erkenntnis gegen Rechtsmimesis oft mit den Worten beschrieben, die Menschen wählten dann lieber „das Original“ statt „der Kopie“. So werden die Extremen nicht halbiert, sondern die Mitte zerlegt sich selbst.

            Ja: Demokratische Parteien sollten die Probleme und Sorgen der Menschen wahrnehmen und glaubwürdige, demokratische Lösungen dafür vorschlagen und umsetzen.

            Eines ist mir jedoch dazu noch wichtig: In einer Demokratie sind Wählerinnen und Wähler keine Kunden, sondern Beteiligte. Wer sich bereitwillig belügen lässt, schadet allen.

            Wir können das übrigens am insgesamt stabilen Ergebnis der CDU bei den Kommunalwahlen in Nordrhein-Westfalen erkennen. Der Landesvorsitzende und Ministerpräsident Hendrik Wüst setzt auf einen dialogischen und integrativen Kurs der sachlichen Problemlösung. Auch in Schleswig-Holstein hat dieser Weg die politische Mitte stabilisiert.

            Und so kommen wir schließlich zum – auch von Ihnen einmal angesprochenen – Thema der digitalen Medienrevolution: Heute kann jede Partei ihre eigene Blase bauen & das Neurohacking von Konzernmedien begünstigt extreme, ja dualistische Positionen. Hinzu kommt externe Propaganda etwa russischer, US-amerikanischer und chinesischer Provenienz.

            So ergibt sich m.E. ein realistisches und auch politikwissenschaftlich haltbares Gesamtbild.

      • „Ich finde es sehr bedauerlich, wie tief gerade eine rechtslibertäre Herrenriege durch dümmliche Rechtsmimesis das Vertrauen in CDU und CSU beschädigt und damit sogar den Zusammenhalt unserer Demokratie gefährdet. „

        Genau! Die Altherrenriege verpasst die notwendige Energiewende, die Modernisierung des Bildungssystems, die notwendigen Reformen unseres Sozialstaates( der diesen Namen wirklich verdient) und verscherzt es sich mit den jungen Leuten. Visionen!
        Claudia Vogt

        • Ja, @Claudia Vogt – ich hatte viele Gespräche mit älteren Männern & auch wenigen Frauen, die ernsthaft glaubten, sie könnten Politik besser als Angela Merkel, die sie gerne als „Mutti“ verniedlichten.

          Doch, immerhin: Jeden Tag begreifen mehr Menschen, dass erfolgreiche, demokratische Politik im Zusammenführung zur Mitte, nicht in der Rechtsmimesis besteht. Die rechtslibertäre Altherrenriege leistet doch überzeugend eines: Sie zeigt der Welt, wie es nicht geht. Und auch das ist Erkenntnis.

        • Ja, @Claudia Vogt – ich hatte viele Gespräche mit älteren Männern & auch wenigen Frauen, die ernsthaft glaubten, sie könnten Politik besser als Angela Merkel, die sie gerne als „Mutti“ verniedlichten.

          Doch, immerhin: Jeden Tag begreifen mehr Menschen, dass erfolgreiche, demokratische Politik im Zusammenführung zur Mitte, nicht in der Rechtsmimesis besteht. Die rechtslibertäre Altherrenriege leistet doch überzeugend eines: Sie zeigt der Welt, wie es nicht geht. Und auch das ist Erkenntnis.

  6. Interessant, dass Sie gerade Großbritannien ausgewählt haben. Denn auch das 20. Jahrhundert hat gezeigt, dass es Menschen gibt, die dem Faschismus zuneigen. Ich erinnere in dem Zusammenhang gerne an die British Union of Fascists von Sir Oswald Mosley. Nicht unerwähnt bleiben darf in dem Zusammenhang seine Frau, Lady Diana Mosley. Die beiden haben in Berlin 1936 in Berlin geheiratet, obwohl die Bewegung Mosleys eher am italienischen Vorbild Mussolinis ausgerichtet war. Auch nach dem 2. Weltkrieg blieben Verbindungen nach Deutschland. Max Mosley, der jüngere Sohn des Paares, geb. 1940, besuchte u.a. ein deutsches Internat und sprach ausgezeichnet Deutsch. So lange Winifred Wagner (gestorben 1975) lebte, erhielt Diana Mosley Karten für die Bayreuther Festspiele. Auch wenn die BUF keine große Gruppierung war, so haben Historiker nachgewiesen, dass insbesondere die Upper Class eine Affinität zum 3. Reich hatte (in den 1930er Jahren). Über die Verbindung zwischen dem abgedankten König Edward VIII. und den Nazis liegen auch einige Veröffentlichungen vor. Letztlich hat sich die BUF weder in den 1930er noch deren Nachfolgeorganisation in den 1950/1960er Jahren durchgesetzt. Das noch einmal herauszufinden, wäre sicher wichtig, um auch daraus die richtigen Schlüsse für heute zu ziehen (wenn es denn welche geben sollte). Die BUF passt mE fast perfekt zum Begriff der Mimesis.

    1444 ist das Todesjahr von Henriette von Mömpelgard, Gräfin von Württemberg. Sie brachte durch ihre Hochzeit mit Graf Eberhard IV. von Württemberg Mömpelgard zum Haus Württemberg (bis 1802). Mömpelgard (Montbéliard) liegt in Frankreich, und damit nicht im Gebiet der Grafschaft Württemberg selbst, ist also Teil des Flickenteppichs.

    “Bella gerant alii, tu felix Austria nube” (mögen andere Kriege führen, Du glückliches Österreich heirate). Länder wurden von Dynastien und deren Eheschließungen – neben Kriegen – geformt. Beispiel hierfür ist – außer dem oben genannten – die Ehe zwischen Kaiser Maximilian I. und Maria von Burgund.

    Natürlich hilft der Blick auf alte Landkarten, um zu verstehen, wie zerstückelt dieses Heilige Römische Reich Deutscher Nation war. Aber man sollte dann doch tiefer einsteigen – Reichsstädte, die dem Kaiser direkt unterstanden (dazu zählten u.a. Esslingen oder Heilbronn im heutigen Baden-Württemberg), die Fürstbischöfe, die geistliches und weltliches Oberhaupt ihres Territoriums waren, usw.

    Esslingen wollte damals bestimmt nicht zu Württemberg gehören.

    Im 19. Jahrhundert suchten die Menschen eine historische “Grundlage” für die Einheit Deutschlands und fanden ausgerechnet das Mittelalter. Es ist ja kein Zufall, dass die Stammburg der Preußen – der Hohenzollern – im 19. Jahrhundert wieder aufgebaut wurde.

    Zu den von der KAS untersuchten Ländern ist mir aufgefallen, dass einige der genannten in ihrer Geschichte von Mitgliedern deutscher Dynastien regiert wurden.

    Griechenland: Wittelsbach, Schleswig-Holstein-Sonderburg-Glücksburg
    Niederlande: Nassau
    Polen: Wettiner

    Im übrigen ist das Königshaus der Windsors nur die Umbenennung der deutschen Dynastie Sachsen-Coburg-Gotha. Auf dem Thron des United Kingdom saßen auch die Welfen. Ehen wurden zumeist mit deutschen Prinzessinnen geschlossen.

    Die erste Königin von Württemberg, Charlotte, war eine englische Königstochter und trug den Titel Princess Royal, bevor sie den späteren König von Württemberg, Friedrich I., heiratete.

    Sie schreiben zu Recht, dass Merkel nicht schuld an der AfD ist. Die “Alternative” war m.W. eine Gründung von Wirtschaftsprofessoren, die sich nach der Finanzkrise 2008 Sorgen um die Stabilität des Euros machten und damit einhergehend eine Schwächung der deutschen Wirtschaft. In einem Interview vor einigen Jahren, äußerte sich auch das ehemalige Mitglied Hans-Olaf Henkel über den Aufstieg von Leuten wie Gauland in der AfD. Herr Henkel hat die AfD auch dann verlassen. Er wäre m.E. schon aufgrund seiner früheren Tätigkeit in der IBM Corporation (Vors. der GF IBM Deutschland GmbH, Chef der IBM Europa, etc.) nicht Mitglied der AfD geworden, wenn sie damals schon so gewesen wäre wie heute. In seinem Buch “Die Ethik des Erfolgs” (2002) äußert er sich beispielsweise positiv zum Zuwanderungsgesetz.

    Herzlichen Dank für die vielen Anstöße zum Nachdenken.

