Der monotheistische UFO-Glauben des Erich von Däniken – Rezension der Dissertation von Jonas Richter, Göttingen

BLOG: Natur des Glaubens

Evolutionsgeschichte der Religion(en)
Natur des Glaubens

Rund um Prof. Andreas Grünschloss ist an der Georg-August-Universität Göttingen ein auch international wirksamer Schwerpunkt der religionswissenschaftlichen Forschung rund um neue, religiöse Bewegungen im Kontext der UFO-Religionen entstanden. Entsprechend freue ich mich schon sehr darauf, für nächste Woche (6.7.2017) bei den Kolleginnen und Kollegen einen Vortrag zum Thema “Verschwörungstheorien – Verschwörungsmythen als Thema der Religionswissenschaft” zugesagt zu haben. Und als ich Anfang des Jahres erfuhr, dass Jonas Richter am Lehrstuhl eine in langen Jahren entstandene Doktorarbeit zur Weltsicht von Erich von Däniken veröffentlichen würde, entschloss ich mich, mir diese mit in die #Internetpause zu nehmen – und wurde nicht enttäuscht. Ich darf Ihnen heute einen Meilenstein der Forschung in diesem Bereich vorstellen!

Die Dissertation “Götter-Astronauten” zum Weltbild von Erich von Däniken erschien 2017 zum Preis von EUR 39.90 in den “Perspektiven der Anomalistik” im LIT-Verlag

Dabei verrät der Titel “Götter-Astronauten. Erich von Däniken und die Paläo-SETI-Mythologie” noch nicht, welche Fleißarbeit Richter geleistet hat: Er arbeitete sich durch die gesamten Veröffentlichungen und Interviews des Schweizer Hotelfachmanns seit den 1960er-Jahren, darunter ältere und kleinere Artikel in der längst erschlossenen Zeitschrift “Neues Europa”, die der Forschung bis dahin weitgehend unbekannt waren. Neben vielen anderen greift er zum Beispiel auch ältere Arbeiten meines engagierten Blognachbarn Markus Pössel auf. Und die Relevanz des Forschungsthemas kann Richter dabei gleich in der Einleitung belegen (S. 11):

Mit einer weltweiten Gesamtauflage von über 60 Millionen Büchern, übersetzt in mehr als 30 Sprachen, ist Däniken vermutlich der erfolgreichste Sachbuchautor unseres Planeten, und auf seinem Erfolg beruht auch die erstaunliche Popularität, die der Astronautengötter-Mythos erreicht hat.

Nach millionenschweren Bucherfolgen in den späten 60er und 70er Jahren – die von Däniken unter anderem in der Abwicklung von Schulden und einer Gefängnisstrafe halfen – beobachtet Richter ein etwas nachlassendes Interesse, beispielsweise zurückgehende Übersetzungen, in den 1980ern. Doch in den 1990ern gelang von Däniken unter anderem durch TV-Produktionen wieder ein gewisses Comeback, bevor seine Thesen ab den 2000er-Jahren wieder massiver nachgefragt werden. Ab 2006 veröffentlicht von Däniken die meisten seiner Sachbücher im Rottenburger Kopp-Verlag, ohne jedoch (bislang) rechtsextreme Verschwörungsmythen zu propagieren. Auch sein Schweizer Themenpark, der als “Mystery Park” in die Insolvenz ging, inzwischen aber als “JungfrauPark Interlaken” wieder eröffnet wurde sowie die ebenfalls zweimal begründete “Forschungsgesellschaft” A.A.S. werden in den Blick genommen.

Richter nähert sich dem Werk Erich von Dänikens dabei aus der Perspektive der Anomalistik, die auch mir sehr sympathisch ist: Im Gegensatz zu “Skeptikern” und “Kritikern”, die alternative Welterklärungen aktiv widerlegen und dabei nicht selten verspotten wollen, geht es “Anomalistikern” darum, die Phänomene wissenschaftlich-interdisziplinär zu erforschen und verstehbar zu machen. Entsprechend lässt Richter keinen Zweifel daran, dass Dänikens Paläo-SETI-Annahmen überwiegend keine wissenschaftlich haltbaren Theorien, sondern glaubensmotivierte Mythen darstellen. Er stellt die (u.a. zirkuläre) Argumentationsmethodik von Dänikens dar, verzichtet jedoch darauf, den Autor dafür zu verhöhnen oder es dabei belassen zu wollen. Vielmehr geht er der Frage nach, wie sich die jahrzehntelange Arbeit des gelernten Hoteliers am Thema motiviert und unter enormen Zuspruch einerseits und beißender Kritik andererseits entwickelt hat. Es gelingt ihm, aus den verstreuten Äußerungen Dänikens in Abertausenden Seiten die “Kernelemente” seiner religiösen und säkularen Weltsicht herauszuarbeiten.

