Blume & Ince 35: Humankapital oder Bildung?

Lerne zu diskutieren, ohne zu verlieren.“, so beschreibt Mathieu Coquelin von der Fachstelle Extremismusdistanzierung (fexbw) den Ansatz des dialogischen Kartenspiels Dualismo. Und so dialogisieren auch Prof. Dr. Inan Ince (BWL) und ich interdisziplinär mal über heitere, mal über schwere Themen. In Folge 35 von Blume & Ince (hier Podcast auf Podigee) ging es zwischen unseren Disziplinen in die Tiefe und wurde damit auch etwas länger: Wir diskutierten den Begriff “Humankapital” aus der Wirtschaftswissenschaft (Ökonomie), immerhin “Unwort des Jahres” 2004. Und “Bildung” aus der Religions- und vor allem Mediengeschichte der Menschheit.

Mit dem Buch “We remember – die 86” von Hans-Joachim Lang et al. erinnere ich daran, dass im Namen der Wissenschaft bereits Menschen vergast wurden, um ihre Schädel und weitere Leichenteile für eine anatomische Sammlung verwerten. Und mit dem Kartenspiel “Dualismo” (für das ich die Schirmherrschaft übernommen habe) plädiere ich für den Einsatz von Fantasie und Fiktion, um den feindseligen Dualismus zu überwinden, der in uns allen steckt.

"Lerne zu diskutieren, ohne zu verlieren. Dualismo bringt dich ins Gespräch - nicht in den Streit." Mathieu Coquelin von fexbw mit Foto und Zitat.

Mathieu Coquelin von fexbw: “Lerne zu diskutieren, ohne zu verlieren. Dualismo bringt dich ins Gespräch – nicht in den Streit“. Screenshot mfG: Michael Blume

Inan erklärt, wie die Ökonomie – wie andere Wissenschaften auch – bestimmte Aspekte des Menschen betont, ohne die ganze Person zu reduzieren. Er spricht aber auch die mörderischen “Experimente” des Nazi-Arztes Josef Mengele (1911 – 1979) an. Und er bohrt nach, nach der Rolle der Alphabetschrift für die Bildung und nach der Rolle des Buchdrucks für die Geschichte des Osmanischen Reiches und des Islam.

Wir danken allen, die sich mit uns in diesen Deep Dive der Begriffsarbeit Humankapital & Bildung stürzen!

Und wir grüßen alle, die – wie auch wir mit unseren Familien – heute das Eid-Fest, türkisch Seker Bayram (Zuckerfest) am Ende des Ramadan begehen!

In der nächsten Folge wollen wir dann das neue “Verschwörungsmythen” diskutieren, dessen Erscheinen um einen ganzen Monat vorgezogen wurde!  

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Dr. Michael Blume studierte Religions- und Politikwissenschaft & promovierte über Religion in der Hirn- und Evolutionsforschung. Lehrbeauftragter am KIT Karlsruhe, Wissenschaftsblogger & christlich-islamischer Familienvater, Buchautor, u.a. "Islam in der Krise" (2017), "Warum der Antisemitismus uns alle bedroht" (2019) u.v.m. Hat auch in Krisenregionen manches erlebt und überlebt, seit 2018 Beauftragter der Landesregierung BW gg. Antisemitismus und für jüdisches Leben. Auf "Natur des Glaubens" bloggt er seit vielen Jahren für das Fediversum, Wissenschaft und Demokratie, gegen antisoziale Medien, Verschwörungsmythen und den Niedergang Europas.

24 Kommentare

  1. Alles Gute im Menschen kommt vom Schlechten im Menschen – durch Sublimierung, durch Einordnen in einen bestimmten Kontext, Einfügen in eine bestimmte Welt, in dem es auf eine bestimmte Weise funktioniert. Teile zu untersuchen, ohne das Ganze zu vergessen, ist eine ärztliche Untersuchung, nur Teile außerhalb des Kontextes zu untersuchen, ist Autopsie. Nur in einem dieser Fälle untersucht man etwas, das noch lebt, zusammenpasst und Sinn macht. Also, wenn man die Uhr zerlegt hat, immer wieder zusammensetzen und gucken, ob sie noch tickt.

    Nennen Sie es „Humankapital“, und ich erinnere Sie an die Gefühle und die Menschen, nennen Sie es „Bildung“ und ich nenne es „Dressur“, nennen Sie es menschlich und ich seziere es mit dem Ökonomie-Darwinismus-Skalpell, nennen Sie es gut und ich zeige Ihnen das Böse, nennen Sie es böse und ich zeige Ihnen das Gute. Auch Vierjährige können ihren kindischen Trotz zu etwas (hoffentlich) Konstruktivem sublimieren. Und wenn man schon so kaputt ist, dass man nicht dafür sein kann, ohne dagegen zu sein, hat man wenigstens ein Lenkrad, um Schlangenlinien zu fahren.

    • Nun, @Paul S, Sie können dieses gerne tun…

      “ nennen Sie es „Bildung“ und ich nenne es „Dressur“

      doch zeigen Sie damit nur, dass Sie weder sich selbst noch die Bildung je verstanden haben. Denn die Idee der Bildung, in der babylonischen Diaspora gegen die dortige Mehalothymia formuliert, meint genau das Gegenteil von Dressur. Sie meint – Sinn.

