Die Evolution des Homo religiosus verstehen mit Friedrich August von Hayek – Evolutionärer Liberalismus

Seit Immanuel Kant (1724 – 1804) spricht es sich herum: “Anschauungen ohne Begriffe sind blind.” Beobachtungen und Daten können frei vor uns liegen, doch wir benötigen ordnende Begriffe und Thesen, um sie sinnhaft zu verstehen.

Genau einen solchen Aha-Moment verdankte ich vor vielen Jahren dem “Fatal Conceit” (1988) des liberalen Wirtschaftsnobelpreisträgers Friedrich August von Hayek (1899 – 1992). Dieser hatte sich mit seinem evolutionären Verständnis von Freiheit, leider weitgehend erfolglos, gegen die Dominanz der rationalistischen Homo oeconomicus-Modelle gestemmt – und daraus schließlich auch eine Theorie der Evolution von Religiosität und Religionen entwickelt, die ich an empirischen Beobachtungen messen konnte – und bestätigt fand. Plötzlich machten die religionsdemografischen Beobachtungen und Daten Sinn, waren die Anschauungen “sehend”.

Doch leider tun sich nach meiner Erfahrung Liberale und Illiberale gleichermaßen schwer, auch nur Hayeks Begriffe zur biokulturellen Evolution des Glaubens zu verstehen. Entsprechend verwende ich immer wieder Zeit darauf, den evolutionären Liberalismus nach F.A. von Hayek zu erläutern – nicht nur, weil ich ihn weltanschaulich ansprechend finde, sondern vor allem, weil er die doch komplexen, empirischen Daten zu ordnen vermag.

Und so bat mich schließlich auch die Friedrich August von Hayek-Gesellschaft, einmal die Gedanken ihres Namensgebers zu “Familie, Religion und Marktwirtschaft” in einer Broschüre zusammen zu fassen. Gerne können Sie diese bei der Gesellschaft bestellen, ich stelle hier jedoch auch gerne einen druckfähigen Scan der Broschüre zur Verfügung. Denn ob Sie sich nun selbst als freiheitlich, als evolutionär oder als nichts davon verstehen – die Arbeit an Philosophie und Begriffen lohnt sich, wenn dadurch die Anschauungen klarer werden. Vielen Dank für Ihr Interesse!

Broschüre 2017. Mit freundlicher Genehmigung zum Ausdruck für den persönlichen Gebrauch, Dr. Michael Blume.

 

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Dr. Michael Blume studierte Religions- und Politikwissenschaft & promovierte über Religion in der Hirn- und Evolutionsforschung. Uni-Dozent, Wissenschaftsblogger & christlich-islamischer Familienvater, Buchautor, u.a. "Islam in der Krise" (2017), "Warum der Antisemitismus uns alle bedroht" (2019) u.v.m. Hat auch in Krisenregionen manches erlebt und überlebt, seit 2018 Beauftragter der Landesregierung BW gg. Antisemitismus. Auf "Natur des Glaubens" bloggt er seit vielen Jahren als „teilnehmender Beobachter“ für Wissenschaft und Demokratie, gegen Verschwörungsmythen und Wasserkrise.

26 Kommentare

  1. ‘Religiösität eröffnet ein kooperatives und damit auch reproduktives Potential’, zweifelsfrei, wie bspw. auch von religiös angewiesener Antikonzeption ableitbar (oder vom religiös teilweise vorliegenden Besitz der Frau >:-> ).
    Wichtig hier das ‘Potential‘ (vgl. mit ‘potesse’, ‘posse’), die Möglichkeit.
    Insofern eine solide begründbare, empirisch begründbare Sicht (“Theorie”), die das Sein-Können meint,
    die nicht richtig sein muss, hinterfragbar und an fortlaufende Entwicklung gebunden bleibt.

    Zu ‘Anschauungen ohne Begriffe sind blind.’ – Theorien die Natur meinend, empirische, sind Sichten auf (näherungsweise, ausschnittsartig und an Interessen (!) gebunden erfasste) Daten, um Korrelation zu erkennen und Kausalität zuzuweisen (!, dann vom Erkenntnissubjekt letztlich wahlfrei).
    Diese Sichten benötigen Begriffe. (Es könnten in der Tat auf Grund empirischer Datenbasen auch Sichten ohne Begriffe entwickelt werden, die dann aber ‘blind’ wären, ohne (direkten Nutz-)Wert.

    Also no problemo here, das Homo-Oeconomicus-Modell ist OK, erklärt allerdings einiges unzureichend, sicherlich auch die Fortpflanzung.

    MFG + weiterhin viel Erfolg,
    Dr. Webbaer

  2. Korrektur :

    *
    auch von religiös angewiesener [Nicht-]Antikonzeption

    **
    (Es könnten in der Tat auf Grund empirischer Datenbasen auch Sichten ohne Begriffe entwickelt werden, die dann aber ‚blind‘ wären, ohne (direkten Nutz-)Wert. [)]

  3. Danke an Herrn Blume für das Überlassen seiner Schrift zu Hayek! Doch wie wird bei Hayek “Freiheit” aufgefasst, definiert? Ich sehe im neoliberalen System nur Systemzwänge. Wie gleicht es die Einflussmöglichkeiten der verschieden Mächtigen aus? Und Religion spielt da doch auch fast nur noch die Rolle des Ablenkens in entrückte Wunschgefilde.
    Schön, dass den Familien bei Hayek noch eine wichtige Funktion bleibt. Doch viele sind doch schon entwurzelt. Die familiären Zusammenhänge sind oft nur noch Oberfläche. Ich sehe das nicht so rosig.

