Dürfen Deutsche auch die israelische Regierung kritisieren? Wenn sie echte Freunde Israels sind, dann sollten sie auch das!

Am Freitag sprach ich auf Einladung der Model United Nations Baden-Württemberg (MUNBW) wieder mit zahlreichen jungen, politisch hoch interessierten Menschen.

Dr. Michael Blume strahlend daheim in einer schwarz-weißen Küchenschürze der Model United Nations Baden-Württemberg (MUNBW).

Diese UN-Schürze für den modernen Mann bekam ich von den engagierten MUNBW-Aktiven. Der Dialog auch mit den jungen Menschen hat mir große Freude gemacht. Foto: privat

In den Fragen stand dabei klar mein Bekenntnis zur wissenschaftlich soliden und international anerkannten IHRA-Arbeitsdefinition von Antisemitismus, zur deutschen Staatsräson als Abkehr von fossilen Gewaltenergien, der Verteidigung der demokratischen Gewaltenteilung und der Frauenrechte auch in Israel, aber auch meine Kritik an den von Benjamin Netanjahu genehmigten Hamas-Gasgeldern aus Katar und an der rechtsextremen Siedlungspolitik. Einige kannten den Podcast „Verschwörungsfragen“ und hatten längst KI-recherchiert, wie der Antisemitismusvorwurf von US-amerikanischen, israelischen und deutschen Rechtsdualisten auch gegen Baden-Württemberg missbraucht worden war.

In den USA wird zunehmend kritisch über das sog. Project Esther der Heritage Foundation (bekannt auch durch das Trump-nahe “Project 2025”) diskutiert, nach dem jede Kritik an der amtierenden, israelischen Rechtsregierung als Hamas-Unterstützung geframed werden solle. Solche absurden Vorwürfe wurden beispielsweise auch gegen den französische Präsidenten Emmanuel Macron, den britischen Premierminister Keir Starmer und dessen kanadischen Kollegen Mark Carney gerichtet.

Dabei wird gerade auch den ortskundigen Freundinnen und Freunden Israels immer deutlicher klar: Wenn es keinen Frieden und keine Einigungen zur Wasserkrise gibt, wird in wenigen Jahrzehnten die gesamte Region für alle Völker und Staaten unbewohnbar sein. Die letzten Feiern zum israelischen Nationalfeiertag Jom ha’Atzmaut mussten bereits wegen massiver Waldbrände abgesagt werden!

Die Fahnen der Republik Israel links, der Bundesrepublik Deutschland in der Mitte und der Europäischen Union rechts in einer Solarpunk-Umgebung.

Wer eine gemeinsame Zukunft der Europäischen Union und der Republik Israel erleben will, muss Dialog und Frieden schon im Hinblick auf die Klima- und Wasserkrise fördern. Michael Blume mit Leonardo.ai

Deutlich wurde auch bei den zahlreichen MUNBW-Anfragen an mich, dass die israelischen Rechtsextremisten, Rassisten und Siedler die anfangs enormen Sympathien auch der Jugend in Deutschland für die Opfer und Geiseln des Hamas-Terrormassakers vom 7. Oktober zynisch überstrapaziert haben. Verständnis etwa für die israelische Siedlungspolitik im Westjordanland begegnet mir unter jungen Menschen fast überhaupt nicht mehr, sondern fast nur noch bei Evangelikalen und islamfeindlichen Faschisten.

Die israelische Regierung lässt sowohl die Geiseln wie auch ihre treuesten Verbündeten quer durch Europa im Stich. Was sich etwa der DIG-Präsident Volker Beck oder der Stuttgarter DIG-Vorsitzende Oliver Vrankovic im Netz von rechts und links bieten lassen müssen, geht auf keine Hutschnur mehr. Auch etwa Meron Mendel und Saba Nur-Cheema berichten in ihrer neuen FAZ-Kolumne, sie würden gleichzeitig als “pro-israelisch” und “pro-palästinensisch” beschimpft: 

“Wenn wir über den Schmerz der israelischen Bevölkerung nach dem 7. Oktober 2023 sprechen, bedeutet das nicht, dass wir israelische Kriegsverbrechen gutheißen. Und wenn wir Solidarität mit den hungernden Menschen in Gaza fordern, heißt das nicht, dass wir die Hamas verharmlosen.”

