Blume & Ince 30: Warum gewann Donald Trump die Wiederwahl in den USA?

Die Wiederwahl von Donald Trump und auch dessen Unterstützung durch den Medienmilliardär Elon Musk haben viele bis ins Menschenbild hinein erschüttert. Wie können so viele erwachsene Menschen einen Präsidenten und eine Regierung wählen, die sich doch ganz offensichtlich nicht nur gegen Rechtsstaatlichkeit und die Erkenntnisse der Medizin, sondern auch gegen die etablierten Wirtschaftswissenschaften stellen? Haben das US-Bildungs- und Mediensystem die Menschen in Millionenzahl zu Thymoten und auch Thymotinnen gemacht?

Links steckt eine schmunzelnde Wählerin ihren Wahlzettel in eine Urne, rechts tobt eine wütende Menschenmenge vor einem Parlamentsgebäude.

Die Menschheit zwischen Demokratie und Thymokratie. Michael Blume mit Leonardo.AI

In Folge 30 von “Blume & Ince” sprechen der Prof und ich über die US-Präsidentschaftswahl und die Schwierigkeiten von Menschen, unangenehme Wahrheiten anzunehmen. Dazu stelle ich auch meine Zeitenumbruch-These vor und formuliere erstmals digital meine Hoffnung auf ein kommendes, dialogisch-regeneratives Zeitverständnis im Stil des Solarpunk. Passend dazu verweist der Prof auf die Verhaltensökonomie und empfiehlt das von uns beiden geschätzte Buch “Freakonomics” von Stephen D. Levitt und Stephen J. Dubner.

Mit dieser Episode – und der herzlichen Einladung zum Dialog dazu – verabschieden sich Inan und ich auch in die Weihnachts- und Neujahrszeit. Und haben zugleich vor, schon im Januar 2025 mit der nächsten Folge von “Blume & Ince” weiter zu machen. Denn wir wollen gerne weiterhin für und mit Euch gute Medien-Prosumenten sein! 🙂

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Dr. Michael Blume studierte Religions- und Politikwissenschaft & promovierte über Religion in der Hirn- und Evolutionsforschung. Lehrbeauftragter am KIT Karlsruhe, Wissenschaftsblogger & christlich-islamischer Familienvater, Buchautor, u.a. "Islam in der Krise" (2017), "Warum der Antisemitismus uns alle bedroht" (2019) u.v.m. Hat auch in Krisenregionen manches erlebt und überlebt, seit 2018 Beauftragter der Landesregierung BW gg. Antisemitismus und für jüdisches Leben. Auf "Natur des Glaubens" bloggt er seit vielen Jahren für das Fediversum, Wissenschaft und Demokratie, gegen antisoziale Medien, Verschwörungsmythen und den Niedergang Europas.

64 Kommentare

  1. @Blume: “… unangenehme Wahrheiten anzunehmen.”

    Unwahrheiten, in einem zeitgeistlich-reformistischen Verhältnis von 1:5 (Wohlstand : Tittytainment) der Weltbevölkerung.
    👋😇

    • @hto

      Wow, Sie identifizieren also Wohlstand mit „Tittytainment“. Nachdem Sie ja hier auch schon über Moses und Jesus hergezogen sind, geben Sie uns mit einem weiteren Ihrer zahlreichen Hassposts auch einen kleinen Blick in Ihr Menschen- und Frauenbild. Grauslig.

      Gnostische Megalothymia. Psychologisch interessant, aber ganz eigentlich auch traurig…

      Ihnen die besten Wünsche für einen Advent ohne Hass und Einsamkeit, mit Liebe und Beziehungen, ja Dialog. 🕯️

  2. Die Naturwissenschaftler(geschlechtsneutral) wollen herausfinden, wie die Welt funktioniert.
    Viele Menschen entscheiden lieber selbst, wie die Welt funktionieren soll.
    Deshalb entwickeln sie ihre eigene Physik oder Medizin, die viel einfacher und überzeugender ist.
    Jetzt haben diese Laien demokratisch ihr Weltbild festgelegt.
    Das naturwissenschaftliche Weltbild hat keine demokratische Mehrheit mehr.
    Mit etwas Pech dauert es Jahrzehnte, bis die nächste Aufklärung eintritt.
    Hoffentlich werden die Naturwissenschaftler(geschlechtsneutral) nicht als Ketzer verfolgt.
    Viele Menschen mögen Leute nicht, die ihr gefestigtes Weltbild anzweifeln.
    Es spart geistige Energie, wenn man alles genau weiß, anstatt ständig alles anzuzweifeln.

  3. Die Frage, warum Menschen aus dem klassischen Wählerpotential der (eher “linken”) Demokratischen Partei gegen ihre eigenen Interessen den chronischen Lügner Trump gewählt haben, hat offenbar auch mit der fehlenden Glaubwürdigkeit von Frau Harris zu tun.
    Zitat aus dem Interview des Zeit-Magazins mit dem amerikanischen Soziologen Musa al-Gharbi (leider hinter Bezahlschranke: https://www.zeit.de/zeit-magazin/2024/53/wokeness-linke-elite-soziologie-musa-al-gharbi )
    ZEITmagazin: Ich nehme an, Sie waren nicht überrascht davon, dass Kamala Harris von vielen Wählern nicht als bodenständige, normale Person angesehen wurde?

    al-Gharbi: Kamala Harris behauptete ständig, sie komme aus einer Mittelklassefamilie. Eine radikale Falschdarstellung. Ihre Mutter war eine prominente Wissenschaftlerin in Berkeley und dann in Montreal, an herausragenden Forschungsuniversitäten. Ihr Vater war Wirtschaftsprofessor mit einer Festanstellung in Stanford. Mit dem Gehalt eines Wirtschaftsprofessors an der Stanford University gehört man zu den oberen fünf Prozent der Einkommensbezieher in den USA. Harris sagte immer wieder, sie sei in Oakland aufgewachsen, aber in Wirklichkeit war es Berkeley, was zwar eine geringe geografische, aber eine große soziale Entfernung darstellt. Sie hat im Grunde ständig über ihren Hintergrund gelogen, und zwar in einer Weise, die niemanden überzeugte.
    […]
    ZEITmagazin: Wir waren für Kamala.

    al-Gharbi: Aber es ist schwer, in Harris etwas anderes zu sehen als eine symbolische Kapitalistin. Während der Debatte mit Trump sagte sie zum Beispiel: “McKinsey hat meinen Wirtschaftsplan mit dem von Donald Trump verglichen und festgestellt, dass meiner besser wäre.” Für wen ist das eine Botschaft? Wer aus der Arbeiterklasse kennt, vertraut McKinsey? Wer, der sie nicht ohnehin wählt, wird dadurch überzeugt? ” [Zitatende]
    Frau Harris hat den Nerv der Leute nicht getroffen, Trump offenbar wohl. Leider ist die Fähigkeit, den Nerv zu treffen, nicht gleichbedeutend mit der Fähigkeit, ein guter Präsident / Bundeskanzler zu sein. Wir brauchen mehr politische Bildung.

  4. Es ist doch ganz klar, warum die Amerikaner Trump gewählt haben.

    Sie haben es einfach satt, von der manipulierenden, selbstherrlichen, rechthaberischen Medienmacht bevormundet zu werden…..

    Sogar als „Kapitalist und Unternehmer“ scheinen ihm die Fehlentwicklungen des „Ami Kapitalismus“, aufgefallen zu sein und er möchte das vermutlich korrigieren.

    Wenn möglichst alle Amerikaner nur noch von der „Verwaltung von Geldern“ (z.B.: Pensionsgelder für den Aktienmarkt) die auf der ganzen Welt „eingetrieben“ werden, leben sollen um ihren Lebensunterhalt zu verdienen, als von ehrlicher Arbeit an einer Werkbank.

    Bei uns wurde bekanntlich mit Straßengesängen, „my money is over the ocean“, auf diese Verrücktheit reagiert….

    Die Auslagerung der Arbeitsplätze hat vielen Menschen die Existenz gekostet, sie standen auf der Straße und haben versucht, mit Drogen ihr Leid zu bewältigen. Drogensucht und Massenelend war die Folge. Ausgerechnet von den „Roten Amerikas“ wird dieser Gedanke auch noch gefördert. Ausgerechnet der Milliardär Trump hat ein Herz für Arbeiter, Ihm ist das Elend aufgefallen und er holt die Arbeitsplätze zurück.

    Den Technokraten Chinas scheint das noch früher aufgefallen zu sein und sie sind seit längerer Zeit ganz wild auf „Werkbänke“….

    Die „Ingenieure Chinas“ sind offensichtlich für einen planmäßig organisierten, optimalen und nicht für einen überhasteten Übergang in das „nach fossile Zeitalter“. Mit ihren E Autos scheinen sie auf bestem Weg. Allerdings, darüber was in den Kochtopf der Chinesen kommt, darüber wagen es nicht einmal Autokraten zu bestimmen…..

    Trump scheint der Friede auf der Welt und Verhandlungen ganz wichtig. Dem stimme ich begeistert zu.

    Trump könnte der beste Mann, am richtigen Platz, zur richtigen Zeit werden…..

    • @Realo

      Spannende These(n), aber ich hätte dazu doch eine Nachfrage. Sie schrieben:

      “Es ist doch ganz klar, warum die Amerikaner Trump gewählt haben.

      Sie haben es einfach satt, von der manipulierenden, selbstherrlichen, rechthaberischen Medienmacht bevormundet zu werden…”

      Wie passt Ihre Vermutung dazu, dass sich Donald Trump durch Medienmilliardäre wie Elon Musk unterstützen ließ, die ihre eigenen Mitarbeitenden bekanntermaßen oft schlecht behandelten und auch in großer Zahl feuerten? Und wie bewerten Sie, dass der Superkapitalist Trump selbst mit “Truth Social” ein Medienunternehmen begründet und darüber zig Millionen Dollar eingesammelt hat?

      Habe die eine oder andere Vermutung dazu, bin aber auf Ihre Antwort gespannt, @Realo!

      Einen schönen Adventssonntag Ihnen! 🙂

    • “Sie haben es einfach satt, von der manipulierenden, selbstherrlichen, rechthaberischen Medienmacht bevormundet zu werden…..”

      Und deswegen folgen sie den Lügen, der Propaganda und den Verschwörungstheorien, die von Trump und Musk auf ihren social media-Kanälen und bei Fox News ventiliert werden und merken gar nicht, dass sie von diesen manipuliert werden.

  5. Vielen Dank für die guten Wünsche für die bevorstehenden Feiertage und das neue Jahr, die ich gerne erwidere.

    Donald Trump hat nicht nur wegen Elon Musk gewonnen. Dazu haben auch Fox News, das Versagen von Medien wie MSNBC etc und das Fehlen von Medien wie Fox News auf Seiten der Demokraten beigetragen. Auch die Entscheidung von Präsident Biden doch noch einmal zu kandidieren und erst zu spät darauf zu verzichten, sind Gründe für den Wahlsieg von Donald Trump. Viele Gegner von Trump wirken “abgehoben” und werden von Wählern nicht verstanden. Wer Schachtelsätze bildet, schreckt die Leute häufig ab. Über den 06.01.2021 sind zahllose Bücher erschienen, die wohl ebenso wenig gelesen und/oder deren Inhalte nicht begriffen wurden.

    Sie erwähnen die Spitzenkandidaten unserer Parteien bei der bevorstehenden Bundestagswahl. Bei Friedrich Merz stört nur sein Alter? Er mag schon 69 sein, aber er hat nach meiner Kenntnis noch nie Erfahrung als Minister etc. gesammelt. Das scheint mir wichtiger zu sein als das Geburtsjahr.

    Olaf Scholz, Robert Habeck und Christian Lindner waren die Gesichter der gescheiterten Ampel. Scholz und Habeck treten wieder an, was Sie kritisch anmerken. Selbstverständlich darf man Regierungen kritisieren. Gerade im Bereich der erneuerbaren Energien wurde aber einiges erreicht. Leider war die Kommunikation nicht gut. Dass sich insbesondere die Springer-Presse die Grünen und vor allem Robert Habeck als Zielscheibe ausgesucht habt, ist offensichtlich. Mancher Politiker führt häufig das Wort Demut im Munde. Robert Habeck hat sich sehr selbstkritisch gezeigt.

    In seinem Wochenrückblick vom 25.02.2024 schreibt ein MdB:

    “Die CDU-Landesgruppe Baden-Württemberg tauschte sich mit dem Axel-Springer-Verlag aus.”

    Ich mag Herrn Merz nicht, aber als Demokratin akzeptiere ich die Entscheidung der Union ihn zum Spitzenkandidaten von CDU und CSU zu machen.

