Brasilien stellt X-er durch Sperre auf Entzug – und das tut den meisten gut

In einem schönen, zeitlichen Zusammentreffen erhielt ich genau heute Fediversum-T-Shirt-Post zu 1 Bestellung bei digitalcourage e.V., als nach der Verhaftung des Telegram-Medienmoguls Pawel Durow auch noch ein Bundesrichter in Brasilien das antisoziale Medium X, einstmals Twitter, aus dem Medienmarkt von über 200 Millionen Menschen sperrte. Ich begrüße auch aus eigener Erfahrung beides!

Dr. Michael Blume strahlend mit dem neuen, noch ungebügelten T-Shirt von Digitalcourage e.V. und einer Solarpunk-Tasse aus Mastodon. Auf dem blauen Shirt steht um ein rundes Fediverse-Logo: Social Media Done Well

Im Solarpunk braucht es keine rechtslibertären, antisozialen Digitalkonzerne mehr, sondern ein dezentrales Fediversum mit sozialen Medien wie Mastodon, Blogs, Podcasts und möglichst viel freier Software. Foto: K2 Blume

Auf dem Feld des deutschen Medienrechts habe ich schon viel gekämpft – oft mit Erfolg, manchmal aber auch mit Entsetzen. Aber nicht weniger krass waren und sind die persönlichen Erfahrungen: Als ich 2019 Facebook verließ, wurde dies sogar in den heute-Abendnachrichten gemeldet. Gegenüber der Westdeutschen Zeitung begründete ich damals meine wachsende Skepsis gegenüber kommerziellen und regelmäßig antisozialen Digitalmedien:

“Wir sind dort nicht Kunden, wir sind dort Produkt. Das führt unsere Gesellschaften in den Abgrund.”

Die schon damals bekannten Stichworte der digitalen Verrohung, Radikalisierung und Verbreitung von antisemitischen Verschwörungsmythen gerade auch durch Elon Musk darf ich heute als bekannt voraussetzen. Schon 2022 hatte ich erstmals öffentlich protestiert, als Musk die liberale Demokratie von Kanada mit dem NS-Regime unter Adolf Hitler gleichsetzte. Später unterstützte der rechtslibertäre Milliardär Elon Musk das Ressourcenfluch-Regime des Iran, zu dessen Staatsräson die Vernichtung von Israel (“kleiner Satan”) und die Bekämpfung der USA (als “großer Satan”) gehören.

Unterstützungstweet auf dem damaligen TwitterX durch dessen Besitzer Elon Musk für die israelfeindliche und antidemokratische Theokratie des Iran vom 28.10.2023.Unterstützungstweet auf dem damaligen Twitter / X durch dessen Käufer Elon Musk für die israelfeindliche und antidemokratische Theokratie des Iran vom 28.10.2023. Screenshot: Michael Blume

In Brasilien ist sogar die Rede von “digitalen Milizen” auf antisozialen Medien im Dienste des gescheiterten Rechtsdualisten und Ex-Präsidenten Jair Messias Bolsonaro!

Wie gefährlich zu viel Medienmacht in den Händen einzelner Rechtsdualisten ist, hat bereits die deutsche Geschichte gelehrt: Ohne die Unterstützung des Medienmoguls, Konzernchefs und DNVP-Vorsitzenden Alfred Hugenberg (1865 – 1951) wäre Adolf Hitler (1889 – 1945) nicht an die Macht gekommen!

Noch bei der Reichstagswahl 1928 hatte die NSDAP mit kläglichen 2,6 Prozent abgeschnitten – erst das Medien-Bündnis mit Hugenberg schoss die Nazis nach vorne! Zuerst gelang der NSDAP in Thüringen die Steigerung auf 11,29 Prozent in den Wahlen von 1929 plus Regierungsbeteilung, dann mit 42,49 Prozent in 1932 die Machtübernahme zunächst im Land, dann ein Jahr später auch im Deutschen Reich.

Angesichts der Landtagswahlen morgen wieder in Thüringen mit dem AfD-Spitzenkandidaten Björn Höcke kann ich nur erneut betonen: Geschichte reimt sich, aber sie wiederholt sich nicht.

Dies betone ich auch vor dem Hintergrund, dass ich nicht nur aus dem Hamas-Umfeld bedroht wurde, sondern auch auf einem deutschsprachigen, rechtsgerichteten Blog mit einem gelben Judenstern auf der Brust markiert wurde.  

Doch meine Freude über das Vorgehen sowohl von Frankreich wie von Brasilien gegen antisoziale Digitalmedien beruht nicht nur auf historischen Überlegungen vor eskalierenden Gefahren, sondern auch auf persönlichen Erfahrungen nach dem Verabschieden aus Facebook, Instagram und Twitter-X, wo ich jeweils Abertausende Followerinnen und Follower hatte.

Entzug & dann steigendes Wohlbefinden nach dem Abschied aus kommerziellen, antisozialen Medien

Doch auch die nach Pausen & Diskussionen wohlüberlegten Abschiede aus Instagram und eben X habe ich am Ende nicht bereut – sondern freue mich inzwischen ohne kommerzielle und antisoziale Medien über weniger Stress und Hate sowie eine deutlich erhöhte Lebensqualität!

Eine Foto der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung WAZ von Dr. Michael Blume vom 30. Oktober 2019 mit dessen Zitat: "Wir sind dort nicht Kunden, wir sind dort Produkt. Das führt unsere Gesellschaften in den Abgrund."

Eine von vielen Medienmeldungen zu meinem Facebook-Rückzug vom Oktober 2019. Screenshot: Michael Blume

Denn nach einer kurzen Phase von auch körperlichen Entzugserscheinungen habe ich jeweils eine deutliche Steigerung des geistigen und auch körperlichen Wohlbefindens beobachtet. In einem Medienethik-Seminar am KIT Karlsruhe plädierte ich sogar dafür, digitale Kicks mit Industriezucker zu vergleichen – zunächst ein hilfreiches Luxusgut gegen reale Mängel, aber in den Händen skrupelloser Konzerne ein schädlicher Suchtstoff!

Inzwischen spreche und schreibe ich ausdrücklich auch von Empörungssucht auf antisozialen Medien wie X. So folgten mir einzelne Trolle aus X sogar durch das Anlegen mehrerer Accounts auf dem wirklich sozialen, fediversalen (nichtkommerziellen, zivilgesellschaftlichen) Medium Mastodon – so sehr vermissten sie den täglichen “Kick” von Hassnachrichten gegen meine Familie und mich!

Und ich vermute, dass auch Elon Musk selbst süchtig nach immer neuen Dopamin-Kicks durch Aufmerksamkeit, Empörung, Verschwörungsmythen und feindseligem Dualismus geworden ist. Sein X-Verhalten schadet ja nicht nur seinen Milliardeninvestitionen in Twitter, sondern auch weiteren Konzernteilen wie Starlink und Tesla.

Zudem bitte ich zu bedenken: Warum wohl verbietet China TikTok im eigenen Land, walzt es aber aggressiv über Europa und den USA aus?

Schließlich verweise ich auf die zahlreichen, wissenschaftlichen Erkenntnisse zu sinkendem Wohlbefinden durch ständige Vergleiche auch etwa auf Instagram, zu digitalen Kontrollverlusten, Cybermobbing und Radikalisierungen. Nach meiner Auffassung bräuchte es ein europäisches Medienrecht, dass kommerzielle Digitalmedien streng reguliert und Zuwiderhandlungen real und auch gegenüber Verantwortlichen ahndet.

Plädoyer für ein starkes, zivilgesellschaftliches, nichtkommerzielles Fediversum aus der Europäischen Union

Schon im Januar betonte ich auf dem Neujahrsempfang der Gemeinde Salach: “Nur noch das Fediversum kann uns retten.” Mit Fediversum werden selbstorganisierte, dezentral vernetzte, zivilgesellschaftliche Internet-Anwendungen benannt, die idealerweise sogar auf dem Prinzip freier Software basieren und bislang von der EU NGI-gefördert wurden.

So erlebe ich beispielsweise das nichtkommerzielle Mastodon-Fediversum als wirklich soziales Medium. Auch deswegen entschied ich mich gegen einen BlueSky-Account. In meiner Demo-Rede auf dem Marktplatz Stuttgart vom 21.01.2024 warnte ich deutlich vor digitalen Äußerungen des NIUS-Rechtsdualisten Julian Reichelt.