Und auch die engagierte Menschenrechtsaktivistin Düzen Tekkal, der ich in Pforzheim zum Friedenspreis laudieren durfte, musste von grotesken, linksdualistischen Anfeindungen berichten:

“Unsere Ausstellung zeigte das jesidische Kulturarchiv – einen Raum des Erinnerns an den Genozid. Dort saßen IS-Überlebende, Menschen, die ihren Vater und Bruder an die Terrormiliz verloren haben und kurz zuvor schilderten, dass sie sich auch in Deutschland nicht sicher fühlen. Und dann stürmten propalästinensische Aktivisten den Raum, filmten und beleidigten uns.”

Da ich selbst zu dem Thema ja schon vielfach gesprochen und gebloggt habe, poste ich statt eines weiteren Erklärtextes hier meine Antworten auf ein aktuelles Interview mit dem Reutlinger Generalanzeiger (GEA):

Frage: Darf man als Deutscher das Handeln des israelischen Staates kritisieren?

Der schreckliche Mord an zwei Mitarbeitenden der israelischen Diplomatie in den USA, von denen einer auch deutscher Staatsbürger war, unterstreicht: Es gibt keine Rechtfertigung für Hass und der ist auch keine Kritik.

Klar ist: Wenn man ein ehrlicher Freund von Israel ist, dann muss man auch israelische Politik diskutieren. Auch die Mehrheit der israelischen Bevölkerung ist unzufrieden mit dem Kurs der aktuellen israelischen Regierung und Zigtausende demonstrieren für Frieden. Also ja: Freunde von Israel sollten ehrlich und kritisch sein, so wie Freunde von Frankreich oder der USA auch. Das ist im privaten Umfeld genauso: Man will Freunde, die einem in vielem Verständnis entgegenbringen. Die einem aber auch widersprechen, wenn man falsch liegt – ohne den Oberlehrer zu geben. Diesen Wunsch gegenüber Deutschland erlebe ich auch bei meinen israelischen Freundinnen und Freunden.

Wo ziehen Sie die Grenze zwischen legitimer Kritik und Antisemitismus?

Es gibt eine Definition von Antisemitismus, die von den meisten Politikern und Wissenschaftlern geteilt wird. Vorgelegt wurde sie von der IHRA, der Internationalen Allianz zum Holocaustgedenken. Das ist eine internationale Organisation mit 35 Mitgliedstaaten, auch Deutschland gehört dazu. Die Antisemitismus-Definition besagt: Man darf die Politik Israels kritisieren genauso wie die Politik jedes anderen Staates. Aber man muss bei der Bewertung dieselben Kriterien wie bei anderen Staaten anlegen, man darf nicht mit zweierlei Maß messen.

Ein Beispiel: Pakistan, überwiegend muslimisch und Myanmar, überwiegend buddhistisch, wurden fast zur gleichen Zeit gegründet wie Israel. Dort gibt es auch Gewalt und Kriege. Aber darum fordert niemand, alle Muslime oder alle Buddhisten zu boykottieren oder diese beiden Länder zu zerschlagen.

Genauso verhält es sich mit Israel: Es ist legitim, die Kriegsführung der israelischen Regierung zu kritisieren: dass sie den Tod von Zivilisten in Kauf nimmt, Hunger als Waffe einsetzt, Palästinenser vertreibt. Aber es wäre antisemitisch, Juden als Kindermörder zu bezeichnen. Es ist legitim, die Länge des Militäreinsatzes zu kritisieren: weil die Hamas nicht zerstört wird, solange die Organisation weiter von Iran und Katar finanziert wird. Aber es wäre antisemitisch, Israel das Recht auf Existenz und Selbstverteidigung abzusprechen. Dort verläuft die Grenze.

Israel hat viel internationale Sympathie verspielt: durch die Bombardierung von Schulen und Krankenhäusern, durch die Blockade von Hilfsgütern, durch die vielen zivilen Opfer unter den Palästinensern. Nehmen Sie diesen Imageschaden in Baden-Württemberg auch wahr?

Ja, vor allem in der jüngeren Generation: Dort ist man wütend – auch Menschen, die lange Zeit solidarisch mit Israel waren.

