Blume & Ince 32: Der Male Flight, männliche Rückzug aus Bildungs- und Berufswegen

Ein ganz interessantes und nur interdisziplinär zu verstehendes Phänomen tritt besonders sichtbar in den USA auf und wird dort Male Flight, deutsch männliche Flucht genannt: Aus immer universitären Studienfächern und zunehmend auch generell aus Universitäten ziehen sich junge Männer zurück. Die klassischen Beispiele dafür sind die Tiermedizin und die Grundschul-Lehrämter, die früher dominant männlich waren und heute vor allem von Studentinnen geprägt werden. Bei Prof. Dr. Inan Ince ist das Phänomen in verschiedenen Zweigen der Wirtschaftswissenschaft deutlich zu beobachten, ebenso bei mir in den KIT-Seminaren zu Medienethik.

Screenshot einer Gamma-KI-Präsentation zum Male Flight, männliche Flucht-Phänomen. Definiert wird es als "Männer verlassen ein Berufsfeld, wenn es von Frauen dominiert wird". Als Beispiele genannt wird der Bildungsbereich, in dem Männer die Grundschule fast völlig und die Sekundarstufe weitgehend verlassen hätten, nur noch an den Hochschulen "ausgewogen" präsent wären. Mit Link zum Original

Mit der Gamma.app-KI habe ich eine kleine Präsentation zum Male Flight – Männerflucht – Phänomen gebaut und den kleinen Grafik-Botshit dabei medienethisch bewusst nicht entfernt. Screenshot: Michael Blume

Die klassische, leider noch immer vorherrschende Homo oeconomicus-Erklärung geht davon aus, dass Männer ihre Einkommen erhöhen wollten und also gezielt Bildungs- und Karrierewege wählen würden, um schnell viel Geld zu verdienen. Aber sie kann nicht einmal erklären, warum nur Männer diese Kalkulation vornehmen sollten und warum auch etwa der Reitsport vom “Male Flight” betroffen ist. Motorradfahrer “verdienen” ja nicht besser als Reiter, dennoch wird das Motorradfahren bis heute männlich dominiert, das Freizeitreiten aber weiblich. Letztlich scheint hinter diesen alten Erklärmustern noch immer das Vorurteil auf, Männer wären eben näher am Logos, der höheren Vernunft.

Entsprechend führte eine ökonomisch argumentierende Folge des Freakonomics-Podcast zu einem viel beachteten Einspruch von Celeste Davis auf Substack.

Eine zweite, populäre Erklärung behauptet eine Diskriminierung von Jungen in den Schulen, in denen die braveren Mädchen inzwischen besser gefördert würden, wogegen die von Natur aus lebhafteren Jungs immer öfter scheitern würden. Allerdings kann auch diese These nicht erklären, warum sich denn zunächst Männer aus den Erzieher- und Lehrberufen zurückgezogen und die Jungen zunehmend weiblich geprägten Bildungsstrukturen “überlassen” haben. Auch hier gilt: Wer die komplexen Verhaltensmuster der Geschlechter wissenschaftlich verstehen will, muss sich mit dualistischen Schuldzuweisungen je an Frauen oder Männer sehr zurückhalten.

Schaubild zur Unterscheidung von feindseligem Dualismus und dialogischer Dualität mit Darstellung des "pathologischen Dualismus" nach Rabbi Jonathan Sacks.Grafische Darstellung von feindseligem Dualismus versus dialogischer Dualität nach einem NdG-Blogpost. Michael Blume mit Gamma.app

Die evolutionspsychologische Erklärung, der ich zuneige, verweist dagegen auf die Parental Investment-Theory, wie sie ursprünglich von Antoinette Brown Blackwell (1825 – 1921) formuliert wurde. Demnach besteht eine besondere Bedeutung von Reputation, Status, Thymos gerade auch für Jugendliche und junge Männer, die auch heute noch sehr genau beobachten, welche Bildungs- und Berufswege mit Einkommen, Statusgewinnen und damit Beziehungschancen bei möglichen Partnerinnen verbunden werden. An dieser Stelle greifen auch verschwörungsmythologische Krypto-Finfluencer wie Hoss & Hopf mit Kunden- und Heldenreise-Medienangeboten zu.

Wer behauptet, ein junger Mann mit niedrigem Status und schlechten Karriereoptionen habe bei jungen Frauen die gleichen Chancen wie einer mit hohem Status und starken Karrierechancen, macht nach meiner wissenschaftlichen und biografischen Beobachtung nicht nur sich selbst etwas vor. Auch hier gilt m.E. über den individualistischen Konstruktivismus hinaus: Das Verhalten sowohl männlicher wie weiblicher Personen wird in Wechselwirkungen inszeniert. Junge Menschen verhalten sich meist sehr viel komplexer und zugleich realistischer als jedes reduktionistische und dualistische Modell. Reales, menschliches Verhalten ist biokulturell emergent.

Und weil Diskussionen mit Inan Ince niemals langweilig sind, streifen wir auch die oft fiesen Abwertungen gegen Bundeskanzlerin a.D. Dr. Angela Merkel und das Aushandeln der Arbeiten im Haushalt.

Die Blume & Ince-Folge 32 findet sich wie immer hier bei Podigee mit Shownotes, bei allen anderen, gängigen Podcast-Portalen sowie auch auf unserem YouTube-Videokanal. Wir freuen uns auf konstruktive Rückmeldungen und Dialoge!

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Dr. Michael Blume studierte Religions- und Politikwissenschaft & promovierte über Religion in der Hirn- und Evolutionsforschung. Lehrbeauftragter am KIT Karlsruhe, Wissenschaftsblogger & christlich-islamischer Familienvater, Buchautor, u.a. "Islam in der Krise" (2017), "Warum der Antisemitismus uns alle bedroht" (2019) u.v.m. Hat auch in Krisenregionen manches erlebt und überlebt, seit 2018 Beauftragter der Landesregierung BW gg. Antisemitismus und für jüdisches Leben. Auf "Natur des Glaubens" bloggt er seit vielen Jahren für das Fediversum, Wissenschaft und Demokratie, gegen antisoziale Medien, Verschwörungsmythen und den Niedergang Europas.

33 Kommentare

  1. Danke für diese großartige Zusammenfassung! Ich bin auch schon sehr gespannt auf die Rückmeldungen. Es ist gar nicht so einfach über Themen zu sprechen die regelmäßig dieses “Frauen sind so”-, “Männer sind so”-Schema aufgreifen (jenseits der Comedy vielleicht). Aber ich hoffe, wir haben das Phänomen des Male Flight so objektiv wie möglich abbilden können. Auch darum war es mir so wichtig die Quellen darzustellen, auf denen unsere Analysen größtenteils fußen. Im Video werden sie sogar inhaltlich jeweils kurz aufgezeigt.

