Die 3 Grund-Weltanschauungen entsprechen Kohlbergs Ebenen der Moralentwicklung

Nachdem das Konzept des feindseligen Dualismus nach Baron Rabbi Jonathan Sacks (1948 – 2020) bei mir das überholte Hufeisen (Extremismus gäbe es nur rechts & links) abgelöst hatte, war der Weg über die Kognitionspsychologie und Philosophie nicht weit zu den drei kognitiven Grund-Weltanschauungen: Dem in der Kindheit entfalteten egozentrischen Relativismus, dem in der Jugend entstehenden gruppenbezogenen, oft feindseligen Dualismus, schließlich dem von wenigen Erwachsenen erreichten dialogischen Monismus.

Ein gezeichnetes Plakat zu "Hassrede im Internet" aus dem Jahr 2020 zu Beiträgen von Dr. Michael Blume und zwei weiterer Dozierender, die je gezeichnet wurden.

Eine medienethische Alltagsfrage an uns alle – lassen wir uns durch antisoziale Medien verrohen und empörungssüchtig machen? Foto bei einer Tagung 2020: Michael Blume 

Als Fantasy-Gesinnungen (egoz. Relativismus = neutral, feinds. Dualismus = böse, dialog. Monismus = gut) waren diese Grundperspektiven längst durchgespielt und etabliert und ich freute mich, sie u.a. auch im großen Werk des Holocaust-Überlebenden und Philosophen Hans Blumenberg (1920 – 1996) zu finden, ebenso im Talmud (der frühen, jüdischen Bibelauslegung). Verblüffend zutreffend und tief waren und sind zudem KI-Definitionen der drei Grund-Weltanschauungen.

Bild mit drei Personen, die Leonardo.AI zum egozentrischen Relativismus, feindseligen Dualismus & dialogischen Monismus erstellt hat.

Wir alle haben die Wahl zwischen neutralem, egozentrischem Relativismus, boshaftem, feindseligem Dualismus und dem nach dem Guten strebenden, dialogischen Monismus – ein Leben lang. Grafik für einen KIT-Reader, Michael Blume mit Leonardo.AI

Einem Besuch bei und Gespräch mit unserer Medizin studierenden Tochter verdanke ich nun eine weitere Entdeckung: Auch die drei Ebenen der Theorie der Moralentwicklung nach Lawrence Kohlberg (1927 – 1987) entspricht bis in Details verblüffend genau den kognitiven Grund-Weltanschauungen: Die präkonventionelle Ebene dem egozentrischen Relativismus (“neutral”), die konventionelle Ebene dem gruppenbezogenen und oft feindseligen Dualismus (“böse”), die postkonventionelle Ebene schließlich dem dialogischen Monismus (“gut”). Kohlberg unterteilte dabei jede der drei Ebenen noch einmal in zwei Zwischenstufen.

Trotz großer Gemeinsamkeiten nehme ich freilich auch Unterschiede wahr – so sehe ich nicht, dass die Moralentwicklung nur linear aufwärts verlaufen kann. Nur wenige Menschen erreichen jemals den dialogischen Monismus – und auch von dort sind Verbitterung, Verrohung und Absturz zurück in den egozentrischen Relativismus oder gar feindseligen Dualismus immer wieder möglich. Ich meine: Hätte Kohlberg schon die Wirkung der antisozialen Medien und die Entwicklungsbiografie etwa von Elon Musk gekannt, so hätte er nicht mehr geglaubt, dass die moralische Entwicklung von Menschen nur aufwärts verliefe.

Eine symbolische Hand mit dem Mittelfinger Sexismus, dem Zeigefinger Antisemitismus, dem Ringfinger Antiziganismus, dem Daumen Rassismus & Ableismus und dem kleinen Finger Polarisierung, Hass und Hetze.

Wie die Finger einer Hand haben die menschenfeindlichen Ausprägungen des feindseligen Dualismus wie Antisemitismus, Antiziganismus, Rassismus, Sexismus, Ableismus große Gemeinsamkeiten, aber auch jeweilige Spezifika. Vortragsgrafik zur “Hand des feindseligen Dualismus”, Michael Blume mit Leonardo.AI

Erkenntnistheoretisch nennen wir interdisziplinäre Bestätigungen von Befunden übrigens Viabilität, Viability, deutsch: Haltbarkeit. Auch wenn es in empirischen Wissenschaften niemals eine endgültige Bestätigung geben kann, so stärken doch Bestätigungen aus verschiedenen Disziplinen die Haltbarkeit der Befunde. Und das ist ein dialogisches und also sehr gutes Gefühl.

 

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Dr. Michael Blume studierte Religions- und Politikwissenschaft & promovierte über Religion in der Hirn- und Evolutionsforschung. Uni-Dozent, Wissenschaftsblogger & christlich-islamischer Familienvater, Buchautor, u.a. "Islam in der Krise" (2017), "Warum der Antisemitismus uns alle bedroht" (2019) u.v.m. Hat auch in Krisenregionen manches erlebt und überlebt, seit 2018 Beauftragter der Landesregierung BW gg. Antisemitismus. Auf "Natur des Glaubens" bloggt er seit vielen Jahren als „teilnehmender Beobachter“ für Wissenschaft und Demokratie, gegen Verschwörungsmythen und Wasserkrise.

20 Kommentare

  1. Auf dem Weg zum dialogischen Monismus würde es ja schon helfen, wenn wir das Konzept der Ich-Botschaften anwenden würden. In der Schule und auch im übrigen Leben ein wirkungsvolles Instrument von Schuldzuweisungen wegzukommen.

    Perplexity:
    Das Konzept der Ich-Botschaften bezieht sich auf eine Kommunikationsmethode, bei der der Sprecher seine eigenen Gefühle, Bedürfnisse und Wünsche ausdrückt, ohne den Empfänger zu beschuldigen oder anzugreifen. Diese Methode wird häufig verwendet, um Missverständnisse zu vermeiden und Konflikte konstruktiv zu lösen[1][2][3].

    ### Aufbau einer Ich-Botschaft
    Eine effektive Ich-Botschaft besteht aus mehreren Komponenten:
    1. Beobachtung:
    Beschreiben Sie eine Situation oder ein Verhalten ohne Wertung.
    2. Gefühle:
    Teilen Sie mit, welche Emotionen das beobachtete Verhalten bei Ihnen auslöst.
    3. Bedürfnisse:
    Äußern Sie Ihre eigenen Bedürfnisse, die mit der Situation verbunden sind.
    4. Wunsch:
    Formulieren Sie einen konkreten Wunsch oder eine Bitte an den Empfänger[1][2][8].

    ### Vorteile von Ich-Botschaften
    Deeskalation:
    Sie wirken deeskalierend und fördern eine offene Gesprächsatmosphäre[3][6].
    Vermeidung von Schuldzuweisungen:
    Der Empfänger fühlt sich weniger angegriffen und muss sich nicht verteidigen[3][7].
    Förderung der Empathie:
    Sie ermöglichen es dem Empfänger, die Perspektive des Sprechers besser zu verstehen[8].

    Ich-Botschaften sind besonders nützlich in Konfliktsituationen, da sie helfen, Missverständnisse zu klären und zu einer gemeinsamen Lösung zu gelangen[1][5].

    Quellen
    [1] Ich-Botschaften: So geht es, Tipps für konstruktive Kommunikation https://www.karstennoack.de/ich-botschaften/
    [2] Ich-Botschaften: Beispiele, Stolperfallen und Formulierungshilfen https://projekte-leicht-gemacht.de/blog/softskills/kommunikation/ich-botschaften/
    [3] Ich-Botschaft – Wikipedia https://de.wikipedia.org/wiki/Du-Botschaft
    [4] Ich-Botschaften: 3 Schritte für wertschätzendes Feedback! https://www.eudaimonic.at/blog/ich-botschaften/
    [5] Besser kommunizieren mit Ich-Botschaften – GORDON Training https://www.gordontraining.at/blog/ich-botschaften
    [6] Wie Ich-Botschaften funktionieren und warum sie so kraftvoll sind https://www.achtsam-engagiert.de/ich-botschaften/
    [7] Ich und Du Botschaften – ERZIEHERKANAL https://www.erzieherkanal.de/ichbotschaftendubotschaften
    [8] so meistern Sie mit Ich-Botschaften schwierige Gespräche – Klett Kita https://www.klett-kita.de/blog/konstruktives-miteinander-so-meistern-sie-mit-ich-botschaften-schwierige-gespraeche

  2. Hass ist heilig in Europa.

    Dass wir keine Religion hätten, gehört zu den Dogmen unserer säkularen Religionen. Aber der Mensch läuft nun mal mit Religion, und wenn Sie dem Elefanten auf dem Tisch einen Knoten in den Rüssel machen und argumentieren, es wäre kein Elefant, weil Elefanten keinen Knoten in den Rüsseln hätten, bleibt es trotzdem ein Elefant und tanzt weiter wie bisher.

