Die Entstehung der Rosenkreuzer im 17. Jahrhundert
BLOG: Natur des Glaubens
Schon vor der Ankunft der Freimaurerei auf dem europäischen Festland hatte der junge, württembergisch-lutherische Theologe Johann Valentin Andreae (1586 – 1654) zunächst anonym eine Schrift zur „Fama Fraternitas oder Brüderschaft des Hochlöblichen Ordens des Rosen-Creutzes“ (ab 1614) veröffentlicht. Darin wurde das Symbol des Rosenkreuzes – das auch zum Wappen Martin Luthers gehörte – mit einem geheimen, vermutlich fiktiven Christian Rosencreutz (1378 – 1484) in Verbindung gebracht, der im arabischen Orient in alle Geheimnisse der Natur eingeweiht worden sei und die Grundlagen des wahren, reformierten und allgemeinen Christentums (ohne Papst) entdeckt habe. Vielfach anschlussfähig konnten auf ihn also christlich-biblisches wie auch philosophisches, arabisch-islamisches, jüdisch-kabbalistisches und hermetisches „Wissen“ projiziert werden. Auch zu den verfolgten und zerschlagenen Tempelrittern, die im Orient gekämpft und gewirkt hatten und deren legendärer, nie gefundener Schatz oft als Gral interpretiert wurde, ließen sich leicht Verbindungen ziehen.
Christliche Kreuze, Vanitas-Symbole (Totenschädel, Sanduhr), das Licht der Aufklärung, alte Schriften, alchemistische Gefäße und Schalen. Im legendären „Rosencreutz, Christian“ konnte – und kann – über Symbole allerhand verbunden werden. Bild: J.A. Knapp
Schnell erschien eine Flut von Schriften für oder gegen die Existenz dieses mysteriösen „R. C.“, der 1604 in seinem Grab nebst Lehren unverwest gefunden worden sei.
Im liberaleren Großbritannien erblühte der „Rosicrucianism“ ebenso wie in Frankreich und ab 1654 ist eine alchemistisch-„rosenkreuzerische“ Gemeinschaft auch in Nürnberg belegt, zu der unter anderem G.W. Leibniz gehörte. Die Hoffnung auf eine „Generalreformation“ des Christentums durch die Bergung höheren Wissens und die Wiederherstellung des Wissens, das Adam am Baum der Erkenntnis erworben habe, beflügelte einzelne Gelehrte wie auch entstehende Gemeinschaften.
Unter den zahlreichen, rosenkreuzerischen Schriften erreichten einige weiteren Einfluss, so dass 1710 erschienene „Die warhhaffte und vollkommene Bereitung des Philosophischen Steins der Brüderschaft aus dem Orden des Gülden-und Rosen-Creutzes“. Als sich kurz darauf schließlich die Ideen und Strukturen von Freimaurerlogen in Europa ausbreiteten, verbanden sich freimaurerische und rosenkreuzerische Traditionen unter anderem in neuen „Bruderschaften der Gold- und Rosenkreuzer“. Einige von ihnen versuchten nun auch verstärkt andere Freimaurer zu gewinnen, indem sie ihre eigenen Lehren jenseits der Johannisgrade in Hochgradsystemen ansiedelten und bis nach Großbritannien hinein damit Erfolge erzielten.
So wurde in Traditionen eines „roten“, sich auf schottisch-templerische Traditionen berufenden Hochgrad-Ritus der Freimaurer der 18. Grad zum „Ritter vom Rosenkreuz“, der christliche Aspekte wie Jesus, das Kreuz und dessen Beschriftung INRI stark betont, jedoch auch esoterisch umdeutet.
Medaillon eines „Ritters vom Rosenkreuz“, eines „roten“ Freimaurer des 18. Grades.
