Es ist die Zukunftsangst, stupid. Die Zeitenumbruch-These zur Wiederwahl von Donald Trump, USA

In einem datenreichen Deep-Dive-Artikel zerlegt der Chef-“Volksverpetzer” Thomas Laschyk die Behauptung, Donald Trump sei “wegen der Wirtschaft” gewählt worden. Stattdessen nähert er sich mit dem Begriff vom “Status Quo, der nicht (mehr?) die Versprechen einlöst, die er gemacht hat”, der Zeitenumbruch-These, die hier in einfacher Sprache oder hier in komplexer Sprache vorgestellt und diskutiert wird:

“Es stimmt, der Rechtsruck ist auch eine Folge eines politischen und wirtschaftlichen Status Quo, der nicht (mehr?) die Versprechen einlöst, die er gemacht hat. Die Welt befindet sich im Wandel und unser System findet nur unzureichende Antworten auf diesen Wandel. Die Leute sagen zwar Löhne oder Inflation, aber sie möchten nur diejenigen abwählen, von denen sie denken, dass sie für den Status Quo stehen.” 

Hier sehe ich eine große Nähe zum Zeitenumbruch, wie ich ihn nach dem Hamas-Israel-Terrormassaker im Dezember 2023 im Gespräch mit Jay & Marco bei Hossa Talk 226 entfalten durfte:

“Wenn ich das Gefühl habe, ein System bietet mir nicht mehr das, was es mir versprochen hat, z.B. ein jährliches Wirtschaftswachstum oder eine bessere Zukunft für die Kinder, dann hast Du Menschen, die spielen nicht mehr mit. Sie wollen auch das System zerstören und wählen auch gegen ihre eigenen Interessen z.B. rechtspopulistische Parteien, weil sie das aktuelle System nicht mehr wollen und auch entgegen offensichtlichen Argumenten denken, dass es danach schon irgendwie besser werden wird.”

Zitat von Dr. Michael Blume in der Hossa Talk-Folge 226: “Wenn ich das Gefühl habe, ein System bietet mir nicht mehr das, was es mir versprochen hat, z.B. ein jährliches Wirtschaftswachstum oder eine bessere Zukunft für die Kinder, dann hast Du Menschen, die spielen nicht mehr mit. Sie wollen auch das System zerstören und wählen auch gegen ihre eigenen Interessen z.B. rechtspopulistische Parteien, weil sie das aktuelle System nicht mehr wollen und auch entgegen offensichtlichen Argumenten denken, dass es danach schon irgendwie besser werden wird.”

Zitatkachel vom Hossa Talk 226 zu Antisemitismus & Zeitenumbruch-These. MfG: Hossa Talk

Ein positives Zeitgefühl ist uns evolutionspsychologisch nicht angeboren, es entstand erst durch die alphabetisierten Religionen und deren Säkularisierung. Über Zehntausende Generationen der Menschheitsgeschichte hinweg haben Menschen die Zeit als zyklisch erfahren und gedeutet: Die Sonne geht auf und unter, wir werden geboren und sterben, es gibt keinen “Fortschritt”. In gewachsenen Religionen wie dem Taoismus, Buddhismus, Jainismus und Hinduismus wird Zeit weiterhin als kreisläufig gedacht, so dass die religiösen Übungen auf ein Ent-Kommen daraus, eine Erlösung wie das Moksha oder Nirvana zielen.

Mit der Alphabetschrift und der griechisch-jafetitischen Philosophie wandelt sich die Zeiterfahrung zu einem linearen Zeitstrahl. Schon Zenon von Elea (490 – 430 v. Chr.) diskutierte bis heute faszinierende Paradoxien der Zeit.

Mit den alphabetisierten Religionen Judentum, Christentum und Islam entstanden die bis heute weltweit gültigen, linearen, aufsteigenden Kalender: Zeit wird als Zeitpfeil erfahren und gedeutet, strebt nun der Gottheit entgegen. Am Ende werde in Gott alles gut – und wenn es noch nicht gut sei, so sei es noch nicht das Ende.

Außerhalb der Alphabet-Kulturen werden durchaus noch alternative Zeitdeutungen gepflegt. So wird beispielsweise in Japan neben der gregorianisch-christliche Zeitrechnung nach wie vor eine mit jedem neuen Kaiser beginnende Nengo-Zeitrechnung entfaltet – derzeit befinden wir uns in der von der japanischen Regierung beschlossenen Reiwa-Zeit (Reiwa-jidai) für “schöne Harmonie”

Im Podcast (& Text) “Verschwörungsfragen”, Folge 4 vom April 2020 zitierte ich zur Zeitstrukturierung nach der Alphabetschrift Galileo Galilei (1564 – 1642):

„Mit jenen reden zu können, die in den Indiens sind, die in tausend oder zehntausend Jahren noch nicht geboren sind; und mit welcher Leichtigkeit: Zwanzig kleine Buchstaben, arrangiert auf einer Seite! Lasst dies das Siegel aller bewundernswerten Erfindungen des Menschen sein.“ 

Die poetische Zusammenfassung der linearen Zeiterfahrung gelang Friedrich (von) Schiller (1759 – 1805) um 1796 in der Einleitung zum Gedicht “Spruch des Konfuzius”:

“Dreifach ist der Schritt der Zeit,
Zögernd kommt die Zukunft hergezogen,
Pfeilschnell ist das Jetzt entflogen,
Ewig still steht die Vergangenheit.”

Die Verheißungen auf das Paradies, die “kommende Welt”, das Kommen des Messias blieben dabei jedoch bis zur Säkularisierung jenseitig: Auch einem Menschen des 11. Jahrhunderts Anno Domini wäre der Glaube an einen “Fortschritt” in seiner Zeit (dem saeculum, lat. Jahrhundert, Jetztzeit) noch absurd vorgekommen. Es gab Jahre mit guten und mit schlechten Ernten (vgl. die biblische Josephsgeschichte) und es galt, Gottes Willen zu erfüllen, um dann im Jenseits die Fülle zu erfahren.

Erst nach dem Buchdruck und der Industrialisierung setzte sich die Zeitdeutung eines säkularen Fortschrittes durch: Die Staatsform der demokratischen Republiken wie in Frankreich und den USA war von Anfang an mit dem Versprechen eines wirtschaftlichen Wachstums und gesellschaftlichen Fortschritts verbunden.

Und dieses säkulare Versprechen – der “Status Quo” beim “Volksverpetzer” Thomas Laschyk – wird nun durch den säkularen Geburtenrückgang, die Klima- als Wasserkrise und die digitale Medienrevolution brüchig: Rapide unterjüngende Gesellschaften bekommen Wirtschaftswachstum allenfalls noch durch massive Migration hin (selbst das erwähnte Japan setzt inzwischen auf die Zuwanderung von Arbeitskräften) und die rasenden und thymotisierenden Algorithmen von Internet-Digitalkonzernen zertrümmern die Alphabet-Erfahrung.

Eine Brasilianerin, ein Schweizer und zwei Kinder schauen in einer Welt voller Uhren besorgt, als der Zeitpfeil unter ihren Füssen zu zerfallen beginnt.

Das säkulare Zeit-Fortschritts-Versprechen zerfällt durch den säkularen Geburtenrückgang, die Klima- als Wasserkrise und die digitale Thymotisierung. Michael Blume mit Leonardo.AI, November 2024

Schon länger zeigen Befragungen, dass die Zustimmung zu rechtsdualistischen Parteien mit keinem anderen Faktor so stark verbunden sind wie mit der Angst vor der Zukunft. So stimmten 2017 noch 74% aller mit CDU/CSU Sympathisierenden der Aussage zu: “Man weiß ja nicht, was die Zukunft bringt, aber ich glaube, dass alles gut wird.” Der gegenteiligen Zeiterfahrung und -deutung stimmten nur 26% der Unionswählenden zu: “Man weiß ja nicht, was die Zukunft bringt, aber ich habe häufiger Angst vor dem, was kommen wird.”

Bei den schon damals mit der AfD Sympathisierenden war das Zeitprofil mehr als umgekehrt: 77% stimmten der Zukunftsangst, nur 23% der Zukunftsverheißung zu. Am nächsten kam ihnen die Wählerschaft der Linken, die mit 51% Zukunftshoffnung zu 49% Zukunftssorge bereits das Ausbrechen des Bündnis Sarah Wagenknecht (BSW) nach dem Ukraine-Krieg vorwegnahm.

Ergebnisse der Ipsos-Umfrage 2017 im Auftrag der KAS zu Zukunftserwartungen der Deutschen insgesamt und nach Parteipräferenz.

Und hier also erklärt sich auch die schmerzhafte Niederlage von Kamala Harris, die mit dem trotzigen Zukunftshoffnung-Spruch “We won’t go back – Wir werden nicht zurückgehen” antrat, der jedoch nicht mehr funktionierte. Donald Trump blieb dagegen bei seinen Verschwörungsmythen von Migranten-Invasoren, die Katzen und Hunde fressen würden und versprach eine Rückkehr (!) in das vergangene Jahrhundert der säkularen Fortschrittsverheißungen: “Make America Great Again! – Trump will fix it”.

Wer die Gegenwart und Zukunft als bedrohlich erlebt, wird emotional ansprechbar für feindseligen Dualismus, also für Verschwörungsmythen gegen Juden (erste Religion der Alphabetisierung, Bildungsneid) sowie gegen emanzipierte Frauen, gegen Migranten, demokratische Parteien, Medien, Rechtsstaaten & Wissenschaften! 

Sogar der verschwörungsmythologische UFO-Glauben kehrt als pseudo-säkulare Hoffnungserzählung auf Netflix zurück.

Wenn wir also ehrlich sind, können wir derzeit nicht garantieren, dass alle säkular-liberalen Demokratien die nächsten Jahrzehnte überleben werden. Denn Demokratien haben nicht nur Mediensysteme, sie sind Mediensysteme!

Wenn wir uns dem Thema des Zeitenumbruchs, der zusammenbrechenden, säkularen Zukunftsverheißungen nicht ehrlich und auch emotional stellen, werden wir immer mehr Menschen an oft fossil finanzierte, rechtsdualistische Medien und vermeintliche politische Erlöser wie Donald Trump, Wladimir Putin, Viktor Orban usw. verlieren. Wir erleben materiell und medial eine politische Zerspaltung und politische Personalisierung, von der durchaus auch Demokraten wie derzeit Boris Pistorius (SPD) profitieren können. Deswegen sprach und spreche ich das Thema derzeit wo immer möglich an, diese Woche auch beim source2024-Medienkongress oder nächste Woche an der Universität Freiburg.

Auf einer Tagung zur Radikalisierungsprävention zitierte der Chef der Fachstelle Extremismusdistanzierung Baden-Württemberg (fexbw), Matthieu Coquelin, dabei auch eine Zeile aus meinem Gedicht “Die Feuer des Hasses”:

“Bin kein Optimist mehr, ich hab nur noch Hoffnung,…”

Ich freue mich sehr über alle, die mitdenken, mit-hoffen und sich für Wissenschaft und Demokratie mit-engagieren…

(Mit Dank an die Mastodonten Dorothea Zwölfer, Thomas Laschyk, Dr. Peter Gutsche und Sabine H für Impulse zu diesem Blogpost.)

Avatar-Foto

Dr. Michael Blume studierte Religions- und Politikwissenschaft & promovierte über Religion in der Hirn- und Evolutionsforschung. Uni-Dozent, Wissenschaftsblogger & christlich-islamischer Familienvater, Buchautor, u.a. "Islam in der Krise" (2017), "Warum der Antisemitismus uns alle bedroht" (2019) u.v.m. Hat auch in Krisenregionen manches erlebt und überlebt, seit 2018 Beauftragter der Landesregierung BW gg. Antisemitismus. Auf "Natur des Glaubens" bloggt er seit vielen Jahren als „teilnehmender Beobachter“ für Wissenschaft und Demokratie, gegen Verschwörungsmythen und Wasserkrise.

38 Kommentare

  1. So also bekommt der Begriff der “Zeitenwende” eine weit grundlegendere Bedeutung.

    Die Zukunft ist auch nicht mehr das, was sie einmal war.

    Karl Valentin

    • Danke auch für das wunderbare Zitat von Karl Valentin (1882 – 1942), lieber @Tilmann Schneider! 😊📚👍

      Und Valentin hat hier m.E. auch absolut Recht: Die Vorstellungen von Zeit und Zukunft sind beim Menschen medial und kulturell variabel!