    SPD und CDU waren jahrzehntelang als sog. Volksparteien bekannt. Es ist gelungen, unterschiedliche politische Standpunkte unter ihrem Dach zu vereinen. In Umfragen liegt die SPD unter 20%. Dies entspricht m.E. nicht mehr einer Volkspartei. In der CDU fehlen Leute wie Norbert Blüm, der den Arbeitnehmerflügel repräsentierte. Heute zählt in der Union nur noch der Wirtschaftsrat.

    Laut eigenen Angaben sind nach dem Aus der Ampel bei Bündnis90/Die Grünen im November deutschlandweit ca. 20.000 neue Mitglieder zu verzeichnen. Obwohl ich auch darüber nachgedacht habe, fehlt mir der Mut dazu. In einem kleinen Dorf würde Mut dazugehören. Hier gab es Aufkleber: Lieber ein Dorf im Grünen, als einen Grünen im Dorf. Man liest hier die BILD.

    In den USA hat sich in den letzten Jahren eine tiefe Kluft zwischen Demokraten und Republikanern aufgetan. Wir müssen es als Demokratinnen und Demokraten hier in Deutschland nicht so weit kommen lassen. Über Parteigrenzen hinweg kann, darf und muss man streiten. Auch über ein Thema wie die Wirtschaft.

    Außerdem braucht es Bildung – etwa über wirtschaftliche
    Zusammenhänge -, Medienbildung auch für Erwachsene und ein gesellschaftliches Miteinander in Vereinen etc. Das Internet ist kein Ersatz für persönliche Begegnungen.

    Einen schönen Sonntag.

    • Vielen herzlichen Dank, @Marie H.

      Ja, gerne habe ich die Kritik einer Bürgerin zitiert, die sich vom derzeitigen Angebot demokratischer Spitzenkandidaten (keine Frau) nicht angesprochen fühlt. Ich habe sie gebeten, dennoch demokratisch zu wählen und ihr versichert, dass sich die demokratischen Parteien um inhaltliche und auch personelle Erneuerungen bemühen werden. Auch ich werde das tun, habe in den vergangenen Jahrzehnten keine einzige Wahl verpasst. Und, klar, demokratische Entscheidungen sind zu akzeptieren.

      Generell beobachte ich mit der digitalen Medienrevolution einen starken Trend zur Personalisierung – die Bedeutung von Parteitagen und Gremien tritt hinter die Beliebtheitswerte einzelner Politikerinnen und Politiker zurück. Wir Menschen können uns nun sehr viel intensiver mit den einzelnen Kandidierenden und ihren Aussagen auseinandersetzen, Videos ansehen, sog. parasoziale Beziehungen entwickeln. Mir ist vor Kurzem passiert, dass mich eine ältere Dame beim Einkaufen mit den Worten ansprach “Wir kennen uns doch aus dem Fernsehen!”.

      Zugleich ist unsere menschliche Aufmerksamkeit aber begrenzt und so haben junge Kolleginnen und Kollegen immer schlechtere Chancen, gegenüber den früheren Generationen der sog. Massenmedien noch ausreichend bekannt zu werden. Sie bespielen intensiver denn je ihre Blasen, finden aber zunehmend schwer darüber hinaus Bekanntheit.

      Die unfassbare Macht der Medien erkundete der Medienwissenschaftler Marshall McLuhan (1911 – 1980) auch, indem er sich selbst in verschiedenste Medienformate begab.

      https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/die-unfassbare-macht-der-medien-mit-marshall-mcluhan-erkunden/

      Aus einem seiner Briefe habe ich diesen m.E. eindrucksvollen Abschnitt damals noch ohne KI-Unterstützung 😉 ins Deutsche übersetzt:

      “Jede neue Technologie ist eine evolutionäre Erweiterung unserer eigenen Körper. Der evolutionäre Prozess hat sich in einem eminenten Grad seit der Elektrizität von Biologie zu Technologie verschoben. Jede Erweiterung unserer Selbste erschafft eine neue menschliche Umgebung und ein völlig neues Set interpersonaler Beziehungen. Die dienstbaren oder schädlichen Umgebungen (sie sind komplementär / einander ergänzend), die durch diese Erweiterungen unserer Körper erschaffen wurden, sättigen unsere Sinne und sind doch unsichtbar. Jede neue Technologie verändert so die menschliche Verzerrung der Sinneswahrnehmungen, neue Gebiete der Wahrnehmung und neue Gebiete der Blindheit erschaffend. Dies trifft sowohl für die Kleidung, für das Alphabet wie für das Radio zu.”

      Ihnen vielen Dank für die engagierten Drukos, so macht der Online-Dialog Freude und Sinn! Und auch Ihnen einen schönen Adventssonntag! 🙂

      • Warum ?
        Es gibt gleich eine handvoll Gründe.
        1. Das Wahlversprechen von D.T. die Preisinflation zu stoppen.
        2. Einen Verursacher der Wirtschaftsmisere zu benennen, nämlich China.
        3. Das alte Rassenresentiment wieder aufleben zu lassen, Weiße zuerst.

        4. Die Schwäche der Demokraten eine Farbige und dazu eine Frau als Gegengewicht zu D.T. aufzubauen.
        5. Die Schwäche der Biden – Administration im Umgang mit den aktuellen Kriegen in Gaza und auch in der Ukraine.

        Für ein Lehrstück ist die gegenwärtige Situation sogar für Moralisten geeignet, es zeichnet sich wieder die alte Wahrheit ab: “Zuerst kommt der gefährdete Wohlstand, dann kommt die politische Moral.”

        Nachtrag: Deutschland steht die gleiche Entwicklung ins Haus, wenn die Exporte einbrechen, sich Arbeitslosigkeit ausbreitet und nur noch die Wahl zwischen der AfD und den alten Volksparteien besteht.

        • Ja, @N – und eine Aufgabe von Wissenschaften ist es, über die Ansammlung anekdotischer Evidenz hinaus zu ergründen, warum sich der digitale und säkulare Rechtsruck global entfaltet. Deswegen finde ich es gut, dass Ihnen am Ende Ihres Drukos selbst auffällt, dass offensichtlich nicht nur die USA betroffen sind. Gehen Sie diesen Analyse-Weg doch gerne noch ein Stück weiter, es lohnt sich!

          Mit den besten Wünschen für einen schönen Adventssonntag!

      • Vielen Dank.

        Ich habe mir Gedanken darüber gemacht, wie noch vor ca. 40 Jahren die Kandidaten für Bundes- und Landtag aufgestellt wurden. Bei der CDU war es im Grunde genommen gleichgültig. Ein geflügeltes Wort lautete: “Die CDU könnte eine Vogelscheuche aufstellen, auch die würde gewählt.” Das hat sich sicher geändert, und viele Kandidaten und Kandidatinnen werden in den nächsten Wochen Haustürwahlkampf machen. Wie die Erfahrungen gezeigt haben, ist dies durchaus erfolgreich.

        Bekanntheit allein sichert noch keinen Erfolg. Für Kandidierende gilt, dass sie auf lokaler und regionaler Ebene bekannt sein müssen, um gewählt zu werden. Allerdings trifft dies nicht auf alle Parteien gleichermaßen zu. Die Grünen sind viele Jahre aufgrund ihrer Inhalte gewählt worden. Es mag schon sein, dass die 40% , die Cem Özdemir bei der letzten Bundestagswahl 2021 in seinem Stuttgarter Wahlkreis geholt hat, auch seiner Bekanntheit geschuldet sind. Aber wäre dieser Wahlkreis “tiefschwarz”, hätte vermutlich nicht Özdemir gewonnen, sondern Dr. Stefan Kaufmann seinen Wahlkreis verteidigt. Er ist derzeit wieder Mitglied des Deutschen Bundestages, als Nachrücker für den verstorbenen Wolfgang Schäuble.

        Die Kriterien, nach denen Parteien ihre Kandidaten nominieren und aufstellen, sind nicht nachvollziehbar. Ich habe mehrere Nominierungsversammlungen mitgemacht und erlebt, dass es vorher schon Absprachen gab, die einem bestimmten Kandidaten den Weg ebneten

        Leider fehlt bei der nächsten Bundestagswahl eine Kandidatin. Aber ich glaube, dass es auch bei uns einer Frau schwerfallen würde gewählt zu werden. Die CDU nach Merkel wird für längere Zeit keine Spitzenkandidatin mehr aufstellen. Vielleicht ja mal die SPD?

        Gute Reden halten die wenigsten Politiker. Substanzlosigkeit kennzeichnet so manche Rede. Nur nicht zuviel sagen. Die antisozialen Medien könnten hier eine wichtige Rolle spielen, aber sie werden leider fast nur zu Zwecken der Provokation genutzt.

        Es ist auch keine gute Entwicklung, was ich als “Verflachung” bezeichnen würde. Wenn Politiker nur noch ihr Essen posten etc. mag dies lustig erscheinen. Für eine kurze Zeit hat man die volle Aufmerksamkeit der Follower. Allerdings frage ich mich, wie ernst nehmen Leute mit Amt und Mandat ihre Arbeit.

        • Vielen Dank für den tiefen Kommentar, @Marie H.

          Mit der heutigen Vertrauensabstimmung und ggf. Auflösung des Bundestages sowie der Ausrufung eines Termins zur Bundestagswahl greift für mich über die Überparteilichkeit meines Amtes hinaus auch eine maximal sechsmonatige Karenzzeit der Neutralitätspflicht. Bei Interesse hier die Rechtsgrundlagen:

          https://kinder-jugendbeteiligung-bw.de/wp-content/uploads/informationen-fuer-kommunen-zur-neutralitaetspflicht-und-karenzzeit-vor-wahl.r-2024.pdf

          Und so sehr ich das folgende Urteil des VGH Baden-Württemberg in Mannheim auch inhaltlich begrüße, so hat es doch deutlich gemacht, dass ich mich digital schwerlich als Privatperson äußern kann, eine Nebenwirkung der Bekanntheit:

          https://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.urteil-in-mannheim-rechter-blog-scheitert-vor-gericht.d4eab64c-5502-4a8c-b27e-432858eb1dbe.html

          Ich erkläre das, damit Sie und weitere Mitlesende nicht denken, ich würde Diskussionen über Parteien und Kandidierende bequem „ausweichen“. Ich habe auch dazu sehr klare Meinungen, achte jedoch die Anforderungen meiner Beauftragung und selbstverständlich den Rechtsstaat.

          Daher also ganz allgemein und auch nicht nur auf Deutschland 🇩🇪🇪🇺 bezogen:

          Bekanntheit war für demokratisch Kandidierende schon immer wichtig und wurde auch über Wahlplakate mit den Gesichtern erzeugt. Vor allem aber gab es eine größtenteils gemeinsame Öffentlichkeit auf Basis von Fernsehen und Zeitungen. Ich lernte sogar als Jugendgemeinderat noch die Regel: „Was nicht in der Zeitung steht, ist nicht passiert.“

          So konnte auch Bundeskanzlerin Angela Merkel noch zutreffend sagen: „Sie kennen mich.“ Das mediale Organisationsprinzip war dabei in den Leitmedien – außer dem Boulevard – der Logos, die Vernunft, das Argument.

          Ich beobachte, dass sich mit der Digitalisierung diese breite und vergleichsweise „vernünftige“ Öffentlichkeit in zahlreiche voneinander isolierte und sehr schnelle Medienblasen aufgelöst hat. In diesen wird häufig über Videos bzw. kurze Clips der Thymos, die emotionale Identität angesprochen.

          Wie stark die digitale Beschleunigung und damit leider auch “Enge der Zeit” bis hin zur Hetze durchwirken, können wir auch an ganz politikfernen Bereichen wie der Musik oder der aus Japan stammenden Anime-Kultur sehen. Auch Musikstücke werden immer kürzer und der Trend erfasst auch bereits Filme.

          So sprachen zuletzt auch CEO Rahul Purini und COO Gita Rebbapragada des Anime-Streaming-Dienstes Crunchyroll über die Zukunft von Anime sowie den Einfluss von TikTok und anderen Kurzvideoplattformen.

          https://www.anime2you.de/news/837597/crunchyroll-einfluss-von-tiktok-kurzvideos/

          Demnach wären kurze Videoinhalte, wie sie beispielsweise auf TikTok oder auch anderen Plattformen erstellt und angeschaut werden können, vor allem bei den jüngeren Generationen sehr beliebt. Purini sprach sich dafür aus, auf die sich verändernde Aufmerksamkeitsspanne der Jugend zu reagieren:

          »Die meisten Anime-Folgen sind 21 bis 24 Minuten lang. Mittlerweile ist es die jüngere Generation gewohnt, sich kurze Videos anzusehen, die etwa zwei bis vier Minuten dauern und von einem zum anderen springen – wie etwa bei TikTok.