Plakat der Jüdischen Studierendenunion Württemberg (JSUW) zur Kundgebung "Stuttgart hält zusammen" unter dem Motto Demokratie, Vielfalt, Freiheit am 21.01.2024 auf dem Marktplatz Stuttgart. Die Hauptrede hielt Dr. Michael Blume.Aufruf der Jüdischen Studierendenunion Württemberg (JSUW) zur Demonstration “Stuttgart hält zusammen” am 21.01.2024 auf dem Marktplatz Stuttgart. Screenshot: Michael Blume

Entsprechend fordere ich, dass steuer- und gebührenfinanzierte Stellen keine Inhalte mehr exklusiv für antisoziale Medien privatrechtlicher Digitalkonzerne produzieren sollten, sondern diese Inhalte immer auch und zuerst im öffentlich zugänglichen Fediversum aus Blogs, Podcasts, Mastodon & Co. verfügbar machen sollten. Öffentlich-rechtlich gesicherte, fediversale Videokanäle als sichere Alternative zu YouTube & Co. würde ich zudem begrüßen.

In einer Gedenkrede für die bedeutende Fotografin Gerda Taro (1910 – 1937) aus Stuttgart habe ich versucht, die gleichzeitig enorme und unserer Alltagswahrnehmung verborgene Wirkung von Medien durch ein Sprachbild, eine Metapher auszudrücken:

Wir sind Fische, die nicht wissen, dass sie im Wasser schwimmen. 

Es ist aus meiner Sicht wichtig und erfreulich, dass mit Frankreich und Brasilien nun zwei Demokratien begonnen haben, gegen jene vorzugehen, die unseren Medien-Lebensraum Internet, unser Wasser verschmutzen, ja vergiften. Möge ein starkes EU-Medienrecht unsere Mitmenschen und Mitwelt beschützen und möge stattdessen ein wirklich freies, zivilgesellschaftliches, europäisches Fediversum erblühen!

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Dr. Michael Blume studierte Religions- und Politikwissenschaft & promovierte über Religion in der Hirn- und Evolutionsforschung. Uni-Dozent, Wissenschaftsblogger & christlich-islamischer Familienvater, Buchautor, u.a. "Islam in der Krise" (2017), "Warum der Antisemitismus uns alle bedroht" (2019) u.v.m. Hat auch in Krisenregionen manches erlebt und überlebt, seit 2018 Beauftragter der Landesregierung BW gg. Antisemitismus. Auf "Natur des Glaubens" bloggt er seit vielen Jahren als „teilnehmender Beobachter“ für Wissenschaft und Demokratie, gegen Verschwörungsmythen und Wasserkrise.

60 Kommentare

  1. Nun, das (Zitat) „freie Fediversum“ wäre wohl ein stark moderiertes Medium, denn ohne Moderation und Entzug von Veröffentlichungsrechten für „Störer“ lassen sich Phänomene wie Empörungswellen, Beleidigungen und Hetze kaum vermeiden. So gesehen ist ein solches Fediversum gar nicht so frei. Man kommt aber nicht um diese Freiheits-Einschränkungen herum.

    • Danke, @Martin Holzherr

      Mastodon zeigt bereits täglich, wie erfolgreiche, zivilgesellschaftliche und dezentrale Moderation im Fediversum funktioniert: Die Instanzen werden durch Admins errichtet und aus Spenden finanziert. Wenn jemand hatet oder trollt, kann er – oder seltener auch: sie – in der eigenen Instanz gesperrt werden. Eine Instanz, die zuviel Hate zulässt, kann wiederum durch andere Instanzen blockiert, „deföderiert“ werden.

      Die Ergebnisse sind brillant: Alle sind frei, eigene Accounts oder auch eigene Instanzen zu errichten. Aber niemand muss sich Hate und Trolling geben und es verdienen die Anbieter auch nicht an Empörung. So setzen sich freiheitlich, demokratisch und dezentral hohe Qualitätsstandards durch, zumal auch das Strafrecht etwa mit Bezug auf Beleidigungen oder Volksverhetzung selbstverständlich gilt.

      Wie gebloggt hatte ich ja selber in den letzten Wochen auch Trollangriffe von empörungssüchtigen X-ern. Und sie wurden allesamt durch die Fediversum-Community abgewehrt!

      Und schließlich noch das Beste: Kein weiterer rechtslibertärer Milliardär kann sich auf dem Fediversum-Weg durch Hass und Hetze bereichern! Auch sind die Inhalte öffentlicher Mastodon-Instanzen auch frei abrufbar.

      Daher begrüße ich es, dass mehr und mehr Menschen aus den antisozialen Medien auswandern, den Xodus vollziehen, und sich stattdessen auf Mastodon und weiteren Fediversum-Medien engagieren. Das stärkt unsere Demokratie!

      Das zivilgesellschaftliche Fediversum bietet wirklich soziale Medien, wogegen Digitalkonzerne dazu tendieren, menschliche Emotionen zu hacken, zu befeuern und auszubeuten.

      • Schöner Blogbeitrag, aber diese Antwort bringt sogar noch mehr auf den Punkt, was ich an dem Fediverse schätze! Und das “ich” in diesem Satz finde ich dabei nicht unerheblich!

        Wenn nämlich alles in einer Hand ist, sei es die eines selbstlosen Philantropen oder die eines narzistischen Egomanen (oder ist das jetzt ein Pleonasmus grad?), so geht alles immer in eine Richtung. Dadurch, das dass Fediversum m. E. aber eher einem Multiversum verschiedenster Universen (sprich Instanzen/Servern) gleich kommt, garantiert alleine das schon Vielfalt, also auch gesellschaftlich, wo ein Musk die Homegenität nach eigenen Gnaden sich vielmehr erträumt.

        Zum Beispiel bin ich kein Freund vom KIs, Du ja aber sehr. So kann ich mich in eine Ecke zurückziehen, wo Künstler*innen über den Raub ihrer Ideen (zu KI-Trainingszwecken) klagen, Umweltschützer*innen die horrenden Energiekosten verurteilen und theoretisch sogar Communities aufsuchen, die KI-generierte Inhalte per “Hausordnung” verbieten.

        Du kannst aber gleichzeitig die Vorteile von KI für dich, für die Generierung und Sichtbarmachung von Zukunftsperspektiven und Idealen (Stichwort Solarpunk und Hopepunk beispielsweise) nutzen und Dich mit Gleichgesinnten, theoretisch auf solches ausdrücklich begrüßende Instanzen auch zurückziehen, dich vernetzen/-schanzen.

        Keiner kann allen anderen seine oder ihre Meinung aufzwingen. Vielmehr entscheiden die Instanzen gemeinschaftlich, also mit vielen individuellen Stimmen, mit wem sie vernetzt sein wollen, oder wen sie lieber ausschließen.

        Plus, solange Instanzen, auch mit teils gegensätzlichen Überzeugungen (etwa zum Nutzen der KI) vernetzt sind, bleibt die Möglichkeit auch mit anderen Meinungen, Ansichten, Überzeugungen in Kontakt zu treten/bleiben und so das Diskutieren, den Diskurs miteinander, nicht, eingeschlossen in einer vollkommen homogenen Echokammer, gänzlich zu verlernen.

        Also nicht nur das Blocken von Trollen, sondern auch das einerseits wohlige Einigeln in die eigene Community, wie aber andererseits auch der Austausch mit Andersdenkenden, über den Tellerrand/die Instanz hinaus, sind etwas, das in einem von einem einzelnen Hierarchen beherrschten Medium m. E. so nicht möglich wäre.

        PS Und zu Brasiliens Block: https://mastodon.social/@Gargron/113059113589150365 Sie scheinen das Fediverse, resp. hier Mastodon, als Alternative für sich zu erwägen!

        • Danke, @Solomon – genau so sehe ich es bzw. dialogischen Monismus: Niemand „besitzt“ die ganze Wahrheit, doch durch respektvollen Dialog können wir uns ihr gemeinsam annähern.

          Ich möchte gar nicht in einer Gesellschaft mit nur einer Religionsgemeinschaft, Partei, wissenschaftlichen Disziplin, Musik, Literaturgattung oder auch Meinung zu KI-Kunst leben. Unser aller Wissen und unser aller Zeit hier sind so begrenzt, dass wir durch Vernetzung und Dialog am weitesten vorankommen – und auch jenen nach uns ein Mehr an Frieden und Erkenntnis hinterlassen.

          Gerade höre ich das Radio BigGPT, das zuerst nur von KI 🤖 gestaltet wurde, nun aber von einem Miteinander zwischen dem Mensch ☺️ Moritz und dem KI-Buddy Layla. Es geht vielleicht nicht schnell genug, aber es geht doch voran.

