Blume & Ince 36: Die Neufassung von “Verschwörungsmythen”

Dass die Neufassung meines Buches “Verschwörungsmythen” (2025) um einen ganzen Monat vorgezogen wurde, hat mich positiv überrascht und bewegt. Ursprünglich wollte ich das Buch am 27. Mai im Hospitalhof Stuttgart vorstellen. Nach guten Erfahrungen mit den ersten Blog-Buchdialogen bat ich nun einen der Söhne, das Erstexemplar bei Prof. Dr. Inan Ince vorbeizubringen. Und so diskutierten wir es heute in der Podcast-Folge 36 von Blume & Ince!
Prof. Ince bekam das Erstexemplar von “Verschwörungsmythen” für unseren Pod- und Videocast-Dialog. Foto: Michael Blume
Was mich überrascht, fasziniert und auch gefreut hat, war die Fokussierung von Inan auf Fragen der Hirnforschung und Evolutionspsychologie. Endlich konnte ich auch einmal ausführlicher über den interdisziplinären Dialog mit Robert McCauley (“Why Religion Is Natural And Sciene Is Not”) sprechen! Und Inan erklärte endlich mal, warum verschiedene Spülmittel auch verschiedene Farben haben.
Zudem konnte ich auch einiges zur Entstehung und Idee des Buches erzählen, dessen erste Auflagen sich bewusst vom bisherigen Konzept von Sachbüchern unterscheiden sollten. Wenn auch “Verschwörungsmythen” (2025) ein Erfolg wird, würde ich weitere Bücher in diesem Format schreiben – und konkret auch eines gemeinsam mit Prof. Dr. Inan Ince (BWL) angehen wollen. Einschätzungen, Rat, Meinungen dazu sind herzlich willkommen!
In meiner Wahrnehmung und auch Hoffnung könnte sich eine neue Kategorie von Wissenschaftsbüchern als “Dialogbücher” entwickeln, die möglichst lesefreundlich, verständlich und interdisziplinär gehalten sind und dann im Fediversum aufgegriffen und dialogisch diskutiert werden. Bücher in Papier- und eBook-Form könnten damit eine neue Rolle in der Wissenskommunikation spielen, ohne die klassische Form der dickeren Monografie zu verdrängen.
Mein herzlicher Dank gilt Inan, der sich auf diesen Buchdialog eingelassen hat!
Und ich blogge auch deshalb noch heute Abend, um alle herzlich zu grüßen, denen der Palmsonntag und bzw. oder Pessach etwas bedeuten. Habt alle schöne und gerne gesegnete Feiertage!
Guten Tag die beiden Podcaster!
Ein sehr informatives und inspirierendes Gespräch, finde ich.
Ich fand spannend, was @Inan Ince am Anfang über das verständliche Schreiben gesagt hat. Ich denke (und habe das auch irgendwo gelesen), dass nur, wer eine Sache in einfachen Worten und verständlich darstellen kann, diese auch selbst richtig verstanden hat. Umgekehrt fällt mir auf, dass in vielen “Studien”, die die menschenverursachte Erderwärmung anzweifeln (es gibt hierzu ja mittlerweile viele Artikel, die einen wissenschaftlichen Standard zumindest suggerieren), die Thematik total unverständlich und überkomplex dargestellt wird, so dass sie praktisch nicht nachvollziehbar ist.
Lieber Peter Gutsche,
danke für das Lob! Ich denke, viele versuchen sich manchmal zu oft unnötig kompliziert auszudrücken, weil das vielleicht einen Hauch von Überlegenheit und/oder Professionalität ausstrahlen kann. Meinen Studierenden sage ich immer: Einfache, klare Sprache führt schneller und überzeugender zum Ziel. Ein bis zwei Gedanken pro Satz und Fachbegriffe wo notwendig.
Sehr guter Punkt mit den sog. Zweiflern! Wer solche schlechten Scherze wie den “Healy” kennt wird festgestellt haben, dass sie in ihren Produktbeschreibungen regelmäßig wissenschaftlich klingende Begriffe und Konzepte verwenden, die aber absolut keinen Sinn ergeben. Das einzige Ziel ist es der esoterischen Geldmaschine den Anschein von wissenschaftlicher Legitimität zu verleihen. Und leider klappt es oft. Das wäre doch mal eine Marketing-Vorlesung wert..
Lieber @Inan Ince, danke für den Hinweis auf “Healy”! Wieder etwas gelernt. Bei Wasserfilterherstellern, die auch “Energetisierung” anbieten, findet man auch ausgesprochen kreative, wissenschaftlich klingende Beschreibungen, die komplett Nonsens sind.
Die entsprechende Marketingvorlesung wäre bestimmt sehr interessant.
