Entstehung und Bedeutung der Alphabetisierung – Die Doku Imprimatur

Warum ist das Judentum so wirkmächtig geworden – und entfielen etwa 20 Prozent aller jemals verliehenen Nobelpreise an jüdische Ausgezeichnete, bei einem Anteil an der Weltbevölkerung von 0,2 Prozent? Für die Antwort darauf sind weder Genetik noch Verschwörungsmythen notwendig, sondern schlicht ein wissenschaftlich aufgeklärtes Bewusstsein für die Macht von Medien: Das Judentum war die erste Religion der Alphabetisierung. Der Noahsohn Sem (hebräisch Schem = Name) gilt schon im Talmud nicht als Begründer einer “Menschenrasse” (die es weder im Judentum noch in den modernen Wissenschaften gibt) oder von Sprachen, sondern als Stifter des ersten Lehrhauses, der ersten Schule in Alphabetschrift zu Jerusalem. Der Begriff der Bildung entstammt direkt der Thora (der Mensch sei “im Bilde G’ttes geschaffen”) – und jede rabbinisch-koschere Thorarolle besteht bis heute aus 304.805 von Hand geschriebenen Alphabet-Buchstaben. Auch die auf das Judentum folgenden Religionen wie Christentum, Islam und Bahaitum sowie fast alle nichtreligiösen Weltanschauungen (Liberalismus, Nationalismus, Marxismus usw.) stützen sich ganz selbstverständlich auf Alphabetschriften.

Nun habe ich all das schon oft in Büchern und Blogposts beschrieben, auch in kurzen Videos (s. hier) erklärt und in Podcasts besprochen. Doch ich freute mich umso mehr, als ich auf eine Doku-Reihe zur “Saga der Schrift” hingewiesen wurde, die oft nach der zweiten Folge als “Imprimatur” abgekürzt wird. Gleich die – folgend eingebundene – erste Folge erkundet und beschreibt die Entstehung des Alphabetes auf dem Sinai durch Menschen aus Kanaan eindrucksvoll. Auch meinem jüngsten Sohn (11) konnte ich so die Bedeutung der Schriften und konkret Alphabetschriften für die Menschheitsgeschichte filmisch neu erschließen.

Hier ein YouTube-Video dieser m.E. äußerst empfehlenswerten Doku:

In “Warum der Antisemitismus uns alle bedroht” (Patmos 2019) konnte ich auf religions- und medienhistorischer Basis also beschreiben, wie sowohl die Alphabet-Traditionen des Semitismus wie auch die dagegen neid-, angst- und hasserfüllten Verschwörungsmythen des Antijudaismus und später Antisemitismus entstanden.

Alphabet-Bücher zur Entstehung und Verbreitung des Antisemitismus (rechts), zur digital beschleunigten Verbreitung von Verschwörungsmythen (mittig) und zur Krise des Islams aufgrund des Buchdruck-Verbotes arabischer Alphabetbuchstaben ab 1485. Foto: Michael Blume

Die Auswirkungen der vollvokalisierten, in der jüdischen Tradition mit dem Noahsohn und also Sem-Bruder Japhet identifizierten, griechisch-europäischen Alphabete erkundete ich schließlich in “Rückzug oder Kreuzzug?” zur (Medien-)Geschichte des Christentums. Unter anderem erklärt diese Alphabetform die spezifische Form der Kirchen (in die Menschen bis heute hineingetauft werden müssen, wogegen in fast allen Weltreligionen eine mutter- oder vaterrechtliche Geburt reicht) und vor allem die weltweit einzigartige Vielfalt und Länge christlicher Glaubensbekenntnisse, über die sogar Spaltungen und Gewalt eskalierten.

Und weil auch diese Befunde crossmedial werden sollten, hier ein Podcast-Gespräch dazu mit Jay & Gofi von Hossa-Talk:

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Dr. Michael Blume studierte Religions- und Politikwissenschaft & promovierte über Religion in der Hirn- und Evolutionsforschung. Uni-Dozent, Wissenschaftsblogger & christlich-islamischer Familienvater, Buchautor, u.a. "Islam in der Krise" (2017), "Warum der Antisemitismus uns alle bedroht" (2019) u.v.m. Hat auch in Krisenregionen manches erlebt und überlebt, seit 2018 Beauftragter der Landesregierung BW gg. Antisemitismus. Auf "Natur des Glaubens" bloggt er seit vielen Jahren als „teilnehmender Beobachter“ für Wissenschaft und Demokratie, gegen Verschwörungsmythen und Wasserkrise.

83 Kommentare

  1. Meiner Meinung nach ist der Grund für die besonders ausgeprägten geistigen Leistungen der Juden, dass sie sich frühzeitig gegen das „Recht des Stärkeren“, sondern für die „Stärke des Rechts“ entschieden haben. Derartiges kann allerdings zur „Rechthaberei“ ausarten. Die Schrift war sicherlich auch wichtig.

    Aber das wichtigste scheint mir, war und ist noch immer, das alltägliche intensive und „harte Training“, wenn sich die Juden gegenseitig, zwar nicht mehr mit der Faust bekämpfen, dafür aber sich sozusagen noch immer die „Gesetzbücher um die Ohren schlagen“. „Sieger“ ist derjenige, der durch hartes Training am raffiniertesten alle in „den Boden argumentiert“, oder sich kurzerhand die „öffentliche Meinung“ und das Recht „kauft“, wie z.B. die „Abmahner“.

    Die kooperierenden „Meinungsmacher“ in den Medien, die natürlich ihr „eigenes Süppchen kochen“, dürften aber zunehmend auf den Widerstand der „Querdenker“ stoßen (Trump).

    Der alltägliche Kampf, fast schon „Jeder gegen Jeden“ führte offensichtlich, abgesehen vom „Intelligenztraining“, zur inneren Zerrissenheit im Volk, zur Diaspora und letztlich auch zur Abspaltung des Christentums.

    Einigen Juden hingen offensichtlich die andauernden Konfrontation zum Hals heraus und ihre besten „Werbefritzen“ schufen den vermutlich ersten und erfolgreichsten „Werbegag“ der Geschichte, „die andere Wange hinzuhalten….”

    Sarkastisch könnte man meinen, die Islamisten mit ihrem Terror, „erzwingen“ den Zusammenhalt der Juden und tun ihnen damit einen Gefallen.

    Ich frage mich, ob nicht mehr Kooperation statt Konfrontation zweckmäßig wäre. Geistiges Training ist allerdings immer gut….

    • Die Auseinandersetzung mit dem alphabetisch-verschrifteten Recht schloss im Judentum schon von frühester Zeit sowohl nichtjüdische Menschen wie auch Tierrechte ein, @Realo:

      https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/adam-und-eva-waren-vegetarier-ueber-juedische-tierethik-und-massentierhaltung/

      Erwähnen möchte ich zudem auch, dass die Republik Israel von 1948 bis heute eine rechtsstaatliche Demokratie geblieben ist. Auch nicht fehlerfrei, aber doch z.B. mit arabischen, christlichen und muslimischen Abgeordneten, Richter:innen auch im Obersten Gerichtshof usw.

      Dass es “innere Zerrissenheiten” noch viel stärker in den christlich geprägten USA gibt, haben Sie ja bereits selbst erwähnt. Ein weiteres Beispiel für die weltweite Verbreitung des Freund-Feind-Dualismus wäre die Türkei. Vgl. zum Thema ein DLF-Interview:

      https://www.deutschlandfunkkultur.de/rueckzug-oder-kreuzzug-100.html

      Hinweise auf eine besondere Neigung zu “Konfrontation statt Kooperation” im Judentum kann ich mithin der jüdischen Geschichte nicht entnehmen. Die Wucht der Alphabetisierung scheint mir die Befunde sehr viel besser zu erklären.

    • “frühzeitig gegen das „Recht des Stärkeren“, sondern für die „Stärke des Rechts“ entschieden haben.”

      Scheint aber nur die eigene Glaubensgemeinschaft zu betreffen.
      Da ist Europa weiterentwickelter,
      nachdem im alten Griechenland das auch nur für “Bürger” (wenn männlich) galt.

    • Das hier :

      -> https://de.wikipedia.org/wiki/Auge_für_Auge

      … ist vom sog. Faustrecht abweichend Verhältnismäßigkeit meinend.
      Es wird der Angreifende, der ehemals angegriffen Habende nicht mehr im Rahmen des sog, Faustrechts getötet, sofern möglich, es wird auch nicht mehr Sippenhaft ausgeübt, sondern es wird vergleichsweise Schädigung bearbeitet, die vielleicht auch durch irgendeine Zahlung (Geld, Vieh, Sache insgesamt) abgewendet werden kann, kompensiert werden kann.

      Dr. Webbaer will nicht sagen, dass dies auch nicht in anderem religiösen-ethnischen Verbund möglich war, es wird so aber als religiöse Forderung eine rechtliche Neuerung bereit gestellt.
      Dezidiert vom : Judentum.

      Eine Folge war sicherlich, dass sich Juden gegenseitig auch streng sprachlich bearbeiten konnten, ohne dass einer “ausflippte” und tätlich werden konnte, denn dann wäre dann der Thora widersprochen.
      Dem Tanach letztlich.

      Denkbarerweise ist es so :

      Der alltägliche Kampf, fast schon „Jeder gegen Jeden“ führte offensichtlich, abgesehen vom „Intelligenztraining“, zur inneren Zerrissenheit im Volk, zur Diaspora und letztlich auch zur Abspaltung des Christentums. [Kommentatorenfreund ‘Realo’]

      … dass es erst das Christentum, als nachwachsende Wurzel sozusagen des Judentums geschafft hat, so anders auszukommen.
      Die Liebe des Nächsten, das De-Eskalationsprinzip, die Nichtunterscheidung von Juden bzw. Christen (das Christentum war anfänglich als Juden missionierend unterwegs), vgl. :

      -> https://en.wikipedia.org/wiki/Cornelius_the_Centurion

      …meinend, vom Apostel Peter.

      FYI
      Dr. Webbaer

      • Bonuskommentar hierzu :

        Der alltägliche Kampf, fast schon „Jeder gegen Jeden“ führte offensichtlich, abgesehen vom „Intelligenztraining“, zur inneren Zerrissenheit im Volk, zur Diaspora und letztlich auch zur Abspaltung des Christentums.

        Die Verstreuung von Juden (“Diaspora”) ist auch heute noch festzustellen, dies liegt daran, dass sie besonders identitär und nationalistisch waren und sind, der Grund, ein Grund, dafür dürfte so korrekt beschrieben sein :

        -> https://de.wikipedia.org/wiki/Jüdischer_Krieg#Folgen (die alten Römer waren hier streng)

        MFG
        WB

        • Moment, @Dr. Webbaer – ich fürchte, hier verrutscht etwas: Daran, dass die in Ihren Worten „strengen“ Römer Israel besetzten, Jerusalem zerstörten, Zehntausende in die Sklaverei verschleppten (vgl. Titus-Triumphbogen neben dem Kolosseum) seien also die Juden Schuld? Weil sie „besonders identitär und nationalistisch“ waren?

          Also haben die Israeliten Italien angegriffen, Rom zerstört und Zehntausende verschleppt und versklavt? Oder haben Sie gerade mal wieder die beliebte Täter-Opfer-Umkehr versucht? Plus noch ein wenig sozialdarwinistisches Spiel a la „Verfolgungen verbesserten die Gene“?