    • Freiheit bedeutet nicht Verwahrlosung.
      Und Freiheit bedeutet nicht, alles tun und sagen zu können was man schon immer mal aus dem Affekt heraus wollte oder weil man so veranlagt ist.
      “Freiheit (lateinisch libertas) wird in einem weiten Sinn als die Möglichkeit verstanden, ohne Zwang zwischen unterschiedlichen Optionen auszuwählen und entscheiden zu können.” (Wikipedia)
      Es gibt auch sehr finstere Fediverse-Instanzen. Da kann jeder, der sich danach sehnt, gern hin. Oder eine eigene freie Instanz gründen und sich von Trollen überrollen lassen, – wer es mag…
      Es gibt diese Wahl im Fediverse, alles ist möglich.
      Wählen sie Sie selbst, was Sie wollen.
      Ich habe eine Mastdon-Instanz gewählt, die mich davor bewahrt. Ganz gezielt habe ich das so entschieden. Und wenn es doch mal ein Troll schafft mich zu erreichen, dann blocke ich ihn. Ganz einfach. So, wie ich einem pöbelnden Menschen vor meiner Haustür nicht die Tür aufmache und die Polizei hole. Das ist meine Freiheit!
      Die habe ich nicht auf den angeblich so freien, kommerziellen und antisozialen Medienplattformen.

  2. Lieber @Michael Blume,

    danke für Dein Engagement und Dein klares und gelebtes Bekenntnis zum freien Fediversum!

    Ich halte es auf der anderen Seite für eine fatale Entscheidung, dass dem Microblogging-Dienst Mastodon die Gemeinnützigkeit entzogen wurde:

    https://www.golem.de/news/dezentrales-soziales-netzwerk-mastodon-ist-in-deutschland-nicht-mehr-gemeinnuetzig-2404-184629.html

    Das scheint aber ganz dem Stellenwert zu entsprechen, den viele dem Fediversum einräumen.

    Persönlich nehme ich es auch leider wahr, dass das Thema Fediversum immer noch ein Randthema ist – auch bei Menschen, die ich als politisch interessiert und informiert wahrnehme. So argumentieren viele engagiert für eine gesunde Umwelt, für die Bewahrung von Grundgütern und deren Schutz vor “Kommerz” – Stichwort und Beispiel: Wasserversorgung nicht privatisieren! Aber dieselben engagierten Gesprächspartner gucken einen dann verwundert an, wenn man vom Fediverse spricht. Und sie sind es, die dann völlig unkritisch ihre Inhalte auf Facebook und co teilen.

    Insofern finde ich es großartig, wie Du das geniale Bild von den Fischen im Wasser nach David Foster Wallace’ hier einbringst: Information und Dialogmöglichkeiten (wie sie von Medien geboten werden) sollten – wie Wasser und Atemluft – als Gemeingüter angesehen werden, die wir schützen sollten. Insbesondere vor dem Zugriff durch einzelne Akteure wie Elon Musk.

    Diese Metapher ist wirklich sehr hilfreich und könnte helfen, wenn ich mal wieder kurz davor bin, argumentativ zu verzweifeln.

    • Vielen herzlichen Dank für die Unterstützung, @Peter Gutsche 🙏

      Ja, das deutsche Recht um die Gemeinnützigkeit ist auch nach meiner Einschätzung zuletzt viel zu eng geführt worden. Statt dass wir als Bundesrepublik Deutschland 🇩🇪🇪🇺 den Aufbau von Mastodon nach Kräften fördern, erschweren „wir“ auch das mal wieder juristisch und bürokratisch. Seufz.

      Danke auch für die Zustimmung zur metaphorischen Gleichsetzung Medien = Wasser. Beides sind idealerweise Gemeingüter nach Elinor Ostrom und in beiden Fällen hat sich gezeigt, dass eine völlige Privatisierung massiv schadet. (Vgl. das privatisierte Wassersystem in Großbritannien, ein Desaster!)

      Die bisher sehr gute Wasserversorgung in Deutschland 🇩🇪🇪🇺 basiert auf kommunalen Verbänden. Und genau so organisiert sich auch das Fediversum – als Verbund dezentraler, bürgernaher Instanzen.

      Ja, mit der bisherigen Unkenntnis bezüglich des Fediversums und gerade auch von Mastodon hast Du Recht. Auch deswegen habe ich mich oben mit dem neuen (noch ungebügelten 😉 ) Digitalcourage-Fediverse-Shirt abbilden lassen und mir auch ein paar Aufkleber dazu bestellt. Wie immer im Solarpunk gilt: Niemand kann alles, aber alle können etwas tun… 🙏🌈✊

      Dir noch einmal Dank und hoffen wir das Beste für die heutigen Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen! 🤔🇩🇪🇪🇺

    • Ja, @Jakob – das Video stammt zwar nicht von mir, aber ich hoffe auch, dass sich fediversale Alternativen zu YouTube stärker entwickeln und auch gleichwertig auf Blogs einbinden lassen. Auch ich würde solche Fediversum-Angebote dann zunehmend nutzen, zumal wenn sie von der EU gefördert würden. Die Dominanz von YT sollte nicht das Ende der Mediengeschichte sein…

      • Peertube ist meines Erachtens der am weitesten entwickelte Service.

        Ein Video kann sogar mit embedded Player (mit und ohne iframe) ganz einfach über den Share-Button geteilt werden.

        Es wird der entsprechende Link zum Video oder zum embedded Player ohne oder mit iframe erzeugt… einfach per Button kopieren und an gewünschter Stelle einfügen.

        z.B.

        https://kino.schuerz.at/videos/embed/1ee872ba-b551-4ccd-a79f-7afe53f89431

        oder mit iframe

        (weiß jetzt nicht, ob die Links im Kommentar hier richtig dargestellt werden.

        • Danke, @Jakob – ich werde mir das sehr gerne anschauen! Einen Umstieg auch von YouTube (kommerziell) auf PeerTube (Fediversum) kann ich mir mittelfristig gut vorstellen! Und müsste noch klären, ob das Einbinden von PeerTube-Videos auch hier auf dem Blog funktioniert. 🙏🤖🤔

          Ich mailde mich (per Mail).

  3. Die antisozialen Medien, mit der Möglichkeit Hass und Hetze zu verbreiten, können nach meiner Meinung sehr gut mit denen durch Fossilismus reich gewordenen Rentier-Staaten verglichen werden.
    Bei diesen antisozialen Medien steht die Bereicherung an illegal erworbenen Daten ganz oben auf der Liste. Hinzukommt, dass wir User meinen, wenn es nichts kostet, ist es doch gut. Wir bezahlen jede Nutzung mit unseren Daten, und die dort integrierte Werbung führt zum extremen Reichtum einiger weniger.
    Darum ist es auch so wichtig, dass wir im Fediversum bereit sind, freiwillig die Leistung des Administrators unserer jeweils gewählten Instanz durch Spenden angemessen zu finanzieren.
    Diese Arbeit muss honoriert werden.

    Wenn Elon Musk nun auch noch in Zusammenarbeit mit Donald Trump als möglicher Minister oder Berater direkt in die Politik der USA eingreifen möchte, dann ist die Gefährlichkeit noch um ein vielfaches höher.

    Das dezentrale föderative Fediversum insbesondere Mastodon in meinem Freundes- und Bekanntenkreis bekannt zu machen, ist genauso schwierig, wie die Menschen davon zu überzeugen, auf ihren Verbrenner zu verzichten.
    Facebook, Instagram und WhatsApp haben für mich den gleichen Rang wie dicke SUV-Verbrenner.

    Es ist mir immerhin gelungen, meine Familie und meinen engen Freundeskreis dazu zu bringen, dass wir über Signal (auch Spenden basiert) kommunizieren und WhatsApp meiden. Für viele ist Threema auch eine sehr gute europäische Alternative.
    Über meine Smartphone-Kurse habe ich zum Glück einen gewissen Einfluss auf mein Umfeld. Gegen WhatsApp und Google hat man kaum eine Chance, aber jede Reduzierung und Vermeidung ist ein wichtiger Schritt.
    Zum Solarpunk gehört auch das Fediversum.

    • Vielen herzlichen Dank, @Elisabeth K.! 🙏

      Ich möchte nicht nur vollinhaltlich zustimmen, sondern Dir auch für Dein digitales Engagement für und mit Seniorinnen und Senioren danken, das aus meiner Sicht super-vorbildlich ist und Solarpunk-Mut macht!

      https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/gegen-einsamkeit-im-alter-ein-gastblogpost-von-elisabeth-krueger/

      Denn, ja, gegen autoritäre und fossile Verhältnisse kommt es letztlich auf den Widerstand von uns allen an! Wenn wir uns damit bequemen, uns als Produkte fossiler Konzerne manipulieren und ausbeuten zu lassen, verlieren wir unsere Mitwelt, unsere Freiheit und unsere Demokratie.

      Wie gebloggt habe ich den Abschied aus den kommerziellen, den fossilistischen, den antisozialen Medien nicht bereut. Und will das meine dafür tun, dass sich immer mehr Menschen im Fediversum einfinden! ✊☕️🌈

    • Liebe @Elisabeth K,

      in vieler Hinsicht bist Du mit Deinem Engagement für mich ein Vorbild.

