Begriffsklärung Thymos, oligarchische Timokratie, KI-digitale Thymokratie

Fast täglich erreichen mich Anfragen zum griechisch-antiken Begriff des Thymos, der leider außerhalb der Philosophie und Politikwissenschaft kaum noch bekannt zu sein scheint.

Thymos bezeichnet den Statushunger, Stolz, Empörung und gewaltbereiten Zorn, besonders bei jungen Männern. Es ist ein Begriff aus der griechischen, jafetitisch alphabetisierten Klassik, der die emotionale und leidenschaftliche Seite des Menschen beschreibt und deutet. So sah Platon (428 – 348 v. Chr.) den meist männlich beschriebenen Thymos als tugendhaft, insofern er durch Vernunft (Logos) kontrolliert werde, um Streit, Hass und Gewalt zu vermeiden.

Angesichts der digitalen Medienrevolution holte der Politikwissenschaftler Francis Fukuyama 2019 in “Identität” die Thymos-Begriffswelt in die moderne Debatte zurück. Dabei unterschied er Megalothymia (das Streben nach Überlegenheit) von Isothymia (das Streben nach Gleichheit). Er warnte etwa vor politischen Anführern oder auch US-Milliardären wie Donald Trump, die gleichzeitig nationalistische Überlegenheit und Gleichheit durch Ausschluss aller “Fremden” und die Unterwerfung von Frauen anbieten würden. Was der Vernunft – dem Logos – widersprüchlich erscheine, könne dem Thymos durch sog. Identitätspolitik schmackhaft gemacht werden. Und durch antisemitische Verschwörungsmythen, wie ich ergänzen möchte.

Ein griechisch-antiker Kämpfer mit Speer und glühenden Augen repräsentiert den klassischen Thymos.

Symbolische Darstellung des antiken griechisch-jafetitischen Thymos. Michael Blume mit Leonardo.AI

Die Timokratie bezeichnet im heutigen Sprachgebrauch die “Herrschaft der Reichen”.  Je bei Platon und Aristoteles (384 – 322 v. Chr.) waren damit jedoch noch völlig verschiedene, aus dem Thymos abgeleitete Regierungssysteme gemeint: Platon sah in ihnen eine Verfallsform der unvernünftig nach Ruhm Strebenden, die in eine streitsüchtige Oligarchie (Herrschaft der Wenigen) münden würde. Aristoteles rühmte dagegen das thymotische Streben nach wehrhafter Tugend und rückte sie nahe an die Aristokratie als Herrschaft der Edlen. Beide lehnten in ihren Staatstheorien die Demokratie (die Herrschaft aller) ab, da darin die Armen und Tugendlosen zu viel Macht ausüben würden. So war der Bedeutendste der griechischen Philosophen, Sokrates (469 – 399 v. Chr.), durch eine demokratische (allerdings nur von “freien Männern” gebildete) Volksversammlung in Athen knapp zum Tode verurteilt worden. Auch heute noch verachten rechte, libertäre und linke Dualisten die Staatsform der Demokratie als vermeintliche Verfallsform.

In den späteren Republiken Europas und Amerikas gab und gibt es entsprechend timokratische Elemente wie das Zensuswahlrecht (je nach Einkommensklassen gestaffeltes Stimmengewicht) oder den Wahltag an einem Werktag (= Ärmere und abhängig Beschäftigte werden deutlich seltener abstimmen.) In einem Interview zu erneuerbaren Friedensenergien habe ich am Begriff der Timokratie geschildert, welche Gefahren durch die fossilen Milliarden-Umsätze von Erdöl und Erdgas entstehen.

Dr. Michael Blume spricht auf einer Demonstration vor dem Stuttgarter Rathaus, darunter der Link zum Interview "Erneuerbare sind Friedensenergien" vom 29.12.2024.

Link zu meinem Interview “Erneuerbare sind Friedensenergien” vom 29.12.2024. Screenshot: Michael Blume

Die Staatsform der digitalen Thymokratie basiert dagegen nicht mehr auf dem Medium Geld, sondern auf dem Medium Internet. Wie schon Platon befürchtet hatte, übernehmen heute (ja, heute!) wenige, nach Ruhm strebende Männer die Macht im Staate. Denn die Sehnsucht nach Anerkennung und Status ist viele Tausend Generationen älter und psychologisch viel mächtiger als das “junge” Medium Geld. Fachdeutsch leben wir nicht mehr in einer mehr oder weniger kapitalistischen Marktwirtschaft, sondern in einer digitalen Aufmerksamkeitsökonomie. Wer Ruhm etwa als Influencerin hat, kann diesen “monetarisieren” und wer Geld hat, kann sich Aufmerksamkeit und Macht billiger denn je kaufen. Twitter-X ist ein finanzielles Desaster, aber eine politische Macht-Maschine.