Ich muss heute mal in die Buchhandlung stolpern und mir ein Exemplar klaufen (da müssen Sie ann das l streichen und nicht das f, ich bin zu meinem großen Leidwesen ein ehrlicher Mensch, aber man will ja seine Träume bis zum letzten Augenblick auskosten). Ich weiß schon jetzt, ich will mein Geld zurück. Ich gehe davon aus, es ist so gut, dass ich mir noch eins von Ihnen kaufen will. Oder aus jedem beliebigen anderen Grund, Hauptsache, ich kriege mein Geld zurück. Wer Brot für Weisheit opfert und aus der Weisheit kein Brot macht, findet nur die Weisheit heraus, dass man Weisheit nicht essen kann, aber Weisheit einen schon. Wie viel muss man eigentlich lesen, damit ein eBook-Reader oder Tablet zur kleineren Umweltsünde werden als ein Buch aus Papier?
Science is how religion is made. Das heißt, unser „Glauben“ verwurstet alles, auch unser wachsendes Wissen über die Welt. Sie sehen auch, dass es der Religion mit der Wissenschaft geht, wie Merz mit der AfD – erst bekämpfen, dann umarmen. Die Barriere ist im Wesentlichen eine Sprachbarriere, die Religion spricht Bibel, King James, Tolkien, Lovecraft. Wissenschaft spricht Bürokratie und Erbsenzähler.
Diese sprachliche Beziehung spiegelt die Beziehung zwischen Forscher und Forschung wieder: In jedem Labor wird erst Staub gesammelt, Zahlen, Fakten, Details, Sichtweisen, winzige Fortschritte. Die große Erleuchtung, das große Aha-Erlebnis, das „Heureka!“ ist, wo die großen Gefühle durchbrechen, wo Frankenstein „Ich bin Gott!“ ruft, weil er dessen Wahrheit und Macht einen Schritt näher gekommen ist.
Dann badet er eine Weile in der Erleuchtung, doch zehn Jahre später denkt er sich: „Ist das langweilig, ich hocke hier im Labor und bastle Monster am Fließband, gibt es denn nix Spannenderes im Leben?“ Und so wird aus Wissenschaft und Religion schnöder Alltag.
Unsere Nationalstaaten sind Theokratien mit der Staatsreligion Nation. Wir brauchen Religion, um zu funktionieren, die neue Religion der Erbsenzähler – Wissenschaft, Bürokratie, Kapitalismus – verlangte Säkularisierung, also tun wir einfach so, als hätten wir keinen Glauben. Und dennoch ist die ganze Säkularisierung nichts Anderes als kollektive Meditation – auch ein Zen-Mönch verliert sich in der Kontemplation des Augenblicks, nimmt sich, seinen Willen, seine Gefühle völlig aus dem Spiel, um zum Beispiel die kleinsten Details einer Blüte zu studieren.
Mal kurz die Brauen runzeln, sich am Kopf kratzen, „Hmmmm….“ sagen, dann das Wort ins Kreuzworträtsel eintragen – wenn der Vorgang 6000 Jahre dauert, innerhalb eines gleichen Vorgangs, der 1 Million Jahre dauert, merken Sie nur in Retrospektive, dass Sie nur einen winzigen Bruchteil eines Moments darin gelebt haben. Im Fraktal sind Sie Alice im Wunderland auf LSD – Sie sind immer irgendwo groß, klein und alles dazwischen, und in jede mögliche Richtung erstreckt sich die Unendlichkeit.
Mir bedeutet es etwas, dass der Palmsonntag oder Pessach Ihnen etwas bedeutet(e – ist ja Montag). Manche laufen durchs Licht, andere durch die Schatten, und so finden wir unseren Weg durch Licht und Schatten. Und ich frage mich, ob in dem Donut, den ich gerade gegessen habe, Alkohol war bei solchen Sprüchen, und wenn nicht, wieso saufe ich nicht, wenn ich sowieso schon wie besoffen rede? Ah so – ist billiger. Manchmal ist so ein Dachschaden echt ökonomisch sinnvoll.
Lieber Paul S,
Manchmal scheint es, als ob wir mehr Weisheit anhäufen, nur um zu erkennen, dass sie uns nicht direkt ernährt. Aber vielleicht ist es gerade diese Erkenntnis, die uns weiter antreibt, mehr zu lernen und zu entdecken.
Was die Umweltfreundlichkeit von eBook-Readern und Tablets im Vergleich zu Papierbüchern angeht: Laut einer Studie des Freiburger Öko-Instituts aus dem Jahr 2011 wird die CO2-Bilanz eines eBook-Readers nach dem Lesen von etwa 22–23 Büchern positiver als die der gedruckten Ausgabe. Es hängt von vielen Faktoren ab, wie der Energieverbrauch des Geräts und die Anzahl der Bücher, die man darauf liest. Aber letztlich ist es eine persönliche Entscheidung, wie man seine Weisheit konsumiert und welchen ökologischen Fußabdruck man hinterlassen möchte. Daran wird der Planet vermutlich nicht zugrunde gehen.