Allerdings ist Gaza nicht der einzige Konflikt auf der Welt, wo Unrecht geschieht. Auch in Myanmar werden die Rohingya, eine muslimische Minderheit, diskriminiert und vertrieben durch eine Militärdiktatur. Ich würde mich freuen, wenn es für andere verfolgte Gruppen, etwa die Rohingya oder die Jesiden, ähnlich große Aufmerksamkeit gäbe wie für die Palästinenser. Aber da gibt es keinen vergleichbaren Aufschrei in der Öffentlichkeit. Das zeigt die Fixierung mancher gesellschaftlichen Gruppen auf Israel. Besonders ausgeprägt ist das in extrem rechten, extrem linken und islamistischen Milieus: In der Ablehnung gegen Israel treffen sich die Extreme.

Die EU stellt das Assoziierungsabkommen mit Israel in Frage. Reichen Appelle nicht mehr? Braucht es jetzt Taten?

Zur Außenpolitik halte ich mich als Beauftragter der Landesregierung Baden-Württemberg zurück. Diese ist Aufgabe der Bundespolitik und der EU-Politik. Deutschland gilt als israelfreundlich. Einige europäische Länder haben Deutschland vorgeworfen, Alleingänge zu machen. Jetzt stimmt Deutschland sich mit den europäischen Partnern stärker ab. Das finde ich gut. 

Deutsche Politiker üben kaum Kritik an Israel. Ist Zurückhaltung geboten wegen der historischen Verantwortung? Oder sollte Deutschland Israel gerade darum auf Risiken des eigenen Handelns hinweisen? Etwa, dass es sein Verhältnis zur muslimischen Welt und seine internationale Wertschätzung beschädigt und damit seine Sicherheit gefährdet.

Ich nehme bei der deutschen Politik keine generelle Zurückhaltung mehr wahr. Kanzler Merz hat am Tag seiner Wahl gesagt, dass er sich große Sorgen um Israel macht. Außenminister Wadephul ist kurz nach Amtseinführung nach Israel gereist und hat dort ein sehr kritisches Gespräch geführt. Wenn Angela Merkel Recht hatte, dass die Sicherheit Israels deutsche Staatsräson ist, dann gehört dazu, den obersten Gerichtshof und die Gewaltenteilung in Israel zu verteidigen. Das wünschen sich auch viele Israelis: Ein verbündetes Deutschland, das sich traut, etwas zu sagen. Aber bitte nicht als Oberlehrer, sondern im Dialog. 

Sie sind mit vielen Mitbürgerinnen und Mitbürgern jüdischen Glaubens im Gespräch. Wie bewerten diese das Vorgehen der israelischen Regierung im Gazastreifen?

Die jüdischen Gemeinden sind ebenso bunt wie die deutsche Gesellschaft insgesamt: Der Anschlag der Hamas am 7. Oktober 2023 war für Israel das schlimmste Massaker seit der Schoa. Seit damals wurden nie wieder so viele jüdische Menschen an einem Tag getötet. Übrigens wurden nicht nur Juden ermordet, sondern auch Muslime, Christen und Buddhisten: Die Hamas hat da keinen Unterschied gemacht. Damals gab es eine breite Solidarisierung mit Israel unter Demokratinnen und Demokraten. So war das auch in den jüdischen Gemeinden in Deutschland.

Doch auch dort bekommen inzwischen immer mehr Menschen Zweifel am Kurs der israelischen Regierung. Dabei geht es nicht nur um die Vertreibung der Palästinenser aus Gaza, sondern auch um die neuen jüdischen Siedlungen im Westjordanland, die Reform der Justiz und die Aushöhlung der Gewaltenteilung. Der Zentralrat der Juden in Deutschland hat Israels Regierung aufgefordert, die Bevölkerung in Gaza wieder mit Lebensmitteln zu versorgen.

Verschärft der Gaza-Konflikt den Antisemitismus in Deutschland? Was erzählen Betroffene?

Antisemiten brauchen keinen Gaza-Konflikt. Antisemitismus ist älter als die Republik Israel. Der Großmufti al-Husseini, ein Verbündeter von Hitler, ließ schon zuvor in Palästina Menschen ermorden und 1941 im Irak Pogrome durchführen. Israel ist nicht der Grund für Antisemitismus. Doch eine falsche Art der Kriegsführung macht es Antisemiten leichter, weitere Menschen auf ihre Seite zu ziehen.