    Der Homo Oeconomicus – eines meiner Lieblingsthemen 😉 – wird nicht nur bei Lernenden, sondern auch bei Lehrenden in meinen Augen schwer missverstanden. Nein, niemand kann ernsthaft unterstellen, er (oder sie!) sei die Abbildung des idealen Menschen. In der Ökonomik arbeiten wir mit Modellen, die, naturgemäß, die Realität vereinfachen. Um Studierenden der Wirtschaftswissenschaften erklären zu können, warum sich z.B. in einer Volkswirtschaft ein Gleichgewichtspreis einstellt (also niemand niemand teurer produziert um den Gewinn zu maximieren und niemand für mehr Geld einkauft als er muss, um seinen Nutzen zu maximieren), muss der vollständig rational handelnde, nutzenmaximierende (übrigens: nicht Gewinnmaximierende) Mensch definiert werden, welcher festgelegte Präferenzen hat (Planbarkeit) und der alle Informationen dafür hat den er für seine Nutzenmaximierung braucht. Wenn nicht, sucht er diese.
    Ohne dieses Modell könnten wir nicht die rationale Entscheidung treffen lieber weiße Autos zu produzieren statt gelbe, selbst wenn die Unternehmerin gelbe Autos mag, weil sie sonst aufgrund des Wettbewerbs den Markt verlassen müsste (Die Marktforschung zeigt, dass gelbe Autos am seltensten gekauft werden). Und das ist nur die unternehmerische Seite.
    Was leider wenig Aufmerksamkeit bekommt ist die Tatsache, dass, als Nutzenmaximierer, auch soziale Entscheidungen (Spenden, Familie pflegen, etc.) in diesem Modell erklärt werden. Wenn wir als Individuen Nutzen dadurch erfahren, suchen wir auch hier nach dem günstigsten und schnellsten Weg dieses Ziel bestmöglich zu erreichen – alles andere wäre schließlich irrational.
    Aber auch ich war gewissermaßen ‘Opfer’ von Interpretationen seitens Lehrender die eher ein wirtschaftsliberales Weltverständnis haben.
    Das Modell vom Homo Oeconomicus als gewinnmaximierenden (i.S.v. geldmaximierend) und v.a. idealen Menschen zu verstehen wäre genauso unsinnig, wie den S+U-Bahnplan von Stuttgart als topografische Landkarte verwenden zu wollen – am besten noch im Maßstab 1:1. Dafür ist er schlichtweg nicht gedacht.

    Danke auch für den Tipp mit Gamma.app. Jetzt habe ich ein neues Spielzeug gefunden. Gerade wo ich anfange von meiner Wikipedia-Sucht loszukommen, erobert mich die Ersatzdroge KI 🙂

    Ich freue mich, wie immer, auf unsere nächste Folge!

    • Der Dank ist ganz meinerseits, lieber @Inan – es hat wieder sehr viel Freude gemacht! 🙏

      Habe oben den Link zu unserer allerersten Podcast-Folge von Blume & Ince eingefügt, in dem wir bereits den so wichtigen Unterschied zwischen dem Homo oeconomicus als theoretischem Modell einerseits und als falscher Norm andererseits diskutiert haben. Dass ausgerechnet der verhaltenspsychologisch orientierte Freakonomics-Podcast bei der US-Diskussion des „Male Flight Phenomenon“ noch einmal dahinter zurückfiel, löste ja Protest und indirekt auch unseren Dialog dazu aus.

      Und, ja, die medialen Debatten auch in Deutschland 🇩🇪🇪🇺 sind inzwischen derart polarisiert, dass selbst bei Verhaltensmustern zur Bildung schnell Schuldige gesucht werden. Dann seien entweder Jungs von Natur aus unterbegabt oder würden nun von Frauen systematisch diskriminiert. Dass wir von solchen simplen Konstruktivismen hin zu einem Verständnis von Wechselwirkungen, von Performativität kommen sollten, hast Du mir durch die Erstellung des KI-Songs „Performativität“ aufgezeigt:

      https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/songtext-performativitaet-von-inan-ince-nach-text-von-michael-blume/

      Für mich war das ein Schlüsselmoment, crossmediale KI-Anwendungen stärker in die Wissenschaftskommunikation einzubringen. Auf die Gamma.app wurde ich dann durch eine hervorragende Präsentation von Jörg Lohrer zu meinem KIT-Reader „Digitale Aufmerksamkeitsökonomie“ aufmerksam, hier:

      https://digitale-aufmerksamkeits-azj7xxt.gamma.site/

      Du bleibst mir mit Deiner KI-Experimentierfreude ein großes Vorbild und irgendwann müssen wir einmal über Deine faszinierenden Erfahrungen mit der chinesischen DeepSeek-KI sprechen! 🤖🤓

      Selbstverständlich bist Du immer gerne eingeladen, hier Texte, Grafiken oder auch Videos zu präsentieren, sei es via Druko oder auch (Gast-)Blogpost. Gib mir gerne Bescheid, wenn Du etwas Medienbildung-Interessantes und Dialogisches für NdG hast! 😄🤖🙌

      Nun bin ich gespannt, ob sich auch andere einbringen und freue mich über die Fortsetzung unseres lebendigen und mitten in Württemberg humorvollen (!), interdisziplinären Dialoges. Noch im Februar wollen wir ja eine Folge rund um die Wirtschaftspolitik von Donald Trump machen. Bin schon voller Vorfreude und gespannt! 😊📚🙌

    • @Inan Ince

      “Ohne dieses Modell könnten wir nicht die rationale Entscheidung treffen lieber weiße Autos zu produzieren statt gelbe, selbst wenn die Unternehmerin gelbe Autos mag,”

      Das klingt ehrlich gesagt, als würde man newtonsche Mechanik brauchen, um einen Stein zu werfen. Ein mathematisches Entscheidungsmodell brauch ich für Berechnungen, aber nicht für eine alltägliche Entscheidung, dafür reicht der oft falsch verstandene gesunde Menschenverstand. Diese Einsicht kann aber auch klarer machen, dass Modellierung an Alltagsentscheidungen ansetzen, diese ggf. verfeinern oder systematisieren. sie ersetzen Alltagsentscheidungen aber nicht.