          Mit tadelnden Grüßen…

          • Moment, um ‘Schuld’ ging es dem Schreiber dieser Zeilen nicht, sondern nur um die Zähigkeit der Juden seinerzeit, die drei Aufstände gegen die “großen Römer” wagten und unterlagen.
            Zu den Kriegsfolgen des dritten Aufstands weiß die bekannte Online-Enzyklopädie wie folgt einzuschätzen :

            -> https://de.wikipedia.org/wiki/Bar-Kochba-Aufstand#Folgen_für_die_Besiegten (‘Die römische Provinz Judäa wurde in Syria Palaestina umbenannt und behielt diesen Namen bis zur Eroberung durch die Araber im 7. Jahrhundert. Iudaea war allerdings eine römische Begriffsprägung gewesen und keine Selbstbezeichnung der Einwohner. Sowohl die Bar-Kochba-Administration als auch die Mischna verwendeten stattdessen den Begriff Israel.[130] Die Umbenennung der Provinz ist ein ungewöhnlicher Vorgang. Das Römische Reich schlug zahlreiche Aufstände in seinen Provinzen nieder, aber in keinem anderen Fall kam es zu einer derartigen Sanktion.’ + ‘Die rabbinische Literatur enthält zahlreiche Hinweise auf eine Verfolgung der jüdischen Religion unter Hadrian. Schäfer gibt zu bedenken, dass die Informationen umso detaillierter werden, je weiter die Texte vom historischen Ereignis des Bar-Kochba-Aufstandes entfernt sind. Die Mischna erwähnt ein Verbot von Beschneidung und Tefillin, die Tosefta ein Verbot der Tora, der Megilla, der Sukka und der Mesusa. Dies sind die ältesten Quellen. Diese Texte spiegelten wahrscheinlich, so Schäfer, eine Situation während des Krieges oder danach, in der es gefährlich war, als Jude erkannt zu werden.’)

            Dr. W hat zudem im obigen Kommentar “29.08.2022, 19:51 Uhr” unsere jüdischen Freunde als (Mit-)Wegbereiter heutiger Zivilisation deutlich(st) gelobt, oder?

            Mit freundlichen Grüßen
            Dr. Webbaer (der nicht beabsichtigt hatte Christen Juden gegenüber zu stellen, da hat er sich wohl schlecht ausgedrückt, also so war’s weiter oben nicht gemeint, gar parteiisch sich auf eine Seite stellend – danke für Ihre Ergänzung, lieber Dr. Blume, der Kommentar “29.08.2022, 20:05 Uhr” liest sich heute auch für Dr. W nicht mehr so gut)

  2. Das Judentum ist Versagertum, wie das Christentum und die anderen Religionen auch (die sich mangels wirklicher Wahrhaftigkeit und nachahmenswertem Vorbild auch hauptsächlich der Schuld- und Sündenbocksuche und somit der Konfusion widmen/bedienen, während gleichzeitig im “freiheitlichen” Wettbewerb der Geschäfts-UNsinn …) – Würde sich dieses pseudo-/möchtegernreligiöse Volk grundsätzlich als Israelis definieren, wären sie einfach auch nur Imperialisten des wettbewerbsbedingten Faschismus und würden in der Rangliste des Hasses wohl weit hinter den USA stehen!?

    Aber als “auserwähltes Volk”, welches seiner Verantwortung zur Entwicklung der Vernunftbegabung in ebenbildliche Vernunft des Geistes die/der Gott ist / des universellen Zentralbewusstseins der Schöpfung nicht nachkommt (nur mit herausragenden Einzel-Leistungen, wie die Entwicklung der Ideologie des Sozialismus, die aber auch annähernd und deshalb ohne Unterstützung war, weil nicht der fehlerhaften religiösen Doktrin entsprechend!), ist es wie überall in dieser Welt- und “Werteordnung” des geistigen Stillstandes: Dumm und gleichermaßen bewusstseinsschwach, auf dem Weg aller denkbaren …losigkeiten zurück in die Seele des Geistes, ohne dem Sinn des Lebens …!?

    So habe ich berechtigte Zweifel, dass die zwölf Stämme wenigstens 144000 auf dem Berg Zion zu stehen haben, am Ende der Vorsehung / der “göttlichen Sicherung” – Das wird definitiv wohl realistischer eine Mischung aus allen Völkern dieser Welt sein.

    Der Fehler dieser Religion, die wahrscheinlich mit “auserwählt” schon zu hoch “gegriffen” hat, liegt vielleicht daran, dass sie sich so von Anfang an im Wettbewerb begründet haben und deshalb nur …!?

    • Meine Güte, @hto. Wenn Sie aufzeigen wollten, dass schon der Hinweis auf die Bedeutung der Alphabetisierung ausreicht, um Antisemitismus (inklusive Antizionismus) sichtbar zu machen, dann ist Ihnen das gelungen…

      Laut jüdischer Bibelauslegung gibt es zwei Gottesbünde: Den Mosesbund – in dem Jüdinnen und Juden stünden – und den Noahbund, der alle Menschen einschließt. Ihre Aggression gegen das “auserwählte” Volk wie auch gegen das “Versagertum” des Christentums können Sie sich also sparen. Hier ausführlich:

      https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/verschwoerungsfragen-46-ueber-impfungen-und-erwaehlung-im-judentum/

      Und, nein, ich werde hier jetzt erst einmal keine Ihrer Schimpforgien mehr freischalten. Bevor Sie hier wieder kommentieren dürfen, regen Sie sich bitte erst einmal ab…

      • Tja, wenn Du wirklich ein fähiger Religionswissenschaftler und somit ein wahrhaftiger Gläubiger der jüdisch-biblischen Philosophie wärst, dann müsstest Du mir recht geben, da bin ich absolut sicher. 👋😎

        • Klar doch, @hto: Alle außer Ihnen – auch alle Religionswissenschaftler, die Ihnen zu widersprechen wagen – verkörpern “Versagertum”. 🙂

          Ihnen gute Besserung, vor allem weniger Arroganz und weniger Hate. 🙂

  3. Meine Güte @Michael Blume,das ist Aufklärung.
    An der Stelle,wo Sie das angesprochene binäre zwischen Dualismus und Monismus versuchen zu erklären,musste ich schmunzeln.
    Das ist die Stelle, wo ich gut vs böse als komplementär im Monismus ansehe,wie Zeit und Raum, Kooperation und Konkurrenz, Tat und Opfer, Erfolg und Misserfolg, Sieg und Niederlage,Mut und Angst, Macht und Ohnmacht,Liebe und Hass usw. .
    Ich halte einen Komplementären Monismus für die Vorrausetzung Ihres Dialogischen Monismus!!! Und bin deshalb ebenfalls sehr stark bei Sacks und Popper.

    • Vielen Dank für die Ermutigung und das Interesse, @Mussi!

      Anfang September möchte ich zu Ernst Haeckel und der Weiterentwicklung des Monismus seit dessen “Monistenbund” bloggen. Von dort wird es über Buber und Popper weitergehen. Ihnen Dank für die interessierte und konstruktive, mediale Wegbegleitung!

  4. @Blume

    Bin gespannt,was heraus kommt,wenn Sie Monismus=Selbst setzen und daraus einen Dualismus entwickeln … 😉

  5. @Blume

    Sie Moderatorenfuchs…sie verfälschen Kontexte zwischen Uhrzeit und Reihenfolge… geschenkt … 😉
    Aufmerksame sehen Diaktik…

    • Nein, lieber @Mussi, ich „verfälsche“ nicht, sondern versuche geduldig Kommentare zu beantworten. Dass ich mich selbst über den Zeiteinsatz hinaus mit Klarnamen präsentiere, allen Kommentierenden aber Pseudonyme gestatte, bitte ich auch zu berücksichtigen. 🙂

        • Danke, @Mussi – das habe ich auch gerade bei Ihnen nie so empfunden. Ich gehe immer wieder gerne auf Ihre Kommentare ein, da Sie ernsthaft interessiert & auch bei Kritik konstruktiv sind.

          Vielen herzlichen Dank dafür! 🙏📚🖖

  6. Klingt nach Tolkien, wo das Volk der Zwerge identisch ist mit dem Volk der Bergleute. Oder nach der Moderne, wo die Deutschen das Volk der Autobauer sind. Ist so der Grund, warum völkisches Denken entstanden ist – früher spezialisierten sich ganze Ethnien auf bestimmte Berufe, die Sprache war gleichzeitig der Fachjargon. Heute verschwimmen die Grenzen, jeder kann Oskars gewinnen und Autos bauen, in der Weltreligion Nation will jeder Staatsgott alle Kompetenzen in sich vereinen. Die Juden waren einst so das Darknet, unterhalb der isolierten lateinischen, griechischen, arabischen Internets, die ähnlich abgetrennt waren, wie heute Westen, Russland und China, und, genau wie das Darknet heute, wurden sie von den zensurwütigen Behörden misstrauisch beäugt.

    Anders gesagt, heute werden die meisten Bücher vom Volk der Schriftsteller geschrieben, und es findet ein globaler Genozid am Volk der Mordopfer statt. Juden waren halt selten Sklaven, Leibeigene, Bauern, die nicht lesen und schreiben mussten. Aber sie wurden von ihnen durchgefüttert. Hätte sich das Judentum durchgesetzt, wären diese Sklaven, Leibeigenen, Bauern, auch Mitglieder, gälten heute vielleicht die Christen oder Moslems als die Religion des Buches. Und während es bei den Juden heißen würde: Viele schickten ihre Kinder zur Schule, um Lesen und Schreiben zu lernen, während die Meisten was Anderes machten – würde bei den Anderen jeder Alphabetisierungs-Ansatz in der Geschichte gehypt. Man merkt die Folgen der Spezialisierung noch, doch die Trennung von Ethnie und Job dürfte sie nach und nach schwinden lassen. Das heißt, die Juden werden zwar den Sonderstatus verlieren und in der Masse der Völker unsichtbar werden, doch damit wird auch der Antisemitismus nachlassen. Schon heute macht man sich ziemlich lächerlich, wenn man Banker mit Juden gleichsetzt.

    Ich komme halt aus dem Vielvölker-Osteuropa, das sehr nach Tolkien riecht, bis man genauer hinschaut und merkt, dass man doch wohl nur in einen Hundehaufen reingetreten ist, wo Juden nie ein Fremdkörper waren, sondern stets fester Bestandteil der Gesellschaft. Ohne sie, ohne Tataren, Deutsche, Armenier, zum National-Getto degeneriert, wirkt ein Land wie Polen irgendwie kaputt, verarmt und sich selbst fremd. Natürlich hat’s Vorteile, wenn die Grenzen verschwimmen, wenn das Volk der Ballerinas und das Volk der Seeleute alle Englisch sprechen, das ermöglicht den Austausch von Informationen, Fähigkeiten und Personal, all der hässlichen Entlein, deren Talente in einer anderen Berufsgruppe eher zur Geltung kämen. Ohne die wirtschaftliche Grundlage werden Religionen, Sprachen, Ethnien zur Dekoration. Und sie bekommen die gleichen Probleme, ihre Existenz zu rechtfertigen, wie alle Künstler.