Sie erkennen den Fortschritt der digitalen Thymokratie am Zustand demokratischer Parteien: Aus programmatischen, kommunalpolitisch und föderal bestimmten Organisationen werden über-personalisierte Glaubensgemeinschaften, die sich auch gegenseitig in Medienblasen abschotten. Schon gilt als “mutig”, wer überhaupt noch Diskussionen wagt. Nicht nur in den USA, sondern überall, auch in Europa, auch in Deutschland.

Durch zunehmend KI-gestütztes Konzern-Neurohacking wird die thymotische Trias aus Dopamin, Adrenalin und Testosteron milliardenfach manipuliert: Wir werden durch antisoziale Konzern-Medien wie X, Instagram, Facebook und Tiktok süchtig nach Anerkennung und Empörung sowie einsam gemacht. Ja, auch Sie, lange auch ich. Das Internet ist ein Charaktertest, den wir als Menschheit derzeit verlieren.

Grafische Darstellung der digitalen Thymotisierung und des Medienmengen-Paradoxes durch Jörg Lohrer mit Gamma.app

Die Digitalisierung ist ein Charaktertest, den wir als Menschheit derzeit verlieren. Jörg Lohrer mit Gamma.app, MfG

Denken wir beispielsweise an den Milliardär Elon Musk, der sich erst Twitter und dann auch die Zuneigung von Donald Trump erkaufte. Derzeit zerstört er, wie Annika Brockschmidt beim Volksverpetzer beschreibt, als DOGE-Chef durch einen Staatsstreich gemeinsam mit jungen Thymoten die Gewaltenteilung in den USA, verschafft sich Zugriff zu den intimsten Daten der Bürgerinnen und Bürger, hebelt das Budgetrecht des Kongresses als “Königsrecht” jedes Parlamentes aus und verletzt Gesetze etwa zu Beamten und Behörden wie USAID. Die USA sind nach meiner Auffassung auf dem Weg von der rechtsstaatlichen Demokratie zu einer digitalen Thymokratie, die vom Thymokraten Trump und einer kleinen Zahl digitaler Oligarchen bestimmt wird. Und große Teile der Welt folgen in diesen Abgrund.

Die letzten Orte der Rebellion: Der Bücher-lesende Widerstand und das KI-Fediversum

Mehr und mehr Staaten verwandeln sich bereits in digitale Thymokratien, doch gegen den Vormarsch der Rechtsdualisten gibt es noch zwei letzte Orte des Widerstandes: Dies sind einmal die religiösen & säkularen Menschen, die immer noch Bücher aus Papier lesen und deren (durch demokratische Abstimmungen beschlossenes!) Ende Ray Bradbury (1920 – 2012) in “Fahrenheit 451” (1953) vorwegnahm. Schon jetzt gibt es den Hashtag #derlesendeWiderstand.

Die zweite Rebellen-Hochburg ist das frei zugängliche KI-Fediversum aus spendenfinanzierten Blogs und Webpages, Podcasts, Wikipedia und Mastodon. Die Konzern-Oligarchen könnten es einfach ignorieren, wenn die zunehmend dezentralen KI-Crawler nicht wären. Erst nachdem es den Konzernen gelänge, das Fediversum durch vielfältige Angriffe zu zerstören, könnten sie auch KI-Suchergebnisse beliebig manipulieren. Die erste Attacke von Musk gegen Wikipedia ist ja schon gelaufen – und in den nächsten Monaten werden wir immer mehr davon erleben.

Ich halte es durchaus für möglich, dass auch wir in wenigen Jahren in einer oligarchischen, KI-digitalen Thymokratie leben werden. Der timokratische Besitz von Geld dürfte dann immer noch angenehm sein, aber auch nicht mehr zu echter politischen Mitsprache befähigen. Allenfalls dürfen sich Reiche dann noch von ein paar Konzern-KI-Bots bespaßen lassen, gerne auch in Simulationen von Diskussionen. Und wer aufmuckt, dessen finanzielles und soziales Kapital (Reputation) wird digital vernichtet (Rufmord). Thymokratie frisst Timokratie. Es hat längst begonnen.