  2. Auf Mastodon wird darauf hingewiesen, dass es doch auch hoffnungsvolle Trends gebe – vielleicht noch selten in Studienfächern, aber in Ausbildungsberufen der Krankenpflege und Kindergärten. Gerade auch Männer mit Migrationsgeschichte würden die damit verbundenen “Jobgarantie” schätzen. Und ich würde ergänzen: In vielen Kulturen hat der “Male Flight” aus den Pflege-, Erziehungs- und Lehrberufen noch gar nicht stattgefunden, was ja auch eine Chance für uns alle sein kann.

    Habe uns von Felo.ai mal dazu ein paar Daten zusammenstellen lassen:

    Die Anfrage bezieht sich auf die Entwicklung des Anteils männlicher und weiblicher Beschäftigter in Deutschland in den Bereichen **Krankenpflege** und **Kindergärten** seit den 1960er Jahren. Die verfügbaren Daten aus den Suchergebnissen decken jedoch nicht alle Jahrzehnte ab und sind teilweise auf die letzten Jahre beschränkt. Nachfolgend eine Zusammenfassung der verfügbaren Informationen:

    ## **Krankenpflege**

    Die Krankenpflege war traditionell eine Frauendomäne, doch der Anteil männlicher Pflegekräfte hat in den letzten Jahrzehnten zugenommen:

    – **1960er Jahre**: Keine spezifischen Daten verfügbar, aber die Krankenpflege galt damals fast ausschließlich als weiblich geprägt.
    – **1990er Jahre**: Erste statistische Erhebungen zeigen, dass der Männeranteil in der Pflege sehr gering war. Beispielsweise lag der Anteil männlicher Pflegekräfte 1999 bei unter 10 % [14].
    – **2010er Jahre**: Der Männeranteil stieg langsam an. Im Jahr 2014 lag er beispielsweise bei 12,9 % im Robert-Bosch-Krankenhaus in Stuttgart [11].
    – **2020er Jahre**: Der Anteil männlicher Pflegekräfte nimmt weiter zu. Zwischen 2019 und 2049 wird ein Anstieg der männlichen Pflegekräfte um 30 % prognostiziert, insbesondere in jüngeren Altersgruppen [6]. Dennoch bleibt der Beruf weiterhin weiblich dominiert.

    Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Männeranteil in der Krankenpflege über die Jahrzehnte gestiegen ist, jedoch weiterhin deutlich unter dem Frauenanteil liegt.

    ## **Kindergärten**

    Auch in Kindergärten war der Beruf traditionell weiblich dominiert. In den letzten Jahrzehnten hat sich der Anteil männlicher Beschäftigter jedoch ebenfalls erhöht:

    – **1960er Jahre**: Keine spezifischen Daten verfügbar, aber die Arbeit in Kindergärten wurde fast ausschließlich von Frauen ausgeführt [30].
    – **2012**: Der Männeranteil am pädagogischen Personal in Kindertageseinrichtungen lag bei 4,1 % [8][21].
    – **2022**: Der Männeranteil hat sich auf 7,9 % fast verdoppelt [8][21][23].
    – **2023**: In Berlin und Hamburg war der Männeranteil mit 12,5 % am höchsten, während er in anderen Regionen niedriger blieb [12].

    Die Daten zeigen, dass der Männeranteil in Kindergärten zwar gestiegen ist, aber weiterhin eine Minderheit darstellt. Frauen machen nach wie vor den Großteil des Personals aus (ca. 93 % im Jahr 2022) [28].

    ## **Fazit**

    Sowohl in der Krankenpflege als auch in Kindergärten ist der Anteil männlicher Beschäftigter über die Jahrzehnte gestiegen, bleibt jedoch weiterhin deutlich hinter dem Frauenanteil zurück. Die Entwicklungen zeigen jedoch eine zunehmende Diversifizierung in beiden Berufsfeldern.

    [1] https://www.dji.de/themen/kinderbetreuung/maennliche-fachkraefte-fuer-die-arbeit-in-kitas-gewinnen.html
    [2] https://www.statistik-bw.de/Service/Veroeff/Monatshefte/20120409
    [3] https://statistik.arbeitsagentur.de/DE/Statischer-Content/Statistiken/Themen-im-Fokus/Berufe/Generische-Publikationen/Altenpflege.pdf?__blob=publicationFile
    [4] https://medwing.com/de/de/magazine/artikel/maenner-in-der-pflege
    [5] https://www.bpb.de/kurz-knapp/zahlen-und-fakten/soziale-situation-in-deutschland/61807/beschaeftigte-im-gesundheitswesen/
    [6] https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Bevoelkerung/Bevoelkerungsvorausberechnung/pflegekraeftevorausberechnung.html
    [7] https://pmc.ncbi.nlm.nih.gov/articles/PMC6288397/
    [8] https://www.welt.de/politik/deutschland/article247033344/Erzieherberuf-Anteil-maennlicher-Paedagogen-in-Kitas-hat-sich-seit-2012-verdoppelt.html
    [9] https://statistik.arbeitsagentur.de/DE/Statischer-Content/Statistiken/Themen-im-Fokus/Berufe/Generische-Publikationen/AM-kompakt-Kinderbetreuung-erziehung.pdf?__blob=publicationFile
    [10] https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Gesundheit/Gesundheitspersonal/_inhalt.html
    [11] https://www.jstor.org/stable/24573324
    [12] https://www.pflegemarkt.com/fachartikel/anzahl-und-statistik-der-kindergarten-in-deutschland/
    [13] https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1166560/umfrage/erwerbstaetige-frauen-in-westdeutschland/
    [14] https://www.bundesgesundheitsministerium.de/themen/pflege/pflegekraefte/beschaeftigte.html
    [15] https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S1040260811000141
    [16] https://www.kindergartenpaedagogik.de/fachartikel/kita-politik/bildungspolitik/statistische-daten-zur-kindertagesbetreuung/
    [17] https://www.news4teachers.de/2023/08/immerhin-anteil-maennlicher-fachkraefte-in-kitas-binnen-zehn-jahren-verdoppelt/
    [18] https://knowledge.wharton.upenn.edu/podcast/knowledge-at-wharton-podcast/falling-behind-working-women-in-germany-grapple-with-limited-child-care-options/
    [19] https://pmc.ncbi.nlm.nih.gov/articles/PMC1447688/
    [20] https://shs.cairn.info/journal-travail-genre-et-societes-2017-1-page-53?lang=en
    [21] https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/Zahl-der-Woche/2023/PD23_34_p002.html
    [22] https://thetricontinental.org/studies-2-ddr-health-care-2/
    [23] https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Soziales/Kindertagesbetreuung/_inhalt.html
    [24] https://online.medunigraz.at/mug_online/wbAbs.getDocument?pThesisNr=40233&pAutorNr=&pOrgNr=
    [25] https://de.statista.com/themen/785/pflege-in-deutschland/
    [26] https://magazin.pflegenetz.at/artikel/ist-pflege-weiblich/
    [27] https://www.mdr.de/nachrichten/deutschland/gesellschaft/mehr-maenner-erzieher-kitas-tagesvater-100.html
    [28] https://www.news4teachers.de/2022/04/statistik-zum-kindergartentag-93-prozent-des-kita-personals-ist-weiblich-und-unterbezahlt/
    [29] https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2023/08/PD23_323_12.html
    [30] https://www.socialnet.de/lexikon/Geschichte-des-Kindergartens
    [31] https://www.fachkraeftebarometer.de/zahl-des-monats/archiv-zahl-des-monats