    Das Judentum unterscheidet sich von Christen, Moslems, Buddhisten, durch die biologische Art der Fortpflanzung. Macht halt schon einen Unterschied, ob man einen Balg neun Monate ausbrütet und dann noch großziehen muss, oder ob man mit dem Schwert an der Kehle kurz ein Sprüchlein aufsagt oder sich mit Wasser bespritzen lässt, in einem Abwasch mit seinem ganzen Staat. Religionen, die auf memetische Fortpflanzung setzen, sind so was wie Fastfood, ähnlich wie auch der Erfolg der Lautschrift-Alphabete auf ihrer Einfachheit beruht. Oder wie Erfolg und Scheitern der globalen McWirtschaft darauf beruhen, dass Geldgeschäfte sehr einfach sind, doch auch so einfach, dass die Realwirtschaft lästig wird, und man lieber mit Brötchen-Gutscheinen handelt, als mit Brötchen, weil die sich schneller mehren lassen. Ähnlich haben McReligionen, religiöse Strömungen und Weltanschauungen, die auf Heuchelei und Gebete setzen, stets einen Vorteil vor solchen, die auf guten Taten und Selbstdisziplin basieren. Zu viel Esoterik, zu wenig Konkretes, tut keinem gut.

    Heute sehen wir andere Formen der Spezialisierung. Die Polen und Ungarn, die Kaczynski oder Orban nicht wählen, tun es mit den Füßen – sie sind in die Blaue Banane ausgewandert und lernen vor allem Englisch oder Deutsch. Das Zentrum der europäischen Wirtschaft ist ein krummer Fleck von England bis Norditalien, der zieht die besten Leistungsträger an, weil es hier das meiste Geld zu verdienen gibt. Im Umland bleiben die Zulieferer, die mit der ganzen Welt konkurrieren müssen, und vor allem Leistungsträger Klasse B und C – die Region wird zum Hinterland, wenn die Blaue Banane die Stadt ist, liegen dort die verfallenden Dörfer. Betteln und Schutzgelderpressung werden zum wichtigen Wirtschaftszweig, und genau das ist, worauf sich die Nationalisten spezialisiert haben. Stellen Sie sich einfach Banden schmutziger Straßenkinder vor, die einen dicken Millionär mit Zigarre und goldener Uhr umschwärmen, stets angeführt von einem Peter Pan, der ihm die meisten Almosen abringen kann, dann haben Sie’s.

    Die Nationalisten wissen, dass sie todgeweiht sind, und versuchen im Grunde das Gleiche, was die Juden gemacht haben, um zu überleben: Sie unterrichten, betonen das, was sie für Identität, Geschichte halten, überzeichnen die Unterschiede, werden zu einer Karikatur ihrer selbst, um sich nicht ausbluten und vereinnahmen zu lassen. Durchhalten um jeden Preis. Doch anders als einst die Juden, finden sie keinen Job, auf den sie sich spezialisieren können. Was einst Sprachen und Kulturen waren, verkommt zu Slang und Spleens von Hinterwäldlern.

    Macht halt mehr Sinn, Geld zu streuen, als die Wirtschaft. Ist teurer, einen Laster von A nach B zu schaffen, als etwas Strom durch ein Kabel zu schicken, also sparen wir uns lieber die Laster. Sind ja auch so genug, die die Autobahnen verstopfen.

    Weil’s der Blauen Banane auch nicht so toll geht, weil die Wirtschaft schreiend vor Arbeiterrechten und angemessenen Löhnen zu Ländern wegläuft, die aus Not genügsamer sind, braucht sie ihr Geld, um die eigenen Bettelkinder durchzufüttern, da bleibt fürs Umland nicht viel übrig. Also werden die Nationalisten immer aggressiver, radikaler und fordernder. Hat auch was mit Antisemitismus zu tun, jede jüdische Stiftung, jede Überweisung nach Israel, machen die Juden zu Nahrungskonkurrenten.

    Wir beide haben sehr unterschiedliche Herangehensweisen, sehr ähnliche Ansichten zu hegen. All die Kulturen, Alphabete, schönen Kirchen, Sprachen, all das läuft mit Brötchen. Brötchen entscheiden, ob man Monist oder Dualist wird, sie entscheiden, was lebt und was stirbt, wie sich all das entwickelt, ob es sich treu bleiben kann, oder neue Wege suchen muss. Wenn die Wirklichkeit nicht zwischen Wirtschaft und Kultur trennt, sollte es die Wissenschaft auch nicht.

    Ein Beispiel meiner verworrenen Gedankengänge ginge so: Was Israel mit den Palästinensern anstellt, ist abscheulich, wie die Palästinenserführung damit umgeht, auch, doch wenn es weiterhin fortfährt, einer Milliarde Muslime ans Bein zu pinkeln, kriegt Europa wenigstens seine Juden zurück. Mir wäre das den Preis nicht wert, mir wäre lieber, wenn Israel bleibt, wo es ist, und sich eine friedliche Lösung findet. Dann kann ich ja froh sein, dass die Israelis über ihr Schicksal entscheiden und nicht ich. Doch wenn in Europa die Verteilungskämpfe toben, nützt mir das auch nichts, denn dann werden die israelischen Flüchtlinge zusammen mit allen anderen auf Moira und Lesbos zum Verrotten eingepfercht. Da wäre es doch besser, Europa kriegt seinen Kram auf die Reihe, denn es hat ein Interesse an guten Beziehungen zu Juden wie zur islamischen Welt, also könnte es im Konflikt Druck ausüben, damit endlich Frieden einkehrt. Dann kriege ich die Juden zurück, indem sie nicht von Bomben in Stücke zerfetzt werden, sondern fruchtbar sind und sich so sehr mehren, dass sie ihren Bevölkerungsüberschuss in meiner Nachbarschaft entsorgen. Vielvölkerreich, Kultur, Sprachen, Alphabete, Kunst, Tradition, Wandel, Eingeborene, Immigranten, neue Strömungen, Teilung und Verschmelzung, Sekten-Gettos und Öffnung, alle gehen sich gegenseitig auf den Sack und versuchen, einander zu übertrumpfen, suchen ihren Weg zwischen all den Möglichkeiten, neue Ideen, Blüte, und mittendrin ich, der das alles total zum Kotzen findet und gar nicht weiß, wen er als Nächsten durch den Kakao ziehen soll. Alle haben gewonnen, bis auf die, die keinen Sieger dulden neben sich selbst.

    Doch all das muss durchgefüttert werden. All das steht und fällt mit den Brötchen. Selbst wenn man seine Sichtweise spaßeshalber auf die kulturellen Aspekte beschränkt, selbst wenn man sich nur den Buchstaben-Flohzirkus vorknöpft – die Brötchen bleiben der Dompteur in der Arena. Ich denke ständig über ein neues, verbessertes Wirtschaftssystem nach, ein Nachfolgemodell zu einem Kapitalismus, das sich zum Kapital verhält, wie Kastration zur Großfamilie. Und wenn die Juden weiter einen auf intellektuell machen möchten, könnten sie ihren Hintern da auch mal hochkriegen. Auch wenn man nach dem Marx-Desaster etwas entmutigt sein dürfte. Irgend jemand muss es ja tun, und ich bin zu dämlich.

  7. @Mussi 20.08. 18:12

    „Bin gespannt,was heraus kommt,wenn Sie Monismus=Selbst setzen und daraus einen Dualismus entwickeln …“

    Eine paranoide Haltung wäre wohl entsprechend das Ergebnis. Was zählt ist man selbst, und der Rest der Welt ist für oder gegen einen. Das hat sogar was Grundlegendes, schließlich muss man sich um sich selber ja auch wirklich selber kümmern.

    Insofern, wenn jeder an sich denkt, ist an alle gedacht. Ganz im Gegensatz von alle denken an sich, nur ich denk an mich. Letzteres hat was Anklagendes. Dieser Vorwurf, der in so manchem steckt und der für mangelndes Bewusstsein spricht, macht hier den Unterschied.

    Individualismus mit einer guten Portion Egoismus ist nun aber dennoch dazu fähig, anderen ihr Leben auch zu lassen, und insbesondere durchaus intensiv im Dialog und Austausch zu stehen und nach authentischer Erkenntnis zu suchen. Und die eigenen Interessen in einer vernünftigen und ehrlichen Aushandlung zu vertreten.

    Was macht Dualismen und Relativismen so attraktiv? Das könnte beides einfach einfacher sein als ein dialogischer Monismus. Zumindest aus der Innensicht, aus der eigenen Perspektive heraus. In der Praxis im Chaos im Kampf der vielen unzureichend reflektierten Positionen wird es aber gar nicht einfach, sondern läuft eher völlig aus dem Ruder und zu alltäglichem Streit und zu Kriegen mit regelmäßig wechselnden Fronten.

    Manch einer sucht einfach Mitstreiter und will eine spezielle Agenda fördern, und benutzt die Menschen nur, indem er sie mithilfe eines Dualismus oder Relativismus für sich gewinnt.

    Was, wenn der Dualismus und Relativismus auch konkret einsam macht, weil die meisten Anderen Ersteres nicht so genau teilen, und Letzteres so indifferent wird, dass es langweilig wird, sich da überhaupt noch auszutauschen. Und allein von da heraus der Betroffene froh ist, wenn er Mitstreiter findet, die genau den gleichen Wahnsinn fahren, oder denen sowieso alles egal ist, außer natürlich sich selber zu bereichern.

    Sind hier jetzt die religiösen Schriften entschärfend? Als einen Fundus an Weisheiten und Mythen, der auch eine Grundlage von bewusstem Individualismus werden kann. Auch wenn Manche dennoch einen Dualismus oder Relativismus draus machen. Und die Verbiegen ja auch durchaus die Schriften so sehr, dass man sich wundert, wie es sowas bis zur Amtskirche schaffen kann. Auf jeden Fall bleiben die Schriften ziemlich original erhalten, und haben entsprechend immer auch das Potential, einen längeren Missbrauch auch wieder zu überwinden.

    • Vielen Dank für den starken Kommentar, @Tobias Jeckenburger. In „Verschwörungsmythen“ weise auch ich mit Hans Blumenberg darauf hin, dass ein – noch etwa bei Ernst Haeckel findbarer – Einzelwesen-Monismus in einen Platonismus umkippt: Es gäbe eine absolute und ewige Wahrheit, die vom Philosophenkönig offenbart werde.

      Erst der dialogische und erkenntnistheoretisch reflektierte Monismus entkommt dieser Sackgasse.

      • @Jeckenburger

        Bingo!
        Die Verbindung zwischen Monismus und Dualismus ist in meinen Augen die zwischen Subjekt und Objekt!

        • Da habe ich Zweifel, @Mussi: Denn dann würde doch ein Monismus auf einen Subjektivismus hinauslaufen – der wiederum in Relativismus („Meine Wahrheit“) oder gar Dualismus („Ich gegen die Welt.“) mündete.

          Ein dialogischer und reflektierter Monismus würde dagegen darauf bestehen, dass andere Lebewesen nie nur Objekte sind und auch die Konstruktion der eigenen Subjektivität (inklusive z.B. dem Namen und Spracherwerb) auf sozialen Interaktionen gründete.