    • @Marie H.: Danke für die historischen Ausführungen. Ohne Zweifel gilt (Zitat): Denn auch das 20. Jahrhundert hat gezeigt, dass es Menschen gibt, die dem Faschismus zuneigen.
      Doch: der Britte Mosley und auch der Teil der britischen Oberschicht mit Nazi-Affinität, die stehen vielleicht für eine gar nicht so seltene Gesinnung, doch es sind keine eigentlichen Volksbewegungen, keine Massenphänomene. Übrigens finden sie faschistisch und nationalsozialistisch Überzeugte auch im Nachkriegsdeutschland bei vielleicht ein paar Prozenten der deutschen Bevölkerung. Es gab ja auch eine Nazi-Nachfolgepartei, nämlich die Sozialistische Reichspartei.

      Hier stellt sich aber die Frage, ob und wie die AfD da einzuordnen ist. Meine Überzeugung ist nach wie vor, dass man deutlich zwischen der Partei der AfD und ihren Wählern unterscheiden muss und dass viele AfD-Wähler einfach Protestwähler sind, quasi eine Art APO (Zitat Wikipedia):

      Außerparlamentarische Opposition (kurz APO) beschreibt eine Opposition (lateinisch oppositio ‚Entgegensetzung‘), die außerhalb des Parlamentes stattfindet, weil die APO entweder durch die im Parlament vertretenen oder sonstigen Parteien (noch) kein Sprachrohr hat oder auch nicht haben will.

    • Herzlichen Dank für Ihren Beitrag zum Dialog, @Marie H., den ich gerne konstruktiv aufgreife. 🤓🖖

      “Interessant, dass Sie gerade Großbritannien ausgewählt haben.”

      Ja, das Land ist mir nahe und es war nicht in der oben verlinkten KAS-Studie enthalten. Auch fand ich interessant, dass erst die konservativen Tories und dann die sozialdemokratische Labour in die Rechtsmimesis-Falle gelaufen sind. Aus all diesen Gründen wählte ich für diesen Blogpost das vereinigte Königreich.

      “Denn auch das 20. Jahrhundert hat gezeigt, dass es Menschen gibt, die dem Faschismus zuneigen. Ich erinnere in dem Zusammenhang gerne an die British Union of Fascists von Sir Oswald Mosley. Nicht unerwähnt bleiben darf in dem Zusammenhang seine Frau, Lady Diana Mosley. Die beiden haben in Berlin 1936 in Berlin geheiratet, obwohl die Bewegung Mosleys eher am italienischen Vorbild Mussolinis ausgerichtet war. Auch nach dem 2. Weltkrieg blieben Verbindungen nach Deutschland. Max Mosley, der jüngere Sohn des Paares, geb. 1940, besuchte u.a. ein deutsches Internat und sprach ausgezeichnet Deutsch. So lange Winifred Wagner (gestorben 1975) lebte, erhielt Diana Mosley Karten für die Bayreuther Festspiele. Auch wenn die BUF keine große Gruppierung war, so haben Historiker nachgewiesen, dass insbesondere die Upper Class eine Affinität zum 3. Reich hatte (in den 1930er Jahren). Über die Verbindung zwischen dem abgedankten König Edward VIII. und den Nazis liegen auch einige Veröffentlichungen vor. Letztlich hat sich die BUF weder in den 1930er noch deren Nachfolgeorganisation in den 1950/1960er Jahren durchgesetzt. Das noch einmal herauszufinden, wäre sicher wichtig, um auch daraus die richtigen Schlüsse für heute zu ziehen (wenn es denn welche geben sollte). Die BUF passt mE fast perfekt zum Begriff der Mimesis.”

      Das ist richtig – und ich meine sogar, wir könnten den Faschismus mitsamt seiner Duce-Führerkulte sehr gut unter dem Stichwort der Mimesis analysieren!

      “1444 ist das Todesjahr von Henriette von Mömpelgard, Gräfin von Württemberg. Sie brachte durch ihre Hochzeit mit Graf Eberhard IV. von Württemberg Mömpelgard zum Haus Württemberg (bis 1802). Mömpelgard (Montbéliard) liegt in Frankreich, und damit nicht im Gebiet der Grafschaft Württemberg selbst, ist also Teil des Flickenteppichs.

      “Bella gerant alii, tu felix Austria nube” (mögen andere Kriege führen, Du glückliches Österreich heirate). Länder wurden von Dynastien und deren Eheschließungen – neben Kriegen – geformt. Beispiel hierfür ist – außer dem oben genannten – die Ehe zwischen Kaiser Maximilian I. und Maria von Burgund.”

      Ja, es gab eben noch kaum Nationalstaaten, sondern personale Dynastien, Fürstentümer, Monarchien. Ich habe mir u.a. “A History of Savoy” von John Dormandy zugelegt, weil mich auch Alpenstaaten wie Savoyen oder auch das “umherwandernde” Burgund faszinieren, die später wieder untergingen. Sehr gespannt bin ich auf den Dialog mit Inan Ince über das Großreich der Mameluken, die auch über das heutige Israel herrschten und es effektiv gegen die Mongolen verteidigten. Ich möchte verstehen, wie eine Herrschaft militärisch so erfolgreich sein konnte, um dann an Fragen der Wirtschaft zu scheitern.

      “Natürlich hilft der Blick auf alte Landkarten, um zu verstehen, wie zerstückelt dieses Heilige Römische Reich Deutscher Nation war. Aber man sollte dann doch tiefer einsteigen – Reichsstädte, die dem Kaiser direkt unterstanden (dazu zählten u.a. Esslingen oder Heilbronn im heutigen Baden-Württemberg), die Fürstbischöfe, die geistliches und weltliches Oberhaupt ihres Territoriums waren, usw.”

      Es wird Sie freuen zu lesen, dass die jungen Leute in Waiblingen an der Lokalgeschichte sehr interessiert waren und mit mir u.a. über die zeitweise Zugehörigkeit zur damaligen Reichsstaat Esslingen sprachen! Ich bitte aber um Verständnis, dass auch mein Tag nur 24 Stunden hat und ich noch die Riesenaufgabe der Buchstabiertafel vor mir habe. Ich blogge hier ja als Politik- und Religionswissenschaftler, nicht als württembergischer Historiker.

      “Esslingen wollte damals bestimmt nicht zu Württemberg gehören.”

      Ich hoffe, dann bei “T wie Tübingen” eine Geschichte von Württemberg schreiben zu können. Früher schaffe ich das aber wohl nicht.

      “Im 19. Jahrhundert suchten die Menschen eine historische “Grundlage” für die Einheit Deutschlands und fanden ausgerechnet das Mittelalter. Es ist ja kein Zufall, dass die Stammburg der Preußen – der Hohenzollern – im 19. Jahrhundert wieder aufgebaut wurde.”

      Mir scheint, dass diese Fixierung auf frühe Adelsgeschlechter wiederum eine Folge (!) der langen Zersplitterung des Heiligen Römischen Reiches nördlich der Alpen gewesen ist. In “B wie Berlin” habe ich ja die Geschichte von Preußen und die spannende Romantik-These von Isaiah Berlin dazu vorgestellt:

      https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/b-wie-berlin-babylon-preussen-und-der-fossile-faschismus/

      “Zu den von der KAS untersuchten Ländern ist mir aufgefallen, dass einige der genannten in ihrer Geschichte von Mitgliedern deutscher Dynastien regiert wurden.

      Griechenland: Wittelsbach, Schleswig-Holstein-Sonderburg-Glücksburg
      Niederlande: Nassau
      Polen: Wettiner

      Im übrigen ist das Königshaus der Windsors nur die Umbenennung der deutschen Dynastie Sachsen-Coburg-Gotha. Auf dem Thron des United Kingdom saßen auch die Welfen. Ehen wurden zumeist mit deutschen Prinzessinnen geschlossen.”

      Die erste Königin von Württemberg, Charlotte, war eine englische Königstochter und trug den Titel Princess Royal, bevor sie den späteren König von Württemberg, Friedrich I., heiratete.”