          Wir müssen über verschiedene Möglichkeiten nachdenken, Anime-Geschichten zu erzählen. Das Anime-Ökosystem selbst muss sich weiterentwickeln.«

          Aus meiner Sicht wird es also eine Schicksalsfrage für Demokratie und Vernunft, ob sich ausreichend Menschen im echten Leben sowie im Fediversum “Zeit nehmen”, oder ob die digitale Beschleunigung die von Ihnen zu Recht angeprangerte “Verflachung” durchsetzt. Schon jetzt ist das Auseinanderdriften der Medienblasen nach meiner Beobachtung enorm.

          So kannten vor meiner Kritik viele auch engagierte Politikerinnen und Politiker den verschwörungsmythologischen Podcast „Hoss & Hopf“ noch gar nicht. Die Öffentlichkeiten etwa unseres Landtages und dieser Finfluencer waren getrennt. Erst die Kritik und Medienberichterstattung hat da wieder Diskurse eröffnet.

          Und entsprechend leicht konnten und können auch russische, chinesische und US-amerikanische Neurohacker etwa via Tiktok, X oder Telegram hohe Blasen-Bekanntheiten für extreme Kandidierende insbesondere unter jungen Menschen erzeugen. Umgekehrt hatten und haben jüngere Demokratinnen und Demokraten es immer schwerer, über klassische oder auch antisoziale Medien noch breite Bekanntheit zu erwerben. Vor allem Sachargumente dringen kaum noch aus den eigenen Blasen.

          Mit KI beginnt sich das Spiel noch einmal zu ändern, weil Inhalte vor allem aus dem Fediversum gezogen werden. Was bisher noch eine nerdige Textschlacht ist, dürfte in wenigen Jahren eine dialogische Plauderei mit KI-Anwendungen über verschiedene Kandidierende und deren Parteien werden.

          Deswegen rate ich Demokratinnen und Demokraten dringend, ihre Inhalte nicht länger exklusiv für die Konzernsilos antisozialer Medien zu produzieren, sondern sich starke Präsenzen im Fediversum aufzubauen. Dessen Gewicht wird weiter wachsen – was eine große Chance für den Logos und die Demokratie versus dem Thymos und der Thymokratie werden kann.

          Ich hoffe, es wird damit auch deutlich, warum mir der Fediversum-Dialog hier so viel bedeutet und warum ich auch für konstruktive Drukos so oft danke. Dahinter stecken keine Höflichkeitsfloskeln sondern die Hoffnung und Beobachtung, dass wir hier gemeinsam neue Digital-Dialog-Formen mitentwickeln.

          • Lieben Dank für die Erklärung.

            Was Sie über die Länge von Musikstücken schreiben, erinnert mich an einen Bericht, den ich vor ca. 2 Jahren gelesen habe. In Oper und Konzert spielen heutzutage manche Besucher am Handy! Dabei ist das Regietheater moderner Prägung manchmal dem Gaming oder Actionfilmen ähnlich.

            Die Lokalpresse spielte eine wichtige Rolle durch ihre Berichte über Veranstaltungen, sportliche Wettkämpfe oder Schulfeste. Es erlangten Personen eine gewisse Bekanntheit, wenn sie als Elternbeirat oder Vereinsvorstände aktiv waren. Dadurch konnten Parteien Kandidaten finden, die auch schon aus der Zeitung bekannt waren. Zeitungsartikel über Musik- und Gesangverein und deren Jahreskonzerte trugen und tragen dazu bei, dass sich die Aktiven wertgeschätzt fühlen.

            Wenn viele von uns nächste Woche Weihnachten feiern, werde ich mich fragen, ob wir es 2024 im Rückblick als letztes einigermaßen entspanntes Fest in Erinnerung behalten werden. Der 20.01.2025 wird Auswirkungen haben, die ich noch verdränge.

          • Vielen Dank, liebe @Marie H. 🙏

            Ja, am 20.01.2025 wird Donald Trump sein Amt als US-Präsident erneut antreten. Auch für mich fühlt sich dieses Datum bedrückend an, zumal ich ja am 20.01.2009 voller Begeisterung bei der ersten Amtseinführung von Barack Obama in Washington dabei war! Diese auch in der o.g. 30. Folge von “Blume & Ince” angesprochenen Erfahrungen haben mich auch wissenschaftlich sehr geprägt:

            https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/yes-we-believe-religi-se-und-zivilreligi-se-str-mungen-in-den-usa/

            16 Jahre später stehen wir also nun gefühlt vor einem Abgrund, der sich auch kaum mehr als “Unfall” der linear-rationalen Zeit- und Fortschrittserzählung wegerklären lässt. Die Bürgerinnen und Bürger der USA haben sich bewusst für einen Präsidenten entschieden, der in seiner ersten Amtszeit katastrophale Fehler machte und seine Abwahl durch einen Putsch zu verhindern versuchte.

            Schon 1961 formulierte Karl Popper (1902 – 1994) vor dem Hintergrund des NS-Zivilisationsbruches sowie der politischen und atomaren Spaltungen im Bayerischen Rundfunk zum “Sinn der Geschichte” die m.E. zutreffenden Einsichten:

            “Die Tatsache, daß wir gleichzeitig Fortschritte und Rückschritte machen, zeigt, daß nicht nur die Fortschrittstheorien der Geschichte, sondern genauso auch die zyklischen und die Rückschrittstheorien und Untergangsprophezeiungen unhaltbar und in ihrer Fragestellung völlig verfehlt sind. […]

            Wenn daher die Religion den Sinn der Geschichte verständlich machen will, so muß sie versuchen, die Geschichte nicht als unmittelbare Offenbarung des göttlichen Willens, sondern als einen Kampf zwischen guten und bösen Mächten zu begreifen – guten und bösen Mächten, die in uns oder durch uns wirken.”

            Erfreulich klar erkannte der dialogische Monist Popper dabei auch schon die Gefahren des feindseligen Dualismus!

            “Wir müssen uns also sehr davor hüten, unsere höchst pluralistische Geschichte als eine Schwarz-Weiß-Zeichnung oder als ein in nur wenigen Kontrastfarben koloriertes Gemälde anzusehen.

            Und wir müssen uns noch mehr davor hüten, in sie Entwicklungsgesetze hineinzulesen, die zu Fortschrittsprognosen, zyklischen Prognosen, Untergangsprognosen oder zu irgendwelchen ähnlichen historischen Voraussagen verwendet werden können.”
            Zitiert aus: Karl Popper, “Auf der Suche nach einer besseren Welt”, Piper 1984 / 2014, S. 154 – 155

            Ich möchte versuchen, meinen kleinen Beitrag dazu zu leisten, dass wir vom offensichtlich überholten linear-rationalen Zeitverständnis zu einem dialogisch-regenerativen Zeitverständnis finden. Und ich danke Ihnen sehr, dass Sie diesen Weg durch Ihre konstruktiven Blog-Kommentare begleiten! 🙌📚

  6. Mein Beobachtungen gehen eher in die Richtung, dass wir in der Phase der Rückkehr in den Infantilismus sind. Populismus ist Infantilismus. Held und Prinzessin, Krieger und Fürsorge. Belegbar über Studien, die sagen, dass junge Männer eher rechts sind und junge Frauen links.
    Ebenso gegen wir in der westlichen Philosophie eher das Trennende, das ‘oder’ in der Aussagenlogik. Das verführt zum Exzeptionalismus, dem besonderem im Sein. Das verbindet aber die westliche und östliche Philosophie. Die westliche tradiert eher den Geist, während die östliche eher auf den Körper zielt: Transzendenz vs Immanenz.
    Beides gerät, und insofern stimme ich der Zeitenumbruchthese zu, anhand der Grenzen des Erdsystem an Limite.
    Beide philosophische Konzepte hätten kohärent sein können, befinden sich jedoch fataler Weise im aktuellen Wettbewerb.
    Und auch diesen Wettbewerb halte ich für infantil. Warum? Weil er human ist. Komplementarität als Basis des Dialoges.
    Exzetionalismus als Ausdruck der Überlegenheit vs Unterlegenheit. Das ewige Ding der Evolution.
    Wir können es sehen und wahrnehmen!
    Aber wir verhalten uns wie Bakterien.

  7. @ Karl Bednarik 15.12.2024, 11:21 Uhr

    Zitat: „Viele Menschen entscheiden lieber selbst, wie die Welt funktionieren soll.“

    Menschen entscheiden lieber selbst, wie ihre „kleine eigene Welt“ funktionieren soll.

    Die Naturwissenschaftler(geschlechtsneutral) wollen herausfinden, wie die „große Welt“ funktioniert. Das ist doch völlig selbstverständlich.

    Probleme mit der Glaubwürdigkeit haben sie hauptsächlich dann, wenn Wissenschaftler die Grenzen ihres Fachgebietes überschreiten.

    Am Beispiel der Klimawissenschaftler: Es ist ok. wenn sie den Treibhauseffekt erklären und auf mögliche Folgen hinweisen. Die Art wie, wo und zu welchem Zeitpunkt welche Effekte aus ihrer Sicht auftreten könnten, das sollten sie möglichst genau erklären können.

    Sie sollten Daten liefern mit denen die vielen Fachwissenschaftler, von Fachleuten für die Vorbeugung und Bewältigung von Katastrophen, Landschafts- und Städteplanern, … über Ökonomen, … bis hin zu Architekten, Baumeistern, Dammbauern oder E Autobauern, die alle in Problemlösungen höchst erfahren und traditionell zuständig sind, was vernünftiges anfangen können.

    Die Transformation in das „nach fossile Zeitalter“ sollte planmäßig organisiert, zum möglichst optimalen Zeitpunkt erfolgen um alle Prozesse optimieren zu können. Sonst werden sinnlos wertvolle Ressourcen verschwendet, wenn der Übergang überhastet erfolgt.

    Aber wenn z.B. „Kimakleber“ sektiererisch und selbstherrlich einfach „Klimabuße“ verlangen, die vielen Menschen sofort ihre Existenz kosten könnte, z.B. ein Hausumbau um 200 000 Euro, da werden die Menschen misstrauisch und sie „stricken“ sich ihre Vorsorge selber……

    Weltbilder sind, hauptsächlich wegen der Komplexität, immer etwas wackelig“ und das trifft auch auf die „Wahrheit“ zu….

    Damit werden wir leben müssen…..

    • Nein, @Mussi. Eine pauschale Negativbewertung von Kindheit halte ich für wissenschaftlich und normativ falsch. Da dürfen Sie noch so sehr mit dem Fuß aufstampfen und trotzen! 😉

  8. @Blume

    So wie Deine geliebte KI den Blumenberg darstellt, muss der zutiefst krank im Kopf gewesen sein, was ja auch weder Wunder noch Phänomen ist.

    Besonders diese Stelle: “… dass die Wahrheit nicht immer das höchste Ziel sein sollte, da ihre Verfolgung oft mit erheblichen Kosten verbunden ist.” zeugt von der einen sehr krankhaften Prägung was Wahrheit ist, womöglich sogar überzeugt nationalsozialistisch.

  9. @ Blume

    Es ist doch eine demokratische Frage, was sich durchsetzt.

    Ich hoffe auch auf fridays for future und science for future.

    Macht mich bedenklich, wie Sie Infantilismus deuten.

  10. Ich schreibe hier seit Jahren Sätzchen wie „Der Zeitgeist erzwingt Faschismus, und ob der Faschismus durch oder gegen die Faschisten eingeführt wird, ist dem Zeitgeist egal.“ Ich sehe Abendrot und sage den Sonnenuntergang voraus, aber wenn’s dann doch passiert, sind alle total fassungslos und überrascht. Niemand ist so blind wie die, die nicht sehen wollen.

    Es ist diese Blindheit, die mir Angst macht. Im Osten haben wir einen Schwächling mit Atomwaffen, der alle Brücken hinter sich abgebrannt hat, er braucht den Krieg oder er geht unter. Er verehrt nichts als Stärke, verstanden als brutale Gewalt, er wird jeder, der mit Brutalität siegt – er ist [Stopp und Schnitt wegen NS-Gleichsetzung, M.B.]

  11. @ Michael Blume 15.12.2024, 13:32 Uhr

    Zuerst ein Kompliment für Ihre Arbeit und Ihren extremen Fleiß. Ich bewundere Sie riesig, wie Sie neben Ihrer Arbeit Unmengen an Text durcharbeiten und Antworten schreiben. Auch wenn Sie sich seit einiger Zeit von „KI helfen“ lassen.