          • @Blume

            Sie begründen es doch gerade selbst. Ich sehe das Selbst als sowohl Subjekt als auch Objekt. Und genau das beschreibt @Jeckenburger. Aus dieser Wechselwirkung entsteht auch Dialog bzw. darüber.

      • Die Theorie einer absoluten und ewigen Wahrheit wurde schon im Mittelalter aufgegeben. Albertus magnus und Thomas v. Aquin entwickelten – gegen den Widerstand des Pariser Bischofs eine neue Theorie der Wahrheit, die Korrespondenztheorie. Weiterführend Kurt Flasch Aufklärung im Mittelalter. Die Verurteilung von 1277. Dieterich, Mainz 1989, ISBN 3-87162-017-3.

  8. Dass 20% der Nobelpreise an jüdische Menschen gingen, obwohl deren Anteil an der Weltbevölkerung nur bei 0,2% ist, – ist eine Aussage die mich wegen ihrer Bedeutung schwer stört.

    1) der größte Teil der Nobelpreise ging in wenige Länder, wo der Anteil jüdischer Menschen deutlich höher ist.

    2) Juden wurden jahrhundertelang schwer schikaniert und verfolgt. z.B. durften sie in manchen Ländern keine Landwirtschaft besitzen/betreiben oder Handwerksberufe ausüben. Um zu überleben wichen sie auf diejenigen Gebiete aus wo sie eine Chance zum Überleben hatten: Handel und Bildungsberufe.

    D.h. dass viele Juden deshalb deutlich gebildeter waren, als ihre Mitbürger war eine direkte Folge von Verfolgung. Und wenn im Blogbeitrag der hohe Anteil an jüdischen Nobelpreisträgern hervorgehoben wird – dann ist dies doch hoffentlich keine indirekte Rechtfertigung dieser jahrhundertelangen Schikanen.

    • Psychologisch spannend, @KRichard, dass Sie mir Ihre eigenen Thesen unterjubeln und diese dann skandalisieren wollen. Zumal die Verfolgungs-These m.E. empirisch nicht haltbar ist, sich der Zusammenhang ohne die religiös verstärkte Alphabetisierung auch nicht erschließt. So wundert mich (nicht), dass in Ihren sozialdarwinistisch angehauchten Überlegungen über die vermeintlich förderlichen Diskriminierungen und Verfolgungen das Schicksal z.B. auch der europäischen Roma und Sinti nicht vorkommt. Antiziganismus war seit Jahrhunderten bittere und gerade auch in der NS-Zeit mörderische Realität.

      Im Antisemitismus-Buch stelle ich die auch innerjüdische Debatte über Bildung und Nobelpreise im Kapitel „Das Himmelfarb-Rätsel“ dar. Und ich darf Ihnen erneut versichern, dass es dafür weder Genetik noch Verschwörungsmythen oder eine Pseudo-Rechtfertigung von Diskriminierungen und Verfolgungen bedarf. Please get over it. Die o.g. Doku über die enorme Bedeutung der Alphabetisierung kann Ihnen weiterhelfen.

      • @Blume
        Der Frauenanteil bei den Nobelpreisen liegt bei ca. 5 %.

        Solch eine Zahl sagt aber nicht das Geringste über die Klugheit/Dummheit von Frauen aus – sondern liegt zum Großteil darin begründet, dass Frauen auf vielen Gebieten benachteiligt wurden und immer noch werden.

        Ziel meiner Beiträge ist es, zum Nachdenken darüber anzuregen was Zahlenwerte eigentlich aussagen

        • Danke, @KRichard. Auch der Gender-Aspekt wurde nicht nur schon in meinem Haredim-Buch ausführlich thematisiert, sondern dann auch im Antisemitismus-Buch.

          Nein, Sie müssen meine Bücher zum Thema nicht gelesen haben, um hier erfolgreich mit zu kommentieren. Aber ich würde mich schon freuen, wenn Sie nicht von der Dummheit aller anderen ausgehen würden. Das tue ich doch auch nicht.

          Ihnen Dank für Ihr Interesse und die interessanten Kommentare!

    • Dr, W geht davon aus, dass Sie hier,
      Herr Richard K. nicht gänzlich falsch liegen :

      D.h. dass viele Juden deshalb deutlich gebildeter waren, als ihre Mitbürger war eine direkte Folge von Verfolgung. Und wenn im Blogbeitrag der hohe Anteil an jüdischen Nobelpreisträgern hervorgehoben wird – dann ist dies doch hoffentlich keine indirekte Rechtfertigung dieser jahrhundertelangen Schikanen. [Ihre Nachricht im diesseitigen Kommentariat]

      Die Folgen könnten klar sein, Dr. Webbaer mag u.a. auch so :

      -> https://de.wikipedia.org/wiki/Albert_Einstein

      -> https://de.wikipedia.org/wiki/Woody_Allen

      -> https://de.wikipedia.org/wiki/Burt_Bacharach (vely bester Song-Schreiber aller Zeiten, sozusagen)

      Wobei Dr. W auch Humor hat,
      mit freundlichen Grüßen
      Dr. Webbaer

  9. @Blume

    Ach wissen Sie, in meinen Augen können Sie moderieren,wie Sie wollen. Ich bin überaus dankbar für diesen Blog!

  10. @ Michael Blume 20.08.2022, 20:23 Uhr

    Ich bewundere Sie, nicht nur weil sie viel Zeit für die Beantwortung von Zuschriften aufwenden, sondern auch weil Sie mit ihrem Klarnamen an der „Ideologiefront“ arbeiten und dabei vermutlich so allerhand an bösartigen Zuschriften „aushalten“ müssen.

    Eine TV Moderatorin die Ihre Nachrichten Mittags im „Christkind Loock“ (mit einer Lockenfrisur) moderierte, hat einmal eine andere Frisur versucht, bei der sie nicht stundenlang beim Friseur sitzen musste, darauf hin bekam sie wütende Zuschriften und angeblich sogar Morddrohungen….

    Pseudonyme ermöglichen es eher, seine Wohnung nicht wie Fort Knox sichern zu müssen. Man kann auch ohne Panzer auf der Straße unterwegs sein.

    Das ist halt der Preis der Meinungsfreiheit……

    • Danke, @Realo – und ich kann Ihnen da nur zustimmen. Inzwischen muss jede Person des öffentlichen Lebens auch Hate und Trolling aushalten – umso mehr, wenn es um Wissenschaft geht. Das scheint der Preis für die Möglichkeiten digitaler Kommunikation zu sein, zumal die Gesetzgebung und Rechtsprechung noch hinter hinken. Vgl. ein Entscheid aus Sachsen, den Chan-jo Jun einordnete:

      https://youtu.be/zfnU2tAu-3s

      Ihnen Dank für das konstruktive Interesse! 🙏

  11. @Mussi 21.08. 08:58

    „Die Verbindung zwischen Monismus und Dualismus ist in meinen Augen die zwischen Subjekt und Objekt!“

    Den paranoiden Standpunkt wird man nie ganz los, schließlich lebt man als Subjekt in einer unübersichtlichen Welt, in der man irgendwie zurechtkommen muss. Aber den Anderen geht es eben genauso, entsprechend dreht sich die Welt auch um alle Anderen.

    Insofern gilt es die Anderen durchweg als Subjekte zu respektieren, und sich der eigenen Subjektivität inclusive seiner Schwächen bewusst zu sein. So ist auch die schönste Theorie öfter mal weniger zutreffend, und auf Irrtum gegründet. Dem dann auch gerecht zu werden, ist überaus sinnvoll.

    Insbesondere die Wissenschaft hat ihre Strategien, mit Irrtum umzugehen, was auch die Basis ihres Erfolges ist. Und sie ist nicht nur nicht am Ende angekommen, sondern m.E. in vielen Bereichen erst am Anfang unterwegs. Insbesondere wo keine fassbare Mathematik anwendbar ist, kommt die Wissenschaft schlechter voran. Da lohnt sich auch die Lektüre jahrtausende alter Literatur und die genaue Beobachtung eigener Erfahrung spiritueller Effekte.

    @Michael 21.08. 09:56

    „und auch die Konstruktion der eigenen Subjektivität (inklusive z.B. dem Namen und Spracherwerb) auf sozialen Interaktionen gründete.“

    Erstmal das, aber man erfährt auch nur eine Teilmenge dessen, was wirklich passiert. Manchen offenbaren sich Erfahrungen, die der Andere nicht macht. Der Eine weiß dann um Möglichkeiten, die der Andere meint ausschließen zu können. So erklärt sich dann auch ein Teil der zu beobachtenden Wissenschaftsskepsis.

    Ist ziemlich schade drum, wo doch die Wissenschaft in ihren gesicherten Erkenntnissen sehr erfolgreich und entsprechend nützlich ist.

    Auch was z.B. den Klimawandel angeht, so sind die Prognosen immer noch sehr unsicher. So liegt die Einschätzung der Sensitivität des Klimasystems bei einer Verdoppelung von Treibhausgasen immer noch zwischen 1.5° und 4.5°. Mit Genauigkeit hat das nichts zu tun. Hier sind die Laien teilweise schon einen Schritt weiter. Aus simpler Beobachtung des europaweiten Wetters der letzten 5 Jahre schließt eine Mehrheit darauf, dass die europäische Zukunft besorgniserregend trocken werden wird. Ein Blick auf die aktuelle Europakarte der Bodenfeuchtigkeit reicht hier schon.

    Was die Klimamodelle noch gar nicht bestätigen können, die prognostizieren für Europa derzeit nur mehr Wärme, nicht diese Trockenheit. Bei der Bandbreite der Klimamodellrechnungen ist es aber auch kein Wunder, wenn die Wirklichkeit hier Überraschungen liefert. Manch einen motiviert die Unsicherheit zu Gebeten, was gar keine schlechte Idee, finde ich. Das muss ja nicht in Konkurrenz zu konkreten Klimaschutzmaßnahmen stehen, als Ergänzung ist es aber vielleicht hilfreich.

  12. @ Mussi, Blume, Jeckenburger,…

    Bin selbst philosophisch nicht besonders gebildet.

    Mich würde allerdings ein besonderer Aspekt der „Monismusfrage“ interessieren:

    Was wäre wenn man formulierte, „die Existenz von „Prozessoren“, „Prozessen“, „Information“, deren Wechselbeziehungen (alles im Sinne der Informatik), wären das einzige Grundprinzip des Monismus“?

    Das wäre ein um „Prozesse“ erweiterter „Dualismus“ und entspräche (eigentlich fast) dem grundlegenden „Trinitätskonzept“ der Theologen. („Sohn“ steht symbolisch für das „generative Prinzip“ für „Prozesse“, „Vater“ für „Prozessor“, „Geist“ für „Information“).

  13. @ Elektroniker

    Da sind Sie ja schon bei der Emergenten Selbstorganisation und aus meiner Sicht sehr nahe am Funktionalismus. Information-Prozessor-Prozess kann sicher als Prinzip gelten, ob es übertragbar auf die Trinität halt ich für gewagt konstruiert und ob es dann das Prinzip für “Alles” ist? Momentan bin ich persönlcih eher bei einem 2-4-Prinzip. Und da ich weder spirituell bin, noch religiös gebildet habe ich ehrlich gesagt, noch nicht weiter darüber nachgedacht.