      Ein Kommentierender auf Mastodon machte mich gerade auf das Lied “Humankapital” von Funny van Dannen aufmerksam, der sehr klug besingt: Es ist gerade die Einzigartigkeit jedes Menschen, auf die es gegenüber “Dressur” oder eben “Kapitalisierung” ankommt.

      https://www.youtube.com/watch?v=YpioF1p7p18

      “Warum zählst du all diese Leute auf was hab ich mit denen zu tun?
      fragt der Videokünstler und fährt aufs Dach um sich aus-zu-ruhn
      Eine blonde Verkäuferin lächelt mich an und sie sagt was darfs sein? Bitteschön!
      Und ich frage mich muss man Wurst verkaufen um so frisch auszusehn?
      Und wenn es diese Leute gar nicht gäbe, das wäre für mein Lied egal
      Denn es gibt ja jede Menge Humankapital, Humankapital!

      […]

      Politiker sagen: Wir müssen die Menschen mitnehmen.
      Ja, wohin denn, wohin denn, doch nicht etwa mit nach Haus?
      Das würde ich mir noch einmal gut überlegen,
      denn viele sehen schon sehr mitgenommen aus.

      Und wenn es diese Leute gar nicht gäbe, das wäre für mein Lied egal
      Denn es gibt ja jede Menge Humankapital, Humankapital!”

      Sehr hörens- und bedenkenswert!

  2. Sehr interessanter Beitrag! Danke dafür.

    “Humankapital”. Als ich in den 1980er Jahren bei einem internationalen Unternehmen eine Arbeitsstelle angetreten habe, gab es dort 1 bis 2 mal jährlich eine sog. Betriebsversammlung. Bei jeder solchen Veranstaltung, berichtete die Geschäftsführung über die Geschäftsentwicklung. Als wichtigstes Kapital wurden die Mitarbeiter bezeichnet. Eine große Abteilung war nur damit beschäftigt, ein umfangreiches Angebot an Fortbildungsmaßnahmen bereitzuhalten. Zu den persönlichen Arbeitszielen, die mit dem jeweiligen Vorgesetzten einmal im Jahr schriftlich festgelegt wurden, gehörte auch immer die Planung zur Teilnahme an Kursen.

    Anfang der 90er Jahre änderte sich die Sicht der Unternehmsführung auf den Faktor Mitarbeiter. Nunmehr wurde man nur noch als teurer Kostenfaktor gesehen, was zunächst mal unter der Belegschaft Schockwellen auslöste.

    Dass der Mensch eine Aufgabe haben müsse – im Sinne vor allem einer beruflichen Tätigkeit, die den Menschen auch ernährt – ist richtig. Wo ich allerdings aus persönlicher Sicht mich schwer tue, ist, dass jeder Mensch eine Aufgabe brauche. Welche Aufgabe bleibt Menschen, die aus gesundheitlichen Gründen massiv in ihrer Leistungsfähigkeit eingeschränkt sind? Darauf finde ich keine Antwort.

    Das evangelische (pietistische) Pfarrhaus hat auch zur Verbesserung der Lebensverhältnisse der Bevölkerung beigetragen. Ich zitiere:

    “Hahns Erfindungen hatten Folgen, sie veränderten Land und Leute. Onstmettingen auf der Schwäbischen Alb, ein damals sehr verkehrsungünstig gelegener Ort an der Landesgrenze Altwürttembergs, der wegen des rauen Klimas seine 900 Einwohner nicht ernähren konnte, wandelte sich dank Hahns Erfindungen vom Bauerndorf zum Zentrum der Waagenindustrie: 1914 wurden 80 Prozent aller Eichungen im Deutschen Reich dort vorgenommen und Waagen in alle Welt geliefert…”

    Aus dem Kapitel “Philipp Matthäus Hahn – Tüftler aus Frömmigkeit” aus dem Buch “Das schwäbische Paradies. Geschichten zur Geschichte – Pietismus in Württemberg” von Hans-Dieter Frauer.

    Philipp Matthäus Hahn, 1739 – 1790

    • Vielen lieben Dank, @Marie H.

      Ich denke, wir sehen auch im Wirtschaftsleben immer wieder die Wahrheit von Hans Blumenberg (1920 – 1996): “Enge der Zeit ist die Wurzel des Bösen.” Solange es den Führungsleuten gelingt, in ihren Mitarbeitenden langfristige, zu fördernde Potentiale (“Human Assets”) zu sehen, kann es gemeinsam aufwärts gehen. Obsiegt dann aber die zunehmend kurzfristige Gier, so werden die Mitarbeitenden und Strukturen als “Human Ressources” ausgebeutet, das Unternehmen verliert sich selbst und seine Zukunft.

      Danke auch für den Hinweis auf Philipp Matthäus Hahn (1739 – 1790), der hier auf den Fildern, in meiner Heimatregion noch immer eine große Rolle spielt. Er war das zweite von sechs Kindern einer evangelischen Pfarrfamilie. Vier seiner Söhne (von der 1775 bei der sechsten Geburt verstorbenen Anna Maria Rapp) und eine Tochter mit Beata Regina erreichten wiederum das Erwachsenenalter.