      Und diesen Kommentar nehme ich als Anlass, mir einen Schubs zu geben und das zu tun, was ich seit ein paar Monaten vor mir herschiebe: Den Administratoren meiner Mastodon-Instanz zu spenden. Weil ich mir in diesem Zusammenhang die Frage gestellt habe, was denn ein angemessener Betrag für eine freiwillige Spende sei, habe ich mal Perplexity gefragt und m.E. ganz hilfreiche Anhaltspunkte bekommen:

      Antwort Perplexity:
      Um eine angemessene monatliche Spende für die ehrenamtliche Betreuung einer Mastodon-Server-Instanz abzuschätzen, sollten mehrere Faktoren berücksichtigt werden:

      ## Kostenfaktoren

      1. **Serverkosten**: Die grundlegenden Betriebskosten einer Mastodon-Instanz umfassen Servermiete und -wartung. Eine Mastodon-Instanz kann, je nach Größe und Anforderungen, zwischen 35 Euro und mehreren hundert Euro pro Monat kosten. Beispielsweise wurde für eine kleinere Instanz ein Betrag von etwa 35 Euro genannt, während größere Instanzen wie mastodon.social deutlich höhere Kosten aufweisen können, die sich auf mehrere Tausend Euro pro Monat belaufen[1].

      2. **Personalkosten**: Wenn die Betreuung der Instanz durch bezahlte Mitarbeiter erfolgt, müssen auch deren Gehälter in die Kalkulation einfließen. Bei größeren Instanzen können die Personalkosten erheblich sein, wie im Fall von mastodon.social, wo 80.000 Euro im Jahr für Personal ausgegeben wurden[1].

      3. **Zusätzliche Ausgaben**: Neben den Server- und Personalkosten können auch andere Ausgaben wie Domains, Softwarelizenzen, Mailing-Dienste oder Übersetzungsdienste anfallen. Diese sollten ebenfalls in die monatliche Spende eingeplant werden[1].

      ## Spendenmodelle

      Es gibt verschiedene Finanzierungsmodelle für Mastodon-Instanzen:

      – **Hobby- und Kleininstanzen**: Diese werden oft durch persönliche Beiträge und ehrenamtliches Engagement finanziert. Hier ist die monatliche Spende meist niedriger, da die Betreiber oft keine hohen Betriebskosten haben.

      – **Mischformen**: Einige Instanzen setzen auf freiwillige Spenden und kombinieren diese mit geringen monatlichen Beiträgen von Nutzern, um die Kosten zu decken.

      – **Großinstanzen**: Diese erfordern in der Regel eine höhere finanzielle Unterstützung, da sie mehr Ressourcen benötigen und oft auch Personal beschäftigen.

      ## Empfehlung

      Um eine angemessene monatliche Spende zu bestimmen, sollte man die spezifischen Kosten der eigenen Instanz ermitteln und diese durch die Anzahl der aktiven Nutzer teilen, um einen pro Kopf-Betrag zu erhalten. Ein Betrag zwischen 5 und 10 Euro pro Monat könnte für viele Nutzer als fair angesehen werden, um die laufenden Kosten zu decken, insbesondere wenn die Instanz aktiv genutzt wird und eine Community hat.

      Citations:
      [1] https://netzpolitik.org/2023/social-media-selber-machen-wieviel-aufwand-und-kosten-entstehen-durch-eine-mastodon-instanz/
      [2] https://wiki.kif.rocks/wiki/KIF465:Arbeitskreise
      [3] https://chaos-stipendien.de/arbeiten/arbeit-5.pdf
      [4] https://www.deutsches-museum.de/assets/Museum/Download/Jahresbericht/Jahesbericht_Deutsches_Museum_2023.pdf
      [5] https://www.datenschutz.sachsen.de/download/taetigkeitsberichte/Taetigkeitsbericht_Datenschutz_2022.pdf
      [6] https://www.djv-hessen.de
      [7] https://fragdenstaat.de/dokumente/7899-eigentums-und-nutzungsrechte/?page=83
      [8] https://fragdenstaat.de/dokumente/247029-abl-07/?page=171

      Ende der Antwort von Perplexity ++++++++++++

      Wer die Anzahl der aktiven Nutzer einer Instanz herausfinden will, kann dies über folgende API-Abfrage tun:

      https:///api/v1/instance

      Auf der Seite, die als Antwort zurückgegeben wird (im JSON-Format), muss man dann folgendes Element user_count suchen:

      {“user_count”: ….

      Und: Eine Option ist natürlich auch, den Server-Admin direkt anzuschreiben und nach seiner Einschätzung zu fragen…

      Vielleicht hilft diese Info auch anderen.

  4. Es tut mir leid, wenn ich etwas Wasser in den Wein gießen “muss”.

    Eine Verschärfung des Medienrechts ist das nur auf die antisozialen Medien gerichtet? Wenn ja, bin ich im Prinzip einverstanden. Aber das Problem besteht doch mE darin, dass sich diese von den traditionellen Medien kaum trennen lassen. Nur ein Beispiel: Stuttgarter Zeitung und Stuttgarter Nachrichten haben eine Internetrubrik unter dem Namen “Mein VfB”. Die bespielen folgende Plattformen: FB, Insta, X. Zusätzlich noch WhatsApp und YouTube. Logisch eigentlich, weil auch die Vereine sich dort tummeln.

    Mastodon hat vermutlich das Problem, dass derjenige, der etwas postet den Eindruck gewinnt, die Follower nicht so zu erreichen wie bei den antisozialen Medien. Auch zvw, dessen MA Alexander Roth bei Mastodon aktiv ist, hat einen VfB Podcast. Leider sind die beiden Kollegen von Herrn Roth, die über
    den VfB berichten nur bei den “üblichen Verdächtigen” aktiv.

    Wir werden sehen, ob Brasilien dabei bleibt. Gespannt bin ich auf die Schlagzeilen zu diesem Thema bei einem berühmt-berüchtigten Zeitungsverlag. Ich hatte bisher noch nicht die Zeit, mich entsprechend zu informieren.

    • Danke, @Marie H.!

      Und ganz klar: Ich bin der Auffassung, dass freiheitliche Demokratien auch privatwirtschaftliche Medien zulassen müssen – wie ja auch das Gemeingut Wasser etwa von Getränkekonzernen und landwirtschaftlichen Betrieben verarbeitet werden darf. Das medienrechtliche Vorgehen je in Frankreich 🇫🇷🇪🇺 und Brasilien 🇧🇷 zielt ja darauf, dass auch Milliardäre und deren Digitalkonzerne dabei demokratisch beschlossene Gesetze endlich achten.

      Doch während die Staaten der Europäischen Union den Rechtsrahmen zu verteidigen haben, so bleibt die Aufgabe der Qualitätskontrolle in der Freiheit und Würde der Bürgerinnen und Bürger. Ob und welches Wasser wir trinken (ggf. auch im Wein 🍷;-) ), ob und welches Medium wir nutzen, ob und welche Politik wir wählen hat unsere Entscheidung zu sein und zu bleiben. Um kommende Generationen und letztlich die gesamte, demokratische Gesellschaft auf die Chancen wie auch Gefahren unserer multimedialen Lebenswelten besser vorzubereiten, betreibt Baden-Württemberg nun den Aufbau des Faches „Medienbildung“. Ich hatte das befürwortet, halte es für zentral für Demokratiebildung und unterstütze es wo immer möglich nach Kräften.

      Haben Sie schon vom geplanten Schulfach Medienbildung erfahren? Was meinen Sie dazu?

      • Um Ihre Frage zu beantworten, ja, ich habe davon gehört und finde die Idee gut!

        Was nun das Fediverse oder auch Mastodon betrifft, so ist das nicht einfach. Eine Entwicklung von Technik Nerds mit Abitur und Unistudium. Ich nutze vermutlich nur 0,0000.. % der Möglichkeiten.

        Wir freuen uns über die Tagesschau in einfacher Sprache. Gleichzeitig haben diese Menschen vermutlich nicht den Hauch einer Chance Mastodon zu verstehen.

        Die meisten, die auf Mastodon mit Ihnen diskutieren, sind Leute mit Studium. Für Leute wie mich, die das nicht haben, stellt dies keinen Boost für das Selbstbewusstsein dar.

        • Ja, @Marie H. – das sehe und erlebe ich auch so!