      Ich sehe schon, “T wie Tübingen” werden Sie – falls ich es jemals schaffe – genau, gründlich und kritisch lesen! 🙂

      “Sie schreiben zu Recht, dass Merkel nicht schuld an der AfD ist. Die “Alternative” war m.W. eine Gründung von Wirtschaftsprofessoren, die sich nach der Finanzkrise 2008 Sorgen um die Stabilität des Euros machten und damit einhergehend eine Schwächung der deutschen Wirtschaft. In einem Interview vor einigen Jahren, äußerte sich auch das ehemalige Mitglied Hans-Olaf Henkel über den Aufstieg von Leuten wie Gauland in der AfD. Herr Henkel hat die AfD auch dann verlassen. Er wäre m.E. schon aufgrund seiner früheren Tätigkeit in der IBM Corporation (Vors. der GF IBM Deutschland GmbH, Chef der IBM Europa, etc.) nicht Mitglied der AfD geworden, wenn sie damals schon so gewesen wäre wie heute. In seinem Buch “Die Ethik des Erfolgs” (2002) äußert er sich beispielsweise positiv zum Zuwanderungsgesetz.”

      Ganz genau – die AfD war ursprünglich eine streng wirtschaftsliberale, dann rechtslibertäre und schließlich rechtsdualistische Partei, in der unterschiedlichste, auch etwa national-soziale, Flügel miteinander kämpfen und ringen.

      • Vielen Dank.

        Mit dem WIR waren nicht Sie im besonderen gemeint, sondern wir alle.

        T wie Tübingen. Ich würde mich freuen, weiß aber nicht, ob ich das noch schaffe.

          • Vielen Dank und lassen Sie sich bitte Zeit.

            Weil es in manchen Drukos um die Wähler der AfD geht, dazu noch eine Vermutung.

            Viele in unserer Gesellschaft leiden unter Polarisierung und Spaltung. Vielleicht verbindet der eine oder andere Wähler mit der AfD die Hoffnung, dass wir – naiv betrachtet – ein “einig Volk von Brüdern..” (und Schwestern) werden. Das wird zwar vermutlich mit Zwang und Gewalt einher gehen, aber in dieser Situation nehmen das einige in Kauf.

            Social Media wirkt wie ein Brandbeschleuniger!

            Am letzten Wochenende fand in Erlangen der Landesparteitag der Grünen statt. Eine der Rednerinnen wies darauf hin, dass Kritik, zB an den Äußerungen zum Stadtbild, richtig und wichtig sei. Man dürfe darüber aber nicht vergessen, eigene Vorschläge zu machen. Das hört man leider viel zu selten!

          • Danke Ihnen & sehr gerne, @Marie H. 🙌

            Ihrer Polarisierungs-These stimme ich ausdrücklich zu: Fossile & faschistische Bewegungen bieten den Menschen eine irreführende Rechtsmimesis, nach dem sich die Anforderungen der Moderne und der Individualisierung wieder in einer fiktiven Volksgemeinschaft mit Führerkult auflösen ließen.

            Das hat niemals funktioniert und wird niemals funktionieren.

            Gerade erst heute Morgen hatte ich eine sehr ermutigende Livestream-Veranstaltung der Klimaschutz- und Energieagentur Baden-Württemberg (KEA-BW) mit Umweltministerin Thekla Walker, dem Stuttgarter Krimi-Autoren Wolfgang Schorlau und dem Umwelt- und Wirtschaftspsychologen Dr. Franz Ecker als Moderator. Den Stream habe ich hier eingestellt:

            https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/die-energiewende-mit-wissenschaft-solarpunk-gegen-verschwoerungsmythen-fossilismus-schaffen/

            Bis mindestens Sonntag werde ich nun aber auch eine Blog-Pause einlegen und nur noch Drukos (Drunter-Kommentare) beantworten. Denn es ist alles doch gerade sehr viel und auch Ihr Kommentar hat mich daran erinnert, dass ich Langzeit-Projekte wie das Neu-Buchstabieren der deutschen Buchstabiertafel nicht ewig aufschieben sollte. Auch heute Morgen erschien wieder ein Presseartikel dazu!

            https://www.merkur.de/welt/neu-deutsche-buchstabieren-nach-alter-art-warum-wie-anton-nicht-mehr-korrekt-ist-zr-94006700.html

            Von Hans Blumenberg lernte ich ja “Enge der Zeit ist die Wurzel des Bösen” – und so möchte auch ich mich nicht im digitalen Tunnel verlaufen, sondern immer wieder auch die “Weite der Zeit” wagen.

            Ihnen herzlichen Dank für das dialogische Interesse, die Solarpunk-Ermutigungen und die vielen kritisch-konstruktiven, also wunderbaren Kommentare! 🤓🙌

  7. @Martin Holzherr 27.10. 08:51

    „Und nicht wenige Deutsche denken, CDU/CSU, SPD und Grüne seien trotz internen Querelen das eine Lager, sie repräsentierten quasi das Etablierte, aber nicht mehr Funktionierende, und das andere Lager sei dann die AfD.“

    Wir haben auch durchaus einfach Konflikte rund um das Thema Zuwanderung? Wer Mieter ist, steht zu höheren Immobilienpreisen anders als wer Wohneigentum hat, oder gar noch selbst Vermieter ist.

    Und die Integration der längst vorhandenen Einwanderer läuft gar nicht gut. Da sollte man mal tätig werden.

    Und mehr für eigenen Nachwuchs sorgen, wer fasst das denn endlich mal an?

    Es könnte sich ergeben, dass das noch wirklich wichtig wird. Es könnte absehbar werden, das aus der EU bald keine neuen Zuwanderer mehr kommen, weil die Menschen zuhause immer besser auch Arbeit finden.

    Und muslimische Zuwanderer aus Afrika und dem Nahen Osten dann die Einzigen wären, die überhaupt bereit sind, nach Europa zu ziehen.

    Wollen wir die dann wirklich alle haben, oder lieber mehr eigene Kinder großziehen?

    Integration der vorhandenen Eingewanderten wie selber mehr Kindersegen, dass könnten doch Themen sein für eine öffentliche Auseinandersetzung? Mit einer Basis realer Probleme, die ja nun gerne wirklich gelöst werden wollen.

  8. @Martin Holzherr 27.10. 20:55

    „In 20 Jahren aber kann vieles anders sein, so vieles, dass es in der Politik nur eine nachgeordnete Rolle hat.“

    Nachwuchs ist nun grundsätzlich eine echt langfristige Angelegenheit. Ich kann mir aber kaum vorstellen, dass wir in 20 Jahren ein wirkliches Problem mit zu vielen Kindern haben werden.

    Jedenfalls könnte das tatsächlich den Einwanderbedarf senken. Zumal ich eher damit rechne, dass in Jahrzehnten so viele gar nicht mehr kommen wollen, auch nicht aus dem EU-Ausland.

    Die globale Energiewende und die Bildungsmöglichkeiten durch moderne KI dürften die Lebensbedingungen in jetzt sehr armen Ländern und Regionen nachhaltig bessern können. Und die Lust, Zigmillionen weitere Muslime aufzunehmen, könnte stabil umstritten bleiben. Und die Lust bei den Muslimen, nach Europa zu ziehen, die könnte gleichzeitig auch noch deutlich nachlassen.

    @Michael 27.10. 22:23

    „Ein Blick auf Landkarten (“Kartenliebe”) könnte hier ernsthaft helfen, mal aus den eigenen Ängsten heraus zu treten und diese von außen zu betrachten.“

    Die Zeiträume, die man in den Fokus nimmt, machen sicherlich wesentliche Unterschiede. Wenn die Integration der 2.Generation schwach ist, dann macht es eben die 3. und 4. Generation. Gewisse Bedenken, dass sich hier kritische Massen bilden, wenn zu viele zu lange kaum Integrierte Muslime sich in Stadtteilen ausbreiten, hätte ich hier schon. Wenn die hier z.B. für sich selbst mehr gesetzlich unterstütztes Patriarchat einfordern. Das kann allerdings auch ziemlich problemlos ablaufen. Ich weiß es nicht.

  9. Da hier die Fehler von konservativen, liberalen und auch sozialdemokratischen Parteien angesprochen wurden, die Forderungen von rechtspopulistischen Parteien (z.B. zur Migration) einfach zu übernehmen oder diese Parteien in manchen Fällen auch rechts überholen zu wollen.

    Was hat die dänische Socialdemokraterne unter Ministerpräsidentin Frederiksen dann anders gemacht? Ihre Einwanderungspolitik ist in den letzten Jahren sehr viel rigoroser geworden. Die Socialdemokraterne konnte ihre Ergebnisse in den Parlamentswahlen der letzten 20 Jahre in etwa halten, während die rechtspopulistische Dansk Folkeparti nach 21 % in 2015, wo sie zweitstärkste Partei wurde, komplett abgestürzt ist?

    https://de.wikipedia.org/wiki/Socialdemokraterne#Einwanderungspolitik.

    Über konstruktive Argumente und Hinweise würde mich freuen.