Gnostischer Mono- und Pantheismus

So versteht sich Erich von Däniken (EvD) als praktizierender Gottgläubiger, der täglich “betet”. Unter dem bisweilen in Großbuchstaben bezeichneten “GOTT” versteht er dabei den “Geist des Universums”, der in “Schwingungen” erfahren werden, aber auch angesprochen werden könne. Gelegentlich vergleicht EvD ihn mit einem “Supercomputer”, der sich selbst als Schöpfer in das Universum hineingesprengt habe, um sich – zwar bereits allwissend, doch realer Erfahrungen bedürfend – zum Ende der Zeiten wieder zu sammeln. Von den christlichen Kirchen – wie von allen organisierten Religionen – sagte sich der einstige Katholik damit los, bezieht sich aber verschiedentlich positiv auf biblische Texte und die evolutionäre Theologie u.a. von Teilhard de Chardin. Richter verortet ihn – m.E. zu Recht – als “emanatorischen Pantheismus” mit erkennbaren christlichen und gnostischen Wurzeln. Tatsächlich hofft EvD (u.a. in einer fiktiven Kurzgeschichte ausformuliert) auf ein Aufgehen der “alten” Religionen in einer neuen, kosmischen Universalreligion, der auch die anderen, weit entwickelten Zivilisationen im All anhängen würden. Neben dem “himmlischen” Heilsversprechen für jene, die schon jetzt an frühere, eingreifende Besuche Außerirdischer glaubten, gibt es sogar eine kleine Drohung an die Zweifler – diese würden unter anderem dem “Götterschock” nicht gewachsen sein, der sich psychologisch und sozial durch das Auftauchen der höheren Wesen ergeben werde.

Von “Göttern” in Raumanzügen und GOTT als universalem Geist

Denn von “GOTT” unterscheidet EvD “die Götter”, bei denen es sich ganz säkular (innerweltlich und innerzeitlich) um Außerirdische handele, die die Menschen besucht und sowohl genetisch wie auch kulturell in ihre Evolution eingegriffen hätten. Ebenso würden die Menschen – falls die Kriterien der Aufnahme in die intergalaktische Bruderschaft endlich erfüllten – zu “Göttern” werden und dann ebenfalls in die biologische und kulturelle Evolution anderer Lebensformen eingreifen. Das erste, intelligente Leben sei womöglich vom Schöpfer selbst angelegt worden – seitdem betrieben die interstellaren Zivilisationen genetisches und kulturelles intelligent Design. Aus den großen Überlieferungsschätzen der Religionen – vor allem aus Texten, Bildern und Bauten – wählt Erich von Däniken dabei immer wieder gezielt jene Ausschnitte, die sich im Sinne einer interpretatio technologica als Alien-Technologien deuten lassen: Götter und Engel seien missverstandene Aliens, Drachen hochentwickelte Roboter usw. Er formuliert geradezu zornig, wenn UFO-Glaubende GOTT in ein Raumschiff zwängen wollen, sondern betrachtet Außerirdische – und damit auch die entsprechenden “Forschungen” – als materielle und säkulare Phänomene.

In der Evolutionsforschung zu Religiosität und Religionen reichen bereits bekannte Faktoren und Prozesse eigentlich aus, um die Evolution des Glaubens (inklusive des Monotheismus und UFO-Glaubens) bruchlos erklären zu können (vgl. Film). Erich von Däniken nimmt jedoch auch für die Religionsgeschichte an, dass ein direktes Eingreifen durch Außerirdische erfolgt sei, die die Menschen als “Götter” wahrgenommen hätten.