          Meine Hoffnung beruht dabei wesentlich auf der Mediengeschichte: Es dauerte Jahrhunderte, bevor „Zeitungen“ von teuren Zirkeln weniger Lesekundiger bis in die weite Bevölkerung hineinwuchsen. Doch als ich als Jugendlicher die – inzwischen leider eingesparte – SonntagAktuell austrug, warteten viele Bauern & Mütter bereits stolz auf „ihre“ Zeitung. 📰

          Auch bei den Elektroautos sollte es schneller gehen – ich fahre eines seit siebeneinhalb Jahren mit 100% Solarstrom und bin sehr zufrieden. Aber die Transformation von einer autoritären, fossilistischen Kultur in eine energiedemokratische, post-fossile Solarpunk-Zukunft ist ein Generationenprojekt. Gerade deswegen zählt jeder Beitrag – auch Ihrer, auch meiner, jede auch digitale Courage.

          • Nachdem ich mich durch die Drukos gelesen habe, frage ich mich ernsthaft, was Mastodon eigentlich sein soll. Ja, anscheinend ein Tool, wo man sich elitär abschottet.

            Ich habe nie Geschichte studiert, es ist einfach nur ein Hobby. Besonders interessiert mich die württembergische Landesgeschichte. Aber klar, kein Studium, was will dann so jemand wie ich schon außer Ablehnung erwarten.

            Ich habe nie Musik studiert, interessiere mich für die Geschichte dahinter. Auch hier offenbar elitäre Abschottung.

            War übrigens bei Twitter anders.

            Wenn das die Zukunft ist…

        • Hallo
          ich bin selbst auf Mastodon und habe in meiner Timeline viele Menschen ohne Studium oder “Nerds”. Es gibt auch dort “einfache” Posts ohne großartig intellektuellen Tiefgang. Es kommt immer darauf an, wem man folgt. Das kann sich jeder selbst aussuchen.
          Es ist ein Vorurteil, dass man für Mastodon besondere technische Voraussetzungen benötigt. Einfach anmelden und posten. Anderen folgen. Lesen. Antworten. Fertig. 🙂

        • @Marie H.
          wie man diese platformen benutzt entscheided jeder selber. Aber genau Menschen wie sie wollten Menschen wie ich erreichen; intelligente Menschen die lernen wollen, und ein Interesse haben. Ich habe nie erwartet dass meine Leser genau wie ich gebildet bin. Das machte diese platformen wie twitter ja so toll. Alles gemischt unterhielten wir uns. Und zu ihrem interesse an Musik; niemals zu spat fruh anzufangen.

        • Liebe @Marie H.,

          „Was nun das Fediverse oder auch Mastodon betrifft, so ist das nicht einfach. Eine Entwicklung von Technik Nerds mit Abitur und Unistudium.“

          Ich glaube, ich muss mal ein paar Bedenken bezgl Mastodon ausräumen. Ich – Mitte 50 – war nie ein „social media“-Typ. Ich dachte immer, lass das mal die jungen Leute machen. Auf Twitter habe ich mich nur informiert, hatte dort praktisch keine Follower. Auf Facebook habe ich auch nicht viel Aktivität gehabt und das Netzwerk verlassen.

          Als ich dann mit Mastodon anfing, ging es anders. Ok, es gibt eine kleine „Hürde“: Man muss sich zuerst eine „Instanz“ bzw einen Server suchen (es ist ja ein dezentrales Netzwerk), daher braucht es ein paar mehr Klicks, dort ein Konto zu eröffnen; aber das ist nicht weiter schwierig.

          Und dann ist alles ganz einfach, keine Wissenschaft: Wenn man sich ein Profil anlegt, geht es ähnlich wie man es von anderen Netzwerken kennt. Unbedingt empfehlenswert ist es, sich eine aussagekräftige Kurzbeschreibung über sich und seine Interessen zu überlegen, damit andere, die „vorbeikommen“, entscheiden können, ob sie einem folgen wollen oder nicht.

          Und – wenn man das denn will – muss man aktiv Dinge posten, wenn man sich ein Netzwerk aufbauen will. Das mit der Abschottung: Ok, im Vergleich zu X ist der Ton respektvoller, aber das ist ja kein Fehler. Ich habe viele auch konträre Diskussionen dort erlebt. Und Studium hin oder her, ich denke, davon hängt es nicht ab.

          Das Haupthindernis ist meines Erachtens, dass noch viel zu wenige Menschen das Netzwerk kennen und man deshalb dort mitunter erst mal niemanden aus seinem persönlichen Bekanntenkreis findet – zumindest ging es mir so. Das war bei Facebook anders. Aber dafür habe ich mittlerweile auf Mastodon viele Menschen „virtuell“ kennen gelernt und an deren Gedanken teilhaben können (unter anderem @Michael Blume 😊). Ich arbeite noch daran, meine Freunde im „echten Leben“ neugierig zu machen, aber das wird noch dauern.

          Und wenn ich mir Ihre inhaltsreichen Drukos hier auf Scilogs so ansehe, so wären Sie dort eine absolute Bereicherung! Und sollten Sie sich jemals entscheiden, auf Mastodon ein Konto zu eröffnen, werde ich Ihnen auf jeden Fall mit Interesse folgen.
          😊

          (Falls Interesse besteht, recherchiere ich gerne mal nach einer Mastodon-Anleitung für Einsteiger.)

  5. Ich stimme Ihnen in allen Punkten zu!
    Und ich danke Ihnen ausdrücklich für diesen Artikel.
    Mögen ihn viele Menschen lesen, die jetzt noch auf den kommerziellen, antisozialen Medienplattformen unterwegs sind.

    Ich folge Ihnen auf Mastodon und nehme stets gern an den respektvollen und konstruktiven Diskursen dort zu Ihren Beiträgen teil.

    Es bleibt zu hoffen, dass auch die Media-Abteilung des Spektrum-Verlages Ihren Artikel liest und zur Einsicht kommt, dass ein Großteil interessierter Leser*innen auch im Fediverse auf sie warten.
    Leider zeigt die Share-Bar des Spektrum-Verlages bislang nur kommerzielle antisoziale Medien: facebook,Twitter (noch so benannt dort), Instagram und Youtube. Damit kann ich keine Beiträge teilen im Fediverse und sie dort diskutieren.

    So bleibt einem Bürger, der keine Lust auf kommerzgesteuerte, antisoziale Hetze hat, nur die große Hoffnung, dass die Entscheidung und Begründung Brasiliens zum Sperren von Twitter/X auch bald hier von Deutschland und der EU umgesetzt wird. Und gern auch auf andere antisozale Medien erweitert wird.

    Es gibt ja eine menschenfreundliche Alternative!

    • Vielen Dank, @G.W.

      Und, ja, der Spektrum-Blogadmin Lars Fischer ist ja auch bereits auf Mastodon, auch über KI 🤖 wird bei Spektrum der Wissenschaft differenziert gesprochen. Auch in diesen Dialog bringe ich mich gerne ein – öfter durch Tat als nur durch Rat.

  6. @G.W. 01.09. 12:36

    „So bleibt einem Bürger, der keine Lust auf kommerzgesteuerte, antisoziale Hetze hat, nur die große Hoffnung, dass die Entscheidung und Begründung Brasiliens zum Sperren von Twitter/X auch bald hier von Deutschland und der EU umgesetzt wird.“

    Ich habe außer Youtube diese ganzen unseligen Plattformen nie genutzt. Ist mir auch etwas zu schnelllebig.

    Es müsste aber doch möglich sein, Plattformen, die geltende Gesetze ignorieren, einfach komplett zu sperren? Beleidigungen, Verleumdungen, Bedrohungen und Aufrufe zu Straftaten sind doch grundsätzlich alle illegal. Und die Datensammelei eigentlich auch.

    Natürlich braucht es dann Alternativen, daran zu arbeiten lohnt sich allemal. Auch ist hier auf Scilogs die Infrastruktur für einen respektvollen Austausch ja vorhanden, das Angebot nehme ich gerne an. Die anfallenden Kosten dieses Angebots dürften für den Verlag überschaubar sein.

    Ich habe auch meine eigenen Webseiten, die machen stellenweise viel Arbeit, aber die Kosten sind wirklich gering. Und wenn die Struktur einmal steht, ist der Aufwand überschaubar, auch umfangreichere neuen Inhalte hinzuzufügen.

    • @Tobias Jeckenburger 01.09. 14.22 Uhr

      Ich kam 2020 zu Twitter. Facebook und Instagram kamen und kommen nicht in Frage.

      Verabschiedet habe ich mich von X im April 2024, nachdem ich schon längere Zeit nichts mehr gepostet hatte. Einige sehr freundliche, interessante und interessierte Menschen durfte ich bei Twitter virtuell kennenlernen. In zwei Fällen kam es zu Treffen. Arroganz und Überheblichkeit traf ich nie an, und die Treffen, die im Rahmen musikalischer Veranstaltungen stattfanden, waren sehr bereichernd.

      Mir liegt daran klarzumachen, dass es bei Twitter auch Menschen gab, die mit Politik überhaupt nichts am Hut hatten, sondern einfach nur sich mit Gleichgesinnten austauschen wollten.