Das Symbolbild für die Staatsform der KI-digitalen Thymokratie zeigt eine Schwärze, aus der glühende KI-Augen und Machtpfeile abstrahlen.

Ohne papierene Bücher und ein freies Fediversum würde die KI-digitale Thymokratie total. Auch wir sind dicht davor. Michael Blume mit Leonardo.AI

Wenn Sie diesen Blogpost also wirklich verstanden haben, speichern Sie ihn sicherheitshalber außerhalb des Netzes oder drucken sich den Text gar aus. Noch ist das erlaubt. Wie lange noch? Ein paar Jahre noch? Es liegt an uns, denn noch sind wir frei.

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Dr. Michael Blume studierte Religions- und Politikwissenschaft & promovierte über Religion in der Hirn- und Evolutionsforschung. Lehrbeauftragter am KIT Karlsruhe, Wissenschaftsblogger & christlich-islamischer Familienvater, Buchautor, u.a. "Islam in der Krise" (2017), "Warum der Antisemitismus uns alle bedroht" (2019) u.v.m. Hat auch in Krisenregionen manches erlebt und überlebt, seit 2018 Beauftragter der Landesregierung BW gg. Antisemitismus und für jüdisches Leben. Auf "Natur des Glaubens" bloggt er seit vielen Jahren für das Fediversum, Wissenschaft und Demokratie, gegen antisoziale Medien, Verschwörungsmythen und den Niedergang Europas.

43 Kommentare

  1. Nun habe ich hier die ersten Mastodon-Fragen beantwortet, schon wird nachgereicht: Was es denn bitte mit jafetitischen und semitischen Alphabeten auf sich habe?

    Schon der jüdische Talmud ordnet die vokalarmen, linkslaufenden Alphabete ab dem Hebräische dem Noah-Sohn Schem (Sem) zu, die vollvokalisierten, rechtslaufenden Alphabete ab dem Griechischen dessen Bruder Jafet.

    https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/ohne-sem-und-japtheth-kein-jesus-worthaus-vortrag-zu-christlichem-antisemitismus/

    Perplexity.ai kennt hierzu bereits die wesentlichen Unterschiede:

    Detlef Linke (1945 – 2005) und Michael Blume haben interessante Unterschiede zwischen semitischen (vokalarmen) und jafetitischen (vollvokalisierten) Alphabeten herausgearbeitet:

    ## Semitische, vokalarme Alphabete

    – Erfordern das Einfügen von Vokalen beim Lesen
    – Erhöhen die Bedeutung von Lehrenden
    – Fordern die rechte Gehirnhälfte stark
    – Führen dazu, dass Bilder und Musik als störend empfunden werden

    ## Jafetitische, vollvokalisierte Alphabete

    – Ändern die Schriftrichtung ins Rechtsläufige
    – Reduzieren die Bedeutung von Lehrenden
    – Führen zu einer neuen Sehnsucht nach Bildern, Musik und Passion

    Diese Unterschiede haben laut Linke und Blume weitreichende Auswirkungen:

    1. Die Übersetzung der hebräisch-aramäischen Bibel ins Griechische (Septuaginta) habe das Christentum medienpsychologisch grundgelegt[2].

    2. Die Art des Alphabets beeinflusst die Gehirnaktivität und die kulturelle Wahrnehmung von Bildern und Musik.

    3. Die Rolle von Lehrenden in der Gesellschaft wird durch die Art des verwendeten Alphabets beeinflusst.

    Es ist wichtig zu beachten, dass diese Theorien auf der Beobachtung basieren, dass die Schriftart einen tiefgreifenden Einfluss auf kognitive Prozesse und kulturelle Entwicklungen hat.

    Citations:
    [1] https://de.wikipedia.org/wiki/Semitische_Sprachen
    [2] https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/sensationeller-alphabet-fund-in-lachisch-israel-glueckwunsch-an-das-oeai/
    [3] https://de.wikipedia.org/wiki/Semitistik
    [4] https://www.anthropologia.online/semitische-sprachen-und-kultur
    [5] https://de.babbel.com/de/magazine/semitische-sprachen
    [6] https://www.osa.fu-berlin.de/gkvo/schwerpunkte/semitistik/index.html
    [7] https://blog.studiumdigitale.uni-frankfurt.de/arabischlehre/files/2014/10/semitische-sprachen-fischer.pdf
    [8] https://anthrowiki.at/Semitische_Sprachen

  2. Habe diesen Blogpost nun auf Mastodon so vorgestellt:

    Kurz erklärt:

    Der Thymos bezeichnet seit der griechischen Antike das Streben nach Status.