      Die Zukunftsvorstellung etwa einer Sozialdemokratin, eines religiösen Demokraten und eines Faschisten fielen auch schon zu Valentins Zeit – inmitten der elektronischen Medienrevolution, in der er ab 1912 mit einem eigenen Filmstudio (!) in München mitwirkte – weit auseinander. Er diente sich NS-Medien durchaus an, soll Kollegen denunziert haben, wagte aber auch gefährliche Witze wie den Spruch: „Wie gut ist es doch, dass der Führer nicht Kräuter heißt, sonst müsste man ihn mit ‘Heil Kräuter’ grüßen.“

      Das Witzeln wird uns aber auch gegenüber dem neuen Rechtsdualismus und Faschismus nicht helfen, der auch unsere bundesdeutsche Demokratie bedroht. Die Gefahr geht dabei auch von demokratischen Politikerinnen und Politikern aus, insofern sich diese aus taktischen Kurzfrist-Erwägungen der Übernahme längerfristiger Verantwortung verweigern. So gehen gerade Recherchen der Wochenzeitschrift DIE ZEIT (!) und der Süddeutschen Zeit(!)ung viral, hier etwa bei der Tages(!)schau:

      “Die FDP hat laut Berichten der Wochenzeitung Die Zeit und der Süddeutschen Zeitung seit Ende September akribisch Vorbereitungen für ein Zerbrechen der Ampelkoalition getroffen. In mehreren Treffen seien verschiedene Szenarien durchgespielt worden. Teilgenommen hätten unter anderen die damaligen FDP-Minister. Die Zeit beruft sich auf Schilderungen mehrerer Personen, die mit den Vorgängen vertrauen seien. Zudem habe die Redaktion Dokumente eingesehen, die in diesen Wochen entstanden seien.”

      https://www.tagesschau.de/inland/innenpolitik/fdp-ampelkoalition-bruch-100.html

      Wenn demokratische Medien-, Zeit- und damit auch Parteiensysteme abstürzen, stürzt die Regierungsform der Demokratie unweigerlich mit ab.

      Der Holocaust-Überlebende und Philosoph Hans Blumenberg (1920 – 1996) vertrat in seinem für meine Arbeit sehr bedeutenden Werk “Lebenszeit und Weltzeit” (Suhrkamp 186 / 2020) sogar die These, dass der Vernunft-Fortschritt-Zeitbegriff der säkularen Aufklärung sich selbst widerspreche: Wir könnten nicht einerseits als abstraktes Wesen “Mensch” und andererseits als verschiedene Individuen auf die gleichen Zeit- und Glückserfahrungen festgelegt werden.

      So einfach hat er das aber selbstverständlich nicht formuliert, sondern beschrieb auf S. 216:

      “Da liegt, wie schon der Ausblick auf Kants Postulat der Unsterblichkeit gezeigt hat, eine Antinomie im Vernunftbegriff der Aufklärung: Der unter dem absoluten Anspruch zu denkende unendliche Prozeß und der unter dem Titel des Glücks zu denkende Erfüllungszustand schließen einander aus.

      Deshalb kann das seiner Definition nach schlechthin objektive Subjekt die subjektivste aller Ideen nicht besitzen und folglich auch nicht realisieren.

      Glück ist, was einer sich als “sein” Glück bestimmt; es wäre eine der möglichen Katastrophen für die Menschheit, wenn einer für alle oder alle für einen oder viele für wenige oder wenige für viele bestimmen könnten, was deren Glück zu sein hätte. Deshalb ist diese Bestimmung nicht in die Hände der Vernunft gegeben; also auch nicht Sache der Aufklärung durch Vernunft.”

      Aus dem ehrwürdigen Philosophendeutsch in leichte Sprache übersetzt: Weil alle Menschen verschieden sind, können sich nicht die gleichen Vorstellungen von Glück und Zukunft haben. Jede “Vernunft”, die für alle gültig sein will, kommt daher an ihre Grenzen.

      Das hätte Valentin ganz genauso gesehen! Und es stellt uns alle vor die Verantwortung, mit Begeisterung für Vielfalt und gegen Hoffnungslosigkeit einzustehen. Laut Hannah Arendt (1906 – 1975) sei Freiheit “der eigentliche Sinn des Politischen selbst. In diesem Sinne sind Freiheit und Politik identisch, und wo immer es diese Art von Freiheit nicht gibt, gibt es auch keinen im eigentlichen Sinne politischen Raum.”

      Deswegen schätze ich die Dialoge auch mit Dir auf diesem Blog und auf Mastodon sehr, lieber @Tilmann Schneider! Gerne mehr davon! 😊📚🙌

  2. @Blume: “Jede “Vernunft”, die für alle gültig sein will, kommt daher an ihre Grenzen.”

    Ja, diese Grenze ist die Dumm-/Verkommenheit, an der Moses und Jesus schon gescheitert sind, als sie Gott/Vernunft “wie im Himmel all so auf Erden” als ganzheitlich-ebenbildliches Wesen Mensch zu gestalten.
    👋😇

    • Dazu von mir ein klares Nein, @hto

      Niemand muss religiös sein, um anzuerkennen, dass weder Moses noch Jesus “schon gescheitert sind”. Vielmehr gaben sie ihre später via Alphabetschriften als Vorbilder ausgedeuteten Leben in die Lebenszeit der Menschheit und inspirierten auch die linearen Zeitrechnungen, die wir nicht zufällig bis heute verwenden.

      In seinem Werk “Die Zeit des Menschen. Zur Kritik des Posthumanismus” (Suhrkamp 2001) schrieb schon Raimar Zons in nur zwei drastischen Sätzen, S. 9:

      “Über die zweite Geburt des Menschen aus der alphabetischen Schrift haben uns Ong, Good, Havelock und andere ausführlich aufgeklärt. In der phonetischen Schrift erst lassen sich die schweifenden, mündlich schwer und allenfalls mnemotechnisch unzuverlässig und redundant zu haltenden Bedeutungen arretieren und standardisieren, in ihr fügen sich Bilder und Symbole zu Begriffen, in ihr hat der Schreibende und womöglich seine eigene Schrift Lesende ein Bewußtsein von der linearen, (von links nach rechts) aufsteigenden und kausalen Verknüpfung von Ereignissen als Handlungsergebnissen, er hat, wenn er sich in der Schrift des Geschriebenen wiederfindet, ein Selbstbewußtsein und kann sich, “verum est factum” (Vico), als Hervorbringer der beschriebenen Ereignisse imaginieren – die Welt statt als Traum und Tragödie und Wille und Handlung.”

      Als ich die KI Leonardo.AI um die Erstellung des obigen Zeitpfeil-Familienbildes bat, musste ich die Links-Rechts-Richtung der Zeit entsprechend gar nicht angeben. Sie ist längst tief in unsere Vorstellungs- und Bilderwelt eingeschrieben.

      Auch Sie, @hto, tippen Ihre Drukos selbstverständlich in Alphabetschrift von links nach rechts.

      Dies gilt m.E. übrigens auch nicht nur für die Religionen, sondern auch für die griechisch-jafetitisch alphabetisierte Philosophie (Zeon, Sokrates, Platon, Aristoteles…). Zu den Schrift- und Leserichtungen hier schon ein Blogpost von 2010:

      https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/gehirn-und-alphabete-die-linkesche-these/

      Und zur Diskussion um ein “ganzheitlich-ebenbildliches Wesen Mensch” gerne hier entlang:

      https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/tzipporim-judentum-und-social-media-von-chajm-guski/#comment-163766

      Wer dem Judentum und dem Christentum vorwirft, dass es noch immer einen Zeitpfeil gibt, hat nicht einmal das Medium Alphabetschrift verstanden, in dem auch er selbst schreibt, hatet und trollt. Nicht wahr, @hto? 😉📚🤭

  3. In der heutigen Stuttgarter Zeitung wird auf S. 7 der 63-jährige Agrarfunktionär und fossile Agrardiesel- sowie Massentierhaltung-Lobbyist Joachim Rukwied interviewt und endet mit dieser spannenden Zeit-Ansage:

    “In Brüssel waren wir sehr erfolgreich. Diverse Auflagen, die für uns nicht umsetzbar waren, wurden gestrichen. Am 10. November hätte mein Weizen gesät sein müssen, weil am 15. ein Bestand drauf stehen muss, sonst hätte ich gegen die Vorgabe verstoßen. Wir sind Ackerbauern und keine Kalenderbauern.”

    Das Zitat “Wir sind keine Kalenderbauern” wurde auch zur Überschrift des Interviews mit Sandra Hartmann. Und ich möchte zugestehen, dass Herr Rukwied die Klimakrise nicht nur deutlich anerkennt, sondern auch deren schlimme Folgen auf die Ernten beschreibt. Das ist in der heutigen Zeit (!) ja leider nicht mehr selbstverständlich und m.E. anzuerkennen.

  4. Wir haben Angst, weil wir ganz genau wissen, was die Zukunft bringt. Manche Apokalypsen sind Routine, kleine und große Welten gehen ständig nach Schema F unter. Und nach Myriaden von Durchläufen ist uns die App in die Gene gemeißelt – als Spiegelbild der App, die sich Gesetze der Physik nennt.

    Die Weltgeschichte verläuft in Phasen von Explosion und Implosion, genau wie alles andere auch, und im Moment haben wir klar Implosion: Die Macht kollabiert auf ihre Zentren zu. Das Matthäus-Prinzip regiert uneingeschränkt: Die Macht fällt von den Armen zu den Reichen, den Schwachen zu den Starken, den Kleinen zu den Großen, dem Unten nach oben, von der Vielstaaterei zum Imperium, vom Individuum zum Kollektiv, von der Demokratie zum Diktator.

    Dann kämpfen die Großmächte gegeneinander, und plötzlich ist nichts mehr wichtig, außer den Krieg zu überleben. Die Menschen sind da nur noch Verschleiß.

    Nichts davon ist nötig, denn wir sind keine Frösche, denen die Teiche austrocknen, sodass sie sich um die letzten Pfützen prügeln müssen – wir hätten die Ressourcen, uns durch Arbeit und Kooperation anzupassen. Aber der Instinkt ist stärker. Die Angst ist stärker. Das Wissen von Jahrmillionen ist stärker. Also fühlen wir uns hilflos, verkriechen uns in Höhlen oder versammeln uns hinter unseren Alphatieren und ziehen in den Krieg.

    Suchst du die Grippe, folge dem Arzt, suchst du den Krebs, folge dem Scharlatan: Kein Heiler geht hin, wo es keine Heilung gibt, ist schlecht für den Highscore. Dafür haben die Schlangenöl-Verkäufer, Gesundbeter und Hexenjäger Hochkonjunktur. Und ich liege hier mit allen anderen auf dem Sterbebett, es ist langweilig und nervig und sinnlos, und ich hätte gehofft, es mir für meine letzten Tage aufzusparen. Heute gibt es endlich Heilung, ich möchte kämpfen, arbeiten, aber wenn der Krebs die Menschheit befällt, hat der Einzelne nicht die Kraft dazu – sie muss von vielen gleichzeitig kommen. Und je mehr der Fieberwahn uns auszehrt, desto weniger Kraft haben wir.

    Das Volk hat kein Brot, soll es doch Stolz essen. Es hat kein Geld, soll es von Freiheit leben. Es hat kein Feuer, soll die Tradition es warm halten. Es hat kein Haus, soll’s im Vaterland wohnen. Es hat keine Zukunft, soll’s für die Ewigkeit schuften. Mit so’nem Scheiß kommt mir auf dem Sterbebett, dann bin ich wirr genug vor Angst, um ihn euch abzukaufen. Leben oder Tod. Das Dazwischen ist die Hölle, wo die Gespenster nach Blut gieren, und da will ich nicht ewig bleiben.

    Greif nach den Sternen, kommste auf die Leiter – nur, wer sich seine Ziele zu hoch setzt, findet heraus, wie weit er überhaupt kommen kann. Aber geklettert wird Sprosse für Sprosse. Auch auf der Jakobsleiter.

    • Danke für die Bestätigung, dass auch heute noch viele Menschen ein negatives und zyklisches Zeitbild haben, lieber @Paul S.

      Inhaltlich haut es aber in keiner Weise hin: Wie es ausschaut, emergiert sogar der Zeitpfeil selbst aus der Quantenphysik heraus. Es gibt zumindest in diesem Universum keine Wiederkehr des Immergleichen, sondern die Emergenz von Immerneuem.

      Sie schrieben:

      “Wir haben Angst, weil wir ganz genau wissen, was die Zukunft bringt.”