    • Lieber Herr Kugler,

      vielen Dank für Ihr Interesse und Ihre Nachfragen! Von Hayeks Blick auf Freiheit ist ganz und gar nicht “rosig” – und er warnt ausdrücklich vor der Illusion, irgendein politisches oder wirtschaftliches System könnte den “Himmel auf Erden” verwirklichen. Solche Utopien gehörten seines Erachtens ganz klar in den Bereich der Religion, idealerweise nicht der politischen Religion…

      Denn bei von Hayek meint Freiheit vor allem die Freiheit jedes Menschen, Lebensentscheidungen selbst zu treffen: Also Freiheit “zu”, nicht nur “von” etwas. Und klar ist: Wer zum Beispiel eine Familie gründet, einen Beruf ergreift oder sich einer Partei, Gemeinschaft o.ä. anschließt, unterwirft sich auch immer “Systemzwängen”. Ich kann z.B. nicht Frau und Kinder haben wollen, dann aber darüber jammern, dass ich meine Freiheiten als Junggeselle wiederhaben möchte…

      Und was den Zustand der “familiären Zusammenhänge” angeht würde von Hayek davor warnen, durch zuviel staatliche Regelungen die Selbstorganisation zu ersticken. Stattdessen bestünde eine liberale Familienpolitik a la Hayek in der Bereitstellung förderlicher Rahmenbedingungen zum Beispiel durch ein faires Steuersystem (das nicht bestimmte Lebensmodelle, sondern das Aufziehen von Kindern begünstigt), einen lebendigen Wettbewerb unter Betreuungs- und Bildungsangeboten, einer Wertschätzung von kinderreichen Religionsgemeinschaften u.v.m.

      Persönlich bin ich i.S. “Zustand der Familie” zwar über die allzu niedrigen Geburtenraten in Deutschland besorgt, aber mittelfristig nicht allzu pessimistisch, zumal die Klage über “die verdorbene Jugend” und “die zerütteten Familien” so alt ist wie die Schrift:
      http://www.faz.net/aktuell/gesellschaft/menschen/das-wichtigste-im-leben-die-neue-lust-auf-familie-14917683.html

      Meine Frage dazu lautet dann immer: Wann und wo genau war es denn besser?

      • Der Mensch wird vor allem anderen durch die ihm angeborenen Grundbedürfnisse gesteuert.
        Die weiter führenden Wünsche des Menschen entstehen aus den Wechselwirkungen der angeborenen Grundbedürfnisse mit den Bedingungen der Umwelt.
        Der Mensch hat seine angeborenen Grundbedürfnisse nicht frei gewählt.
        Der Mensch kann nur dann völlig frei sein, wenn er alle seine angeborenen Grundbedürfnisse ablegt, und natürlich auch alle seine weiter führenden Wünsche.
        Die Freiheit, das zu tun, was man will, ist nur eine scheinbare Freiheit.

        • Mancher Buddhist würde Ihnen zustimmen, @Karl Bednarik! Und auch mancher theistischer Asket, der alles Eigene aufgeben und nur vom Göttlichen erfüllt sein mag (“Dein Wille geschehe”). Von Hayek würde diese Definition von Freiheit immerhin als eine mögliche respektieren.

          Aber liefe sie nicht letztlich auf eine völlige Negation auch des Menschen und eine Verneinung der Anthropodizee heraus?

          Interessierte Grüße!

          • Hallo Michael Blume,
            bevor man irgend etwas macht, sollte man sich bewusst machen, dass die eigenen Wünsche gar nicht aus einem selbst stammen.
            Als Marionette der genetischen und der kulturellen Evolutionsvorgänge kann man sehr schnell in anstrengende und gefährliche Situationen kommen.
            Selbstverständlich stammen auch die Wünsche nach Ruhe, Sicherheit und Freiheit ebenfalls nicht aus einem selbst.
            Aus diesem Grund gibt es keine allgemein gültigen optimalen Verhaltensweisen.
            Diese Tatsache wird noch dadurch verstärkt, dass alle Informationen und alle Deutungen der Informationen sowohl falsch als auch richtig sein können.
            Vermutlich sollte man alles was man will, und alles was man glaubt, nur mit sehr großer Zurückhaltung in die Tat umsetzen.
            Meine individuelle Strategie, die nur für mich alleine gültig ist, ist die goldene Regel, der Agnostizismus, die naturwissenschaftliche Theoriebildung, und großes Misstrauen gegenüber den psychologischen Tricks der Evolutionsvorgänge, während ich derzeit noch auf die Selbstmumifizierung verzichte, aber gerne biologisch unsterblich wäre.
            Mit freundlichen Grüßen, Karl Bednarik.