Es stimmt, dass Wissenschaft und Religion oft als Gegensätze betrachtet werden. Aber ich sage immer, dass beide ihre eigenen Sprachen und Methoden haben, um die Welt zu verstehen. Während Religion oft durch Geschichten und Metaphern spricht, die tief in Kultur verwurzelt sind, verwendet die Wissenschaft (die eigentlich kulturfrei sein sollte; aber Mensch ist Mensch) präzise Sprache und Daten, um Erkenntnisse zu gewinnen. Die Idee, dass Wissenschaft und Religion sich gegenseitig beeinflussen und manchmal sogar umarmen, ist in meinen Augen faszinierend. Es zeigt, dass unser Streben nach Wissen und Verständnis nicht immer klar getrennt ist, sondern dass es Überschneidungen und Wechselwirkungen gibt. Vielleicht ist es gerade diese Vielfalt an Perspektiven, die unsere Welt so reich und komplex macht.
@Podcast 36
Medien, Mythen und Emotionen verstehen hilft wohl tatsächlich weiter. Wenn man das dann vermittelt, ohne zu überfordern und nicht zu sehr zu vereinfachen, dann kann das helfen?
Es sind aber nicht nur die Mythen alleine, die ausgehend vom ewigen Antisemitismus immer wieder neu zusammengebastelt werden.
Dahinter steckt öfter simpler Egoismus mit eher wenig Gemeinsinn. Einmal die großen Konzerne und ganze Staaten, die von den fossilen Energien leben. Aber auch einerseits weniger solvente Bürger, die z.B. ohne den gebrauchten Verbrenner nicht klar kommen können, und anderseits Bürger, die besonders reichhaltig konsumieren, und das für selbstverständlich halten.
Die kursierenden Mythen können dann durchaus gemocht werden, wenn sie denn dem vermeintlichen Eigeninteresse entgegen kommen. Dass hier die Energiewende gar nicht so teuer werden muss, und die Kosten der ungebremsten Klimakrise dann auch allen auf den Wohlstand gehen werden, wird von den Mythologien selbst beiseite geschoben.
Wirkliche Verantwortung auf der Basis eines wirklichen Realitätssinns dürfte hier das eigentliche Thema sein? Und dieses ohne Spiritualität oder Religiosität wirklich zu denken, kann durchaus schwierig sein. Fatalerweise machen manche Evangelikale beim Verheizen der Bewohnbarkeit des Planeten auch noch mit, und sind so aufs Jenseits fixiert, dass das Diesseits womöglich eine Art Auslaufmodell wird, das vom kommenden Himmelreich abgelöst wird.
Mit oder ohne Apokalypse. Das hilft jedenfalls gar nichts. Und dass hier ein wirklich wichtiges Thema mit Unsinn besetzt wird, ist entsprechend echt destruktiv.
Eine sehr lehrreiche Folge. Danke an Sie beide.
Spannend finde ich die Hintergrundinfos zu Top Gun. Der Film gehört zu denen, die mich nicht ansprechen. Aber ich habe überlegt, welche Filme ich mit Mythen zusammenbringen würde und bin auf die Sissi-Filme aus den 50er Jahren gestoßen. Da entstand ein Mythos um Kaiserin Elisabeth von Österreich, der mit der wahren Biographie nichts zu tun hat. Auch die Darstellung von Erzherzogin Sophie oder von Herzog Max in Bayern hält der historischen Überprüfung nicht stand. Für mich begann mit den Filmen das Interesse an Geschichte.
In den 80er Jahren hatte ich die Möglichkeit, einen Vortrag des Landeshistorikers Hansmartin Decker-Hauff zu besuchen. Er vermittelte auf lebendige, humorvolle und leicht verständliche Weise die Lebensgeschichte von Franziska von Hohenheim, Herzogin von Württemberg. Ich fand es so interessant, dass mich das Interesse an württembergischer Landesgeschichte, insbesondere des Hauses Württemberg, nie losgelassen hat. Dies betrifft auch die dunklen Seiten – Antisemitismus, Bauernkrieg. Dass Hansmartin Decker-Hauff historische Unstimmigkeiten nachgewiesen wurden, hat an meinem Interesse nichts geändert. Im Gegenteil: Kunst und Kultur etc. und der Einfluss der Dynastie der Württemberger darauf, bereichern mein Leben.
In die Wirren des Bauernkrieges von 1525 gerieten auch der Maler Jerg Ratgeb und der Bildhauer Tilman Riemenschneider. Der “Herrenberger Altar” von Jerg Ratgeb befindet sich in der Staatsgalerie Stuttgart und die Werke Riemenschneiders z.B. in Würzburg oder Nürnberg uvm.
Vielen Dank für den Link zur Veranstaltung im Hospitalhof in Stuttgart. Ich hoffe, daran gemeinsam mit K2 teilnehmen zu können.
Das wäre schön, @Marie H.! Ich würde mich sehr freuen, Sie beide im RL kennenlernen zu dürfen. ☺️📚🖖