Der Widerspruch zwischen Freiheit und Gleichheit und der Lebensbaum des Föderalismus

Als ich mich letztes Wochenende entschied, gleich mit zwei Grundthemen wie den Schwierigkeiten des überholten Links-Rechts-Dualismus und dem “Blume & Ince”-Dialog zum KI-Fediversum heraus zu gehen, rechnete ich mit viel digitaler Feindseligkeit.

Und, ja, selbstverständlich gab es auch wieder Hate und Troll-Gepöbel. Aber die interessierten, konstruktiven und dialogischen Reaktionen waren sowohl auf dem Blog wie auch auf Mastodon deutlich in der Mehrheit. Vielen lieben Dank dafür!

Dialogisches Interesse heißt freilich nicht nur Zustimmung, sondern auch kritische Nachfragen. Und eine ganze Reihe von Interessierten fragten klug und berechtigt nach, ob wir nicht doch Links mit Gut im Sinne von Gleichheit (Isothymia) gleichsetzen könnten, wogegen Rechts dann eben für Ungleichheit (Megalothymia) im Sinne von Böse stünde?

Und mein Einwand dagegen ist: Nein, so einfach können wir es uns leider nicht machen. Denn es passt leider weder zu den Tatsachen der Geschichte noch zu den Erkenntnissen der Philosophie und evolutionären Spieltheorie. Es ist nicht ganz einfach, doch als Bonus werden Sie erfahren, warum im Paradiesgarten der Bibel “zwei” namentlich erwähnte Bäume standen.

Also, zunächst ganz kurz die Welt der Tatsachen, die Geschichte:

Als die französischen Revolutionäre zur Linken der Nationalversammlung “Liberté, Égalité, Fraternité – Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit” ausriefen, da war damit leider weder die Gleichberechtigung von Frauen noch von schwarzen Menschen (heute POC (People of Color)) gemeint. Im Gegenteil: Die Frauenrechtlerin Olympe de Gouges (1748 – 1793) wurde nach der Veröffentlichung ihrer “Erklärung der Rechte der Frau und Bürgerin” (1791) sexistisch angefeindet, vor ein Revolutionstribunal gestellt, dort verleumdet und schließlich durch die Guillotine hingerichtet. Und auch die Sklaven und sog. “Mulatten” – Nachfahren weißer und schwarzer Menschen – erhielten keineswegs die vollen Bürgerrechte, sondern wurden weiterhin rassistisch diskriminiert. Darauf kam es im französisch beherrschten Haiti zum Bürgerkrieg und 1804 zur Unabhängigkeit unter einem eigenen, allerdings bald von Aufständischen ermordeten Kaiser Jacques I. (1758 – 1806).

Noch als Eugène Delacroix (1798 – 1863) um 1830 sein berühmtes Revolutionsgemälde mit der barbusig-säkularen Revolutionärin “Marianne” auf den Barrikaden von Paris malte, da konnte von einer Gleichberechtigung der Frauen noch keine Rede sein.

Das Gemälde des französischen Malers Eugène Delacroix entstand 1830 unter dem Titel "La Liberté guidant le peuple - Die Freiheit führt das Volk" und zeigt die barbusige Anführerin Marianne mit französischer Trikolore beim Barrikadenkampf in Paris.

Das Gemälde des französischen Malers Eugène Delacroix entstand 1830 unter dem Titel “La Liberté guidant le peuple – Die Freiheit führt das Volk”. Gemeinfrei auf Wikimedia

Auch die US-Amerikanischen Revolutionäre schrieben zwar den stolzen Satz “All men are created equal” in ihre Unabhängigkeitserklärung von 1776. Diese Ansage bezieht sich zwar auf die Bibel und war schon etwa bei Papst Gregor I. (540 – 612) zu finden. Allerdings waren mit “all men” eben noch nicht alle Menschen gemeint, sondern erst einmal nur weiße Männer. Frauen und schwarze, “afroamerikanische” Menschen blieben bis ins 20. Jahrhundert vom Wahlrecht ausgeschlossen und erleben bis heute Sexismus und Rassismus. Ausgerechnet das von der damals noch polygamen Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage (“Mormonen”) geprägte Utah führte 1870 erstmals das Frauenwahlrecht auf kommunaler Ebene ein und experimentierte mit Formen von “sozialistischem” Kollektiveigentum. Doch später wandte sich auch diese Kirche zum Privateigentum mit Abgaben zurück, wie auch alle (!) politisch-sozialistischen Regime von der Sowjetunion über die DDR, Kuba, Venezuela, Nordkorea, Vietnam und China entweder untergingen oder bis heute von Cliquen alter Männer beherrscht werden. 

Wir treffen hier auf ein Grundproblem, das tatsächlich nicht erst die linken, liberalen und rechten Bewegungen der säkularen Politik, sondern schon lange davor auch alle Religionsgemeinschaften betraf und weiter betrifft: Zwischen Gleichheit und Freiheit besteht ein Widerspruch. Wenn Menschen absolut gleich gemacht würden, so verlören sie darüber ihre individuelle Freiheit. Umso mehr Freiheit ihnen aber zugestanden wird, umso weniger werden sie gleich sein. Keine menschliche Organisation vermag diesen Widerspruch im Diesseits aufzulösen: Jesus verhieß das Himmelreich, doch es kamen immer mehr Kirchen.

Dieses Dilemma wird durch ein Symbol verkörpert, das wir in fast allen Religionen und Kulturen der Menschheit finden: den Lebensbaum.

Eine Familienwerte-Auszeichnung der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage in Gestalt eines gläsernen Lebensbaumes.

2024 erhielten meine Frau und ich durch den europäischen Zweig der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage (“Mormonen”) diese Familienwerte-Auszeichnung mit dem Symbol eines Lebensbaumes. Foto: Michael Blume

Ein Baum ist ein Baum und in dieser Eigenschaft allen anderen Bäumen gleich. Er ist jedoch auch an seinem Platz einzigartig und erschien den Menschen also eine perfekte Symbolisierung von Ordnung (alle Bäume sind gleich) und Chaos (alle Bäume sind anders). Es gibt dabei noch keine Unterscheidung von guten oder bösen Lebensbäumen – ein Lebensbaum steht für das Leben selbst und ist also “neutral”.

Die jüdische Thora, die fünf Bücher Moses, die erste Heilige Schrift der Menschheit in Alphabetschrift, unterscheidet daher schon in ihrer Paradieserzählung “zwei” Bäume: 

Nach 1. Mose 2,9 pflanzte Gott den Baum des Lebens (hebräisch עץ החיים êṣ haChajim) und den Baum der Erkenntnis von Gut und Böse (hebräisch עֵץ הַדַּעַת טוֹב וָרָע êṣ had-daʿaṯ ṭōḇ wā-rāʿin) der Mitte des Gartens Eden. Der Baum des Lebens war unumstritten, nur von den Früchten des Baumes der Erkenntnis von Gut und Böse zu kosten beendete der Menschheit Vor-Zeit im Paradies.

Modern gesprochen: Erst wenn Lebewesen befähigt sind, zwischen Gut und Böse zu unterscheiden, können sie gut oder böse handeln, schuldig werden. Ein jagendes Raubtier ist noch genauso neutral wie der Baum des Lebens.

Spieltheoretisch gesprochen: Ein Spiel entsteht erst auf Basis von Regeln. Die Ordnung erzeugt erst das Spielfeld mit seinen Möglichkeiten.

Oder wie es das deutsche Grundgesetz von 1949 in seinen ersten beiden Sätzen (Artikel 1.1) gefasst hat: Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt. Freiheit und Gleichheit brauchen zu ihrer Balance auch zur Gewalt fähige, rechts-staatliche Ordnung.

Sinnigerweise wurde dies auch im Fediversum durch den Post eines dialogischen Mastodon-Accounts mit dem schönen Handle Chaos.Social deutlich: Damit Mastodonten sich frei entfalten können, brauchen sie die föderale Struktur der Instanzen. Freiheit entsteht erst zwischen Chaos und Ordnung!