      Es war mir eine Freude und manchmal auch eine Ehre, meine Inhalte teilen zu dürfen. Und mancher Follower war vom Fach (Historiker, Musikwissenschaftler etc) und hat mich das Defizit des fehlenden Studiums nie spüren lassen.

    • Vielen herzlichen Dank, @ErwinL!

      Sie schrieben mir mit diesem Satz völlig aus dem Herzen:

      “Ich habe den Eindruck, dass den meisten Menschen die Abhängigkeit einer Demokratie von ihrer Mediensystemlandschaft nicht bewusst ist.”

      Und, ja, ich erlebe leider, dass die Rolle der Medien in der Inszenierung von Politik, Recht, Wissenschaft, Kultur, Religion noch immer massiv unterschätzt wird. Dabei hat die Landeszentrale für politische Bildung NRW den von Ihnen genannten Film über den antidemokratischen Medienmoguln Alfred Hugenberg (1865 – 1951) von 1982 längst auch online gestellt:

      https://youtu.be/vYTongQeykU?si=jNX3obJnGUO9vemt

      Auch die Wahlergebnisse von Sachsen und Thüringen sind m.E. ohne das Zusammenspiel aus digitaler Medienrevolution und Demografie nicht zu erklären.

      • Und, ja, ich erlebe leider, dass die Rolle der Medien in der Inszenierung von Politik, Recht, Wissenschaft, Kultur, Religion noch immer massiv unterschätzt wird.

        Meiner Familie (2+4) ist es durch eigene Erfahrung im Freundes- und Bekanntenkreis ab 2015 aufgefallen, wie sehr sich unser Weltbild anfing, von dem vieler Freunde und Bekannter zu unterscheiden, die kommerzielles Social Media per Smartphone nutzten. Selbst hatten wir bis dahin keine Smartphones und kein Social Media und hatten seit 2012 auch kein lineares TV mehr geschaut, da das Internet mehr als genug Unterhaltung zum gewünschten Zeitpunkt bot.

        Es war für uns einigermaßen erschreckend, wie langjährige Bekannte anfingen, Erzählungen für wahr zu halten, die sich nach kurzem Faktencheck regelmäßig als Fake erwiesen.

        Ab 2019 war es dann auch unübersehbar, wie sehr unsere Lokalzeitung Nordkurier auf die Verbreitung negativer Narrative setzte
        https://taz.de/Schwaebische-Zeitung-auf-Abwegen/!6029392/

        und die Nachrichten von ARD und ZDF anfingen, die Twitter-Trends zu reproduzieren.

        Meine Kurzfassung wäre, dass wir mit Medien unser Weltbild bauen und mit diesem Weltbild gehen wird dann hin und treffen unsere Wahlentscheidungen und gestalten unsere Politik, Recht, Wissenschaft, Kultur und Religion.

        Für mich ist die Erfindung und der Durchbruch von Social Media die Mediensystemrevolution, die unsere Mediensystemlandschaft grundsätzlich verändert hat.

        Social Media entfaltet m.E. deshalb eine so hohe Glaubwürdigkeit, weil soziale Wahrheiten für Menschen als hochgradig sozial abhängige Wesen wichtiger sind als wissenschaftliche Fakten. Neben vielen neuen technischen Details, halte ich das für den entscheidenden Grund, dass die Unternehmen des Social Media innerhalb eines Jahrzehnts die Vorherrschaft über die Mediensystemlandschaft übernehmen konnten.

        Das kommerzielle Social Media erzeugt soziale Wahrheiten aber nur für seine Geschäftsinteressen. Die dabei entstehenden sozialen Wahrheiten erweisen sich in der Praxis aber als ungeeignet, um Politik, Recht, Wissenschaft, Kultur und Religion im Sinne eines demokratischen Staates zu gestalten.

        Wenn man auf die Entscheidungen der Autokraten unserer Tage schaut, dann könnte man sogar auf die Idee kommen, dass eine Mediensystemlandschaft des kommerziellen Social Media auch nicht für eine Autokratie geeignet ist.

        Keine Gesellschaft kann sich lange soziale Wahrheiten leisten, die nicht mit der Realität übereinstimmen.

        • Vielen Dank, @ErwinL – Ihr Kommentar dazu sagt mir (auch als Dozent für Medienethik am KIT Karlsruhe) so zu, dass ich eine wesentliche Passage hier noch einmal unterstützend zitieren möchte:

          “Meine Kurzfassung wäre, dass wir mit Medien unser Weltbild bauen und mit diesem Weltbild gehen wird dann hin und treffen unsere Wahlentscheidungen und gestalten unsere Politik, Recht, Wissenschaft, Kultur und Religion.

          Für mich ist die Erfindung und der Durchbruch von Social Media die Mediensystemrevolution, die unsere Mediensystemlandschaft grundsätzlich verändert hat.

          Social Media entfaltet m.E. deshalb eine so hohe Glaubwürdigkeit, weil soziale Wahrheiten für Menschen als hochgradig sozial abhängige Wesen wichtiger sind als wissenschaftliche Fakten. Neben vielen neuen technischen Details, halte ich das für den entscheidenden Grund, dass die Unternehmen des Social Media innerhalb eines Jahrzehnts die Vorherrschaft über die Mediensystemlandschaft übernehmen konnten.

          Das kommerzielle Social Media erzeugt soziale Wahrheiten aber nur für seine Geschäftsinteressen. Die dabei entstehenden sozialen Wahrheiten erweisen sich in der Praxis aber als ungeeignet, um Politik, Recht, Wissenschaft, Kultur und Religion im Sinne eines demokratischen Staates zu gestalten.”

          In meiner Gedenkrede für die Stuttgarter Jüdin und Fotografin Gerda Taro (1910 – 1937) habe ich genau diese Beobachtungen in ein Sprachbild übersetzt: “Wir sind wie Fischer, die nicht merken, dass sie im Medien-Wasser schwimmen.”

          https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/wir-sind-fische-die-nicht-wissen-dass-sie-im-wasser-schwimmen-gedenkrede-fuer-gerda-taro/

          Vielen Dank für Ihr Interesse und Ihre konstruktiven Kommentare!

  7. In der Diskussion um X fällt mir etwas auf. Es geht immer um die POLITISCHE Polarisierung.

    Auf Twitter gab es auch zahllose Menschen, die NICHT aus politischem Interesse dort waren. Sondern weil sie sich mit Gleichgesinnten verbinden wollten. Literatur, Theater, Architektur, Malerei, Geschichte, Kunst, Kultur, Musik, Sport usw.

    Schade, dass diese Leute für die hier Kommentierenden nicht existieren.

    • Ja, @Marie H. – die politische Polarisierung hat auch weitere Diskurse zerstört. In meinem Mitfeld gab es eine Person, die gerne Twitter parallel zu Fußballspielen nutzte. Auch sie fühlt sich dort jedoch überhaupt nicht mehr wohl…

      • Das kann ich gut verstehen und fühle mit der Person. Ich gehe nicht ins Stadion, hatte aber bei Heimspielen vom VfB häufig Kontakt zu Fans, die vor Ort waren. Jetzt muss es halt unpersönlich mit der VfB App gehen.

  8. Die Stuttgarter Zeitung meldet heute (02.09.2024) auf S. 8 (“Aus aller Welt”):

    Raye verbannt soziale Medien

    Die britische Sängerin Raye (26) sieht den Sog der sozialen Medien mit Skepsis. “Es ist praktisch unmöglich, die Kraft aufzubringen, sich von diesen Plattformen fernzuhalten”, sagte sie der Welt am Sonntag. Sie selbst habe seit fünf Monaten keinen Zugang mehr zu Social-Media-Accounts. “Nur so konnte ich wieder Balance im Leben finden.”

    Ich meine und hoffe, wir erleben hier den zunehmenden Exodus (und eben Xodus) aus den kommerziellen und meist antisozialen Medien.

    • Rückzug der Menschen aus einer kaputten Mediensystemlandschaft klingt noch nicht nach einem Plan.

      Wenn wir Konsens darin hätten, dass das kommerzielle Social Media dem Gemeinwohl mehr schadet als nutzt, könnte man vielleicht darauf hinwirken, dass dem Gemeinwohl verpflichtete Organisationen nicht mehr aktiv daran mitwirken dürfen.

      Das würde die Organisationen zwingen, darüber nachzudenken, wie sie ihrem Gemeinwohlanspruch auch in ihrem medialen Auftreten gerecht werden können.

      • Das sehe ich anders, @ErwinL – wer Medienkonzerne zur Räson bringen sollte, sollte auch gegen sie das demokratisch beschlossene Recht durchsetzen und nicht gegen “dem Gemeinwohl verpflichtete Organisationen” vorgehen, die es ohnehin schwer genug haben. Meine ich.