  3. Interessantes Thema. Gerade das erste Schaubild erinnert mich auch stark an die Entwicklung von Vornamen, besonders im Englischen. Namen wie Lindsay waren ursprünglich vorwiegend männlich, wurden dann zunehmend auch für Mädchen verwendet und sind heute überwiegend weiblich. Als Grund wird auch hier die Angst, der eigene Sohn könnte als feminin wahrgenommen werden, angenommen. Umgekehrt scheint das kein Problem zu sein – oder sogar gewünscht im Sinne eines “starken” Namens. Das Prinzip dahinter scheint jedenfalls sehr tief in unserer Gesellschaft und unserem Denken verwurzelt zu sein.

  4. Marge und Homer. Merkel und Trump. Schwäbische Hausfrau, auf deren Tugenden man sich beruft, um die Kosten für die Lausbuben-Schildbürgerstreiche der Politik und Wirtschaft auf die Bevölkerung abzuschieben, die sie gewählt hat. Die überforderte, hilflose Pausenaufsicht Harris und Trumps Rabauken, die den Porzellanladen in Schutt und Asche legen. Demokratie und Populisten. Arbeitsbienen und Drohnen.

    Der moderne Mann sucht keine Ehefrau, er sucht eine Mami und ein Kind zum Mitspielen. Wenn die moderne Frau einen Ehemann sucht, heiratet sie einen Job, einen Hund und einen Vibrator, wobei auch der Hund zunehmend sozialen Medien weichen muss, was es im Home Office ermöglicht, alle drei Komponenten im Smartphone zu verschmelzen. Sie sehen aber auch schon in klassischen Gemeinschaften, dass das Patriarchat nur außerhalb der heimischen Höhle gilt – zuhause hat die Frau die Hosen an, der Mann wird in einen Laufstall vorm Fernseher oder im Hobbykeller verbannt. Und wenn die ganze Welt zur Höhle wird, wenn man nicht mehr jagen und töten, sondern putzen und kochen und Möbel aussuchen und reparieren muss, gibt es für das Männchen kein Entkommen, außer in Regression – in Traumwelten, auf den Kinderspielplatz, wo er der große Krieger ist. Und da hat ihre Tabelle Recht, unter kleinen Jungs möchte keiner wie ein Mädchen dar stehen.

    Wenn sie die Weiber nicht aus ihrem Baumhaus aussperren können, [… Stop. Einen solchen dualistischen, hier sexistischen Ton dulde ich auf diesem Blog nicht. Ich verstehe schon, dass Geschlechterthemen manche triggern. Aber formulieren Sie bitte im Ton respektvoll und angemessen. Ab hier daher: Schnipp. M.B.]

  5. Lieben Dank an Sie beide für eine sehr interessante und lehrreiche Folge.

    Ich habe mir auf der LTO Website mal die Zahlen für das Fach Jura angesehen. Im Wintersemester 2021/22 lag der Anteil der Studienanfängerinnen bei 62,90 %. Laut Bundesamt der Justiz lag 2022 der Anteil der Frauen mit dem 1. Juristischen Staatsexamen bei 58,1 %. Beim 2. Juristischen Staatsexamen waren es 57,6 % Gerade der Beruf des Rechtsanwalts gilt ja als erfolgversprechend und gutdotiert. Allerdings sollte man sich hier keine Illusionen machen. Die ersten Jahre nach den Staatsexamen sind meistens Zu-Arbeit für die etablierten RAe in den Kanzleien.

    Es wäre interessant zu wissen, ob sich das Rechts- und Justizwesen allgemein durch einen höheren Anteil an Frauen in diesen Berufen verändert.

    An Prof. Ince daher die Frage für sein Fachgebiet: Gehen Frauen anders an betriebswirtschaftliche und/oder volkswirtschaftliche Themen heran als Männer? Es heißt ja oft, Frauen würden z.B. weniger Risiken eingehen. Meine Frage bezieht sich nicht auf das Spezialgebiet – wie z.B. Gesundheitsmanagement – sondern auf die Fächer allgemein.

    Sie wollen sich in der nächsten Folge mit Donald Trump beschäftigen. Die Entwicklung in den USA ist derzeit so rasant, dass es sicher eine Herausforderung ist, darüber zu sprechen. Die Veränderungen durch die nicht unbedingt geeigneten Kandidaten für die Ministerämter liegen erst noch vor uns, und Elon Musk bringt in den letzten Tagen so vieles durcheinander, dass für die Bevölkerung das Schlimmste noch zu befürchten steht.

    Ich rege an, dass Sie und Prof. Ince vielleicht Anfang nächsten Jahres eine weitere Folge mit dem Thema “Male Flight” machen. Da Frauen künftig im Studium womöglich benachteiligt werden, wäre es interessant zu sehen, ob und ggfls. was sich in den nächsten Monaten schon bei den Studienanfängern bemerken lässt.

    Sie haben oben auf die Bedeutung von Namen und den damit zusammenhängenden Status hingewiesen. Es war früher häufig üblich, den Söhnen den Vornamen vom Vater zu geben. Beliebt war in der Habsburgermonarchie u.a. der Vorname Theresia. Im Südwesten, namentlich in Württemberg, gaben Eltern dem Sohn den Vornamen Eberhard. Herzog Karl Alexander von Württemberg gab seinen drei Söhnen Karl, Ludwig und Friedrich den zweiten Vornamen Eugen, da er ein Bewunderer des Prinzen Eugen von Savoyen war.

    Auf die nächste Folge bin ich sehr gespannt.