          • Lieber @Karl Bednarik,

            ja, die Gedanken finde ich schlicht und logisch. Gleichwohl verweisen sie m.E. auch klar auf eine negative Anthropodizee: Wenn wir nicht mehr seien als “Marionetten der genetischen und kulturellen Evolutionsvorgänge”, dann gibt es keinen guten Grund, weitere “Marionetten” (also: Kinder) hervorzubringen. Denn auch Liebe, Kindeswünsche etc. wären ja dann nur “psychologische Tricks der Evolutionsvorgänge”, wie Sie es nennen.

            Stimmt dies, oder habe ich in Ihrem Argumentationsweg etwas übersehen?

          • Lieber Herr Blume,

            ein wenig möchte ich da doch den Buddhismus verteidigen – ein Länzchen brechen 😉 – so es denn als solches rüberkommt.

            Ja, man kann — durchaus Mal (erschreckend, abschreckend) drastisch ausgedrückt — sagen, dass der Buddhismus letztlich die Selbstvernichtung (“Negation“) des Menschen lehrt. Das ist, kann man weiterhin sagen, widernatürlich/unnatürlich – gegen (so es ihn denn gibt) Gottes Gebot, Schöpfung.

            Das (außer dem auch Glück) Leiden in die Welt gebracht zu haben gehört sich nicht für einen (im monotheistischen Sinn) Gott.

            “Verneinung der Anthropodizee“. Anthropodizee ist (Internetdefinition) A: ** Die Verteidigung des Menschen – insbesondere seiner Vernunftbegabung – gegen die Anklage, welcher dieser aus dem Zweckwidrigen und Bösen in der Welt heraus gegen sich selbst erhebt.** Der Buddhismus klagt den Menschen nicht an, sondern konstatiert das Leid (und auch Glück). Dass der Mensch sich selbst anklagt (an die Brust schlägt) ist kein Wunder bei dem vielen Leid dass er erzeugt (in sich trägt). Dass er es erzeugt (in sich trägt) liegt am Leben, der Natur (Evolution – “und so“). Wobei das wiederum, so es ihn denn gibt, eine Schöpfung Gottes ist/wäre. B (Anwendungsbeispiel): **Wer um eine Theodizee bemüht ist, fragt nach einer Rechtfertigung Gottes in Anbetracht der Übel in der Welt. Wer um eine Anthropodizee bemüht ist, fragt nach einer Rechtfertigung des Menschen in Ansehung menschenverursachter Übel.** Für einen Monotheisten ist die Rechtfertigung Gottes eben die/seine Schöpfung. Plus halt die Evolution – “fressen und gefressen werden“. Weniger unkultiviert (“primitiv“) formuliert: Der (natürliche) Wille zum (Über-) Leben und/bzw. Erhaltung der Art (seid fruchtbar und mehret euch). C (Anwendungsbeispiel): **Längst ist eine Anthropodizee notwendig geworden, also eine Rechtfertigung des Menschen gegenüber einer Anthropologie, der zufolge WIR es gewesen sein sollen, die das Leid in die Welt brachten.** Wer das Leiden (und auch Glück) in die Welt gebracht hat weiß ich nicht – aber dass es (sehr) real existiert weiß ich – und dass es gut wäre, wenn es das Leid nicht gäbe. Nun denn: Wir arbeiten daran. Und: Im (ewigen) Paradies ist (soll) es weg (sein). Und es soll ja auch eine _ewige_ Hölle geben. Wofür? Für (nur) 1 Leben voller schlechter Taten? Das ist unfair.

            Es gibt auch buddhistische Asketen. Budd. Asketen als Gegensatz zu theistischen A., da es im Buddhismus keinen (“persönlichen“ oder Schöpfer-) Gott gibt (oder jedenfalls kein großes Thema ist). Die machen das um Anhaften zu reduzieren, da Anhaften Leiden schafft.

            Mit Herrn Bednariks Argumentation bin ich nicht so einverstanden – obwohl man eine gewisse Nähe zu buddhistischer Anschauung assoziieren kann. Besser gefällt mir Herrn Schrotts Denkart:

            https://www.youtube.com/watch?v=XXSvAWlEL2g

          • Vielen Dank, @Axel Krüger!

            Also, mir gegenüber brauchen Sie den Buddhismus nicht verteidigen – es ist m.E. eine der bedeutendsten Weisheitslehren unseres Planeten und (zumindest im Alltagsverständnis der meisten Buddhisten) auch eine der großen Weltreligionen.

            Sowohl die Theodizee- wie die Anthropodizee-Frage (die hier auf dem Blog immer wieder thematisiert wurde) zielen m.E. auf die Überwindung von Leid. Es ist m.E. außerordentlich faszinierend und erhellend, dass nicht-theistische Weltanschauungen inklusive dem Buddhismus dabei fast immer zu einer Verneinung der Anthropodizee finden. M.E. ist das auf Basis der Grundannahmen auch völlig schlüssig begründbar und zeugt von ethischer Sensibilität. Ich respektiere das sehr.

            Mit herzlichen Grüßen!

      • Denn bei von Hayek meint Freiheit vor allem die Freiheit jedes Menschen, Lebensentscheidungen selbst zu treffen: Also Freiheit „zu“, nicht nur „von“ etwas.