Nach dem 7. Oktober 2023 vervielfachten sich antisemitische Vorfälle. An den Hochschulen wurden jüdische Menschen angegangen – nicht nur in den USA, Berlin und Nordrhein-Westfalen, sondern auch in Baden-Württemberg. Sie wurden bedroht, im echten Leben und in den sozialen Medien. Einige, auch ich, wurden mit dem umgedrehten roten Dreieck markiert: Mit diesem Symbol kennzeichnet die Hamas Militärobjekte in Israel als Abschussziele. Die Hamas rief einen „Tag des Zorns“ aus und appellierte an Muslime, Juden anzugreifen. In Baden-Württemberg passierte das an diesem Tag zum Glück nicht, aber es gab seitdem vermehrt Übergriffe und Gewalt. Auch jetzt noch haben wir nicht das Vorkriegsniveau erreicht, es gibt immer noch mehr Antisemitismus als vor dem Hamas-Anschlag.

Aber inzwischen haben sich auch jüdisch-muslimische Gruppen zusammengefunden, die sich gemeinsam für Frieden einsetzen. Das erlebe ich immer stärker. Auch dass immer mehr Menschen erkennen, dass wir es selbst sind, die mit dem Kauf von Öl und Gas aus Russland, Iran und Katar Kriege, Terror und Propaganda finanzieren. Wenn wir Frieden wollen, dann braucht es weniger kluge Ermahnungen. Dann müssen wir unser eigenes Verhalten ändern.

Sie stellen mehr Antisemitismus fest. Welche Rolle spielen digitale Medien?

Wir haben den traditionellen Antisemitismus. Der ist in Württemberg vor allem rechts motiviert, in Baden vor allem links. Zusätzlich gibt es Antisemitismus unter den Menschen, die zugewandert sind aus Osteuropa und aus der islamischen Welt. Das vermischt sich alles bei uns. Da läuft eine linke Esoterikerin plötzlich Seite an Seite mit einem rechten Querdenker. Die beiden haben kein gemeinsames Ziel, aber ein gemeinsames Feindbild. Diese Vermischung wird besonders durch das Internet vorangetrieben. Die größten Sorgen bereitet mir Tiktok, weil es vor allem junge Leute radikalisiert. 

Der Konflikt zwischen Israel und Palästina dauert bereits seit der Staatsgründung im Jahr 1948. Glauben Sie, Frieden ist möglich?

Die Hamas hat in weiten Teilen der arabischen Welt die Unterstützung verloren. In Gaza haben mutige Palästinenser gegen die Hamas demonstriert. Die Menschen werden nie vergessen, was die Hamas ihnen angetan hat. Dass sie diesen sinnlosen Krieg eröffnet hat, dass sie sie als Schutzschilde missbraucht hat, dass sie an der ganzen Zerstörung schuld ist. Im Libanon wurde die Hisbollah so weit geschlagen, dass die Regierung ihr Gewaltmonopol endlich wieder durchsetzen kann. Ägypten bekämpft die Muslimbrüder. Diese Entwicklungen machen Mut, dass Frieden möglich ist.

Das Problem bleibt aber: Russland, Iran und Katar haben kein Interesse am Ende des Gaza-Kriegs und anderer Konflikte in der Region. Sie finanzieren die Terror-Organisationen. Das Geld dafür erzielen sie aus dem Verkauf von Öl und Gas – auch an den Westen. Insofern bezahlen wir selbst den Antisemitismus. Es wäre glaubwürdiger, ihm endlich den Geldhahn abzudrehen.    

Wenn der Krieg in Gaza befriedet wäre: Wäre dann auch der Antisemitismus in Deutschland beseitigt?

Mit einer guten Friedenslösung für den Gaza-Konflikt hätten Antisemiten es schwerer, junge Leute zu rekrutieren. Trotzdem: Antisemitismus hat es vor dem Gaza-Krieg gegeben, Antisemitismus wird es nach dem Gaza-Krieg geben. Die Nazis haben Jüdinnen und Juden ermordet, da existierte noch keine Republik Israel. Wir Deutschen können nicht so tun, als käme der Hass nur aus dem Osten. Wer Antisemitismus ehrlich bekämpfen will, der fängt bei sich selbst und im eigenen Milieu an.