  10. @Michael 28.10. 11:33 / Felo.ai

    „Insbesondere Migranten aus muslimischen Ländern werden kritisch betrachtet, da ihre Werte als potenziell unvereinbar mit der dänischen Gesellschaft angesehen werden.“

    So ja auch meine Befürchtungen. Je mehr das werden, und je mehr die in den Stadtteilen auch noch nachhaltig unter sich bleiben, desto mehr Konfliktpotential könnte das mit sich bringen.

    Gleichberechtigung und Patriarchat schließen sich nun mal aus. Und Kalifat und Demokratie auch. Und zur Religionsfreiheit gehört nicht nur die eigene Freiheit, dazu gehört auch der Respekt vor Andersgläubigen.

    Das sind sicher keine rein islamischen Probleme, und bei weitem nicht alle Muslime sind in diesem Sinne problematisch. Aber ein Problem damit haben wir m.E. tatsächlich.

    Interessant finde ich die dänische Kombination von restriktiver Einwanderungspolitik mit progressiver Energie- und Sozialpolitik. Wäre das keine Idee für unsere SPD?

    • Ja, @Tobias – da kommen wir alle doch „dem richtigen Weg“ immer näher.

      Sehr klar dürfte schon sein, dass es Dänemark wie auch etwa die Schweiz etwas leichter hat, sich abzugrenzen: Ein größerer Staat wie die Bundesrepublik Deutschland könnte und sollte sich auch international kein vergleichbares Ausmaß an Islamfeindlichkeit und europäischer Abgrenzung leisten. Auch löst Widerstand gegen Zuwanderung alleine ja noch nicht die realen Probleme der Demografie und Wirtschaft, die das deutsche Renten- und Gesundheitssystem schon jetzt an die Grenzen bringen.

      Doch ein um Fachkräftegewinnung & humanitäre Sonderkontingente ergänzte, restriktive Migrationspolitik, ein engagierter Ausbau erneuerbarer Friedens- & Wohlstandsenergien und eine aktive Sozial- und Familienpolitik, die Menschen nicht gegeneinander aufhetzt, sondern schützt würden nach meiner Auffassung auch in Deutschland funktionieren und die Bedrohungen durch fossilen Faschismus überwinden helfen. Hier dürfte die deutsche Bundespolitik doch gerne mal von Dänemark lernen, statt sich in Rechtsmimesis und Kulturkämpfen zu verlieren! 🙏🇩🇰🇩🇪🇪🇺💡🤔

  11. @Michael 28.10. 14:13

    „Doch ein um Fachkräftegewinnung & humanitäre Sonderkontingente ergänzte, restriktive Migrationspolitik,…“

    Genau. Und ganz aktuell haben wir mit Ukrainern und auch noch mit Syrern ganz guten Zulauf. Da brauchen wir jetzt im Moment nicht so viele. Man müsste auch bei wieder hinreichendem Kindersegen natürlich noch 20 bis 25 Jahre warten, bis die auf dem Arbeitsmarkt ankommen. Und natürlich auch in dieser Zwischenzeit weitere Zuwanderer gewinnen. Das muss man dann wohl recht kurzfristig entscheiden.

    „Ein größerer Staat wie die Bundesrepublik Deutschland könnte und sollte sich auch international kein vergleichbares Ausmaß an Islamfeindlichkeit und europäischer Abgrenzung leisten.“

    Ich weis nicht. Wo ist da zwischen Dänemark und Deutschland denn ein grundsätzlicher Unterschied? Zu groß, um zu tun, was man wirklich will, das kann es doch nicht sein.

    Ich würde es sowieso ganz die Kommunen vor Ort entscheiden lassen, wieviele und auch wen sie haben wollen. Man müsste dann in ganz Europa die kommunalen Wünsche zusammenrechnen, und die Außengrenzen so dicht machen, dass auch genau nur so viele überhaupt erst einreisen können. Die kann man dann auf die nachfragenden Kommunen verteilen.

    Auch EU-Einreisezentren in Nordafrika kann ich mir sehr gut vorstellen. Da können dann auch kommunale Vertreter gucken, wen sie von denen da gut gebrauchen können und wer einen besonderen Schutzstatus hat.

  12. @Michael 28.10. 17:12

    „Für größere Nationen gibt es leider keinen Urlaub von der Geschichte.“

    Man muss hier nun unterscheiden, ob es um Verfolgte geht, denen wir in ganz Europa gerne helfen wollen oder um Einwanderer, die wir gut gebrauchen können.

    Von Letzteren kann jedes Land, ja m.E. jede Kommune, auf jeden Fall selber bestimmen, wann, wer und wie viele man haben will.

    Zumindest wenn so viele Verfolgte gar nicht vor der Tür stehen, und wenn es gelingt, reine Wirtschaftsflüchtlinge gar nicht mehr nach Europa herein zu lassen. Wie viele wir von den Wirtschaftsflüchtlingen wirklich haben wollen, können wir uns dann ja aussuchen, und wenn das Angebot groß genug ist, dann auch welche von denen.

    Man könnte auch über Obergrenzen des Belastbaren bei den wirklich Verfolgten nachdenken, aber im Moment bräuchte man die vermutlich gar nicht.

    • @Tobias

      Würde es Dir etwas ausnachen, diese emotionale und identitäre Obsession zu Migration & Islam etwas zu erläutern?

      Obwohl die Zuwanderungszahlen auch nach Deutschland 🇩🇪🇪🇺 immer weiter sinken und obwohl die Demografie auch der islamisch geprägten Gesellschaften implodiert, wird fast jeder meiner Blogposts für Neuauflagen der leidigen Migration – Islam – Debatten herangezogen, fast ausschließlich durch ältere, säkulare & selbst kinderarme Deutsche. In meinem kinderreicheren, dialogischen & interreligiösen RL-Umfeld erlebe ich solche Debatten fast überhaupt nicht mehr.

      Gerne würde ich verstehen: Um welche – zugeschriebenen oder tatsächlichen – Eigenschaften werden muslimische Menschen beneidet? Stecken tiefere Ängste dahinter, soll so Konplexität reduziert oder die eigene Identität negativ befestigt werden? Über einige Beobachtungen und Erläuterungen dazu würde ich mich freuen. Vielen Dank! 🙏 🤔 💡

  13. @Michael 29.10. 06:45

    „Gerne würde ich verstehen: Um welche – zugeschriebenen oder tatsächlichen – Eigenschaften werden muslimische Menschen beneidet?“

    So gut geht es denen wohl nicht, insbesondere auch der 2. Generation.

    „Stecken tiefere Ängste dahinter, soll so Konplexität reduziert oder die eigene Identität negativ befestigt werden?“

    Meine eigentliche Befürchtung ist einfach, dass die versuchen ihr Patriarchat hier wieder einzuführen, und eben auch zu viele sich dem Islamismus zuwenden. Wenn es immer mehr werden, also etwa noch 2 oder 3 mal so viele, wie längst hier sind. Das würde ich sicherheitshalber vermeiden wollen.

    Die Muslime, die hier im sozialen Brennpunkt leben, sind beruflich weniger erfolgreich als die Muslime, die in den besseren Stadtteilen wohnen. Ich vermute, dass Du vor allem die erfolgreichen und gut integrierten kennst. Die gibt es natürlich auch, und die sind auch m.E. klar eine Bereicherung für Deutschland.

    Wenn insbesondere die 2. Generation Zuwanderer auch mit deutlich besseren Bildungsabschlüssen integriert würden, dann sähe ich das alles anders. Und die bleiben dann hier im Stadtteil auch noch so ziemlich unter sich.

    Deswegen wäre es mir lieber, mehr eigenen Nachwuchs zu fördern. Oder auch zu gucken, wie man mit einer mäßigen Schrumpfung der Gesamtbevölkerung zurecht kommen kann.

  14. @Nachwuchsmangel

    Der Nachwuchsmangel betrifft inzwischen fast die ganze Welt außer Afrika. Es wäre entsprechend naheliegend, Zuwanderer aus Afrika bevorzugt einzuladen. Oder eben Menschen, die verfolgt werden.

    Weitere Zuwanderung z.B. aus Osteuropa würde den Abwanderungsregionen ziemlich schaden? Das kann uns ja auch nicht egal sein.

    Nun gut, ich selbst bin in der Tat kinderlos geblieben. Und habe damit einen wesentlichen Teil zum Nachwuchsmangel beigetragen. Das kann ich jetzt aber auch nicht mehr ändern.

    • Danke, @Tobias – jetzt verstehe ich Dich ein wenig besser.