  14. @Elektroniker 21.08. 22:05

    „Was wäre wenn man formulierte, „die Existenz von „Prozessoren“, „Prozessen“, „Information“, deren Wechselbeziehungen (alles im Sinne der Informatik), wären das einzige Grundprinzip des Monismus“?“

    Da ist was dran.

    Monismus als Philosophie ist ohne komplexe Psyche nicht denkbar. Wir sind offenbar ein Informationsverarbeitungssystem, dass im fortgeschrittenem Stadium sich selbst bewusst ist, sich seiner Grenzen und Vorläufigkeiten bewusst ist und sich gegenseitig respektieren kann.

    Dualismus als Haltung gegenüber der Welt ist aber auch ohne komplexe Psyche nicht denkbar, hat aber Bewusstseinsmängel, indem er die Welt auf einen Kampf wir gegen die reduziert, der so meistens eigentlich gar nicht stattfindet. Militärisch aktiv werden kann der Dualismus dennoch, das ist dann Realität, mit der sich auch eventuell angegriffene Monisten mit auseinandersetzen müssen.

    Prozessoren, Prozesse und Information gibt es tatsächlich auch im Menschen. Einmal im Gehirn, was offenbar grundsätzlich ein Informationsverarbeitungssystem ist, und dann nochmal in der Zellchemie. Das Zusammenspiel von Erbgut und Zelle gründet nicht nur auf die konkrete DNA, sondern ist auch ein selbstregulierendes System, das mit unserer Computertechnik vergleichbar ist.

    Und die physikalische Wirklichkeit? Ja weiß man es denn, dass die nicht auch eine gewisse Intelligenz hat? Religiosität und Spiritualität hätten ohne dem keine wirkliche Grundlage. Wenn wir dies ernst nehmen, dann ist die Idee von Prozessoren, die in der Physik noch versteckt sind, gar nicht mal so abwegig.

    Ein geistig lebendiger Kosmos kann seine Intelligenz zwar ganz anders realisieren als mit Prozessen, wie sie unsere Computer implementieren, so anders, dass wir da keine Ahnung von haben können. Aber die einzigen uns bekannten konkreten Quellen von Intelligenz sind nun mal Computertechnik und Nervensysteme, also kann man begründet vermuten, dass der Geist in diesem Kosmos auch auf Informatik mit den Prinzipien Prozessoren, Prozesse und Information zurückgreift. Wenn der Geist denn existiert.

    Wenn solch eine physikalische Informatik dann hinter der Quantenphysik versteckt ist, kann sie über gezielte Quantenzufälle in die Wirklichkeit eingreifen, und sich ausgiebig mit dem konkretem Leben beschäftigen, und das seit Jahrmilliarden im gesamten Kosmos. So können unsere Innenwelten dann auch direkt Teil der allgemeinen Innenwelt dieses Universums sein. Ein so erweiterter Monismus wäre dann in einer Art komplett, wie man es nur zu träumen wagt.

    Da kommt dann ein Dualismus nicht mehr so gut mit.

    • Tobias Jeckenburger,
      Die Genesis sagt es kurz und klar :“Im Anfang war das Wort und das Wort war bei Gott und Gott war das Wort“

      Das ist Monismus pur. Die Philosophie die darauf aufbaut heißt Idealismus.
      Eine elektronische Schaltung ist nur tote Materie. Erst wenn ein intelligentes Wesen kommt und sie zu benutzen weiß, kann man sie auch als intelligent bezeichnen.

      „Wir sind offenbar ein Informationsverarbeitungssystem, dass im fortgeschrittenem Stadium sich selbst bewusst ist, sich seiner Grenzen und Vorläufigkeiten bewusst ist und sich gegenseitig respektieren kann. „

      Sehr gut ! Dann begreifen wir unseren Körper nur als Hülle, in der ein Geist tätig ist. Unser Körper ist dann die elektronische Schaltung (aus Staub bist du und zu Staub wirst du).

      Dualismus, den gibt es dann nicht mehr. Es gibt nur noch den Geist. Alles andere ist vergänglich.

  15. Leider muss ich sie mal wieder kritisieren , Herr Blume. Ihr “Verschwörungsmythos ” dass das Judentum die älteste Religion der Alphabetisierung war entspricht nicht der geschichtlichen Wahrheit. Ich denke hier an den Veden im Hinduismus die ca. 2000 Jahre früher SCHRIFTLICH niedergeschrieben wurden. Wenn sie davon ausgehen dass die damaligen Kulturen sich gegenseitig befruchteten dann können sie vielleicht auch Wurzeln des Judentums in den althinduistischen Schriften finden. Alphabetisierung ist lt. Wikipedia der Prozess der Vermittlung von Lese- und Schreibfertigkeiten . So gesehen ist ihre Darlegung in sich widersprüchlich bzw. hat letztlich keinen historischen Wahrheitsgehalt.

    • Lieber @Golzower,

      tatsächlich sind die Veden ein wunderbares Beispiel für die kultur- und religionsübergreifende Medienrevolution der Alphabetisierung: Sie wurden über Generationen hinweg mündlich tradiert und erst lange nach Judentum ✡️ und auch Christentum ✝️ verschriftet. Bis heute gibt es v.a. brahmanische Vorbehalte dagegen.

      Und dafür hätten Sie auch keine Spezialliteratur gebraucht, schon ein Blick in Wikipedia hätte gereicht:

      https://de.m.wikipedia.org/wiki/Veda

      Dürfen wir nun einfach einmal damit rechnen, dass Sie Ihren irrtümlichen Vorwurf eingestehen, Wissenschaft und Judentum die Ehre geben? 💁‍♂️🤔📚

  16. Naja, „vollvokalisiert“ ja leider noch nicht … Selbst die Zeugen Jehovas geben inzwischen zu, daß nicht einmal sie herausgefunden haben, wie JHWH richtig ausgesprochen wurde.

    • Oh ja, @Alubehüteter. Den vokalarmen, also linksläufigen und semitischen Alphabeten verdanken wir u.a. den bildlosen Monotheismus und eine reiche und weiterwirkende, v.a. biblische Mythologie. Die späteren vollvokalisierten, also rechtsläufigen und japhetitischen Alphabete brachten u.a. die griechischen Philosophien, die christlichen Theologien, das römische Recht und die Wissenschaften hervor.

      Ach ja – und auch diesen Blog samt allen Kommentaren! 🙂

      Vgl. „Rückzug oder Kreuzzug“ und schon vor zwölf Jahren den Blogpost über die Linkesche These:

      https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/gehirn-und-alphabete-die-linkesche-these/

      Ihnen Dank auch für Ihr Twitter-Engagement!

      • @Michael Blume
        ich weiß- ich spiele jetzt den “Beckmesser” (was übrigens für Ihren Blog auch einmal ein Thema sein könnte. Wagners “Meistersänger von Nürnberg”) :
        einen bildlosen Monotheismus haben wir auch bei den Griechen, z.B. im Schlußwort der “Apologie des Sokrates” nach Plato (betont “der Gott” τῷ θεῷ als letztes Wort des Sokrates). Unklar ist (zumindest mir) ob Sokrates /Plato hier semitische Vorlagen verwenden. An anderer Stelle (Urmenschmythos, Atlantismythos) verwendet Plato ja anerkanntermaßen semitische Vorlagen und gibt sie beim Atlantismythos auch ganz klar als übernommenes Gut an. Ein bildloser Monotheismus passt auch sehr gut zu Platos Ideenlehre oder Aristoteles Lehre vom Guten.
        Das könnten auch entweder Paralellentwicklungen oder gegenseitige Beeinflussungen sein.
        Eindeutig monotheistisch ist Israel sowie erst nach dembaylonischen Exil und der Auseinandersetzung mit den Zoroastriern, die sie aus der baylonischen Gefangenschaft befreiten.

        • Danke, @Joachim Fischer – das ist keine “Beckmesserei”, sondern hilfreiche Nachfrage. Denn tatsächlich unterscheiden wir ja zwischen dem (hoch-)philosophischen, bildlosen Monotheismus bzw. Henotheismus auch schon in sprachlichen und später in japhetitisch alphabetisierten Kulturen einerseits vom religiösen, bildlosen Monotheismus in den semitisch alphabetisierten und also entsprechend erfahrungsgestützten Religionen (zuerst Judentum, später auch Islam u.a.).

          Darf ich nachfragen, ob Sie sich schon mit den angegebenen Quellen zur Entstehung, Geschichte und auch Krise des Islams befassen konnten? Ich nahm es noch so wahr, als ob Sie da noch bei der oberflächlich angelesenen Islamfeindlichkeit, fast Dualismus stecken würden, aber traue Ihnen da mehr zu. Selbst der von Ihnen so verehrte Nietzsche (den ich ja wiederum kritischer als Sie sehe) hatte sehr viel Wertschätzung für diese Weltreligion. Und ich hoffe, eines Tages zu erleben, dass Gebildete gegenüber allen Weltreligionen und Weltanschauungen eine informierte, kritische Wertschätzung entwickeln konnten.

          Ihnen ehrlichen Dank für die immer wieder anregenden Kommentare!

          • @Michael Blume

            Die “Krise des Islams” steht bei mir im Bücherschrank – noch vepackt, weil ich das erste Exemplar gelesen, empfohlen, weiterverliehen und nie wiederbekommen habe. (Ja so kann es gehen, wenn man Bücher verleiht).
            Zum Islam: persönlich-biografisch steht mir der Islam (vor allem in seiner ibaditischen Form) näher als das Judentum, ich bleibe trotzdem Christ. Ich verstehe den Koran als Teil eines intensiven Dialog(versuches) vor dem Hintergrund des römisch-persischen Krieges, der ja auch ein Krieg zwischen zwei Weltreligionen (Zoroaster und byzantisches Christentum) war.
            Ich weigere mich, in Mohammed einen analphabetischen Derwisch zu sehen, genauso weigere ich mich aber, ihn als Übermenschen zu deuten. Ich sehe ihn eher in der Nähe eines Jeremia, der sein Prophetsein als Vergewaltigung durch Gott erlebt.(Jer. 20,7) Dabei sucht er seinen Weg und greift dazu in meinen Augen sehr stark auf die syrische Theologie aus Antiochia zurück. Sie unterscheidet sich von der konkurrierenden Theologie aus Alexandria durch den Gottesbegriff. Nach alexandrinischer Lehre ist Gott leidensfähig, nach syrischer nicht. Deshalb konnte ja auch Paul Gerhard (der Liederdichter) feststellen, dass der Calvinismus näher am Islam als am “wahren Christentum” (für Gerhard das Luthertum) sei. Richtig beobachtet, aber natürlich hoch polemisch. (Die Frage nach dem Mitleid hilft nicht weiter, weil das in den semitischen Sprachen ganz anders von der Körpererfahrung besetzt ist). Bei den jüdischen Elementen im Islam bin ich vorsichtig, weil ich sie durch meine christliche Brille sehe, für den Zoroaster fehlt mir der Zugang, ich kann kein Persisch.
            Es gibt eine lange Faszination des westlichen Christentums für den Islam. Sie beginnt definitiv im Mittelalter des 13 Jahrhunderts, ist nicht immer positiv, oft sehr ambivalent, aber immer vorhanden.
            Johannes v. Damaskus wäre eine wichtige Quelle für die Frühzeit des Islams, aber es liegen noch keine kritischen Ausgaben der arabischen Werke vor.
            Mein scheinbarer Dualismus kommt wohl eher vom Medium des chats, das ich noch nicht so beherrsche, wie ich das gerne hätte. Mancher Zwischenton gelingt nicht immer. Deshalb übe ich auch noch.
            Jetzt habe ich lange und auch sehr persönlich geantwortet, ein anderes Mal vielleicht mehr.