    Europas Nationalstaaten sind Theokratien mit dem Staatsgott Nation. Und es sind sektenartige, dualistische Religionen. Wenn wir zu groß werden für unsere Götter, werden sie uns eher zerstören, als zulassen, dass wir uns größere schaffen.

    Wenn Sie viele Dörfer in einem Gebiet gründen, nützen die erst mal das Umland und wachsen. Dann handeln sie, haben dadurch mehr Ressourcen, als ihr Grundstück hergibt, und können weiter wachsen, als es das erlaubt. Dadurch steigen aber die Abhängigkeiten. Wenn sie zu Städten werden, wird’s eng, es gibt ständig Zoff, weil jeder jeden verdrängen will, aber dessen Ressourcen dazu braucht. Dann gibt’s nur noch die Möglichkeit, sich eine gemeinsame Regierung zu geben – sie gründen einen Staat.

    Diese Regierung kann die Kräfte zu Großprojekten bündeln, wie ein Stamm die Nährstoffe aus den Wurzeln. Dadurch erschließt der Staat neue, bislang unerreichbare Ressourcen, die allen Menschen zugute kommen. Ob die Dörfer dann eingehen oder mitwachsen dürfen, ob die Stämme zu Römern verschmelzen oder Sie nur einen Mischadel bekommen, der einen Vielvölkerstaat regiert, in dem die Stammessprachen neben der Lingua Franca weiter blühen, hängt von der Organisation des Ganzen ab.

    Von der Neutralität des Nebeneinander über den Dualismus der Verteilungskämpfe zum Monismus des organisierten Staates – der aber auf einer höheren Größenstufe wiederum nur ein Dorf ist und Nabelschau betreibt. Im Inneren ist es monistisch geworden, nach Außen hin wird das Spiel beim Relativismus neu gestartet.

    Doch wenn Europäer an diese Wachstumsschwelle stoßen, wenn sie die Wahl haben, entweder sich vereinen oder weiter wachsen, oder das Wachstum auf den Altären ihrer Sekten-Götter zu opfern – entscheiden sie sich fürs Letztere.

    Oft lagern wir das Wachstum einfach aus. Wir schicken überschüssige Menschen in die Kolonien, wo die vielen Stämme Europas zu Amerikanern verschmelzen und Amerika groß machen, nicht Europa. Wir entsorgen unsere Industrie in China. Wir bauen lieber Panzerfabriken in Russland als Windparks in Deutschland. Alles nur, um schwächer zu werden, auf dass wir klein und schwach bleiben und weiter im Staub kriechen vor unseren kleinen, schwachen Nationalgöttern.

    Aber es reicht nicht.

    Ein Kompromiss zwischen Wachstum und Krieg ist der Ritualkampf – der Konflikt wird nach Regeln ausgetragen, zwischen kleinen Gruppen, beide verpflichten sich bei ihrer Ehre, das Ergebnis zu akzeptieren. So wird der Konflikt gelöst, ohne dass ganze Länder verwüstet werden. Und in diesem Stadium verharrt Brüssel – als Kampfarena, die ewige Olympiade als Vorstufe eines demokratischen Parlaments. Doch wenn wir unsere Konflikte mit dem Maul ausfechten statt mit Feuer und Schwert, hat das den Nachteil, dass unsere Länder dabei nicht verwüstet werden. Sie wachsen und wachsen und wachsen, die Menschen werden reicher und freier und mächtiger und der kleine Blutgott muss weinen.

    Der erste Weltkrieg klappte wunderbar – die Länder wurden derart verwüstet, dass sie erst mal in sich gehen und Kraft sammeln mussten für den zweiten, dieser wurde auch schon vorbereitet, mit einer Nachkriegsordnung, die genauso albern, wacklig und unhaltbar war, wie Bismarcks Bündnissystem zuvor. Der zweite – ging schief. Die europäischen Imperien gingen im amerikanischen und sowjetischen auf, und unsere Götter mussten zähneknirschend dulden, dass wir immer reicher wurden, doch mit der Pershing des Übergottes an der Schläfe nicht opfern durften, sondern uns lieber die Wiege eines föderalen Zeus bastelten.

    Im Sowjetreich schwächelte der Übergott zuerst, da konnten sie sich zuerst befreien. In Amerika geschieht das erst heute, wo die beiden Präsidenten lächerliche Clowns sind, die sich nicht mal von T-Rex China, sondern von den Mäuschen Russland, Iran und Nordkorea auf der Nase herumtanzen lassen ,vor dem dummen, albernen Kiez-Zuhälter Putin knien und ihm den Tisch lutschen, auch wenn Biden dabei wenigstens seine Dritten drin gelassen hat und ein paar Kauspuren hinterlässt.

    Endlich dürfen wir uns wieder selbst zerstören. Ohne Tricks, ohne unsere Wirtschaft in Pixelrauch aufgehen zu lassen, ohne mit aller Macht des Geldes, der Politik, der Bürokratie, der Wähler auf die Bremse zu treten, damit die natürliche Entropie aller Systeme das Problem für uns durch Verwesung und Zerfall erledigt. Wir dürfen endlich wieder Menschenopfer bringen, selbst in den Vulkan springen. Ein Schlund tat sich in Jugoslawien auf, der nächste in der Ukraine, wenn wir erst mal all unsere Mittel für Rüstung und Krieg verbrauchen, werden wir von selber arm, schwach, haben keine Ressourcen mehr, um sie ins Wachstum zu investieren, bluten aus auf den Altären, ist das nicht herrlich? Ad majorem Dei gloriam, morituri te salutant.

    Ich bin, was Krieg angeht, sehr defensiv eingestellt. Was muss, muss. Für seine Kumpels steht man ein, denn Verrat holt einem den Krieg ins Haus. Schwäche holt einem den Krieg ins Haus, die Grenze muss stehen. Rom hat natürliche Grenzen genützt, um bis zur Elbe, Oder, Bug vorzustoßen, dahinter ist bereits der Asiatische Ozean, wo man, wie die Holländer, nur durch Dammbau vorankommt, auch wenn der Dnjepr eine gewisse Hilfe bietet. Aber nun ist gut. Wenn die Russen bloß die Haie im Ozean sein wollen, reicht es, wenn sie sich an den Dämmen die Zähne ausbeißen.

    Die Götter Europas sehen das anders. Mit Biden wehte ein Hauch Glasnost und Perestroika ins Haus, es wirkte, als hätten wir einen Kaiser in Amerika, statt bloß eines Zuhälters und Zaren wie Trump, der nur stark ist, solange er alle andern schwach macht – jeder Waschlappen kann totalitärer Sektenguru sein, Monotheismus ist für Loser. Ein Zeus, ein demokratischer Übergott, der andere Götter neben sich duldet, braucht Power und Können, doch wenn er es drauf hat, kommen Power und Können aller Götter dem ganzen Olymp zugute.

    Doch im Moment – wirkt die Hypnose der Macht. Unsere Nationalgötter, verkörpert in den Ambitionen der Mächtigen und den Gewohnheiten der Untertanen, machen uns blind für den Weg nach oben, lassen uns nur unsere eigenen Sekten sehen, die von Festungen zu Särgen werden, und schüren den Heiligen Hass. Wir ziehen in den Dschihad, die Kreuzzüge, den Krieg aller gegen alle. Inschadolf. Dieu le veult. Die Götter lassen uns in unseren Särgen rotieren, bis das Ganze explodiert.

    Da Sprach- und Kulturgrenzen genauso wirken wie natürliche Grenzen, ist Europa faktisch eine Bergregion – ein riesiger Akku. Die Multikulti-Natur und Heimatverbundenheit der Menschen verleihen uns eine enorme Power, denn die Menschen können nicht fliehen. Sie können sich an einem einzigen Ort versammeln, wo sie eine kleinere Bergregion bauen, die Stadt heißt – die ist sparsamer, erzeugt weniger Mühe, erlaubt aber auch weniger Wachstum, wie viel Reichtum können Sie schon in einer Wohnung, in einem Stadtviertel ansammeln, bevor Sie darin ersticken? Wenn Ihnen die Berge eine Wohnung, ein Viertel vorgeben, müssen Sie länger schuften, um das Beste daraus zu machen, aber wenn von draußen genug Futter in die Liegebox kommt, werden Sie ein echt fettes Rindvieh, das auch Ihr Zeus ordentlich melken kann. Was im Idealfall allen zugute kommt.