Mastodon-Post von @dagger@chaos.social vom 13. Januar 2025 mit dem Text: "Interessante These zum politischen Links-Rechts-Schema und den Folgen, welche @BlumeEvolution für sich daraus zieht". Es folgt ein Link zum Blogpost von Dr. Michael Blume "Was ich vom politischen Koordinatensystem Links - Mitte - Rechts" halte.

Fediversum-Post von @dagger@chaos.social vom 13. Januar 2025, 11:21 Uhr. Screenshot: Michael Blume

Wir können nun also verstehen, warum es nicht möglich ist, das politische Links dualistisch mit Gut und Gleichheit zu identifizieren. Die völlige Gleichheit, wie sie etwa im linken Kommunismus nach Karl Marx (1818 – 1883) angestrebt wurde, führt zu buchstäblich uniformierten Parteien und Gesellschaften und schließlich zum Tod der Freiheit.

Und auch umgekehrt: Die völlige Freiheit, wie sie etwa im linken Anarchismus nach Michail Bakunin (1814 – 1876) und heute noch im Anarchosyndikalismus angestrebt wird, zerstört die Gleichheit.

Der Widerspruch zwischen Freiheit und Gleichheit kann also in der Weltzeit nicht aufgelöst, sondern bestenfalls ausbalanciert werden: Die bis ins späte 20. Jahrhundert einzige, linke Massenbewegung, die durch die Annahme des Liberalismus in Form demokratischer Gesellschaftsordnungen den Absturz in den feindseligen Linksdualismus konsequent vermeiden konnte, war die Sozialdemokratie. 

Tatsächlich bringt die Formulierung im Hauptwerk des auch erkenntnistheoretischen Liberalismus “Die offene Gesellschaft und ihre Feinde” (1945) von Karl Popper (1902 – 1994) genau diese Balance zwischen Offenheit und Ordnung zum Ausdruck, die gegen feindselige Dualisten von Links und Rechts zu verteidigen ist (das sog. Toleranzparadox).

Was Popper freilich noch nicht ahnen konnte: Mit dem algorithmischen Neurohacking durch Konzerne in der digitalen Aufmerksamkeitsökonomie radikalisierten sich auch große Teile des Liberalismus zum demokratiefeindlichen (Rechts-)Libertarismus. Immer mehr freiheitliche Demokratien werden im 21. Jahrhundert aus ihrer Mitte heraus medial gesprengt und in digitale Thymokratien und Oligarchien verwandeltWenn es uns nicht gelingt, die föderalen Demokratien in der Politik und das nicht-kommerzielle KI-Fediversum im Internet zu verteidigen, verlieren wir Freiheit und Gleichheit!

Evolutionäre Spieltheorie und Game Studies: Das Gesinnungssystem bei Dungeons & Dragons

Die Quellenbücher "The Making of Original Dungeons & Dragons" und "Mordenkainen's Tome of Foes" inmitten von Würfeln und Fantasy-Münzen. Darüber ein Lehmstein mit den Symbolen von Judentum, Christentum und Islam sowie eine "Allgemeine Erklärung der Menschenrechte" von der UNO.

Auch im Fantasy-Rollenspiel “Dungeons & Dragons” ab 1970 wurde das zweigliedrige Gesinnungssystem aus a) Ordnung und Chaos zu b) Gut und Böse entdeckt. Foto: Michael Blume

Diese historischen, spieltheoretisch-mathematischen und philosophisch-mythologischen Zusammenhänge wurden in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts auch im bis heute weltweit populärsten Fantasy-Rollenspiel “Dungeons & Dragons” durchgespielt. Der christlich und religiös konservative Entwickler Gary Gygax (1938 – 2008) wie auch sein früher Mitstreiter David Lance Arneson (1947 – 2009) entwickelten die DnD-Spielszenarien aus dem militärischen Wargaming: in den ersten Entwürfen traten noch rein menschliche Armeen als Seite der “Ordnung” gegen Monster als Verkörperungen des “Chaos” an. Es verstand sich vermeintlich von Rechts her selbst, dass Ordnung = Gut und Chaos = Böse sein sollte.

Doch sobald die engen Regeln der Militärspiele zugunsten flexibler Rollen aufgegeben wurden, wurde auch dieser eindimensionale Dualismus zu eng: Fantastisch Spielende wollten auch freiheitliche, zunehmend auch nichtmenschliche Charaktere verkörpern und gegen falsche Ordnungen wie etwa bedrohliche Tyrannen antreten (vgl. Star Wars). Wie der biblische Lebensbaum zwischen Ordnung und Chaos vom Baum der Erkenntnis von Gut und Böse unterschieden wurde, so wurde nun auch das DnD-Gesinnungssystem zweidimensional: Reine Naturwesen galten fortan als “True Neutral”. Bei entscheidungsfähigen Lebewesen sollte in der Dimension der Ordnung zwischen Rechtschaffend, Neutral und Chaotisch gewählt werden, in der zweiten Dimension dann Gut, Neutral, Böse.

Eine strenge Paladin-Ordensritterin war von nun etwa Rechtschaffend Gut, ein verspielt-individualistischer Magier womöglich Chaotisch Gut, eine freiheitliche, aber Traditionen pflegende Bardin Neutral Gut. Auch auf Seite der Bösen wurden zunehmend die streng hierarchischen, megalothymischen Teufel und Hobgoblins von den streng chaotischen Dämonen und Drow unterschieden, die sich auch gegenseitig isothymisch zu stürzen versuchen.

Fazit: Neutral Gut taugt am Besten 🙂

Poppers “offene Gesellschaft” und auch die Grund-Weltanschauung des dialogischen Monismus wären nach dieser insgesamt neunteiligen Gesinnungstabelle übrigens “Neutral Gut” – um das Leben zu entfalten, werden Ordnung und Chaos, Kollektivismus und Individualismus, Gleichheit und Freiheit immer wieder ausbalanciert. Weder Ordnung noch Chaos, weder Gleichmacherei noch Sozialdarwinismus sollen die Menschheit in ihrer gleichen Würde und vielfältigen Personalität abwürgen.

So darf ich etwa auch als evangelischer, dialogischer Liberaler widerspruchsfrei das Recht auf Verhütung und Abtreibung verteidigen, weil Frauen Individuen mit gleicher Menschenwürde und Freiheit wie Männer sind. Ich darf privates Böllern ablehnen, weil der individualistische Spaß Mitwelt und Menschen beschädigt und bedroht. Ebenso darf ich höhere Bildungsausgaben befürworten, um die Chancengleichheit von Mitmenschen zu verbessern.

Ich darf im demokratischen Dialog mit Ihnen innerhalb der freiheitlichen und rechtsstaatlichen Ordnung immer wieder neu nach der richtigen Balance aus Ordnung und Chaos suchen. Ich werde dabei sowohl in Politik wie auch in Medien einschließlich des World Wide Web immer so viel wie möglich Föderalismus vertreten, da es der Menschenwürde und Selbstwirksamkeit entspricht, die eigene Lebenswelt etwa in der Kommunalpolitik mitzugestalten. Und ich darf mich dabei für die dialogisch zu erschließende Wahrheit und die Wissenschaft, für die Menschenwürde und für die Demokratie, für das gemeinsame Leben und die Kultur – also für das Gute entscheiden.

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Dr. Michael Blume studierte Religions- und Politikwissenschaft & promovierte über Religion in der Hirn- und Evolutionsforschung. Lehrbeauftragter am KIT Karlsruhe, Wissenschaftsblogger & christlich-islamischer Familienvater, Buchautor, u.a. "Islam in der Krise" (2017), "Warum der Antisemitismus uns alle bedroht" (2019) u.v.m. Hat auch in Krisenregionen manches erlebt und überlebt, seit 2018 Beauftragter der Landesregierung BW gg. Antisemitismus und für jüdisches Leben. Auf "Natur des Glaubens" bloggt er seit vielen Jahren für das Fediversum, Wissenschaft und Demokratie, gegen antisoziale Medien, Verschwörungsmythen und den Niedergang Europas.

27 Kommentare

  1. Guten Morgen, @Michael.

    Dein Text hilft sehr zur Einordnung und Orientierung. Vielen Dank dafür!