      Im Zuge meiner Arbeiten zu Religion, Demografie und Bildung habe ich mich intensiver mit Rabbiner- und evangelischen Pfarrfamilien befasst, die Befunde sind aber auch schon allgemein verfügbar. Hier eine Zusammenfassung durch Felo.ai:

      ## Einfluss des Kinderreichtums in evangelischen Pfarrhäusern auf die Bildung im deutschen Sprachraum

      Der lange Kinderreichtum in evangelischen Pfarrhäusern hatte einen signifikanten Einfluss auf die Bildung im deutschen Sprachraum. Diese Tradition, die oft mit der Rolle der Pfarrer und ihrer Familien verbunden ist, trug zur Entstehung einer gebildeten Elite und zur Verbreitung von Wissen und Kultur bei.

      ### **Bildungstraditionen im Pfarrhaus**

      1. **Erziehung im Pfarrhaus**: Pfarrerskinder erhielten häufig eine umfassende Bildung, die bereits im frühen Kindesalter begann. Die Väter, die meist gut ausgebildet waren, unterrichteten ihre Kinder oft selbst, bevor diese in die Schule gingen. Dies führte dazu, dass viele Pfarrersöhne und -töchter eine solide Grundbildung erhielten, die sie auf weiterführende Schulen und Universitäten vorbereitete[3][7][8].

      2. **Hochschulbildung**: Viele Pfarrersöhne traten in die Fußstapfen ihrer Väter und studierten an Universitäten. Der Zugang zu Bildung war für sie oft einfacher, da sie in einem Umfeld aufwuchsen, das Bildung schätzte und förderte. Diese Tradition führte dazu, dass eine Vielzahl von bedeutenden Persönlichkeiten aus evangelischen Pfarrhäusern stammte, darunter Dichter, Wissenschaftler und Politiker[7][8].

      ### **Kulturelle und soziale Auswirkungen**

      1. **Entwicklung einer gebildeten Elite**: Der Kinderreichtum in Pfarrhäusern führte dazu, dass viele Kinder in einem Umfeld aufwuchsen, das Bildung und kulturelle Werte hochhielt. Dies trug zur Entstehung einer gebildeten Schicht bei, die in verschiedenen Bereichen der Gesellschaft Einfluss nahm. Über die Hälfte der in wichtigen Biographien aufgeführten Männer hatte ihre Kindheit in einem evangelischen Pfarrhaus verbracht[7][8].

      2. **Vielfalt der Berufe**: Pfarrerskinder fanden sich nicht nur in theologischen Berufen wieder, sondern auch in anderen Bereichen wie Literatur, Musik, Wissenschaft und Politik. Dies zeigt, wie der Bildungshorizont, der in den Pfarrhäusern vermittelt wurde, weit über die religiöse Erziehung hinausging und zur Entwicklung einer breiten kulturellen Landschaft beitrug[7][8].

      ### **Einfluss auf die Gesellschaft**

      1. **Wertevermittlung**: Die Pfarrhäuser waren nicht nur Orte der Bildung, sondern auch der Wertevermittlung. Die Kinder wuchsen in einem Umfeld auf, das christliche Ideale und soziale Verantwortung betonte. Diese Werte prägten nicht nur die Pfarrerskinder, sondern auch die Gemeinden, in denen sie lebten[3][4][11].

      2. **Soziale Mobilität**: Der Zugang zu Bildung ermöglichte es vielen Pfarrerskindern, soziale Barrieren zu überwinden und in höhere gesellschaftliche Schichten aufzusteigen. Dies trug zur sozialen Mobilität und zur Schaffung einer gebildeten Mittelschicht bei, die für die Entwicklung der deutschen Gesellschaft im 19. und 20. Jahrhundert von Bedeutung war[7][8].

      ### **Fazit**

      Der lange Kinderreichtum in evangelischen Pfarrhäusern hatte einen tiefgreifenden Einfluss auf die Bildung im deutschen Sprachraum. Durch die enge Verbindung von Bildung, Werten und sozialer Verantwortung trugen die Pfarrhäuser zur Entstehung einer gebildeten Elite bei, die in vielen Bereichen der Gesellschaft aktiv war. Diese Tradition hat nicht nur die individuelle Bildung der Pfarrerskinder gefördert, sondern auch zur kulturellen und sozialen Entwicklung der gesamten Gesellschaft beigetragen.

      [1] https://www.politische-bildung-brandenburg.de/themen/religion-und-gesellschaft/kurze-geschichte-des-maerkischen-glaubens
      [2] https://www.monumente-online.de/de/ausgaben/2017/2/Evangelische-Pfarrhaeuser-Kulturgeschichte.php
      [3] https://de.wikipedia.org/wiki/Evangelisches_Pfarrhaus
      [4] https://www.hsozkult.de/publicationreview/id/reb-20595
      [5] https://www.ekd.de/evangelische-bildungsarbeit-vernetzt-steuern-und-individuell-70373.htm
      [6] https://www.ekd.de/pfarrhaus_2002.html
      [7] https://www.deutschlandfunk.de/das-evangelische-pfarrhaus-als-kulturschmiede-100.html
      [8] https://www.evangelisch.de/inhalte/89360/22-10-2013
      [9] https://www.degruyter.com/document/doi/10.1515/9783110536447-015/html?lang=en&srsltid=AfmBOoov8OuerI5IX06ztrMpUijefEOP5Z9OFr1KzYiaj0Skg3TmxP_Q
      [10] https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/bildung-religiositaet-kinderreichtum-das-beispiel/
      [11] https://www.wissenschaft.de/geschichte-archaeologie/kulturpraegend-das-evangelische-pfarrhaus/
      [12] https://afg-elkb.de/themen/forum-familie/familien-im-blick/
      [13] https://www.ekbo.de/wirken/bildung
      [14] https://www.ebwwest.de/
      [15] https://www.ekd.de/bildung-14361.htm
      [16] https://www.ekd.de/mit-familien-fuer-familien-77203.htm