Kein Glauben an eine irdische Superverschwörung

Sein letztlich monotheistisch-optimistisches Gottesbild samt Naherwartung, in dem zwar “irrende” Zivilisationen, aber keine böse Gegenmacht zu “GOTT” vorkommt, bewahrt Däniken auch vor einem Ausgreifen von Verschwörungsglauben: Es könne sein, so argumentiert er, dass die Außerirdischen ganz bewusst noch den Kontakt zu Staaten und Wissenschaftlern der Erde mieden, sondern zunächst nur “aufgeschlossene” Laien kontaktierten. Denn so würden sie ihre Ankunft allmählich “vorbereiten”, statt die Menschheit auf einen Schlag zu überfordern. Vermeintliche ingenieurstechnische “Beweise” für frühere Alien-Kontakte wie die “Berechnungen” des einstigen NASA-Ingenieurs Joseph F. Blumrich bejubelt Däniken umso stärker als Wandel “vom Saulus zum Paulus”.

Entsprechend freut er sich offensichtlich über die vorliegende Doktorarbeit, wenn er den Autoren auch beim falschen Vornamen (Johannes statt Jonas) nennt. Wissenschaftlern wirft von Däniken mal “Dogmatismus”, dann wieder ein Zuviel an “Meinungen” vor, sie sind in seinem Weltbild jedoch kein Teil einer bösen Superverschwörung. Seine Mischungen aus Lob und Kritik sowohl an den “Wissenschaften” wie “Religionen” werden von Richter hervorragend – und über den Einzelfall hinaus relevant – analysiert (Näheres dazu würde jedoch den Umfang eines Blogposts endgültig sprengen).

EvD freut sich im April 2017 auf Twitter über Erscheinen und Erfolg der Dissertation. Screenshot: Michael Blume

Zu Dänikens Biografie und Parapsychologie

So hervorragend und materialreich Richter seine Analysen auch belegt, so zurückhaltend bleibt er leider bei der Biografie von Dänikens. So erfahren wir mitunter nur in kurzen Halbsätzen von einer parapsychologischen Erfahrung als Jugendlicher (die EvD nach dem Kürzel ESP als “espern” bezeichnet), von Gruppen-Experimenten mit telepathischen Kontaktaufnahmen, von einer Verurteilung zu einer Gefängnisstrafe (wegen Betrugs?), von esoterischen Angeboten seiner Ehefrau Elisabeth und vom frühen Vorwurf des Plagiierens, der durch einen Vergleich zwischen Verlagen ausgeräumt worden sei. Auch von Dänikens spätere Berichte über einen persönlichen Kontakt mit Außerirdischen und die Ankündigung seines eigenen Todes (er habe “gesehen”, dass er “in oder vor einem Restaurant erschossen” werde) werden leider nur gestreift. Richter will sich auf das Weltbild von Dänikens konzentrieren, dass er für weitgehend stabil hält – wogegen die religionswissenschaftliche Standardannahme eher davon ausgeht, dass sich Weltbilder immer in biografischen Kontexten entfalten (“Identität” ein erzählter Mythos “ist”!) und also beide Perspektiven kaum zu trennen sind. Die Biografie ist denn auch die einzige Stelle in der sonst so materialreichen Dissertation, an der ich mir deutlich “mehr” gewünscht hätte.

Fazit

Letztlich kann ich bei den 366 inhaltlich prall gefüllten Seiten nur zu einem positiven, streckenweise begeisterten Fazit kommen. Richter ist es gelungen, eine Forschungslücke zu schließen, an der künftige Arbeiten zu EvD und Paläo-SETI nicht vorbeigehen sollten. Gerade auch im Konflikt mit dem UFO-Propheten Rael (dem wiederum EvD nach zwei erfolglosen Begegnungen “Abkupfern” vorwirft) kann Richter herausarbeiten, dass Erich von Däniken seinen Leserinnen und Lesern ein breites, kosmologisches Angebot macht, das je nach “Geschmack” als säkular, spirituell oder religiös, als grenzwissenschaftlich oder unterhaltsam-spekulativ gelesen werden kann. Aus den Sinnfragen und der Technikbegeisterung der eigenen Jugend hat der Schweizer eine lebenslange, persönliche Motivation und ein literarisches “Sachbuch”-Angebot geschaffen, das Millionen von Menschen faszinierte und anregte, dabei aber bislang bewusst nicht – wie der “atheistischere” Raelismus – in eine organisierte Religionsgemeinschaft führte. Im Vergleich mehrerer Deutungsansätze vermag Richter zu zeigen, dass sich von Dänikens Angebot sehr gut in das Konzept der “populären Religion” nach Hubert Knoblauch und der “neomythischen Vernunft” nach Linus Hauser einordnen lässt. Ich würde persönlich zudem annehmen, dass sich die “Nachfrageschübe” in den 1990er und 2000er Jahren medienhistorisch aus der wachsenden Konkurrenz privater Fernsehsender sowie der Ausbreitung des Internets und digitaler Medien gut erklären ließen. Richter macht also geradezu “Lust zum Weiterforschen” – übrigens auch deshalb, weil er es versteht, fachliche Präzision mit Verständlichkeit zu verbinden. So verzichtet er auf manche “absichernde” es-könnte-auch-noch-sein-Diskussion, sondern lässt in Zweifelsfällen lieber von Däniken selbst zu Wort kommen. Fachlich Interessierte und auch UFOlogisch engagierte “Laien” können an diesem Buch entsprechend durchaus Lesefreude haben.