      Wirklich? Ich arbeite als Wissenschaftler auch seit Langem mit empirischer Prognostik (vgl. Islam 2030) – und habe doch kein sicheres Wissen über die Zukunft. Wir können uns diesem nur annähern und unsere Zukunft auch durch unsere Entscheidungen beeinflussen.

      So bin ich mir zwar sicher, dass wir alle hier einmal sterben werden – aber selbst da ist der säkular-technologisierende Kommentator @Karl Bednarik anderer Ansicht. Und ich weiß auch nicht, wann oder wie ich sterben werde – obwohl mir bewusst ist, dass meine Entscheidungen zu einem längeren oder kürzen Leben beitragen könnten. Andererseits wäre auch jederzeit etwa ein Unfall oder ein Attentat möglich, mit denen ich buchstäblich “nicht rechnen” kann.

      Und ob und was nach dem Tode kommt, “weiß” ich natürlich auch nicht, kann es nur hoffen. Sehr viele Menschen würden sicheres Wissen über ihren eigenen Todeszeitpunkt sogar ablehnen!

      https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/prebunking-loest-reaktanz-aus-bloss-nicht-wegducken-vor-dem-kassandra-effekt/

      Manche Apokalypsen sind Routine, kleine und große Welten gehen ständig nach Schema F unter. Und nach Myriaden von Durchläufen ist uns die App in die Gene gemeißelt – als Spiegelbild der App, die sich Gesetze der Physik nennt.

      Offensichtlich meinen Sie auch hier die Sterblichkeit von Organismen, Kulturen usw. Auch hierzu möchte ich doch gerne auf die evolutionäre Erkenntnis hinweisen, dass das Sterben in komplexen Organismen sogar genetisch programmiert erscheint, damit neue Generationen nachdrängen können, vgl.:

      https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/ist-sterben-adaptiv-die-evolution-des-todes/

      Das Leben lässt sich eben wissenschaftlich gesehen ausdrücklich nicht auf Physik reduzieren, sondern bringt immer neue Ebenen der Emergenz hervor. Wir beobachten und erforschen das:

      https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/harte-vs-weiche-wissenschaften-warum-die-blogosph-re-emergenz-verstehen-sollte/

      Gerne möchte ich hierzu eine bemerkenswerte Stelle aus dem Hauptwerk “Die offene Gesellschaft und ihre Feinde” von Karl Popper (1902 – 1994) zitieren (Mohr Siebeck 1958 / 2003, Band II, S. 346):

      “Obwohl sich die Wahrheit nicht selbst offenbart (wie Cartesianer und Baconianer dachten), obwohl Gewißheit unerreichbar ist, ist die menschliche Situation im Hinblick auf die Erkenntnis alles andere als verzweifelt. Im Gegenteil, sie ist wunderbar ermutigend:

      Hier stehen wir, mit der ungeheuer schwierigen Aufgabe, die schöne Welt kennenzulernen, in der wir leben, und damit uns selbst; und obwohl wir fehlbar sind, sind wir überrascht, dass unsere Verstandeskräfte der Aufgabe nahezu angemessen sind – mehr als wir in unseren kühnsten Träumen je erträumt haben. Wir lernen tatsächlich aus unseren Fehlern, durch Versuch und Irrtum. Aber gleichzeitig lernen wir, wie wenig wir wissen.

      Es ist, wie wenn wir einen Berg besteigen; jeder Schritt aufwärts eröffnet eine neue Aussicht ins Unbekannte, und es entfalten sich neue Welten, von deren Existenz wir zu Beginn unseres Aufstieges nichts ahnten.”

      Ich meine sogar, hier bei Popper läge genug Potential für eine agnostische und liberale Anthropodizee:

      https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/dennoch-liberale-anthropodizee-nach-karl-popper/

      Zuletzt möchte ich noch auf Ihre “Leichtgläubigkeit auf dem Sterbebett”-Rhetorik eingehen, die von christlichen Wissenschaftsleugnern auch gegen Charles Darwin (1809 – 1882) in Stellung gebracht wurde: dieser habe sich auf dem Sterbebett gegen die Evolutionstheorie und für Jesus Christus entschieden.

      Es war mir eine Ehre, in der Darwin-Biografie “Evolution und Gottesfrage. Charles Darwin als Theologe” (Herder 2013) auch diesen Mythos auf den Seiten 123 bis 153 aufzuklären: Darwin hatte bereits am 3. Juli 1881 einen begeisterten Brief an William Graham (1839 – 1911) zu dessen Buch Creed of Science verfasst, in dem Graham einen emergenten, evolutionären Theismus vorstellte. Abgesehen davon, dass es für eine Spätbekehrung Darwins keine verläßlichen Zeuginnen gibt, war für ihn also auch inhaltlich längst klar, dass sich die Evolutionstheorie und der Gottesglaube nicht gegenseitig ausschlossen.

      Ich hatte dieses Kapitel damals mit einem Doppelsatz beschlossen, zu dem ich auch elf Jahre später noch stehe. Auf S. 153 heißt es:

      “Wenn wir Menschen merken, dass wir das Spiel nicht entscheiden können – so rufen wir eben nach Verlängerung. Glaube, Liebe und Hoffnung sind längst Teil unserer Natur geworden.”

      Ich wünsche Ihnen entsprechende Einsichten in den Stand der Wissenschaften einschließlich der philosophischen und theologischen Reflektionen gerne auch lange vor dem Sterbebett! 🙂

  5. AMERIKA IST EIN GESCHÄFT!

    und 1896 ist wieder da.
    30% sind Hirntot 30% halb-debil der Rest wundert sich ( zu langsam)

    S O Y L E N T G R E E N

  6. Zum Kommentar mit dem Blumenberg Zitat zum Thema Glück würde ich gerne wissen: Ist Glück wirklich immer rein subjektiv oder zum Beispiel via Leiblichkeit / Körperlichkeit objektivierbar und damit auch objektiv erforschbar?
    Oder ist es ein Mythos, dass Glück objektivierbar ist?
    M.E. geht es beim Thema Glück als Ziel für viele Menschen (wie es die Verfassung der USA vorgibt) ja nicht nur um einen “Erfüllungszustand” eines Individuums, sondern auch um die Frage, wie in einer Demokratie dafür wer sorgen kann / soll, dass möglichst viele Menschen möglichst lange glücklich sein können…bzw. was das verhindert bzw. wie man sich gegen solche destruktiven “Anti-Glücks-Bewegungen” wehren kann?

    • @Dorothea

      Danke für die Frage. M.E. ist es wie bei Musik: Auf Basis durchaus vergleichbarer, neurobiologischer Anlagen von Musikalität entstehen extrem unterschiedliche, kulturelle Formen der Produktion und des Genießens verschiedener Musik.

      Allerdings sind die menschlichen Glücksgefühle nicht sehr variabel, die neuronalen und hormonellen Grundlagen vergleichsweise einfach zu hacken. Perplexity.ai:

      Basierend auf den Forschungsergebnissen sind mehrere neuronale und hormonelle Systeme an der Erzeugung von Glücksgefühlen beteiligt:

      ## Neuronale Systeme

      ### Das Belohnungszentrum

      – Liegt im Mittelhirn und ist eine Ansammlung von Nervenzellen
      – Wird aktiv, wenn etwas Positives oder Besseres als erwartet eintritt
      – Löst die Ausschüttung von Dopamin aus

      ### Das limbische System

      – Steuert und reguliert Emotionen
      – Die Amygdala (Mandelkern) ist besonders wichtig für Gefühle
      – Verarbeitet Eindrücke und löst entsprechende Emotionen aus

      ## Hormonelle Systeme

      ### Dopamin

      – Wird vom Belohnungszentrum ausgeschüttet
      – Erzeugt Gefühle von Euphorie und Glück
      – Verbessert die Aufmerksamkeit und Leistung des Gehirns

      ### Serotonin

      – Wichtig für Stimmung und Wohlbefinden
      – Beeinflusst Schlaf, Appetit und kognitive Funktionen

      ### Weitere Glückshormone

      – Oxytocin, Endorphine und andere Hormone spielen ebenfalls eine Rolle

      ## Spezifische Gehirnregionen

      ### Posteriorer medialer Präfrontalkortex (MPFC)

      – Beteiligt an der Verarbeitung von Wünschen und Konflikten
      – Wichtig für Konfliktmonitoring und Entkopplung divergierender mentaler Repräsentationen

      ### Ventrolateraler Präfrontalkortex (VLPFC)

      – Unterstützt die Erkennung und Lösung von Perspektivenkonflikten

      ### Amygdala

      – Verbindet bestimmte Nervenzellen (HTR2a-Zellen) Nahrungsaufnahme mit Belohnung
      – Teil eines Regelmechanismus für positives und negatives Empfinden bei der Nahrungsaufnahme

      Diese komplexen Systeme arbeiten zusammen, um Glücksgefühle zu erzeugen und zu regulieren. Dabei spielen sowohl angeborene neuronale Netzwerke als auch erlernte Assoziationen eine wichtige Rolle.

      Citations:
      [1] https://soulsweet.de/blog/neurobiologie-des-gluecks/
      [2] https://www.mpg.de/11433841/gehirnregion-vermittelt-genuss-am-essen
      [3] https://edoc.ub.uni-muenchen.de/19139/1/Wolf-Hiemer_Jenny_E.pdf
      [4] https://www.sf.mpg.de/2078461/Wie-beeinflusst-Zucker-unser-Gehirn
      [5] https://www.dasgehirn.info/grundlagen/kommunikation-der-zellen/neurotransmitter-botenmolekuele-im-gehirn?language=en
      [6] https://www.spektrum.de/lexikon/neurowissenschaft/emotionen/3405
      [7] https://de.wikipedia.org/wiki/Neuronales_Korrelat_des_Bewusstseins
      [8] https://www.bcp.fu-berlin.de/biologie/arbeitsgruppen/neurobiologie/ag_menzel/talks/Res/Wie-Gehirne-lernen_Jan-2014.pdf

      In der Serie “Mad Men” um die entstehende US-Werbebranche in den 1960er Jahren prägt die Hauptfigur Don Draper den Satz:

      “Happiness is the smell of a new car. It’s freedom from fear. It’s a billboard on the side of a road that screams with reassurance that whatever you’re doing is okay. You are okay.”

      Auf deutsch: “Glück ist der Geruch von einem neuen Auto. Es ist Angstfreiheit. Es ist ein Werbeplakat am Straßenrand, das versichert, dass alles, was Du tust, ok ist. Dass Du selbst ok bist.”

      Von psychologisch optimierten Produkten wie Games und Algorithmen bis hin zu echten Drogen werden die Grenzen zunehmend fließend:

      https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/ki-dopamin-wie-kokain-wir-bauen-uns-bereits-die-perfekte-digitale-matrix/

      Bewusst warne ich daher vor der thymotischen Trias, der digitalen und zunehmend KI-verstärkten Manipulation von Dopamin, Adrenalin und Testosteron.

      Insofern können wir die Vielfalt der menschlichen Glücksauslöser durchaus auch als Widerstandsfähigkeit (Resilienz) gegen Manipulationen aller Art würdigen.

      • Danke für die Frage. M.E. ist es wie bei Musik: Auf Basis durchaus vergleichbarer, neurobiologischer Anlagen von Musikalität entstehen extrem unterschiedliche, kulturelle Formen der Produktion und des Genießens verschiedener Musik.

        Danke für Ihre Antwort – um beim Thema “Trump” zu bleiben: Kann Ihrer Meinung nach “Glück” Maßstab für das (politische) Handeln sein? Bzw. können wir (wenn wir monistisch denken), Trump zugestehen, dass auch er “Glück” für viele Menschen erreichen will? Oder neigen wir am Ende doch schnell zu der dualistischen Sichtweise, dass Trump mehr “das Böse” verkörpert und eben nicht das “Glück” (z.B. in Form des Solarpunk) verfolgt?
        Wie aber können wir denn uns ein einheitliches Ziel für einen Staat vorstellen (monistisch), wenn wir alle so unterschiedlich sind (wie es im Kant-Zitat von Blumenberg deutlich wird)?

        • @Dorothea

          Danke für die gute, dialogische Nachfrage!

          Dass es keinen erkennbaren Unterschied zwischen Gut und Böse gäbe, wäre die erkenntnistheoretische Position des Relativismus – die nach meiner Einschätzung noch weiter vom dialogischen Monismus entfernt ist als der feindselige Dualismus. Verfolgte haben das Desinteresse und das Mitläufertum der meisten immer wieder als besonders schmerzhaft beschrieben.