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Dr. Michael Blume studierte Religions- und Politikwissenschaft & promovierte über Religion in der Hirn- und Evolutionsforschung. Lehrbeauftragter am KIT Karlsruhe, Wissenschaftsblogger & christlich-islamischer Familienvater, Buchautor, u.a. "Islam in der Krise" (2017), "Warum der Antisemitismus uns alle bedroht" (2019) u.v.m. Hat auch in Krisenregionen manches erlebt und überlebt, seit 2018 Beauftragter der Landesregierung BW gg. Antisemitismus und für jüdisches Leben. Auf "Natur des Glaubens" bloggt er seit vielen Jahren für das Fediversum, Wissenschaft und Demokratie, gegen antisoziale Medien, Verschwörungsmythen und den Niedergang Europas.

17 Kommentare

  1. Wenn Deutsche etwas anderes, bzw. das Wirklich-wahrhaftige machen, also ein nachahmenswertes Vorbild sein würden, dann dürften sie die israelische Regierung kritisieren, aber so …, nee, besser nicht – Aber es ist nicht der Balken im Auge, es ist viel mehr das heuchlerisch-verlogene Brett vorm Kopf!?

  2. Man sollte eine Nation weder nur von Innen, noch nur von Außen beurteilen. Von weit weg fällt es mir leicht, Kritik zu äußern, aber als Israeli bin ich wiederum zu sehr in lokalen Ängsten und lokaler Betriebsblindheit verfangen. Ich bin wie Donald Trump gegenüber Europa – wir sind die Frontier, leben in einer instabilen Gefahrenzone, wir brauchen vor allem Sicherheit, klare Linien und klare Grenzen. Für Amerika sind wir nur 30 Silberlinge, mit denen sie am im globalen Kasino am Pokertisch zocken. Und wenn ich mir Prinzessin Trump ansehe, die Etepetete-Puderperücken in Washington oder die rückgratlosen Pfeffersäcke der EU, wenn ich mir die Ukraine ansehe, werde ich mich hüten, den Wilden Osten genauso rücksichtslos zu behandeln.

    [Wegen Überlänge und unangemessener Sprache gekürzt, M.B.]

  3. Hallo Herr Blume.
    Ich bin immer um einen neutralen, aber menschenfreundlichen, Standpunkt bemüht.
    Ich hoffe, dass auch der internationale Gerichtshof einen neutralen Standpunkt vertritt.
    Der internationale Gerichtshof meint:
    Generell verstoße die gesamte israelische Siedlungspolitik gegen internationales Recht.
    Der Link dazu ist hier: https://orf.at/stories/3364059/
    Wonach sollen wir uns nun richten?
    Mit freundlichen Grüßen, Karl Bednarik (aus Österreich).

    • @Karl Bednarik

      Wenn Sie den internationalen Gerichtshof, der ja auch von Österreich 🇦🇹🇪🇺 anerkannt wurde, als Autorität anerkennen, brauchen Sie doch dafür meine Zustimmung nicht, oder?

      Ich fand den gleichzeitigen Antrag auf einen Strafbefehl beim Internationalen Strafgerichtshof gegenüber einem Hamas-Funktionär und zwei israelischen Regierungsmitgliedern wegen der impliziten Gleichsetzung problematisch, fand es aber auch unklug, dagegen gleich wieder Antisemitismusvorwürfe zu erheben:

      https://www.swr.de/swraktuell/baden-wuerttemberg/antisemitismusbeauftragter-blume-kritisiert-netanjahu-100.html

      Aus meiner Sicht müssen wir nicht jede juristische Entscheidung gut finden, sollten jedoch unbedingt die Gewaltenteilung achten. Die expansive Siedlungspolitik der derzeitigen, israelischen Rechtsregierung halte auch ich für völkerrechtswidrig und zudem für unklug, da die Klima- und Wasserkrise im Nahen Osten längst alle Völker und Staaten bedroht. Ich sehe nicht, dass militärische Gewalt dies verhindern kann – eher im Gegenteil. Wer wie ich ein dauerhaftes Israel 🇮🇱 will, sollte die Befreiung der Geiseln, eine schnelle Reduktion fossiler Gewaltenergien, Dialog und Wasser-Zusammenarbeit mit allen Nachbarn anstreben. Meine und empfehle ich, auch gegenüber israelischen Freunden & Diplomaten.

      https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/verschwoerungsfragen-51-anti-israel-bds-und-wasserkrise/

      Mit Dank und freundlichen Grüßen! 🖖 (aus Baden-Württemberg, also auch EUSALP)

  4. @Michael 01.06. 11:56

    „Die expansive Siedlungspolitik der derzeitigen, israelischen Rechtsregierung halte auch ich für völkerrechtswidrig und zudem für unklug, da die Klima- und Wasserkrise im Nahen Osten längst alle Völker und Staaten bedroht.“

    Im Nahen Osten sind freilich Hitze und Wassermangel durch den Klimawandel eine andere Dimension als in Mitteleuropa, wie eigentlich auch in Südeuropa.