    • Liebe Marie H., danke für den Kommentar!
      ich würde fast umgekehrt argumentieren. In meinen Augen braucht jeder Mensch eine Aufgabe, aber nicht jeder Mensch braucht eine berufliche Tätigkeit. Das mag erst mal radikal klingen, aber denken wir an die Menschen, die daheim Angehörige pflegen oder Hausmann-/Frau und Vollzeit-Mutter/-Vater sind. Ich gehe mit meinem Argument aber weiter und beschreibe etwa Menschen, die sich auf ihre Kreativität konzentrieren mit Kunst, YouTube, und was man nicht sonst noch alles heutzutage machen kann. Auch dieser Podcast entsteht unentgeltlich (tatsächlich zahlen wir sogar für ihn). All das (und viel mehr) sind Aufgaben welche einen Menschen erfüllen können, aber oft kein Einkommen sichern.

      Natürlich bin ich kein Experte auf dem Gebiet. Aber Menschen aus den unterschiedlichsten Schichten und körperlichen/geistigen Zuständen können in tiefe, aber auch unterschiedliche Löcher fallen. Insofern denke ich, dass auch schwerbehinderte Menschen Aufgaben haben können, selbst wenn es ‘nur’ darin besteht anderen ihre Geschichte zu mitzuteilen.
      Ein interessantes Beispiel ist etwa Paul Alexander – ein Rechtsanwalt aus Texas, der seit seiner Kindheit aufgrund einer Polioinfektion den Rest seines Lebens in einer eisernen Lunge verbracht hat.
      https://de.wikipedia.org/wiki/Paul_Alexander_(Polio-%C3%9Cberlebender)

      Letztendlich werden Betroffene das sicher besser beantworten können.

      • Vielen Dank für die Antwort.

        Ich finde die Erklärung sehr einleuchtend. Ja, die Fähigkeit Leistung zu erbringen, ist bei jedem Menschen individuell verschieden. Aufgaben, die dem Dasein einen Sinn geben, sind dennoch für fast alle vorhanden.

        Aufgaben können dazu beitragen, Einschränkungen zu mildern.

        Nochmals herzlichen Dank!

  3. Wurde heute unter einem Mastodon-Post zu dieser Folge von Blume & Ince gefragt:

    Was mich heute interessiert:
    Wie sieht es eigentlich in einer #Solarpunk Zukunft mit Religion(en) aus? #Fedikirche

    https://sueden.social/@wederbrotnochwein@kirche.social/114252896935236025

    Habe darauf gerne geantwortet:

    Habe mich im #Interview zu erneuerbaren #Friedensenergien dazu geäußert: “Religion kann immer beides sein. Sie kann uns sagen: Jeder Mensch ist im Bilde Gottes geschaffen und hat eine menschliche Würde. […] Auf der anderen Seite lässt sich aber mit Religion auch ein autoritäres Denken begründen: […] Selbst der Herrscher von Aserbaidschan sagte neulich bei der Klimakonferenz, das Öl sei ein Geschenk Gottes.” #Solarpunk hilft biblischem #Glauben.

    Mit Link zum Interview hier:

    https://energiewinde.orsted.de/koepfe-der-energiewende/michael-blume-antisemitismus-ressourcenfluch-oel-gas-konflikte-interview

    Danke allen für das Interesse und die vielen, guten Dialoge! 🙂

    • #Solarpunk hilft biblischem Glauben

      Religion und Glauben sind nach meinem Verständnis nicht das gleiche.

      Religion verbindet mich mit den Angehörigen meiner Kirche. Wir teilen das Glaubensbekenntnis, die Feste etc.

      Glaube ist mE etwas persönlicher. Ich darf Gottes Wort glauben und befolge die Gebote, so gut wie mir das möglich ist.

      Religion wurde durch die Mächtigen zu allen Zeiten missbraucht. Trotzdem wurde der jeweilige Glaube nicht zerstört.

      Deshalb würde ich davon ausgehen, dass auch religiöse Menschen dem Solarpunk sogar eher zuneigen würden.

      30.03., 13.01 Uhr

      Vielen Dank für die Antwort und die Zusammenstellung der KI.

      Es ist schon erstaunlich, wie viele berühmte Menschen aus Pfarrhäusern stammen. Da finden sich Namen, die das kulturelle, geistige, politische etc. Leben hier im Südwesten mitgeprägt haben.

      Familien wie die Köstlins zum Beispiel oder der aus Schorndorf stammende Karl Friedrich Reinhard, den Talleyrand “Das Geschenk Tübingens an Frankreich” nannte.

      Auch der Großvater von Karl Gustav Vollmöller war Pfarrer. Zitat: “Die Vollmöllers, als Nachkommen evangelisch, pietistischer Pfarrer…”
      Aus: Frederik D. Tunnat, “Karl Vollmoeller – Dichter und Kulturmanager”

      Ich meine, dass insbesondere die einzigartige Stellung der Universität Tübingen beim Theologiestudium eine große Rolle spielte.