          Der dialogische Monismus beruht ja auf den normativen Grundlagen 1. der Menschenwürde und 2. der dialogischen und auch wissenschaftlichen Erkenntnisfähigkeit.

          Deswegen stehen Positionen der gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit etwa von Donald Trump oder die aktive Wissenschaftsleugnung auch seines designierten Gesundheitsministers Robert F. Kennedy Jr. in direktem Kontrast nicht nur zur gewaltenteiligen Demokratie, sondern auch zum dialogischen Monismus per se.

          Nochmal Dank für die Nachfrage & beste Grüße! 🖖

  7. Donald Trump wurde jetzt auch vermehrt von Latinos und Schwarzen gewählt wie auch von abgehängten Weissen aus der Provinz oder dem rust-belt, weil Donald Trump sich als einer der Ihren gibt, also als einen, der ganz ähnliche Gedanken und Überlegungen anstellt wie sie. Viele dieser Gedanken sind allerdings aus einem uralten, fast alttestamentarischen Fundus. So sagte er am 4. März 2023: „2016 habe ich gesagt, ich bin eure Stimme. Heute füge ich hinzu: Ich bin euer Kämpfer, ich bin eure Gerechtigkeit, und für diejenigen, denen Unrecht getan wurde: Ich bin eure Vergeltung.”
    Trump punktet also nicht mit seinem Regierungsprogramm, sondern mit der gedanklichen, emotionalen Nähe zu seinen Wählern und das auf eine Art und Weise, die mit einem modernen Staat inkompatibel ist, denn der moderne Staat will ja gerade Dinge wie Rache, Vergeltung und Willkür überwinden und durch Ratio ersetzen. So gesehen ist Trump tatsächlich der Todesengel für den modernen Staat und für die Demokratie.

  8. Zukunftsangst und die fehlende Hoffnung auf Besserung. Das Wahlergebnis von Donald Trump interpretiere ich allerdings auch dahingehend, dass die Demokratische Partei mit den tatsächlichen Erfolgen der Regierung Biden zwar Werbung gemacht hat, aber beim Wähler damit nicht landen konnte. Daher glaube ich, dass viele Menschen zwar von den Programmen von Präsident Biden gehört hatten, aber keine konkrete Verbindung dazu hatten. Wenn in Los Angeles eine Brücke saniert wird, dann spielt das in Detroit keine Rolle. Die Menschen wollen Greifbares und das nicht nur im Geldbeutel, der durch die Inflation sich auch bedenklich leerte. Daher ist weniger die fernere Zukunft das Problem, sondern ganz konkret der nächste Tag, die nächste Woche etc.

    Dazu gesellen sich die Egoismen unserer Zeit. Viele Menschen sehen keine Gemeinschaft mehr. Gerade in den USA ist die Meinung unter politisch interessierten Menschen weit verbreitet, dass die Anhänger der anderen Partei Feinde sind, mit denen man nichts zu tun haben will. Wir sollten die Wichtigkeit von Gemeinsamkeiten der Menschen, die in einem Land leben, nicht unterschätzen. Wenn der Keil erst einmal so in eine Bevölkerung getrieben ist wie in den USA, wo soll es dort noch Begegnungen geben? Bei uns ist es noch nicht soweit, aber durch den Zeitgeist der Abschottung laufen auch wir in Europa und Deutschland Gefahr, uns als Feinde zu betrachten. Hier wäre auch die Politik durch entsprechende Mäßigung in den Aussagen gefragt.

    Gerne neigen manche Berichterstatter dazu, die Wähler und Wählerinnen in den USA für ungebildet zu halten. Doch Arroganz von unserer Seite ist nicht angebracht. Denn trotz aller Aufklärung über die Vergangenheit neigen Wählerinnen und Wähler in nicht geringer Anzahl dazu, Parteien zu wählen, die durch eine Sprache auffallen, die doch manchmal an vergangene Zeiten erinnert.

    Es ist schwer, sich auf Veränderungen einzustellen. Je größer die Herausforderungen sind, desto mehr Führung wird erwartet. Aber jeder hat eine andere Vorstellung davon, wie diese Führung aussehen soll. Wer sich dabei enttäuscht sieht, wird dazu neigen, sich Illusionen zu machen. Die Herausforderungen der Klimakrise sind lange bekannt und dennoch herrscht die Vorstellung vor, dass wir noch Zeit hätten. Das beruhigt die eigenen Ängste.

    Patentrezepte gibt es keine. Vielleicht bleibt tatsächlich nur die Hoffnung.

    • Vielen herzlichen Dank, @SabineH. 🙏🙌

      Ich bin da inhaltlich bei Ihnen, würde aber die Macht von Medien noch stärker gewichten. Ob – um Ihr Beispiel zu verwenden – die Sanierung einer Brücke in Los Angeles überhaupt wahrgenommen, der Regierung zugeschrieben und dann auch noch positiv bewertet wird, hängt entscheidend von der Medienberichterstattung ab. Gegenüber der Demokratie feindselige Medien – nicht selten fossil finanziert, teilweise auch aus Russland – könnten beispielsweise bemängeln, dass die Sanierung viel zu spät erfolgt sei, überteuert ausgefallen sei oder dass die Sanierung von Infrastruktur in anderen Staaten sehr viel dringlicher gewesen wäre.

      Deswegen habe ich im Artikel zu sog. “Desinformierer”-Medien auch deutliche Ansagen gemacht:

      “Als weitere zentrale Basis für Verschwörungsideologien dürfen schon jetzt die Parallelmedien gelten, von ihren Leserinnen und Lesern gern als »alternative Medien« angepriesen. Der Antisemitismusbeauftragte des Landes Baden-Württemberg, Michael Blume, macht im Gespräch mit der Jüdischen Allgemeinen eine »verstärkte Spaltung zwischen realistischen und populistischen Medien« aus. Er warnt: »Wenn ein Mediensystem kaputt ist, stürzt die Demokratie ab.« Qualitätsmedien hält er für so wichtig, »dass ich sogar als Schwabe meine GEZ-Gebühr gerne bezahle, Tageszeitungen und Wochenzeitschriften abonniere«.

      Die wachsende Rolle von Parallelmedien sieht Blume mit Sorge. Er sagt: »Ich spreche inzwischen sehr bewusst von Verschwörungsunternehmern, die mit Verschwörungsmythen Geld verdienen, und von digitalen Verschwörungssekten wie Querdenken und QAnon.« Mit Videos und Sprachnachrichten werde eine »medial viel intensivere Vergemeinschaftung« erzeugt im Vergleich zu den klassischen Texten von Qualitätsmedien: »Und umso mehr Zeit und Geld sie für Querschenken, Busreisen und Esoterik vergeudet haben, umso schwieriger fällt den Abgezockten dann auch der schmerzhafte Rückweg in die Realität.«”

      https://www.juedische-allgemeine.de/politik/die-desinformierer/

      Aus meiner Sicht tendieren die Menschen dazu, jenen Medien Glaubwürdigkeit zuzuschreiben, die ihre bereits vorhandenen Gefühle und Überzeugungen verstärken. Daraus kann dann eine Zukunftsangst schnell in einen feindseligen Dualismus münden.

      Als sehr eindrucksvoll erlebte ich dazu die Lektüre von Philipp Rhein in “Rechte Zeitverhältnisse. Eine soziologische Analyse von Endzeitvorstellungen im Rechtspopulismus”, Campus, Frankfurt am Main 2023.

      In Tiefeninterviews mit AfD-Sympathisierenden aus dem Württembergischen entdeckte auch Rhein die Bedeutung der Zeiterfahrung und Zukunftsangst selbst unter Menschen, denen es wirtschaftlich (“noch”) gut geht oder die durch die AfD-Programmatik sogar verlieren würden, etwa Alleinerziehende.

      Schon in der Einleitung auf S. 16 hält Rhein m.E. zu Recht fest:

      “In soziologischer Hinsicht ist nicht nur von Bedeutung, dass Zeit im Bewusstsein entsteht, sondern dass Zeit eine intersubjektive Dimension hat. Zeit ist eine Sinndimension menschlicher Deutungsvorgänge und durch ihre zeitliche Strukturiertheit erhält die Alltagswelt für Menschen den Charakter von Wirklichkeit.”

      Entsprechend erkennt Rhein auf S. 21 den “Erfahrungsraum der Spätmoderne” als “Epoche nach dem Boom”:

      “Sie ist gekennzeichnet durch ein “Ende der Illusionen” (Reckwitz 2019) über die Fortschrittsversprechen, Wachstumsselbstverständlichkeiten und positiven Zukunftserwartungen ganzer Generationen, wie sie in der Nachkriegsmoderne – in der Zeit des “Booms” – prägend und eingeprägt wurden.”

      Auf S. 362 – 363 resümierte er eindringlich (Hervorhebungen im Original):

      “Aus dieser Perspektive begreift man den Rechtspopulismus als Phänomen einer Krisenzeit. Die Ergebnisse dieser Arbeit legen jedoch nahe, ihn vielmehr als Phänomen einer Zeitkrise in Krisenzeiten zu begreifen (vgl. Kapitel 1).

      Durch das verdichtete Krisengeschehen der letzten Dekade(n) hat sich der spätmoderne Erfahrungsraum und seine Temporalität immer stärker erfahrbar gemacht. […] Der AfD gelang es stets anhand dieser Themen dystopische Zukünfte zu konstruieren und die Befürchtung zu ventilieren, dass in der spätmodernen Gegenwart das bestehende politische System nicht willens oder in der Lage sei für eine Zukunft (Deutschlands) zu sorgen. Diese Konstruktion zieht sich wie ein basso continuo durch die Geschichte der AfD. Stets gelingt es ihr, sich selbst als Kairos und Lösung in diesem Dystopie-Szenario zu inszenieren.”

      Wenn ich also in den Bereichen erneuerbare Friedensenergien statt fossiler Gewaltenergien, fossil finanzierte Kriege, die Klimakrise als Wasserkrise und säkularer Geburtenrückgang keine schnellen Lösungen erkennen kann, so habe ich dennoch die Hoffnung, dass die feindselig-dualistischen Parteien an zwei Wegmarken gestellt und zurückgedrängt werden können.

      Einmal erlebe ich eine große Bereitschaft der meisten Menschen, über ihre Gefühle gegenüber der Zeit und säkularen Wachstumsverheißungen ehrlich und dialogisch nachzusinnen. Den meisten ist ja längst bewusst, dass eine demografisch schrumpfende Bevölkerung auf Basis fossiler Energien nicht ewig weiterwachsen kann. Stattdessen braucht es einen neuen Realismus und die Konzentration auf Investitionen etwa in Bildung, Infrastruktur, erneuerbare Friedensenergien und Klimaresilienz (wie Hochwasserschutz). Das bejahen die meisten Menschen auch – und viele meinen es ernst.

      Zum zweiten können Menschen in immer mehr Ländern – und nun auch wieder den USA – sehen, wohin rechtsdualistische Politik und Abzocke etwa durch KryptoBros dann tatsächlich führt. So ist inzwischen einer deutlichen Mehrheit der Britinnen und Briten bewusst, dass sie sich in einen sinnlosen, teuren und schädlichen “Brexit” treiben ließen. Das sich bereits abzeichnende Chaos in den USA dürfte den europäischen Rechtsdualisten nicht gut tun.

      Ich bin also längst kein Optimist mehr – der einen linearen Fortschritt verkünden würde -, habe aber immer noch Hoffnung, dass wir einen neuen Zugang zu Welt- und Lebenszeit, zu Bildung, Medien und echtem Wachstum finden mögen. Entsprechend freue ich mich über die merkbare Verbreitung von Solarpunk-Ideen.

      Ihnen noch einmal Dank fürs konstruktive Dialogisieren! 😊📚🙌

      • Vielen Dank für die ausführliche Antwort. Ich teile auch Ihre Meinung zur Rolle der Medien im Zusammenhang mit den US-Wahlen. Wenn wir das politische Spektrum in Rechts und Links einteilen, dann ist festzustellen, dass es der rechten Seite in den letzten 20 Jahren gelungen ist, Medien so aufzubauen, dass eine starke Bindung durch den Konsumenten entsteht. Will heißen: Wer Sendungen auf Fox News anschaut, wird nicht empfänglich sein für z.B. MSNBC mit Moderatoren wie Joe Scarborough, Rachel Maddow oder Lawrence O’Donnell. Dem linken politischen Spektrum ist diese Hegemonie in den amerikanischen Medien erst in den letzten Jahren bewusst geworden – eben durch Donald Trump. In dieser Richtung äußert sich beispielsweise der Blogger und Podcaster Brian Tyler Cohen.