          • Vielen Dank, @Joachim Fischer – das war ein hochinteressanter Kommentar, der viel Freude gemacht hat!

            Meine Position unterscheidet sich „nur“ dadurch, dass ich eine gegenseitige Durchdringung der Religionen wahrnehme – so ist auch der Koran gar nicht ohne Thora und Talmud (!) zu verstehen, das je aschkenasische und sephardische Judentum nicht ohne Christentum und Islam, das Bahaitum nicht ohne all diese (und die Schiat Ali) usw.

            Die „Qualitätsunterschiede“ bestehen dabei m.E. sehr viel stärker innerhalb der Religionen – von einer christlich-katholischen Kreationistin und Abtreibungsgegnerin kann mich mehr unterscheiden als von einem jüdischen, modern-orthodoxen Gelehrten oder einer muslimischen Liberalen. Die Unterscheidung zwischen dialogischem Monismus und Freund-Feind-Dualismus zieht sich nach meiner Beobachtung und Erfahrung quer durch die Weltreligionen und Weltanschauungen.

          • @Michael Blume
            die Unterschiede unserer Betrachtungen von Religion erklären sich möglicherweise aus zwei Wurzeln:
            a) habe ich es mit jungen Menschen zu tun, die die Sprache der Religionen (ich betrachte die Religionen als komplexe Sprachspiele, die die Wirklichkeit strukturieren sollen) lernen sollen. Beim Sprachenlernen, vor allem beim mehrsprachlichen Umfeld, soll “code-mixing” vermieden werden. Das beachte ich dann auch für die Religionen.
            b) Sie gehen aus von Buber, ich komme von Levinas und dem Psychiater A.R. Bodenheimer (1,5 h Fortbildung- danach habe ich seine Bücher gelesen). Damit habe ich eine gewisse Zurückhaltung, andere zu “vereinnahmen”.
            Das sind aber diaktische Entscheidungen, keine grundsätzlichen.

          • Danke für die gute Klarstellung, @Joachim Fischer.

            Im Dialog-Buch mit Professorin Barbara Traub thematisieren wir das richtige Verhältnis von Nähe und Distanz nicht nur im interreligiösen Dialog, sondern auch in der (anfangs stark protestantisch geprägten) Religionswissenschaft und der (anfangs stark von Wiener Juden geprägten) Psychologie.

          • @Michael Blume
            Zum Lesen Ihres Dialogbuches werde ich wohl leider nicht so schnell kommen. (Der Tag hat nur 24 Stunden, selbst wenn ich die Nacht dazu nehme). Frau Professor Dr. Traub ist mir bekannt, sie war früher Lehrerin an meiner Schule; später habe ich ein sehr interessantes Seminar bei ihr auf dem Kirchentag mitgemacht und selber Anregungen für die interreligiöse Pflegeethik daraus gezogen. (“Einfluss von Kultur und Religion auf die Therapie von Krebspatienten” Der Urologe 58(2019))
            Zu den “Qualitätsunterschieden” in der Religion: ich beobachte eine sehr ausgeprägte unterschiedliche Spiritualität von Männern und Frauen, die ich auf unterschiedliche Körpererfahrungen zurückführe, ganz besonders bei den Yeziden (Schreibweise ist der Tastatur geschuldet) und Yezidinnen. Es könnte aber auch auf Unterdrückungserfahrungen zurückgehen.
            Daneben ganz klar auch die Entwicklungsmodelle nach Gmunder/Oser , Fowler, Szagun …
            Manches am religiösen Fanatismus (meinem Hauptgegner) ist schlichtweg unreif-pubertär und auf die Suche nach klaren Strukturen zurückzuführen.
            Jetzt bin ich ins Schwätzen geraten und höre besser auf.

        • anerkanntermaßen semitische Vorlagen und gibt sie beim Atlantismythos auch ganz klar als übernommenes Gut an

          Was ihm allerdings meist nicht geglaubt wird. Er will diese Geschichte haben aus Familienüberlieferung; dem grossen Solon dem Gerechten sollen ägyptische Priester in Sais die Geschichte von Atlantis, Ägypten und Athen erzählt haben. Unglaublich harte Nuß, auf Wikipedia ist der Teufel los.

          Aber allgemeiner, natürlich, Griechendland ist weitaus auch orientalischer geprägt, als uns bewußt ist. Ägyptische Götter waren ihnen bekannt. Ich würde im Bezug auf den Monotheismus bei den Griechen zuerst in Richtung ägyptischem Amun suchen wollen als biblischen Jehova. Der eine, wesenhaft unbekannte, unerkennbare Gott, der sich uns zeigt in den Antlitzen der Vielen, die er uns je zuwendet. Von daher eine Sehnsucht der Griechen nach einem Monotheismus, die sich dann allerdings in einer griechisch-jüdischen Begegnung hochschaukelt.

          Die Juden hatten ja ursprünglich keinen Monotheismus. Sie hatten einen exklusiven, für sie einzigen Gott, das bedeutet aber nicht, daß es die anderen Götter nicht gäbe. Nur eben von den vielen Göttern hat sich ihnen einer, und zwar exklusiv zugewandt. Exklusiv in zwiefacher Hinsicht: Er hat sich nur ihnen zugewandt, sie sollten keine anderen Götter – deren Existenz nicht bestritten wurde! – neben ihm haben.

          • @Alubehüteter
            schon vor Jahrzehnten (ich meine so um 1990) wurde der Timaios und der Kritias mit Hilfe des Computers (eines Vorläufers heutiger Plagiatssoftware) untersucht . Ergebnis: die Atlantispassagen können nicht von Plato stammen, zu viele Unterschiede in den Vokabeln und der Grammatik.
            Zum Monotheismus: vor dem Fall von Jerusalem war Israel bestenfalls monolatrisch, eine aschera (seine Frau) für den Gott Israels ist inschriftlich belegt. Daneben gibt es die ägyptischen Bezüge am jerusalemer Tempel (empfehlenswert Keel: “Jerusalem und der eine Gott”), der schon lange vor David und Salomo ein Kultort (aber kein Kultgebäude, sondern eine offene Fläche) war. David hat den alten Gott der Wüstenwanderung mithilfe der Bundeslade in den Sonnenkult des vordavidischen Jerusalems integriert. (alles nach dem o.g. Buch)
            Das erklärt meines Erachtens plausibel die Übernahme des Sonnenhymnus Echnatons in den Psalter (104 & 145). Jerusalem war zur Zeit Echnatons Ägypten treu geblieben (https://de.wikipedia.org/wiki/Amarna-Brief_EA_287), eine Übernahme liturgischer Stücke ist daher möglich. Das erscheint mir plausibler als Assmans Theorie.

      • Vollvokalisiert oder nicht, so wie ich mich meine, zu erinnern, fällt das zwar mit rechts- und linksläufig zusammen, hat aber unmittelbar damit nichts zu tun.

        Die Griechen hatten ja das phönizische Alphabet übernommen (ursprünglich sowohl rechts- wie linksläufig). Haben allerdings eine äußerst vokalreiche Sprache, ich erinnere mich, daß mich in meiner Schulzeit die Vokabel „hendiadioin“ fasziniert hatte. Mit bloßen Konsonanten kriegt man das nicht mehr eingefangen. Das phönizische Alphabet aber hatte noch genügend Schriftzeichen übrig; man übernahm die Konsonanten und füllte mit den übrigen Buchstaben die Vokale.

        Kann natürlich sein, daß man da irgendwie Rechtsläufigkeit unserer Schrift drüber herleiten kann. Das war, wie gesagt, am Anfang noch nicht entschieden, man begann die nächste Zeile in umgekehrter Richtung, wo die vorhergehende geendet hatte.

        Schrieb’s, und las dann erst Ihren Link. Da gibt es eben doch einen Zusammenhang.

        Eine klare Widerlegung – z.B. ein vokalisiertes Alphabet, das dauerhaft linksläufig gelesen wird – war dagegen bislang nicht zu finden.

        Das zeigt aber zusammen, wieso, weshalb.

  17. @ Blume

    Im Zusammenhang mit dem aus der Elektronik/Informatik stammenden Konzept (Prozessor, Prozess, Information) fällt mir ein Zusammenhang mit dem Thema „Entstehung und Bedeutung der Alphabetisierung“ ein.

    Vor über 50 Jahren hat uns der Religionslehrer an einer höheren Schule die Bedeutung von „Geist“ im Zusammenhang mit „Information“, realisiert z.B. als „Schrift“, erklärt.

    Mit dem Bleistift schrieb er auf einem Zettel einen Bibelspruch, auf eine anderen Zettel sinnloses „Gekritzel“.

    Nicht die Druckerschwärze oder das Papier ist bedeutsam, sondern nur die „Information“, die sozusagen eine von 3 Komponenten (und grundlegenden Kategorien) ist, die Theologen “Gott“ bezeichnen. Diese Sicht über „Information“ ist völlig kompatibel mit der Elektronik, die eine etwas weitere Sicht nutzt, als die Informatik.

    Interessant ist aber, dass die Christen, anders als z.B. die alten Griechen (Zeus, Hera) kein „Götterpaar“, sondern sozusagen „absichtlich“ „Vater“ und „Sohn“ deklariert haben dürften. Wobei „Sohn“ auch symbolisch für den generativen Prozess stehen könnte.

    Damit hätten christliche Theologen bereits vor rund 2000 Jahren heutzutage absolut grundsätzliche, milliardenfach in der Technik realisierte Mechanismen, die vermutlich Grundlage der biologischen Systeme, womöglich sogar der physikalischen Systeme sein dürften, zumindest erahnt.

    Der Unterschied zwischen Technik und Biologie ist höchstens, dass in der Technik die steuernden Mechanismen und Komponenten hauptsächlich algorithmisch auf abstrakter Ebene entwickelt werden, in der Biologie eher direkt, durch so etwas wie „Selbstorganisation“.

  18. @Elektroniker / Lioniniol

    Grundsätzlich kann man es auf das Denken der zumindestens der Griechen zurück führen.
    Was Sie beide nur nicht begreifen wollen ist,dass die Frage auf den Impuls von Information oder auch Bewegung offen ist und bleibt. Die Antwort auf die letzte Frage bleibt offen und ist Offenheit. Es gibt kein kausal geschlossenes System.
    Jede Überzeugung auf diese Möglichkeiten ist und bleibt lediglich Überzeugung. Und Nietzsche sagte,Überzeugungen sind schlimmer als Lügen.

  19. @Elektroniker / Lionioil

    Sie ignorieren permanent die Hinweise zum Unvollständigkeitssatz,zur Ambivalenz, zum Paradoxon, zur Gleichzeitigkeit von Widerspruchsfreiheit und Widerspruch und zum Regress!!!
    Darüber hinaus ist alles lediglich Glaube und nicht Wissen. So sehr sie auch mit Suggestion bemühen und sich selbst autosuggestiv äußern. Es bleibt nur Überzeugung.