    Die Timokratie bezeichnet in der Staatstheorie die Herrschaft durch Geld.

    Die Thymokratie bezeichnet dagegen die Herrschaft durch das Internet.

    Sie löst gerade an immer mehr Orten die Demokratie ab.
    .
    #Thymos #Status #Timokratie #Kapitalismus #Thymokratie #Internet #Demokratie #Philosophie #Politikwissenschaft #Geschichte

    https://sueden.social/@BlumeEvolution/113957912493149101

    Hoffe, es erreicht noch ein paar Menschen…

  3. Rückblickend war es ein großer, kollektiver Fehler, dass wir das freie Internet aus selbst gebastelten Websites und Blogs so leichtfertig aus der Hand gegeben haben, für ein bisschen mehr Bequemlichkeit, Reichweite und “user experience” bei den Plattformen der Tech-Milliardäre.

    Noch könnte man das Rad zurückdrehen. Aber es bräuchte dazu vor allem bei Institutionen wie Universitäten usw. den Willen, eigene, dezentrale Infrastruktur zu schaffen. Der Neurowissenschaftler Björn Brembs sagt das übrigens seit Jahren, auch im Bezug auf das wissenschaftliche Publizieren. Wieso muss alles über Großkonzerne laufen, die ungehemmt Daten sammeln und damit oft zweifelhafte Ziele verfolgen?

    Bei der ersten Welle der Computerisierung klappte es ja auch, wie Brembs neulich bei Mastodon schrieb:

    “In the 1980s and 90s, universities pulled thousands of kilometers of cables, installed routers and software – just so they could have web servers and give everyone at their institution an email account.

    Today, the best most of them can do is find some arbitrary Mastodon instance somewhere else and get one single account.”
    (@brembs@mastodon.social)

    Die Auslagerung der Kommunikations-Infrastruktur an kommerzielle Anbieter ist bequem, aber die Folgen sehen wir jetzt, wie im Blogpost beschrieben.

    • Vielen Dank & Zustimmung, lieber @Hans

      Ein spontaner Vierteiler zu Demokratie & Thymokratie:

      Sie boten uns an Schnelligkeit – wir ahnten nicht die Hetze.

      Nun sind sie reich und wir sind süchtig – wer’s sagt, gilt schnell als Petze.

      Von Schrift bis Geld erfahren wir der Medien Macht doch täglich.

      Doch fehlt zum Sinnen längst die Zeit, darum scheitern wir oft kläglich.

      Ohne KI gedichtet. 🙂

      • Zum Glück ein Silberstreif am Horizont sich zeigt.
        Die kooperativen Kompetenznetzwerke stehen bereit.

        Ein Vorschlag zur Fortsetzung 🙂

  4. X.

    Es war ein mal ein Männelein
    das segelte zu einem Vogelschwarm
    wurde mit ihm nicht warm
    also schoss es in die Menge rein

    Begab sich wieder unter Deck
    und schmiedete einen Plan
    Die Anderen und ihr Wahn!
    X: das war nun sein Zweck

    Eilig beim Retten
    der Versklavten
    Sprengte es alle Ketten

    Wie ein Geisteskranker
    leider auch die
    vom seinem Anker

    • Danke, auch für das Lächeln, @👾

      Hatte bereits 2022 – noch vor Musks Übernahme von Twitter – gewarnt, als er den kanadischen, liberalen Premier Justin Trudeau höhnisch mit Adolf Hitler gleichsetzte…

      https://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.tesla-gruender-elon-musk-vergleicht-kanada-mit-hitler-deutschland.29dd679e-a262-4ea2-861a-a0dd725d102e.html

      Doch der Multimilliardär ruderte nicht etwa zurück, sondern kaufte sich das Portal, machte es zu X. Trotzdem hängen dort immer noch zahlreiche Behörden, demokratische Abgeordnete und Medienschaffende rum. Es ist m.E. ein medienethisches Versagen.