    Wenn aber Zeus die Kontrolle verliert, ist’s einfach eine riesige Bombe – all der angestaute Reichtum, all das Potenzial, das nirgendwo hin kann, entlädt sich in einer Explosion. Sie brauchen einen Blitzableiter, oder Sie platzen. So geschehen in Österreich-Ungarn und in Jugoslawien, so entluden und entladen sich stets die Spannungen unter den schottischen Clans, im Kaukasus, in Afghanistan, in Papua, wo sie allerdings klein bleiben, da der Akku nicht von Außen mit Ressourcen aufgeladen wird.

    Polarisierung ist ein Begriff aus der Elektrotechnik. Und ob wir es wollen oder nicht, was in unseren Köpfen und in unseren Gesellschaften passiert, ist Physik. Ein Baum ist und bleibt eine Explosion, ein Mensch eine Stichflamme, eine Gesellschaft ein Netzwerk, das kollektive Bewusstsein ein Kraftfeld.

    Ihr Monismus wirkt recht katholisch, Monotheismus und Polytheismus zugleich – man macht dem Stammesgott einen Knoten in den Rüssel, schon ist er ein Engel oder ein Heiliger. Unsere Stammesgötter, die Götter der Heimat, sind etwas Wunderbares. Doch, rein evolutionär gesehen, sind es Haustiere, wenn sie nicht mehr weiter wissen, werden sie aggressiv und beißen um sich. Sie haben Angst. Sie wollen zurück in ihre Mauselöcher, wo keine Katze und kein Licht sie je findet, wenn sie still und leise sind. Kampf, Flucht, Angststarre. Von all dem sehen Sie in Europa genug.

    Auf der ganzen Welt sowieso, überall die gleiche Überladung, weil wir versuchen, ein mittelalterliches Wirtschaftssystem im 21 Jahrhundert zu simulieren, wofür wir so viele VR-Prothesen brauchen, dass die Realität zum Blinddarm an der Simulation geworden ist, und die so viel Scheinwachstum ermöglichte, dass die Blase platzt und die Realität nach sich zieht. Doch wir müssen erst mal selbst aufstehen, wenn wir Anderen aufhelfen wollen, und die EU ist die kleinste verfügbare Einheit, die genug Kraft für beides hat. Also predige ich erst mal auf dieser Ebene, und schiele ganz genau hin, was die Anderen machen, weil ich ja Freunde brauche, wenn ich keine Feinde haben will.

    Wer Macht hat, hat nur Freunde, die einen wollen es sein, die anderen müssen es sein. Wenn Sie die Macht weise und gerecht nützen, können Sie Monismus schaffen. Wenn Sie schwach sind, ist jede dahergelaufene Mücke wie Putin, Höcke, Trump, mächtig genug, um sich zu Ihrem Blutgott aufzuschwingen und Sie in den Dualisten-Dschihad zu treiben. Macht aufzubauen, ohne sich die Hände allzu schmutzig zu machen, ist verflucht schwierig, und deswegen brauchen Sie die Mithilfe aller, die es wollen. Ob sie nun in Europa sitzen oder anderswo. Wenn Sie die Mittel haben, können Sie die Welt retten oder zerstören, wie es Ihnen passt. Wenn nicht – spielen Sie mit, was auch immer die Welt Ihnen befiehlt.

    Irgendwie ironisch. Der Mensch ist so mächtig geworden, dass er sich völlig machtlos fühlt angesichts seiner eigenen Macht. Doch Macht ist Physik, Wissen und Ingenieurskunst können sie bändigen. Nur Mut.

    • Herzlichen Dank für Ihre wie immer wortreiche, stellenweise witzige, stellenweise aber auch schlicht falsche Verkündung des Relativismus, @Paul S.

      Hass ist heilig in Europa.

      Ein recht plumper Versuch, mittels Empörung Aufmerksamkeit zu erlangen. Denn die größten Kriege und Konflikte finden derzeit nicht mehr innerhalb Europas statt, sondern gegen Europa (etwa der Angriffskrieg Russlands) oder außerhalb Europas (etwa der schon jetzt massenmörderische Bürgerkrieg im Sudan). Ein Eurozentrismus wird nicht dadurch sympathischer, dass er sich scheinbar selbst geißelt, um doch wieder alleine im Zentrum der Welt zu stehen.

      Wenn Sie wirklich etwas gegen Hass und den Export von Hass tun wollten, dann wäre der Einsatz für erneuerbare Friedensenergien Ihr Ding, um Mitwelt und Mitmenschen zu schützen!

      https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/erneuerbare-energien-als-friedensenergien/

      Dass wir keine Religion hätten, gehört zu den Dogmen unserer säkularen Religionen. Aber der Mensch läuft nun mal mit Religion, und wenn Sie dem Elefanten auf dem Tisch einen Knoten in den Rüssel machen und argumentieren, es wäre kein Elefant, weil Elefanten keinen Knoten in den Rüsseln hätten, bleibt es trotzdem ein Elefant und tanzt weiter wie bisher.

      Europas Nationalstaaten sind Theokratien mit dem Staatsgott Nation. Und es sind sektenartige, dualistische Religionen.

      Wir nennen das Zivilreligion und eine Definition dazu bloggte ich bereits 2010 (!):

      https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/definition-zivilreligion/

      Und klar gibt es in jeder Zivilreligion – wie ja auch in jeder größeren, religiösen Tradition – dualistisch-feindselige, aber eben auch dialogisch-monistische und also demokratische Strömungen. Auch die Bing-Copilot-KI kann das Konzept übrigens bereits in Sekundenbruchteilen korrekt wiedergeben:

      Dr. Michael Blume definiert Zivilreligion als eine Form von Religiosität, die im Rahmen politischer Gemeinschaften wie Staaten, Städte, politische Bewegungen oder Parteien auftritt. Diese Art von Religiosität drückt sich durch Narrative (Mythen), Symbole, Rituale, Gedenkfeiertage und Emotionen aus. Überempirische Akteure in der Zivilreligion können Gründungsväter, Helden, Opfer, Märtyrer und manchmal auch Gott in überkonfessioneller Form sein¹.

      Quelle: Unterhaltung mit Copilot, 14.9.2024
      (1) Definition Zivilreligion » Natur des Glaubens » SciLogs …. https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/definition-zivilreligion/.
      (2) Die Definition von Religion » Natur des Glaubens » SciLogs …. https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/die-definition-von-religion/.
      (3) Definition Zivilreligion » Natur des Glaubens » SciLogs …. https://bing.com/search?q=wie+definiert+dr.+michael+blume+zivilreligion.
      (4) Dr. Michael Blume. http://www.blume-religionswissenschaft.de/reli_id.html.
      (5) Religionsdefinition. http://de.wikipedia.org/wiki/Religionsdefinition.

      Ihr Monismus wirkt recht katholisch, Monotheismus und Polytheismus zugleich – man macht dem Stammesgott einen Knoten in den Rüssel, schon ist er ein Engel oder ein Heiliger.

      Nun bin ich zwar christlich, aber sehr bewusst – vor allem wegen der Gleichberechtigung von Frau und Mann, an die ich unbedingt glaube – evangelisch geworden. Und verheiratet mit einer Muslimin. Wenn Sie mich dennoch als “katholisch”, ja gar gleichzeitig als mono- und polytheistisch wahrnehmen, dann läuft das mit Dialog & Ökumene hier wohl richtig gut! 🙂

      Schauen wir zu Ihrem mehrfachen Sprachbild des Elefanten mit verknotetem Rüssel gerne abschließend auf die Justiz, konkret das jeweilige Rechtssystem.