        Huch, lieber Herr Dr. Blume.

        • Lieber @Webbaer,

          freut mich, dass ich Sie aufscheuen konnte – auch dafür ist dieser Blog ja da!

          Aber ich finde von Hayeks Argumentation in dieser Sache sehr bestechend: Das Individuum, das von allen Bindungen und Selbstverpflichtungen frei ist, ist eben gerade nicht maximal “frei”, sondern am Ende wiederum völlig vom Staat abhängig (z.B. für Sicherheit, Krankheit, Altersversorgung etc.). Dagegen sind jene Menschen wirklich “frei”, die sich in selbstgewählten Gemeinschaften verbinden, beispielsweise in Familien, Vereinen, Religionsgemeinschaften usw. Selbstverständlich sind damit auch jeweils wieder Verpflichtungen verbunden, doch diese sind selbst gewählt, in ihnen verwirklicht sich gelebtes Menschsein. Und sie schützen vor einem übermächtigen Staat, der an die Stelle von Selbstorganisation die Zwangskollektivierung setzen möchte.

          Ich halte dieses Verständnis eines evolutionären Liberalismus für sehr viel glaubwürdiger – und auch wissenschaftlich überprüfbarer – als jeden Homo oeconomicus-Rationalismus, der von isolierten und rationalen Akteuren ausgeht, die es in Wirklichkeit so nie gegegeben hat…

          • Lieber Herr Dr. Michael Blume :

            Aber ich finde von Hayeks Argumentation in dieser Sache sehr bestechend: Das Individuum, das von allen Bindungen und Selbstverpflichtungen frei ist, ist eben gerade nicht maximal „frei“, sondern am Ende wiederum völlig vom Staat abhängig (z.B. für Sicherheit, Krankheit, Altersversorgung etc.).

            Janz jenau, das Individuum ist frei, aber nicht maximal frei, wenn es staatlich an aufklärerische Gesellschaftssysteme gebunden ist.
            Dies festzustellen bedeutet keine Paradoxien festzustellen, sondern Freiheit per se als gebunden zu betrachten – wie übrigens auch jeder Sozialist dies tut >:-> – ,abär doch ein (ganz) anderes Freiheitverständnis mit sich zu führen als dieser.


            Es gibt insofern im liberalen Raum auch Freiheitsverständnis, das sich vom Staat zu lösen weiß, Ihr Langzeit-Kommentatorenfreund hält dieses aber für böse und abwegig, Anarcho-Kapitalisten oder Anarchisten sind hier gemeint.
            (Insofern kann es leider leider auch Terrorismus von liberaler oder “liberaler” Seite geben, nicht nur theoretisch.)


            Niemand soll “maximal frei” sein, das Leben ist ein soziales.
            BTW, wie genau sind Sie, v. Hayek zitierend hierauf gekommen :

            Denn bei von Hayek meint Freiheit vor allem die Freiheit jedes Menschen, Lebensentscheidungen selbst zu treffen: Also Freiheit „zu“, nicht nur „von“ etwas.

            ?!

            (Frage, ernstgemeint Frage, Sie legen ja anscheinend immer auch ein wenig Wert auf die Wahrhaftigkeit im Austausch, Dr. Webbaer eher weniger.)

            MFG
            Dr. Webbaer

          • @Webbaer

            Ausführlich und interdisziplinär arbeitete von Hayek diesen Gedanken in “Die Anmaßung von Wissen” aus (J.C.B. Mohr 1996) aus. Ich überlege ernsthaft, ob ich mal Passagen aus diesem Grundlagenwerk hier auf dem Blog zur Diskussion stelle, allerdings sind wohl nicht alle Leserinnen und Leser so am evolutionären Liberalismus interessiert wie wir beide. 🙂

          • allerdings sind wohl nicht alle Leserinnen und Leser so am evolutionären Liberalismus interessiert wie wir beide

            Das war aber lieb festgestellt, werter Herr Dr. Michael Blume,
            MFG + weiterhin viel Erfolg,
            Dr. Webbaer

    • Freiheit wird im liberalen Sinne negativ verstanden, der Bürger ist frei von X, bspw. weitgehend frei [1] von Zensurm die Freiheit der Meinungsäußerung meinend, oder frei von Reiseeinschränkungen oder frei von sittlicher Richtigkeit, der Bürger darf insofern auch böse sein.

      Der Staat setzt hier insofern (negative) Rahmenbedingungen, auch die Unternehmerschaft meinend.

      Familie und Religion wären insofern Privatsache, jeder darf insofern tölpeln [2], sofern er nicht die Freiheit anderer (Mitbürger) einschränkt.
      Soweit die Idealtypisierung.

      Schlecht sieht es natürlich zurzeit i.p. Bestandserhalt aus, die Fertilitätsrate meinend, die bei ca. 1,4 und über zwei Generationen vorliegend das Gesamtvorhaben ein wenig in Frage stellt.
      Liberale meinend allerdings nicht, denn wenn Leutz sozusagen evolutionär abtreten, die unzureichend sozial sind Kinder zu bekommen und sie aufzuziehen, müsste dies zuvörderst eine zeitweilige Begebenheit meinend, sie ist nicht systemisch angelegt.
      Kann durchaus in wenigen Jahren überwunden sein.