      Aus meiner Sicht werden wir sehr zeitnah auch zunehmende KI-Bot-Angriffe auf das Fediversum erleben. Die Blog-Kommentierende @Marie H. hatte erst neulich danach gefragt – und heute meldet schon die Tagesschau:

      “Die Accounts der KI-Frauen mit Namen wie Larissa, Sophia, Aylin oder Lara kommentieren aktuelle politische Geschehnisse aus einer rechten Perspektive und stehen der AfD nahe. Sie äußern sich in Videos, Bildern oder Text auf sozialen Netzwerken wie X, Instagram oder TikTok.

      https://www.tagesschau.de/faktenfinder/kontext/rechte-ki-influencer-100.html

      In US-Medien wird das bereits angegriffene Wikipedia bereits als „last bastion of shared reality“ bezeichnet. Und ohne gemeinsame, öffentliche Realität kann es dann auch keine Republik (lat. res publica, öffentliche Angelegenheit) mehr geben.

      Auf Mastodon lasse ich gerade eine Umfrage laufen, ob und wie lange das Fediversum solchen Angriffen standhalten kann. Ihnen Dank für Ihr Interesse und poetisches Engagement! 😄🙏🙌

      • In US-Medien wird das bereits angegriffene Wikipedia bereits als „last bastion of shared reality“ bezeichnet

        In den Anfangsjahren der Wikipedia gab es in Buchhandlungen einen CD-ROM-Satz zu kaufen (für die Jüngeren: so eine Art Daten-DVD) mit einer “eingefrorenen” Version der gesamten (deutschen) Enzyklopädie

        Damals dachte ich, häh, wer kauft denn das? Wenn es das heute wieder gäbe, würde ich zuschlagen – evtl sind wir gerade an “Peak Wikipedia”.

  5. Danke für den Link hierher.

    Als Messenger zwischen geistiger und materieller Welt freue ich mich über jeden, der sein Bewusstsein erhöht. Ausstieg aus sozialen Netzwerken ist dazu ein wichtiger Schritt.

    Die Info zu den vokalarmen Schriftsprachen war für mich sehr wichtig. Danke!

    • Danke, @Eckhard, herzlich willkommen! 😊🙌

      Nach meiner Auffassung stehen sich auch Materie und Geist gar nicht dualistisch gegenüber, sondern Geist entfaltet sich via Emergenz und Evolution aus der Materie. Ich tendiere also zum emergenten Panpsychismus.

      Die bio-kulturelle Evolution von Schriftsystemen gehört m.E. direkt in diesen Zusammenhang: Medien prägen unsere Psychologie bis ins tiefste Fühlen und Denken viel stärker, als wir dies gemeinhin wahrnehmen.

      Danke für Ihr Interesse, bleiben Sie gerne dialogisch dabei. 😊📚🙌

      • Danke für die herzliche Aufnahme.

        Die bio-kulturelle Evolution von Schriftsystemen gehört m.E. direkt in diesen Zusammenhang: Medien prägen unsere Psychologie bis ins tiefste Fühlen und Denken viel stärker, als wir dies gemeinhin wahrnehmen

        Ein Anlass für mich zum Nachdenken, weshalb ich mich durch das Hebräische und Persische angezogen fühle.

        Ein linguistisches Projekt (als ehemaliger linguistic Engineer bei Bowne Global Solutions) ganz oben auf der Liste ist ein Ohrhörer, der mit einem Mikrofon die Sprache eines Gesprächspartners analysiert, diese dann aus dem Audio-Stream entfernt, und stattdessen in gleicher Tonlage eine hochqualitative Übersetzung in Echtzeit einblendet.

        Wegen der vielen möglichen Sprachpaare auf der Erde soll eine geeignete Zwischensprache zum Reduzieren der Komplexität auf N:1 (statt N:N) zum Einsatz kommen, wofür ein Projektleiter in der Schweiz (eines anderen Themas – Raumenergie) Sanskrit vorschlug, was durch eine Studie von Linguistikern aus Leipzig zur über 8000-jährigen Entwicklung unseres Sprachbaumes auf der Erde auch gar nicht so abwegig erscheint.

        Die technische Umsetzung von ##BabelReversed ließe sich mit einem KI-Modell auf einer Terabyte-SD-Karte beim heute vorliegenden technologischen Stand sicher gut realisieren.