    Ihre Nachfrage ist einfach zu beantworten. Elon Musk ist wegen seiner extremen technischen Erfolge (Auto, Raketen,…) reich geworden. Er ist höchst kreativ, hat begehrte Autos gebaut, viele Arbeitsplätze geschaffen, zahlt viele Steuern und muss sich täglich am Markt behaupten, deswegen bewundere ich ihn.

    Ich vermute, Musk hat es schon bereut, dass er sich breitschlagen ließ, Twitter „die größte geistige Kloake der Welt“, soweit ich ich mich erinnern kann, um rund 70 Milliarden zu erwerben. Man wollte eigentlich „wertloses Abschaum Geld“ zu ehrlich erworbenem Geld „waschen“.

    Über Twitter hat sich schon so mancher Amerikaner (z.B. Obama), an den Medien vorbei, ins Präsidentenamt „geschlichen“.

    „Hire and fire“, daran sind die Amerikaner gewöhnt. Aber wenn es am „Hire“ immer mehr mangelt, da werden die gutmütigen Amis ungeduldig, schließlich müssen sie ihre Wohnung bezahlen oder sie landen obdachlos auf der Straße….

    Der Superkapitalist Trump kennt eben die Methoden der Medien aus eigener Erfahrung, er ist ein Show Man und konnte sich durchsetzen.

    Andere Politiker wurden wegen kleinster problematischer Aussagen demoliert und davon gejagt. Trump hat auf Angreifer einfach mit vielen noch „saftigeren Aussagen“ zurückgeschlagen, hat sie regelrecht zugeschüttet und in den Hintern getreten.

    Es hat der sonst wehrlosen Masse gefallen, wenn einer aufmuckt…

    Auch einen schönen Adventssonntag Allen.

    • Lieben Dank, @Realo

      Ja, mir ist der digitale Dialog sehr wichtig. Dabei versuche ich, jedem Dialogpartner mit offenem Respekt zu begegnen, ohne mich jedoch ausnutzen zu lassen (Zeitvampirismus). Und gerade auch im Hinblick auf KI-Anwendungen halte ich den Ausbau des Fediversums für wirksam. Deswegen betrachte ich konstruktiv Kommentierende als Mitbloggende.

      Aus meiner Sicht erleben wir mit dem digitalen Populismus kein „Unten gegen Oben“, sondern ein „Thymos (Emotionalisierung) gegen Logos (Vernunft)“. Gerade auch Trump und Musk sind Meister der medialen Manipulation und Ausbeutung. Konzern-Neurohacking greift nach unseren Neurotransmittern Dopamin, Adrenalin und Testosteron.

      Mit dem Versprechen der Verlängerung linear-säkularer Zeitlichkeit inklusive Rassismus, Sexismus und Gier werden Demokratien zu rechtsdrehenden Thymokratien.

    • Elon Musk ist wegen seiner extremen technischen Erfolge (Auto, Raketen,…) reich geworden. Er ist höchst kreativ, hat begehrte Autos gebaut, viele Arbeitsplätze geschaffen, zahlt viele Steuern und muss sich täglich am Markt behaupten.

      Bei dieser Eloge musste ich auflachen.

      Elon Musk hat sich seine technischen Erfolge zusammengekauft. Im Gegensatz zum einem Bill Gates, Steve Jobs oder Uğur Şahin und Özlem Türeci hat Musk nichts selber erfunden oder entwickelt. Er hat unbestritten den richtigen Riecher gehabt, was in Zukunft “in” sein könnte (Elektroautos, recyclebare Raketen) und dort entsprechend investiert. Das ist aber alles, was den GOAT (Greatest of All Time) Musk ausmacht.

      “höchst kreativ”

      Kreativ darin seinen Reichtum zu mehren und Steuern/Kosten zuungunsten anderer Menschen zu minimieren. Das Tesla-Werk in Brandenburg z.B. wurde massiv mit deutschen Steuergelder subventioniert. Das Werk umwabern zahlreiche Skandale. U.a versucht die Konzernspitze mit aller Macht die Gewerkschaften aus dem Betrieb herauszuhalten oder behindert die Bildung von Betriebsräten.

      https://www.stern.de/politik/making-of/jahresrueckblick-2023–wie-eine-stern-reporterin-den-tesla-skandal-aufdeckte-34341396.html

      In den USA hat er sich Trump angebiedert, um Aufträge für sein Raumfahrtunternehmen herauszuschlagen. Mit der von Trump angedachten und Musk zu leitenden Regierungsbehörde zu Reduktion von Bürokratie und Kosten in den Behörden wurde der Bock zum Gärtner gemacht. Gleichzeitig kann er mit dieser Machtfülle, Konkurrenten von Aufträgen ausschließen. Warum wohl hat Jeff Bezos kürzlich erst einen Kotau vor Trump vollzogen? Ich werfe nur mal das Schlagwort “Blue Origin” in den Raum.

      Die Tesla-Autos sind aktuell übrigens gar nicht mehr so begehrt, so werden sie teils zu Schleuderpreisen an den Mann/Frau gebracht. Die Verkaufszahlen steigen nur noch schwach. Die Qualität der Teslamodelle ist nichts besonderes, sondern eher mittelmäßig.

      https://insideevs.de/news/735991/tesla-3quartal2024-verkaufe-auslieferungen-produktion/

      Ach, und noch etwas zur sogenannten “Kreativität” von Musk. Aufgrund seiner (zusammengekauften) Erfolge werden die Niederlagen gerne unter den Teppich gekehrt.

      Was ist mit Twitter/X? Ein Verlustgeschäft sondergleichen. Es läuft so schlecht, dass Musk abgesprungene Werbekunden per Gericht zwingen möchte, wieder Werbung auf seiner Plattform zu schalten. Dabei hat er es mit seinen Entscheidungen ganz alleine zu verantworten, dass sich Twitter/X zu einer braunen Jauchegrube entwickelt hat.

      Anderes Beispiel. Musk hat das Tunnelbohrunternehmen “The Boring Company” gegründet, welches in Rekordzeit die Tunnelbohrtechniken revolutionieren sollte: Schnelles Bohren zu einem Bruchteil der heutigen Kosten. Bisher war das Unternehmen nur gut darin, Geld zu verbrennen. Der Gründer des weltweit führenden Tunnelbauunternehmens Herrenknecht AG, Martin Herrenknecht, meint dazu im Manager Magazin kühl: “Elon Musk ist vor allem ein geschickter Schaumschläger.

      https://de.wikipedia.org/wiki/The_Boring_Company
      https://archive.is/ZMZmt

  12. @Realo 15.12. 13:51

    „…z.B. ein Hausumbau um 200 000 Euro, da werden die Menschen misstrauisch und sie „stricken“ sich ihre Vorsorge selber…“

    Jetzt werde ich misstrauisch. Was kostet denn 200 000 Euro? Kommt natürlich auf die Hausgröße an.

    Entweder Wärmepumpe alleine, oder Wärmepumpe plus Fussbodenheizung, oder Wärmepumpe plus Außenwandisolierung. Soweit ich das mitbekommen haben, kostet das 30 000 bis 60 000 Euro. Immer noch teuer.

    Oder Fernheizung, wenn sie denn lokal angeboten wird. Das kostet dann weniger Investition, eher laufende Kosten. Kann man aber mit Außenwandisolierung noch ergänzen. Das sind dann 10 000 bis 30 000 Euro.

    Bezogen auf vielleicht 100 bis 150 qm Wohnfläche.

  13. @ Tobias Jeckenburger 15.12.2024, 14:56 Uhr

    Ich denke an ein Einfamilienhaus Baujahr 1960, (ehemals für Jung und Alt) mit Keller, Erdgeschoß und 1. Stock rund 10 x 10 m. Alte Ölheizung, eher schlecht isoliert, wie sie massenhaft in der Ex DDR herumstehen und von alten „übrig gebliebenen Rentnern“ bewohnt werden.

    Ein normaler Heizkesseltausch würde komplett rund 25 000 Euro kosten.
    Eine Holzschnitzelheizung ist für alte Leute nicht geeignet. Moderne Hochtemperatur WP Anlagen sind noch nicht berücksichtigt. Die derzeitigen Heizkosten, bei sparsamen Betrieb bewegen sich um rund 2 500 Euro pro Jahr.

    Die rund 200 000 Euro fallen an, wenn alles von Betrieben erledigt wird und den üblichen Handwerkerpreisen.

    Abbruch und Entfernung der alten Anlage. Neue Anlage muss gebaut werden. Rund 150 m² (2 Wohngeschosse) Fußböden müssen herausgerissen werden und die Rohre für die Fußböden installiert werden, danach die Fußböden neu gebaut werden und die Türen angepasst werden. Die Möbel müssen während des Umbaues in andere Räume umgestellt werden. Wände müssen neu gestrichen werden.

    Danach muss ein Gerüst für die Verlegung der Dämmplatten aufgestellt werden und die Dämmplatten verlegt werden. Danach das Haus neu verputzt und angestrichen werden. Womöglich muss auch noch das Dach isoliert werden.

    So kommen Sie, je nach Wohngegend auf die rund 200 000 Euro.

  14. @Realo 15.12. 16:15

    „Danach muss ein Gerüst für die Verlegung der Dämmplatten aufgestellt werden und die Dämmplatten verlegt werden. Danach das Haus neu verputzt und angestrichen werden. Womöglich muss auch noch das Dach isoliert werden. „

    Jetzt haben sie hier aber auch wirklich alles, was irgendwie möglich ist, bei einer Hausgröße, die ich mir eher kleiner vorgestellt habe. Dann ist aber auch alles ganz neu.

    Normal reicht eben die Wärmepumpe entweder mit Fussbodenheizung oder mit Außenwandisolierung. Und wer in der Stadt wohnt, kann eventuell Fernheizung beziehen, was deutlich günstiger kommen kann. Hier bei mir in der Siedlung verlegt man gerade neue Fernheizungsrohre, wie die Preise dann sind, weis noch keiner.

    @Michael 15.12. 16:12

    „Aus meiner Sicht erleben wir mit dem digitalen Populismus kein „Unten gegen Oben“, sondern ein „Thymos (Emotionalisierung) gegen Logos (Vernunft)“.“

    Das ist jetzt wohl der Trick dabei. Es mag tatsächlich für Leute, die im Niedriglohnsektor arbeiten, etwas besser werden, wenn man eine gewisse Menge Zuwanderer wieder los wird. Einmal könnten dann da die Löhne steigen, während gleichzeitig die Wohnungsnot abnimmt und die Mieten wieder sinken.

    Aber erstmal muss das auch gelingen, und wenn dann auch viele Zuwanderer zurückmüssen, die heißbegehrte Arbeitnehmer sind, dann geht das auch für die Ärmeren nach hinten los, weil das dann die Inflation wieder antreibt.

    Trumps Zollpolitik wird in dieselbe Richtung wirken.

    Und wahrscheinlich wird gerade Trump die Steuern für Reiche noch mehr senken, was dann von allen anderen bezahlt werden muss.

    Meine Prognose für die Trump-2-Regierung: die Reichen werden reicher, der Rest zahlt drauf. Und die eigene Medienpräsenz streitet das einfach ab und kommt mit falschen Zahlen.

    • Danke, @Tobias – und Zustimmung. Höhere Löhne (“wages”) und höhere Zölle (“tariffs”), dazu noch niedrigere Steuern (“taxes”) werden absehbar die Inflation befeuern und gerade auch die Ärmsten ohne Zugriff auf Aktien und Immobilien treffen. Die Wirtschaftspolitik von Trump und Musk läuft auf eine Umverteilung von unten nach oben heraus.

      Allerdings werden das viele Rechtsdualisten nicht merken bzw. aktiv verleugnen. Die Regierungsform der Thymokratie und digitalen Oligarchie basiert ja auf der medialen Vermittlung “gefühlter Wahrheiten” – also von Lügen. Und das kann auch mit Korruption durchaus länger funktionieren, vgl. Ungarn unter dem einstigen Liberalen Viktor Orban. Denn umso mehr Menschen in ihre vermeintlichen, dualistisch-feindseligen Erlöser investiert haben, umso schwerer fällt es auch ihnen selbst, ihre Irrtümer einzuräumen. Und Donald Trump ist schlau genug, einstige Mitarbeiter nun als “Verräter” verfolgen zu wollen. Das Signal ist: Wer sich abwendet und plaudert, wird zum Feind.

