Dank zur Einweihung der Gedenkstele des VfB Stuttgart gegen Antisemitismus und Rassismus

Antisemitische und rassistische Shitstorms gehören ja leider seit langem zu meinem Alltag. Nicht selten bekomme ich sogar gleichzeitig vorgeworfen, ein “Judenfreund” und “Zionist” zu sein – und andererseits, vor allem aufgrund meiner muslimischen Ehefrau, ein “Muslimfreund” oder gar “Muslimbruder”. Das geht nun schon seit Jahren so.

Die einfache Erkenntnis, dass wir laut Grundgesetz und Landesverfassung in einem Staat und einer Gesellschaft leben sollten, in der Religionen in Frieden zusammenleben und niemand aufgrund seiner Herkunft, seiner Religionszugehörigkeit oder Hautfarbe diskriminiert oder bevorzugt wird, hat es in Zeiten digitaler Radikalisierung leider immer schwerer. Wer immer noch behauptet, es sei doch “leicht”, in Deutschland gegen Antisemitismus und Rassismus einzustehen, der kennt die Realität der deutschen Digitalsphäre nicht, in der #Trolling leider zum Alltag gehört.

Umso wichtiger und schöner sind Termine wie die Einweihung der Gedenkstele des VfB Stuttgart für die Opfer von Antisemitismus und Rassismus. Mit dieser Stele erinnerte der (und, ja, auch “mein”) Bundesligaverein an jene Mitglieder, die vor und während der NS-Herrschaft aus rassistischen und antisemitischen Gründen aus dem Verein herausgedrängt und ausgeschlossen wurden.

Mihail Rubinstein von der Repräsentanz der Israelitischen Religionsgemeinschaft Württembergs (IRGW), Rabbiner Yehuda Pushkin und ich dankten dem VfB Stuttgart gemeinsam für diese wichtige Geste.

Dank und Ansage zur Enthüllung der Gedenkstele des VfB Stuttgart. Foto: VfB, mit freundlicher Genehmigung

Gerne habe ich auch für das Stadionmagazin des VfB ein Interview gegeben, in dem ich – auch angesichts der Gefahren der digitalen Verrohung und Radikalisierung – für eine aktive Rolle des Sports gegen den Hass, gegen Rassismus und Antisemitismus aussprach.

Mein Interview im Stadionmagazin. Foto: Michael Blume

Spannend war aber schließlich auch der Austausch mit VfB-Verantwortlichen, die selbst sehr massive Erfahrungen mit digitalen Beschimpfungen und Shitstorms machen müssen. Dabei sind es meist nur wenige, digital selbsternannte “Fansprecher“, die lautstark beanspruchen, für Zehntausende zu sprechen – und oft über Monate hinweg zur “digitalen Jagd” gegen einzelne Spieler, Schiedsrichterinnen, Sportjournalistinnen und Funktionäre blasen.

Es war verblüffend, aber auch besorgniserregend zu reflektieren, wie sehr kleine Teile der Gesellschaft eben nicht nur in Politik und Religion(en), sondern auch in Sport, Kultur und gegen Wissenschaften ihre Radikalität digital ausleben – und dabei einfach behaupten, für ganze Völker, Religionsgemeinschaften oder Vereine zu sprechen. Die Legitimation der eigentlich gewählten und ernannten Vertreterinnen und Vertreter wird dadurch oft ganz bewusst untergraben und das öffentliche Klima erregt und vergiftet. Denn lautstarke Hater finden sich, klar, leider aus jeder Gruppe.

Also: Zivilcourage scheint heute angesichts digitalen Trollings leider wieder nötiger denn je, wenn es liberale und vielfältige Gesellschaften nicht zerreißen soll. Auch, wenn es schwerfällt: Wir dürfen das Netz nicht den Hatern und Trollen überlassen.

Allen, die sich demokratisch gegen Hass und Menschenfeindlichkeit engagieren, wünsche ich daher Kraft und gute Gedanken am heutigen Internationalen Tag gegen Rassismus. 🇩🇪🇪🇺🌍

Und allen jüdischen Freundinnen und Freunden wünsche ich von Herzen ein gesegnetes Purimfest – an dem passenderweise ein Sieg über den Antisemitismus dank einer starken Frau (Esther) gefeiert wird! 🤗📖🌈

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Dr. Michael Blume studierte Religions- und Politikwissenschaft & promovierte über Religion in der Hirn- und Evolutionsforschung. Uni-Dozent, Wissenschaftsblogger & christlich-islamischer Familienvater, Buchautor, u.a. "Islam in der Krise" (2017), "Warum der Antisemitismus uns alle bedroht" (2019) u.v.m. Hat auch in Krisenregionen manches erlebt und überlebt, seit 2018 Beauftragter der Landesregierung BW gg. Antisemitismus. Auf "Natur des Glaubens" bloggt er seit vielen Jahren als „teilnehmender Beobachter“ für Wissenschaft und Demokratie, gegen Verschwörungsmythen und Wasserkrise.

5 Kommentare

  1. Man weiß in so digitalen Shitstorm ja nie so genau, ob man sich in einem thermonuklearen Krieg befindet, oder doch nur in einem Kindergarten. 🤔

    • Nun, ein „thermonuklearer Krieg“ würde sich ja nicht abnutzen… 😉

      Ich merke, dass ich mich erstaunlich schnell an den Mist gewöhne, sogar drüber mit anderen witzeln kann – und die Wirkung zunehmend verpufft. Bin heute zu Terminen in Berlin gewesen – und überall gab es Zuspruch, gemeinsame Fotos und sogar Dank und Gratulationen… 😯

      Die derzeitigen Trolle haben diesmal allzu massiv überzogen, sich offensichtlich das falsche „Opfer“ ausgesucht und kräftig blamiert. Bin gespannt, ob sie sich in Zukunft mäßigen, oder auch noch die letzten Reste ihrer Reputation drangeben. 🤗

      Mit zionistisch-illuminatisch-muslimgeschwisterlichen Grüßen! Nur zum Reptiloiden hat es noch immer nicht gereicht! 😅

  2. Ich wollte Sie eigentlich fragen, ob die Özil-Debatte, insbesondere sein Kommentar dazu Spuren hinterlassen hat beim Profifußball. Nun aber muß ich beklagen, daß das Verunglimpfen mit klassischen AfD-Fakenews-Memes auch auf Ihre Partei übergegangen ist.

    Gerade die Artikel13-Demos so anzugehen ist ein ganz übler move: Weil hier sehr viele auf die Straße gegangen sind, die normal völlig unpolitisch sind. Ich bin wirklich von völlig unpolitischen Arbeitskollegen angesprochen worden, ob die EU tatsächlich YouTube dichtmachen wolle. Da kannte ich nicht mal das fatale Voss-Zitat. Diese Verrohung hat sehr viele unnötig nicht nur gegen die CDU aufgebracht, sondern überhaupt gegen „die da oben“.

  3. Es ist richtig, Antisemitismus und Rassismus zu bekämpfen. Aber es darf nicht dazu führen, dass rechtskonservative Parteien diffamiert werden. Die AfD ist zwar zu extrem. Aber wir brauchen eine öko-konservative Politik und eine charismatische Erneurung des Christentums. Mehr dazu auf meiner Internetseite (bitte auf meinen Nick-Namen klicken).

  4. Vielen Dank, dass Sie die Aussage dieses Blogposts so freundlich bestätigt haben. Stellvertretend für so viele Beschimpfungen und Drohungen schalte ich Ihren Kommentar zu Studienzwecken gerne mal frei. 🙂

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