      Selbstverständlich können Sie hier verkünden, dass es völlig gleichgültig sei, ob da gar kein Elefant wäre (Relativismus, Anarchie), ob der Elefant einen willkürlichen Gewaltherrscher verkörpert (Dualismus, Tyrannei) oder ob es eine rechtsstaatliche Demokratie (dialogischer Monismus, bei Ihnen: Elefant mit Knoten im Rüssel) ist. Der Witz ist nur, dass Sie nur in einer rechtsstaatlichen Demokratie Ihre “kritischen” Textflüsse ohne Gefahr posten können. Schlimmstenfalls veröffentliche ich mal aufgrund von Überlänge, Schimpfwörtern oder NS-Gleichsetzungen nicht. Aber in Diktaturen oder Anarchien würden Sie ein hohes Risiko eingehen. Sie verspotten also das rechtsstaatliche System, dessen Freiheiten Sie dabei ausnutzen. Wessen Rüssel hat also einen Knoten? 😉

      Schauen wir uns dagegen ein demokratisches und rechtsstaatliches Justizsystem wie das Bundesdeutsche an, so finden wir auch hier die 3 kognitiven Grund-Weltanschauungen: Kinder gelten als “schuldunfähig”, weil egozentrischer Relativismus, nach Kohlberg präkonventionelle Ebene. Jugendliche fallen unter Jugendstrafrecht, weil gruppenbezogener und mitunter feindseliger Dualismus, konventionelle (Gruppen-)Moral. Erst Erwachsenen wird die Chance zum dialogischen Monismus, zur postkonventionellen Moral nach Kohlberg attestiert: also volle Einsichts- und also Schuldfähigkeit attestiert.

      Sie sind verantwortlich für Ihr Tun, auch wenn Sie das gerne relativieren würden.

      Ich finde diese gewachsenen Unterscheidungen weise. Der demokratische und gewaltenteilige Rechtsstaat ist kein verstümmelter, sondern ein glücklich gezähmter Elefant. Nicht zufällig steht an der Wiege Mitteleuropas auch Abbul Abbas zu Aachen. 🐘😊📚

  3. @Michael 14.09. 13:08

    „Der demokratische und gewaltenteilige Rechtsstaat ist kein verstümmelter, sondern ein glücklich gezähmter Elefant.“

    Durchaus, aber vielleicht nicht mehr wehrhaftig genug.

    Wenn wir es nicht schaffen, in bestimmten sozialen Netzwerken Beleidigungen, Verleumdungen, Bedrohungen und Gewaltaufrufe zu bestrafen und zu unterbinden, könnte das noch ein existentielles Problem werden.

    Und wenn wir es nicht schaffen, gegenüber Putin genug aufzurüsten, weil uns das auf die Schnelle zu teuer ist, dann kann das sein, dass Putin gegen die Nato mal sein Glück versucht, und als nächstes das Baltikum angreift. Insbesondere wenn wir als Nato nicht fest zusammenhalten, und etwa ein wiedergewählter Trump aus der Nato aussteigt.

    Langfristig und vermutlich auch schon mittelfristig kann aber eine gelingende Energiewende auch das Putinproblem lösen. Mit deutlich sinkenden Weltmarktpreisen für Öl und Gas wegen einbrechender Nachfrage würde nicht nur Putin das Geld zum Kriegführen ausgehen.

    Mit beidem, Aufrüsten wie die Energiewende durchziehen, geht es um Fakten. Das sind keine Glaubensfragen, und direkt auch keine Frage von Relativismus, Dualismus oder Monismus. Wobei freilich vor allem der Monismus so flexibel und wahrhaftig ist, dass er hier die Notwendigkeiten erkennt, und die Konsequenzen zieht.

    Dem Relativismus fehlt überwiegend einfach der Horizont, mit dem Dualismus weitet der sich zwar schon aus, es mangelt aber noch grundsätzlich daran, andere Gruppen in ihren Lebensrecht anzuerkennen und damit verbunden meistens auch an umfassendem Gemeinsinn.

    • Danke, @Tobias Jeckenburger

      Sehr spannende Beobachtungen und Thesen!

      “Mit beidem, Aufrüsten wie die Energiewende durchziehen, geht es um Fakten. Das sind keine Glaubensfragen, und direkt auch keine Frage von Relativismus, Dualismus oder Monismus. Wobei freilich vor allem der Monismus so flexibel und wahrhaftig ist, dass er hier die Notwendigkeiten erkennt, und die Konsequenzen zieht.

      Dem Relativismus fehlt überwiegend einfach der Horizont, mit dem Dualismus weitet der sich zwar schon aus, es mangelt aber noch grundsätzlich daran, andere Gruppen in ihren Lebensrecht anzuerkennen und damit verbunden meistens auch an umfassendem Gemeinsinn.”

      Ich fürchte, in der Politik gibt es jenseits der Kommunalpolitik kaum noch “Fakten”, die nicht medial vermittelt und damit auch wählbar bleiben. So meldet das ZDF heute morgen (15.09.2024) mit Video:

      Dauerregen und Flut: Erste Tote

      Land unter in vielen Teilen Europas. Starke Unwetter mit sintflutartigen Regenfällen haben zu Flut und Zerstörungen geführt. In Rumänien gab es gar erste Tote.

      https://www.zdf.de/nachrichten/panorama/unwetter-hochwasser-dauerregen-tote-spannung-europa-100.html

      Im Videobeitrag wird der Warnung der niederösterreichischen Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) gesprochen, wonach heute die “Stunde der Wahrheit” mit Extremregen- und Hochwasser-Höchstständen zu erwarten sei. Damit ist aber kaum der peinliche Umstand gemeint, dass Österreich weiterhin riesige Gasmengen direkt aus Russland importiert und verfeuert – was nicht etwa der demokratische Souverän, sondern die angegriffene Ukraine in den kommenden Monaten beenden könnte. Sondern es geht um das Ausmaß der Extremwetter-Schäden und den Einsatz der Rettungskräfte – die in Niederösterreich immerhin schon über einige Hochwasser-Erfahrung verfügen.

      Und auch jenseits der direkt betroffenen Gebiete wird die Mehrheit der egozentrischen Relativistinnen die Nachrichten allenfalls mit wohligem Gruseln abtun und feindselige Dualisten darüber hinaus die eigene Verantwortung wortreich und wütend auf Mitweltschützer und Grüne als vermeintliche “Ökosozialisten” externalisieren. Ein breiter Meinungsumschwung zur Annahme der wissenschaftlichen Erkenntnisse zur globalen Erhitzung und Klimakrise sowie zu den Chancen erneuerbarer Friedensenergien ist also kaum zu erwarten.

      In einer Umfrage des Instituts Policy Matters für die ZEIT unter 1.081 Erwachsenen in Deutschland zwischen dem 19. und 30. August 2024 (mit dem Solinger Messerattentat am 23. August) gaben nicht nur 82% der West- und 84% der Ostdeutschen an, dass “der Staat Zuwanderung einschränken” sollte. 40% der West- und 42% der Ostdeutschen hielten auch Migration / Zuwanderung für die “wichtigste Herausforderung”, gefolgt von Inflation / Preissteigerung mit 28% West und 32% Ost. Erst dahinter rangieren Klimawandel / Umweltschutz mit 28% West, 20% Ost und weit abgeschlagen Friedenssicherung mit 16% West, 21% Ost.

      Eine starke Hinwendung zu erneuerbaren Friedensenergien – die die Klimakrise bremsen und die fossilen Ressourcenfluch-Regime wie Russland zum Frieden zwingen würden – lässt sich aus diesen Daten leider nicht herauslesen. Die meisten Deutschen – die im internationalen Vergleich deutlich überdurchschnittlich verdienen und Zugang zu Informationen haben – wollen dennoch nur jene “Herausforderungen” wahrnehmen, die sie unmittelbar und kurzfristig als bedrohlich empfinden. Und erwarten, dass Politik ent-sorgt.

      Dazu passen schließlich auch die Antworten auf zwei kontroverse Standpunkte:

      “Wir Deutschen haben eine besondere Verantwortung, Flüchtlinge in unserem Land willkommen zu heißen.” befürworteten nur 20% der Befragten, 56% stimmten der gegensätzlichen Formulierung zu “Flüchtlingen soll vor Ort geholfen werden, der Deutsche Staat kann nicht die Probleme der Welt lösen.”

      Aber auch mit der Hilfe für die Notleidenden vor Ort und damit auch der Bekämpfung von Fluchtursachen ist es in Wirklichkeit nicht weit her: “Uns geht es immer noch viel besser als vielen anderen Ländern. Wir sollten deshalb Länder in Not unterstützen.” bejahen nur 29%, 37% halten dagegen: “Der Staat sollte dafür sorgen, dass es der eigenen Bevölkerung gut geht und nicht so viel Geld an Not leidende Männer vergeben.”

      Ach, und: Obwohl die Umfrage direkt vor den Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen getätigt wurde, in denen starke Ergebnisse für AfD und BSW prognostiziert waren, machten sich nur 50% der West- und gar nur 38% der Ostdeutschen “besonders große Sorgen” um das “Erstarken des Rechtsradikalismus”. Das waren deutlich weniger, als sich um “Steigende Sozialausgaben” sorgten (West 52%, Ost 54%).