      MFG
      Dr. Webbaer

      [1]
      Aufrufe zur Gewalt oder zu Gesetzesverstößen können leider leider nicht derart geduldet werden, die Intoleranz anzunehmen geht nicht, es ergibt sich hier auch eine gewisse Rekursion oder Tautologie.

      [2]
      Vgl. mit Ihrem ‘Ich sehe im neoliberalen System nur Systemzwänge.’
      Womöglich sind Ihnen andere ‘Systemzwänge’ in anderen Gesellschaftssystemen nicht umfänglich bekannt.

  4. Hallo Michael Blume,
    Es spricht einiges dafür, dass die Evolutionsvorgänge kein Ziel haben, und haupsächlich auf Zufall beruhen.
    (Wissenschaftliche Theorien sind grundsätzlich nicht beweisbar, müssen widerlegbar sein, und dürfen noch nicht widerlegt sein.)
    Einer der psychologischen Tricks der Evolutionsvorgänge besteht darin, den Menschen höhere Ziele und die Sinnhaftigkeit der Evolutionsvorgänge vorzutäuschen.
    (Streng genommen gibt es einen Konflikt zwischen der genetischen Informationsverarbeitung der Evolution, und der neuronalen Informationsverarbeitung des Gehirns, bei dem das Gehirn wesentlich schneller reagieren kann, wenn es nicht durch die psychologischen Tricks der Evolutionsvorgänge ausgebremst wird. Dazu kommt noch, dass wir die Gene viel schneller, und vor allem viel zielgerichter, verändern können als es die Evolution kann.)
    Die psychologischen Tricks der Evolutionsvorgänge haben logischerweise alle die Eigenschaft, ihre eigene weitere Existenz zu begünstigen, obwohl die Evolutionsvorgänge selbst keine Ziele, keine Gedanken, und keine Absichten haben können.
    (Die Evolution ist keine Person, kein direkt zusammenhängendes physikalisches Objekt, und besteht aus von einander zumeist unabhängigen Einzelvorgängen.)
    Auf die Empfindungen der Individuen wird von der Evolution natürlich keine Rücksicht genommen, denn die psychologischen Tricks der Evolutionsvorgänge führen zwangsläufig zu Konflikten zwischen den angeborenen Bedürfnissen sowohl innerhalb eines Individuums, als auch zwischen den verschiedenen Individuen.
    (Für die Evolutionsvorgänge ist Leid unwichtig, aber Konkurrenz und Fortpflanzung ist wichtig.)
    Zum Beispiel:
    Aggression und Angst führen sowohl zu inneren als auch zu äußeren Konflikten.
    (Die Evolutionsvorgänge begünstigen Konkurrenzvorgänge aller Art.)
    Paarungstrieb und Schmerzempfinden führen zur schmerzhaften Geburt, die biologisch erzwungen wird, daher ist ein Gebärtrieb nicht vorhanden.
    Selbsterhaltung und Angst führen zum angsterzeugenden Tod, der biologisch erzwungen wird, daher ist ein Sterbetrieb nicht vorhanden.
    —–
    Ich verfolge drei Zielvorstellungen (mein Weg gilt nur für Menschen, die mir ähnlich sind).
    Ich entferne meine Gene aus dem evolutionären Vorgängen (Kinderlosigkeit ist realisiert, und unschädlich).
    Ich vermeide alle unfreundlichen Wechselwirkungen mit anderen Lebewesen (zum Großteil realisiert, Kooperation ist unschädlich).
    Ich versuche mit Hilfe der Molekularbiologie und der Nanotechnologie unbegrenzt lange am Leben zu bleiben (in Arbeit, Optimismus ist unschädlich).
    Beim Erfolg der Lebensverlängerung wären dann meine Gene auch in der Zukunft immer noch vorhanden.
    Sterbliche evolvieren als Spezies, und Unsterbliche evolvieren als Individuen.
    Die Unsterblichen nehmen also den freien Platz ihrer nicht vorhandenen Nachkommen ein.
    Mit freundlichen Grüßen, Karl Bednarik.

    • Ach, was waren das noch für Zeiten, als Kritiker des Liberalismus mehr als plumpe Schlagworte im Angebot hatten!

      Aber wahrscheinlich verkläre ich die Vergangenheit: Jene, die früher Mao, Marx und Lenin huldigten, waren wohl schon vom gleichen, schlichten Schlag – stark im Verurteilen, schwach im Hinterfragen… 😉

      Wenn Sie meine Position dazu interessiert: Selbstverständlich lag auch von Hayek nicht immer richtig und hat u.a. den Kommunismus stärker eingeschätzt, als dieser real noch war – aber wer ihn “Marktfundamentalist” nennt, hat ihn tatsächlich nie gelesen…

  5. Noch ein Nachtrag zu meinem posting von gestern. Weil der, sozusagen, objektiver ist als gestern dieses eine-Person-Interview. Hier kommt auch ein Theist zu Wort. Wobei der, was ich nicht wusste, auch Zen-Buddhismus Erfahrungen hat [was ich, meine ich, schon öfters Mal i.Z.m. (insb. kath.) Christen gehört habe]. Wozu ich, wiederum, anmerken sollte, dass meine budd. Prägung mehr eine Theravada-buddhistische ist (auch Hinayana genannt) – was ich in einem posting auf ihrem Blog bereits Mal erwähnt habe. Und (dort) auch, dass ich mich vom Buddhismus (verglichen mit einer gewissen “Anfangseuphorie“) wieder etwas mehr distanziert habe (manches kritisch sehe).