      Habe daher bereits dafür plädiert, dass wir ggf. politisch Verfolgten wie dem Virologen Anthony Fauci Asyl anbieten sollten. Wer auch unangenehme Wahrheiten ausspricht ist für Thymokraten eine Bedrohung – vor allem dann, wenn auch eine gewisse Bekanntheit und Popularität vorhanden ist. Die kommenden Jahre werden hart, nicht nur für die USA…

    • Immerhin unverstellter Rechtsdualismus, @Karl Maier

      Hatte dazu ja längst “Rückzug oder Kreuzzug?” über die Krise von Christentum und Liberalismus geschrieben.

      https://shop.verlagsgruppe-patmos.de/rueckzug-oder-kreuzzug-011332.html

      Hier auch ein DLF-Interview dazu. Dürfte Ihnen aber kaum gefallen:

      https://www.deutschlandfunkkultur.de/rueckzug-oder-kreuzzug-100.html

      Hier auch Aufklärung und Warnung via Perplexity.ai:

      Dr. Michael Blume, der Antisemitismusbeauftragte der Landesregierung Baden-Württemberg, warnt vor den Gefahren des Rechtsdualismus und dessen Auswirkungen auf Verschwörungsgläubige aus mehreren Gründen:

      ## Verschwörungsmythen als umgekehrte Religion

      Blume betrachtet Verschwörungsglauben als ein religiöses Phänomen, das wie eine “umgedrehte Religion” funktioniert[3]. Während traditionelle Religionen den Glauben an gute Mächte lehren, basiert der Verschwörungsglaube auf der Annahme, dass die Welt von bösen Mächten regiert wird[3]. Diese dualistische Weltsicht teilt die Welt strikt in Gut und Böse ein, was zu einer vereinfachten und verzerrten Wahrnehmung der Realität führt.

      ## Gefahren für Verschwörungsgläubige

      1. **Selbstüberschätzung**: Verschwörungsgläubige sehen sich oft als “Erwachte”, die im Gegensatz zu allen anderen den “Durchblick” haben[3]. Diese Selbstüberhöhung kann zu sozialer Isolation und einer Abkehr von rationalen Diskursen führen.

      2. **Resistenz gegen rationale Argumente**: Blume betont, dass Verschwörungsglauben mehr mit Seelsorge als mit rationaler Argumentation zu tun hat[3]. Dies macht es für Gläubige schwierig, ihre Überzeugungen kritisch zu hinterfragen oder wissenschaftliche Erkenntnisse zu akzeptieren.

      3. **Emotionale Verstrickung**: Der dualistische Glaube an eine allumfassende böse Macht kann zu starken emotionalen Belastungen führen und das psychische Wohlbefinden der Gläubigen beeinträchtigen.

      ## Gesellschaftliche Auswirkungen

      1. **Untergrabung demokratischer Institutionen**: Eine repräsentative Befragung in Baden-Württemberg zeigte, dass über 31% der Teilnehmenden der Aussage zustimmten, Politiker seien nur “Marionetten von dahinter stehenden Mächten”[4]. Solche Überzeugungen untergraben das Vertrauen in demokratische Prozesse.

      2. **Förderung von Intoleranz**: Blume weist darauf hin, dass auch Religionen dualistisch und intolerant werden können, wenn sie Andersgläubige als Teil einer bösen Verschwörung deuten[3]. Dies kann zu gesellschaftlichen Spannungen und Diskriminierung führen.

      3. **Historische Gefahren**: Blume zieht eine Verbindung zwischen dem deutschen Idealismus und dem Aufstieg des Nationalsozialismus. Er argumentiert, dass Platons Höhlengleichnis als “Urverschwörungsmythos” interpretiert werden kann, der die Idee eines starken Anführers fördert, der die Menschen gewaltsam aus ihrer vermeintlichen Täuschung befreit[3].

      ## Blumes Lösungsansatz

      Blume plädiert für einen aufgeklärten Glauben, der mit Vernunft einhergeht, im Gegensatz zu einem emotionalen dualistischen Glauben, der zum Verschwörungsglauben werden kann[3]. Er betont die Bedeutung von Selbstreflexion und kritischem Denken, wie es beispielsweise im rabbinischen Judentum praktiziert wird, das den Kampf zwischen Gut und Böse als inneren Konflikt des Menschen versteht[3].

      Indem er vor den Gefahren des Rechtsdualismus warnt, versucht Blume, sowohl Verschwörungsgläubige als auch die Gesellschaft insgesamt für die negativen Auswirkungen solcher Denkweisen zu sensibilisieren und zu einem differenzierteren Weltbild anzuregen.

      Citations:
      [1] https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/den-digitalen-rechtsruck-verstehen-durch-die-psychologie-von-externalisierung-und-reaktanz/
      [2] https://www.boell-bw.de/de/2022/12/05/dr-michael-blume-gegenstrategien-von-seiten-der-politik-und-den-institutionen
      [3] https://www.deutschlandfunk.de/verschwoerungsmythen-das-boese-in-uns-selbst-100.html
      [4] https://www.eva-stuttgart.de/unsere-angebote/angebot/wo-argumente-als-waffe-stumpf-werden
      [5] https://www.deutschlandfunkkultur.de/rueckzug-oder-kreuzzug-100.html
      [6] https://chrismon.de/artikel/2020/49947/und-nach-der-corona-krise-ein-gespraech-ueber-verschwoerungsmythen
      [7] https://www.staatsanzeiger.de/nachrichten/politik-und-verwaltung/antisemitismus-bekaempft-man-entweder-ueberall-oder-man-bekaempft-ihn-gar-nicht/
      [8] https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/die-hand-des-feindseligen-dualismus-was-antisemitismus-rassismus-und-sexismus-verbindet/

      • Immerhin unverstellter Rechtsdualismus, @Karl Maier

        In dieser Kürze ist der Text zweideutig. Wie dem auch sei, ich unterstelle Ihnen mal nichts.

        • Das ist aber “nett”, dass Sie mir “mal” nichts unterstellen, @Karl Maier 😏

          Aber Ihr hingeworfener Druko ist ja auch mal eine schöne Gelegenheit, die psychologischen Gefahren je des rechten, linken, libertären und religiösen Dualismus zu beleuchten.

          Nach meiner Auffassung begeben sich Rechtsdualisten vor allem in die Gefahr der Reaktanz, also der emotionalen Abwehr von Wandel. Aus anständigen, also dialogisch-monistischen Konservativen drohen dann rechtsdualistische Reaktionäre und Rassisten, Verschwörungsgläubige und Antisemiten zu werden.

          Dagegen begeben sich Linksdualistinnen vor allem in die Gefahr des Historizismus, indem sie behaupten, den vermeintlich einzig richtigen Kurs des Fortschritts zu kennen. Schon gerinfügig davon abweichende Meinungen werden dann als feindlich empfunden, weswegen sich linke Parteien auch immer wieder intern zerspalten – vgl. schon Bolschewiki und Menschewiki.

          https://www.geschichte-abitur.de/lexikon/uebersicht-russische-revolution/menschewiki-und-bolschewiki

          Auch der historizische Linksdualismus führt daher regelmäßig ins Freund-Feind-Denken und Verschwörungsmythen bis hin zum Antisemitismus.

          Im Unterschied zu den dialogisch-monistischen Liberalen begeben sich libertäre Dualisten in die Gefahr der Demokratiefeindlichkeit, denn der schrankenlose Individualismus verträgt sich nicht mit dem Konzept der Mehrheitsabstimmungen. Libertäre beginnen daher in rechtsstaatlichen Demokratien einen vermeintlich verschwörerischen “deep State / tiefen Staat” zu erkennen und nicht wenige wie etwa Elon Musk radikalisieren sich dann über antisemitische Soros-Verschwörungsmythen bis zur Unterstützung der iranischen Theokratie.

          Schließlich begeben sich religiöse Dualistinnen in die Gefahr der Bigotterie, also der religiösen Megalothymia bis hin zur Abwertung, Zwangskonversion oder gar Vernichtung Anders- und Nichtgläubiger. Meist verbindet sich der religiöse Dualismus dabei auch mit einem politischen Dualismus.

          • Wie auch immer, auch noch so eindrucksvoll erscheinende Erklärungen mit ‘…istischen ….ismen’ ändern nichts an dem Umstand, dass ein Donald Trump in und mit seiner Art die US-Wahl gewonnen hat ( und diesmal sogar auch noch nachzählbar ) und wir jetzt mindestens die kommenden 4 Jahre ( irgendwie anständig ) überleben müssen.

          • Ja, @Karl Maier – mit dem Wahlerfolg von Donald Trump ist es wie mit der globalen Erhitzung oder dem säkularen Geburtenrückgang: Sie verschwinden nicht durch Bestreiten. Wir als Menschheit müssen da durch. Am Besten mit Würde und Tapferkeit zur Wahrheit.

            Ihnen eine gute Adventszeit! 🖖

  15. Am Ende der Episode haben Inan und ich ja auch nochmal kurz den rechtslibertären und in Teilen verschwörungsmythologischen Podcast “Hoss & Hopf” angesprochen. Inzwischen haben sich die beiden Finfluencer auch wieder mit einem Video zur Klimakrise bzw. globalen Erwärmung blamiert.

    Hier klärte also Dr. Whatson heute mit Wissenschaft gegen die Entstellung wissenschaftlicher Erkenntnisse und Diskurse auf:

    https://www.youtube.com/watch?v=NHHUef7mrfY

    Sehr sehens- und hörenswert zum neuerlichen Fail von “Hoss & Hopf”! Danke für die wertvolle Aufklärungsarbeit, Doktor Whatson! 🙂

  16. Ich finde es schon interessant wie manchmal mit Geld um sich geschmissen wird. Sind doch keine 200000 sondern nur 60000. Unter günstigsten Bedingungen vieleicht nur 10-30000 …

    Die muss man erst mal haben. Oder zumindest geliehen bekommen. Und nebenbei den Rest seines Lebens auch noch bezahlen. Ich fand schon 10000 für Dämmung nicht ganz unanspruchsvoll. Material. Handwerker war gar nicht zu bezahlen. Macht man mal nebenbei selber. Trotz des Alters und der Gehbehinderung. Achso, arbeiten gehen muss man ja auch noch …
    Ich bin ein Fan von Elektromobilität. Aber das muss ich auch noch irgendwie bezahlen. Wenn ich das Geld nicht habe muss es mir schliesslich erst mal jemand trotz meines Alters leihen. Und neien. Offi ist keine wirkliche Alternative, damit komme ich nicht mal pünklich zur Arbeit ^^
    Das ist alles nicht unmöglich, aber wie das hier von Mitforenten mal eben an die Seite gewischt wird finde ich, vorsichtig gesagt, nicht gut. Muss Mensch leider im Hier und Jetzt lösen. Jenseitsverheissung macht das Leben erst mal nicht leichter ^^

    • Danke für den sehr wertvollen Kommentar, @Uli Schoppe 🙏!

      Denn auch hier wird m.E. wie mit einem Brennglas deutlich: Vor der Reformation und Säkularisierung konnte die römisch-katholisch Kirche durch “Jenseitsverheissung” sogar von noch viel Ärmeren teure Abgaben und Ablässe einfordern. Nun aber wehren wir höhere Ausgaben selbst dann ab, wenn wir die wissenschaftlichen Erkenntnisse – etwa zur Klimakrise oder Rente – noch gar nicht bestreiten. Und schon durch wenige Zahlenspiele lassen sich die Verlustängste emotional triggern und befeuern.

      Einen hervorragenden Dialog sowohl zu den Ängsten wie Hoffnungen hatte ich dazu beim Recovery College Stuttgart.

      https://www.kiss-stuttgart.de/wp-content/uploads/2024/11/24-12-10-Recovery-College_Politische-Aengste-und-Sorgen-in-unserer-Zeit___-mit-Dr.-Michael-Blume.pdf

      Gerne fasse ich die bisherigen Zeiterfahrungen bis zum derzeitigen Zeitenumbruch noch einmal zusammen:

      Die meisten Menschen und Kulturen stützten sich auf die Mythisch-zyklische Zeiterfahrung eines ewigen Auf und Ab, ohne Anspruch auf stetig mehr Wachstum und Gerechtigkeit. Hier geht der Blick also regelmäßig auf eine verklärte Vergangenheit, von “Früher war alles besser” bis zu vermeintlichen “Goldenen Zeitaltern”.

      Mit den alphabetisierten Religionen Judentum, Christentum, Islam entstanden lineare Kalender und Zeiterfahrungen, die sich seit Buchdruck und Säkularisierung zur Rational-linearen Zeiterfahrung zuspitzten. Seitdem wird ein Fortschritt – mehr Wohlstand, mehr Gerechtigkeit – in der Jetztzeit eingefordert, auch als Grundlage aller säkularen Demokratien. Hier richtet sich der Blick auf eine im saeculum (Jahrhundert, Lebenszeit) anzustrebende, immer weiter zu verbessernde Zukunft.