      Da ist es wirklich kein Wunder, dass der rechtsdualistische Premier von Ungarn, Viktor Orban, mit seinem Modell der sog. “illiberalen Demokratie” triumphiert und Deutschland verhöhnt.

      Klar: Auch ich halte die Begrenzung von Migration für eine ernste Herausforderung. Und mir ist auch klar, dass das Design der sog. “Migrationsumfrage” von vornherein die Befragten in einen bestimmten Diskurs lenken soll. Das reicht von der Fokussierung auf Migrationsthemen bis zu subtilen Formulierungen wie “Flüchtlinge willkommen zu heißen” statt sie notgedrungen aufzunehmen oder “Geld an Not leidende Länder” – und eben nicht an Menschen – zu “vergeben”. In Kombination mit dem Terroranschlag von Solingen wurde so eine starke und kurzfristige Stimmung aufgefangen und medial verstärkt.

      Aber all das ist ja genau mein Punkt: Im Angesicht von Klimakrise und fossil finanzierten Kriegen beteiligen sich auch Teile von Politik und Medien an Diskursen der dualistischen Ausgrenzung. Der Mut, sich dialogisch der monistischen Realität und deren Verzerrungen durch antisoziale Medien zu stellen, fehlt nicht nur sehr vielen Menschen – sondern auch den meisten Parteibüros und Redaktionen. Der digitale Rechtsruck wird derzeit kaum moderiert, sondern eher befeuert. “Enge der Zeit ist die Wurzel des Bösen.” Aus der Perspektive des dialogischen Monismus sind das keine guten Nachrichten.

  4. @ Tobias Jeckenburger, @Michael Blume, (und alle anderen, guten Morgen!

    „Dem Relativismus fehlt überwiegend einfach der Horizont, mit dem Dualismus weitet der sich zwar schon aus, es mangelt aber noch grundsätzlich daran, andere Gruppen in ihren Lebensrecht anzuerkennen und damit verbunden meistens auch an umfassendem Gemeinsinn.“

    „Der Mut, sich dialogisch der monistischen Realität und deren Verzerrungen durch antisoziale Medien zu stellen, fehlt nicht nur sehr vielen Menschen – sondern auch den meisten Parteibüros und Redaktionen. Der digitale Rechtsruck wird derzeit kaum moderiert, sondern eher befeuert.“

    Ich staune zunehmend, wie sehr Werte wie Solidarität und Hilfsbereitschaft, Nächstenliebe nahezu vollständig aus der öffentlichen Diskussion verschwunden sind – besonders wenn es um Hilfe für Menschen geht, die aus einer Notlage zu uns kommen. Das ist irgendwie ganz leise und ohne Aufschrei geschehen. Natürlich muss Migration geregelt werden, und du hast es, @Michael, sehr treffend dargestellt, dass „Mitweltschützer und Grüne“ häufig Zielscheibe von Hass sind. Ich denke, die Medien (nicht nur die antisozialen, sondern auch viele Qualitäts-Medien) haben hier weitgehend versagt – u.a. dadurch, dass sie rechten Positionen mehr ein Megaphon verliehen haben, anstatt ihnen kritisch zu begegnen.

    Gleichzeitig wird in Österreich möglicherweise eine Partei stärkste Kraft, deren Kanzlerkandidat sich als „Volkskanzler“ bezeichnet und offen für „Remigration“ wirbt. Die Rechten inszenieren sich dabei als die Retter und die Robin Hoods „des Volkes“. Vor einigen Tagen in Österreich staunte ich nicht schlecht, als ich auf Wahlplakaten von Kickl ein christliches Motiv sah: „Euer Wille geschehe“.

    Und es scheint zu funktionieren. Ein Großteil der Bevölkerung zeigt sich entweder gleichgültig, immun gegen solche Manipulationen und Geschichtsvergessenheit – oder unterstützt das sogar.

    Worauf ich hinaus will: Wie konnte es soweit kommen? Was hat uns als Gesellschaft in diese Lage gebracht?

    Ich denke hier auch an deine, @Michael, im Blogpost formulierte These, dass die persönliche und möglicherweise auch gesellschaftliche Entwicklung nicht immer nur kontinuierlich zum „Besseren“ verläuft, sondern sich durchaus umkehren kann.

    „…dass die Moralentwicklung nur linear aufwärts verlaufen kann. Nur wenige Menschen erreichen jemals den dialogischen Monismus – und auch von dort sind Verbitterung, Verrohung und Absturz zurück in den egozentrischen Relativismus oder gar feindseligen Dualismus immer wieder möglich.“

    Meiner Meinung nach war (zumindest in Europa) die Corona-Pandemie ein Beschleuniger dieser Entwicklung. Sie hat das gesellschaftliche Zusammenleben auf eine bisher unbekannte Weise im Alltag verändert: ein Rückzug auf das Individuelle, der zwiespältige Appell an die sogenannte „Eigenverantwortung“, die Verbreitung von Desinformation und Verschwörungsmythen.

    Bewegungen, die offen Desinformation betrieben und an das Ego und die Instinkte der Menschen appellierten, schafften es beinahe, zu einer großflächigen sozialen Bewegung zu werden – ganz anders als in den 1990er Jahren in Osteuropa.

    Angesichts der Krise war es nicht der Wille zu Gemeinsinn und Solidarität, der die Menschen auf die Straße brachte, sondern die Anstachelung von Feindseligkeit, das „wir gegen die“ und der Fokus auf den eigenen Vorteil.

  5. Gerne möchte ich in die Gedanken hier die von Eric Berne entwickelte Transaktionsanalyse (TA) einbringen, die Perplexity so beschreibt:

    „Transaktionsanalyse (TA) ist eine psychologische Methode, die sich mit der Persönlichkeit von Menschen und ihrer Kommunikation befasst. Die wichtigsten Elemente der Transaktionsanalyse sind:

    Ich-Zustände
    Die TA unterscheidet drei grundlegende Ich-Zustände:
    Das Eltern-Ich: Repräsentiert verinnerlichte elterliche Einflüsse und Verhaltensweisen.
    Das Erwachsenen-Ich: Steht für rationales, faktenbasiertes Denken und Handeln im Hier und Jetzt.
    Das Kind-Ich: Umfasst kindliche Gefühle, Bedürfnisse und Verhaltensweisen.

    Transaktionen
    Transaktionen sind die kleinsten Einheiten der zwischenmenschlichen Kommunikation. Die TA analysiert, aus welchen Ich-Zuständen heraus Menschen miteinander kommunizieren. Dabei werden drei Arten von Transaktionen unterschieden:
    Komplementäre Transaktionen
    Gekreuzte Transaktionen
    Verdeckte Transaktionen

    Grundhaltungen
    Die TA geht von vier grundlegenden Lebenseinstellungen aus:
    Ich bin OK – du bist OK
    Ich bin OK – du bist nicht OK
    Ich bin nicht OK – du bist OK
    Ich bin nicht OK – du bist nicht OK
    Das Ziel ist die Entwicklung einer “Ich bin OK – du bist OK”-Haltung.
    (…)
    Ein zentrales Ziel der TA ist die Entwicklung von Autonomie, verstanden als Fähigkeit zu Bewusstheit, Spontaneität und Intimität.

    Die Transaktionsanalyse bietet somit ein umfassendes Modell zum Verständnis menschlicher Persönlichkeit und Kommunikation. Sie zielt darauf ab, Menschen zu befähigen, ihre Interaktionen bewusster zu gestalten und persönliches Wachstum zu fördern.“

    Ich habe mich von 2014 bis 2016 in jeweils mehrteiligen intensiven Seminarreihen bei https://www.in-stability.de/ mit den Modellen von TA weitergebildet – was meine Gedankenwelt nochmals enorm erweitert hat, privat wie beruflich. Als Konsequenz habe ich mich von einem sehr gut bezahlten Konzernjob verabschiedet und mich selbstständig gemacht.

    Im Kontext hier geht es mir um die Erkenntnis, dass aktuell viele Menschen im Modus unterwegs sind „Ich bin ok, aber Du bist nicht ok“. Daraus entsteht automatisch eine abwertende Haltung. Destruktiv wirkt auf Dauer auch die Haltung „Ich weiß und kann alles und Du kannst nichts“ bzw. gespiegelt das unterwürfige „Ich weiß/kann wenig und Du weißt/kannst alles“.

    Diese Beziehungen gibt es sowohl zwischen einzelnen Menschen als auch Gruppen.