        Die Problematik mit den antisozialen Medien diskutieren wir häufiger. Mir ist – in allen Medien – aufgefallen, dass negative Botschaften wirken. Wenn also die Grünen vor der BTW versprechen, dass es auch Prosperität mit den erneuerbaren Energien gibt, so verfängt diese Botschaft nicht, wenn bestimmte Medienhäuser dann das Szenario des Weltuntergangs transportieren. Bei vielen Menschen scheint es eine wahre Obsession zu sein, den “Weltuntergang” zu erwarten.

        Die Endzeitstimmung hat auch eine religiöse Komponente. Immer wieder führte dies zu besonderer Frömmigkeit etc. Man bereitete sich auf das Jüngste Gericht vor. Auch wenn der Glaube/Religion heute weniger wichtig ist, so scheinen Gefühle der nahenden Endzeit in unserer DNA zu liegen. Deshalb fällt es teilweise so schwer dagegen anzugehen.

        Durch die Erfahrungen, die die Menschen in der Corona Pandemie gemacht haben, hat sich vieles verändert. Der “erzwungene Verzicht” auf manches, was uns selbstverständlich erschien, führte zu mehr Egoismus. Leider funktioniert die Aufarbeitung dieser Zeit nicht. Vielleicht auch deshalb, weil die Protagonisten entweder schweigen oder sich besonders laut zu Wort melden. Ich wüsste gerne (leider werde ich das nicht mehr erleben), wie Philosophen auf die Zeit der Pandemie und die folgenden Jahre in etwa 20 – 30 Jahren blicken werden. Gleiches gilt auch für die Psychologie.

        Sie gehen davon aus, dass das in den USA bevorstehende Chaos den Rechtsdualisten in Europa nicht gut tun wird. Mit etwas zeitlichem Abstand vielleicht. Denn für das entstehende Chaos werden zunächst die Republikaner bzw. Trump und seine Administration nicht die Verantwortung übernehmen. Im “Drehbuch” ist dann die Suche nach Sündenböcken vorgesehen, denen man die Schuld in die Schuhe schieben kann. Gewalt gegen einzelne vulnerable Bevölkerungsgruppen wird die Folge sein. Und manche Konsequenzen aus dem Handeln der Verantwortlichen in der amerikanischen Regierung werden erst später erkennbar werden. Ich denke da beispielsweise an Robert F. Kennedy jr., der ein Problem mit Impfungen hat. Sollten diese verboten werden, gibt es zwar noch kurzzeitig einen gewissen Schutz durch vorhergehende Impfungen, aber erst in 2 – 3 Jahren wird es zu einer massiven Erhöhung der Sterblichkeit führen.

        Allerdings ist Trump auch für seine Sprunghaftigkeit bekannt, und diese Unberechenbarkeit kann ein “Vorteil” sein. Denn die Diadochenkämpfe werden unweigerlich ausbrechen, weil jeder sich im Glanze des Präsidenten sonnen möchte. Die werden teilweise mit sich selbst beschäftigt sein, was hoffentlich den Aufbau einer widerständigen Opposition erlaubt. Ob die sich dann allerdings über Social Media vernetzen können, bleibt abzuwarten.

        Ihnen und Ihrer Familie wünsche ich einen schönen Sonntag. Ich werde heute an der hiesigen Gedenkfeier zum Volkstrauertag teilnehmen.

        • Vielen Dank, @SabineH – und Sie sprechen mir gerade auch heute, am Volkstrauertag, mit Ihrem Kommentar aus der Seele.

          So schreiben Sie evolutionspsychologisch völlig zu Recht:

          “Die Problematik mit den antisozialen Medien diskutieren wir häufiger. Mir ist – in allen Medien – aufgefallen, dass negative Botschaften wirken. Wenn also die Grünen vor der BTW versprechen, dass es auch Prosperität mit den erneuerbaren Energien gibt, so verfängt diese Botschaft nicht, wenn bestimmte Medienhäuser dann das Szenario des Weltuntergangs transportieren. Bei vielen Menschen scheint es eine wahre Obsession zu sein, den “Weltuntergang” zu erwarten.”

          In der Evolutionspsychologie sprechen wir vom Negativity Bias, dem Negativitätsbias: Es war für unsere Vorfahrinnen und Vorfahren über tausende Generationen hinweg klug, Berichten über potentielle Gefahren besondere Beachtung zu schenken. Doch in einer immer stärker medialisierten Welt führt dieser Bias – diese unbewusste Präferenz – dazu, dass Menschen positive Entwicklungen kaum mehr wahrnehmen, sondern glauben, in einer Welt voller Kriminalität, Gefahren und sogar Verschwörungen zu leben. Und wenn dann auch noch übersteigerte, säkulare Zukunftsverheißungen dazu kommen – ewiges Wachstum, steigende Leistungen des Staates, immer mehr Gerechtigkeit usw. -, dann werden dualistische Gefühle des Zeitenumbruchs und der “Verlustwut” (so auch Philipp Rhein nach Andreas Reckwitz) geradezu unvermeidlich. Und, ja, progressive, demokratische Parteien wie die Grünen sind davon besonders betroffen. Aber auch vielen Christdemokratinnen und Christdemokraten in der Bundespolitik werden die Ohren klingeln, wenn sie einmal wieder Teil einer Bundes-Koalitionsregierung sind. An den schon damals völlig eskalierenden Hass gegen Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel ist zu erinnern. Denn die medial gesteigerte Zeitangst und Zukunftsangst sind seitdem doch eher stärker geworden!

          Auch ich habe heute mit zweien unserer Kinder einen evangelischen Gottesdienst zum Volkstrauertag besucht. Pfarrer Dr. Alexander Kupsch hielte eine m.E. brillante Predigt zu Römerbrief 14 der dialogische Vielfalt von der damaligen Gemeinde in Rom bis heute würdigte, aber auch in der klar monistischen Aussage gipfelte: “Nationalismus ist Götzendienst.”

          Und tatsächlich klingen die brieflichen Ansagen des Paulus von Tarsus an die auch schon damals mit “progressiven” wie auch “konservativen” Strömungen gesegnete Urgemeinde zu Rom erstaunlich aktuell (Römer 14, 1 – 8):

          “1 Den Schwachen im Glauben nehmt an und streitet nicht über Meinungen.

          2 Der eine glaubt, er dürfe alles essen. Der Schwache aber isst kein [römisches Opfer-]Fleisch. 

          3 Wer isst, der verachte den nicht, der nicht isst; und wer nicht isst, der richte den nicht, der isst; denn Gott hat ihn angenommen.

          4 Wer bist du, dass du einen fremden Knecht richtest? Er steht oder fällt seinem Herrn. Er wird aber stehen bleiben; denn der Herr kann ihn aufrecht halten. 

          5 Der eine hält einen Tag für höher als den andern; der andere aber hält alle Tage für gleich. Ein jeder sei seiner Meinung gewiss. 

          6 Wer auf den Tag achtet, der tut’s im Blick auf den Herrn; wer isst, der isst im Blick auf den Herrn, denn er dankt Gott; und wer nicht isst, der isst im Blick auf den Herrn nicht und dankt Gott auch.

          7 Denn unser keiner lebt sich selber, und keiner stirbt sich selber. 

          8 Leben wir, so leben wir dem Herrn; sterben wir, so sterben wir dem Herrn. Darum: wir leben oder sterben, so sind wir des Herrn.”

          Mit einer solchen Wucht und zugleich Weite im Herzen des römischen Reiches die Gottheit eines schmählich und römisch hingerichteten Juden zu bekennen – das saß!

          Was mich auch besonders berührte war das Gebet des Psalm 90, jenes Psalmes, der über Gott und die Zeit sinniert und über den ich gerade erst bei einem Grußwort zur Diakonie in Württemberg gesprochen habe.

          Letztes Jahr – 2023 – hatte ich ja selbst zum Volkstrauertag in Ellwangen vor dem jüdischen Friedhof der Stadt gesprochen.

          https://www.schwaebische.de/regional/ostalb/ellwangen/ellwangen-gedenkt-der-opfer-des-nationalsozialismus-2064114

          Heute habe ich einmal wieder erfahren dürfen, wie gut es tut, sich auch empfangend in ein Ritual der Zeit, der Trauer und auch Hoffnung begeben zu dürfen.

          Gott sei Dank.

  9. Interessanterweise bot mir Perplexity.ai den Prompt an: Welche sozialen Medien sind am meisten für die Verbreitung von Zukunftsangst verantwortlich?

    Gerne habe ich diesen aufgegriffen und diese faszinierend klare Antwort erhalten:

    Basierend auf den verfügbaren Informationen lässt sich feststellen, dass verschiedene soziale Medien zur Verbreitung von Zukunftsangst beitragen, wobei einige Plattformen stärker betroffen zu sein scheinen:

    ## TikTok

    TikTok wird als besonders problematisch hervorgehoben:

    – Die Plattform ist “auf kurze Inhalte mit Knalleffekten optimiert, die für ein paar Sekunden Aufmerksamkeit auf sich ziehen”[2].
    – Provokante und emotionalisierte Inhalte werden vom Algorithmus belohnt und häufiger ausgespielt[2].
    – 42% der Nutzer empfinden Stress durch den Erreichbarkeitszwang auf TikTok – der höchste Wert unter allen genannten Plattformen[1].

    ## Twitter (X)

    Twitter (jetzt X) zeigt ebenfalls eine hohe Stressbelastung:

    – 38% der Nutzer fühlen sich durch den Erreichbarkeitszwang auf der Plattform gestresst[1].
    – Die Plattform begünstigt kurze, zugespitzte Aussagen, die sich gut für die Verbreitung von Propaganda eignen[2].

    ## Instagram

    Instagram trägt ebenfalls zur Verbreitung von Zukunftsangst bei:

    – 35% der Nutzer empfinden Stress durch den Erreichbarkeitszwang auf Instagram[1].
    – Die Plattform ist besonders bei jüngeren Nutzern beliebt, die anfälliger für Stress durch soziale Medien sind[1].

    ## Facebook

    Auch Facebook spielt eine Rolle:

    – 30% der Nutzer fühlen sich durch den Erreichbarkeitszwang auf Facebook gestresst[1].
    – Die Plattform wird als eine der Hauptquellen für Nachrichten genannt, was zur Verbreitung von beunruhigenden Informationen beitragen kann[3].

    Es ist wichtig zu beachten, dass die Wirkung sozialer Medien auf die Verbreitung von Zukunftsangst altersabhängig ist:

    – Jüngere Generationen (18-34 Jahre) sind besonders anfällig für Stress durch soziale Medien[1].
    – Mit zunehmendem Alter nimmt der durch soziale Medien verursachte Stress ab[1].

    Zusammenfassend lässt sich sagen, dass alle großen sozialen Medienplattformen zur Verbreitung von Zukunftsangst beitragen, wobei TikTok, Twitter und Instagram aufgrund ihrer Funktionsweise und Nutzerstruktur besonders hervorstechen. Die Auswirkungen sind jedoch stark altersabhängig und betreffen jüngere Nutzer in höherem Maße.

    Citations:
    [1] https://www.swisslife.de/ueber-swiss-life/medienportal/news/2024/24-03-21-stress-studie-2024.html
    [2] https://www.mpg.de/21730745/soziale-netzwerke-echokammern
    [3] https://reset.org/wie-wirksam-sind-soziale-medien-bei-der-bekaempfung-der-klimakrise/
    [4] https://jenni.ai/de/blog/essays-on-social-media
    [5] https://www.mdr.de/wissen/psychologie-sozialwissenschaften/social-media-auswirkungen-sozialer-medien-auf-mentale-gesundheit-rolle-von-familie-und-freunden-100.html
    [6] https://www.schlosspark-klinik-dirmstein.de/social-media-psyche/
    [7] https://www.sciencemediacenter.de/angebote/23213
    [8] https://www.bpb.de/shop/zeitschriften/izpb/medienkompetenz-355/523579/jugend-und-soziale-medien/

    Auch hier sehen wir also starke Argumente für mehr Fediversum inklusive Blogs, Mastodon, konstruktive Pod- und Videocasts.