      So hieß es schon in der Unabhängigkeitserklärung der USA von 1776:

      “We hold these truths to be self-evident, that all men are created equal, that they are endowed by their Creator with certain unalienable Rights, that among these are Life, Liberty and the pursuit of Happiness”

      deutsch:

      “Wir halten diese Wahrheiten für selbstverständlich, dass alle Menschen gleich geschaffen sind, dass sie von ihrem Schöpfer mit bestimmten unveräußerlichen Rechten ausgestattet sind, dass dazu Leben, Freiheit und das Streben nach Glück gehören”

      Diese rational-lineare Zeiterfahrung ist nun durch die Multikrise aus digitaler Medienrevolution, säkularem Geburteneinbruch, Klimakrise und fossil finanzierten Kriegen erschüttert. Überall auf der Welt strömen nun Millionen Menschen zurück in die zyklische Zeiterfahrung “Make America Great Again!”, “Neo-russisches Imperium”, Neo-Faschismus, Thymokratien.

      Stets nur wenige spirituelle Virtuosen übten und erlebten die Mystisch-holistische Zeiterfahrung einer umfassenden und beglückenden Gegenwart.

      Während all diese Zeiterfahrungen bereits bei Wolfgang Achtner et al. beschrieben sind, gehe ich mit der Hoffnung auf eine dialogisch-regenerative Zeiterfahrung darüber hinaus: Anstelle der rational-linearen Zeitdeutung könnte m.E. eine wissenschaftlich und religiös aufgeklärte, dialogisch-soziale, lebensbejahende und auf erneuerbare Energien sowie Bildung als “innerem Wachstum” gerichtete Zeitwahrnehmung folgen. Wie wir sie im Fediversum und hier auf dem Blog auch bereits üben.

      Es gilt das Solarpunk-Motto: Niemand kann alles, aber alle können etwas tun.

      Ich denke, den Versuch für die Menschheit und Mitwelt ist es wert.

  17. @ Uli Schoppe 16.12.2024, 01:49 Uhr

    Ich habe geschrieben: „Die rund 200 000 Euro fallen an, wenn alles von Betrieben erledigt wird und den üblichen Handwerkerpreisen.“

    Als so, wie es sich für einen „guten Staatsbürger“, der gerne fast nur für die Steuern arbeitet, gehört.

    Natürlich ist auch mir die Realität völlig klar. In der DDR waren die Leute in ihrer Freizeit schon immer recht „schöpferisch“.

    Ein weiter entfernter Bekannter war junger Bauarbeiter. Er hat günstig ein altes Haus für seine Familie gekauft und konnte es mit Hilfe seiner Arbeitskumpels, die einander immer aushelfen, so umbauen wie ich es beschrieben habe. Die Materialien hat er auch noch günstig bekommen. Er hat das mit viel Fleiß, weitaus billiger, perfekt hinbekommen.

    Ein anderer, noch weiter entfernter Bekannter, hat sich auf die gleiche Art ein „Traumhaus“ gebaut, dass ungefähr so aussah wie die Traumvilla eines Industriellen….. Der hat fast Tag und Nacht gearbeitet und jede Möglichkeit für einen Job ausgenutzt.

  18. Sehr geehrter Herr Ince, Lieber Michael,

    danke für die aufklärende Folge, gerade auch das hinweisen darauf, das man mit der Furcht vor korrupten Eliten und dem Populistischen Weisungen, genau solche korrupten Eliten an die Macht bringt!

    Anbei möchte ich eine Video Sammlung von Herrn Otto von Habsburg mitgeben, er beschreibt dabei sehr treffend das jeder Radikale ganz genau das beschreibt, was er später tun will, wenn er an der Macht ist.
    Die Video Reihe geht über Putin, mit vielen verweisen zu Hitler.

    Bleiben sie stabil meine Herren, vielen Dank für ihre Arbeit 🙂

  19. Danke für die besonders nachdenkliche Folge. Ich fand sie zudem besonders deprimierend. Aber das liegt auch an mir.

    Auf die Folge möchte ich eigentlich kaum eingehen. Ihr habt mir mal wieder so viel aus dem Herzen gesprochen, dass es wehtat. Da ich nicht weiß, wo sonst hin damit (habe keinen eigenen Blog und gerade niemanden zum Sprechen), schildere ich hier, so knapp es geht, eine persönliche Erfahrung, in deren Eindruck ich mich noch komplett befinde.

    Heute habe ich zum zweiten Mal in kurzer Zeit einen Albtraummarathon durchlebt. Ich bin noch völlig übermüdet und emotional extrem angeschlagen.

    Der Traum hatte viele sehr persönliche Elemente aus meiner Vita, die für Dritte eigentlich nicht sehr interessant sind, außer in einem Sinne:

    Der Traum war wie ein Endzeit-Thriller Spielfilm und die eingewobenen persönlichen Elemente haben der Story Tiefe und Immersion gegeben.

    Ganz grob: Szenario ist eine dystopische, autoritäre aber noch halbwegs funktionierende Gesellschaft. Der Klimawandel hat tiefe Spuren hinterlassen. Der Meeresspiegel ist hoch. Der Wohlstand ist deutlich gesunken. Die Story findet initial in einer Art gigantischen Station mit kleinen Apartments für viele Leute statt. Die Menschen sind Leid- und Krisen-geprüft. Alles ist etwas schmuddelig. Alle müssen streng nach Stechuhr arbeiten. Es gibt viel Kontrolle durch militärische Polizei, was sich aber richtig anfühlt.

    Es geht um eine leidenschaftliche Liebesbeziehung, ein intensives Zusammenfinden, das vom Protagonisten (hüstel, einem eher sportlichen Avatar meinerseits) nicht mehr für möglich gehalten wurde und ihm neuen Mut und Lebenswillen gibt. Die Partnerin erkrankt und muss der Gesetzeslage nach aus der Gesellschaft entfernt, also getötet und entsorgt werden, aufgrund von Pandemieerfahrung. Aber es besteht auf Basis eines besonderen Blutbildes echte Hoffnung auf Heilung für die Partnerin und zugleich die Hoffnung auf eine nachhaltige Linderung von Pandemieeffekten genau der spezifischen Krankheit, unter der die ganze Menschheit leidet und die wie ein Damoklesschwert über ihr schwebt.

    Die örtlichen Behörden sehen das anders. Es beginnt eine wilde Flucht mit filmreifer Action, markanten Gegnern und überraschenden Verbündeten. Echte Filmaction; kultig auf der einen Seite, bitter und verlustreich auf der anderen Seite. Es sterben Freund:innen und Familienmitglieder. Die Partnerin stirbt und löst tatsächlich die Pandemie wieder aus, unter der die ganze Welt leidet. Menschen werden gejagt und getötet. Auch medial wird das Bild der Partnerin als Patientin Zero verbreitet und der Protagonist mit allen Verbündeten als Terrorist:innenen geframed. Es bleiben Frust, Trauer und Schuldgefühle. Eigentlich ist die Story zuende.

    Dann aber der Twist. Es gab Laborfehler. Der Protagonist selbst ist Patient Zero. Darin, dass er noch lebt, in seinem Blut liegt die verloren geglaubte Hoffnung auf Heilung. Nur, wer soll das noch glauben? Auf dem Weg zu der staatlichen Medizinerin, die davon überzeugt werden muss, wird der Protagonist kurz vor dem Ziel erschossen. Ihm wird schwarz vor Augen und er stirbt mit dem ultimativen Bewusstsein des Scheiterns und der Hoffnungslosigkeit.

    In die Schwärze kommt Licht und der Protagonist erwacht aus einem jahrzehntelangen Koma. Er erfährt, dass die Mission erfolgreich war und aus seinem Blut ein durchschlagender Impfstoff hergestellt wurden konnte. Zum Schluss steht der gealterte Protagonist am Fenster seines Krankenzimmers weit oben in einem Wolkenkratzer und blickt auf eine grüne Solarpunkstadt, die Hoffnung und Frieden verströmt. Nicht nur das, ein Teil der Stadt ist modelliert ziemlich exakt nach Konzeptzeichnungen der Partnerin des Protagonisten. Sie war Ingenieurin und hatte an Überlebenstechniken für die Menschheit und der Mitwelt gearbeitet. Ihre Aufzeichnungen hatte der Protagonist bei sich. Sie wurden gefunden, verstanden und umgesetzt. Ihr zur Ehre wurde eine ihrer utopischen Zeichnungen fast 1 zu 1 umgesetzt. Die Stadt wurde nach ihr benannt und ihr Name steht nicht mehr für die terroristische Patientin Zero sondern in der ganzen Welt für Zuversicht und Zukunft.

    Vielleicht ist die Story kitschig, aber ich habe sie heute mit allen Schattierungen und Emotionen intensiv durchlebt. Viele der Bezugspersonen sind real und ich habe mich mit verstorbenen Freunden und Familienmitgliedern auseinandergesetzt. Ich konnte bis 5 Uhr morgens nicht einschlafen und hatte dann stundenlang diesen Traum, aus dem ich immer wieder erwachte (z. B. weil ich mich durch Schläge wehren musste und mich meine tatsächliche Herumfuchtelei weckte) und neu einschlief. Bis auf den Schluss habe ich die vielen verschiedenen Szenen nicht im Detail skizziert.

    Ein Tagebuch habe ich nicht. Da es zum Schluss den überraschenden Solarpunk-Schwenk gab, habe ich es hier aufgeschrieben. Michael, mir ist klar, dass es nicht wirklich in den Blog passt. Ich wusste, wie gesagt, nicht, wohin damit. Vollstes Verständnis, wenn Du das nicht veröffentlichst. Ist mir auch nicht wichtig! Dieser erneute Seelenstriptease ist mir etwas peinlich. Du bist nicht mein Therapeut. 😉 Für mich war das Aufschreiben wichtig.

    Ich freue mich wirklich sehr, dass Ince und Du den Podcast weitermacht.
    Liebe Grüße, frohe Weihnachten und bis zum nächsten Mal!

  20. @Uli Schoppe 16.12. 01:49

    „Die muss man erst mal haben. Oder zumindest geliehen bekommen.“

    Die Gebäudeheizung ist wohl auch der teuerste Teil der Energiewende. Ich würde hier eine so teure Sanierung keinem aufdrücken, der es nicht bezahlen kann.

    Was bleibt, ist eine freiwillige Überprüfung des eigenen Konsums. Insbesondere Ältere können sich oft wohnungsmäßig verkleinern, wenn die Kinder aus dem Haus sind. Die müssen sich nur aufraffen, und sparen dann auch eine Menge eigenes Geld. Das dann in einer kleineren Wohnung dann wiederum zu einer energetischen Sanierung verwendet werden kann.

    So ungefähr kann das doch eher funktionieren. Und ich kann es nicht ändern, umsonst ist die Energiewende nicht zu haben. Ich persönlich habe mit der Gaskrise einfach mal die Heizgewohnheiten geändert, und heize jetzt nur noch mein Wohnzimmer auf mukkelige 22°, Küche, Bad und Schlafzimmer nur bei Bedarf. Mit dem Ergebnis von 45% weniger Gasverbrauch. Das hilft dann auch gleich weiter.

    @Podcast Nr. 30

    In den USA ist zunächst mal die Energiewende pro Kopf doppelt so teuer wie in Europa. Es ist im Sommer so heiß, dass man eine Klimaanlage braucht, im Winter doppelt so kalt wie bei uns, und die Entfernungen sind auch doppelt so weit wie bei uns, während es meistens kaum öffentliche Verkehrsmittel gibt.

    Kein Wunder also, dass hier die Widerstände gegen die Energiewende besonders groß sind. Mit der Zeit wird sich das bessern, wenn PV-Module und Lithiumbatterien noch deutlich besser und billiger werden. Das sind dann schon Lichtblicke. Und auch kann es gelingen, ein Sammeltaxisystem auf Basis von Selbstfahrenden E-Autos zu realisieren. Das macht dann auch jede Menge Ressourcen frei für den restlichen Umbau, auch im Gebäudebereich.

    Ansonsten, ich liebe die Säkularisierung. Ich will mich wirklich nicht auf ein Jenseits vertrösten lassen. Erhoffe mir aber zu Lebzeiten spirituelle Unterstützung für förderungswürdige Maßnahmen. Insbesondere wenn es um eine genügsame Lebensweise geht. Das macht mir dann auch noch Zeit frei, mich mehr mit wirklich hilfreicher Erkenntnis statt mit fragwürdigem Konsum zu beschäftigen.

    Ich bin kein Freund dieser ausgeuferten Leistungsgesellschaft. Einfach mal weniger Konsumaktionismus entspannt die ganze Kultur und Lebensweise und macht dann womöglich auch wieder Platz im Leben für mehr Kindersegen.