    Ich denke, dass man Deine Gedanken auf einer sehr tiefen Ebene wiederfinden kann, wenn man eine offene Gesellschaft wie in der Naturwissenschaft als offenes System betrachtet. In dem Sinne dass eine funktionierende offene Gesellschaft stets die Balance zwischen individueller Freiheit und Gleichheit erfordert, um sowohl Chaos als auch Stillstand zu vermeiden. Dieser Zustand erfordert, ähnlich wie in der Physik, fortwährende “Arbeit” (Anstrengung), da das Leben, in einer Balance fernab des thermodynamischen Gleichgewichts, ständig in Bewegung bleibt und sich weiterentwickelt. Gleichgewicht (im Sinne der Thermodynamik), also z.B. sich ganz und totalitär auf die Gleichheit zu fokussieren, bedeutet den Tod der offenen Gesellschaft.

    • Vielen Dank & volle Zustimmung, @Peter Gutsche 🙏📚🙌

      Zeit emergiert, aber wiederholt sich nicht. bedeutet ja nach neueren Erkenntnissen auch, dass der (Quanten-)Raum dem linearen Zeitstrahl vorausgeht. Seitdem behaupten sich immer neue Systeme gegen die Entropie: Chaos und Ordnung interagieren bis in die Evolution der biologischen, kulturellen, geistigen Traditionen.

      Der Rechtsdualist irrt sich darin, die Vergangenheit mittels Verschwörungsmythen festlegen zu können. Die Linksdualistin irrt sich darin, mittels Verschwörungsmythen die Zukunft festlegen können.

      Doch der breite, demokratische Bogen progressiver, liberaler und konservativer Stimmen begreift: Die offene Gesellschaft gewinnt immer neue Erkenntnisse und löst immer neue Probleme im Dialog.

      Auf der Ebene der gegenwärtigen, medial befeuerten Psychologie gesprochen:

      Demokratische Rechte wollen säkulare Traditionen bewahren, Liberale säkulare Freiheiten und demokratische Linke das säkulare Fortschrittsversprechen.

      Aber eben auch leider durch algorithmisches Neurohacking in die „Enge der Zeit“, in den sozialdarwinistischen Rechtslibertarismus befeuert:

      Rechte drohen über psychologische Reaktanz, Liberale über Gier und Linke über selbstgerechten Historizismus in den feindseligen Dualismus abzustürzen.

      Und deswegen laufen derzeit alle Demokratien als noch „offene Gesellschaften“ Gefahr, in gegen die Realität medial ab-„geschlossene Gesellschaften“ digitaler Oligarchien (auch „Broligarchien“) abzustürzen. Sogar der ethnonational-soziale Steve Bannon tobt inzwischen gegen den “Techno-Feudalismus im globalen Maßstab“ von Elon Musk: “Er sollte zurück nach Südafrika gehen. […] Warum erlauben wir den rassistischten Menschen der Erde – weißen Südamerikanern – überhaupt, Kommentare über die Vereinigten Staaten abzugeben?“

      Zitate aus der Stuttgarter Zeitung von heute, S. 3: Mächtig zerstritten: Die tiefen Gräben in Trumps Männerclub Der ultrarechte Publizist Steve Bannon sagt Techmilliardär Elon Musk den Kampf an. Kurz vor der Amtseinführung Trumps eskaliert unter seinen Unterstützern der Streit zwischen Nationalisten und Libertären.“

      Rechtschaffend Böse gegen Chaotisch Böse.

      Geschichte reimt sich, aber wiederholt sich nicht.

  2. Ordnung, Chaos, Gleichheit und die Sozialdemokratie – da fällt mir dieses Gedicht von Erich Mühsam ein:
    (;

    Der Revoluzzer
    – der deutschen Sozialdemokratie gewidmet –

    War einmal ein Revoluzzer,
    Im Zivilstand Lampenputzer;
    Ging im Revoluzzerschritt
    Mit den Revoluzzern mit

    Und er schrie: „Ich revolüzze!“
    Und die Revoluzzermütze
    Schob er auf das linke Ohr,
    Kam sich höchst gefährlich vor

    Doch die Revoluzzer schritten
    Mitten in der Straßen Mitten,
    Wo er sonsten unverdrutzt
    Alle Gaslaternen putzt

    Sie vom Boden zu entfernen,
    rupfte man die Gaslaternen
    Aus dem Straßenpflaster aus,
    Zwecks des Barrikadenbaus

    Aber unser Revoluzzer
    Schrie: „Ich bin der Lampenputzer
    Dieses guten Leuchtelichts.
    Bitte, bitte, tut ihm nichts!

    Wenn wir ihn’ das Licht ausdrehen,
    Kann kein Bürger nichts mehr sehen,
    Laßt die Lampen stehn, ich bitt!
    Denn sonst spiel’ ich nicht mehr mit!“

    Doch die Revoluzzer lachten,
    Und die Gaslaternen krachten,
    Und der Lampenputzer schlich
    Fort und weinte bitterlich

    Dann ist er zuhaus geblieben
    Und hat dort ein Buch geschrieben:
    Nämlich, wie man revoluzzt
    Und dabei doch Lampen putzt

    • Danke, @Hans 🙏😊

      Ich liebe Mühsams Lampenputzer! 🤓 Er ist eindeutig Evolutionär statt Revolutionär, Neutral Gut (Licht für alle! 💡) und Teil von #derlesendeWiderstand! 📚☕️🖖

      • @Michael
        Ich lese das Gedicht heute auch so, dass der Lampenputzer der Vernünftige und “neutral Gute” in dieser Geschichte ist. Der Autor selbst dürfte es aber damals eher spöttisch gemeint haben, der Anarchist Mühsam war dem Barrikadenbau und dem Laternenausrupfen nicht abgeneigt. (;

        • Ja, @Hans – das war mir bewusst und ein Teil meiner Entscheidung, für den dialogisch-monistischen Lampenputzer gegen seine dualistischen Kritiker einzutreten. 😊💡

          Tatsächlich gibt es in meinem Leben zu “Neutral Gut” ein prägendes Erlebnis, das mich fürs Leben gelehrt hat.

          Ich war als junger Erwachsener Soldat in der Bundeswehr, freiwillig verlängert in einer Einheit von Krisenreaktionskräften, von der Mannschaft gewählter Vertrauenssoldat und Urlaubssachbearbeiter. Die Ehefrau eines Unteroffiziers hatte eine sog. Problemschwangerschaft und er tat also, was jeder werdende Vater tun sollte: Er war so viel wie möglich bei ihr, mehrere Hundert Kilometer von der Kaserne entfernt.

          Und dann – war das Baby geboren, glücklich und gesund. Strahlend lief er zum Major, doch dieser hatte in den Dienstanweisungen nachgeschlagen – es gab nur einen Tag Sonderurlaub und der Urlaub des Mannes war verbraucht. Ich werde nie den Blick des jungen Vaters vergessen, der den Urlaubsschein für einen Tag einreichte, um zu Frau und Kind zu fahren – und in der gleichen Nacht wieder zurück zu kommen. Es war Wahnsinn, Unrecht, aber nicht zu ändern.

          An diesem Tag entschloss ich mich, das erste und bisher einzige Mal in meinem Leben, zu einer (längst verjährten) Straftat. Ich versicherte dem Kameraden, dass er noch eine Urlaubswoche hatte, vernichtete einen Urlaubsschein und radierte eine Woche aus (es war noch alles in Papier, klar).

          Er verstand es sofort und ich glaube, auch der Major muss etwas geahnt haben. Woher kam plötzlich wundersamerweise dieser Anspruch auf 5 Urlaubstage? Ich hatte Bundeswehr-Dokumente verfälscht, um Gerechtigkeit herzustellen, wo das Recht nach meinem Gefühl einfach nicht mehr ausreichte. Aber es klappte: Der glückliche Vater konnte zu seiner Familie und brachte Bilder von Frau und Kindern mit, es wurde gratuliert, gelacht und umarmt. Die Wochen vergingen, aber niemand fragte jemals bei mir nach, niemand erhob Vorwürfe, ich wurde nicht verhaftet. Und als mich der Major einige Monate später aus dem Dienst verabschiedete, reichte er mir die Hand, sah mir in die Augen und sagte einfach nur: “Gut gemacht, Blume. Sie waren ein echter Kamerad.” Punkt.