    • Danke für den Kommentar und das Lob! Das ist eine sehr gute Frage.
      Dass Frauen im Schnitt grundsätzlich risikoaverser sind als Männer, gilt zwar als gesichert; allerdings ist der Effekt nicht derart groß, wie er vielleicht in Stammtischdebatten geführt wird (Vgl. https://wol.iza.org/articles/gender-differences-in-risk-attitudes/lang/de).
      Dasselbe gilt für Kooperation und Konsens (eher weiblich) vs. Wettbewerbsorientierung (eher männlich). Spannend ist hier übrigens auch, dass alle gängigen Kulturmodelle in der Forschung nach wie vor diese Label “maskulin” und “feminin” dafür tragen (insb. nach Hofstede und Globe), auch wenn sie gleichzeitig per se nichts mit einer Gleichstellungsdebatte zu tun haben.

      Aber zurück zum Thema: Mich hat der Gedanke BWL zu studieren damals sogar etwas abgeschreckt in Erwartung einer sehr kompetitiven, männerdominierten Umgebung. In der Hinsicht bin ich “feminin” nach diesem Schema. Aber sowohl in meinem eigenen Studium als auch jetzt als Professor kann ich zumindest anekdotisch wiedergeben, dass ich kaum einen Unterschied wahrnehme. Am ehesten manifestiert es sich noch in den zahlreichen Gruppenarbeiten für Referate und Präsentationen. Hier scheinen sich Studentinnen tendenziell oft (aber nicht ausschließlich) um das Miteinander zu kümmern; aber durchaus auch wirklich mal das Sagen zu übernehmen und den manchmal etwas unmotivierteren der Gruppe (sowohl Studenten als auch Studentinnen) etwas Feuer unter dem metaphorischen Hintern zu machen.
      Ansonsten mag ich es inhaltlich in den Vorlesungen auch herausgefordert zu werden, also wenn Studierende Konzepte infrage stellen oder allgemein zielführend diskutieren wollen. Und auch da kann ich völlig bestätigen, dass sowohl Studentinnen als auch Studenten in etwas genauso häufig das ‘Risiko’ eingehen eine “dumme” Frage zu stellen oder als ‘Streber’ aufzufallen 😉

      • Vielen Dank für die Antwort. Das hört sich für mich nach einer guten Mischung an. Im Grunde profitieren alle davon.

  6. Als einer, der sich gut mit #derlesendeWiderstand identifizieren kann, Videos und Podcasts sind nicht so meine Welt 3 Beobachtungen dazu:

    Im Sport sind die Mannschaften ja meist nicht gemischt und in jungen Jahren habe ich viel Zeit in einer Männermannschaft verbracht. Mir war immer wichtig, dass wenn wir uns zu weiteren Aktionen, wie z.B. einem gemeinsamen Abendessen trafen, auch einige Frauen dabei waren. Das tat der Atmosphäre in meiner Wahrnehmung einfach gut.
    Ähnliche Beobachtungen habe ich von Frauen gehört, also dass die Anwesenheit von Männern die Stimmung in der Gruppe veränderte und dass sie diese Veränderung eher positiv wahrnehmen.

    Wenn mir, meist am Sonntag, Gruppen von Spaziergängern entgegen kommen, dann sind dort oft die Männer miteinander im Gespräch und die Frauen.
    Es scheint also etwas zu geben, was vermutlich unbewusst, eine gewisse Attraktivität bewirkt.

    Interessanter Weise tauchte das Thema Berufswahl und starker Frauenanteil auch heute in der Lokalzeitung auf. Konkret ging es da um Tierärzte. Meine Cousine (nun im Ruhestand) hatte damals diesen Beruf gewählt, echte Minderheitserfahrung, die auch durch die Bedingungen erklärbar war, die die Berufsausübung mit sich brachte – sehr familienunfreundlich. Hier änderte sich etwas, gleichzeitig ist das System, so kam dieser Artikel bei mir an, (noch) nicht wirklich funktional, d.h. mancher Bedarf, Stichwort Notdienste, wird nicht angemessen abgedeckt…

    • Danke, @HG Unckell

      Als dialogischer Monist bin ich der – u.a. in Kurdistan-Irak gefestigten – Überzeugung, dass vielfältige Teams sehr viel bessere Ergebnisse erzielen als einfältige Teams. Nicht, weil ich Frauen oder Männer, Jüngere oder Ältere, Einheimische oder Zugewanderte, Progressive oder Konservative jeweils für bessere oder schlechtere Menschen hielte, sondern weil jede Person eigene Perspektiven auf die gemeinsame Wirklichkeit hat, die anderen fehlen. Die besten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind doch Fachleute, die ehrlich mitarbeiten, beraten und notfalls auch loyal widersprechen. Durch Dialog in Vielfalt steigert sich die erkenntnistheoretische Viabilität. Klar kostet das Zeit und bedeutet auch, sich immer wieder selbst in Frage zu stellen. Aber damit habe ich bisher in sehr verschiedenen, auch internationalen, interreligiösen und interkulturellen Aufgabenstellungen sehr gute Erfahrungen gemacht.

      Als Christ finde ich diese Überzeugung i.Ü. sowohl in der Moses-Mythologie wie auch im Gleichnis von Rabbi Jehoschua / Jesus vom barmherzigen Samariter, in der Bergpredigt, Jesu Lob für den römischen Hauptmann (Zenturio) von Kafarnaum und in den zahlreichen Anknüpfungen an den Noahbund. Und im demokratischen Koordinatensystem sehe ich im Respekt für Vielfalt den richtigen Weg, um Freiheit und Gleichheit auszubalancieren:

      https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/der-widerspruch-zwischen-freiheit-und-gleichheit-und-der-lebensbaum-des-foederalismus/

      Und, ja, der Arbeits- und Fachkräftemangel greift schon aufgrund der säkularen Bevölkerungsimplosion immer weiter um sich. Deswegen würde ich mir einen schnellen Ausbau KI-unterstützter, dualer Studien in den Mangelberufen wünschen, womit Praxisbezug und Akademisierung endlich kombiniert werden können. Sowohl Prof. Jan-Ilhan Kizilhan (DHBW) wie auch hier Prof. Inan Ince (IU) und seine Kollegin Prof.in Jeannette Pohl sind mir als zugleich wissenschaftlich stark und praxiserprobt erschienen, wogegen die Wissensvermittlung immer stärker digital erfolgt. Seitdem ich gesehen habe, was schon heutige KIen mit Medizin-Datenbanken wie AMBOSS zu leisten vermögen, frage ich mich, wie lange wir uns noch an überkommene und auch abschreckende Strukturen klammern wollen.