  10. @Michael 16.11. 22:12

    „Den meisten ist ja längst bewusst, dass eine demografisch schrumpfende Bevölkerung auf Basis fossiler Energien nicht ewig weiterwachsen kann. Stattdessen braucht es einen neuen Realismus und die Konzentration auf Investitionen etwa in Bildung, Infrastruktur, erneuerbare Friedensenergien und Klimaresilienz (wie Hochwasserschutz). Das bejahen die meisten Menschen auch – und viele meinen es ernst.“

    Letztlich braucht all das weniger Konsum. Bei vielen geht es wohl sogar freiwillig, und das gesparte Geld kann man dann in eigene grüne Technik investieren. Andere Aufgaben sind grundsätzlich öffentliche Aufgaben, dafür brauchen wir dann mehr Steuern. Manch einer mag dann womöglich auch mehr Steuern gerne zahlen?

    Wenn die Solventeren sogar nur weniger Geld ausgeben, dann wirkt sich das nebenbei so aus, dass der Staat mehr Schulden machen kann, indem er sich genau dieses gesparte dann Geld leiht.

    Es trifft allerdings auch Menschen, die haben sowieso schon wenig, und auch nur wenig Spielraum. Viele sind aktuell schon von gestiegenen Preisen betroffen, und nicht jeder erzielt jetzt auch mehr Lohn für seine Arbeit. Dort haben wir einen zutiefst unfreiwilligen Konsumverzicht, und wen das betrifft oder noch zu betreffen droht, der wählt dann wohl auch verständlicherweise eher destruktiv.

    Was noch bleibt, das wäre ein Abbau von öffentlicher Bürokratie und Bürokraten, und wenn man sich mal endlich entschließen könnte, auch Vermögen, Erbschaften und Kapitalerträge mehr zu beteuern.

    Wenn wir uns mehr Zeit nehmen, dann hilft es auch, die zunehmende Automatisierung weniger in neuen Konsum zu stecken, sondern den Fortschritt vermehrt in die öffentlichen Herausforderungen zu investieren.

    • @Tobias

      Die wiederholten Aufrufe zur innerweltlichen Askese finde ich im Grundsatz richtig, aber im Detail zu differenzieren:

      Letztlich braucht all das weniger Konsum.

      Es kommt doch auch darauf an, „was“ konsumiert wird. Wer statt Fleisch aus industrieller Massentierhaltung regionale Pflanzenkost konsumiert, spart ggf. etwas Geld, vor allem aber Energie, Wasser, Futtermittel und die weitere Emission von CO2 und Methan. Ich esse ja als Vegetarier nicht unbedingt weniger, aber Mitwelt-schonender.

      Ebenso macht es für die fossile Finanzierung von Ressourcenfluch-Diktaturen, Kriegen, Terror und Propaganda einen riesigen Unterschied, ob jemand weiterhin einen Verbrennermotor oder endlich ein Elektroauto kauft. Gerade auch Familien mit Kindern bleiben häufiger auf Fahrzeuge angewiesen – und gerade wir konnten und können uns das Luxussegment nicht leisten, mit dem deutsche Autombolkonzerne die Energiewende verzögerten und die Zukunft ihrer Belegschaften beschädigten.

      Und auch ob jemand etwa Hass-Sender oder aber wissenschaftlich orientierte Bücher & Blogs „konsumiert“ macht nicht nur für das eigene Leben einen riesigen Unterschied. Ich spreche mich ja sogar für ein Engagement als „Medien-Prosument“ aus: Mehr Menschen sollten Medien nicht nur konsumieren, sondern auch produzieren. Dies stärkt die demokratische Vielfalt, Medienbildung und Medienkompetenz.

      Mir geht es Solarpunk also nicht darum, Menschen etwas wegzunehmen oder vorzuschreiben. Dies löst m.E. doch nur Reaktanz aus, die wiederum von Wissenschaftsleugnern, Verschwörungsunternehmern und feindseligen Dualisten befeuert wird. Mir geht es darum, dass sich Menschen bewusster und ggf. auch dankbarer für oder auch gegen Produkte entscheiden. Damit die Zukunftsängste nicht weiter eskalieren und noch möglichst viele Arche-Regionen bewohnbar bleiben…

  11. Einen schönen Sonntag Herr@Blume,

    Danke für die schöne Lektüre.🙂

    Mir ist bei dem säkular Versprechen aufgefallen, das es ebenfalls ähnlich ist wie bei den Bund und Bündnissen mit Gott. Man geht einen Pfad, beruhend auf ein Versprechen, also etwas was nicht ist, aber sein kann. Hoffnung, Zuversicht und Glaube das es das richtige ist, treibt das wohl an.

    Wenn das Versprechen fällt, es zum Bruch kommt, dann wird es fies. So sind ja heute noch viele Atheisten mit der Begründung, wo war Gott beim Holocaust (auch von der österreichischen Band Allgemeine Verunsicherung Mal thematisiert) im Grunde enttäuscht und Verraten. Emotional betrachtet.

    Da der Mensch aber immer weiter geht, nimmt er abkürzungen zum vermeintlichen Glück oder lässt sich Angst geleitet auf Päkte mit finsteren Mächten ein. ( Ein wenig phantastisch ausgedrückt, aber wer sein Vertrauen in Macht Menschen oder klar tödlichen Gruppen legt, gibt Verantwortung ab und lässt sich auf das Versprechen der Dummheit ein. Ich muss nicht selber denken sondern gib Verantwortung und die Last damit ab).

    Wünsche noch einen erfolgreichen Tag und der Demokratiesegen möge ertragreich ^^

    • Vielen Dank für Ihre freundliche und ermutigende Rückmeldung, @Berthold Forster 🙏

      Sie schrieben:

      “Mir ist bei dem säkular Versprechen aufgefallen, das es ebenfalls ähnlich ist wie bei den Bund und Bündnissen mit Gott. Man geht einen Pfad, beruhend auf ein Versprechen, also etwas was nicht ist, aber sein kann. Hoffnung, Zuversicht und Glaube das es das richtige ist, treibt das wohl an.”

      Ja, so erlebe ich das auch. In der Trias von Glaube, Liebe und Hoffnung versuche ich daher vor allem die Hoffnung zu stärken. Dass (auch) am 3.12.2024 ein Gespräch von Steffen Kern mit mir in Bibel.TV unter dem Motto “Hoffnungsmensch” ausgestrahlt werden soll, finde ich schon etwas heftig – aber es ist schon das Ideal, nach dem ich zu leben versuche.

      https://www.hoerzu.de/tv-programm/hoffnungsmensch-michael-blume-hass-hetze-hoffnung/bid_194885591/

      Die Tonaufnahme ist schon auf deren Seite und Podcast:

      https://www.hoffnungsmensch.de/

      Auch zur Bedeutung des Bundes bin ich ganz bei Ihnen und verstehe mich als Christ und Bnei Noach, als Christ im Noahbund. Damit kann ich das Judentum (den mosaischen Bund) wie auch andere Religionen und Weltanschauungen vollumfänglich respektieren, ohne mich über- oder unterlegen dünken zu müssen. Wir stehen nebeneinander, alle mit unseren jeweiligen Aufgaben und Herausforderungen.

      https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/der-noahbund-fuer-frieden-und-mitwelt-vortrag-bei-der-orthodoxen-rabbinerkonferenz-deutschland-ord/

      “Wenn das Versprechen fällt, es zum Bruch kommt, dann wird es fies. So sind ja heute noch viele Atheisten mit der Begründung, wo war Gott beim Holocaust (auch von der österreichischen Band Allgemeine Verunsicherung Mal thematisiert) im Grunde enttäuscht und Verraten. Emotional betrachtet.”

      Oh ja, ich halte die Theodizee-Frage nicht nur für theologisch und philosophisch geboten, sondern hatte auch selbst einen Moment des erschütternden Glaubenszweifels an einem Massengrab ezidischer Frauen und Kinder bei Kocho, in Kurdistan-Irak. Ich kann nicht einfach an einen “lieben Gott” glauben, sondern nur an einen, in dem Grund und Abgrund einander durchdringen. Daher habe ich das auch religiös vertrauende “Dennoch” zur Theodizee “und” Anthropodizee erstmals auf Bitten von Irina Katz, der Vorsitzenden der jüdischen Gemeinde anlässlich der Reichspogromnacht in der Synagoge zu Freiburg am 8.11.2020 gesprochen. Es war – und ist – für mich kein leichtes und oberflächliches Wort, weder religiös noch historisch noch philosophisch.

      https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/der-noahbund-fuer-frieden-und-mitwelt-vortrag-bei-der-orthodoxen-rabbinerkonferenz-deutschland-ord/

      “Da der Mensch aber immer weiter geht, nimmt er abkürzungen zum vermeintlichen Glück oder lässt sich Angst geleitet auf Päkte mit finsteren Mächten ein. ( Ein wenig phantastisch ausgedrückt, aber wer sein Vertrauen in Macht Menschen oder klar tödlichen Gruppen legt, gibt Verantwortung ab und lässt sich auf das Versprechen der Dummheit ein. Ich muss nicht selber denken sondern gib Verantwortung und die Last damit ab).”

      Ja, auch hierbei stimme ich Ihnen zu. An die Dummheit und auch Bosheit durch Externalisierung musste ich gerade auch beim schockierenden Film “The Zone of Interest” denken, der die massive Verdrängung der NS-Massenmorde durch die Familie Höß am und im KZ Auschwitz zeigt. Ich sah und diskutierte ihn im Rahmen der SchulKinoWoche des Landesmedienzentrums Baden-Württemberg mit Hunderten Schülerinnen und Schülern sowie engagierten Lehrenden. Er setzt leider viel Vorwissen voraus, vermag dann jedoch zu berühren und hoffentlich zur Internalisierung von Verantwortung zu bewegen.

      “Wünsche noch einen erfolgreichen Tag und der Demokratiesegen möge ertragreich ^^”

      Danke, ich habe nach dem Durcharbeiten am letzten Wochenende gerade zwei Tage mit der Familie und war heute mit zwei Kindern im Gottesdienst zum Volkstrauertag. Und ich bin wirklich unglaublich dankbar für das Glück und den Segen eines Miteinanders, das sich nicht nur aus Liebe, sondern auch aus Hoffnung speist.

      Auch Ihnen Dank und die besten Wünsche für einen gesegneten Tag!

      • Guten Abend Herr @Bume,

        Einen schönen Tag mit ihren Kindern 🙂

        Ich weiß noch das bei einem Buch von Manfred Lütz ebenfalls in der Art Noah Bund erwähnt wurde, nicht direkt aber in der Form das im Prinzip die gleiche Herkunft für alle Menschen geschaffen war. Es gab nicht hunderte verschiedene entstehungslegenden, sondern nur eine einzige, auf die sich alle Berufen konnten.

        Zu der Theozedie:
        Trotz allem Ja zum Leben ist eben nicht nur ein Spruch, Frankl hatte wohl schon Recht. Und gerade wenn man in das Finstere sieht ist eben die Frage, ob all das standhalten kann und man nicht durch all das bricht.

        Wie haben die Schüler darauf reagiert? Gerade in dieser Phase ist ja gerade dieses nicht vorstellen können wie schnell man hineingezogen, wird recht Präsent. Man ist ja immer der Held in der eigenen Geschichte und der lässt sich nicht knechten.

        Wünsche einen schönen Abend, eigentlich wollte ich schreiben : Möge der Demokratiesegen ertragreich sein ^^

        • Vielen lieben Dank, @Berthold Forster – insbesondere auch für das Interesse in den Noahbund als einer mythologischen Antwort auf auch schon damalige Zukunftsängste.

          Schon die zu Recht gegen ihre Feudalherren aufbegehrenden Bauern der Bauernkriege des 16. Jahrhunderts schwenkten auch die noachidische Regenbogenfahne: “Als Adam grub und Eva spann, wo war denn da der Edelmann?”

          Und nach dem Westfälischen Frieden von 1648 wurde in allen (protestantischen wie auch katholischen) Kirchen Europas die Noahgeschichte verlesen, wurden Friedenstaube und Ölzweig, Arche und Regenbogen zu bis heute starken Symbolen des Friedens, der Menschenwürde und der Gleichberechtigung. Deswegen finde ich es sehr legitim, den noachidischen Regenbogen für Mitweltschutz, Bildung, Frieden und Bürgerrechte – auch etwa der LGBTQ+-Bewegungen – einzusetzen, selbstverständlich aber nicht für Antisemitismus. (Im Sem-itismus steckt ja auch ein Sohn des Noah.)