        • Ich sehe grundsätzlich keine akzeptable Basis für kommerzielles Social Media mehr und erwarte nicht, dass irgendwer in der Lage wäre, ein Recht zu formulieren und durchzusetzen für das es keinen tragfähigen Plan gibt. Gesetze, die auf einem magischen Denken über die Funktionsweise oder das Geschäftsmodell einer digitalen Lösung beruhen, kann niemand durchsetzen.

        • “Medienkonzerne zur Räson bringen” beschreibt m.E. das zu lösende Problem nicht.

          Ich halte die Mediensystemlandschaft für unreparierbar kaputt.
          Die Medien der vordigitalen Landschaft sind zu Content-Lieferanten der Unternehmen des kommerziellen Social Media geworden. Unter dem Druck der Aufmerksamkeitsökonomie produzieren Medienschaffende Populismus und FakeNews.

          Das zu lösende Problem besteht also darin, wie wir zu einer zeitgemäßen Mediensystemlandschaft kommen können, die inherent dem Gemeinwohl dient.

          Das war m.E. die Idee hinter unserem ÖRR.

          In meiner Wahrnehmung haben wir da aber eine verkrustete und kaum handlungsfähige Organisation, die nur schwerlich noch in der Lage ist, zeitgemäße Medien eigenverantwortlich zu betreiben und uns stattdessen das Produzieren von Content für das kommerzielle Social Media als im Sinne seines Auftrags verkauft.

          Im Sinne der Stärkung und Entwicklung einer eigenverantworteten Medienlandschaft wäre es m.E. eine plausible Forderung, dass mit öffentlichen Mitteln keine aktive Zuarbeit zum kommerziellen Social Media mehr stattfinden darf.

          • Danke, @ErwinL

            Da bin ich bei Ihnen und habe mich bemüht, diese Forderung nach einer Medienwende aus dem antisozialen Dualismus in einen Fediversum-Dialog sowohl im Bild wie im Text darzustellen. Immerhin haben ja nun erste Demokratien damit begonnen, den rechtslibertären Medienkonzernen entgegen zu treten. Und gleichzeitig können ja auch wir als Bürgerinnen und Bürger unsere Schritte in Freiheit und Würde tun. Ich habe den Abschied aus allen kommerziellen und oft antisozialen Medien zumindest nicht bereut, im Gegenteil. Und mehr und mehr Menschen auch in der Generation meiner Kinder tun dies auch. Solarpunk-Hoffnung wächst, wo mensch sie lebt.

  9. Wahnsinn, wie man Zensur abfeiern kann.
    Meinungsfreiheit kommt hier nur verheiratet mit einem “aber” daher.

  10. I thought about whether to offer a slightly different perspective on Elon and felt that it does fit in to your topic. i will not address why or how Elon ended up with twitter, an evolving platform that his personality is destroying. There are geopolitical and military reasons.

    Elons character and personality is that of an emotionally immature child with great power. There is a scifi story written in the 1950s called “its a good life” by jerome bixby written as horror during the postww2, cold war serving as metaphor for dictators who lack compassion or empathy. Its about a 3yr old child named Anthony with almost omnipotent power. the author deliberately does not tell the reader what this child is (alien, mutant etc.) but it can destroy and kill with thoughts. when nearby it is telepathic. when Anthony doesnt get his way or attempts to fix it he causes suffering and destruction. So the people around him protect and censor themselves by thinking “its a good life”.

    In 2015 the movie Ex Machina was an over the top version of Elon; very deliberately so: it dealt with Elons abusive behavior, his obsession with neuroimplants and creating AI and there are countless references to Elon’s God complex. An AI is only as “human” as the programs we install; teach it violence, it will learn violence. What sets humans apart is compassion and empathy.

    Elon has none. Thats what makes him so dangerous; he’s highly intelligent, visionary and achieves what he sets out to do. But hes also volitile and is using hate speech to get his way. He has admitted himself that hes taking ketamine so his mind is desintegrating. Running a platform like twitter with such global reach without clear instruction on socially acceptable behavior is why twitter has become so toxic. His reaction to big companies who no longer wanted to advertise with him shows that he truly does not understand consumers or “Menschlichkeit”.

  11. Ich will hier auf etwas eingehen, was im Beitrag oben erwähnt wird, worauf aber bis jetzt kein Post einging. Zitat: “Die schon damals bekannten Stichworte der digitalen Verrohung, Radikalisierung und Verbreitung von antisemitischen Verschwörungsmythen gerade auch durch Elon Musk darf ich heute als bekannt voraussetzen.“ wobei als Beispiel ein US-kritischer Post Musk‘s über den Iran abgebildet wird. Sie, Michael Blume taxieren diesen Post als antiamerikanisch und antisemitisch. Das stimmt wohl, wobei es schwerfällt, Elon Musk als antiamerikanisch einzustufen, ist seine Karriere doch ohne die USA undenkbar.
    Wenn schon ist die Kombination von Antiamerikanismus und Antisemitismus in Europa viel häufiger anzutreffen. Sogar medial bekannte Persönlichkeiten lassen sich ohne weiteres so einordnen. Richard David Precht (von dem der Iran-Twitter ebenso gut stammen könnte) etwa äusserte in Lanz&Precht regelmässig US-kritische Positionen und unterstellte den USA mehrfach einen Imperialismus. Auch die NATO sieht Precht als US-dominiert und als alles andere als Friedensmacht. Kürzlich meinte Precht auch, es gebe keinen Grund dafür, dass Deutschland mehr in die Armee investiere, zumal Russland ja niemals andere europäische Länder angreife. Zudem stellt Richard David Precht folgendes in Frage (Zitat) “im Muster „Demokratien gegen Autokratien“ die Vormachtstellung der USA und Europas in der Welt weiterhin zu rechtfertigen“.
    Fazit: Antiamerikanismus und Antisemitismus plus eine die NATO ablehnende Haltung ist in Europa weit stärker verbreitet und viel selbstverständlicher als in den USA – so scheint mir.

    • Kein Widerspruch, @Martin Holzherr: Selbstverständlich war der Iran-Take von Elon Musk nur ein Beispiel, die Kanada-Hitler-Gleichsetzung ein zweites. Weitere wären die Verbreitung von Anti-Soros-Verschwörungsmythen im Kontext von Migration, die Wiederzulassung von Rechtsdualisten in den USA, in Europa und Brasilien, die Unterstützung von Donald Trump…

      Sie dürfen mir – zumal Sie diesen Blog ja seit Jahren kennen – schon glauben, dass ich meine Blogposts durchdenke und auch Links nicht zufällig setze. 🙂

  12. Ihnen geht der Arsch auf Grundeis, versteh ich schon. Die Narrative bröseln, siehe Tucker’s Interview mit Darryl Cooper. Sie kommen mit der Zensur nicht mehr hinterher. Und jetzt verlieren Sie auch noch die Mehrheit in den Parlamenten. Vielleicht auch bald in Ihrem Bundesland?

  13. Ein weiteres Anzeichen für die digitale Verschlafenheit vieler Politiker und ein Hinweis darauf, dass demokratisch orientierte Bürgerinnen und Bürger oft weiter sind als die teilweise überforderte Bundesregierung:

    Das Bundesministerium für Bildung und Forschung stellt seine Aktivitäten im Fediverse ein und bietet den Inhalt stattdessen nur noch auf kommerziell ausgerichteten oder antisozialen Netzwerken an.

    Ulrich Kelber hat dazu auf Mastodon Stellung bezogen und dabei auch einige datenschutzrechtlich problematische Aspekte hervorgehoben:

    https://bonn.social/@ulrichkelber/113089162909835080

    • Danke für die Info und den Link zu Ulrich Kelber, @Peter Gutsche

      Auch ich halte das für eine schlimme Fehlentscheidung, die erneut zeigt, dass auch viele Spitzen in der Politik die Macht der Medien enorm unterschätzen. Prof. Ince und ich haben gerade eine Podcast- und Vodcast-Folge ausdrücklich zu Elon Musk (21. Jahrhundert) und Alfred Hugenberg (20. Jahrhundert) veröffentlicht:

      https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/blume-ince-26-von-elon-musk-und-alfred-hugenberg/

      Es ist wirklich bedauerlich, wie viele Ministeriale und Politikerinnen noch immer nicht verstehen, dass sie von der Gesellschaft gewählt und bezahlt werden – um Medien (!) wie Gesetzestexte, Haushaltsentwürfe, Reden, Bilder usw. zu produzieren. Wer die Bedeutung von Medien nicht versteht, versteht weder das Mediensystem Staat noch die Demokratie.