    • Mussi,
      der Unvollständigkeitssatz besagt, dass sich ein logisches System nicht vollständig beschreiben lässt, oder anders formuliert nicht vollständig beweisen lässt. Und damit sind wir bei der Existenz Gottes. Er hat die Sprache geschaffen und kann damit durch Sprache allein nicht erklärt werden. Aber der Glaube kann es, er braucht keine Sprache.

  20. @lioninoil 22.08. 18:07

    „Dualismus, den gibt es dann nicht mehr. Es gibt nur noch den Geist. Alles andere ist vergänglich.“

    In der Tat wäre es schwierig, wenn denn die Geisteswelt auch noch zerstritten wäre. Ein Monotheismus im Sinne einer wirklich monistischen Geisteswelt dagegen wäre schön einfach.

    „Eine elektronische Schaltung ist nur tote Materie. Erst wenn ein intelligentes Wesen kommt und sie zu benutzen weiß, kann man sie auch als intelligent bezeichnen.“

    Naja, die tote Materie in Form von digitaler Technik kann alleine auch schon so Einiges, ob man es jetzt intelligent nennt oder anders.

    „Dann begreifen wir unseren Körper nur als Hülle, in der ein Geist tätig ist. Unser Körper ist dann die elektronische Schaltung…“

    Dasselbe gilt für unser Nervensystem, dieses kann auch schon Einiges. Wenn hier jetzt Geisteswelten dazu kommen, wird es mehr, nur mehr, nichts Absolutes. Vielleicht ist unsere Innenwelt aber eine eigene Qualität, die selbst in Geisteswelten liegt. Wir bleiben aber Mensch und fehlbar. Sogar Gott selbst muss gar nicht allwissend und allmächtig gedacht sein, der Kosmos kommt schon gut zurecht, wenn die Ökosysteme auch wirklich funktionieren und wir selbst Innenwelten sind, die Freude am Leben haben können.

    Zumindest wenn man Geisteswelten als strukturelle Intelligenz ähnlich der technischen Informatik hinter der Physik ansieht, ist dieses dann noch begrenzt, wenn auch sehr groß. Und entsprechend auch der inspirierte Mensch nicht unendlich.

    Wenn die Schnittstelle vom Geist zum Nervensystem in gezielten Quantenzufällen liegt, dann müsste man damit auch Computersysteme aufrüsten können. Einfach statt mathematischen Pseudozufallszahlen richtige Quantenzufälle z.B. aus dem Rauschen einer analogen Fernsehkarte verwenden. Wenn eine Anwendung mit vielen solcher Zufallszahlen läuft, kann das dann den Geist dieses Kosmos einladen, auch hier aktiv zu werden.

    Das Wunder bliebe allerdings begrenzt, und kann nur den gegebenen Spielraum nutzen, so wie wir auch begrenzt sind. Aber ein Freund von wirklicher Unendlichkeit bin ich sowieso nicht, die wäre mir irgendwie unheimlich.

    @Mussi 22.08. 20:58 / 20:50

    „Darüber hinaus ist alles lediglich Glaube und nicht Wissen. So sehr sie auch mit Suggestion bemühen und sich selbst autosuggestiv äußern. Es bleibt nur Überzeugung.“

    Na wenn es zutreffend genug ist, dass es in der Wirklichkeit funktioniert, dann ist das doch was. Mehr geht doch sowieso nicht, was uns nicht aufhalten soll, unsere Näherungslösungen zu praktizieren und unser Leben dabei zu leben. Hier sind wir wieder mitten in der realen Endlichkeit, die sich an keiner Unendlichkeit messen muss.

    Wer vom Glauben und von Geisteswelten wirklich Unendlichkeit erwartet, ist dann vielleicht auch nicht zufrieden zu stellen.

    „Die Antwort auf die letzte Frage bleibt offen und ist Offenheit.“

    Im Sinne einer Zukunft, die erst noch entwickelt werden muss, unbedingt. Die Frage nach der Natur des Geistes ist derzeit definitiv offen. Hier kann es aber Antworten geben, oder auch keine Antworten. Das kommt auf die Natur des Geistes selber an.

  21. @ Mussi

    Wenn „Gott“ z.B. gleichzeitig „würfelt und nicht würfelt“, ist das banal zu begründen.

    Ein bestimmtes Konzept von „Zufallsgeneratoren“ generiert Variable die „zufällig“ scheinen, aber (fast) determiniert sind.

    Darauf kann, z.B. auch durch zufällige „äußere“ Ereignisse, Einfluss genommen werden. Die entstehenden Variablen sind teilweise „determiniert“, teilweise „zufällig“.

    Vermutlich sind die DNA Variablen, die die verschiedene Lebensformen hervorgebracht haben, durch einen ähnlichen Mechanismus entstanden.

  22. @ Mussi 22.08.2022, 20:50 Uhr

    Ihre erste Vermutung dass ich mit „Lioniniol“ identisch ein könnte stimmt nicht. Er dürfte diesmal nicht hier unterwegs sein (habe ihn zumindest mit der Suchmaske nicht gefunden).

    Ich „segle“ zwar unter mehreren Nicks, aber „Lioniniol“ war möglicherweise vor 50 Jahren einer meiner Lehrer in einem elektrotechnischen Fach. Ich hatte sogar einmal den Eindruck, er wollte mich mit einer Frage im Zusammenhang mit „Computeremulationen“ sogar examinieren, ob ich ehemals „gut aufgepasst“ habe.

    Der Impuls ist offensichtlich, nach dem Konzept der Elektroniker/Informatiker ein „Prozess“. Wie er genau zustande kommt, wissen wir offensichtlich nicht. „Impulse“ treten in elektronischen Systemen öfters auf und können arge Probleme bereiten. Dazu gibt es oft gute Begründungen, aber einiges bleibt im „Dunkel“.

    Es ist ein Unterschied ob es kein kausal geschlossenes System gibt, oder unsere Möglichkeiten derartiges zu erkennen nicht ausreichen.

    Ich habe nur von der interessanten „Möglichkeit“ gesprochen, dass vor rund 2000 Jahren Theoretiker wie Theologen, ein heutzutage in der Technik absolut etabliertes System, erahnt haben könnten.

    Auch aus den Gründen die Sie beschreiben, habe ich prinzipiell keine Überzeugungen, bemühe mich aber allen „Realitäten“ (auch der Ideologien/Religionen) möglichst nahe zu kommen, Widersprüchlichkeiten zu vermeiden und kann mit Suggestionen und Autosuggestionen als Strategie bestes leben.

    Versuchen Sie doch bitte das Denkkonzept (Prozessor, Prozess und Information) „sturmreif“ zu schießen.

    Es gibt zwar mindestens einen Effekt, der zwingend bewirkt dass bei einem elektronischen Prozessor, Techniker haben alles unternommen dass dieser Effekt möglichst selten auftritt, ein Blödsinn herauskommt.

    Der Unterschied ist, die philosophische Denke würde deswegen das ganze Konzept in die Tonne kippen, trotzdem können wir fast immer, bislang relativ bequem, mit dem „Fehler leben“.

    Sonst müssten wir alle wie Diogenes in der Tonne leben…..

    • Elektroniker,
      Wir sind uns bei dem Vergleich von Computertechnologie mit Philosophie ziemlich einig. Elektroniker müssen sich nicht gegenseitig examinieren, das besorgt schon die Technologie von selbst.

      Tobias Jeckenburger,
      Denken ist schon ein Modell, anders könnte man die Komplexität der Zusammenhänge gar nicht überschauen. Die Bausteine dabei sind die Begriffe.
      Wenn ein Begriff fehlt, dann können iwr eine notwendige einsicht nicht erreichen.

      Was Herr Blume uns hier verständlich machen will, meiner Meinnung nach ist, Denken sollte monistisch sein, weil das Denken in Gegensätzen zwar einfach ist, aber Denken ist eben nur das Denken der Gedanken und nicht die Wirklichkeit.
      Beispiel : Das Böse, das ist die Substantivierung eines menschlichen Gefühles, das uns erlaubt auf die Schnelle dieses Gefühl auf alle Menschen anzuwenden.
      Und dann glauben eben einige Menschen , dass es das Böse auch gibt, so wie es den Mond gibt.

  23. @ Elektroniker

    Warum sollte ich ein Denkonzept, welches zwar fehlerhaft funktioniert, sturmreif schiessen wollen bzw. müssen?

    Mir liegt eher daran, wie wir – Menscheit- relativ gemütlich, im Hinblick auf Evolution und Schöpfung , unsere Zeit auf Erden zu ende leben können und bereits gefundene Antworten hierfür umsetzen.

  24. @lioninoil 23.08. 07:34

    „…der Unvollständigkeitssatz besagt, dass sich ein logisches System nicht vollständig beschreiben lässt,…“

    Und die Wirklichkeit läuft doch. Hier sind Grenzen der Logik und damit der Sprache erkennbar, und diese Probleme offenbar nicht identisch mit Problemen der Realität der Wirklichkeit. Da hakt nichts, auch da nicht, wo wir mathematisch nicht weiter kommen.

    Offenbar beschreibt die Mathematik nicht die ganze Wirklichkeit, so hat nur die Mathematik ihre eigenen logischen Grenzen, die die Wirklichkeit selber überwinden kann.

    Wenn ich etwa Welten von Computerspielen entwerfe, muss ich mich nicht an physikalische Grenzen halten. Ich verwende Teile der Geometrie, um etwa die Bildschirmausgaben so zu gestalten, dass der Spieler sich intuitiv in der Computerwelt zurechtfindet. Aber als Programmierer von Spielen habe ich hier Freiheitsgrade, die ich bei einer Beschreibung der Wirklichkeit nicht hätte.

    Was, wenn die Wirklichkeit sowas auch kann, aber nur selten anwendet? Oder in Bereichen, die wir nicht wirklich verstanden haben. Wenn wir da nach konsistenter Mathematik suchen, finden wir eben keine. Etwa bei der Suche nach einer Theorie für Alles, auf der Suche nach dunkler Materie oder dunkler Energie. Oder auch beim Versuch der Modellierung des Klimawandels.

    Hier finden wir nur Eckwerte, und verstehen nicht, was wirklich passiert. Womöglich einfach, weil wesentliche Teile der Wirklichkeit einfach wie in einem Computerspiel frei gestaltet werden. Und das, weil es anders nicht geht, weil eine passende Mathematik nicht möglich ist, auch den Göttern nicht.

  25. Zeichenschriften, Logogramme, leisten womöglich nicht so-o gut, wie die phonetische Schrift,
    Dies liegt daran, dass sog. Logogramme bereits dem einfachen sozusagen Mitarbeiter “eine ganze Menge” an Abstraktion abverlangen.
    Wenn es davon vielleicht 100.000 und mehr gibt.

    Andererseits sorgen sog. logogramme auch für einen gewissen Rahmen, der im Sozalverbund interessant ist.

    An Gegenständlichkeit orientierter Sprache müsste eigentlich phonetischer Sprache unterlegen sein.