    Was in dem FAZ Interview fehlt (zu dem man/ich natürlich einiges anmerken könnte) wäre eine dritte bzw. vierte (außer dem Journalisten der FAZ) Person gewesen. Ein, Mal so gesagt, _“reiner“_ Physiker (“Materialist“). Herr v. Rauchhaupt (der Journalist) und Herr Bauberger haben beide in Physik promoviert (Herr v. Rauchhaupt erwarb “aber“ auch das “Bakkalaureat“ der Philosophie an der Münchner Jesuiten-Hochschule). Herr Schrott hat fundierte Kenntnisse in Naturwissenschaft und ist akademisch – Schwerpunkt Geisteswissenschaft – (aus-) gebildet.

    http://www.faz.net/aktuell/wissen/geist-soziales/raoul-schrotts-erste-erde-und-die-religion-14590873-p13.html?printPagedArticle=true#pageIndex_13

  6. Sehr geehrter Herr Dr. Blume,
    es fällt mir schwer der Diskussion auf dieser Interlektuellen Ebene zu folgen, da ich diesbezüglich nicht über das hierfür nötige Basiswissen verfüge und Hajek nicht gelesen habe.
    Es heißt ja nicht umsonsonst das die Statistik ein zweischneidiges Schwert ist. Laut meiner subjektiven Meinung ist der Versuch die Vermehrung des Homo Sapiens , mittels der religonszugehörigkeit zu beschreiben, ein fahrlässiger Schwachsinn ist, da die Religion diesbezüglich nur eine von vielen Variablen ist.
    Das Bildungsviveau der Bevölkerung, sowie der Stand der Frau in der jeweiligen kulturellen Hirarchie der örtlichen Gesellschaft und der zugang zu Verhütungsmittel, sind wichtige Variablen welche nicht berücksichtuigt werden.
    Z.B. in streng muslimischen Länder, sind Frauen gezwungen der verdeckten Prostitution nachzugehen, um zu überleben. Da sie keinen Zugang zu Verhütungsmittel haben steigt zwagsläufig die Zahl der Geburten. Es würde mich nicht wundern das Kinder, welche zwangsläufig aus dieser Notsituation entstanden sind, sich vermehrt radikalen Gruppierungen anschließen, da ihnen der soziale Aufstieg im gesellschaftlichen Umfeld, verwehrt wird oder sogar unmöglich ist.
    Auch das verhalten der katholischen kirche im Bezug zur Schwangerschaftsverhütung in Länder der sog. dritten Welt, ist längerfristig gesehen kontraproduktiv und führt zwangsläufig zu einer Verschärfung von Notsituationen und massenwanderungen, welche historisch gesehen auch das römische Imperium zu Fall brachten.
    Bezüglich der Situation in Afrika, möchte ich auf den Artikel des Herrn Robert Engelmann in der Juni Ausgabe 2016 im Spektrum der Wissenschaft verweisen.
    http://www.spektrum.de/magazin/die-prognosen-fuer-afrikas-bevoelkerungswachstum-sind-alarmierend-nur-ungehinderter-zugang-der-fraue/1408643
    1. Seine erkenntnisse in Kurzform:Bis 2100 könnte die Bevölkerung Afrikas von heute 1,2 Milliarden auf 3 oder gar mehr als 6 Milliarden steigen, falls es bei den hohen Geburtenziffern bleibt. Das unerwartet starke Bevölkerungswachstum gefährdet die Lebensgrundlagen – nicht nur in Afrika.
    2. Ein deutlicher Rückgang der Geburtenziffer lässt sich nur erreichen, wenn die Frauen bessere Bildungs- und Berufschancen sowie mehr soziale und politische Mitsprache bekommen. Außerdem brauchen sie leichteren Zugang zu Verhütungsmitteln.
    3. Die Männer müssen lernen, über die Anzahl ihrer Kinder nicht allein zu entscheiden. Und sie müssen aufhören, ihren Frauen Gewalt anzutun, sobald diese Verhütung praktizieren.
    Aus diesen , meinem subjektiven empfinden heraus, ist die These das bevölkerungswachstum auf religiosität zu beschränken für grundlegend falsch und einen nicht haltbren Mythos.

    Liebe Grüße von einem Querdenker
    Kunzer Christian

    P.S ich schließe nicht aus das ich das Thema nicht richtig verstanden habe bzw. es in die falsche Kehle bekommen habe.

    • Lieber Herr Kunzer,

      vielen Dank für Ihren Kommentar – dem ich in großen Teilen völlig zustimmen kann.