  6. Ich bleib grad am Gegensatz von Ruf und Vermögen hängen und bin skeptisch, ob der Ruf das Geld wirklich ablöst. Denn monetarisieren kann ich meinen Ruf nur, wenn es Reiche gibt, die zahlen. Bestimmte Emotionen kann ich mit dem nötigen Kleingeld auch ohne Influenzer mittels Medien erzeugen.
    Trump konnte seinen Ruf in Stimmen ummünzen und Macht gewinnen. Aber nur in einem weitgehend demokratischrn System. Und er brauchte trotzdem das Geld Musks. Ob Trump sich Musks entledigen könnte, bin ich mir unsicher. Von daher sehe ich nicht, daß die Thymokratie die Timokratie ablöst. Oder ich hab das Ganze noch nicht verstanden.

  7. https://futurism.com/leak-dox-wikipedia

    Mit google übersetzt:

    Immer mehr vermögende Rechte und ihre einflussreichen Verbündeten geben sich nie damit zufrieden, sich auf ihrem angehäuften Reichtum, ihrer institutionellen Macht und ihrer oligarchischen Kontrolle über unsere Regierung auszuruhen, sondern nehmen nun auch die renommierte Online-Enzyklopädie Wikipedia ins Visier.

    Ein kürzlich vom Forward erhaltener Fundus an Dokumenten enthüllt beispielsweise Pläne der rechten Denkfabrik Heritage Foundation, Cyber-Spionage-Taktiken einzusetzen, um „durch die Analyse von Textmustern, Benutzernamen und technischen Daten Wikipedia-Redakteure zu identifizieren und anzugreifen, die ihre Position missbrauchen“.

    Die einflussreiche Organisation hinter Trumps berüchtigtem Projekt 2025 schließt sich einer Vielzahl von Gruppen wie der Anti-Defamation League, Accuracy in Media und der Canary Mission an, die Personen „doxxen“, die sie als antisemitisch bezeichnen. Wie Jewish Currents berichtet, wurde dieser Vorwurf in den letzten Monaten zunehmend von rechten Gruppen als Waffe eingesetzt, um jüdische Gruppen, Friedensaktivisten, Anwälte und Journalisten zum Schweigen zu bringen, die ihre politischen oder ideologischen Ziele nicht unterstützen. The Forward – eine preisgekrönte jüdische Publikation – hegt ebenfalls den Verdacht, dass die Heritage Foundation den Vorwurf zu weit gefasst verwendet, um eine faire Berichterstattung auf Wikipedia über Themen wie Israels Vorgehen im Nahen Osten zu verhindern.

    Um diese Doxxing-Kampagne gegen die Wikipedia-Redakteure zu führen, so berichtet The Forward, organisiert die äußerst gut finanzierte Denkfabrik die Erfassung von IP-Adressen, Browser-Fingerabdrücken, Gerätedaten, Geolokalisierungen, ISP-Informationen und Netzwerkdetails von platzierten Links, die ungesicherte Daten protokollieren. Mitarbeiter der Heritage Foundation teilten der Berichterstattung von The Forward zufolge auch Pläne mit, Social Engineering über „kuratierte Sockenpuppenkonten einzusetzen, um Muster aufzudecken und Reaktionen [und] die Offenlegung von Informationen zu provozieren“, während sie gleichzeitig vertrauliche Informationen über Gesichtserkennungssoftware katalogisieren und „kompromittierte Datensätze für wiederverwendete Namen, E-Mails und Online-Identitäten“ ausnutzen.

    Ebenfalls in den Streit mischt Elon Musk ein, der Berichten zufolge wütend über die Aufnahme seines Nazigrußes in seinen Wikipedia-Eintrag ist und postete: „Entzieht Wikipedia die Mittel, bis das Gleichgewicht wiederhergestellt ist!“ (Tatsächlich wird Wikipedia zum größten Teil durch kleine Spenden von Einzelpersonen finanziert. Es ist auch ziemlich ironisch, dass ein Mann, der wegen seines Nazigrußes und einer Flut von Holocaust-Witzen in der Kritik steht und behauptet, gegen Antisemitismus Stellung zu beziehen, in die Kritik gerät.)

    Um nicht außen vor zu bleiben, schlossen sich Musks Tech-Kollegen, darunter der Milliardär und Risikokapitalgeber Chamath Palihapitiya und Shaun Maguire, General Partner von Sequoia Capital, seinen Breitseiten gegen Wikipedia an.