Neben Krone, Rose und Kreuz – eingefasst in den Freimaurerzirkel – steht prominent das Symbol des Pelikans, der sich verletzt, um mit seinem eigenen Blut seine Jungen zu ernähren. Bild: Cro-maat
Im Gegensatz zu ihren kirchen- und regimekritischeren Verwandten erreichten einige der meist papstkritischen, aber christlichen Rosenkreuzer oft Duldung, Förderung und manchmal gar Teilnahme durch evangelische Landesherren. Dabei kam es jedoch auch zu erheblichen Rückschlägen – beispielsweise als bekannt wurde, dass Minister den damaligen Prinzen und späteren König Friedrich Wilhelm II. von Preußen bei dessen Einweihung in einen Rosenkreuzergrad betrogen und ihm „Jenseitsbotschaften“ von Marc Aurel, Leibniz und einem kurfürstlichen Vorfahren vorgetäuscht hatten. 1787 wurde der Orden im Land daher auch aufgelöst, die Begeisterung in Adel und Großbürgertum flachte – zunächst – merklich ab. Damit aber war die Geschichte des Rosenkreuzertums noch lange nicht am Ende…
Der Text ist ein Auszug aus dem sciebook “Freimaurer, Rosenkreuzer, Illuminaten”, erhältlich als eBook und Papierbuch.
heute
Wer sind die Rosenkreuzer heute?
Gibt es dort immer noch Spiritismus?
In unsererStadt sind sie sehraktiv…
@B.Ch: Rosenkreuzer heute
Ja, lieber @B.Ch., auch heute gibt es (noch und wieder) eine ganze Reihe konkurrierender Rosenkreuzer-Orden. Der in Europa größte Verband ist derzeit A.M.O.R.C. Daneben gibt es kleinere Orden und über das Internet bieten verstärkt auch “unabhängige Meister” diverse Einweihungswege an.
Tendenziell leiden die etablierten RC-Orden unter Nachwuchsmangel und Überalterung. Es gibt jedoch auch lokale Aufbrüche und wie bei den Freimaurern könnte das Internet neue On-, Offline-Sozialstrukturen begünstigen.
Kreuzsymbolik und Mimikry
Hallo Michael,
Der Ku-Klux Clan beruft sich ja auch auf christliche Traditionen bzw. mit seiner Kreuzsymbolik explizit auf Jesus. Das .„Blood-Drop Cross“ ein weißes Kreuz auf rotem Hintergrund mit einem Blutstropfen in der Mitte. Es soll das Blut von Jesus Christus symbolisieren, denn Jesus soll nach Glauben des KKK nur für die weißen Menschen gestorben sein. “The Flaming Cross” die Flammen sollen nach Glauben des KKK das Licht Jesu Christi repräsentieren.
War die Kreuzsymbolik des Ku-Klux Clans eine schlechte Mimikry der Rosenkreuzer? Es könnte sich ja hier um die Umkehrung einer Bates’schen Mimikry handeln um neue Gefolgsleute zu gewinnen. Es würde mich nicht wundern, wenn man bei der kulturellen Evolution religiöser Gemeinschaften auf Dinge stösst, die manche schon aus der natürlichen Evolution kennt.
@Joe Dramiga
Nun, das ist eine sehr gute Frage, Joe! Spontan hatte ich die KKC-Kluft immer bei den Kreuz- und Tempelrittern verortet, allerdings wandte (und wendet) sich der Clan ja nicht nur gegen Schwarze und Juden, sondern auch gegen Katholiken (die damals als unamerikanisch galten). Insofern könnte an Deiner Vermutung von Rosenkreuzer-Mimikry etwas dran sein, zumal ja auch die Geheimstrukturen Vorläufer gehabt haben müssen.
Ich hab etwas Literatur dazu, werde aber auch darüber hinaus der Sache gerne mal nachgehen und berichten. Danke für den Gedanken, @Joe!
Kaiser Wilhelm II. (1913)
In dem Buch “Testament der Freimaurer” von Rolf Affeldt und Frank Heinrich (erstmals unter anderem Titel 1993; dann 1999; 4. Aufl. 2009) wird berichtet,
– daß der Nichtfreimaurer Kaiser Wilhelm II. bei der Einweihung des Völkerschlachtsdenkmals von Leipzig 1913, also übernächsten Monat vor 100 Jahren, umgeben gewesen sei von sächsischen Freimaurern und preußischen Rosenkreuzern.
Goldmachen
“Bruderschaften der Gold- und Rosenkreuzer” steht da schon. Leider fehlt mir der Hinweis, dass viele der an Alchemie interessierten Fürsten nicht nur aus religiösen Gründen zu den Rosenkreuzern und Freimauerern gingen, sondern auch, weil sie das Gerücht anlockte, dort könne man lernen Gold herzustellen.
@Kein
Danke für den berechtigten Hinweis!