      Erst einmal: Deine Kinderlosigkeit werfe ich Dir nicht vor, da maße ich mir über kein menschliches Leben ein Urteil zu.

      Was mich jedoch umgekehrt immer wieder verwundert – und manchmal auch verletzt – sind Formulierungen selbst von Dir wie: “Deswegen wäre es mir lieber, mehr eigenen Nachwuchs zu fördern.”

      Sind also Kinder muslimischer Eltern kein “eigener Nachwuchs”? Das Grundgesetz ist da völlig klar: Wer die deutsche Staatsbürgerschaft besitzt, gehört zum “Wir”, ganz unabhängig von Herkunft oder Religionszugehörigkeit. Aber das scheint auch bei Dir für muslimische Kinder nicht zu gelten, sie sind kein “eigener Nachwuchs”.

      Und damit stellt sich dann eben auch die Frage nach meinen eigenen Kindern mit einer wunderbaren, muslimischen Ehefrau türkischer Herkunft. Sind unsere Kinder für Dich deutsch genug? Oder hängt das von ihrem Bildungsabschluss, ihren Hautfarben, ihrem beruflichen Erfolg, ihrer Religionszugehörigkeit ab? Wie ähnlich müssten sie Dir sein, damit Du sie als zugehörig anerkennen könntest?

      Schließlich habe ich ja auch mit “Islam in der Krise” ein ganzes Buch, einen SPIEGEL-Beststeller, zum Thema geschrieben und mir kann niemand vorwerfen, ich würde Islamdebatten ausweichen. Aber muss denn wirklich jedes Blogthema Richtung Islam umgebogen werden? Immer wieder habe ich mich auch hier auf dem Blog zum Schicksal von Jesidinnen und Jesiden in Deutschland geäußert – eine weitere, religiöse Minderheit, für deren Rechte und Menschenwürde ich kämpfe. Aber mir scheint, oft werden jüdische oder jesidische Menschen allenfalls erwähnt, um sie wiederum gegen muslimische Menschen ausspielen zu können. Zum “deutschen Wir” werden sie offensichtlich von vielen auch nicht gezählt. Also kann es wohl nicht alleine am Islam liegen.

      Mir scheint, dass es in jeder Gesellschaft immer wieder das Bedürfnis gibt, sich durch dualistische Ausgrenzungen selbst zu definieren. Heute sind es in Deutschland Menschen aus muslimisch geprägten Ländern, früher waren es Menschen polnisch-katholischer Herkunft. In Großbritannien gab es eine scharfe Abgrenzung gegenüber irischen Menschen, übrigens auch beim hier im Blogpost erwähnten Charles Darwin. Und in den USA waren es wiederum “Germans” und auch japanische Menschen, die über Generationen hinweg beschuldigt wurden, sich nicht wirklich zu integrieren und “für den Feind” zu sein. Die gleichen Abgrenzungen beobachte ich übrigens auch zwischen Menschen türkischer, arabischer, kurdischer Herkunft. Es scheint uns Menschen wirklich schwer zu fallen, nicht immer wieder in Wir-Die-Dualismen zu verfallen, sondern die je einzelne Person in ihrer Würde und vielschichtigen Identität zu sehen. Aber genau dafür trete ich ein.

  15. @Michael 29.10. 19:23

    Wer die deutsche Staatsbürgerschaft besitzt, gehört zum “Wir”, ganz unabhängig von Herkunft oder Religionszugehörigkeit. Aber das scheint auch bei Dir für muslimische Kinder nicht zu gelten, sie sind kein “eigener Nachwuchs”.

    Da habe ich mich fatalerweise unklar ausgedrückt. Ich wäre genauso auch für Kinder bei Einwanderern, wenn die nun mal hier sind. Das ist mir viel lieber als ständig Neue, die dann auch wieder kein Deutsch können und mit ihrer Integration ganz am Anfang stehen.

    Und die Integration kommt so auch besser vorwärts. Am meisten natürlich, wenn hier Einheimische und Zuwanderer heiraten und zusammen Kinder groß ziehen, schneller kann es nicht gehen. Das dürfen dann von mir aus auch gerne ein paar mehr Kinder sein.

    „Aber muss denn wirklich jedes Blogthema Richtung Islam umgebogen werden?“

    Nein, muss wirklich nicht.

    „Es scheint uns Menschen wirklich schwer zu fallen, nicht immer wieder in Wir-Die-Dualismen zu verfallen, sondern die je einzelne Person in ihrer Würde und vielschichtigen Identität zu sehen. Aber genau dafür trete ich ein.“

    Da sehe ich Dich auch auf dem richtigen Weg. Das ist einfach vernünftig.

    „Deine Kinderlosigkeit werfe ich Dir nicht vor, da maße ich mir über kein menschliches Leben ein Urteil zu.“

    Anfangs in den 80ern sah ich generell recht geringe Überlebenschancen, in den 90ern nach dem Kalten Krieg und danach sah mir die wachsende Weltbevölkerung nicht danach aus, da noch zusätzliche Kinder hinzufügen zu müssen. Erst seit einigen Jahren stellt sich heraus, das wir auf eine globale Schrumpfung zusteuern, aber inzwischen bin ich einfach zu alt für Kindergroßziehen.

    Aber traurig, dass dieser Kelch an mir vorbeigegangen ist, bin ich eigentlich auch nicht. Ich merke nur, dass immer mehr wirklich gute Begleiter sterben, und ohne eigene Kinder wird das RL offenbar zunehmend einsamer.

  16. Meine These: Der Aufstieg rechtsextremer Gruppen seit 2011 hängt mir dem Siegeszug von kommerziellen social media und der seit ungefähr dieser Zeit immer größeren Verbreitung von Smartphones zusammen, kombiniert mit sinkendem Einfluss des Presserechts (niemand muss redaktionell die Wahrheit von Statements auf Facebook oder X prüfen) und der “Flüchtlingskrise”, die mit mangelhafter Integration von vielen Menschen in die “neue Heimat” zu tun hat. Ich kann mich jedenfalls nicht erinnern, dass früher im ÖPNV lautstark in fremden Sprachen telefoniert wurde oder Frauen vollverschleiert gegenüber saßen etc… – und wenn manche dann den Eindruck haben, “fremd” im eigenen Landkreis zu sein, kann ich das verstehen.

    • Ja, @pseudonyma – da bin ich (mit einer Ergänzung) dabei: Die Rechtsmimesis wird durch das Neurohacking antisozialer Konzernmedien extrem verstärkt. Dies betrifft jedoch auch – und sogar besonders stark! – Regionen, in denen kaum zugewanderte Menschen leben. Denn wenn wir durch polarisierende Medien immer wieder vor “denen” gewarnt werden und selbst kaum soziale Kontakte haben, dann werden wir uns im Rechtsruck immer weiter bestätigt fühlen. Kennen wir aber aus dem echten Leben zahlreiche Beispiele für gelingendes Zusammenleben, interreligiösen Dialog usw., dann wird die Rechtsmimesis auf uns sehr viel schwächer wirken.

      Das ist übrigens ein Grund, warum ich die jüdisch-islamische Dialoginitiative “Sukkat Salam” erst neulich auf dem Podcast “Verschwörungsfragen” in Audio und auch Video interviewt habe:

      https://verschwoerungsfragen.podigee.io/62-sukkat-salam

      Also: Rechtsmimesis plus antisoziale Konzernmedien = massive Zunahmen von Rechtsdualismus.

      Deswegen appelliere ich auch an Verantwortliche in Politik, Medien, Kultur, Religionen usw., diesen gefährlichen Trend zu erkennen und ihn nicht länger zu befeuern.

      Hier auch eine ausführliche, mimetische Analyse des entgleisten Bundestagswahlkampfes 2025:

      https://www.herder.de/hk/hefte/archiv/2025/10-2025/medien-und-mimesis-journalismus-in-zeiten-digitaler-aufmerksamkeitsoekonomie/

      Mit herzlichem Dank für das dialogische und wissenschaftliche Interesse! 🙌👍

  17. @Michael 30.10. 12:26

    „Kennen wir aber aus dem echten Leben zahlreiche Beispiele für gelingendes Zusammenleben, interreligiösen Dialog usw., dann wird die Rechtsmimesis auf uns sehr viel schwächer wirken.“

    Deswegen wäre es ja auch so hilfreich, wenn die 2. Generation Zuwanderer in den Schulen weniger unter sich wären.