    Warum sind diese Milliardäre alle so wütend? Eine überzeugende Erklärung ist, dass Wikipedia sich langsam wie einer der letzten freien Informationsräume im Internet anfühlt, während uns die großen Technologieunternehmen KI-Brei aufzwingen und die sozialen Medien zunehmend von künstlichen Benutzern, Neonazis und KI-Marketing-Startups überschwemmt werden.

    Die Freiwilligen, die bekanntermaßen ihre Zeit und Mühe spenden, um die weltweit größte Fundgrube an frei zugänglichen Informationen zu bearbeiten, haben sich diesen Trends, denen der Großteil des alten Webs zum Opfer gefallen ist, gerne widersetzt.

    Glücklicherweise und sofern keine höhere Gewalt oder Anordnungen eintreten, möchte der Webmaster und Mitbegründer von Wikipedia, Jimmy Wales, dass das auch so bleibt.

    „Ich glaube, Elon ist unglücklich darüber, dass Wikipedia nicht zum Verkauf steht“, postete Wales lässig auf X-ehemals Twitter.

    „Ich hoffe, dass seine Kampagne, uns die Mittel zu entziehen, zu vielen Spenden von Leuten führt, denen die Wahrheit wichtig ist“, fügte er hinzu. „Wenn Elon helfen wollte, würde er freundliche und nachdenkliche intellektuelle Menschen, mit denen er einer Meinung ist, ermutigen, sich zu engagieren.“

  8. Ich stimme Ihnen zu. Vielleicht sind schon die vier Worte mutig. Heute noch nicht, aber in drei Wochen, drei Monaten?

    Viele Menschen haben Angst. Wer die Entwicklung in den USA verfolgt, muss auch bei uns ein mulmiges Gefühl haben. Nach den letzten Umfragen konnte die sog. Alternative noch einmal Prozente zulegen.

    Es ist nur eine Frage von Tagen bis es drüben in den USA zu physischer Gewalt kommen wird. Im Moment sehe ich keinen Hoffnungsschimmer.

    Lohnt sich der Kampf ums Überleben der Demokratie noch? Wir müssten gegen die Ignoranz, den Hass und die Dummheit der Wählerinnen und Wähler der A.. kämpfen. Können wir das überhaupt noch? Ich bezweifle es.

    Vor vier Jahren gab es hier im Dorf nicht ein einziges zerstörtes Wahlplakat. 2025 schon. Mit einem scharfen Gegenstand wurde das Wahlplakat einer Kandidatin in Höhe des Halses durchtrennt. Mittlerweile wurde das zerstörte Plakat entfernt. Es macht mich nachdenklich. Diesem Hass auf diese Partei werden wir nicht mehr Herr. Wohin soll uns das noch führen?

    Wir brauchen hier keinen Musk zur Zerstörung der Demokratie. Ein mächtiger Verlag reicht bei uns offenbar aus.

    Der 23.02.2025 wird zum Charaktertest für unsere Demokratie. Momentan bin ich sicher, wir werden den Test nicht bestehen.

    • Vielen lieben Dank, @Marie H. – ja, zur Thymokratie gehört offensichtlich, bei Demokratinnen und Demokraten so früh wie möglich Ängste zu schüren und sie dadurch zum Verstummen zu bringen. Auch hier also die Strategie der thymotischen Polarisierung, die die Menschen dualistisch zerspalten und die demokratische Mitte zerlegen soll.

      Ich stimme Ihnen zu, dass wir die Demokratien des 20. Jahrhunderts durch den digitalen Zeitenumbruch der Geschichte zu verlieren drohen. Das vom o.g. Francis Fukuyama in den 1990ern verkündete „Ende der Geschichte“ erweist sich als Abbruch der linear-säkularen Fortschrittsverheißung.

      Bedeutet das also Thymokratie als KI-verstärkten Neo-Faschismus?

      Das glaube ich wiederum nicht, da es ja doch wieder lineares Denken wäre. Aber schon die vielen Fragen dazu und die rege Nachfrage nach diesem Blogpost erlebe ich auch als Suche nach neuen Antworten, Regeln, Institutionen – neuen Formen von dialogisch-regenerativer Zeiterfahrung und erneuerter Demokratie.