    Entsalzungsanlagen mögen den Haushaltswasserbedarf decken können, für Landwirtschaft ist das allerdings überwiegend zu teuer. Da kann man vermutlich für weniger Geld einfach Lebensmittel auf dem Weltmarkt einkaufen.

    Ich hoffen jetzt mal nicht, dass Israel alle Palästinenser aus Gaza, dem Westjordanland und auch die Palästinenser mit israelischem Pass komplett vertreiben will.

    Offenbar kann man in der ganzen Region eigentlich nur für Haushaltswasser und eine stabile Stromversorgung mit PV-Modulen sorgen, und sich hier ein florierendes urbanes Leben aufbauen. Lebensmittel muss man wohl überwiegend dauerhaft importieren. Für frisches Obst und Gemüse kann das vorhandene Wasser noch reichen, für Grundnahrungsmittel und Futtermittel dürfte es beim besten Willen einfach nicht mehr reichen.

    Es erscheint mir dabei ziemlich sinnlos, sich um Wüstengrundstücke zu streiten.

    Zumindest wenn man weiterdenkt, und sich eine Zeit vorstellt, in der weltweit kein Markt mehr für Öl und Gas existiert.

  5. @Michael 01.06. 18:36 / Felo.ai

    „Die Kosten für die Produktion von einem Kubikmeter (m³) entsalztem Wasser in Israel liegen zwischen 2,0 und 3,0 NIS (Israelische Schekel). Dies entspricht etwa 0,50 bis 0,65 US-Dollar pro Kubikmeter.“

    Für den Haushaltsgebrauch ist das erschwinglich, für Obst und Gemüse grenzwertig, und für Grundnahrungs- und Futtermittel wohl zu teuer. Dafür müssten die Produktionskosten wohl nochmal deutlich günstiger werden.

    Dann wäre das aber was für alle Wüstengegenden, die am Meer liegen. Insbesondere wenn die nötige Energie für die Entsalzungsanlagen von PV-Modulen kommt. Kann das noch ein Lichtblick werden?

  6. Hallo Herr Jeckenburger, hallo Herr Blume.
    Die Landwirtschaft mit ihrem hohen Wasser- und Flächenbedarf lässt
    sich durch Power-to-Protein und Single-Cell-Protein ersetzen, was
    im Hinblick auf Sparsamkeit und Klima-Resistenz klar überlegen ist.
    Zum Beispiel wird das von den Firmen Solar Foods und econutri gemacht.
    Falls man unbedingt Tiere essen will, dann kann man sie ja mit
    dem Single-Cell-Protein füttern (ineffizient und inhuman).
    —–
    Irgendwann wird es auf jeden Fall großflächige Katastrophen geben,
    zum Beispiel, aber nicht nur, der Ausbruch der Phlegräischen Felder,
    und dann sollte für jeden Menschen ein Platz in einem Bunker, und
    die gesicherte Versorgung mit Single-Cell-Protein bereit stehen.
    Wenn die Katastrophe da ist, dann ist es zu spät für die Vorbereitungen.
    Natürlich sollte man auch Energieträger einlagern, bevor die
    Photovoltaik (Ascheregen) und die Windenergie (Stürme) gestört sind.
    Ich glaube, dass das ein Beispiel für positiven Longtermismus ist.
    —–
    https://de.wikipedia.org/wiki/Power-to-Protein
    https://de.wikipedia.org/wiki/Einzellerprotein
    Mit freundlichen Grüßen, Karl Bednarik.

  7. @Karl Bednarik 02.06. 11:40

    „Die Landwirtschaft mit ihrem hohen Wasser- und Flächenbedarf lässt sich durch Power-to-Protein und Single-Cell-Protein ersetzen,…“

    Da warte ich nun schon länger drauf. Das kommt jetzt auf die Kosten, die Bekömmlichkeit wie auch auf den Geschmack dieser Produkte an. Ökologisch und Energetisch ist es auf jeden Fall eine Revolution. Selbst wenn es dann überwiegend nur als Tierfutter genutzt wird.