          Ich habe seitdem viel darüber nachgedacht, dass auch das perfekteste Rechtssystem nicht alle Fälle ermitteln und abdecken und nicht jedem Einzelfall gerecht werden kann. Genau so habe ich auch die m.E. kluge Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes vom 15. Februar 2006 begrüßt, in dem das Gericht ein Gesetz zurückwies, das den Abschuss von entführten Flugzeugen regeln sollte. Das BVerfG entschied m.E. zu Recht, dass in solchen Grenz- und Eilfällen die Gesetzgebung ihre Grenzen überschreitet:

          https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2006/02/rs20060215_1bvr035705.html

          Für mich sind Gewaltenteilung und Rechtstreue geradezu “heilig” und ich habe es geschafft, auch etwa in komplexen, humanitären Situationen im Irak stets meinem Eid und dem Recht treu zu bleiben. Und gleichzeitig weiß ich seitdem, dass auch noch die bestgemeinte Rechtsordnung ins Unrecht kippen kann – und das wäre es gewesen, hätten wir einen übermüdeten und traurigen Familienvater gezwungen, an einem Tag und einer Nacht Hunderte von Kilometern zu fahren und damit sich selbst, seine Familie und Dritte zu gefährden. Um dann im besten Fall gebrochen und demotiviert in der Kaserne anzukommen.

          Entsprechend meine ich auch, dass wir von der gerade auch in Deutschland grassierenden Überbürokratisierung herunterkommen und nicht länger versuchen sollten, jedes menschliche Verhalten durch immer kleinteiliger Gesetze, Verordnungen und Urteile bis ins Letzte regeln zu wollen. Von mündigen Bürgerinnen und Bürgern gerade auch im Staatsdienst ist zu erwarten, dass sie nach bestem Wissen und Gewissen und also zeitnah und wenn nötig auch mutig entscheiden. Wenn dringend benötigte Wohnungen wegen allzu komplexer Verfahren nicht gebaut, dringend benötigte Arbeitskräfte nicht eingesetzt, der Ausbau erneuerbarer Friedensenergien immer weiter verschleppt, Unternehmen sowie Antragstellende in den Ruin getrieben und Familien gespalten werden, dann ist das Bedürfnis nach letzter Rechtssicherheit doch zum Lebenshindernis geworden.

          Kurz: Ich verstehe die Faszination vor allem einiger Männer, sich in vermeintlich perfekte Systeme hineinzudenken. Doch ich denke, dass wir in der empirischen Realität damit immer auch an Grenzen stoßen und schließlich auch den Mut haben müssen, uns auf den eigentlichen Sinn der Systeme zu berufen. Es kann ein Zuwenig, aber eben auch ein Zuviel an Regelungen geben. Auch deswegen plädiere ich für: Neutral Gut.

  3. Ein Text zum Nachdenken und die eigene Interpretation von Freiheit und Gleichheit zu reflektieren.

    Was bedeutet Freiheit für mich persönlich? Wodurch wird Gleichheit definiert.

    Vielleicht kann ich mit der Gleichheit beginnen: Gleiche Chancen für alle Menschen. Das bedeutet nicht, dass alle gleich viel besitzen müssen. Aber hier kommen die Werte ins Spiel. Menschen nicht nur nach den materiellen Werten zu bewerten! Das Ehrenamt schafft keine persönlichen materiellen Werte, aber leistet einen unbezahlbaren Beitrag für die Gesellschaft.

    Freiheit ist persönliche Freiheit, die allerdings von der Freiheit der ganzen Gesellschaft beschränkt ist. Die Freiheit, sich ohne Angst äußern zu dürfen, gehört zu den wichtigsten Punkten der gesellschaftlichen Freiheit.

    Schiller schrieb: “Geben Sie Gedankenfreiheit, Sire” in seinem Drama “Don Karlos”. Er mag dabei an seinen ehemaligen Landesherrn gedacht haben, der ihm die Freiheit zu schreiben nahm. Oder vielleicht erinnerte er sich an Christian Friedrich Daniel Schubart, der sich so manche schriftstellerische Freiheit genommen hatte und dafür zehn Jahre auf dem Hohenasperg gefangen war.

    Zur Zeit von Friedrich Schiller bestimmten Dynastien und der Adel, was zu gelten hatte. Heute sind es reiche Oligarchen, die uns über ihre Social Media Plattformen die totale Freiheit vorgaukeln und uns damit die Freiheit auf eine eigene Meinungsäußerung nehmen.

    Niemand möchte doch zurück in die Zeit des 18. Jahrhunderts. Mehr Schiller lesen?

    “Man kann den Menschen nicht verwehren zu denken, was sie wollen.”
    (aus “Maria Stuart”)

    “Die Lüge muss hier gangbare Münze sein, wenn die Wahrheit so wenig Glauben findet.”
    (aus “Kabale und Liebe”)

    “Denn nur vom Nutzen wird die Welt regiert.”
    (aus “Wallensteins Tod”)

    “Es hebt die Freiheit siegend ihre Fahne.”
    (aus “Wilhelm Tell”)

    • Vielen lieben Dank, @Marie H., für Ihren starken Druko, dem ich sehr beipflichten möchte!

      “Ein Text zum Nachdenken und die eigene Interpretation von Freiheit und Gleichheit zu reflektieren.”

      Ja, genau darum geht es, Danke! 🙏 Wenn die medialen Takte immer mehr zunehmen, wenn wir dazu gedrängt werden, uns immer öfter pro Tag zu immer mehr Sachverhalten zu positionieren, dann hilft doch vor allem: Zeit nehmen!

      Wenn “Enge der Zeit” die “Wurzel des Bösen” sei, wie es der Philosoph und Holocaust-Überlebende Hans Blumenberg mit starken Argumenten aufzeigte, dann sind Reflektieren, Lesen, Dialogisieren, auf Vorrat Denken “die Weite der Zeit”. Ich meine wirklich, dass eine Gesellschaft besser ist, wenn sie immer noch Menschen enthält, die auch den Schiller lesen und bedenken!

      Genau auch deswegen gibt es diesen Blog. Und genau auch deswegen danke ich häufigen und konstruktiv Kommentierenden wie Ihnen als “Mitbloggenden”. Auch ich gewinne “Weite der Zeit” durch die Momente des Lesens, Bedenkens, des Befragt- und auch Herausgefordert-Werdens. Zur Frage nach dem Widerspruch von Freiheit und Gleichheit kam ich durch die Fediversum-Posts von Menschen, die den Blogpost zum Links-Rechts-Schema mit mir wie auch untereinander diskutierten:

      https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/was-ich-vom-politischen-koordinatensystem-links-mitte-rechts-halte/

      Ebenso haben Ihre Anfragen zur “Male Flight”-Debatte um die Bildung schon jetzt bei mir dafür gesorgt, mich anders, engagierter und sicher besser auf die geplante Folge dazu in “Blume & Ince” vorzubereiten. Ihre Mitwirkung – wirkt.

      Daher meinen herzlichen Dank Ihnen und weiteren für die starken, auch kritischen, aber in der Intention klar dialogischen und konstruktiven Drukos. Und für das Lesen, ja, auch von Schiller. Denn gegen das zunehmend KI-gestützte Neurohacking brauchen wir vor allem Zeit für Reflektion und Dialog. Das eben meint #derlesendeWiderstand ! 😊🙌

    • @Michael
      Danke für das Teilen dieser schönen Geschichte, auch als ehemaliger Zivildienstleistender sage ich: Gut gemacht, Kamerad. (;

      Die Aktion war aber tatsächlich eher “chaotisch gut” als “neutral gut”.