    Dr. Webbaer schaut gerade so :

    -> https://en.wikipedia.org/wiki/Seven_Samurai (gerne mal reinschauen, auch in das Intro (mit vielen sog. Logogrammen))

    Mit freundlcihen Grüßen
    Dr. Webbaer

  26. War nicht auch sehr lange die Quote der Menschen, die lesen und schreiben konnten, bei Juden viel höher als bei Christen? Dazu gab es ja auch das Ideal, dass jeder Jude befähigt werden sollte, gelehrt über theologische Themen diskutieren (!) zu können. Außerdem gelten anscheinend Bildung, Wissen wie auch musikalische Fähigkeiten im Judentum besonders viel. Bekannte meiner Frau aus Israel haben Haus und Arbeit aufgegeben und sind mit der ganzen Familie umgezogen, um einem der Kinder das Annehmen eines Musik-Stipendiums in der USA zu ermöglichen. So viele würden das hier in Deutschland nicht tun, glaube ich.

    • Ja, @Karsten Bürger – das ist richtig. Interessant ist auch die Bildungs-Dynamik des aschkenasischen Judentums, das mit den europäischen Druckerpressen, den Öffnungen der Universitäten im 19. Jahrhundert usw. florierte – und zugleich Hass und Verschwörungsmythen unter („konkurrierenden“) Christ:innen auf sich zog. Der Antisemitismus war eben nie nur eine Angelegenheit „dummer Kerls“, sondern z.B. auch in Freiburg Mainstream unter Gebildeten. Mit nicht zuletzt links-antisemitischen Nachwirkungen bis heute, vgl.

      https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/das-documenta-desaster-2022-und-die-ignoranz-des-linken-antisemitismus/

      Obwohl im Osmanischen Reich Hebräisch gedruckt werden durfte, entwickelte sich die sephardische und mizrachische Bildung langsamer. Bis heute gibt es in Israel erhebliche Spannungen quer durch die religiösen und säkularen Milieus.

      Oder knapp gesagt: Alphabetisierung und Bildung wurden überall dort, wo man ihre Entfaltung auch gegen Antisemitismus und Rassismus förderte, zu einem Segen für die Gesamtgesellschaft. Und wir können auch heute gemeinsam darauf setzen, vgl.

      https://shop.verlagsgruppe-patmos.de/wenn-nicht-wir-wer-dann-011312.html

      Ihnen Dank für Ihr konstruktives Interesse!

  27. @Jeckenburger

    So ist es.
    Was mir auf materieller Ebene Sorgen macht ist,dass Kultur weiterhin exponentielles Wachstum akzeptiert,obwohl Beton Biomasse eingeholt hat.

  28. Vielen Dank Herr Blume für Ihre tiefgehenden und gut fundierten Ausführungen, die einige in mir bestehende Wissenslücken füllen und mir auch bei der Auflösung bisher offener Fragestellungen weiterhelfen!
    “… Warum ist das Judentum so wirkmächtig geworden – und entfielen etwa 20 Prozent aller jemals verliehenen Nobelpreise an jüdische Ausgezeichnete …”, schreiben Sie zu Beginn Ihres Artikels. Doch nicht nur in Wissenschaft, Kunst, Literatur und anderen kulturellen Bereichen haben Juden hervorragende und oftmals wegweisende und bahnbrechende Leistungen vollbracht, sind auch dort nicht selten überproportional (gegenüber ihrem Bevölkerungsanteil) vertreten.
    Erst kürzlich bin ich im YouTube-Kanal des Rabbiners Julian-Chaim Soussan auf sein Video “Jüdische Piraten” gestoßen (https://youtu.be/9Uo1_DDC79g), das mir die bedeutende Rolle von Juden und Conversos vom Ende des Mittelalters bis tief in die Neuzeit hinein in Seefahrt, Handel und Politik aufgezeigt hat.
    Es sind wohl die gemeisterten Herausforderungen, die uns Menschen verbessern und wachsen lassen, wie auch in der biologischen Evolution es schon die ersten Lebewesen erfahren mussten. Juden sahen sich in den letzten 2000 Jahren vor sehr vielen Herausforderungen gestellt, denen sie nicht ausweichen konnten um als Individuum und als Gemeinschaft in meist ihnen feindlich gesinnter Umwelt überleben zu können. Was dann von ihnen auch viel Opfer abverlangte, sie aber auch schulte und in vielen Dingen deshalb besser werden ließ als andere.
    Auch deshalb sind 20 % der bisherigen Nobelpreise an jüdische Mitmenschen verliehen worden.

  29. @ lioninoil 23.08.2022, 20:08 Uhr

    „Mussi“ hat Ihren „Nicknamen“ falsch geschrieben, ich habe keinen Beitrag gefunden und daraus geschlossen, er will damit andeuten dass ich auch unter Ihren Nicknamen schreibe. Zumal wir uns, vermutlich hauptsächlich wegen einer ähnlichen beruflichen Prägung, beim Vergleich von Computertechnologie mit Philosophie ziemlich einig sind.

    Wir haben einmal in einem Blog über „Emulation von Hardware“ (ich glaube über das “Perzeptron”) diskutiert.

    Das mit dem „Examinieren“ im diesem Zusammenhang war ein Gag, weil uns ein ehemaliger Lehrer, Dipl.-Ing. S. (ich schließe nicht aus, dass Sie der Lehrer waren) uns sehr anschaulich, wie es in der Elektronik üblich ist, das Konzept erklärt hat.

  30. Nachtäglich bzw. ziemlich verspätet noch etwas zum obigen Kommentar des (siehe fogendes Zitat) Forenten “Paul S” und generell etwas zu ihm:

    Paul S
    20.08.2022, 23:06 Uhr

    Doch all das muss durchgefüttert werden. All das steht und fällt mit den Brötchen. Selbst wenn man seine Sichtweise spaßeshalber auf die kulturellen Aspekte beschränkt, selbst wenn man sich nur den Buchstaben-Flohzirkus vorknöpft – die Brötchen bleiben der Dompteur in der Arena. Ich denke ständig über ein neues, verbessertes Wirtschaftssystem nach, ein Nachfolgemodell zu einem Kapitalismus, das sich zum Kapital verhält, wie Kastration zur Großfamilie. Und wenn die Juden weiter einen auf intellektuell machen möchten, könnten sie ihren Hintern da auch mal hochkriegen. Auch wenn man nach dem Marx-Desaster etwas entmutigt sein dürfte. Irgend jemand muss es ja tun, und ich bin zu dämlich.

    Das lieber Paul S, haben andere auch schon mal kürzer gesagt:
    “Its the economy, stupid! ” (-:

    Aber nichts für ungut, Paul S. Sie sind einer der wenigen Gründe, warum ich hier überhaupt noch in den Kommentarthread reinschaue. (Mal abgesehen von begrenzten “Aufmerksamkeitsressourcen” , die allein schon von dem aufgefressen werden, was zu tun ist, wenn man bei den aktuellen Geschehnissen halbwegs den Durchblick behalten will.)

    Sie – Paul S – sollten (falls sie es nicht unter anderem Pseudonym eh schon tun) eigentlich eine eigene website bzw. einen eigenen blog betreiben.

    Die (wenigen) anderen, die es wagen , in Herrn Blumes Blog dessen Ansichten auch mal Kontra zu geben bitte ich um Nachsicht dafür , dass ich sie jetzt hier nicht extra namentlich aufführe.

    • Wird Ihnen die eigene Opfer-Simulation denn nicht irgendwann peinlich, @little louis? Falls es Ihnen um Mitleid geht – meines haben Sie längst. Ihre von Rassismus, Verschwörungsmythen und Bitterkeit durchzogene Welt-Anschauung muss sich furchtbar & verkleinernd („little“) anfühlen…

  31. Sehr geehrter Herr Blume,

    Vielen Dank für Ihre Beiträge. Ihre Argumentationsweisen sind ein grandioser input. Es ist eigentlich nicht meine Art (sagt auch der Troll), aber ich “muss” die Assoziationskette, die Sie ausgelöst haben, hier- in diesem geschätzten Forum, einmal kundtun. Nur Stichpunkte, eh viel zu lang. Keiner redet von Genie, hoffentlich verortet man mich noch auf der richtigen Seite zwischen (einigermaßen) gesundem Menschenverstand und (komplettem) Wahnsinn: 

    Die “Erfindung”- Standardisierung/Normung- der Alphabetschrift hat “zertifiziert Hebräisch Lesende/Schreibende” jahrtausend(e)lang zu  entscheidenden IT- Spezialisten gemacht. 

    In poströmischer Zeit der “paneuropäische Kitt”. Handelsverträge, Devisentausch und natürlich Wissenstransfer,… zwischen Zwergenstaaten.

    Für einige Fürsten dann Antisemitismus als billiges Druckmittel- oder vereinfachtes Insolvenzverfahren.

    Auf dem Schritt zur Moderne (Assoziationen zu Ihrer Alpenraumhypothese: Inntal, Bergbau, frühe Organisationsformen der Wanderarbeiter, Schwazer Thaler, Dollar, die Fugger, … langsam wird der Faden etwas dünn…) hätte sich fast ein “Esperanto”, mit signifikant hebräischer/jiddischer Prägung in zentraleuropäischen Schlüsselindustrien durchgesetzt. 

    Allerdings drückte ein neuer IT-Anbieter auf den Markt. Jetzt gibt es erstmals automatisierte Datenreplikation- als “Programmiersprache” ein mitteleuropäisches “Kauderwelsch”, das wir heute Deutsch nennen (und es dann knapp verfehlt hat, in der “neuen Welt” Amtssprache zu werden).

    Einen glühenden Antisemiten nennt man Luther beiläufig im Feuilleton… 

    Provokativ: Ist die Genese des Deutschen rudimentär mit einer Konkurrenz zum Hebräisch/Jiddischen verbunden? Antisemitismus als eine “deutsche Grunderzählung”? Für mich würde das einiges erklären…

    Mit freundlichen Grüßen

    Sebastian Brutscher

    • Vielen Dank für die spannenden Assoziationen, @Sebastian Brutscher! Ich stimme Ihnen zu, dass aus der Medienperspektive neue und aufregende Thesen erwachsen, deren Formulierungen und Prüfungen wahrscheinlich noch Jahrzehnte andauern werden!

      So sehe ich beispielsweise – konkret zu Ihrer Frage – nicht, dass „Deutsch und Jiddisch“ von Anfang an in Konkurrenz zueinander standen. Denn tatsächlich wurde Aschkenasisch als Judendeutsch (!) bis ins 20. Jahrhundert ganz selbstverständlich als deutsche Sprache wahrgenommen. Erst im 20. Jahrhundert wurde es mit der aus dem Englischen übernommenen Bezeichnung Yiddish / Jiddisch sprachlich „ausgebürgert“.

      Mir scheint, der Antijudaismus (auch bei Luther) und später dann rassistische Antisemitismus hat seine Verschwörungsmythen und seinen oft mörderischen Freund-Feind-Dualismus immer wieder erst nachträglich begründet! Dies würde auch besser dazu passen, dass die antisemitischen Verschwörungsmythologien auch selbst immer wieder dem Medienwandel unterliegen, vgl. Filme wie „Jud Süß“ oder die derzeitige, digitale Polarisierung.

      Ihnen Dank für das lebendige Interesse, bitte bleiben Sie dran! 🙏🖖

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