    Und auch mehr Kinderreichtum bei allen hier dauerhaft Niedergelassenen würde diese möglichen Dialoge der Kulturen doch weiter fördern.

    Leider ist Beides nicht auf die Schnelle zu realisieren. Aber ich meine, man könnte damit mal anfangen. Das fördert dann nicht nur die dialogische Integration, es könnte sich auch auf den Bildungserfolg der Einwandererkinder positiv auswirken.

    • Danke & vielen Dank, @Tobias – denn, ja, offensichtlich besteht ein direkter Zusammenhang zwischen Mimesis, Demografie & Integration! 🤔💡

      Wenn sich Menschen nicht nur äußerlich, sondern auch innerlich nachahmen, dann entscheidet sich an der Mischung eines Stadtteils, einer Schule auch viel über die Werte, die sich durchsetzen. Dann kann ein echtes Miteinander nicht vorausgesetzt oder verordnet, dann muss es in jeder Generation neu gelebt, auch bekräftigt werden.

      Diese Gedanken nehme ich aus unserem Dialog mit! 🤓🤝👍

  18. @Michael 30.10. 17:55

    „Dann kann ein echtes Miteinander nicht vorausgesetzt oder verordnet, dann muss es in jeder Generation neu gelebt, auch bekräftigt werden.“

    So erinnere ich mich auch an meine Schulzeiten. Hier wird Kultur immer wieder neu aufgelegt, eigentlich sogar neu erfunden sogar. Für die Schüler ist das die Welt, in die sie hineinwachsen.

    Entsprechend sollten die Einwandererkinder nicht unter sich bleiben, nicht nur damit sie besser integriert werden, auch damit die einheimischen Kinder die kennenlernen, und hier und da mal auch von lernen. Noch praktischer wäre, wenn es Gesamtschulen gäbe, wo Leistungsschwache wie Stärkere wenigstens Fächer wie Sport, Musik und Kunst gemeinsam verbringen. Wenn dann noch weniger Leistungsdruck und vor allem weniger Konkurrenz unter den Klassenkameraden möglich wäre, dann kann das doch noch was werden?

    Das ist alles sehr viel sinnvoller, wenn auch die Zuwanderer hinreichend Kinder großziehen, die dann eben unter vernünftigen Bedingungen in den neuen Generationen aufgehen. Das erscheint mir viel besser, als immer noch mehr neue Einwanderer einzuladen.

    Das klappt natürlich nicht sofort. Es dauert eben, bis heute geborene mit der Schule fertig sind, bis dahin muss man nach wie vor gucken, wie viele neue Zuwanderer man braucht.

    • @Tobias

      Habe heute Morgen in einem Dialog zum Sonderkontingent BW gepostet:

      Ja, es war meine #Hoffnung, dass #Europa in der #Migrationspolitik einen Dreiklang erreicht:

      1. Gegen Schlepper gesicherte EU – Außengrenzen

      2. Faire Gewinnung von Fachkräften.

      3. Humanitäre #Sonderkontingente auf Beschlüsse von Städten & Ländern.

      Ich glaube auch immer noch, dass sich dafür Mehrheiten finden würden. Aber die mediale #Polarisierung & #Rechtsmimesis blockiert derzeit den so notwendigen #Dialog über #Mitweltschutz & #Menschlichkeit. 😢🔥🤔

      https://sueden.social/@BlumeEvolution/115467354484072095

      Entsprechend hatte ich mich zuletzt ja auch in Berlin gegen den Fossilismus & dessen immer noch tödlichen Folgen geäußert:

      https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/schluss-mit-dem-jahrhundert-des-blut-fuer-oel-auch-in-syrien-und-irak-rede-bei-hawar-help/

      Gleichzeitig erlebe ich aber leider auch, wie wenig Linke sich etwa für den furchtbaren Krieg und die Massaker im Sudan 🇸🇩 interessieren. Auch die dortige Terrorgruppe RSF wird vor allem über die Vereinigten Arabischen Emirate 🇦🇪 fossil finanziert. Da aber weder Israelis noch sonstwie „als Weiß Gelesene“ beteiligt sind, sehen wir kaum Empörung, Demonstrationen o.ä. Vgl. dazu Konstantin Flemig:

      https://youtu.be/4Q7utqDBKyE

      Die Erhitzung des Planeten und die Erkaltung menschlicher Herzen verstärken einander… 😢💔

    • @Tobias

      Habe heute Morgen in einem Dialog zum Sonderkontingent BW gepostet:

      Ja, es war meine #Hoffnung, dass #Europa in der #Migrationspolitik einen Dreiklang erreicht:

      1. Gegen Schlepper gesicherte EU – Außengrenzen

      2. Faire Gewinnung von Fachkräften.

      3. Humanitäre #Sonderkontingente auf Beschlüsse von Städten & Ländern.

      Ich glaube auch immer noch, dass sich dafür Mehrheiten finden würden. Aber die mediale #Polarisierung & #Rechtsmimesis blockiert derzeit den so notwendigen #Dialog über #Mitweltschutz & #Menschlichkeit. 😢🔥🤔

      https://sueden.social/@BlumeEvolution/115467354484072095

      Entsprechend hatte ich mich zuletzt ja auch in Berlin gegen den Fossilismus & dessen immer noch tödlichen Folgen geäußert:

      https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/schluss-mit-dem-jahrhundert-des-blut-fuer-oel-auch-in-syrien-und-irak-rede-bei-hawar-help/

      Gleichzeitig erlebe ich aber leider auch, wie wenig Linke sich etwa für den furchtbaren Krieg und die Massaker im Sudan 🇸🇩 interessieren. Auch die dortige Terrorgruppe RSF wird vor allem über die Vereinigten Arabischen Emirate 🇦🇪 fossil finanziert. Da aber weder Israelis noch sonstwie „als Weiß Gelesene“ beteiligt sind, sehen wir kaum Empörung, Demonstrationen o.ä. Vgl. dazu Konstantin Flemig:

      https://youtu.be/4Q7utqDBKyE

      Die Erhitzung des Planeten und die Erkaltung menschlicher Herzen verstärken einander… 😢💔

  19. @Michael 31.10. 08:04

    „Die Erhitzung des Planeten und die Erkaltung menschlicher Herzen verstärken einander…“

    Aber warum ist das so?

    Immerhin sind in den heißesten Gegenden die Erträge von Solarenergie am höchsten. Könnte das den Menschen dort nicht auch wesentlich helfen. Wenn es eben dazu kommt, dass man auch da vor Ort entsprechend investiert?

    Eine verlässliche und kostengünstige Stromversorgung ist ja nun immerhin eine Grundvoraussetzung für eine wenigstens halbwegs florierende Wirtschaft. Und angesichts aktueller KI-Möglichkeiten kann dann eine Bildungsoffensive auch in den ärmsten Ländern gleich hinterher kommen.

    • Vielen Dank für die Nachfrage, lieber @Tobias

      Du fragtest:

      “Immerhin sind in den heißesten Gegenden die Erträge von Solarenergie am höchsten. Könnte das den Menschen dort nicht auch wesentlich helfen. Wenn es eben dazu kommt, dass man auch da vor Ort entsprechend investiert?”

      Und erfreulicherweise darf ich mitteilen: das passiert tatsächlich! Wir haben derzeit einen Boom an Solarenergie gerade auch in Ländern wie Pakistan – das seine Solarzellen direkt aus dem benachbarten China importieren kann – sowie auch in afrikanischen Ländern wie Sierra Leone. Habe auch dazu schon einmal gebloggt:

      https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/energieglauben-und-solarpunk-solarboom-in-china-pakistan/

      Inzwischen ist Strom aus Photovoltaik sehr viel günstiger als fossil oder atomar erzeugter Strom und die Stromkonzerne in diesen Ländern sind oft noch strukturell so schwach, dass sie den Leuten den Aufbau von Solarpaneelen, Batteriespeichern usw. nicht verbieten können. So werden bereits jetzt – Tag für Tag – immer mehr Häuser und auch Werkstätten und Fabriken mit Solarstrom versorgt, auch etwa Gasherde durch Stromherde ersetzt, Smartphones und Computer geladen und zunehmend auch Fahrzeuge mit Batteriemotoren angeschafft. Es sieht durchaus danach aus, dass die Energiewende in Asien und Teilen Afrikas vielerorts schneller verlaufen kann als im alternden, von einigen als Industriemuseum gestalteten Europa.

      “Eine verlässliche und kostengünstige Stromversorgung ist ja nun immerhin eine Grundvoraussetzung für eine wenigstens halbwegs florierende Wirtschaft.”