      Die auf ganz andere Schwerpunkte setzende Karlsschule in Stuttgart wurde von der Tübinger Uni durchaus misstrauisch beäugt. Zu denen, die dort studiert haben, gehört u.a. der französische Naturforscher Georges Cuvier.

      Die Herkunft aus einem Pfarrhaus konnte aber auch ein Hemmschuh sein. Die Mutter der Opernsängerin Sigrid Onégin (1889-1943) war eine Pfarrerstochter, die sehr lange gegen eine künstlerische Laufbahn ihrer Tochter war.

      • Vielen lieben Dank, @Marie H. – und ich stimme Ihnen da inhaltlich voll zu!

        Religion begegnet uns als kulturell und gemeinschaftlich tradierte Form und wird selten völlig mit unseren inneren Glaubensüberzeugungen übereinstimmen können. Deswegen prägen alle freiheitlich-dialogischen Kirchen und Religionsgemeinschaften auch immer unterschiedliche, etwa liberale und konservative Flügel aus. Wir Menschen nehmen selbst identische Symbole, Rituale und Predigten jeweils individuell unterschiedlich wahr.

        Von der Perspektive der Religionswissenschaft, Evolutionsforschung und Religionsdemografie sind selbstverständlich die Kooperationen und Gemeinschaftsbildungen besonders interessant, die sich dennoch entfalten:

        https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/quarks-co-glauben-wissen-evolution/

        Aber es ist mir wichtig, auch Ihnen gegenüber zu betonen, dass ich dabei die individuelle Perspektiven nicht weg-reduziere. Vielmehr fasziniert mich als evolutionären Emergentisten, wie aus dem Mit-, Neben- und Gegeneinander von Individuen auch religiöse Gemeinschaften entstehen. Dazu habe ich mich auch lange mit dem bekennenden Atheisten und Wissenschafts-Rapper Baba Brinkman ausgetauscht, der hier einen Auftritt hatte:

        https://www.youtube.com/watch?v=PxBHPijw_Zg

        Vielfalt und also Variabilität halte ich für einen unverzichtbaren Startpunkt jedes Dialoges und jedes evolutionären Prozesses.

  4. Michael Blume
    30.03.2025, 23:23 Uhr

    Habe mich im #Interview zu erneuerbaren #Friedensenergien dazu geäußert: “Religion kann immer beides sein. Sie kann uns sagen: Jeder Mensch ist im Bilde Gottes geschaffen und hat eine menschliche Würde. […] Auf der anderen Seite lässt sich aber mit Religion auch ein autoritäres Denken begründen: […] Selbst der Herrscher von Aserbaidschan sagte neulich bei der Klimakonferenz, das Öl sei ein Geschenk Gottes.” #Solarpunk hilft biblischem #Glauben.

    Damit katapultierst Du aber Religion als Grund für ethisch richtiges Handeln raus.
    Denn letzten Endes heißt das : Ich trete mit meinen ethischen Sichten an die Religion heran und “klöppel´ mir die zurecht”.
    Nicht das ich das nicht unterschreiben würde. Das läuft ja im Grunde mit der Sicht konform, das die Aussage “Atheisten sind amoralisch”, sozusagen wertetechnisch schwerbehindert, ziemlicher Unsinn ist. Die Phrase „Deus vult“, populär ja während der Kreuzzüge, sollte sich in meinen Augen wirklich mal erledigen.
    Mal ganz platt: Zuerst kommt der Wunsch und die Vorstellung Umwelt zu erhalten, danach die religiöse Begründung. Und dann die Demo …
    Nicht das ich das schlimm finde: Ich finde das immer tröstlich wenn ich mich links mit einem “Spaten von der CDU” und rechts mit einem “religiösen Spinner” (links und rechts folgen hier keinem Parteienschema 😉 ) zusammenfinden kann obwohl wir dann alle drei bestimmte nicht so grundlegende Ansichten des Anderen für ziemlich bescheuert halten.
    Das zeigt, das wir als Menschen doch nicht ganz im Eimer sind. Finde ich.

    • Danke, @Uli Schoppe, aber nein: Ich „klöppel mir die Religion nicht zurecht“, sondern setze direkt an der Lebensrealität von Jesus bzw. Rabbi Jehoschua an: Geborene „Laien“, die mit ihren Berufen ihr eigenes Geld verdienten, damit fest im Leben auch ihrer Mitmenschen standen und somit wirtschaftliche und geistige Freiheiten verbanden. Es fasziniert mich sowohl als Wissenschaftler wie auch als Christ, wie oft Jesus über Geld, Münzen und Wirtschaft sprach.

      Wusstest du, dass gerade auch Rabbiner sehr lange stolz auf ihre Berufe waren und es ablehnten, sich für Lehr- und Predigttätigkeiten bezahlen zu lassen?

      Eine Solarpunk-Energiedemokratie würde es immer mehr Menschen quer durch alle Religionen und Weltanschauungen ermöglichen, an diesem dialogischen Monismus anzuknüpfen.