Vielleicht habe ich ja das Glück, nächste Woche in Göttingen auch Dr. Jonas Richter und seinen Doktorvater zu treffen. Ich würde ihnen gerne auch persönlich zu einer hervorragenden Dissertation gratulieren!

Terminhinweise für die kommende Woche:

Am Montag, 03.07.2017, spreche ich beim Interdisziplinären Forum (IDF) Heidelberg um 19 Uhr im Hörsaal 04 (Erdgeschoss rechts) in der Neuen Universität zum Thema: “Verschwörung, Öl & Bildungskrise — Wie Religionen extremistisch werden am Beispiel des sog. Islamischen Staates”.

Am Donnerstag, 06.07.2017 geht es um 18:15 Uhr im Theologicum der Universität Göttingen um “Verschwörungstheorien und Verschwörungsmythen als Thema der Religionswissenschaft”.

Und am Samstagabend des 08.07.2017 diskutierte ich mit Seyran Ates in der Exerzierhalle der Lutherstadt Wittenberg über über die Frage von Notwendigkeit und Bedingungen von Reformen in Religionen vor dem Hintergrund einer zunehmenden religiösen Pluralisierung. Laut “Forum Humanum”-Homepage ist hierfür jedoch ein Tagesticket notwendig. (Ein Prof. Dr. bin ich übrigens entgegen der dortigen Aussage weiterhin nicht, “nur” ein Dr.) 😉

Vielleicht sehen und hören wir uns ja!? Ich würde mich freuen!

 

Avatar-Foto

Dr. Michael Blume studierte Religions- und Politikwissenschaft & promovierte über Religion in der Hirn- und Evolutionsforschung. Uni-Dozent, Wissenschaftsblogger & christlich-islamischer Familienvater, Buchautor, u.a. "Islam in der Krise" (2017), "Warum der Antisemitismus uns alle bedroht" (2019) u.v.m. Hat auch in Krisenregionen manches erlebt und überlebt, seit 2018 Beauftragter der Landesregierung BW gg. Antisemitismus. Auf "Natur des Glaubens" bloggt er seit vielen Jahren als „teilnehmender Beobachter“ für Wissenschaft und Demokratie, gegen Verschwörungsmythen und Wasserkrise.

17 Kommentare

  1. Wenn v. Däniken da mal nicht zu ernst genommen wurde… ich denke, er war bewußt ein Märchenerzähler. So verstehe ich eine ganze Reihe seiner Interviews.
    Aber was er war: der Wegbereiter für die absurdesten Verschwörungstheorien und fake news, die in den einschlägigen Foren kursieren, angefangen bei den Flacherdlern und allen anderen Wissenschaftsverächtern. Obwohl er vermutlich keiner dieser unsinnigen Behauptungen anhängt, außer was die alte Geschichte angeht natürlich.