      • Lieben Dank, @Hans

        „Chaotisch gut“ empfinde ich als zu individualistisch – mir ist es wichtig, als Ehemann, Vater, Landesbeauftragter, Wissenschaftler etc. verlässlich zu sein. Auch die damalige Situation war ja nicht die einer spontanen Lust, sondern die erschütternde Erkenntnis, dass auch das beste Rechtssystem im Einzelfall scheitern, Unrecht und sogar Gefahren hervorrufen kann. Und klar hätte mein ganzes Leben schlechter laufen können, wenn das angezeigt worden wäre.

        Danke auch für Deinen Dienst als Zivi, auch das habe ich stets respektiert.

    • Ein herzliches Dankeschön für das mir zugedachte Lob.

      Ich habe mir jetzt einen Artikel über den “Male Flight” durchgelesen. Ein spannendes Thema. Ich bin mir nicht sicher, worauf diese Entwicklung zurückzuführen ist. Vielleicht ist es eine Form von Konkurrenzdenken. Manche Männer haben vielleicht ein Problem, bei einer Bewerbung einer Mitbewerberin zu unterliegen. Um das zu vermeiden, muss “Mann” etwas studieren, wo er hauptsächlich mit Männern konkurriert. Ich finde das Thema ist gesellschaftspolitischer Sprengstoff.

      Angesichts eines Berichts über den Druck, der von der neuen amerikanischen Regierung auf die EU hinsichtlich des DSA ausgeübt werden soll, scheint die Verteidigung unserer Demokratie und des Föderalismus schwerer zu werden. Falls die EU Kommission dem zu erwartenden Druck nachgeben würde.

      Wir haben den Status quo zu lange für selbstverständlich gehalten.

      Am 13.01.1935, vor 90 Jahren, fand die Saar-Abstimmung statt. Ein wichtiges Datum. Denn man entschied sich für die Unfreiheit. Die Nationalsozialisten zogen alle Register. Druck, Versprechungen, Gewalt. Auch die katholische Kirche hat eine maßgebliche Rolle gespielt.

      Um das Fediverse zu stärken, werde ich mir einen Account bei Mastodon anlegen.

      • Vielen Dank, @Marie H.

        Auch mit diesem starken und zugleich konstruktiven Druko haben Sie wieder gezeigt, warum Sie diesen Blog so bereichern!

        Denn, ja, der „Male Flight“ aus immer mehr Bildungs- und Berufsbereichen ist eben ein komplexes Thema, das sehr leicht in einseitige Schuldzuweisungen gedreht werden kann, etwa: „Schwache Männer fliehen.“ Oder: „Schüler werden von Lehrerinnen so diskriminiert, dass sie sich nicht mehr trauen.“

        Aus meiner Sicht machen solche dualistischen Thesen aber keinen Sinn. Männer machen ja weiterhin Reitsport. Und dass es immer weniger männliche Lehrer gibt, kann ja logischerweise nicht die Schuld von zu vielen Lehrerinnen sein.

        Sowohl empirisch wie auch aus der eigenen Bildungsbiografie heraus tendiere ich stark zu der These, dass junge, erwachsene Männer das Streben nach Einkommen UND Status bereits stark verinnerlicht haben und daher öfter jene Ausbildungs- und Studienwege wählen, die dies auch verheißen. Demnach wäre der „Male Flight“ also durch eine Wechselwirkung von individuellen Prägungen, gesellschaftlichen Erwartungen und wirtschaftlichen Bedingungen zu verstehen. Aber ich bin mir da noch lange nicht sicher, was ja auch der Grund ist, warum ich den Dialog hier und dann auch auf „Blume & Ince“ suche.

  4. @Michael 14.01. 08:58

    „Doch der breite, demokratische Bogen progressiver, liberaler und konservativer Stimmen begreift: Die offene Gesellschaft gewinnt immer neue Erkenntnisse und löst immer neue Probleme im Dialog.“

    Hoffen wir es. Leistung darf sich lohnen, aber wer weniger leistungsfähig ist, soll auch irgendwie leben können.

    Auf der anderen Seite haben wir derzeit viele kollektive Aufwendungen. Insbesondere die Energiewende und eine europäische autonome Verteidigungsfähigkeit. Wenn wir hier zuwenig investieren, kann uns das noch übel auf die Füße fallen.

    Jetzt kommt natürlich wieder mein Dauerthema: Das kann nur gelingen, wenn wir wenigsten ein wenig allgemeinen Konsum reduzieren, bis der weitere technische Fortschritt genug zulegt, dass auch diese gemeinschaftlichen Aufgaben dann nachhaltig erledigt werden können.

    Hier fallen mir zwei dicke Möglichkeiten zu ein: Einmal umfangreiche Einsparungen in den öffentlichen Verwaltungen, wenn man hier konsequent KI entwickelt und einsetzt. Die hier eingesparten öffentlichen Ressourcen können dann direkt in Rüstung und in die Energiewende investiert werden. Und ein System von Selbstfahrenden Sammeltaxis könnte den Individualverkehr ganz entscheidend reduzieren, und die Mobilitätskosten könnten massiv sinken und die Mobilitätsmöglichkeiten entsprechend zunehmen.

    Hier spart der Bürger jede Menge, und es wäre dann hier auch möglich, einen Teil dieser eingesparten Ressourcen in mehr Kindersegen, aber auch in mehr Rüstung und Energiewende zu investieren.

    Überhaupt kann sich der Einzelne auch öfter mal Gedanken machen, welcher Konsum und welche Anschaffungen jetzt wie viel Sinn machen. Eine eigene Solaranlage auf dem Dach kann genauso viel Spaß machen wie ein ziemlich überdimensionierter SUV.

    • Vielen lieben Dank, @Tobias 😊🤖👍

      Denn, ja, auch ich erhoffe mir von dezentralen KI-Anwendungen wachsende Effizienzgewinne und setze daher auch sehr bewusst und immer transparent KI-Werkzeuge beim Wissenschaftsbloggen ein. Zugleich sollte aber auch nach meiner Einschätzung ein Großteil dieser Produktivitätszuwächse – der schon jetzt mit einem Abbau von Arbeitsplätzen etwa im Bereich der Übersetzungen einhergeht – dann aber auch in Zukunftsinvestitionen von Infrastruktur bis Familien und Resilienz gegen Angriffe und Unglücke gehen, statt nur weiteren Konsum anzukurbeln. Ich sehe ja auch, dass gerade auch dieser Blog viele erreicht und gerade auch durch KI-Crawler eine immer stärkere, indirekte Wirkung erzielt. Und das macht mich glücklich.

      Lesen und Dialoge lassen uns die Tatsachen der Vergangenheit besser verstehen, die Möglichkeitsräume für die Zukunft erweitern (Solarpunk!) und damit in der Gegenwart bessere Entscheidungen treffen. Indem sie unsere auch innere Freiheit stärken, bringen sie die menschliche Würde zum Leuchten. Meine ich.

  5. Vielen Dank für die Fortführung dieser Begriffsklärungen und der Konkretisierung auf die praktischen Lebensvollzüge der Menschen – damit es nicht reine Theorie bleibt.

    Mir fällt auf, wie diese beiden Begriffe, Freiheit und Gleichheit auch sehr unterschiedlich gefüllt werden können.

    Der Exodus, also die Befreiung des Volkes Gottes, sollte es ja in eine freiwillige Beziehung (könnte man auch sagen Abhängigkeit) zum Befreier, zu Gott, führen und das hat ja immer wieder nicht ,,funktioniert” da schon in sich auch paradox.

    Ähnlich könnte die Gleichzeit ja anders gefüllt werden als mit Uniformität – Vielfalt belebt – sagen manche dann und die Gefahr, George Orwell hat es in seinem Buch ,Animal farm’ so ins Wort gebracht, manche sind gleicher.

    Mich inspiriert jedenfalls die Grunderfahrung von Paradox – bei James Folwer ein Kennzeichen einer bestimmten Art, das persönliche Weltbild zu organisieren – und daraus folgend die Aufgabe, die angemessene Spannung zu halten, also nicht auf der anderen Seite vom Pferd zu fallen, wie es eine Redewendung sagt.