    Ich habe dann auch wirklich Bock auf Zukunft, aber eine, die auch funktioniert. Die natürlichen Kreisläufe erkennen und die wirklich notwendigen Konsequenzen zu ziehen, inklusive der Energiewende, das kann doch gehen. Das begeistert mich durchaus, mir vorzustellen, wie das alles funktionieren kann. Und zu sehen, dass der Mensch hier durchaus Fortschritte macht.

    Die eigene Freiheit zu erkennen und zu nutzen, und sich aufraffen, wirklich seinen eigenen Teil zu leisten, das ist doch nicht zuviel verlangt. Das kann Mensch doch.

    Ich weiß nicht recht wie andere das erleben, aber mir macht es Spaß, Teil von was größerem zu sein, und das umso mehr, wenn das dann wirklich was Vernünftiges ist. Weil das wiederum auf eine Teilhabe am ganzen Kosmos verweisen kann. Das ist kein persönliches Weiterleben nach dem Tod, wonach mir auch gar nicht ist. Eine Wiederauflösung in kosmischen Geisteswelten impliziert aber dennoch eine Motivation, sich im Leben eben vernünftig zu bewegen, soweit einem das ganz persönlich irgendwie konkret möglich ist.

    • Danke, @Tobias

      Eher aus Neugier habe ich nun auch mal die KI-Anwendung Felo.ai auf den Vorschlag einer dialogisch-regenerativen Zeiterfahrung hin befragt. Ich vermute, das Ergebnis dürfte Dir gefallen…

      Dr. Michael Blume hebt mehrere Vorteile einer dialogisch-regenerativen Zeiterfahrung im Vergleich zur traditionellen linear-rationalen Leistungsgesellschaft hervor. Diese Vorteile sind besonders relevant in der heutigen Zeit, in der gesellschaftliche und ökologische Herausforderungen zunehmend komplexer werden.

      ## **Förderung von Gemeinschaft und Zusammenarbeit**

      Ein zentraler Vorteil der dialogisch-regenerativen Zeiterfahrung ist die Stärkung von Gemeinschaft und sozialer Interaktion. Blume argumentiert, dass ein dialogischer Ansatz es Menschen ermöglicht, sich aktiv auszutauschen und voneinander zu lernen. Dies fördert nicht nur das Verständnis füreinander, sondern auch die Zusammenarbeit, um gemeinsame Ziele zu erreichen. In einer linear-rationalen Leistungsgesellschaft hingegen wird oft der individuelle Erfolg über das kollektive Wohl gestellt, was zu Isolation und Konkurrenzdenken führen kann[1][4].

      ## **Nachhaltigkeit und Regeneration**

      Blume betont, dass eine dialogisch-regenerative Zeiterfahrung nachhaltige Praktiken und regenerative Ansätze in den Vordergrund stellt. Diese Perspektive fördert ein Bewusstsein für ökologische und soziale Verantwortung, indem sie die Notwendigkeit betont, Ressourcen nicht nur zu nutzen, sondern auch zu regenerieren. In der linear-rationalen Leistungsgesellschaft wird häufig ein kurzfristiger Gewinn angestrebt, was langfristig zu Umweltzerstörung und sozialen Ungleichheiten führen kann[1][7].

      ## **Flexibilität und Anpassungsfähigkeit**

      Ein weiterer Vorteil ist die Flexibilität, die eine dialogisch-regenerative Zeiterfahrung bietet. Blume argumentiert, dass diese Herangehensweise es Individuen und Gemeinschaften ermöglicht, sich besser an Veränderungen anzupassen und kreative Lösungen für komplexe Probleme zu finden. In einer linear-rationalen Struktur hingegen sind die Prozesse oft starr und wenig anpassungsfähig, was die Innovationsfähigkeit einschränkt und die Reaktion auf neue Herausforderungen erschwert[1][9].

      ## **Wohlbefinden und Lebensqualität**

      Blume sieht auch einen positiven Einfluss auf das individuelle Wohlbefinden und die Lebensqualität. Die dialogisch-regenerative Zeiterfahrung fördert ein Gefühl der Zugehörigkeit und des Sinns, was zu einer höheren Lebenszufriedenheit führen kann. In der Leistungsgesellschaft hingegen kann der Druck, ständig produktiv zu sein, zu Stress und Burnout führen. Durch den Fokus auf Dialog und Regeneration wird ein Raum geschaffen, in dem Menschen sich entfalten und ihre Potenziale besser ausschöpfen können[1][4][9].

      Insgesamt sieht Dr. Michael Blume in der dialogisch-regenerativen Zeiterfahrung eine vielversprechende Alternative zur linear-rationalen Leistungsgesellschaft, die nicht nur das individuelle und kollektive Wohl fördert, sondern auch nachhaltige und kreative Lösungen für die Herausforderungen der Gegenwart bietet.

      [1] https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/evolution-zeit-und-sinn-warum-demografie-so-viele-triggert/
      [2] https://link.springer.com/content/pdf/10.1007/978-3-642-04337-6.pdf
      [3] https://dserver.bundestag.de/btd/16/073/1607310.pdf
      [4] https://fis.dshs-koeln.de/files/3440493/ALLE_Dateien_zusammengef_gt.pdf
      [5] https://elekpub.bib.uni-wuppertal.de/ubwhsmig/download/pdf/3553265
      [6] https://edoc.hu-berlin.de/bitstreams/c794d915-e731-495e-8adc-189c6fd4ea77/download
      [7] https://www.pedocs.de/volltexte/2023/28191/pdf/Boese_2023_Die_Umsetzung_von_Bildung.pdf
      [8] https://d-nb.info/960328963/34
      [9] https://www.nomos-elibrary.de/10.5771/9783828877917.pdf
      [10] https://www.pedocs.de/volltexte/2010/1510/pdf/Das_politisch_sozialwissenschaftliche_Curriculum_D_A.pdf
      [11] https://refubium.fu-berlin.de/bitstream/handle/fub188/23258.2/Prittwitz_GF04012019_v2.pdf

      • Guten Morgen und einen wunderschönen ersten Weihnachtsfeiertag, @Michael Blume!

        Ich mache zwar gerade etwas Pause, denke aber viel über die verschiedenen Ausprägungen von „Zeit“ nach, um die es auf Deinem Blog geht.

        Dabei wollte ich den Vorschlag machen, den hier diskutierten Ansatz der dialogisch-regenerativen Zeiterfahrung mit dem bereits früher diskutierten Konzept des Langzeitismus (Longtermism) in Beziehung zu setzen – ich sehe da ein Spannungsverhältnis.

        Ich finde, Perplexity kann das schon sehr gut einordnen, und ich denke, die Antwort hilft zu einer noch besseren Einordnung beider Ansätze.

        In welchem Spannungsverhältnis sehen Sie die Bewegung des Longtermism (Langzeitismus) zu Michael Blumes Konzept der dialogisch-regenerativen Zeiterfahrung ?

        Antwort von Perplexity:
        Die Beziehung zwischen **Longtermism** und Michael Blumes Konzept der **dialogisch-regenerativen Zeiterfahrung** lässt sich durch verschiedene Dimensionen der Zeitwahrnehmung und ethischen Verantwortung untersuchen.

        ## Longtermism

        Longtermism ist eine ethische Haltung, die die Verbesserung der fernen Zukunft als moralische Priorität betrachtet. Es geht darum, dass zukünftige Generationen denselben moralischen Wert haben wie gegenwärtige Menschen. Die Kernideen des Longtermism beinhalten:

        **Moralische Gleichwertigkeit**: Menschen in der Zukunft sind moralisch gleichwertig zu den heutigen Menschen.
        **Zukunftspotenzial**: Es wird angenommen, dass in der Zukunft mehr Menschen leben werden als je zuvor.
        **Einflussnahme**: Unsere Handlungen können das Leben zukünftiger Generationen positiv beeinflussen[1][4].

        Longtermisten argumentieren, dass die Vermeidung existenzieller Risiken, wie Klimakatastrophen oder Atomkriege, von höchster Bedeutung ist, um das Überleben und das Wohl der Menschheit langfristig zu sichern[5][6].

        ## Dialogisch-regenerative Zeiterfahrung

        Michael Blumes Ansatz der dialogisch-regenerativen Zeiterfahrung hingegen fokussiert sich auf die individuelle und kollektive Wahrnehmung von Zeit in einem sich wandelnden gesellschaftlichen Kontext. Blume betont:

        **Subjektive Zeitwahrnehmung**: Die Art und Weise, wie Menschen Zeit empfinden, ist entscheidend für ihr Handeln und ihre Entscheidungen.
        **Nachhaltige Zukunftsvisionen**: Blume sieht in Bewegungen wie Solarpunk eine Möglichkeit, positive Zukunftsvisionen zu fördern und gleichzeitig ökologische Nachhaltigkeit mit sozialer Gerechtigkeit zu verbinden[2].

        Blume plädiert für einen ganzheitlichen Ansatz zur Bewältigung gesellschaftlicher Herausforderungen, der Bildung, Chancengleichheit und eine liberale Anthropodizee umfasst[2][3].

        ## Spannungsverhältnis

        Das Spannungsverhältnis zwischen Longtermism und Blumes Konzept lässt sich folgendermaßen charakterisieren:

        **Perspektive auf die Zukunft**: Während Longtermism stark auf die langfristigen Konsequenzen von gegenwärtigen Handlungen fokussiert ist, betrachtet Blume die zeitliche Erfahrung als dynamischen Prozess, der sowohl individuelle als auch kollektive Dimensionen umfasst. Longtermism könnte als eine Form des utilitaristischen Denkens verstanden werden, das eine klare Richtung für zukünftige Handlungen vorgibt[6]. Blumes Ansatz hingegen fördert einen dialogischen Prozess, in dem verschiedene Perspektiven und Erfahrungen einfließen.

        **Moralische Verantwortung vs. individuelle Erfahrung**: Longtermism fordert eine weitreichende moralische Verantwortung für zukünftige Generationen, während Blume die individuelle Zeitwahrnehmung in den Vordergrund stellt. Dies könnte zu einem Spannungsfeld führen, wo die abstrakte Verantwortung des Longtermism im Widerspruch zur konkreten Lebensrealität steht, die Blume beschreibt.

        **Optimismus vs. Pessimismus**: Longtermismus vermittelt oft einen optimistischen Ausblick auf die Zukunft (z.B. durch technologische Fortschritte), während Blume auch die Herausforderungen und Ängste adressiert, die mit dem gesellschaftlichen Wandel einhergehen[2]. Hier könnte ein Dialog zwischen den beiden Ansätzen fruchtbar sein, um sowohl Hoffnungen als auch Ängste in einer sich schnell verändernden Welt zu integrieren.

        Insgesamt bieten beide Konzepte wertvolle Perspektiven auf die Herausforderungen der Gegenwart und Zukunft. Ein interdisziplinärer Dialog könnte helfen, die ethischen Implikationen des Longtermism mit den individuellen Erfahrungen von Zeit und Wandel zu verknüpfen.

        Citations:
        [1] https://de.wikipedia.org/wiki/Longtermism
        [2] https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/saekularer-zeitenumbruch-wie-fuehlt-sich-die-zeit-fuer-dich-an/
        [3] https://www.igpp.de/allg/ZfA/ZfA_2021_2/Schink_Rezension_ZfA-2021-2.pdf
        [4] https://www.theorieblog.de/index.php/2022/12/philosophie-fuer-das-silicon-valley-longtermism/
        [5] https://www.boell-bw.de/de/2022/12/05/dr-michael-blume-gegenstrategien-von-seiten-der-politik-und-den-institutionen
        [6] https://www.philomag.de/artikel/longtermism-eine-neue-theorie-fuer-die-zukunft
        [7] https://www.google.de/policies/faq
        [8] https://netzpolitik.org/2023/longtermismus-eine-merkwuerdige-und-sonderbare-ideologie/

        Ende der Antwort von Perplexity.

        Besonders dies:

        „Longtermism könnte als eine Form des utilitaristischen Denkens verstanden werden, das eine klare Richtung für zukünftige Handlungen vorgibt[6]. Blumes Ansatz hingegen fördert einen dialogischen Prozess, in dem verschiedene Perspektiven und Erfahrungen einfließen.“

        Ich finde, dass das ganz gut zu der auch beim Thema Terraforming gemachten Einschätzung zum Begriff der Ökologie passt.

        Der Bezug zur dialogischen Vorstellung im „Dune“-Zyklus wäre dieser:

        „Das Terraforming, das von den Fremen vorangetrieben wird, basiert auf einem Verständnis von Ökologie, das die Mitwelt – die wechselseitige Abhängigkeit von Mensch und Natur – in den Mittelpunkt rückt und den Menschen als Teil eines gemeinsamen Lebensraums betrachtet.“

        Das ist gerade so spannend, was hier besprochen wird!