  2. Wo die Götter-Astronauten wirklich herkamen:
    Die Idee, dass man auf dem Mond die Hinterlassenschaft einer
    technisch weit entwickelten Zivilisation finden könnte, wurde
    meines Wissens zuerst von Professor Dr. Friedrich Hecht, einem
    Geochemiker aus Wien, unter dem Pseudonym “Manfred Langrenus”
    in seinem Science-Fiction-Roman “Reich im Mond” bereits im Jahre
    1951 beschrieben.
    Diese Idee wurde etwas später (1957) von dem deutschen Science-Fiction-
    Schriftsteller Karl-Herbert Scheer zuerst in dessen ZbV-Serie (zur
    besonderen Verwendung) übernommen, und dann später (1961) auch in die
    Perry-Rhodan-Serie.
    Professor Dr. Friedrich Hecht beschrieb in seinem Science-Fiction-Roman
    “Reich im Mond” auch die Themen “die Götter waren Astronauten” oder
    “Atlantis”, die dann viel später (1968) auch von Erich von Däniken
    aufgegriffen wurden, der aber meiner Meinung nach den Fehler machte,
    nicht “Science-Fiction” darüber zu schreiben.
    Es gehört natürlich ein wenig Mut dazu, einen 17 Jahre alten Science-
    Fiction-Roman abzuschreiben, und ihn dann als eigene wissenschaftliche
    Erkenntnisse auszugeben.
    Professor Dr. Friedrich Hecht erwies sich nach seinem Roman “Reich im
    Mond” als durchaus noch steigerungsfähig, als er im Jahre 1955 dessen
    Fortsetzung “Im Banne des Alpha Centauri” schrieb.
    In diesem Roman bewies er unter anderem, dass man auch einen viele
    Jahrtausende andauernden Weltraumkrieg spannend beschreiben kann,
    ohne gegen die spezielle Relativitätstheorie zu verstoßen, oder
    Energiemengen herbei zu fantasieren, die Raumschiffe schneller als
    die halbe Lichtgeschwindigkeit machen können.
    Der Handlungsrahmen von “Im Banne des Alpha Centauri” wurde in vielen
    späteren Science-Fiction-Romanen mehr oder weniger gut kopiert.

  3. Erich von Däniken ist ein Mensch mit viel Phantasie, der ohne zögern die Schönheit einer theorie der Wahrheit vorzieht. Positiv ist, dass er die Menschen über ihren Tellerrand blicken lässt und eine Authorität über uns Menschen anerkennt. Dass unsere Götter die Außerirdischen waren, das ist sein Meisterstück. Damit wird Gott aufgewertet und die griechische Tragödie in das Reich der Mythen geworfen.

    • Zwischen außerirdischen Lebewesen und überirdischen Wesen besteht ein grundsätzlicher Unterschied.
      Erich von Däniken hatte überhaupt keine Phantasie, er hat nur einen 17 Jahre alten Science-Fiction-Roman abgeschrieben.

  4. Meine Erklärung des Erfolges von EvD ist recht banal. Es waren das Mondprogamm der NASA und das Medium Fernsehen. Man konnte reelle Astronauten (oder Kosmonauten) im Fernsehen bei ihren Expeditionen sehen und dann braucht man nur noch die passende Höhlenzeichnung, die einem Astronauten in seinem Raumanzug ähnlich sieht.

    • Ja, @Rudi Knoth – zwar wurden bereits sog. UFOs kurz nach dem 2. Weltkrieg als Außerirdische gedeutet und es verbreiteten sich gedruckte “Kontaktberichte” (u.a. Adamsky), doch unterschiedliche Schübe gingen immer wieder auch mit neuen Medien einher: Fernsehen, Privatfernsehen, Internet. Kommen dann noch mediale Inhalte wie Mondlandung, Raumfähren, Entdeckungen etc. hinzu, verstärkt sich der Effekt.

      Knapp gesagt verändern wohl je neue Medien die Wahrnehmungswelten von Menschen und machen neue, gerade auch technologische Mythen plausibel…

      • Zitat (M.Blume 30.Juni 2017 @ 08:04):
        “Knapp gesagt verändern wohl je neue Medien die Wahrnehmungswelten von Menschen und machen neue, gerade auch technologische Mythen plausibel…”

        In beiden Richtungen! Dadurch lassen sich m.E. sowohl “Mythen der Vergangenheit” in ihrem “Lebenszyklus” (Geburt, Reifung, Sterben) und ihrer Wirkung auf ihre Gesellschaftskonzepte und Interaktionen mit anderen Gesellschaften nachträglich “beobachten”, als auch mögliche “Mythen der Zukunft” sowie “künftige Gesellschaftsformen” erahnen.

        Brot und Zukunft von Religionswissenschaftlern scheinen mir generationenübergreifend gesichert zu sein, solange es beobachtbare Medienrevolutionen und ihre Auswirkungen gibt. Der Bedarf an bildungsfähiger Orientierung und orientierungsfähiger Bildung wächst. 😉

  5. Gibt es denn in der Dissertation von Jonas Richter auch einen Deutungsversuch für den merkwürdigen spirituell-materialistischen Kurzschluss bei EvD, der ja nicht untypisch für viele pseudowissenschaftliche Richtungen ist? Irgendwie scheint die Phantasie dieser phantasiereichen Leute nicht auszureichen, ihr Unbehagen über die Kälte und Sinnleere platter Alltagsweltanschauungen intellektuell hinreichend fruchtbar werden zu lassen. Statt reicht es nur zu blumiger ausgeschmückten, aber letztlich ebenso platten “alternativmaterialistischen” Vorstellungen.