          Perplexity.ai vermag bereits meine Gründe für die wiederholte Thematisierung der noachidischen Bundesmythen zusammenzufassen:

          Dr. Michael Blume sieht im mythologischen Noahbund eine wichtige Quelle für ethische Orientierung und Zuversicht, die auch in einer säkularen Zeit Relevanz und Potenzial hat:

          ## Ethische Grundlage für alle Menschen

          Blume betrachtet den Noahbund als eine universelle ethische Basis, die unabhängig von Religionszugehörigkeit für alle Menschen gilt. Er betont dabei folgende Aspekte:

          – Es geht um eine “geistige Haltung” und “Überzeugungen”, nicht um Gene oder Sprache
          – Zentrale Werte sind Gleichberechtigung, Bildung für alle und der Aufbau eines Rechtsstaats

          ## Quelle von Weltvertrauen und Zukunftsperspektive

          Der Noahbund bietet nach Blume wichtige Ressourcen für eine positive Zukunftssicht:

          – Die Noah-Mythologie soll “Weltvertrauen & Zuversicht” stiften
          – Der Regenbogen als Symbol verbürgt einen “stabilen Zukunftshorizont”
          – Es wird die Zusage gegeben, dass es keine weiteren kollektiven Strafen geben wird

          ## Überwindung von Vorurteilen und Antisemitismus

          Blume sieht im Noahbund Potenzial zur Überwindung gesellschaftlicher Spaltungen:

          – Er plädiert dafür, den Noahbund positiv zu konnotieren, um Vorurteile abzubauen
          – Statt Vorurteile zu wiederholen, sollte man “eine schlechte und unwahre Geschichte durch eine bessere und wahrere Geschichte ersetzen”

          ## Verbindung von Tradition und Moderne

          Der Noahbund bietet nach Blume die Möglichkeit, traditionelle Weisheit mit modernem Denken zu verknüpfen:

          – Er sieht darin Anknüpfungspunkte für verschiedene Berufsgruppen wie Lehrer und Juristen
          – Auch für jüdische Gemeinden kann der Noahbund relevant sein

          ## Ethische Orientierung ohne religiöse Bindung

          Blume betont, dass die Werte des Noahbundes auch ohne religiösen Glauben Bedeutung haben:

          – Die Prinzipien können “historisch, kulturell, psychologisch und philosophisch” betrachtet werden
          – Auch Nichtreligiöse können aus der Weisheit des Noahbundes lernen

          Insgesamt verbindet Blume mit der Thematisierung des Noahbundes die Hoffnung, eine Quelle ethischer Orientierung und Zuversicht für die Herausforderungen einer säkularen Welt zu erschließen. Er sieht darin Potenzial, gesellschaftliche Spaltungen zu überwinden und ein positives Zukunftsbild zu entwickeln, das Tradition und Moderne verbindet[3].

          Citations:
          [1] https://de.wikipedia.org/wiki/Michael_Blume
          [2] https://www.youtube.com/watch?v=Asbv7g3-dmY
          [3] https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/dualitaet-statt-dualismus-rabbi-jesus-und-der-moses-noah-bund/
          [4] https://www.deutschlandfunk.de/religionswissenschaftler-michael-blume-antisemitismus-102.html

  12. @Michael 17.11. 07:17

    „Es kommt doch auch darauf an, „was“ konsumiert wird.“

    Natürlich das auch. Einfach nur die Technik umstellen wird ja nicht immer teurer. Aber wenn es teurer wird, oder wenn es um Aufrüstung gegen Putin und Familienförderung gegen den Kindermangel geht, dann ist hier auch insgesamt am Konsum einzusparen.

    Das kostet dann alles neben Geld auch Rohstoffe und Arbeitszeit. Und angesichts des aktuellen Arbeitskräftemangels ist es dann gerade auch hilfreich, wenn weniger konsumiert wird.

    Es ging jetzt durch die Medien, dass wir erst eine florierendere Wirtschaft brauchen, bevor wir die Herausforderungen angehen können. Das dürfte gerade angesichts des Arbeitskräftemangels eigentlich Unsinn sein.

    Wenn überhaupt, dann brauchen wir mehr Steuereinnahmen, Aufrüstung z.B. kann nicht der Bürger privat organisieren, sondern nur finanzieren. Und da wären nicht die Lohn- und Einkommensteuern zu erhöhen, die sind nun wirklich hoch genug. Da wäre ich mehr für Vermögens- Erbschafts- und Kapitalertragssteuern. Oder ein Bürokratenabbau, das hilft genauso gut, und macht noch Arbeitskräfte frei.

    „Mir geht es darum, dass sich Menschen bewusster und ggf. auch dankbarer für oder auch gegen Produkte entscheiden.“

    Genau das scheint mir auch aktuell das Wichtigste zu sein. Aber generell weniger hilft zusätzlich auch noch.

    „Damit die Zukunftsängste nicht weiter eskalieren und noch möglichst viele Arche-Regionen bewohnbar bleiben…“

    Was dann genau die Perspektive ist, die Mensch auch braucht. Und das Beste ist, dass man hier ganz aktiv selber mitmachen kann. Zumal ja Investitionen in grüne Technik auch nach wie vor intensive Wirtschaftstätigkeit bedeuten.

  13. Die Zukunft ist auch nicht mehr das, was sie einmal war.

    So paradox der Valentin-Spruch ist – ich habe das Gefühl, da ist wirklich was dran. Zur Zeit meiner Kindheit/Jugend/ als junger Erwachsener (80er/90er/00er) war auch nicht nur Friede Freude Eierkuchen.

    Das erste Zeitungstitelblatt, an das ich mich erinnere (ich war in der 1. Klasse – es war die SZ), brachte die Nachricht vom Attentat auf Papst Johannes Paul II. Wir wuchsen auf mit Tschernobyl, Ost-West-Konflikt, nuklearer Bedrohung, RAF-Attentaten, in einem geteilten Deutschland. Später die Irak-Kriege und immer wieder der endlose Nahost-Konflikt, dann 9/11. Für Nostalgie eigentlich kein Anlass.

    ABER es gab immer wieder positive Ereignisse der Weltgeschichte, bei denen man fühlte: Jetzt beginnt eine neue, bessere Zeit.

    Die für jeden erlebbare europäische Einigung: der Abbau der Grenzstationen; der gemeinsame Binnenmarkt brachte Europa in die Supermärkte; der Euro. Die deutsche Einheit natürlich. Ost-West-Entspannung, Glasnost und Perestroika. Für eine Weile dachte man sogar, im Nahost-Konflikt bewegte sich was (Clintons Camp-David-Diplomatie)

    Vielleicht ist es das, was die Zeit gerade so schwer erträglich macht: Ein POSITIVES Ereignis der Weltgeschichte ist lange überfällig, z.B. ein gerechter Friede im Ukraine-Krieg, neuer Schwung in der europäischen Einigung, ein Durchbruch in der globalen Klimapolitik oder oder oder…

    • Vielen lieben Dank, @Hans

      Und, ja, auch ich kann mich noch gut erinnern, dass es neben aller Angst vor dem Kalten Krieg, Terrorismus und Umweltzerstörung eben auch große Zukunftshoffnungen gab – die Menschheit würde den Hunger besiegen, auch durch den Dialog der Weltreligionen zum Frieden finden, Mond und Mars besiedeln usw. Der säkulare Fortschrittsglauben inklusive der Wachstumsversprechen prägte auch mich als Arbeiterkind zu einem christlich Sozialliberalen. Doch der scharfe Rechtsdrift vieler in der Hayek-Gesellschaft und vor allem die erschütternden Erfahrungen im Irak 2015/16 führten dazu, dass mein Fortschrittsglauben erschüttert wurde – verbunden mit dem lähmenden Gefühl, etwa mit den Warnungen zur Klima- und Wasserkrise gar nicht verstanden zu werden. So schrieb ich etwa “Öl- und Glaubenskriege” 2015 oder warb schon 2017 auch hier auf dem Blog für Elektromobilität, prangerte die fossile Finanzierung von Ressourcenfluch-Regimen wie Russland via North Stream 2, auch des Iran und von antisemitischen Terrorgruppen wie Hamas und Hisbollah und die wirtschaftlichen Folgen der demografischen Bevölkerungsimplosion in China an… – und bewirkte mit all dem nur wenig.

      Immerhin hilft mir das frühe Durchleben (und, ja, Durchleiden) der säkularen Zukunftsangst nun, die Ängste und Verlustwut von immer mehr Menschen zu verstehen, die nun im Schnelldurchgang ganz ähnliche, verzweifelte und durchaus schmerzhafte Zeitenumbruch-Erfahrungen machen müssen. Es ist selbstverständlich völlig falsch, aber psychologisch verständlich, dass sich nicht wenige Menschen “vom System” getäuscht fühlen und ihre Ängste und Wut auf Mitmenschen externalisieren.

      Auch in China dringen entsprechende Nachrichten über sowohl politische wie “private” Amokfahrten und Messerangriffe mit teilweise vielen Opfern immer öfter durch die strikte Zensur. MSN meldete heute einen Artikel der Frankfurter Rundschau unter dem Titel: “In der Volksrepublik brodelt es”

      Darin heißt es u.a.:

      “In der Bevölkerung werden durchaus die strukturellen Zusammenhänge der scheinbar willkürlichen Gewaltakte debattiert, und zwar unter dem Schlagwort: „Rache an der Gesellschaft nehmen“. Und diese Rachetaten haben sich zuletzt, im Zuge einer angespannten wirtschaftlichen Lage, gehäuft.

      „Wenn es einen Mangel an Arbeitsplatzsicherheit und einen enormen Überlebensdruck gibt, dann ist die Gesellschaft voller Probleme, Feindseligkeit und Terror“, hieß es in einem Kommentar in den sozialen Medien. Ein anderer User schrieb nach der Tat von Zhuhai: „Wir sollten die tief verwurzelten, sozialen Faktoren untersuchen, die so viele wahllose Angriffe auf die Schwachen in der Gesellschaft begünstigt haben“.”

      https://www.msn.com/de-de/nachrichten/welt/in-der-volksrepublik-brodelt-es/ar-AA1uexhz

      Selbstverständlich habe auch ich keine Glaskugel zur Zukunftsprognose parat. Doch ich gehe davon aus, dass die neuzeitliche Ordnung auf Basis säkularer Nationalstaaten unter wachsenden Druck von innen und außen gerät und teilweise zerfallen wird. Fossile Ressourcenfluch-Regime können noch imperialistische Kriege finanzieren, wogegen sich alternde Demokratien zunehmend vom Rest der Welt abzuschotten versuchen. Wenige Superreiche versuchen schon jetzt in einer Superjacht-artigen Refeudalisierung von der Schwäche der Nationalstaaten zu profitieren, wogegen Solarpunk-Basisbewegungen wenigstens einige Regionen gegen die Klimakrise befestigen und bewohnbar halten. An die Stelle der bisherigen “flachen” Landkarten mit je nach Nationalstaat eingefärbter Fläche durfte ein wachsendes Bewusstsein für Reliefkarten mit Gebirgen, Flüssen und von Extremwettern gezeichneten Gebieten entstehen. Die Qualität nicht nur der Wissenschaften, sondern auch der Wissenschaftskommunikation wird entscheidend für das Wohlergehen, ja die Zukunft ganzer Völker. Prognostiziere ich, mit allen Hinweisen auf vor allem mein, aber auch unser insgesamt beschränktes Wissen…

      Für nicht nur unterhaltsam, sondern auch erkenntnistheoretisch und philosophisch empfehlenswert halte ich die Fallout-Filmserie, leider auf Amazon.

  14. Die meisten Menschen sind nicht böse, sie sind dumm/ignorant und tun deshalb böse Sachen (Bonhoeffer).
    Die meisten wollen nur Frustabfuhr und sind kurzsichtig in ihrem Handeln.
    Für die USA gilt auch, aus dem Film die Verurteilten:
    „Es wurde uns gesagt, wir würden Präsidenten oder Superstars werden. Aber hier sind wir, und wir sind nichts.”
    Die verlorene Zukunft und die Hoffnung, dass es besser wird, ist nicht mehr selbstverständlich.
    Der Film American History X ist auch dafür symptomatisch.
    Der Bruder des Protagonist hält darin eine Ansprache.
    Achtung der Clip enthält rassisische Sprache und zeigt Neonazi die sich zu einer Gewalttat verschwören, wer diesbezüglich sensibel ist, nicht angucken!
    https://youtu.be/lPP8oVeB8Xc?si=oZGa3phlJXP9uNl_
    Zusammengefasst “Alles ändert sich und wir werden zurückgelassen, wir holen uns unser Land zurück”. Ein Opfernarativ ist geschafften und akzeptiert. Damit haben sie sich selbstermächtig, das zu tun was sie wollen.
    Das Resümee des Films ist jedoch:
    “Hass ist Ballast” und das kann ich nur unterstreichen.