    Auf den dialogischen Monismus übertragen bedeutet das, dass jeweils das „Erwachsenen-Ich“ im Kontakt mit dem „Erwachsenen-Ich“ des jeweiligen Gegenübers im Modus „Ich bin ok, Du bist ok“ ist.

    Der feindselige, destruktive Dualismus agiert aus dem (mächtigen) „Eltern-Ich“ und adressiert das „angepasste Kind-Ich“. Das Problem scheint mir zu sein, dass sich immer mehr Menschen in der Rolle des angepassten „Kind-Ichs“ wohl zu fühlen scheinen bzw. eingerichtet haben. Sie wechseln nur kurz in die Rolle des rebellischen, freien „Kind-Ichs“, wenn das Gefühle der „Eltern“-Fremdsteuerung („die da Oben“) zu stark wird – um sich danach sofort einem anderen „Elternteil“ unterzuordnen.

    Ziel muss es nach diesem Modell sein, sich auf der „Erwachsenen“- Ebene zu treffen. Problem: Wer aus dem (gefühlt überlegenen) „Eltern-Ich“ agiert, will sich nicht herablassen, das „Kind-Ich“ traut sich den Schritt nach oben ggfs. nicht zu.

    Wichtiger Hinweis: Ich habe das Modell stark vereinfacht angewandt. Es passt aber sehr gut zu die drei kognitiven Weltanschauungen.

    • @ Hannes Boekhoff

      Ich finde es großartig, dass Sie die Transaktionsanalyse hier eingebracht haben.
      Ich hatte vor 30 Jahren eine Zusatzqualifikation in TA begonnen und über viele Jahre in Wochenendseminaren fortgeführt. Die TA ist ganz besonders im Bereich von Schule und Coaching ein wirksames Instrument, eine Kommunikation auf Augenhöhe (Erwachsenen-Ich) zu führen. Die Kenntnisse über die Ich-Zustände helfen sehr, die eigene Position zu bestimmen. Gerade wir Lehrer:innen rutschen ja häufig ins kritische Eltern-Ich ab. Durch die Kombination mit dem Konzept von Dawna Marková: „Wie Kinder lernen“ konnte ich meine Kompetenz als Lehrerin sehr verbessern.
      Später habe ich dann Seminare und Fortbildungen zu diesem Themenblock gegeben.
      Das Konzept der Gewaltfreien Kommunikation nach Marshall Bertram Rosenberg (* 6. Oktober 1934 in Canton, Ohio; † 7. Februar 2015 in Albuquerque, New Mexico) gehört auch in diesen Bereich.

      • @Hannes Boekhoff & @Elisabeth K.

        Danke Euch und auch von mir dankbare Zustimmung für die Hinweise zur Entsprechung der Transaktionsanalyse mit den drei kognitiven Grund-Weltanschauungen & der Kohlbergschen Moralebenen: Egozentrischer Relativismus = Kind-Ich = präkonventionelle Moral, feindseliger Dualismus = Eltern-Ich (abwertend) = konventionelle Moral, dialogischer Monismus = Erwachsenen-Ich plus Dialog auf Augenhöhe = postkonventionelle Moral.

        Auch im bundesdeutschen Strafrecht finden wir die kindliche Strafunmündigkeit (egoz. Relativismus), über deren Absenkung gerade diskutiert wird, das Jugendstrafrecht (feinds. Dualismus) und schließlich das Erwachsenenstrafrecht, das u.a. Selbststeuerung voraussetzt (dialog. Monismus).

        Es ist wirklich erstaunlich – wobei ich leider noch einmal darauf hinweisen muss, dass zumindest Kohlberg die doppelte Verschiebung durch Demografie (Unterjüngung) und digitale Medienrevolution noch nicht absehen konnte. Da wird dann doch deutlich, warum sehr viele Menschen überfordert und verbittert in den feindseligen Dualismus, die konventionelle Moral, das abwertende Eltern-Ich zurücksinken.

  6. @Peter Gutsche 14.09. 10:28

    „Worauf ich hinaus will: Wie konnte es soweit kommen? Was hat uns als Gesellschaft in diese Lage gebracht?“

    Offenbar der Ukrainekrieg und seine Folgen. Noch über eine Million zusätzliche Flüchtlinge mehr haben die Wohnungsmärkte entsprechend belastet. Das merkt jeder Mieter, die Mieten steigen, und wer umziehen muss, der hat ein dickes Problem.

    Alles wurde teurer, und zu aller Unterstützung der Ukraine durch Waffenlieferungen gehörte und gehört auch die Angst vor russischen Atomwaffen dann mit dazu. Das begeistert dann ja nun auch nicht.

    „Meiner Meinung nach war (zumindest in Europa) die Corona-Pandemie ein Beschleuniger dieser Entwicklung.“

    Insbesondere junge Männer haben in den letzten Landtagswahlen AfD gewählt. Das könnte in der Tat auch eine Spätfolge der Coronamaßnahmen sein. Hier mussten pauschal alle in die Isolation, auch die jungen Leute, die wirklich fast kein eigenes Risiko zu befürchten hatten. Das war m.E. in der Tat auch nicht recht. Die psychischen Folgen durch die Isolation waren für Jugendliche sehr viel schlimmer, als dass eventuell Ältere wirklich durch Kontakte mit Jugendliche angesteckt werden. Man hätte die Alten besser isolieren müssen, meine Meinung dazu. Und die Diskussionen über die Impfpflicht war spätestens mit dem Aufkommen der Omikronvariante auch überflüssig.

    @Michael 15.09. 08:51

    „Klar: Auch ich halte die Begrenzung von Migration für eine ernste Herausforderung.“

    Es hilft niemandem, wenn über die Begrenzung von Migration nur geredet wird. Es müssen wirklich weniger werden. Da hilft es auch überhaupt nicht viel, jetzt die deutschen Grenzen wieder zu kontrollieren. Das schiebt nur das Problem innerhalb von Europa hin und her.

    Hier muss wirklich die EU tatsächlich die Außengrenzen für mindestens ein paare Jahre dicht machen. Ich hatte ja schon vorgeschlagen, dass darüber hinaus gerne jede Kommune und jeder Landkreis so viele Flüchtlinge aufnehmen dürfen sollte, wie es ihnen gefällt. Ob nun aus Menschenfreundlichkeit, weil Arbeitskräfte gebraucht werden oder weil Immobilien leer stehen.

    Die Migration innerhalb der EU und auch die Ukraineflüchtlinge dürften dagegen sehr viel weniger umstritten sein. Was die Leute am meisten stört sind offenbar Menschen aus dem Nahen Osten und Afrika.

    Sofern uns hier immer noch Arbeitskräfte fehlen, da könnte es auch mittelfristig und langfristig viel helfen, wenn die vorhandenen Einwanderer schneller Deutsch lernen und die 2. Generation auch bei Bedarf ertmal Deutsch lernt, und dann erst in die reguläre 1. Klasse der Grundschule geht. Wenig qualifizierte Arbeitskräfte fehlen uns wohl eher nicht.

    @Peter Gutsche 14.09. 10:28

    „Ich staune zunehmend, wie sehr Werte wie Solidarität und Hilfsbereitschaft, Nächstenliebe nahezu vollständig aus der öffentlichen Diskussion verschwunden sind – besonders wenn es um Hilfe für Menschen geht, die aus einer Notlage zu uns kommen.“

    Das derzeitige Asylverfahren ist offenbar nur schlecht in der Lage, wirklich Verfolgte von reinen Wirtschaftsflüchtlingen zu trennen, und auch ist eine kontrollierte Verteilung innerhalb Europas kaum möglich. Dann können wir eben nur die Außengrenzen zu machen.

    Die europäische Eigennotlage ist nebenbei durchaus in Sicht. Niemand weis, ob sich der Ukrainekrieg noch gegen die ganze Nato ausweitet, wenn Trump wiedergewählt wird und aus der Nato aussteigt. Und einen Bauboom wegen Zuwanderung kann weder die Energiewende noch die nötige Aufrüstung gebrauchen.

    • Vielen Dank, @Peter Gutsche & @Tobias Jeckenburger

      Nach meiner Wahrnehmung haben wir es derzeit mit einer Überforderung und also psychologischen Externalisierung von drei Krisen in einen globalen Rechtsruck zu tun, wobei auch noch Nachwirkungen der (4. Krise) Covid19-Pandemie zu verspüren sind.

