Demokraten geben Iftar (Abendessen im Ramadan)
BLOG: Natur des Glaubens
Religiöse Zeremonien können Dialog und Frieden fördern – sie waren und sind bei Jägern und Sammlern sogar die zentrale Möglichkeit, um Menschen verschiedener Gruppen in einer friedvollen und würdigen Weise zusammen zu bringen. In vielen zunehmend religiös vielfältigen Demokratien wird diese Möglichkeit zunehmend wieder entdeckt. Weihnachtstermine und -ansprachen gehören vielerorts seit Jahrzehnten zu den Traditionen gewählter Regierender. In immer mehr Staaten und Städten entzünden nun aber auch Vertreter der Gesellschaft mit den jüdischen Gemeinden Lichter zu Chanukka. Und besonders schnell breitet sich die Tradition aus, dass Demokraten mit einer Einladung zum Iftar (Abendessen im Ramadan) auch Muslime einbeziehen, Dialog und Begegnung fördern.
Angefangen hat diese Tradition in den USA. Bürgermeister, Gouverneure und Präsidenten luden Muslime zum gemeinsamen Abend ein. Dabei werden Vertreter des muslimischen Lebens, aber auch der Politik, Gesellschaft, Kirchen und jüdischen Gemeinden an gemeinsame Tische geladen. Hier ein kurzes Video über den Iftar, den US-Präsident Barack Obama im Weißen Haus gab.
Auch in Europa und Deutschland entfaltet und bewährt sich die Iftar-Tradition (wie u.a. islam.de berichtet). In Deutschland nahmen u.a. Bundestagspräsident Norbert Lammert, Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble und Ministerpräsident Roland Koch an Iftar-Abenden teil (weiß jemand etwas auch über SPD-Regierungsmitglieder? Habe nichts gefunden).
In Baden-Württemberg richtete der stellvertretende Ministerpräsident und Justizminister Prof. Dr. Ulrich Goll (FDP) gemeinsam mit dem Kirchenbeauftragten der Landesregierung, Staatssekretär Hubert Wicker, ebenfalls einen Iftar aus – hier im Ländle entwickelt sich da eine gute Tradition.
Insofern unsere Gesellschaften Demokratien sind und bleiben, in denen die Menschenrechte (einschließlich der Religionsfreiheit) gelten, wird die religiöse Vielfalt auch weiter zunehmen. Das Zusammenleben kann dann gelingen, wenn sich die demokratisch gewählten Regierenden tatsächlich als Vertreter “aller” Bürgerinnen und Bürger verhalten und durch Begegnung und Dialog die vernünftigen und friedlichen Menschen in den Weltreligionen stärken.
Übrigens: Das Wort Iftar steht für Fastenbrechen, das Beenden des Fastentages. In christlichen Traditionen endeten Fastentage häufig am Morgen. Deswegen heißt im Englischen das Frühstück bis heute – Breakfast (Breaking of the Fast, das Brechen des Fastens).
Gewidmet ist dieser Post dem Chronolog “Der Islam” von Hussein Hamdan. Gesegneten Ramadan, lieber Hussein! 🙂
@ Michael
Vielen lieben Dank für diesen tollen Beitrag lieber Michael und natürlich auch für die nette Widmung. Ich schätze es sehr, wie du dich nun schon seit vielen Jahren unermüdlich im Dialog zwischen den verschiedenen Religions-und Kulturgemeinschaften einsetzt und wünsche auch dir dabei weiterhin viel Kraft und Erfolg.
Über die Einladung zum Iftar-Empfang habe ich mich sehr gefreut und ich fand den Abend sehr gelungen. Besonders hat mir gefallen, dass mit der Schriftstellerin Nilgün Tasman eine Muslima zu Wort gekommen ist, die mit ihrer Erzählung dafür gesorgt hat, dass ich mich an meine erste Zeit als Kind in Deutschland erinnern mußte. Anderen muslimischen Gästen ging es genauso wie ich beim Essen erfahren habe. 😉
Ich persönlich halte solche Veranstaltungen für sehr wichtig und ich hoffe, dass diese Tradition auch in Zukunft beibehalten wird.
Das ZikK-Team ist dann bestimmt wieder sehr gerne dabei! 😉
Bilderrätsel
Wer findet die beiden Chronologger auf diesem Iftar-Bild?
http://www.baden-wuerttemberg.de/…&_min=_lbw
Nur ein Tip: Sie drängeln sich nicht nach vorne! 😉
Bilderrätsel
Na, das ist nicht schwer. Die zweite Person von links in der ersten Reihe ist Michael Blume und ganz rechts in der zweiten Reihe das ist Hussein Hamdan.
😀
versöhnen oder vernichten?
Hallo Herr Dr. Blume,
für mich steht es außer Frage, dass Religion in evolutionärer Weiterentwicklung ein für die menschliche Kutur notwendiges Mittel ist, um die Menschen zusammenzuführen, zu Gesellschaftswesen zu machen, die friedvoll im Sinne der Genesis zusammenwirken, Zukunft gestalten statt vernichten.
Doch “religiöse” Praktiken, können auch das genaue Gegenteil bewirken. Das genau ist es ja, was die Denker des neuen Atheismus so auf die Palme bringt. Solange wir uns nur auf “religiöse” Praktiken beziehen, die sich meist auf spaltende Buchstaben/Volkslehren bzw. Glaubensgesetze oder jeweilige Gründer berufen, wird es wahrscheinlich mehr Gründe geben, die mit Blick auf die genannten Friedensgründe gegen den Glauben sprechen. Ersparen Sie mir, dies aufzuzählen. Das erlebe ich im Blog der Brights täglich.
Wenn also Religion der Aufgabe gerecht werden soll, die sie lt. Ihrem Beitrag schon bei Sammlern und Jägern hatte, die global handelnde Welt einen gemeinsamen Handlungsrahem geben soll, damit man friedvoll zusammenwirkt jagd und pflanzt, dann scheint die Natur des Glaubens in dessen Weiterentwicklung zu liegen.
Einer Weiterentwicklung im Rahmen der Aufklärung und des universalen Weltbildes evolutionärer Welterklärung. Denn nur die ist unviversal.
Oder sollen wir uns mit religiösen Abendessen zufrieden geben, bei denen Friede oder meist im Namen des Glaubens das Gegenteil ausgehegt wird?
Gerhard Mentzel
Gerhard Mentzel
Natur des Menschen
Lieber Herr Mentzel,
danke für Ihren Kommentar. Da Religiosität (einschließlich ritueller Praktiken) zur Natur des Menschen gehört, ist es nicht verwunderlich, dass sie sowohl für Frieden wie für Krieg verwendet wird. Genau das gleiche gilt ja auch z.B. für Sprache, Musik oder Wissenschaft. Sollen wir also aufhören zu sprechen, zu musizieren oder zu forschen?
Nein, aber um konstruktive, dem Leben förderliche Anwendungen sollten wir ringen. Die entstehende, demokratische Iftar-Tradition ist eine der erfreulichen Entwicklungen, die leider in der auf Sensation und Gewalt fixierten Massenmedien kaum wahrgenommen werden. Daher hier der Bloghinweis für die umfassender Interessierten.
Beste Grüße!