      Bei vertieftem Interesse hätte ich hier einen Blogpost dazu, sogar mit dem noachidischen Regenbogen! 🌈

      https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/dualitaet-statt-dualismus-rabbi-jesus-und-der-moses-noah-bund/

      Mit Dank für den Druko und den besten Wünschen für einen guten Start in die Woche! 🤓📚💡🙌

  5. Schon Heraklit wusste es, Hegel entwickelte darauf seine Dialektik und Martin Walser formulierte: Nichts ist ohne sein Gegenteil.
    Es stellt sich also die Frage, inwieweit sich diese Gegensätze neurodivers auch in der Psyche verankern?
    Warum ist jemand Gutmensch und der andere ein Autokrat/Totalitärer?
    Warum und wie gewinnen die jeweiligen Charaktäre Erkenntnis und Einsicht in ihren jeweiligen Mesokosmen?
    Was lässt sie handeln oder Unterlassen?
    Das dürfte die Grundlage für Bildung und Dialog sein, für Dualismus und Di-alog.
    Eine Übereinstimmung der Ko’s zu bekommen wie Konkurrenz und Kooperation, Konflikt oder Kompromiss.

  6. Ich war mal dafür verantwortlich, Menschen in das Berufsleben zu begleiten.
    Dabei ist mir eine Frage eines Menschen präsent geblieben: Du bist der Bestimmer?
    Es ging nicht um die ökonomischen Begriffe wie Führung oder Leitung, sondern um Stimme. Stimmung, Mitbestimmumg, Ausdruck, Beteiligung, Abstimmung.

    Inwieweit stehen diese Begriffe zu den Di’s und Ko’s? Inwieweit steht Stimme zum Dualismus und somit zur Neurodiversität?

    Hop…

  7. Ziehe ich ein Fazit aus meinem bisherigen Leben, dann dreht sich im Grunde alles um vier Begriffe und deren Ableitungen:
    Geld, Gewissen, Stimme, Kontrolle.
    Möglicherweise zentrale Bildungsinteressen?

    • Lieben Dank, @Mussi

      Gerade auch aufgrund meines Respekts vor Ihnen fürchte ich, dass Sie zu schnell Verantwortung externalisieren und sich selbst als Opfer “zentraler Bildungsinteressen” inszenieren. Denn für welche Bildung Sie sich interessieren, das entscheiden doch Sie selbst. Und es liegt auch in Ihrer Macht und also Verantwortung, weniger “Sofa” und “Whisky”, dafür mehr Dialog und Wissenschaft zu wagen. Indem Sie sich selbst ändern, wirken Sie wiederum auf die Strukturen ein, deren derzeitige Zustände Sie zu Recht beklagen.

      Niemand kann alles, aber alle können etwas tun. Alle, also auch: Sie.

      Ihnen einen guten Start in die Woche! 🙌

  8. Guten Tag, @Michael Blume und @Inan Ince.

    Wieder einmal habe ich von Anfang bis Ende neugierig und gespannt zugehört und in jeder Minute dazu gelernt. Vielen Dank für diese wunderbare Folge von B&I!

    Beim Zusehen sind mir viele Gedanken gekommen, und ich bin – wie so oft – bei Karl Popper gelandet. Ich möchte einen weiteren Begriff einwerfen.

    Laut Wikipedia ist Historizismus „ein Begriff für Ansätze der Geschichtsphilosophie, nach der historische Vorgänge von sozialwissenschaftlichen Gesetzmäßigkeiten klar bestimmt und vorhersagbar sind“.

    Diese Sichtweise kann dazu führen, dass individuelle Schicksale und menschliche Würde in den Hintergrund treten, da die Gesellschaft als ein System betrachtet wird, das von wirtschaftlichen oder sozialen Faktoren gesteuert wird. Dies entspricht der naturwissenschaftlichen Perspektive des 18. Jahrhunderts, als man die Welt als deterministisches Uhrwerk sah, in dem jedes Zahnrad seine festgelegte Aufgabe erfüllt.

    Ich würde gerne verstehen, wie sich eine historizistische Sicht mit den Begriffen „Humankapital“ und „Bildung“ vereinbaren lässt.

    „Humankapital“ reduziert den Menschen – im Extrem – auf einen Faktor im wirtschaftlichen Prozess. Wie Du, @Michael, beeindruckend erklärt hast, kann das in extremen Fällen zu schrecklichen Auswüchsen führen, wie etwa der Ermordung von Menschen für wissenschaftliche Experimente.

    (Die Max-Planck-Gesellschaft – früher Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft – war ebenfalls in ähnliche Verbrechen verstrickt und hat dieses dunkle Kapitel ihrer Geschichte ab dem Ende der 1990er Jahre aufgearbeitet.)

    Bildung hingegen betont die Würde des Menschen – jeder ist „im Bilde Gottes geschaffen“.

    Karl Popper beschäftigte sich mit Historizismus und verband diese Denkweise sowohl mit Kommunismus als auch mit Faschismus. In „Die offene Gesellschaft“ unterscheidet er zwischen der „Sozialtechnik der kleinen Schritte“, die die menschliche Perspektive betont und gesellschaftliche Entwicklung iterativ sieht, und der „utopischen Sozialtechnik“, die gesellschaftliche Entwicklung als planbar betrachtet – oft „über die Köpfe der Menschen hinweg“. Das steht in „Die offene Gesellschaft und ihre Feinde“ (Mohr Siebeck, 2003, S. 188f).