      Ja, auch das ist so. Erneuerbare Friedensenergien sind auch Wohlstandsenergien, weil die Wertschöpfung immer weniger auf fossilen Importen basiert, sondern im Inland erfolgt! Ein klares Beispiel dafür ist das südamerikanische Uruguay, das durch die erneuerbare Stromwende die eigene Handelsbilanz verbessert, Abertausende hochwertiger Arbeitsplätze im Inland hinzugewonnen und die Armutsquoten drastisch verringert hat!

      https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/der-solarpunk-prompt-uruguay-fuer-erneuerbare-wohlstandsenergien/

      “Und angesichts aktueller KI-Möglichkeiten kann dann eine Bildungsoffensive auch in den ärmsten Ländern gleich hinterher kommen.”

      Auch das stimmt – und auch das hat bereits längst gewonnen! So bloggte ich bereits 2011 über die Khan Academy, die weltweit kostenfreie Video-Web-Bildungsangebote zur Verfügung stellt.

      https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/die-khan-academy-globale-bildung-durch-das-web/

      Inzwischen ist diese Online-Akademie weltweit enorm gewachsen, bietet mit Khanmingo eine eigene KI-Anwendung etwa für Übersetzungen an und ebenso Kurse zu den Chancen und Gefahren von KI für Lehrende und Lernende:

      https://de.khanacademy.org/college-careers-more/ai-for-education

      Ich beobachte also wirklich, dass die post-fossile Energiewende sich mit Solarpunk-Ideen gegen den Fossilismus durchsetzt – allerdings bewirken die Verzögerungen gerade auch in den Industrieländern wie Deutschland leider noch erhebliche Schäden an Mitwelt und Mitmenschen. Erneuerbare Energien reduzieren als Friedensenergien zwar nicht alle, aber sehr viele Konfliktursachen.

      In seinem Dengler-Krimi “Black Forest” schilderte der Autor Wolfgang Schorlau auch das Interesse von Konzernbossen, die Profite aus der Stromgewinnung möglichst lange in Konzernhand zu behalten, statt Hausbesitzenden oder gar Mietenden zu “erlauben”, eigenen Strom zu produzieren.

      https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/die-energiewende-mit-wissenschaft-solarpunk-gegen-verschwoerungsmythen-fossilismus-schaffen/

      Aus diesem Grund sehe ich eine direkte Verbindung zwischen der Energieerzeugung und dem Regierungssystem. Öl- und Gas-Rentierstaaten werden häufiger zur Tyrannei tendieren, wogegen post-fossile Solarenergie dezentrale Stromerzeugungen und damit Energiedemokratien befördert. Das ist natürlich kein 100%iger Zusammenhang – Norwegen hat seine Demokratie durch einen fossilen Staatsfonds abgesichert, umgekehrt produziert Äthiopien Strom aus Wasserenergie an riesigen Staudämmen zentral -, aber schon eine klare, gesellschaftliche Tendenz: Wessen Strom wir brauchen, dessen Lied wir singen…

  20. @Michael 31.10. 17:04

    „…aber schon eine klare, gesellschaftliche Tendenz: Wessen Strom wir brauchen, dessen Lied wir singen…“

    Also auch im Zweifelsfall nett zu China sein. Bis wir endlich auch eigene PV-Module und Lithiumbatterien in Europa produzieren können.

    Immerhin bleibt die Installation der Anlagen als Wertschöpfung im eigenen Land, was nicht unerheblich ist. Und einmal bezahlt gehört das dann definitiv uns und verursacht dann mindestens 20 Jahre keine weiteren Kosten.

    „allerdings bewirken die Verzögerungen gerade auch in den Industrieländern wie Deutschland leider noch erhebliche Schäden an Mitwelt und Mitmenschen.“

    Hauptsache, die chinesischen Produktionskapazitäten sind ausgelastet. Egal wo die grüne Technik eingesetzt wird, hilft sie dem Klima und reduziert die Weltmarktpreise für Öl und Gas. Und je höher der lokale Ertrag, desto höher dann sogar der globale Effekt.

    Wir können aber mehr, keine Frage. Was ja auch dazu beträgt, die entsprechenden Produktionkapazitäten weiter zu erhöhen, und eventuell auch ein Teil davon nach Europa zu holen.

    „…die Profite aus der Stromgewinnung möglichst lange in Konzernhand zu behalten, statt Hausbesitzenden oder gar Mietenden zu “erlauben”, eigenen Strom zu produzieren.“

    Insbesondere den eigenen Strom direkt an Nachbarn verkaufen zu dürfen, kombiniert mit eigenen Speichern und bidirektional angeschlossenen E-Autos, würde die Stromkosten für Privatkunden erheblich senken können. Und zugleich einen ziemlich beschleunigten Ausbau nach sich ziehen.

    Aber soweit sind wir noch nicht, und die Einzigen, die davon wiederum wirklich massiv profitieren, sind wieder mal die ehemaligen Strommonopolisten. Ich bin mal gespannt, ob hier die Merzregierung vorwärts kommt. Zumal das den Staat überhaupt nichts kosten würde. Ein entsprechendes Gesetz reicht, und der Bürger kann endlich investieren.

    Immerhin kann aber schon jeder, der ein Eigenheim mit einen passablen Standort für die PV-Anlage hat, selber erhebliche Kosten sparen. Und mit dem eigenen E-Auto dann noch mehr. Und wenn es nur das eigene E-Auto sein kann, kann es genügen, wenn der Arbeitgeber entsprechende PV-Leistung auf dem Dach hat und man da dann tagsüber aufladen kann.

    Naja, begrenzt ist der weitere Zubau auch durch die Kapazitäten der Handwerksbetriebe, die das ja alles installieren müssen.

  21. @Michael 01.11. 08:06

    „..mit denen die Energiewende verzögert und auch der deutsche Technologievorsprung vielerorts verzockt wurde.“

    Einerseits schon. Aber wir in Deutschland könnten kaum die ganze Welt mit grüner Technik versorgen. Es kommt dem ganzen Projekt schon entgegen, das hier das innovative und vor allem auch bevölkerungsreiche China voll einsteigt. Das sind ja keine Milliarden, da geht es um Billionenumsätze.

    Vermutlich kommen auch manche Maschinen aus Deutschland und Europa, die bei der Produktion in China zum Einsatz kommen. Und wenn wir keine fossilen Brennstoffe mehr importieren, müssen wir das mit anderen Importen ausgleichen, um den eigenen Exportüberschuss in Grenzen zu halten.

    Dennoch macht es wohl Sinn, einen Teil der Produktion nach Europa zurück zu holen.

  22. Es ist schon beeindruckend, wie präzise KI-Anwendungen wie Felo.ai die Schwächen der Rechtsmimesis bereits benennen können!

    Der Prompt:

    ## Warum befeuert Rechtsmimesis durch Demokraten den Erfolg rechtsdualistischer Parteien?

    Die Antwort:

    Die Frage zielt darauf ab, zu verstehen, warum das Verhalten demokratischer Parteien, das Elemente oder Strategien rechter Parteien imitiert (Rechtsmimesis), oft unbeabsichtigt den Erfolg rechtsdualistischer oder rechtspopulistischer Parteien wie der AfD verstärkt. Hier sind einige zentrale Aspekte, die dieses Phänomen erklären können:

    ### **1. Legitimation rechter Positionen**
    Wenn demokratische Parteien rechte Narrative oder Strategien übernehmen, legitimieren sie diese indirekt. Dies kann dazu führen, dass Wähler:innen die Originalpartei (z. B. die AfD) bevorzugen, da sie diese als authentischer wahrnehmen. Ein Beispiel ist die Übernahme migrationskritischer Positionen durch die CDU unter Friedrich Merz, die jedoch nicht zu einer Schwächung der AfD führte, sondern deren Positionen gesellschaftlich weiter normalisierte[1][5].

    ### **2. Verlust der eigenen Identität**
    Durch die Annäherung an rechte Positionen riskieren demokratische Parteien, ihre eigene ideologische Basis zu verwässern. Dies kann dazu führen, dass sie sowohl progressive Wähler:innen verlieren als auch konservative Wähler:innen nicht vollständig überzeugen. Diese Dynamik schwächt die demokratischen Parteien und stärkt gleichzeitig die Position der Rechten, die als konsequenter wahrgenommen werden.