      Kurz: Ich meine, dass wir zum Thema Male Flight und Fachkräftemangel sehr viel tun können, ohne uns noch länger etwas vorzulügen oder Menschen gegen ihren Willen “umzuerziehen”.

      Danke für den konstruktiven Druko, so macht der Dialog Freude! 🌞📚🙏

  7. Wunderbares Video, vielen Dank.

    Mir scheint, dass sich im Male Flight das Resultat einer anderen Form von Traditionalismusfalle auftut. Diese hier mündet in dem verzweifelten Versuch von Männern, durch Flucht in einen anderen Beruf eine veraltete, traditionelle Rollenverteilung (mit Status usw.) zwischen den Geschlechtern aufrecht zu erhalten. Verschwörungsmystikern ist das willkommen und befeuern das natürlich gerne.

    Das wird aber nicht funktionieren, weil — wie oben geschrieben — junge Menschen sich komplexer und realistischer verhalten. Um zu einem anderen Verständnis von Rollenverteilung zu kommen ist Diskussion und Dialog nötig.

  8. @Inan Ince und @Michael Blume, guten Morgen.

    Vielen Dank für das wunderbare Video!

    Ich habe wieder viele Denkanstöße mitgenommen.

    Ein passendes „related topic“ – eine weitere der mittlerweile täglichen Horrormeldungen:

    Laut Wired hat Elon Musks Department of Government Efficiency (DOGE) eine Gruppe junger Ingenieure (19–24 Jahre) eingestellt, um föderale Systeme in den USA zu modernisieren – ein, gelinde gesagt, abenteuerliches und kontroverses Unterfangen. Trotz minimaler Regierungserfahrung verfügen diese „Jungspunde“ über hohe Sicherheitsfreigaben und Zugang zu sensiblen Daten. Viele haben einen technischen Hintergrund, einige mit Verbindungen zu Musks Unternehmen wie SpaceX und Neuralink – ein offensichtliches Minenfeld potenzieller Interessenkonflikte.

    Dieser Schritt passt zu Musks Strategie, Vertraute in Schlüsselpositionen der Regierung zu platzieren, etwa beim Office of Personnel Management (OPM) und der General Services Administration (GSA). Experten warnen vor fehlender Aufsicht und mangelnder Rechenschaftspflicht in dieser beispiellosen Situation.
    Bemerkenswert: Die ausgewählten „Regierungsmodernisierer“ sind ausschließlich junge Männer – fast noch im Jugendalter. Doch geht es hier wohl weniger um Kompetenz als um einen strategischen Reputationsgewinn in der entstehenden US-Oligarchie, ganz im Sinne der These, die Ihr diskutiert habt.

  9. @Podcast Folge 32

    Klar steigen die Chancen auf dem Weibermarkt für Männer mit mehr Status. Ich brauche aber nur eine Frau. Und die darf gerne auch realistisch sein, was noch sinnvoller Lebensstil und was wirklich nur die reinste Verschwendung ist.

    Ein Studium sollte wirklich interessieren, sonst wird es doch auch zur Quälerei. Und wenn man gleich nach der Schule arbeitet, ist man auch früher von den Eltern unabhängig. Das hat auch was.

    Ich finde es schade, dass so viele Menschen nicht erkennen, dass wir in Zeiten leben, die doch überwiegend ein Leben im Sinne von Erkenntnis und Kulturarbeit ermöglichen.

    Gerade der Umbau zum Solarpunk kann doch gleich genutzt werden, die grassierende Verschwendung abzubauen, das gleicht sofort die Mehrkosten für die grüne Technik aus. Und es macht Platz für ein Leben als Mensch, der sich für seinen Status im Sinne eines wirklich guten Lebens inmitten florierender natürlichen Kreisläufe interessiert.

    Und nicht seine halbe Lebenszeit mit Konsumaktionismus und den finanzielle Anforderungen, die dafür nötig sind, verschwendet. Dann ist auch gleich wieder reichlich Platz für mehr Nachwuchs, wenn man denn Lust dazu hat.

    Die Leistungsgesellschaft macht nun mal nur sehr begrenzt auch Sinn. Ich kann nur empfehlen, sich hier lebbare Wege zu suchen, sich mit wenig Arbeit mehr Menschsein zu leisten.

    • Lieben Dank für den engagierten Druko, @Tobias. Nachdem ich ja schon bei @Paul S. bei der Benennung von Frauen als „Weiber“ eingeschritten bin, hat mich Deine Formulierung vom „Weibermarkt“ nachdenklich gemacht. Aus meiner Sicht kann doch das Miteinander schwerlich gelingen, wenn von „Kerlen“ und „Weibern“ die Rede ist. Dennoch bemerke ich, dass da jeweils viel aufbricht. Sind das Verletzungen, Bitterkeit?

      Wie Du weißt, macht mir die manipulative Senkung des Testosterons und die Zunahme von Einsamkeit durch Neurohacking nicht weniger Sorge als die Dopamin-Sucht und der Adrenalin-Rausch. Die säkulare Individualisierung hat ja nicht erst demografische, sondern auch sehr konkret psychologische, soziale und biografische Auswirkungen.

      Wir sind uns, glaube ich, einig, dass die nur materiell orientierte Leistungsgesellschaft hier ihre Grenzen überschritten hat. Aber wie sähe das Beziehungs- und Familienleben im Solarpunk aus? Wie denkst Du darüber?

  10. @ Blume

    Was halten Sie von Thymos vs Ritterlichkeit?

    Cancel culture und political correctness bekämpft Derbheit.

    Erkennen Sie in Derbtheit Respekt oder Respektlosigkeit? Vielleicht auch eine Wahrheitsfrage in traditioneller Sprache?

    Das scheint mir eine Kernfrage zwischen Rechts, Mitte, Links.

  11. @ Blume

    Die Frage ist doch, ob jenseits eines Patrichats oder Matriachats Tradition NICHT empirisch ist!
    Es geht wie immer um Mehr- und Minderheit und wer bestimmt.

    • Danke, @Mussi – nur verstehe ich “die Frage” nicht. Wie sollte Tradition nicht empirisch sein? Vergangenheit ist ja fixiert und wird durch Erinnerung und Forschung auch immer wieder re-aktualisiert. Oder meinten Sie, dass der Erfolgsbeweis für gleichberechtigte Modelle noch ausstehen? Da könnte ich leider schwerlich widersprechen, zumal die digitale Thymotisierung die säkulare Individualisierung fördert und Testosteron tendenziell absenkt.