    Ich zitiere:

    „… die ich die Sozialtechnik der kleinen Schritte nenne… Ein Politiker, der sich diese Methode zu eigen macht, mag eine Skizze einer Gesellschaftsordnung vor Augen haben; er mag hoffen, dass die Menschheit eines Tages einen idealen Staat verwirklichen und Glück und Vollkommenheit auf Erden erreichen wird. Aber er wird auf jeden Fall einsehen, dass sich die Vollkommenheit, wenn sie sich überhaupt erreichen lässt, in weiter Ferne befindet, und dass jede Generation von Menschen, also auch die jetzt lebende, ihre berechtigten Ansprüche hat…“ („jede“ im Text kursiv und hevor gehoben)

    „Im Gegensatz dazu erfordert der utopische Versuch, einen Idealstaat aufgrund eines Entwurfes einer völlig neuen Gesellschaftsordnung zu verwirklichen, eine strenge zentralisierte Herrschaft einiger weniger; und erführt deshalb in aller Wahrscheinlichkeit zu einer Diktatur.“

    Meine These ist, dass man das, was derzeit in den USA passiert, im Kontext des Historizismus verstehen kann. Begriffe wie „Humankapital“ und „Bildung“ bekommen dabei ein neues Gewicht. Elon Musk etwa vertritt eine extreme Form von „Humankapital“ (in seinen Unternehmen werden Menschen wie Dreck behandelt), und seine Anhängerschaft des Longtermism sieht die Zukunft als berechenbar und das individuelle Schicksal als weniger wichtig.
    Darüber hast Du ja auch schon geschrieben, @Michael.
    Longtermism ist für mich ein Extrem der „utopischen Sozialtechnik“.

    Wen wundert es, dass in der sich abzeichnenden MAGA-USA Bildung als einer der Hauptfeinde gilt?

    Ich finde, wenn man derzeit in „Die offene Gesellschaft“ liest, gefriert einem das Blut in den Adern, denn vieles, was gerade passiert, ist dort vorweggenommen.

  9. @Blume: “… wie es der junge Popper als Kommunist in Wien noch selbst erlebte.”

    Man ist erst ein wirklich-wahrhaftiger Kommunist, wenn die Masse der Menschen den Sozialismus in Reiner Vernunft und Verantwortungsbewusstsein menschenwürdig kultiviert hat.

    Der “Sozialismus” den die ewig gestrigen Kolonialisten mittels wettbewerbsbedingten Kapital zum “Kommunismus” des Verhältnisses 1:5 (Wohlstand : Tittytainment) globalisieren wollten, ist nur den Dreck des ignorant-arroganten Zynismus wert.
    👋😇

    • Nun ja, @hto – es ist ja klar, dass ein fanatischer Linksdualist wie Sie nicht bereit ist, die eigene Kommunismus-“Offenbarung” durch historische Tatsachen hinterfragen zu lassen. Wenn Typen wie Sie jemals wieder Macht bekämen, so würden Sie für Ihren Historizismus erneut andere Menschen opfern. Derzeit begnügen Sie sich ja mit einem wirren Glauben an eine baldige, gnostische Apokalypse.

      Der Erkenntnistheoretiker Karl Popper (1902 – 1994) schrieb dagegen in seiner Autobiografie “Ausgangspunkte. Meine intellektuelle Entwicklung”, Piper 1978 / 2018, S. 40 im Rückblick auf den 15. Juni 1919:

      “Was mich vom Kommunismus abbrachte und was mich auch bald vom Marxismus überhaupt wegführen sollte, gehört zu den wichtigsten Ereignissen meines Lebens. Es war kurz vor meinem siebzehnten Geburtstag. Während einer Demonstration machten junge, unbewaffnete Sozialisten, angespornt von den Kommunisten, den Versuch, einige Kommunisten zu befreien, die in der Wiener Polizeidirektion unter Arrest waren. Mehrere junge sozialistische und kommunistische Arbeiter wurden erschossen.

      Ich war erschüttert: entsetzt über das Vorgehen der Polizei, aber auch empört über mich selbst. Denn es wurde mir klar, daß ich als Marxist einen Teil der Verantwortung für die Tragödie trug – wenigstens im Prinzip. Die marxistische Theorie verlangte die dauernde Verschärfung des Klassenkampfes, damit das Kommen des Sozialismus beschleunigt werde. Ein Marxist wußte wohl, daß die soziale Revolution schreckliche Opfer fordern wird.”

      Karl Poppers dialogische Integrität und Selbstreflektion beeindrucken mich bis heute. Nicht zufällig wurde er zu einem hellsichtigen Gegner des deutschen Nationalsozialismus und schrieb auf der Flucht in Neuseeland gemeinsam mit seiner Frau “das” Werk des Liberalismus und der Erkenntnistheorie des 20. Jahrhunderts: “Die offene Gesellschaft und ihre Feinde”. Popper beendet damit die viel zu lange Vorherrschaft des induktiven Denkens und leitete das Zeitalter der Falsifikation ein:

      https://www.youtube.com/watch?v=pk7ih1sgUCw

      Ihr dualistisches Getrolle und Gehetze beeindrucken mich dagegen kein bißchen, @hto. Ich nehme es aber gerne hin und wieder als Anlass, um über die Gefahren des Historizismus und feindseligen Dualismus aufzuklären. 🙂

  10. Du bist wirklich nur ein Bauers-Enkel, der sich den schaurigen Zustand der Welt zu Nutze machen kann, um seine Jauche der sonstigen Unfähigkeit über die Menschen zu giessen und die auch noch danke sagen.
    👋😇

    • Ja, @hto – ich bin ein Enkel von Bauersleuten und ein Arbeiterkind. Und auf beides bin ich als dialogischer Monist, Christ & Demokrat sehr stolz. 🙂