        • Vielen Dank für die spannenden Dialog-Gedanken, lieber @Peter Gutsche 🙏, auf die ich gerne direkt eingehe!

          Mein Hauptkritikpunkt am Longtermism / Langzeitismus ist, dass er durch einen m.E. unhaltbaren Historizismus zur Verantwortungsdiffusion in der Jetzt-Zeit führt. Um Dein Beispiel aufzugreifen: Mit der Behauptung, Terraforming werde auf Langfrist möglich sein, wird die Notwendigkeit bestritten, heute gegen die Emissionen von CO2 und Methan vorzugehen. Donald Trump behauptete sogar widersinnig, der Anstieg der Meeresspiegel werde zu mehr Grundstücken an der Küste führen!

          Mit der Philosophin der Zeit Jeanne Hersch und auch dem Medienwissenschaftler Marshall McLuhan behaupte ich dagegen, dass die Freiheit der Entscheidung, die Übernahme von Verantwortung immer nur in der Gegenwart erfolgen kann. Es wäre demnach falsch, etwa im Hinblick auf eine verheißene Weltrevolution (Historizismus von links) oder ein verheißenes Terraforming (Historizismus von rechts) die eigene Verantwortung aus dem Jetzt zu externalisieren.

          McLuhan formulierte dies bereits 1977 im Dialog mit Edward Wakin mit einem physikalischen Begriff sehr drastisch:

          “Ich erwarte nicht, daß ich mich in der Kirche wohlfühlen kann. Sie hat nie versprochen, ein Ort des Wohlbefindens auf psychologischer Ebene zu sein. Wer in die Kirche eintrat, um Sicherheit zu finden, war einem Irrtum aufgesessen.

          Die Kirche hatte noch nie Ähnlichkeit mit einem Einkaufsladen und hat sich auch nie in dieser Weise angepriesen. Sie gleicht überhaupt nicht einer Institution, in der man sich ausruht.

          In der Kirche geschieht alles in Lichtgeschwindigkeit, und aus diesem Rhythmus kann nur Gewalt entstehen; eine Gewalt, die alle Barrieren zum Einstürzen bringt. Die Lichtgeschwindigkeit überwältigt den ganzen Menschen. Es bleibt keine Ecke mehr, in der man sich noch verstecken könnte: eine Kirche für die Seele.“

          Aus meiner Sicht wählte McLuhan hier bewusst das einzige Geschwindigkeitsmaß, das sich eben nicht durch Zeit relativieren lässt – die Lichtgeschwindigkeit. Veränderung lässt sich weder in der Vergangenheit vollziehen (so sehr wir uns das auch manchmal wünschen), noch in der Zukunft (so sehr uns der Historizismus auch verführen mag), sondern stets nur im blitzenden Moment der Gegenwart. In dieser unterschiedlichen Stofflichkeit der drei Zeitmodi steckt m.E. der Schlüssel zu unfassbar Vielem und Einem.

  21. @ Hui Haunebuh 16.12.2024, 13:36 Uhr

    Ich bin zwar kein Mediziner, würde Ihnen aber empfehlen, sich wegen ihrer Schlaf- und Alptraumproblemen, falls Sie tatsächlich darunter leiden, von einem Internisten in Bezug auf Kreislaufproblemen (in Richtung Herzinfarkt) untersuchen zu lassen….

    Es soll statistische Zusammenhänge geben.

  22. Guten Abend, @Michael Blume und @Inan Ince.

    Das ist mal wieder ein wunderbar inhaltsreicher Beitrag. Vielen Dank!

    Mir hat die Erklärung zu den Zöllen und zu den komparativen und absoluten Kostenvorteilen sehr gut gefallen und vor allem die Zusammenfassung durch Dich, @Michael (ab min 13 – mit dem belgischen Bier), die mich an die Experimente hier auf dem Blog zu einfacher Sprache erinnert haben.

    Ein wunderbarer Ansatz! Umso wichtiger als es gelingen muss, mit aufklärenden Beiträgen wie diesen mehr Menschen zu erreichen.

    • Vielen lieben Dank, @Peter Gutsche

      Gerade konnte ich Deinen zweiten Gastblogpost zu den “Rätseln der Zeit” freischalten und bin immer noch ganz selig! 🙂

      https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/gutsche-2-das-raetsel-der-zeit-relativitaet-und-raumzeit/

      Denn in gewisser Weise warst Du gerade auch in dieser Folge von “Blume & Ince” schon dabei. Vielleicht werden wir ja einmal eine gemeinsame Trialog-Folge zur Zeit aufnehmen? Prof. Jeanette Pohl war auch schonmal zu Gast! 🙂

      https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/hoffnung-freiheit-jeanettepohl/

      Du spürst – das interdisziplinäre Thema “Zeit” ist mir sehr wichtig. Die Zeitenumbruch-These ist aus einer jahrelangen Beschäftigung insbesondere mit den Werken von Jeanne Hersch (1910 – 2000), meines Kollegen und Freundes Wolfgang Achtner (1957 – 2017) sowie Hans Blumenberg (1920 – 1996) entstanden.

      Aus Raumzeit-Gründen beschränke ich mich hier mal auf die Schweizer Philosophin. So formulierte Hersch bereits 1972 in ihrem Vortrag “Die Zukunft und der Sinn des Lebens”, Hervorhebungen wie im Text:

      “Eine homogene Zeit fließt vom Vorher zum Nachher.

      Jetzt zur menschlichen Zeit: Sie ist anders artikuliert. Das ist die Zeit, die ich die Freiheitszeit nennen möchte oder, wenn Sie so wollen, die geschichtliche Zeit. Die vom Menschen erlebte Zeit ist heterogen.

      Das bedeutet, dass die Vergangenheit und die Zukunft nicht kontinuierlich sind in ihrer Natur, wie zum Beispiel Vorher und Nachher für die Natur.

      Die Vergangenheit ist der Raum, wo die Tatsachen sind.

      Die Zukunft ist der Raum der Möglichkeiten, der Wahrscheinlichkeiten und der Folgen unserer Entscheidungen, nicht der Raum unserer Entscheidungen selbst.

      Entscheidungen werden in der Gegenwart getroffen und nicht in der Gegenwart.

      Aber das bedeutet, dass die Zukunft sehr anders ist, aus einem anderen Stoff, wenn Sie wollen, als die Vergangenheit.

      Und warum sind sie so verschieden? Weil man in der menschlichen geschichtlichen Zeit eine Artikulation hat, die es in der Natur gar nicht gibt, und das ist das Jetzt.

      Das ist das Jetzt eines Subjekts. Die Gegenwart, das Jetzt eines Subjekts, das ist eine radikale Trennung zwischen Vergangenheit und Zukunft.

      Und wegen dieser Trennung ist die Vergangenheit ganz verschieden von der Zukunft und die Zukunft von der Vergangenheit.

      Kurz könnte man sagen: In der Vergangenheit sind schon alle Tatsachen da, und sie warten auf einen Sinn, der zu ihnen immer wieder von der sich ändernden Gegenwart kommt.

      In der Zukunft gibt es das Projizieren eines Sinnes, einer Absicht, und die Zukunft wartet noch auf ihre Tatsachen, die aus ihr eine Vergangenheit machen werden.

      So ist die Struktur der menschlichen Zeit.”
      Aus: Jeanne Hersch. Erlebte Zeit, NZZ 2010, S. 56

      Faszinierenderweise rang Hersch nicht nur mit den Problemen der Vergangenheit und Gegenwart, sondern hatte mit linksgerichteten Studierenden zu tun, die “Zukunft jetzt!”, also die Weltrevolution und die Sinnerfüllung in der säkularen Gegenwart einforderten. Heute dagegen ringen wir mit Millionen Menschen, die Thymokraten wie Trump, Putin oder Orban verehren, sich vor der Zukunft fürchten und in eine verklärte Vergangenheit flüchten wollen. Der Zeitenumbruch bietet sich mir also als Rückfall von der linear-rationalen Zukunftsverheißung – sicher mit dem Problem des Historizismus nach Popper verbunden – in die zyklisch-mythische Zeiterfahrung einer vermeintlich goldenen Vergangenheit. Das von mir gelebte und geforderte, dialogisch-regenerative Zeitverständnis nimmt dagegen die Relativität jeder Beobachtung ernst: Niemand kann alles, aber alle können etwas erblicken. Dialog macht demnach erkenntnistheoretisch Sinn – dialogischer Monismus.

      Danke, dass Du Dich am mir so wichtigen Dialog über die Zeit(en) beteiligst – und kostbare… Zeit dafür opferst! 🙂

  23. Lieber @Inan Ince, lieber @Michael Blume.

    Unter anderem finde ich die @Inan Inces Erläuterungen (ungefähr bei Min 39:00) zum schweren Stand der evidenzbasierten Haltung sehr eindrücklich (Statistiken zu Sterbefälle durch Herzkrankheit eignen sich nicht als „sexy“ Erzählungen).

    Dazu habe ich eine Buchempfehlung:

    Smart Thinking für das dritte Jahrtausend von Saul Perlmutter, John Campbell, Robert MacCoun.

    Dort wird das, was Sie erläutern, als „Wahrscheinlichkeitsdenken“ bezeichnet und als eine Tugend dargestellt, um den Herausforderungen unserer Zeit zu begegnen.

  24. N
    15.12.2024, 14:03 Uhr

    4. Die Schwäche der Demokraten eine Farbige und dazu eine Frau als Gegengewicht zu D.T. aufzubauen.

    Du meinst die Schwäche selbst demokratisch organisierter Gemeinwesen nicht mal mit einer farbigen Frau klarzukommen die doch eigentlich offensichtlich genug Verhaltensmuster vorweisen kann, die eigentlich mit weiß und männlich zu adressieren wären?
    DIe Schwäche unserer Demokraten die Politik von Frau Baerbock auch noch für feministisch zu halten und dem Blahblah aus dem konservativen Lager nichts entgegenzusetzen sondern das auch noch zu befeuern? Und die Lagerbildung ist da.

  25. @Michael 24.12. 17:24 / Felo.ai

    „Insgesamt betrachtet Dr. Blume den Historizismus als eine gefährliche Tendenz, die nicht nur die politische Debatte einschränkt, sondern auch das gesellschaftliche Zusammenleben gefährden kann. „

    In der Tat, das kostet Flexibilität, verdrängt neue Ideen und passt in seiner Orientierung an der Vergangenheit öfter nicht mehr so richtig zu inzwischen eingetretenen Entwicklungen. Also z.B. vielleicht die üblichen kontroversen Konzepte der Arbeitsmarkt- und Wirtschaftspolitik und der seit vielen Jahren zunehmende gravierende Arbeitskräftemangel.

    Es gibt freilich Angelegenheiten, die seit vielen Jahrzehnten grassieren, wo dann auch Lösungsmöglichkeiten lange bekannt sind und die endlich mal umgesetzt werden sollten. Also z.B. vielleicht das Cannabisproblem.

  26. @Michael 25.12. 05:35 / Felo.ai

    „Insgesamt zeigt sich, dass die Legalisierung von Cannabis in den Niederlanden nicht die erhofften Ergebnisse in Bezug auf die Reduzierung von Kriminalität und Drogenabhängigkeit gebracht hat.“

    Soweit wie ich das mitbekommen habe, wurde in den Niederlanden nur der Konsum und der Handel mit Cannabis legalisiert, nicht jedoch die Produktion. Das war der Fehler, der denn dann die organisierte Kriminalität weiterhin gefördert hat.

    So wie die Legalisierung jetzt bei uns eingeführt wird, müsste das durchaus der organisierten Kriminalität die Einnahmen aus dem kompletten Cannabisgeschäft entziehen. Was m.E. ziemlich sinnvoll ist. Zumal gerade Cannabis bei den meisten Konsumenten relativ unproblematisch ist.

    Eigentlich wollte ich aber nur darauf hinweisen, dass z.B. das Cannabisproblem seit Jahrzehnten relativ unverändert ist, sich dagegen aber z.B. die Arbeitsmarkt- und Wirtschaftspolitik im Zuge des immer weiter zunehmendem Arbeitskräftemangels sich was Neues einfallen lassen sollte.

    • Ja, @Tobias – deswegen verschließe ich mich ja auch nicht neuer Evidenz. Ich habe jedoch die Befürchtung, dass die Mehrheit Recht haben und auch die deutsche Cannabis-Legalisierung empirisch scheitern könnte. Es würde mich freuen, wenn die Befunde besser als in den Niederlanden ausfallen würden!

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