      Das Statistische Bundesamt meldet heute:

      Jede zweite erwachsene Person in Deutschland ist verheiratet. Das entsprach 35,0 Millionen Menschen, die Ende 2023 in einer Ehe lebten. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) zum Welttag der Ehe am 9. Februar mitteilt, waren das gut 50 % der Bevölkerung ab 18 Jahren hierzulande. Zahl und Anteil der Verheirateten sinken jedoch seit Jahren nahezu kontinuierlich: 30 Jahre zuvor hatten noch rund 39,3 Millionen volljährige Menschen in einer Ehe gelebt, das waren 60 % aller Erwachsenen.

      Jede dritte erwachsene Person ist ledig – Anteil deutlich gestiegen

      Im selben Zeitraum stieg die Zahl der volljährigen ledigen Personen und ihr Anteil an der Bevölkerung ab 18 Jahren deutlich. Ende 2023 waren 22,6 Millionen Menschen ab 18 Jahren ledig, also nicht verheiratet, verwitwet oder geschieden. 1993 waren gut 15,8 Millionen Erwachsene ledig. Der Anteil der Ledigen an der Bevölkerung ab 18 Jahren ist binnen 30 Jahren von 24 % auf rund 33 % gestiegen.

      https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/Zahl-der-Woche/2025/PD25_06_p002.html

      Die schnelle Zunahme gefühlter und tatsächlicher Einsamkeit halte ich für “das” Megathema, über das m.E. viel zu wenig gesprochen wird, obwohl es zunehmend alle Bereiche der Gesellschaft – auch Demografie und Wirtschaft – massiv betrifft.

  12. @Michael 04.02. 17:58

    „…hat mich Deine Formulierung vom „Weibermarkt“ nachdenklich gemacht“

    Uups. Das war überhaupt nicht abwertend gemeint. Vielleicht nur im Ruhrgebiet ist der Ausdruck nicht ungeläufig? Ich hab auch kein Problem mit einem Mangel an weiblichem Interesse an meiner Person.

    „Aber wie sähe das Beziehungs- und Familienleben im Solarpunk aus?“

    Mehr Zeit und mehr Gemeinsamkeit könnte den Nachwuchs fördern. Auch dann näher am Leben zu sein, könnte sich so auswirken. Auf dem Land kommen dann vielleicht Leute dazu, in der Stadt ziehen vielleicht welche weg. Bei natürlicherer und vernünftig durchdachter Lebensweise läuft das Leben wohl in jeder Beziehung besser.

  13. @ Blume

    Korrekt: Ich sehe eine Emperie zwischen Tradition und Konservatismus.
    Das kennzeichnet die Auseinandersetzung rechts-links.

  14. Sehr geehrter Herr @Ince und @Michael,

    danke für die tolle Podcastfolge!

    Mir stellt sich beim zuhören ein paar Fragen:

    Wenn der soziale Status Aussagekräftig ist, dann haben Männer aus niedrigen Machtschichten eine geringere Chance eine Partnerin oder vielleicht auch Partner zu finden. Gibt es die Tendenz des nach oben Heiratens auch bei gleichgeschlechtlichen Paaren? Nun, laut Forschung gibt es zwei Punkte im Leben eines Mannes die ihn Gewaltloser machen:
    1. sobald er in einer festen Beziehung kommt
    2. sobald seine Kinder zur Welt kommen
    Wie ist es da bei Mönchsorden aus oder Kinderlos bleibenden Männern? Kann soziales Gruppengefüge ein ähnlich Agressionsdämpfendes Ventil sein?

    Weiteres, die Suche nach Ruhm und Status, also Ansehen, muss ja von einigen Qualitäten mitgetragen werden.
    In einem Buch von ihrem Kollegen Jan Ilhan Kizilhan wird beschrieben wie Männer nach Ehrenmorden von den Frauen ihrer Großfamilie zum teil Liebesbriefe erhalten, Anerkennung für das Opfer der Familie usw.

    Treffen sich dabei nicht zwei Fundamentale Substanzen, wie Feuer und Benzin?
    Auch bei Hamas Kämpfern, die ja zu Zehntausenden starben, hilft ja dieser Heroische Hintergrund der von den Familien und von der Propaganda der Terror Miliz hochgehalten wird.

    Letzte Frage: Gibt es ähnliche Effekte auch bei Frauen, die suche nach Anerkennung und Ruhm, nur vielleicht auf anderer Art und weise?

    Entschuldigung für die vielen Fragen, aber ihr habt mein Hirn etwas in Schwung gebracht ^^

    • Vielen lieben Dank, @Peter Gutsche, auch für den Link-Hinweis! Filiz-Pinar Seren & ich sind uns im Kontext der Ressourcenfluch-These tatsächlich schon einmal begegnet und ich freue mich sehr über ihren erfolgreichen Solarpunk-Werdegang! Ich meine und hoffe, wir werden noch viel Gutes von ihr hören & lesen! 🤓📚🙌

      Gerade erschüttert auch die Bestätigung eines schon länger wabernden Gerüchtes zur Eskalation fossiler Reaktanz die interessierte Öffentlichkeit: Der selbst fossil finanzierte, russische Geheimdienst versucht auch die deutsche Demokratie thymotisch zu spalten!

      Schon seit 2022 werden digitale, vor allem antisoziale Medien gegen demokratische Parteien der Bundesrepublik eingesetzt:

      “Laut CeMAS wurden zwischen Mitte Dezember und Mitte Januar 630 deutschsprachige Beiträge auf X mit “typischen Doppelgänger-Mustern” identifiziert. Viele enthielten Links zu gefälschten Websites, die sich als deutsche Medien wie Der Spiegel und der Fernsehsender Welt ausgaben.

      Die Beiträge enthielten negative Darstellungen der Grünen – die für die wirtschaftliche Misere Deutschlands verantwortlich gemacht wurden -, der Sozialdemokratischen Partei (SPD) von Bundeskanzler Olaf Scholz und der konservativen Christlich-Demokratischen Union (CDU).“

      https://de.euronews.com/my-europe/2025/01/22/doppelganger-russlands-desinformationskampagne-vor-der-bundestagswahl

      „Unglaublich, aber offensichtlich wahr: Deutsche Sicherheitsdienste bestätigen, dass Kleinkriminelle im Auftrag und mit Bezahlung russischer Geheimdienste Bauschaum-„Klimaaktionen“ gegen Autos durchführten, die das politische Klima polarisieren, medial thymotisieren und vor allem auf Robert Habeck und die Grünen zurückfallen sollten! #Politik #Geheimdienste #Demokratie #Thymokratie #Putin #EU #Russland #Gruene #Habeck #Mitweltschutz“

      Mit Link zum Hauptartikel hier:

      https://sueden.social/@BlumeEvolution/113951761746898587

      Auch ich bin immer wieder negativ überrascht, wie tief fossile Lobbyisten und Rechtsdualisten längst gesunken sind. Solange wir fossile Rohstoffe verbrennen, zerstören wir unsere Mitwelt und schaden auch unserem Miteinander. Danke, dass Du Dich dagegen so im entstehenden, digitalen Dialog zwischen Natur-, Kultur- und Geisteswissenschaften engagierst!