    „Falls man unbedingt Tiere essen will, dann kann man sie ja mit dem Single-Cell-Protein füttern (ineffizient und inhuman).“

    Wenn hier gleich gut essbares tierisches Protein und tierisches Fett produziert werden kann, sinkt dann wohl der Bedarf für Tierhaltung ganz erheblich. Ineffizient ist die Tierhaltung allemal, aber wenn es sonst nicht schmeckt, kommt man da nicht dran vorbei. Inhuman eigentlich nicht, wenn es den Nutztieren wirklich gut geht. Wir Menschen sind nun mal auch Raubtiere.

    „Natürlich sollte man auch Energieträger einlagern, bevor die Photovoltaik (Ascheregen) und die Windenergie (Stürme) gestört sind.“

    Nur die anstehende Klimakatastrophe können wir mit einer zügigen Energiewende entschärfen. Die anderen Risiken sind schwieriger zu managen. Alles was sich eben lagern lässt, kann aber helfen, extreme Katastrophen zu überstehen.

    Wir könnten dann z.B. bei einem Supervulkanausbruch die Energievorräte vorrangig für Power-to-Protein und Single-Cell-Protein verwenden. Dann werden wir nur frieren, aber nicht verhungern.

    Und wenn wir weiterhin ziemlich viele Tiere halten, kann man die alle schnell schlachten, direkt essen, und die eingesparten Futtermittel dann selber verzehren. Wenn hier dann noch Kapazitäten von Power-to-Protein und Single-Cell-Protein frei werden, um so besser. Soweit wie denn die Energievorräte reichen zumindest.

    Was jetzt gar nicht mal so finster aussieht. Windenergie wird es weiter geben, und auch eine Verdunklung durch Aschewolken kann gerne 50% betragen, dann müssen wir eben viel Aktivität einstellen. Und uns auf Power-to-Protein und Single-Cell-Protein konzentrieren, bis es irgendwann wieder heller wird. Und auch die normale Landwirtschaft wieder möglich wird.

    So kann dann paradoxerweise die Tierhaltung in Kombination mit Bakterienkost uns Menschen beim Überleben auch extremer Naturkatastrophen helfen.

    • @Tobias Jeckenburger & @Karl Bednarik

      So sehr ich Dialoge über neue Nahrungsalternativen schätze, scheint mir hier nicht ganz der richtige Ort dafür zu sein. Im Nahen Osten tobt ein Mehrfronten-Krieg, wesentlich finanziert durch unsere Importe der fossilen Gewaltenergien Erdöl und Erdgas.

      So schreibt die Ricarda Louk aus Ravensburg, Mutter der von den Hamas-Terroristen ermordeten Shani Louk:

      https://www.juedische-allgemeine.de/politik/vergesst-sie-nicht/

      “Vor einem Jahr, am 19. Mai, haben wir Shani zu Grabe getragen. Zwei Tage vorher war in Gaza ihre Leiche gefunden und geborgen worden. Diese Tage im Mai sind naturgemäß Tage der Erinnerung. Nicht, dass wir die bräuchten. Denn wir denken jeden Tag an Shani und fragen uns, was sie wohl tun würde, wäre sie nicht am 7. Oktober 2023 auf dem Nova-Festival gewesen. Wir versuchen, positiv zu bleiben und nach vorn zu schauen. Das gelingt nicht immer.

      Die Trauer kommt meist unvermittelt, und sie kommt in Wellen. Das wird wohl für den Rest unseres Lebens so sein. Meistens kommt sie, wenn man glaubt, dass gerade alles okay ist. Dann wird im Radio ein Lied gespielt, das uns an Shani erinnert. Aber so ist es eben. Wir müssen damit leben. […]

      Auch in meiner alten Heimat Deutschland haben viele Menschen schlicht vergessen, dass die Geiseln der Grund sind, warum es noch keinen Waffenstillstand in Gaza gibt. Sie haben auch vergessen, dass die Hamas weiter Krieg führt, dass sie weiter um sich schießt und noch längst nicht kapituliert hat. In den deutschen Medien gibt es nur wenig Anteilnahme an Israels Sorgen. Dabei sind auch deutsche Staatsbürger Geiseln in Gaza. […]

      Hier in Israel ist der Blick auf die Lage in Gaza natürlich differenzierter. Es gibt Mitgefühl auch mit der palästinensischen Zivilbevölkerung. Und es gibt Kritik an der Regierung Netanjahu, unter anderem, weil die Geiseln immer noch nicht frei sind. Auch ich finde die Politik der Regierung höchst problematisch.