      Schon im Mai 2022 warnte ich entsprechend laut in der Jüdischen Allgemeinen: »Wenn ein Mediensystem kaputt ist, stürzt die Demokratie ab.«

      “Der Antisemitismusbeauftragte Michael Blume sagt dazu: »Verschwörungsmythologische Radikalisierungen gibt es unter Rechten, Linken und auch unter Liberalen.« Er kritisiert: »Viele Medien haben versucht, auf die Digitalisierung zu reagieren, indem sie auch extremeren Stimmen ein Forum geboten haben.« Kurzfristig habe das auch wirklich die Klickzahlen hochgetrieben. Nun aber sei zu bilanzieren: »Die Radikalisierung wird dadurch immer weiter befeuert, und die Vernünftigen wenden sich ab.«

      Dass beispielsweise die »Bild«-Zeitung und »Der Spiegel« Thilo Sarrazin hochgeschrieben hätten, habe beiden Medien viel mehr geschadet als genutzt. Nicht gefeit sieht Blume auch manches konservative Blatt. Explizit warnt er davor, Parallelmedien mit inhaltlicher Anbiederung Konkurrenz zu machen: »Denn wenn sich Leute erst einmal verschwörungsideologisch aufgeladen haben, vertrauen sie auch keinen bürgerlichen Stimmen der ›NZZ‹ oder der ›Welt‹ mehr, sondern kippen in Rechtsaußen-Blogs und Telegram-Gruppen ab.«”

      https://www.juedische-allgemeine.de/politik/die-desinformierer/

      Dies war übrigens auch der Grund, warum ich gemeinsam mit HateAid vor dem Landgericht Frankfurt gegen Twitter klagte, als es noch nicht X war. Während aber das LG Frankfurt die Bedeutung des Medienrechts noch erkannte, erfüllte das OLG Frankfurt lieber Wünsche des rechtslibertären Medienmilliardärs Elon Musk…

  14. Hallo @Michael Blume,

    den Podcast habe ich mir angehört und finde ihn hervorragend!

    Eigentlich macht Ihr, @Inan Ince und Du, es vor, wie man qualitativ hochwertige Inhalte produziert und auf sympathische Weise präsentiert. Und in den Dialog mit den Hörerinnen und Hörern tritt. Open access par excellence!

    “Explizit warnt er davor, Parallelmedien mit inhaltlicher Anbiederung Konkurrenz zu machen.”

    Dazu fällt mir ein Satz aus einer Rede von der von mir sehr geschätzten Marina Weisband ein, in der sie sinngemäß mal gesagt hat, dass es keine gute Idee von Parteien oder anderen Organisationen, die die Jugend für sich gewinnen wollen, ist, zu sagen: “Ja, wir sind jetzt auch auf TikTok, und wir sind jetzt auch auf Instagram!”
    (siehe Minute 5:49)

    Diese Rede, die sie im Frühsommer nach der Europawahl veröffentlicht hat, ist gerade jetzt nach den Landtagswahlen wieder besonders aktuell. Unglaublich viel durch dieses kurze Video zu lernen.

    Mit Medien verantwortlich umzugehen ist mehr als “jetzt auch auf TikTok oder auf Instagram zu sein”.

  15. Zum Thema auch dieses Blogposts wurde gerade bekannt:

    “In den USA wurden zwei Mitarbeitende des russischen Staatspropagandasenders Russia Today angeklagt, über Scheinfirmen mehrere rechtsradikale Influencer mit großer Reichweite bezahlt zu haben, um russische Propaganda zu verbreiten. Genau diese Influencer wurden wiederum auch von Elon Musk auf seinem Netzwerk Twitter gepusht.

    Die Accounts hatten alle größere Reichweite über blaue und sogar gelbe Haken gekauft. Und Elon Musk persönlich antwortete auf deren Tweets, und pushte deren Propaganda dadurch noch zusätzlich.”

    https://www.volksverpetzer.de/aktuelles/elon-musk-putin-netzwerk/

    Auch der Autor Philip Kreißel ruft daher nun zur Schließung der staatlichen X-Accounts auf:

    “Hier wurde ein riesiges, bezahltes Propaganda-Netzwerk hochgenommen – in dem auch die faschistische AfD drin steckt. Und Elon Musk ist mitten drin und hilft Putin bei seiner Propaganda. Es ist verantwortungslos, dass deutsche Regierungsmitglieder, Behörden und Ämter immer noch auf dessen Plattform aktive Accounts haben. Das bequemste Mittel, um russische Lügen einzudämmen ist, endlich die Accounts auf Twitter zu schließen. Es ist höchste Zeit.”

    Aus meiner Sicht ergibt sich hier ein zunehmendes, medienethisches Reichweiten-Dilemma: Auch staatliche Stellen beliefern antisoziale Medien, um ihre Reichweiten zu maximieren. Damit aber begeben sie sich in den Brüll-Wettbewerb des feindseligen Dualismus, der unsere Demokratien zunehmend polarisiert und, ja, zerstört.

  16. Heute – am 11.09.2024 – meldet die Stuttgarter Zeitung auf S. 7 (“Politik”), dass die Regierung von Australien “die Nutzung von Online-Netzwerken wie Facebook und TikTok für Kinder und Jugendliche verbieten” wolle. Premierminister Anthony Albanese kündigte ein Gesetz an, dass das Mindestalter für die Nutzung auf 14 oder 16 Jahre legen solle. Er “bezeichnete die Wirkung von Instagram und Co. auf Kinder als ‘Geißel’. Kinder sollten wieder ‘auf die Fußballplätze, in die Schwimmbäder und auf die Tennisplätze gehen'”, so Albanese. Auch aus der australischen Opposition kam dazu Zustimmung.

    Freue mich sehr, dass die psychologischen, sozialen und demografischen Gefahren antisozialer Medien zunehmend erkannt werden! Auch das Europäische Parlament könnte gegenüber den oft skrupellosen Digitalkonzernen nach meiner Auffassung noch deutlicher mutiger und entschiedener auftreten, meine ich.

  17. Nach Erfüllung aller Forderungen der Justiz darf X in Brasilien 🇧🇷 wieder online. Ob sich die EU 🇪🇺 ein Beispiel nimmt?

    „De Moraes hatte Ende August die Sperrung nach einem monatelangen Streit mit Musk über freie Meinungsäußerung, rechtsradikale Nutzerkonten und die Verbreitung von Falschinformationen angeordnet. Dem Gericht zufolge war X nicht angemessen gegen die Verbreitung von Hassrede vorgegangen und hatte zudem gegen die Vorschrift verstoßen, einen rechtlichen Vertreter für das Land zu benennen.

    Musk hatte dies als persönliche Fehde mit dem zuständigen Richter aufgefasst, ihn als “Diktator” bezeichnet und ihm “Zensur” vorgeworfen. X erfüllte schließlich alle Forderungen von de Moraes. Dazu gehörten die Sperrung bestimmter Konten auf der Plattform, die Zahlung ausstehender Geldstrafen und die Benennung eines Rechtsvertreters.“

    https://www.tagesschau.de/ausland/amerika/brasilien-x-104.html

    Der Beweis, dass sich Recht und Regeln auch gegen rechtslibertäre Medienmilliardäre durchsetzen lassen, ist damit erbracht.

  18. Während in Deutschland noch intensiv über eine Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gestritten wird, hat der alpine Kleinstaat Liechtenstein gerade per Volksabstimmung das Aus des einzigen ÖRR-Radiosenders beschlossen. Für die Streichung der Steuergelder an Radio Liechtenstein stimmten 6786 Stimmberechtigte, dagegen waren 5457.

    “Die Regierung stellte sich erfolglos gegen das Begehren. Sie zweifelt daran, dass ein Privatradio im Kleinststaat mit seinen 40’000 Einwohnern rentabel zu betreiben ist. «Bei Annahme der Initiative ist somit das Risiko gross, dass es in Zukunft überhaupt keinen liechtensteinischen Radiosender mehr geben wird», warnte die Regierung in der Abstimmungsbotschaft.

    Der öffentlich-rechtliche Rundfunk sei eine wichtige und vertrauenswürdige Informationsquelle für die öffentliche Meinungsbildung und habe zudem eine identitätsstiftende Funktion. Keinen liechtensteinischen Radiosender mehr zu haben, bedeute «weniger Medienvielfalt und weniger Demokratie».

    Dieses Risiko wollen die Abstimmenden nun eingehen. Da Liechtenstein keinen Fernsehsender hat, verabschiedetet es sich mit dem Entscheid von öffentlich-rechtlichen Medien.”

    https://www.tagesanzeiger.ch/liechtensteiner-ziehen-landesradio-den-stecker-334596106106

    Reiche Medienunternehmer und Lobbyisten, die sich zur Unterstützung ihrer Wirtschaftsunternehmen auch Medien halten, freuen sich.

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