      Denn tatsächlich haben Sie Recht: Sie haben das Thema “in die falsche Kehle bekommen”. Ich behaupte gar nicht, dass sich Menschen maximal vermehren und dazu religiöser werden sollten (oder ähnliches). Nein, ich erforsche und beschreibe, wie auch (!) Religion die menschliche Demografie beeinflusst. Sie ist dabei – wie Sie richtig erkennen und schreiben – nur “ein” Faktor in einem fast unendlich komplexen Gewebe mit anderen Faktoren wie Wirtschaft, Bildung, Freiheits- und Frauenrechten usw.

      Knapp gesagt war wissenschaftlich zu klären: Übt Religiosität auch demografische Einflüsse aus, die sich nicht durch andere Faktoren “wegerklären” lassen? (Fachdeutsch: Wirkt Religiosität auch als unabhängige Variable?) – Die Antwort darauf ist: Ja, auch wenn Religiosität (wie Sprache, Musik, Recht etc.) “immer” kulturell ausgeprägt wird und also immer in der jeweiligen Lebenssituation betrachtet werden muss.

      Überraschenderweise stellte sich dann auch noch heraus, dass der Wissenschaft zwar seit der Antike nichtreligiöse Bewegungen bekannt sind – dass es diesen aber bisher niemals gelungen ist, die so genannte Bestandserhaltungsgrenze von zwei Kindern pro Frau auch nur ein Jahrhundert einzuhalten. Dagegen kennen wir sehr viele religiöse Bewegungen, die über Jahrhunderte hinweg kinderreich – teilweise: extrem kinderreich – geblieben sind.

      Das Ganze ist komplex und deswegen finden Sie hier Blogposts, Videos und – wenn Sie wollen – auch ein Buch: “Religion und Demografie”. Aber bei all dem geht es zunächst einmal nur um die wissenschaftliche Erklärung und Beschreibung. Dass Friedrich August von Hayek da am Ende seiner lebenslangen Studien ein Bündel von Theorien erarbeitet hat, die sich dann wesentlich bestätigt haben, finde ich bemerkenswert und achte ihn (auch) deswegen sehr.

      Wenn Sie meine persönliche Meinung (also meine Werturteile) zu “Religion & Demografie” wissen wollen, dann in Kürze:

      1. Ich bin der Meinung, dass Religiosität niemals erzwungen werden sollte. Stattdessen sollte volle Religionsfreiheit mit einem vielfältigen, friedlichen Angebot an Religionen und Weltanschauungen bestehen – einschließlich der Möglichkeit, eben auch nicht religiös oder weltanschaulich aktiv zu sein. Nur freiwilliges Engagement – samt der Möglichkeiten von Kritik und auch Austritt – hat meines Erachtens ethischen Wert.

      2. Ganz ebenso bin ich der Meinung, dass Menschen sich freiwillig für oder gegen Kinder und Familie entscheiden können sollten. Wenn – wie zum Beispiel in Deutschland – deutlich zu wenig Kinder geboren werden, dann sollten Politik, Verbände, Kirchen & Religionsgemeinschaften, Unternehmen, Schulen usw. die Rahmenbedingungen für Familien verbessern – aber die Freiheiten jeder Frau und jedes Mannes achten, sich für oder gegen Kinder und Familie zu entscheiden.

      3. Wenn ich es mir wünschen könnte, fände ich weltweit eine recht stabile Bevölkerungsentwicklung gut: Die Zahl der Menschen sollte weder explodieren, noch implodieren, sondern recht stabil bleiben. Und jedes Kind sollte die Möglichkeiten für eine umfassende Bildung und dann ein freies Leben haben.