    Interessant ist in diesem Zusammenhang ja auch der Zugang zu Koans, also paradoxen Rätselsprüchen – also einer Tradition, die bewusst versucht, das Denken / Erkennen der Übenden zu weiten.

    • Herzlichen Dank, @HG Unckell 🙏

      Und, ja, auch ich habe viele Einsichten etwa aus Taoismus und (Zen-)Buddhismus als sehr hilfreich empfunden, um feindseligen Dualismus zu erkennen und abzuwehren. Habe auch wenige Male dazu gebloggt, z.B. hier:

      https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/dualitaet-statt-dualismus-rabbi-jesus-und-der-moses-noah-bund/

      Wie schon in einer der ersten “Verschwörungsfragen”-Folgen und in der aktuellen Folge 31 von “Blume & Ince” angesprochen, bewegt mich beim Exodus u.a. der Konnex von Alphabetisierung und Zeitverständnis. Das alte Ägypten kannte nur zwei Zeitformen, die ewige Djet und das zyklische Neheh. Erst mit der Alphabetschrift trat ein lineares Zeitverständnis hinzu und bis heute haben nur alphabetisierte Religionen lineare Kalender entfaltet. Insofern wäre der 40-jährige Exodus in der Tat als ein Auszug auch aus den Fesseln der Wiederholung zu erfassen. Würde Sie dazu mehr interessieren?

  6. @Michael 14.01. 18:22

    „Kurz: Ich verstehe die Faszination vor allem einiger Männer, sich in vermeintlich perfekte Systeme hineinzudenken. Doch ich denke, dass wir in der empirischen Realität damit immer auch an Grenzen stoßen und schließlich auch den Mut haben müssen, uns auf den eigentlichen Sinn der Systeme zu berufen.“

    Da sagst Du was. Was man hin und wieder an Behördenwahnsinn hört, ist wirklich schlimm.

    Ich hab mir sagen lassen, dass das in Schweden deutlich besser läuft. Wenn hier die Folgen einer Vorschrift dem eigenen Ziel des Gesetzes im konkreten Einzelfall zuwider läuft, dürfen dort die Behörden durchaus kreativ werden. Nicht zufällig haben die Schweden auch ein viel größeres Vertrauen in ihren Staat.

    Hier in Deutschland muss man echt öfter sehr gut aufpassen, wenn man nicht unter die bürokratischen Räder kommen will. Wenn das mal aufhören würde…

    Ob gerade KI in der öffentlichen Verwaltung hier Besserung verspricht? Erstmal würde das sowieso die Staatskasse entlasten, wenn man da viel weniger Personal braucht, aber hier ist auch ganz viel Luft nach oben für eine deutlich sinnvollere Handhabung der ausgearbeiteten Regelungen unseres Zusammenleben.

    Wenn hier z.B. einfache Rechtsstreitigkeiten sofort von einer Gerichts-KI entschieden werden können, falls denn die Streitparteien beide das Ergebnis akzeptieren, dann hält das auch nicht den weiteren Betrieb auf.

    Ganz nebenbei ist aber bei uns nicht alles nur zu starr geregelt, es ist auch einfach vielerorts zu viel geregelt. Insbesondere bei Bauvorschriften. Dass wir bei diesen Verhältnissen den Staat weniger lieben und natürlich auch weniger vertrauen, dürfte auch klar sein.

    Ich kann mir gut vorstellen, das es auf Widerstände stößt, Planstellen abzubauen. Wir sollten es dennoch tun. Es gibt jetzt schon reichlich Ämter, die kaum Arbeit haben und wo die Mitarbeiter nur rumsitzen. Was soll das? Das macht auch keinen Spaß mehr. Lieber was Sinnvolles machen, schließlich fehlen überall Arbeitskräfte.

    • Vielen Dank, @Tobias

      Ich kann hierzu auch eigentlich nur noch ergänzen, dass es auch im alten Ägypten immer wieder zu Überbürokratisierungen & dem Zerfall von Strukturen gekommen ist. Schon deswegen versuche ich KI-Anwendungen nicht nur zu empfehlen, sondern auch vorzuleben. Gleichzeitig gehört dazu, dass wir uns nicht länger feindseligen Konzernen ausliefern. Deswegen die lauten Plädoyers für das KI-Fediversum.

    • Bauvorschriften sind ein super Beispiel für das Ausbalancieren von Freiheit und Gleichheit. Die dort zu beachtenden Variabeln ergeben ein hochkomplexes System, das in jedem Fall anstrengend ist und manchmal Absurditäten verursacht. Ob da die Regelungen zu kleinteilig sind, kann diskutiert werden. Ich glaube, eher nicht. Und Probleme erwachsen vor allem da, wo chaotisch vorgearbeitet oder entschieden wurde.

      Auf Behördenseite ist stets sehr genau abzuwägen, was erlaubt sein könnte und wie Konflikte entschieden werden. Alles von KIs entscheiden zu lassen, wäre ein Rechtschaffen Neutral und für mich ein technokratischer Albtraum. Wie soll eine KI empathisch sein und komplexe Dilemmata auflösen können, wenn es auch um Emotionen und Gerechtigkeit geht? Ein blumscher Kamaradschaftsdienst wäre nicht mehr möglich.

      Wir müssen KI so gut wie möglich einsetzen. Auch sie gehört ausbalanciert. Vielleicht sollte KI nie entscheiden dürfen, sondern immer nur zur Beratung von Menschen eingesetzt werden?

      —–

      Im wahren Leben ordne ich mich wohl auch Neutral Gut ein mit ab und zu chaotischer Schlagseite. Im RPG geht es mir ähnlich, wobei dort das Chaos-Anrichten auch ein Spaßfaktor sein kann. Aber gerade im Spiel kann mensch sich ausprobieren und auch das Neutrale sowie Böse können interessant sein. Wobei sich Letzteres für mich immer schlecht anfühlt. Die Absicht, Gutes zu bewirken und zu bewahren, kann zu bösen Taten führen (Grüße gehen beispielhaft raus an Guantanamo).

      • Vielen lieben Dank, @Hui Haunebuh

        In Sachen Fantastik haben wir volle Übereinstimmung und ich möchte meinen Anteil dafür leisten, dass die philosophischen Dialoge von Spielenden nicht länger abgetan werden. Durch Mitwirkung entfaltet sich Menschenwürde und in Spielrunden wird ebenso legitim philosophiert und dialogisiert wie in Uni-Seminaren.

        Bei den KI-Anwendungen stimme ich zwar zu, dass sie „nur“ assistieren sollten. Aber klar wird die Medienwirkung auch wieder unser menschliches Fühlen und Denken verändern, wie es ja auch bei allen früheren Medienrevolutionen der Fall war.

        KI-Dialoge wie dieser haben mich da früh bewegt:

        https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/nach-perplexity-ai-dem-ki-festival-heilbronn-nun-auch-drei-ki-fragen-vom-bing-copilot/

        Danke nochmal für den dialogischen Kommentar! ☺️👍

  7. “Was Popper freilich noch nicht ahnen konnte: Mit dem algorithmischen Neurohacking durch Konzerne in der digitalen Aufmerksamkeitsökonomie radikalisierten sich auch große Teile des Liberalismus zum demokratiefeindlichen (Rechts-)Libertarismus. Immer mehr freiheitliche Demokratien werden im 21. Jahrhundert aus ihrer Mitte heraus medial gesprengt und in digitale Thymokratien und Oligarchien verwandelt! Wenn es uns nicht gelingt, die föderalen Demokratien in der Politik und das nicht-kommerzielle KI-Fediversum im Internet zu verteidigen, verlieren wir Freiheit und Gleichheit!”

    Die Erfindung von Social Media hat zur Medialisierung des gesellschaftlichen Diskurses geführt.

    Klassische Medien haben im Zeitalter der analogen Medien nach verschiedenen Kriterien (z.B. journalistische und wissenschaftliche Standards, politische Interessen, wirtschaftliche Interessen/Werbeeinnahmen) Beiträge zum gesellschaftlichen Diskurs gestellt. Der größte Teil des gesellschaftlichen Diskurses bzw. die Bildung der “sozialen Wahrheiten” erfolgte dabei nicht in Medien, sondern nichtöffentlich in Familien, Freundeskreisen, Vereinen, Parteien, religiösen Gemeinschaften, Bildungseinrichtungen.