  15. @Michael 05.02. 00:42 / Felo.ai

    „..fühlen sich 68 % der 18- bis 39-Jährigen häufig, manchmal oder selten einsam. Bei älteren Altersgruppen sinkt dieser Anteil deutlich auf 19 % (40–59 Jahre) bzw. 21 % (60+ Jahre).“

    Das ist interessant. Je älter, desto mehr Kontakte baut man auf, und noch später sterben immer mehr Freunde und Bekannte weg. Genau das habe ich die letzten 20 Jahre auch erlebt. Wobei das so einfach gar nicht ist, neue Freunde zu gewinnen. Entsprechend haben die Coronamaßnahmen nachhaltig die Kontakte abgebaut, was ich persönlich nur bestätigen kann. Das hat bei mir den Freundeskreis nachhaltig halbiert.

    Für die nächste Pandemie sollte man da vielleicht dran denken. Der Schutz von vulnerablen Alten ist das eine, eine nachhaltige Halbierung echter sozialer Kontakte ist auch wirklich handfest. Besonders wohl für Jugendliche.

    Wobei Alleinsein und Einsam sein nicht dasselbe sind.

    Die reinen Textbeziehungen wie hier im Blog sind nicht dasselbe wie Präsenzkontakte, aber das hat auch was. So muss das Alleinsein nicht in Einsamkeit ausarten. Man hat ja Austausch, und man hat sich selbst, sowieso. Wer mitten im Leben unterwegs ist, der ist auch mit weniger Livekontakten nicht einsam.

    • Vielen herzlichen Dank, lieber @Tobias – ich glaube wirklich, wir sind hier auf dem Weg zu den wirklich wichtigen Themen der digitalen Zeit zwischen Chancen und Thymotisierung.

      Denn, ja, einerseits erlauben sowohl soziale wie antisoziale Medien die Kontaktpflege zu vielen Menschen, denen wir noch nie begegnet sind – in Fachdeutsch nennt sich das: parasoziale Beziehungen. Für unsere Säugetiergehirne fühlt es sich einfach Dopamin-super an, wenn unsere Posts geliked, geherzt, geboostet und unsere Drukos wertschätzend beantwortet werden.

      Um das besser zu verstehen, habe ich mir einen linguistischen Klassiker aus Berlin vorgenommen: Die “Theorie des Kommentierens. Eine Grundlagenstudie zur Semantik und Pragmatik” von Roland Posner (1942 – 2020), Athenäum 1972. Mal schauen, was sich dort entdecken lässt.

      Andererseits erweisen sich aber parasoziale Beziehungen als brüchig und betrugsanfällig. Immer mehr Menschen berichten von sog. digitalem “Ghosting”, dem begründungslosen Abbruch auch alter, freundschaftlich-medialer Beziehungen. Und gerade heute meldet das Landeskriminalamt Baden-Württemberg eine massive Zunahme von sog. “Love-Scamming”, einer auf einsame Menschen abzielenden Betrugsmasche.

      “Die Täter schreiben nach Erkenntnissen des Landeskriminalamts wahllos Menschen auf Social Media oder auf Dating-Portalen an. Gezielt werde nach Erkenntnissen der Beamten niemand ausgewählt. Die Betrüger schreiben tausende Nachrichten und springen dann auf die Personen an, die sich offen zeigen. Einsamkeit spiele dabei eine große Rolle.

      Viele Opfer seien schon Jahre sehnsuchtsvoll auf der Suche nach emotionaler Bindung. Die Betrüger gewinnen oft schnell ihr Vertrauen, schon nach kurzer Zeit kommt der Liebesschwur.”

      https://www.swr.de/swraktuell/baden-wuerttemberg/stuttgart/love-scamming-lka-heiratsschwindler-betrug-schaden-verdoppelt-100.html

      Sehr zu denken gab mir auch der gestrige Abend mit meiner Frau beim “True Crime Live”-Podcast-Event in der Liederhalle Stuttgart mit Jacqueline Belle und Dr. Alexander Stevens.

      https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/die-naechste-stufe-dialog-bloggen-mit-mastodon/

      Vielen, überwiegend weiblichen Fans war es erkennbar wichtig, die beiden Personen im RL (Real Life) kennen zu lernen, die sie davor schon viele Stunden gehört oder auch gelesen haben. Das war inhaltlich aber eben auch medienethisch hochinteressant und ich werde sich noch lange darüber nachdenken. Dass beispielsweise der Doktortitel des Anwalts Stevens gegenüber der durch die Sendung führenden Jacqueline Belle (die ihn auch einmal in einer sexualisierten Schürze als “Assistenten” antreten lässt) so betont wird, scheint mir ein wichtiger Hinweis auf das feine Austarieren von Dialog, Entertainment und Status zu sein. Auch hier scheint zu gelten: Man(n) muss es sich leisten können, aus den vorgegebenen Rollen zu fallen.

      What a time to be alive… 🙂

  16. Wie Dr. John Barentine auf Mastodon berichtet, macht die Trump-Administration in ihrem modernen „Bildersturm“ nicht einmal vor der Astronomie halt: Sie versucht, Bestrebungen zur Chancengleichheit für Frauen in der Wissenschaft aus unserem kollektiven Gedächtnis und Wissen zu tilgen.

    Wie im dort verlinkten Space-Artikel beschrieben, betrifft dies unter anderem die berühmte Astronomin Vera Rubin und das nach ihr benannte Rubin-Observatorium.

    Könnte man dies als thymotische Reaktion auf den male flight aus anderen Berufszweigen interpretieren?

    (Übrigens engagiert sich Dr. John Barentine auch für die Aufklärung über die zunehmende Zerstörung unseres Nachthimmels durch Elon Musks Starlink-Satelliten – ebenfalls eine Art Auslöschung eines kollektiven Guts, das zur menschlichen Erfahrung gehört. Aber das ist eine andere Geschichte.)

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