    ### **3. Polarisierung und Mobilisierung**
    Rechtsmimesis kann die politische Landschaft weiter polarisieren. Indem demokratische Parteien rechte Themen aufgreifen, treiben sie die öffentliche Debatte in eine Richtung, die den Rechten zugutekommt. Rechtspopulistische Parteien profitieren von dieser Polarisierung, da sie ihre Anhänger:innen effektiver mobilisieren können, während demokratische Parteien oft als uneinheitlich oder opportunistisch erscheinen[5].

    ### **4. Kriseninstrumentalisierung**
    Rechtsdualistische Parteien nutzen Krisen (z. B. Migration, wirtschaftliche Unsicherheit) gezielt, um Ängste zu schüren und antidemokratische Ressentiments zu verstärken. Wenn demokratische Parteien diese Themen aufgreifen, ohne nachhaltige Lösungen anzubieten, verstärken sie ungewollt die Wahrnehmung, dass rechte Parteien die “einzige Alternative” darstellen[5].

    ### **5. Schwächung des demokratischen Konsenses**
    Die Übernahme rechter Positionen durch demokratische Parteien kann den Konsens innerhalb des demokratischen Spektrums schwächen. Dies zeigt sich beispielsweise in der Unfähigkeit, gemeinsame Lösungen für zentrale Herausforderungen wie Migration zu finden. Diese Uneinigkeit wird von rechten Parteien ausgenutzt, um sich als handlungsfähige Kraft zu präsentieren[1].

    ### **Fazit**
    Rechtsmimesis durch demokratische Parteien ist eine riskante Strategie, die oft das Gegenteil des Beabsichtigten bewirkt. Statt rechte Parteien zu schwächen, stärkt sie deren Position, indem sie deren Themen legitimiert, die Polarisierung verstärkt und die eigene Glaubwürdigkeit untergräbt. Eine wirksamere Strategie wäre es, klare, progressive Alternativen zu bieten und den demokratischen Konsens zu stärken, um den Aufstieg rechtsdualistischer Parteien zu verhindern.

    [1] https://de.linkedin.com/posts/franz-sommerfeld-83696627a_der-zweite-sieg-der-afd-zum-zweiten-mal-activity-7291153819437080577-O1p3
    [2] https://de.wikipedia.org/wiki/Demokratische_Partei_(Vereinigte_Staaten)
    [3] https://www.tagesschau.de/ausland/usa-demokraten-entwurf-meinungsfreiheit-100.html
    [4] https://www.shz.de/deutschland-welt/politik/artikel/demokraten-mit-erstem-grossen-sieg-unter-donald-trump-41655704
    [5] https://www.boeckler.de/de/auf-einen-blick-17945-auf-einen-blick-rechtspopulismus-in-deutschland-37867.htm
    [6] https://www.volksstimme.de/deutschland-und-welt/politik/us-demokraten-warnen-vor-verlust-von-grundrechten-4117571
    [7] https://www.handelsblatt.com/politik/international/usa-zwei-demokraten-kaempfen-um-die-richtung-der-partei-und-gegen-trump/100166042.html
    [8] https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/die-konkordanzdemokratie-der-schweiz-in-einem-sympathischen-video-erklaert/
    [9] https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/menschenbilder-stadtbilder-verletzungen-die-sprachmacht-deutscher-komposita/
    [10] https://rp-online.de/politik/deutschland/afd-die-neue-rechte-hat-ihren-aufstieg-der-cdu-zu-verdanken_aid-16354961
    [11] https://www.reddit.com/r/politicsinthewild/comments/1lz5z51/every_accomplishment_that_the_democratic_party/?tl=de
    [12] https://rp-online.de/politik/ausland/usa-wie-trumps-republikaner-die-demokratie-untergraben_aid-75073623
    [13] https://www.swp-berlin.org/publikation/fundamentale-maengel-im-us-wahlsystem
    [14] https://www.nachrichten.at/politik/aussenpolitik/nach-trumps-erfolg-die-demokraten-in-der-sinnkrise;art391,3998309
    [15] http://www.oeaw.ac.at/news/us-wahlen-wie-medien-das-politische-klima-aufheizen
    [16] https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/us-praesidentschaftswahlen-2024-zwischen-touchscreen-analysen-und-harris-heldinnenreise/
    [17] https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/kartenliebe-das-scheitern-digitaler-rechtsmimesis-am-beispiel-grossbritannien/
    [18] https://www.tagesschau.de/ausland/texas-protest-demokraten-100.html

  23. @Michael 05.11. 22:58 / felo.ai

    „Eine wirksamere Strategie wäre es, klare, progressive Alternativen zu bieten und den demokratischen Konsens zu stärken, um den Aufstieg rechtsdualistischer Parteien zu verhindern.“

    Die Themen der Rechten aber aufgreifen und echt vernünftig diskutieren kann ich mir aber doch nicht verkneifen. Einfach so tun, als gäbe es die Themen gar nicht, ist jedenfalls nicht mein Stil.

    Wenn man so zu vernünftigen Lösungen kommt, umso besser?

    • Klar, @Tobias – demokratische und wissenschaftlich orientierte Politik thematisiert grundsätzlich alle Probleme und bietet vernünftige Lösungen an. Sie vermeidet jedoch, die Themen- und Zielsetzungen etwa von Rassisten und Antisemiten zu übernehmen und mimetisch zu verstärken. Stattdessen betonen sie Themen wie Wirtschaft, Demografie, Soziales, Wohnungsmangel, Energiewende, Bildung.

      Hierzu aktuelle Daten des Umfrageinstitutes Forsa:

      Klar ist zumindest: Migration und innere Sicherheit sind nicht die wichtigsten Themen im Land. Regelmäßig fragt Forsa, was die drei größten Probleme im Land sind, ohne eine Antwortmöglichkeit vorzugeben. 60 Prozent der Teilnehmer nannten die wirtschaftliche Lage. Bei Anhängern von Union und AfD ist dieser Wert sogar noch etwas höher. Aber auch die Wähler von SPD und Grünen erachten das Thema als Toppriorität.

      Eng mit der ökonomischen Entwicklung verknüpft ist die soziale Sicherheit, das mit 36 Prozent am zweithäufigsten genannte Thema. Linke-Anhänger finden das Thema mit 49 Prozent Nennung sogar besonders wichtig. An dritter Stelle findet sich die etwas diffuse Antwort “Regierung, Politiker, Parteien”: 32 Prozent halten die drei Akteure der Politik für ein wichtiges Problem. Mit 27 Prozent Nennung folgen “Zuwanderung, Ausländer”. Auch Anhänger von CDU und CSU halten das Problem mit 29 Prozent Nennung nicht für wichtiger als der Durchschnitt. AfD-Anhänger nennen das Thema dagegen zu 55 Prozent, während es nur 10 Prozent der Grünen- und Linke-Anhänger umtreibt.

      Mit 18 und 16 Prozent folgen die Themen Ukrainekrieg und Rechtsextremismus.

      https://www.n-tv.de/politik/Union-verliert-auf-AfD-Wirtschaft-ist-mit-Abstand-groesste-Sorge-im-Land-article26139516.html

      Auch hier zeigt sich also, dass demokratische Parteien ehrliche und dialogische Lösungen zur Vielfalt der Probleme erarbeiten sollten, statt Ideologien gegen die Menschenwürde imitieren sollten. Wären beispielsweise die Union und FDP zur Bundestagswahl 2025 bei einem konstruktiven Wirtschaftskurs geblieben, hätten CDU und CSU ggf. über 30 Prozent abgeschnitten und die FDP wäre ggf. im Bundestag geblieben.

      https://www.herder.de/hk/hefte/archiv/2025/10-2025/medien-und-mimesis-journalismus-in-zeiten-digitaler-aufmerksamkeitsoekonomie/

      Rechtsmimesis lässt demokratische Parteien abstürzen – immer wieder.

  24. @Michael 06.11. 07:03

    „Wären beispielsweise die Union und FDP zur Bundestagswahl 2025 bei einem konstruktiven Wirtschaftskurs geblieben, hätten CDU und CSU ggf. über 30 Prozent abgeschnitten und die FDP wäre ggf. im Bundestag geblieben.“

    Ja waren denn die Prioritäten von 60% Wirtschaft und soziale Sicherheit mit 36 % zu Wahlkampfzeiten der letzten Wahl auch schon so hoch?

    Aber klar, hier an diesen Themen wirklich erfolgreich arbeiten dürfte jetzt weiterhelfen. Beim Wähler Punkte sammeln lohnt sich über die ganze Legislaturperiode. Und wirklich langfristige Politik verläuft dann eben auch langfristig erfolgreich. Das hilft auch der ganzen Demokratie.

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