      So durfte ich mich heute Mittag bereits auch im Mastodon-Fediversum freuen:

      Nun ist es also Wirklichkeit geworden: Weil es zu meiner Neuauflage von “Verschwörungsmythen” mit Schwerpunkt Elon #Musk und #KI sowie #Fossilismus rege Vorbestellungen gab, wurde der Druck um einen ganzen Monat vorgezogen. Ab heute ist das neue #Verschwörungsmythen lieferbar! 🙏📚💟

      https://sueden.social/@BlumeEvolution/114256610330490448

      Haten und trollen Sie gerne weiter, da sind Sie nicht der Einzige. Und solange ich den Dualismus von rinks und lechts erlebe, fühle ich mich in der dialogischen Mitte wohl. 🙂

  11. @Podcast Nr 35

    Mehr Bildung und Lebensphilosophie, dafür dann weniger Ausbildung und Arbeit erscheint mir rundum als erstrebenswert. Das geht dann einher mit weniger unsinnigem Konsum, mehr Mitweltverantwortung und am Ende auch mit weniger Karriereorientierung.

    Was dann auch wieder sogar Luft macht für mehr Kinderreichtum?

    Klar haben wir dennoch die Baustelle mit den unmotivierten Arbeitslosen. Arbeit sollte sich immer lohnen, das Geld vom Amt sollte deutlich weniger sein, als was man mit Arbeit verdienen kann. Aber ist es denn hier nicht der eigentliche Skandal, dass wir einen so ausgeprägten Niedriglohnsektor haben?

    Solange man weiter immer noch mehr Migranten ins Land lässt, wird sich das jetzt so schnell nicht bessern. Die meisten von denen können nun mal zunächst nur im Niedriglohnsektor arbeiten. Wenigstens könnte man allerdings die Zuverdienst- und Aufstockerregeln vereinfachen und eben mit der sorgfältigen Gestaltung von Steuern und Abgaben dafür sorgen, das sich Arbeit immer lohnt. Man muss hier nicht denen noch mehr Schwierigkeiten machen, die wirklich arbeitsunfähig sind. Die haben schon durchaus Schwierigkeiten genug.

    Der geplante Mindestlohn von 15 Euro ist dabei sicher hilfreich, jetzt müsste der aber auch in der Praxis durchgesetzt werden. Regelungen gegen den Markt sind nun mal meistens schwierig umzusetzen.

    So oder so, wer alleine Kinder erzieht oder die eigenen Eltern pflegt, der kann nicht mehr Vollzeit arbeiten. Und die meisten Künstler auch nicht. Hier ist die Kunst selten wirtschaftlich so gut verwertbar, dass man davon leben könnte. Wenn hier der Künstler mit Teilzeitjobs zurecht kommen kann, dann wird eben auch die Kunst dennoch möglich.

    Was wir brauchen, das sind unkomplizierte Regeln, die niedrige Einkommen so ergänzen, dass man auch damit gut leben kann.

    Dafür kann man dann am anderen Ende des Einkommensspektrums mehr einnehmen. Vermögens-, Erbschafts- und Kapitalertragssteuern sind aktuell wirklich niedrig. Und wer über die Beitragsbemessungsgrenze für die Kranken- und Pflegeversicherung hinaus ist, dem gehts auch gleich wirklich besser.

    Was beim Bürgergeld vielleicht im Übermaß gewährt wird, das ist die komplette Übernahme von Miete, Nebenkosten und Heizkosten. Viele könnten hier durchaus dran sparen, mit einer wirklich kleinen Wohnung und sparsamer Heizungsnutzung. Man könnte sich dass so gesparte Geld teilen, einen Teil davon bekommt der Bürger, der Staat spart selber auch.

    Und nebenbei entschärft das noch die Wohnungsnot und reduziert Treibhausgase. Letzteres nicht nur direkt wegen weniger Heizung, auch wegen dann weniger Neubaubedarf.

    • Vielen Dank, lieber @Tobias 🙏

      Du schriebst mir aus dem Herzen:

      “Mehr Bildung und Lebensphilosophie, dafür dann weniger Ausbildung und Arbeit erscheint mir rundum als erstrebenswert. Das geht dann einher mit weniger unsinnigem Konsum, mehr Mitweltverantwortung und am Ende auch mit weniger Karriereorientierung.

      Was dann auch wieder sogar Luft macht für mehr Kinderreichtum?”

      Vorhin erhielt ich per Post das erste Druckexemplar meines neuen Buches “Verschwörungsmythen” (2025).

      Darin heißt es auf S. 49: “Zeit schafft Raum für Vernunft.”

      Es ist dies eine direkte Antwort auf die Beobachtung des Holocaust-Überlebenden und späteren Philosophie-Professors Hans Blumenberg (1920 – 1996): “Enge der Zeit ist die Wurzel des Bösen.” (S. 48)

      Denn was “mehr Bildung und Lebensphilosophie” mit “weniger unsinnigem Konsum” und “auch mit weniger Karriereorientierung” gemeinsam haben, ist doch genau das: Wir sollten wieder lernen, uns nicht dauernd hetzen und manipulieren zu lassen, sondern uns wieder Zeit nehmen für die wichtigen Dinge: Für Bildung und Dialoge, Beziehungen und Familien.

      Danke Dir fürs konstruktive Mitdenken und dialogische Mitwirken, lieber @Tobias !

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