      Vor allem aber gibt es hier in Israel einen großen Zusammenhalt. Nicht nur zwischen den Angehörigen der Opfer, sondern in der ganzen Gesellschaft. Der 7. Oktober ist für alle hier noch ganz frisch, als sei es erst gestern passiert. […]

      Vor allem Katar müsste viel mehr tun, damit die Geiseln freikommen. Ich finde es sowieso schwierig, dass Katar Vermittler sein soll. Katar ist nicht neutral. Die Regierung dort steht auf der Seite der Hamas. Es ist auch keine kluge Politik des Westens, nur Israel an die Wand drücken zu wollen, die andere Seite aber mit Samthandschuhen anzufassen.

      Je mehr Länder eingreifen und Druck ausüben, damit die Hamas die Waffen niederlegt, desto schneller kann dieser Krieg vorbei sein. Denn auch Israel leidet. Auch unsere jungen Leute kommen verletzt oder tot zurück. Fast täglich kommt es zu Raketenangriffen aus dem Jemen auf Israel. Keinen im Westen scheint das zu kümmern, zumindest so lange nicht, wie die Geschosse nicht in der Nähe des Flughafens einschlagen. […]”

      Ich habe es seit 2015 wieder und wieder und wieder gesagt, auch etwa in Leserbriefen oder an Israeltagen in Stuttgart: Wer wirklich will, dass der Krieg, das Morden, die antisemitischen Verschwörungsmythen sowohl im Nahen Osten wie auch in der Ukraine aufhören, möge den eigenen Verbrauch fossiler Gewaltenergien so schnell wie irgend möglich senken und auch politisch auf den Ausbau erneuerbarer Friedensenergien drängen.

      https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/endlich-glaubwuerdig-gegen-den-fossil-finanzierten-antisemitismus-einstehen-meine-rede-zum-heutigen-israeltag-2024/

      Wir können die Gewalt nicht besiegen, solange wir sie weiter fossil finanzieren. Niemand kann alles, aber alle könnten etwas für wirklichen Frieden tun.

  8. Die israelische Regierung darf kritisiert werden, ebenso wie Politiker, NGOs, Militärs, Einzelpersonen, etc., wenn die Kritik berechtigt und fundiert ist und mit Fakten unterfüttert

    Es darf aber eben NICHT pauschalisiert (“Die Israelis”, “der Staat Israel”) und im schlimmsten Fall dämonisiert werden. Stichwort Antisemitismus, der auch in einigen vorgeblich progressiven Kreisen zur Zeit so en vogue ist.

  9. @Michael 02.06. 17:21

    „So sehr ich Dialoge über neue Nahrungsalternativen schätze, scheint mir hier nicht ganz der richtige Ort dafür zu sein. Im Nahen Osten tobt ein Mehrfronten-Krieg, wesentlich finanziert durch unsere Importe der fossilen Gewaltenergien Erdöl und Erdgas.“

    Neben einem Ende von Öl und Gas wäre Power-to-Protein und Single-Cell-Protein doch eine echte Option für die trocken-heißen Regionen, wo die meisten Muslime wohnen.

    Wenn solche Nahrungsproduktion bezahlbar wäre, dann wäre man von Lebensmittelimporten unabhängig. Dann noch genug Meerwasserentsalzungsanlagen, und schon hat man auch da eine komplette Lebensbasis auf der Grundlage von erneuerbaren Energien.

    Insbesondere die dort verbreitet hohen Erträge von PV-Anlagen reichen dann auch für die Entsalzungsanlagen, für Power-to-Protein- und Single-Cell-Protein-Anlagen und das Wasser auch für Obst und Gemüseanbau. Am Besten inmitten von ganz gut klimatisierten Städten mit schön viel Grün dazwischen. Dafür reicht dann der eigene grüne Strom und auch das eigene entsalzte Meerwasser.

    Vielleicht wären das mal Aussichten, sich in der Region mit der eigenen Zukunft zu beschäftigen? Sozusagen Wüstensolarpunk. Dann sinkt auch der Bedarf an religiösen Endzeitfantasien, und damit fällt so mancher Wahnsinn gleich mit weg.

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