      1. Demografie: Der säkulare Geburtenrückgang führt zu Frust in den älteren Generationen (die sich verlassen fühlen) und in den jüngeren Generationen (die sich nicht gehört fühlen). Die einstige Ministerpräsidentin von Thüringen, Christine Lieberknecht (CDU), erläuterte dazu in der ZEIT vom 5. September 2024:

      “Vor allem wurde nicht verstanden, was der Wegzug von fast einem Drittel der Bevölkerung aus den ostdeutschen Ländern bedeutete. Die Gesamtstatistik liest sich nicht so schlimm, weil es auch Zuzug gab. Aber wenn so viele Menschen ihre Heimat verlassen und vor allem Ältere zurückbleiben, da entsteht eine Lebensunzufriedenheit, trotz besserer Lebensverhältnisse. Es gibt heute im Osten besonders viele Menschen, deren Kinder im Westen leben und die nicht wissen, was aus ihrem Haus, ihrer Firma wird.”

      Gleichzeitig gibt es in den noch von Zuwanderung geprägten Arche-Regionen auch in Deutschland massiven Wohnungsmangel.

      2. Medienrevolutionen: Mit der Digitalisierung und insbesondere den antisozialen Medien erleben wir eine massive Verrohung, Polarisierung und Verbreitung von Verschwörungsmythen bis hin zur Empörungssucht.

      3. Klimakrise: Bis vor wenigen Jahren wurde die Klimakrise im Rechtsdualismus noch weitgehend geleugnet. Nun wird sie zunehmend als Chance zur Etablierung eines brutalen Sozialdarwinismus eingesetzt. In der eiskalten Logik des feindseligen Dualismus werden dabei Wissenschaftlerinnen und Parteien wie die Grünen, die aktiv vor der Klimakatastrophe gewarnt haben, nun besonders heftig attackiert.

      Während Österreich, Tschechien, Polen und auch deutsche Regionen von schlimmen Extremwettern und Hochwassern gezeichnet werden, müssen die Grünen in Brandenburg sogar um ihren Wiedereinzug in den Landtag von Brandenburg bangen. In anderen europäischen Ländern wie Frankreich, Italien und den Niederlanden ist der Zusammenbruch des etablierten, demokratischen Parteiensystems bereits erfolgt oder im Gange. Und auch in der Bundesrepublik Deutschland ist er im Gange, stehen etwa Linke, FDP und teilweise Grüne am Abgrund.

      Gibt es auch Hoffnungsschimmer? Ja, wie das Beispiel der “illiberalen Demokratie” Ungarn ja bereits gezeigt hat, verwandeln sich rechtsdualistische Autokratien schnell in korrupte Oligarchien, was zu wachsender Unruhe führt. In einigen Ländern wie den USA, Polen, Großbritannien und Indien, in denen noch echte Wahlen stattfinden konnten, ist der globale Rechtsruck daher inzwischen aufgehalten worden – allerdings auf Kosten der Rechtsverschiebung der überlebenden, demokratischen Parteien. Und auch dort, wo rechtsdualistische Parteien erfolgreich waren, waren sie es – etwa in Italien – eher mit gemäßigt auftretenden Kandidierenden wie Giorgia Meloni als mit Salvini. Auch in Thüringen gewann die AfD eher trotz als mit Höcke. Ich hoffe und meine daher, dass ein Umkippen der Bundesrepublik Deutschland in den totalitären Faschismus noch immer gestoppt werden kann. Aber die kommenden Jahrzehnte werden für Demokratinnen und Wissenschaftler hart und fordernd.

  7. @Michael 15.09. 16:13 / 16:39

    „Danke Euch und auch von mir dankbare Zustimmung für die Hinweise zur Entsprechung der Transaktionsanalyse mit den drei kognitiven Grund-Weltanschauungen & der Kohlbergschen Moralebenen:…“

    Die Transaktionsanalyse bezieht sich wohl eher auf das recht persönliche Miteinander, und ich kann dieses Konzept auch nicht soo gut nachvollziehen. Zusammenarbeit, nicht beachtendes Nebeneinander wie auch richtiger Zoff gehören zu jedem Zusammensein dazu und können auch ineinander übergehen. Was davon wirklich bleibt, ist mehr Zusammenarbeit zu suchen. Das lohnt sich oft.

    Wobei mir gerade der dialogische Monismus als eher erkenntnistheoretisch hochinteressant zu sein scheint. Gerade kompliziertere Sachverhalte wie z.B. das Thema Religion brauchen wirklich viele Perspektiven, die von vielen Blickwinkeln aus das ganze Thema beleuchten. Das gilt auch für die konkrete Vorgehensweise der Energiewende wie überhaupt die Erkenntnis, dass wir die Energiewende brauchen.

    Relativismus wie auch entschiedener Dualismus können auch gerne in Mischformen, auch teils mit ein wenig Monismus angereichert vorkommen. Ich denke, dass erstmal der persönliche Horizont immer vorhanden ist, der aber eben unterschiedlich weit ausgeprägt sein kann oder auch mal recht einseitig in eine Richtung gehen kann. Dazu gesellt sich dann noch die individuelle eigene Beteiligung, womit man sich wirklich mit verbunden fühlt, und bereit ist, sich verantwortungsvoll zu kümmern.

    Der Dualismus dürfte auch grundsätzlich auf dem Weg vom Relativismus zum Monismus auftreten müssen. Auf dem Weg dahin, die ganze Welt fördern zu wollen, kommt erstmal nur der eigene Skatverein oder der eigene Firma wo man arbeitet, gefolgt von der Nation bzw. politischen Teilen davon und endet erst später in Europa und dann erst in der ganzen Welt.

    Zumal die weltweiten Herausforderungen auch recht neu sind. Den Klimawandel gibt es erst seit Jahrzehnten, und der fängt gerade erst an, akut wirksam zu werden. Und die Digitalisierung mitsamt ihren globalen Auswirkungen ist ähnlich neu. Kein Wunder, dass hier Viele noch nicht hinterher gekommen sind.

    Man muss ja meistens auch noch Arbeiten und vielleicht sogar Kinder großziehen, da hat man so viel Zeit nicht, sich mit ganz Europa und der ganzen Welt zu beschäftigen.

    „Da wird dann doch deutlich, warum sehr viele Menschen überfordert und verbittert in den feindseligen Dualismus, die konventionelle Moral, das abwertende Eltern-Ich zurücksinken.“

    Vielleicht brauchen viele Menschen auch einfach mehr Zeit, sich den aktuellen Herausforderungen auf eine geeignete Weise zu stellen, und diesem auch im eigenen persönlichem Leben den Sinn zu geben, den man damit eben tatsächlich finden kann.

    Jedenfalls kann hier jeder, der es verstanden hat, auch ganz persönlich an der Energiewende mitwirken, insbesondere mit einer Überprüfung des eigenen Konsums. Und dann mit dem gespartem Geld grüne Technik anschaffen oder eben sich auch mehr Zeit gönnen, sich mit diesem wunderbaren Planeten zu beschäftigen.

    Was doppelt Spaß macht, wenn man sich aktiv an seiner Erhaltung beteiligt. Und das wiederum könnte durchaus sogar spirituelle Dimensionen haben, die am Ende die eigene Existenz erweitern können. Ganz konkret und ohne Transhumanismus, Extro-Utopianismus und Singularitätsglauben bemühen zu müssen.

    „Gleichzeitig gibt es in den noch von Zuwanderung geprägten Arche-Regionen auch in Deutschland massiven Wohnungsmangel.“

    Besser, man bringt auch Arbeit dahin, wo die Menschen wohnen. Das ist viel wert, und darf daher auch gerne was kosten. Soweit es nun denn möglich ist. So sind die wirtschaftspolitischen und auch kulturellen Verhältnisse im Nahen Osten und in Afrika teils so finster, dass man hier derzeit keine Perspektive erkennen kann.

    Probieren würde ich es aber trotzdem. Eine Kombination von KI-gestützter breiter Bildung, Hilfe beim Aufbau einer grünen Infrastruktur und vielleicht auch die Nachfrage von Lebensmitteln aus China könnten wenigsten für einen Teil vom globalen Süden Lichtblicke sein.

    Andererseits gibt es auch in Europa Gegenden mit umfassend leerstehenden Immobilien. Hier wäre sogar Platz für Einwanderer aus dem Nahem Osten und Afrika, wenn man da denn dann Arbeit hinbringen könnte. Derzeit sind aber gerade da die Widerstände gegen Einwanderer am größten.