    Social Media hat es innerhalb eines Jahrzehnts geschafft, einen sehr großen Teil des nichtöffentlichen gesellschaftlichen Diskurses zu medialisieren und öffentlich zu machen. Und wie immer, wenn Medien ins Spiel kommen, hat das Inhalte und Wirkungen des gesellschaftlichen Diskurses verändert. (The medium is the message.)

    Aktuell wird der gesellschaftliche Diskurs von Algorithmen nach kommerziellen Aspekten einer handvoll Firmen gesteuert.
    Der dadurch entstehende gesellschaftliche Diskurs ist durch die Verstärkung von Widersprüchen gekennzeichnet und erzeugt soziale Wahrheiten, die immer stärker mit der Realität kollidieren. Gesellschaftliches Handeln einer Demokratie braucht aber einen auf Konsens angelegten gesellschaftlichen Diskurs zu relevanten Themen.

    M.E. besteht die Aufgabe nicht in der Verteidigung des freien Internets, sondern in der Reparatur des gesellschaftlichen Diskurses.

    Das Fediversum macht zwar einen plausiblen konzeptionellen Vorschlag für eine andere Art Social Media zu organisieren, aber das verändert bisher wenig am gesellschaftlichen Diskurs.

    Die analoge Medienwelt konnte man überwiegend mittels staatlicher Regulierung zu einem bestimmten Verhalten zwingen. Wenn man die vielfältigen Prozesse der zwischenmenschlichen sozialen Wahrheitsfindung medialisiert, kommt eine staatliche Regulierung kaum noch in Frage, da sich der Staat nicht so weit einmischen kann/darf.

    Wenn wir aber den Staat nicht für die Gestaltung des öffentlichen gesellschaftlichen Diskurses auf Social Media in die Pflicht nehmen können, brauchen wir einen anderen Hebel für die Gestaltung von Social Media.

    Ich denke, brauchen wir so etwas wie “Verantwortung für den gesellschaftlichen Diskurs” D.h.: Wer sich am öffentlichen Diskurs per Social Media beteiligt, trägt nicht nur eine Verantwortung für die eigenen Beiträge, sondern auch für den dort entstehenden öffentlichen Diskurs.

    Wer in der vermeintlich besten Absicht für sein Anliegen eine Social Media Plattform nutzt, muss prüfen, ob der dort entstehende öffentliche Diskurs dem Anliegen dienlich ist und ob er dafür sorgen kann, dass schwerwiegende Verstöße gegen die Regeln öffentlicher Kommunikation aus dem öffentlichen Diskurs entfernt werden.

    Ich habe überhaupt kein Verständnis mehr für dem Gemeinwohl verpflichtete Organisationen oder Personen, die ihr Engagement auf kommerziellen SM-Plattformen mit Reichweite begründen, ohne dass eine inhaltliche Auseinandersetzung mit dieser Reichweite bzw. dem entstehenden öffentlichen Diskurs erfolgt.

    Wenn z.B. wissenschaftliche Organisationen solche Plattformen nutzen und der dort entstehende Diskurs den Eindruck von breit angelegter gesellschaftlicher Wissenschaftsfeindlichkeit vermittelt, dann ist es mir schwer verständlich, wie man so eine “Reichweite” zählen und als Begründung für das Engagement auf der Plattform nehmen kann.

    • Vielen Dank, @ErwinL – ich bin in der Tragweite der digitalen Medienrevolution und auch in der Bedeutung von Medienbildung ganz bei Ihnen. Gleichwohl würde ich stärker die Verantwortung gewichten, sich klug zu überlegen, wieviel Zeit wir welchen Plattformen oder gar Konzernen schenken. Mir ist bisher keine Gesellschaft bekannt, die den Trend zur digitalen Thymokratie hätte umdrehen können. Stattdessen wächst die Bestürzung über die toxischen Wirkungen des algorithmischen Neurohackings auf die seit 2010 geborene „Generation Alpha“.

      • Meine Hoffnung auf eine Social Media Wende ruht tatsächlich darauf, dass gemeinnützige Organisationen ihre Verantwortung für den öffentlichen Diskurs erkennen.

        Der Text der DFG macht z.B. schon Mut
        https://www.dfg.de/de/service/presse/pressemitteilungen/2025/pressemitteilung-nr-01

        Es kann nicht mehr lange dauern, bis jemand merkt, dass Sätze wie:

        “Mit unserem Austritt setzen wir ein klares Zeichen gegen die Verbreitung von Fake News und die politische Instrumentalisierung von Social Media”

        wenig glaubwürdig sind, wenn man im nächsten Absatz auf seine Insta-Präsenz verweist.

        Ich denke nicht, dass wir eine Änderung des öffentlichen Diskurses erreichen, indem wie auf die Verantwortung jedes Einzelnen bei der SM-Nutzung setzen. Auch SM wird in meiner Wahrnehmung von deutlich mehr Menschen eher passiv genutzt und von wenigen aktiv gestaltet.
        M.E. liegt die Verantwortung für den öffentlichen Diskurs eher bei den aktiven Gestaltern. Ihre Wahl des Mediums entscheidet darüber, wo der öffentliche Diskurs stattfindet.

        Niemand braucht sich über die Folgen des algorithmischen Neurohackings auf Kinder betroffen zu zeigen, so lange Pädagogen und unser ÖRR solche Plattformen bespielen, statt sich um die Entwicklung von für Kinder geeigneten social media Angeboten zu kümmern.

  8. Mir stellt sich deie Frage, was mit Freiheit und Gleichheit hier jeweils gemeint ist.
    Wir können vier verschiedene Freiheitsbegriffe unterscheiden, die in ganz unterschiedlichen philosophischen Traditionen stehen:
    – Negative äußere Freiheit: Unabhängigkeit von äußeren Zwängen und Einschränkungen, die daran hindern, zu tun, was man will (Aristoteles, Hobbes,m Locke, Voltaier, d’Holbach)
    – Positive äußere Freiheit: äußere Autonomie, “tun können, was man will” (Spinoza, Hume, Moore)
    – Negative innere Freiheit: Abwesenheit von psychischen und physischen Hemmnissen, die daran hindern, Subjekt des eigenen Wollens zu sein (Stoa, Rousseau, Schopenhauer)
    – Positive innere Freiheit: Möglichkeit, mit Vernunft eigene Ziele setzen und Absichten verfolgen können (Descartes, Kant, Sartre).

    Über welche Gleichheit reden wir hier? Je nach philosophischer und politischer Tradition werden ganz unterschiedliche Schwerpunkte gesetzt: Chancengleichheit, Rechtsgleichheit, materielle Gleichheit, Gleichheit im Sinn von Konformität und Uniformität?

    Freiheit im politisch-gesellschaftlichen Sinn, also Demokratie, und soziale und ökonomische Gleichheit sind für mich keine Gegensätze, sondern sie bedingen sich gegenseitig. Je größer die soziale Ungleichheit, desto gefährdeter die Demokratie. Ein Beispiel dafür sind die Superreichen, die ihre partikularen Interessen gegen die Bedürfnisse der breiten Mehrheit der Menschen durchsetzen können, indem sie sich Medien, Politiker, Rechtsanwälte und Richter kaufen. Erst in einer weitgehend egalitären Gesellschaft, in der schädlicher Überreichtum gekappt und würdelose Armut verhindert wird, können Freiheit und Demokratie wirklich zu sich kommen. Deshalb ja auch das Sozialstaatsgebot im Grundgesetz.