      Nochmal lieben Dank für Ihr Interesse! 🙂

  7. Sehr geehrter Herr Dr. Blume,
    herzlichen dank für ihre , für mich jetzt verständlichere, ausführliche Erläuterung. Zum besseren Verständnis , für meine Gehirnzelle, habe ich mir ihre Broschüre heruntergeladen.
    Bezüglich Entstehung der Religion
    In jungen Jahren beschäftigte ich mich viel mit Psychologie. Hierbei stieß auf C.G.Jungs Buch „Archetypen und das kollektive Unterbewußte“. Hierauf begann ich mich intensiver mit meinen Träumen auseinanderzusetzen. Hilfreich dabei war das Buch eines Schülers von C.G.Jung, des Herrn Günther Hanisch „Das große Traumlexikon“ .
    Träume spielen in allen sog. archaischen Kulturen,( egal ob im Drogenrausch oder ohne Zunahme von Hilfsmittel ) nach wie vor eine große Rolle. Dies wurde von Ethnologen in Ihren Untersuchungen , der Naturvölker, reichlich dokumentiert und beschrieben. ( siehe Amazonasvöler, Aborrigines, nordamerikanische Indianer usw.) ich denke das der moderne Mensch dies jedoch falsch verstanden hat , und von einer abstrakten Vorstellungswelt ausgegangen ist. Diese Betrachtungsweise ist jedoch, lt. meiner eigenen subjektiven Meinung, falsch. Es handelt sich hierbei real existierende Begebenheiten, welche unsere heutige Zivilasation nicht mehr wahrnimmt, obwohl jeder einzelne dies wahr nehmen könnte, würde er mit offenen Augen und wachem Verstand, für diese Begebenheiten, sein Umfeld beobachten. Diesbezüglich sehr schön in dem Film, „Der Schamane und die Schlange“ ; aufgezeigt.
    Einzig Franz von Assisi erkannte, das der sog. göttliche Funke in jedem Lebewesen , zu beobachten ist, und mit jedem Menschen, in Form von ungewöhnlichen nicht alltäglichen Begebenheiten zu kommunizieren versucht. Auch das Thomas Evangelium nimmt diesbezüglich eindeutig Stellung.
    „Spaltet ein Stück Holz, ich bin da. Hebt einenStein auf, ihr werdet mich dort finden. (Thomas 77) oder Gottes Herrschaft ist vielmehr {überall in dieser Welt] innerhalb und ausserhalb von euch (Thomas 3,3).
    Ausgehend von vorher beschriebener Betrachtungsweise, kann die lautstarke Begrüßung der Sonne, durch die Paviane, wie es die alten Ägypter beobachteten und zur Verehrung dieser, in Form ihres Sonnengottes Ra brachte, mich zu dem Schluß verleiten, das es sich hierbei um einen religiösen Akt in primitiver Form handelt. Es ist im Bereich des Vorstellbaren das auch unser Vorfahr der Australopheticus ähnlich primitive Form der Religionsausübung praktizierte. Sehr gut dokumentiert ist das Verhalten von Elefanten, wenn sie den Überresten ihrer Vorfahren begegnen. In meinen Augen ist dies ein praktizierter Totenkult. Ausgehend von der Tatsache das auch unsere Vorfahren , sog. Nahtod Erfahrungen machten, ließen sich hieraus, aus der Beobachtung der Verhaltensweise der Tiere und die nahtod Erfahrung einzelner Sippenangehöriger, nicht nur der archöologisch belegte Totenkult erklären, sondern auch der Ursprung des Glaubens an ein Weiterleben nach dem Tod erklären.
    Die Bildung einer religiös orientierten Hierarchie ist der nächste Schritt in meiner Überlegung und Betrachtungsweise. Ursache hierfür ist die wachsende Population einer Gruppe. Betrachtet man eine Gruppe nicht als einzelne Individuen, sondern als ein ganzes lebendiges Wesen, so erkennt man das dieses Wesen sich ganz und gar , nach den Gesetzmäßigkeiten der Evolution verhält und eine Eigendynamik entwickelt, welches sein Überleben und seine Vermehrung sichert.
    Die Frage welche sich mir aus vorheriger Betrachtungsweise stellt ist, wann ist der Punkt in der wachsenden Population erreicht, indem sich einzelne Schamanen zu Gruppen zusammenschließen um eine religiöse Hierarchie zu bilden ?
    Die ältesten Bauwerke mit religiösenm Charakter wurden in Göbekli Tepe entdeckt und dienten höchstwahrscheinlich einem Totenkult. Wurden diese Zeremonien von einzelnen Schamanen geleitet, oder hat sich schon hier eine religiöse Elite herausgebildet?

    Mit freundlichen Grüßen
    Kunzer Christian

    • Sehr geehrter Herr Kunzer,

      vielen Dank für Ihre Beobachtungen und Gedanken, denen ich viel abgewinnen kann!

      Besonders freut mich natürlich Ihr Interesse an der Evolution von Religiosität und religiösen Traditionen – haben Sie dazu die Gehirn & Geist-Titelgeschichte “Homo religiosus” (kostenlos abrufbar) schon gelesen?
      http://www.spektrum.de/magazin/homo-religiosus/982255

      Zwar haben wir über die steinzeitlichen Religionsformen selbstverständlich keine schriftlichen Zeugnisse, aber die Kombination von immer mehr archäologischen Funden, ethnologischen Vergleichsstudien und evolutionären Perspektiven erlaubt doch immer besser begründete Rekonstruktionen.

      Demnach wäre nach heutigem Kenntnisstand davon auszugehen, dass auch die vergleichsweise egalitären Wildbeutergesellschaften der Steinzeit bereits mehr oder weniger “begabte” Schamaninnen und Schamanen kannten und einerseits Ahnen und Tiergeistern huldigten, andererseits aber auch in Kindern z.B. Wiedergeburten “erkannten”. Zumal die Mutterschaft jeweils deutlich klarer als die Vaterschaft war ist zudem davon auszugehen, dass Frauen eine stärkere Rolle in den noch weniger formalisierten “religiösen Hierarchien” gespielt haben dürften, vgl.
      http://www.spektrum.de/magazin/homo-religiosus/982255

      Zu Göbekli Tepe ist in der aktuellen Ausgabe (!) von Spektrum der Wissenschaft ein faszinierender Artikel von Marion Benz erschienen, der die neuesten Forschungs- und Deutungsergebnisse vorstellt:
      http://www.spektrum.de/magazin/megalithische-bauten-kuendigen-ein-neues-zeitalter-an/1443899

      Ich hatte mich vor vielen Jahren einmal anläßlich einer Landesausstellung vertieft mit dem faszinierenden Fundort befasst und hoffe, auch in Zukunft einmal wieder dazu arbeiten zu können.

      Ihnen viel Freude beim Schmökern und Mit-Denken! 🙂

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