    Bei EvD sind die Götter Astronauten, in der Homöopathie “materialisiert” die komplexe Beziehung zwischen Patient und Therapeut im “Wassergedächtnis”, in der Astrologie Typen menschlichen Daseins im Horoskop …

    Eigentlich ein religionswissenschaftliches Thema, oder?

    • Ja, @Joseph Kuhn – Jonas Richter spricht von “interpretatio technologica” als grundlegende Argumentationsfigur, mit der geistige und kulturelle Phänomene konsequent “materialisiert” werden: Aus Gottheiten werden Außerirdische, aus (Marien-)Erscheinungen Hologramme, aus Drachen Roboter usw. So entstehen Techno-Mythen, die als wissenschaftlich-technologische Erklärungen aus der Zukunft ausgeben.

      Dies geht, so Richter, mit einer tiefen Verehrung von Natur- und Ingenieurswissenschaften als “echten” Wissenschaften bei gleichzeitiger Verhöhnung von Kultur- und Geisteswissenschaften als überwiegend belanglosen und beliebigen “Sammelwissenschaften” (O-Ton von Däniken) einher.

      Hier sieht Richter auch starke Entsprechungen zu Hausers Beobachtungen einer “neomythischen Vernunft”. Man könnte fast sagen, dass die auch im wissenschaftlichen Betrieb dominanten Denkfiguren des Reduktionismus und Rationalismus hier “laienwissenschaftlich” angewandt werden, um geistige und kulturelle Phänomene in ein materialistisches Weltbild zu integrieren (von dem Däniken bei allem säkularen Materialismus im Gegensatz zum noch strenger “szientistisch-atheistischen” Rael jedoch noch einen transzendenten “GOTT” absetzt).

      Mit blognachbarlichen Grüßen! 🙂

  6. Wird in der Dissertation von Jonas Richter der Einfluss des Science-Fiction-Romans “Reich im Mond” von Manfred Langrenus aus dem Jahre 1951 auf “Erinnerungen an die Zukunft” von Erich von Däniken aus dem Jahre 1968 berücksichtigt?

  7. @ Michael Blume:

    Danke für die Antwort. Die Formeln “interpretatio technologica” und “laienwissenschaftlicher Reduktionismus” finde ich interessant, bin mir aber noch nicht sicher, ob sie das Phänomen nur paraphrasieren oder auch ein Stück weit aufschlüsseln.

    Bei solchen Themen wünsche ich mir mit laienwissenschaftlichem Reduktionismus doch manchmal, die Welt möge einfacher zu verstehen sein. 😉

    • @Joseph Kuhn

      Den Begriff “Laienwissenschaft” benutzt von Däniken tatsächlich selbst und entzieht sich damit einerseits methodischen Anforderungen an “echte” Wissenschaft, schießt aber auch Spitzen an die vermeintlich weltfremden und unverständlichen Fachwissenschaften.

      Dennoch bleibt auch bei mir noch ein Unbehagen auch an den Begriffen. Mir scheint, wir verstehen hier tatsächlich noch nicht genug – weswegen ich nur hoffen kann, dass gerade auch im Bereich von UFO-Glauben, Verschwörungsmythen & Co. noch mehr Kolleginnen und Kollegen einsteigen würden. Richter hat gut vorgelegt, doch es bleibt noch viel zu tun…

  8. 4O Tacken für die gedruckte Diss sind ja ne Menge. Sollte die Diss nicht eigentlich auch via eDiss-SUB als pdf frei downloadbar sein sollte (sagt imho die Allg. Prüfungsordnung)? Dann wäre ein Link in obigem Text durchaus angemessen. 😉

    • Also, ich habe es als Buch gekauft und hätte einen Link gesetzt, wenn ich ihn wüsste, @adi. 🙂

      Aber in der Tendenz gebe ich Ihnen Recht und engagiere mich auch selbst dafür, dass Wissenschaft häufiger günstig bzw. kostenfrei zugänglich werde – zum Beispiel in diesem Blog…

Schreibe einen Kommentar