    • Vielen Dank, @Martin Grohmann – ich sehe da gute Ergänzungen, keinen Widerspruch. Klar haben sowohl Gleichheit wie auch Freiheit unterschiedliche Dimensionen. Gleichwohl bemühe ich mich gerade auch beim Bloggen um Allgemeinverständlichkeit, zumal die oft ausgrenzende Hochsprache der Seminare von Mitmenschen als Übergriff gegen Gleichheit und Freiheit erfahren wird. Mir ist Dialog wichtiger als Distinktion. Auch deswegen wäre ich wohl kein „guter Linker“. 🤭📚☕️🖖

  9. @Hui Haunebuh 15.01. 02:50

    „Wie soll eine KI empathisch sein und komplexe Dilemmata auflösen können, wenn es auch um Emotionen und Gerechtigkeit geht?“

    Mal gucken, es würde mich nicht wundern, wenn KI bald auch Empathie ganz gut kann. Menschliche Entscheider in den öffentlichen Verwaltungen fallen aber meistens mit Empathie auch nicht unbedingt auf.

    „Vielleicht sollte KI nie entscheiden dürfen, sondern immer nur zur Beratung von Menschen eingesetzt werden?“

    Das sehe ich auch so. Ist der Bürger mit einem konkretem KI-Verwaltungsakt unzufrieden, sollte ein Anspruch auf eine menschliche Bearbeitung unbedingt bestehen. Das gilt auch für den Einsatz von KI bei den Gerichten. Hier könnten sehr schnell, eventuell binnen Stunden, Vorschläge für eine Gerichtsentscheidung von der KI erstellt werden. Aber nur, wenn alle Streitparteien damit einverstanden sind, ist die Sache dann erledigt. Sobald hier einer nicht zufrieden ist, müssen dann eben menschliche Richter die Sache prüfen.

    „Ob da die Regelungen zu kleinteilig sind, kann diskutiert werden. Ich glaube, eher nicht.“

    Ich glaube dann eher doch. In anderen Ländern geht es auch mit sehr viel weniger Vorschriften und sehr viel mehr Eigenverantwortung. Und gerade bei Bauvorschriften wird es für den Bürger richtig teuer und zugleich sinnlos kompliziert.

    Und dann schränken die tausenden Vorschriften auch noch die Freiheit für die konkrete Architektur massiv ein. Das ist für mich eine kulturelle Katastrophe für sich.

  10. Finde es durchaus beeindruckend, dass immer mehr KI-Anwendungen sogar bis in die Philosophien der Zeit hinaus bereits eine hohe Qualität erreichen.

    So vermag hier beispielsweise Perplexity.ai wesentlich zutreffend die Unterschiede zwischen dem sog. Umweltschutz und säkular-linearen Zeitverständnis (“Es gibt ein Recht auf Fortschritt.”) und dem Mitweltschutz mit dialogisch-regenerativen Zeitverständnis (“Zeit emergiert, aber wiederholt sich nicht.”) wieder zu geben:

    Das dialogisch-regenerative Zeitverständnis des Mitweltschutzes unterscheidet sich in mehreren wesentlichen Aspekten vom linearen Fortschrittsdenken:

    ## Grundlegende Perspektive

    ### Lineares Fortschrittsdenken:
    – Basiert auf einem linearen, progressiven Zeitverständnis
    – Geht von einer kontinuierlichen Verbesserung der Gesellschaft aus
    – Fokussiert auf technologischen und wirtschaftlichen Fortschritt

    ### Dialogisch-regeneratives Zeitverständnis:
    – Betrachtet Zeit als zyklisch und interaktiv
    – Erkennt die Natur als lebendigen, interaktiven Teil des Lebens an
    – Betont die Verbundenheit zwischen Mensch und Umwelt

    ## Umgang mit der Natur

    ### Lineares Fortschrittsdenken:
    – Tendiert dazu, die Natur als Ressource zu betrachten
    – Priorisiert oft kurzfristige, technokratische Lösungen
    – Neigt zu einem anthropozentrischen Weltbild

    ### Dialogisch-regeneratives Zeitverständnis:
    – Sieht die Natur als “Mitwelt” mit eigenen Rechten
    – Fördert langfristige Regeneration und Nachhaltigkeit
    – Betont die wechselseitige Verantwortung zwischen Mensch und Natur

    ## Lösungsansätze

    ### Lineares Fortschrittsdenken:
    – Setzt auf technologische Innovationen zur Problemlösung
    – Fokussiert auf wirtschaftliches Wachstum und Effizienzsteigerung
    – Tendiert zu zentralisierten, top-down Ansätzen

    ### Dialogisch-regeneratives Zeitverständnis:
    – Integriert ökologische, soziale und spirituelle Aspekte
    – Fördert ganzheitliche, systemische Lösungen
    – Betont die Bedeutung von Dialog und Zusammenarbeit mit der Natur

    ## Zeitliche Orientierung

    ### Lineares Fortschrittsdenken:
    – Konzentriert sich oft auf kurzfristige Ziele und schnelle Ergebnisse
    – Vernachlässigt möglicherweise langfristige Konsequenzen

    ### Dialogisch-regeneratives Zeitverständnis:
    – Berücksichtigt die Verantwortung gegenüber zukünftigen Generationen
    – Fördert langfristiges, nachhaltiges Denken und Handeln

    ## Kulturelle und spirituelle Dimension

    ### Lineares Fortschrittsdenken:
    – Tendiert zu einem säkularen, rationalen Weltbild
    – Trennt oft zwischen Mensch und Natur

    ### Dialogisch-regeneratives Zeitverständnis:
    – Integriert spirituelle und kulturelle Traditionen
    – Betrachtet die Natur als heilig und als Partner des Menschen

    Das dialogisch-regenerative Zeitverständnis des Mitweltschutzes bietet somit eine ganzheitlichere, nachhaltigere und respektvollere Perspektive auf die Beziehung zwischen Mensch und Natur. Es überwindet die Begrenzungen des linearen Fortschrittsdenkens, indem es die komplexen Wechselwirkungen zwischen Mensch und Umwelt anerkennt und eine langfristige, regenerative Sichtweise fördert[1].

    Citations:
    [1] https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/die-feuer-von-los-angeles-umwelt-klima-oder-endlich-mitweltschutz/
    [2] https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/die-polarisierende-macht-der-saekularen-demografischen-traditionalismusfalle/
    [3] https://www.humanistische-union.de/publikationen/vorgaenge/195-vorgaenge/publikation/feminismus-und-fortschrittsdenken/
    [4] https://philosophie-indebate.de/rahel-jaeggis-fortschritt-und-regression-eine-wuerdigung/
    [5] https://d-nb.info/1041634730/34
    [6] http://cartoon.iguw.tuwien.ac.at/christian/fortschritt.html
    [7] https://www.soziopolis.de/politische-theorie-im-leerlauf.html
    [8] https://www.lanuv.nrw.de/fileadmin/lanuvpubl/5_natur_in_nrw/50032_Natur_in_NRW_4_2014.pdf
    [9] https://de.wikipedia.org/wiki/Fortschritt
    [10] https://www.degruyter.com/document/doi/10.1515/para-2021-0003/html?lang=de
    [11] https://www.forum-csr.net/News/14880/Der-Pionier-der-oeko-sozialen-Agrarkultur.html
    [12] https://www.wildniswissen.de/images/fab_media/Diplomarbeit_Wildnis.pdf
    [13] https://webarchiv.bundestag.de/archive/2011/0909/bundestag/ausschuesse17/gremien/enquete/wachstum/oeffentlich/5_sitzung/mueller.pdf
    [14] https://www.uni-muenster.de/Ejournals/index.php/sun/article/download/1442/1351
    [15] https://www.rosalux.de/fileadmin/rls_uploads/pdfs/141_142_fuchs.pdf
    [16] https://www.dwds.de/wb/Fortschrittsdenken
    [17] https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/solarpunk-ist-mehr-als-utopie-schon-heute-gegen-reaktanz-und-arroganz-leben/
    [18] https://www.isi.fraunhofer.de/content/dam/isi/dokumente/ccv/2024/Umweltforschung%20und%20-governance%20im%20digitalen%20Zeitalter%20-%20Ergebnisse%20eines%20Horizon%20Scanning%20f%C3%BCr%20das%20Umweltressort%20in%20einer%20Gesellschaft%20von%20morgen.pdf
    [19] https://martinballuch.com/vegan-vegan/
    [20] https://literaturkritik.de/id/22386

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