    • Danke, @Tobias Jeckenburger! 🙏

      Aktuell erleben wir ja eine weitere Probe auf kalten, egozentrischen Relativismus, feigen, feindseligen Dualismus oder mutigen, aber leider auch erkenntnis- und schmerzhaften, dialogischen Monismus. Auf Mastodon lasse ich seit vorhin eine Umfrage laufen, ob das sog. „Jahrtausendhochwasser“ – das in der Realität der Klimakrise zeitnah überboten wird – zu viel, wenig oder gar keiner ökologischen Besinnung führt. Oder gar zu einer Zunahme von Leugnung und Externalisierung.

      https://sueden.social/@BlumeEvolution/113145418586459706

      Ich wünsche allen, die sich für das interdisziplinäre Konzert der Wissenschaften interessieren, einen guten Start in die Woche!

  8. @Blume

    Where do I begin?

    Right now we are sitting on the Tianic passing around opinion polls.

    Die Zeit doesnt have a big enough sample of 1000 people to represent the opinion of the entire population. We are past that point of no return.

    The terminology that you use @Blume is too abstract for the type of people you need to reach.

    Heres the bad news: Within the next decade 1/3 of this planet will become uninhabitable. Im referring to areas that are populated. Where a 3 billion people going to live?

    • @Science

      Instead of belittling me and DIE ZEIT on my blog, you are free to use better terminology and to educate the Whole World at digital places you created yourself. I am working day and night to inform people scientifically about the dangers of conspiracy myths. For example, I just posted about European conspiracy beliefs about the Climate Crisis and about US mythologies surrounding Donald Trump and BlackRock:

      https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/verschwoerungsmythen-zu-den-wahlen-us-blackrock-gegen-trump-big-pharma-und-das-eu-hochwasser-als-wettermanipulation/

      It is yours to decide whether you want to contribute constructive and dialogical comments here or to proceed to other places, taking the time of others. I gladly gave you enough of my attention. The Choice whether future comments of you are having a place here is now all yours.

      Thanks & best wishes!

      • @Blume

        I am not and have never belittled you or your blog. i would not take the time to comment if I did. I am sorry you feel that way.

        My writing style when I comment is short and contains humor. Every person is different.

        “Michael Blume
        16.09.2024, 22:17 Uhr
        @Science

        Instead of belittling me and DIE ZEIT on my blog, you are free to use better terminology and to educate the Whole World at digital places you created yourself.”

        Thanks. I have a science blog. It is unpaid, unsponsored and I know how much time it takes. I do not impose dialog on my readers. When I use science terms many dont understand. My blog doesnt deal with religion or politics, your blog does. I ask for clarification when I dont understand something. I debunk. And I try to make everyone feel welcome, even if they have opposing opinions. I am used to commentators contributing their knowledge.

        Right now our fields are overlapping. I get conspiracy myths that range from planet Niburu to other crazy stuff.

        But you make people unwelcome.

  9. Weltanschaungen aus entwicklungspsychologischer Sicht.
    Das ist eine Sichtweise die andere schon so formuliert haben.
    Die Menschheit durchläuft dieselbe Entwicklung wie ein Mensch nur in einem sehr viel langsameren Tempo.
    Den jetzigen Zustand würde ich als Pubertät der Menschheit bezeichnen.

    also, Optimismus ist angesagt.

    • Danke, @N – diese populäre Idee der Parallelisierung von Biologie und Menschheitsgeschichte finden wir im Deutschen ja unter anderem schon in der Entelechie von Johann Wolfgang von Goethe (1749 – 1832).

      Ich teile sie jedoch aus empirischen Gründen ausdrücklich nicht. Es ist wahr, dass gerade auch Lawrence Kohlberg (1927 – 1987) noch von einer linearen Höherentwicklung von Menschen ausging und sich nicht vorstellen wollte, dass ein Mensch etwa von der postkonventionellen (dialogisch-monistischen) Ebene der Moralitätsentwicklung wieder auf die konventionelle (feindselig-dualistische) zurückfallen würde. Aber genau das haben wir doch während der Covid19-Pandemie oder aktuell angesichts der Klimakrise immer wieder gesehen: auch ältere Menschen können verzweifeln und verbittern. Ich erinnere mich gut an eine Veranstaltung zum Thema “Altersradikalisierung” im Hospitalhof Stuttgart, die von verzweifelten Angehörigen und auch einigen Betroffenen geradezu gestürmt wurde. Auch Kohlberg selbst, der nach der Veröffentlichung seiner Dissertation “Die moralische Entwicklung” 1958 zur Theorie der Moralentwicklung wurde 1968 zum Professor für Erziehungswissenschaft an der Uni Harvard berufen und leitete dort ein eigenes “Zentrum für moralische Entwicklung und Erziehung”. Doch später erkrankte er an Lambliasis und beging 1987, im Alter von 59 Jahren, Suizid.

      Unter dem Blogpost zu aktuellen Verschwörungsmythen von Wettermanipulation bis Blackrock vs. Trump beobachtete ich angesichts einer aktuellen Mastodon-Umfrage sogar, “den Durchbruch des schmerzhaften, erkenntnispsychologischen Realismus gegenüber dem leider überholten, linearen Fortschrittsoptimismus.”

      Ich sehe es so, dass menschlicher Fortschritt sowohl individuell wie auch gesellschaftlich nicht entelechisch (Popper würde sagen: historizistisch) vorgegeben ist, sondern durch freie Entscheidungen errungen wird und in jeder Generation auch wieder verloren werden kann. Gerade erst fand ich dazu eine dichte Beschreibung und Vorwegnahme von Reaktanz und feindseligem Dualismus durch die Historikerin Annelise Thimme (1918 – 2005). Sie schrieb in “Flucht in den Mythos. Die Deutschnationale Volkspartei und die Niederlage von 1918” von 1969 (!), S. 107 – 108:

      Trotz all der Suche nach dem “Schuldigen” fehlte in den zwanziger Jahren im nichtdemokratischen Bürgertum jede ernsthafte Auseinandersetzung, ja, jedes Nachdenken über die tieferen Gründe, die zu dem für sie überraschenden und plötzlichen politischen Zusammenbruch geführt hatten. Es gab nur ein nostalgisches Rückwärtsschauen nach der guten, alten Zeit, in der angeblich die Welt noch in Ordnung gewesen war.

      Es war offensichtlich einfacher, die Gegenwart abzulehnen, ja, sie zu hassen und die Schuld an den bestehenden Verhältnissen der gewollten Bosheit der anderen zuzuschieben. Aus diesem Grunde konnte es nicht zu einer ernsthaften Auseinandersetzung mit der Vergangenheit kommen, es konnte also auch keine “Bewältigung” geben, weil die eigene Auffassung und das eigene Selbstverständnis gar nicht ernsthaft in Frage gestellt wurden. So führte die Antwort auf die Suche nach einer Erklärung für das Unbegreifliche zu einer simplen Schwarz-Weiß-Sicht, die nur ein “gut” oder “böse”, ein “richtig” oder “falsch” sah.

      Diese Haltung beruhte auf auf einer Fortsetzung der Auffassung, die man schon im Kriege vertreten hatte und die am stärksten in der “Vaterlandspartei” repräsentiert war. Welche Bedeutung und nachhaltende Wirkung des ganze Kriegserlebnis auf gewisse Teile des deutschen Bürgertums hatte, zeigt die Aufregung um das Buch von Fritz Fischer, dessen Lektüre ein achtzigjähriger emeritierter Professor im Jahre 1961 mit den Worten quittierte: “Sie haben mir meine Weltanschauung zerstört.”

      […]

      Anders ausgedrückt, es gelang diesen Menschen nicht, sich mit der Realität auseinanderzusetzen, ja, weder die Realität der Vergangenheit noch die der Gegenwart überhaupt zu erkennen. Die Folge war die Flucht in den Mythos.”

      Zur Klimakrise und von fossilen Lobbyisten verzögerten, post-fossilen Transformation ließe sich einhundert Jahre später bei Millionen die gleiche Diagnose stellen. Geschichte wiederholt sich nicht, aber sie reimt sich.

      Übrigens: Der DNVP-Vorsitzende und Medienmilliardär Alfred Hugenberg (1865 – 1951) trug dann entscheidend zur Machtergreifung von Adolf Hitler (1889 – 1945) bei.

      Stand jetzt würde ich es also so formulieren, dass der infantile, egozentrische Relativismus, der juvenile, feindselige Dualismus und der adulte, dialogische Monismus jeweils Möglichkeiten beschreiben, die von Menschen individuell und gesellschaftlich erreicht, aber auch wieder verloren werden können. Menschlicher Fortschritt ist möglich, aber niemals endgültig gesichert.

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