  15. Ich bin neu auf diesen Blog gestoßen und muss sagen, die Diskussionen hier haben eine beeindruckende Qualität. Innerhalb von nur 24 Stunden entsteht eine Tiefe, die ich auf anderen Plattformen oft vermisse.

    Ehrlich gesagt hat mich das ein wenig überwältigt – sowohl durch die Vielfalt an Perspektiven als auch durch die Erkenntnis, wie viel Zeit ich bislang auf Plattformen wie Twitter oder YouTube verschwendet habe. Inspirierend zu sehen, wie viel Substanz hier geboten wird und wie produktiv ein Austausch sein kann, wenn nicht alles auf Schlagworte reduziert ist. Ich wünschte ich könnte mehr beitragen als nur ein Kompliment :/

    • Vielen herzlichen Dank, @Tarik – Ihr Druko (Drunter-Kommentar) erfreut und ermutigt mich wirklich sehr! 😊🙏🙌

      Tatsächlich hat es leider sehr lange gebraucht und war dann auch durch Mastodon begünstigt, bis sich nach Jahren mit oft endlosen Streitgesprächen hier schließlich eine konstruktive Dialog-Kultur herausgebildet hat. Ich versuche, jeden Kommentar sorgfältig und ernsthaft zu beantworten und nehme dabei auch – stets markierte und transparente – KI-Beiträge vor allem durch Perplexity.ai zur Hilfe. So möchte ich den Dialog im Fediversum für und um Wissenschaft dialogisch pflegen und erweitern.

      Sie sind herzlich eingeladen, mit Beiträgen zu jedem Ihrerseits gewünschten Thema einzusteigen und damit auch selbst wiederum bleibende Ideen und Impulse in “Natur des Glaubens” einzuspeisen. Sie können sich dazu in aktuelle Blogposts einschalten, aber sehr gerne auch ältere Blogpost-Debatten wiederaufnehmen und neu beleben. (Dieses macht mir sogar besonders viel Freude, weil es die Perspektiven von damals und heute verknüpft.)

      Im Gegensatz zu den Datengräbern der Digitalkonzerne steht auch jeder Ihrer Kommentare menschlichen Interessenten und KI-Crawlern noch auf viele Jahre und ggf. Jahrzehnte zur Verfügung. Dafür bringe ich mich auch weiterhin gerne hier ein.

      Ihnen noch einmal Dank für das Interesse und den Druko, der zum Ende eines langen Tages sehr gut getan hat! 😊🌞🫶

  16. @Michael 17.11. 07:17

    „Damit die Zukunftsängste nicht weiter eskalieren und noch möglichst viele Arche-Regionen bewohnbar bleiben…“

    Jetzt muss man schon unterscheiden. Wenn nur einige Regionen ihre Treibhausgasemessionen abstellen, hält das noch nicht den globalen Klimawandel auf. Der weiterhin natürlich auch in den Archeregionen unaufhaltsam weiter eskaliert. Man weiß dann nur, das man es selber gar nicht mehr zu verantworten hat, und man gibt der ganzen Welt Hoffnung und Beispiel, dem zu folgen.

    Erst wenn das dann global weit genug kommt, geht auch die regionale Erhitzung samt Extremwetter nicht mehr immer weiter nach oben und die dann erreichten Zustände eskalieren wenigstens nicht noch weiter.

    Was der Arche-Region sicher selber hilft sind Anpassungen wie die Schwammstadt, oder eine konsequente Politik für mehr Kindersegen. Genauso wichtig wäre allerdings auch der demokratische Zusammenhalt der auch regionalen Gesellschaft. Und natürlich einen Atomkrieg mit Russland zu vermeiden.

    Und es geht auch um die fossilen Autokraten, dass denen die Einnahmen wegfallen. Hier gilt im Prinzip dasselbe, allerdings könnte schon ein eher moderater Rückgang des globalen Öl- und Gasverbrauchs die Preise dafür purzeln lassen. Das wirkt deshalb deutlich schneller als der Effekt auf das Weltklima.

    Noch ein Grund mehr, endlich aufs Elektroauto umzusteigen. Das spart in erster Linie Öl ein, wo wohl die fossilen Profite derzeit am höchsten sind. Danach kommt dann aber gleich Gas. Deswegen habe ich auch früher schon vorgeschlagen, der heimischen Braunkohle gegenüber Gas noch mehr Vorrang im Strommix zu geben. Zumal die Braunkohlekraftwerke noch etliche Jahrzehnte als Notbackup bereitgehalten werden können, wenn denn eine besondere Mangelsituation eintritt, während der die Gasspeicher leer laufen könnten. Die Braukohle dafür kann man sehr gut langfristig auf Halde lagern.

    Das verursacht zwar mehr Treibhausgase, dafür wirkt es aber sofort gegen Putin. Und das langsame Ansprechen der Kohlekraftwerke bei Lastwechseln wird sich voraussichtlich schon in ein paar Jahren durch mehr Netzbatterien inclusive der angeschlossener Batteriefahrzeuge ausgleichen lassen. Die braucht man vor allem, um die täglichen Schwankungen der Solarstromerträge auf den ganzen Tag zu verteilen, aber die können genauso gut auch helfen, das langsame Ansprechen der Kohlekraftwerke auszugleichen.

    • Ja, @Tobias – dass die globale Erhitzung durch regionale Einsparungen von Treibhausgasen allenfalls gebremst, aber nicht aufgehalten werden kann, sehe ich selbstverständlich auch so. Es gilt ja sogar leider umgekehrt, dass der fortschreitende Verlust beispielsweise des Amazonas-Regenwaldes auch globale Auswirkungen hat. Derzeit rasen wir auf eine globale Erhitzung von eher 3 Grad Celsius zu, die in Gebirgsregionen einschließlich des Alpenraumes durchaus katastrophale 5 bis 6 Grad annehmen könnte. Wir sitzen als Menschheit nicht nur in einem Boot, sondern in einer Arche.

      Was jedoch regional durchaus geschehen kann und teilweise auch bereits geschieht ist die Steigerung der sog. Klimaresilienz vor allem durch Infrastruktur von Hochwasserschutz über Schwammstädte bis hin zu Gewächshäusern. Auch Dein Steckenpferd – den freiwilligen Konsumverzicht – würde ich hier sehen, insofern Verschwendung reduziert und etwa deuentrale, erneuerbare Friedensenergien, Recycling sowie regionale Pflanzenkost in Richtung Kreislaufwirtschaft gestärkt würden.

      Ein gestriger Tagesschau-Bericht aus Brasilien über ausbleibende Hilfen des Nationalstaates gegenüber von der Klima- als Wasserkrise gezeichneten Extremwetter-Bundesstaaten scheint darauf hinzuweisen, dass sich die Schere zwischen demografisch ausdünnenden und investitionsfähigen Regionen bereits zu öffnen beginnt. Das Szenario von Solarpunk-Arche-Regionen bedeutet also nicht, dass die globale Erhitzung regional gestoppt werden könnte, sondern dass die restlichen Menschen jene Regionen bevorzugen werden, in denen Klimaresilienz ein Weiterleben erleichtert. Mit Freude entnahm ich der gestrigen Berichterstattung auch, dass die Zahl derjenigen steigt, die zur Aufnahme von Arbeit und Ausbildung nach Deutschland einreisen konnten. Das ist nicht nur humanitär, sondern auch demografisch und wirtschaftlich eine gute Nachricht, übrigens auch für die Stabilität der Altersversorgung!

      Zuletzt ist mir wichtig zu betonen, dass jede Solarpunk-Tat nicht nur Mitweltschutz, sondern auch Erfahrungen von Selbstwirksamkeit bedeutet. Wer beispielsweise eine Solaranlage installiert oder ein Elektroauto angeschafft hat, wird sich gegenüber der bedrohlichen Zukunftsangst und Verlustwut auch psychologisch besser behaupten können als jene, die in Reaktanz und Wissenschaftsleugnung verharren. Wir Europäer können die Wahl von Trump nicht ungeschehen machen, aber durchaus unsere Importe an Erdöl und Erdgas reduzieren sowie neuen, post-fossilen Technologien einschließlich dem Fediversum zum Durchbruch verhelfen. Niemand kann alles, aber alle können etwas tun.

  17. @Michael 18.11. 05:06

    „Das Szenario von Solarpunk-Arche-Regionen bedeutet also nicht, dass die globale Erhitzung regional gestoppt werden könnte, sondern dass die restlichen Menschen jene Regionen bevorzugen werden, in denen Klimaresilienz ein Weiterleben erleichtert.“

    So viel Konzentration von Menschen würde ich jetzt allerdings nicht unbedingt anstreben. Wenn die Leute nicht mehr wissen, wie sie in ihrer Heimat leben sollen, muss man aber wohl drüber nachdenken.

    Solarpunk sollte sich wirklich global und flächendeckend ausbreiten, das wäre jetzt eher mein Ziel. Der Klimawandel mag wirklich in vielen Regionen die Nahrungsmittelproduktion recht unsicher machen. Nahrungsmittel kann man aber sehr gut transportieren, und unsere moderne Agrartechnik braucht kaum Arbeitskräfte. Und ich vermute, das auch Afrika demnächst technisch aufholt, und sich auch moderne Landmaschinen leisten kann. Gleichzeitig wären gerade in Afrika noch riesigen Agrarflächen frei, die derzeit nur sehr ineffektiv genutzt werden.

    Entscheidend wird eher sein, ob man ein Urbanes Leben hinbekommt, zu dem in den heißen Gegenden neben städtebaulichen Maßnahmen auch Klimaanlagen gehören, meine ich zumindest. Die wirtschaftlichen und auch politischen Verhältnisse halte ich für entscheidend, ob man da wohnen bleiben kann, oder ob man versucht nach Europa zu kommen.

    Eine globale Erhitzung von durchschnittlich 3° bedeutet für den Alpenraum 5° bis 6°, für die inneren Tropen aber nur 2°. Das macht schon einen Unterschied. Und neue Wohnbebauung kann man konsequent aber recht einfach auf höherem hochwassersicherem Terrain errichten. Insbesondere, wenn man sowieso flächendeckend neu baut.

    Gerade wenn man gar nicht erst alles auf Privatautos ausrichtet, sondern gleich in ein teils selbstfahrendes Sammeltaxisystem einsteigt, dann hat man revolutionäre städtebaulichen Möglichkeiten, weil die sonst nötigen riesigen Parkplatzflächen wegfallen.

    Angesichts des Potentials für Bildung in Afrika, was derzeit mit KI technisch möglich wird, würde es mich nicht wundern, wenn schon in 20 Jahren die Menschen in Afrika sich Verhältnisse aufgebaut haben, mit denen sie wirklich gut leben können. Und das nicht ohne Solarpunk, dass gehört dann vermutlich zu einem florierendem Leben einfach dazu. Weltweit verbreitet.

    Es wären eher Gegenden die Ausnahme, in denen man immer noch an fossiler Energie festhält oder in unzumutbaren sozialen Verhältnissen leben muss.

  18. Daten und Fakten zum säkularen Zeitenumbruch heute (5.6.2024) auch in der Stuttgarter Zeitung, 📰, S. 6 („Baden-Württemberg“).

    Im Artikel „Krieg und Krisen machen Kindern Angst“ berichtet Regina Warth zur COPSY-Längsschnittstudie u.a.:

    „Demnach beurteilt jedes fünfte Kind (21 Prozent) im Alter von 7 bis 12 Jahren sein Wohlbefinden als eher schlecht, es zeigt Angstsymptome und psychische Auffälligkeiten.

    Es ist vor allem die Verunsicherung angesichts politischer und ökologischer Krisen, die seit der Pandemie stärker in das Bewusstsein der Heranwachsenden rücken: 72 Prozent machen sich demnach große Sorgen in Bezug auf Kriege.

    Nicht hilfreich sei zudem, dass Kinder und Jugendliche derzeit soziale Medien sehr stark nutzten. So bekämen sie einerseits Nachrichten aus der Welt relativ ungefiltert, andererseits erführen sie eher Ausgrenzung und Mobbing. Viele Kinder fühlten sich auch deshalb alleine.“

    Kann das so voll bestätigen. Und empfehle, dass wir uns die Ergebnisse des Verbotes antisozialer Medien für Unter-16-jährige in Australien 🇦🇺 anschauen.

    Nach meiner Erwartung werden jene Jugendlichen aus v.a. bürgerlichen Familien, die das Verbot umsetzen, eher profitieren. Dagegen werden jene jungen Menschen, die das Verbot umgehen, tendenziell weiter in den Zeitenumbruch stürzen.

Schreibe einen Kommentar