      Auch die Thymoten, Oligarchen und Thymokraten wagen es ja nicht einmal, Themen wie Demografie ehrlich zu adressieren. Ihr Terrain ist die „Enge der Zeit“, die Personalisierung und Disruption, nicht aber die Philosophie, die Idee oder der Aufbau. Wie werden die Menschen reagieren, wenn sie erkennen, dass Rechtsdualisten eben nicht Ordnung und die vermeintlich „gute, alte Zeit“ wiederherstellen, sondern Chaos und Armut?

      Vielleicht dürfen wir annehmen, dass sich hinter dem Angst-Schüren der Thymoten und Thymokraten nicht viel mehr als die Externalisierung ihrer eigenen Ängste verbirgt. Und umso mutiger wir bleiben, umso schneller werden sie scheitern. Es mögen dunkle Jahre kommen, aber die Thymokratien werden nicht das letzte Wort der Menschheit sein. Glaube, hoffe, denke, fühle und sage ich. 🤷‍♂️😊📚🙌

      • Danke für die Antwort.

        Wir können aus der momentanen Situation in den Vereinigten Staaten einiges lernen. Die Machtlosigkeit der Minderheit im Repräsentantenhaus und im Senat ist erschreckend. Die Versuche stark zu erscheinen, wirken hilflos.

        Noch ist es bei uns nicht so weit. Ich bin mir nicht sicher, wie den Menschen solche Begriffe wie “Thymos” näherzubringen sind. Das wirkt auf Nicht-Akademiker unverständlich. Dennoch wäre es gut, wenn mehr Menschen die Zusammenhänge verstehen würden.

        Mir fehlt leider die nötige Gesundheit, um in meinem Umfeld aktiv zu werden. Schreiben und reden ist anstrengend.

        • Ja, @Marie H. – ich stimme Ihnen zu, dass sogar Begriffe wie „Thymos“ und „Timokratie“ aus der Alltagssprache verschwunden sind, obwohl sie über die griechische Klassik lange fest in den Wissenschaften und über diese im Bildungsbürgertum vertreten waren.

          Doch ich nehme an, wir haben keine Wahl: Unsere Begriffs- und Bilderwelten des 20. Jahrhunderts sind offensichtlich nicht mehr geeignet, die Dynamiken des 21. Jahrhunderts inmitten der Medienrevolutionen von Digitalisierung und KI zu erfassen.

          Und ich sehe durchaus auch Fortschritte: Nützliche Begriffe wie die „Flow“-Erfahrung sind tief in die Alltagssprache eingedrungen, obwohl nur sehr wenige Buch und Studien nach dem Psychologen Mihály Csíkszentmihályi (1934–2021) gelesen haben.

          Wir können also neben dem Schaffen neuer Begriffe wie KI-Fediversum auch alte Begriffe wie Thymos reaktivieren und in unsere Zeiten hinein übersetzen. Gerade erst heute sagte mir eine junge Erwachsene, dass sie vor der Zukunft weniger Angst habe, seitdem sie an unseren Begriffsdebatten (in ihrem Umfeld) teilnehme. Den Phänomenen Namen zu geben und dies im Dialog auch kritisch zu prüfen scheint ein guter Weg aus der Lähmung zu sein. Und schon dafür lohnt es sich aus meiner Sicht.

          Daher Ihnen vielen Dank fürs intensive Kommentieren, das ich als überaus hilfreiches Mitbloggen empfinde. 🙏🤔💡🙌

  9. @ Hans

    Jedes klassische Heldenepos um Musk, Zuckerberg, Bezos, tiktok, Trump, Putin, Xi, Orban und Konsorten produziert Antihelden, die das Gute vertreten. Das ist Gute fantasy-Tradition.
    Ebenso kommen die Kondratjew-Zyklen, die das bestätigen, das Gegenpole sich abwechseln.
    Das Entscheidende ist, diesen Konflikt böse-gut aufzunehmen.
    Ich stütze den dialogischen Monismus aus komplementärer Sicht. Der Grenzfall ist aber, was setzt sich durch? Das bessere Argument? Wer oder was entscheidet darüber? Letztendlich ist es die Agression, die Gewalt und die selbstherrlichen Macht (Krieg), die wir gerade erleben, die es für sich entscheiden will. Es ist die Frage, ob wir aufgedrängte Konflikte annehmen oder nicht?

  10. @Status

    Klar ist der Status bei der Partnersuche insbesondere für Männer vorteilhaft. Jetzt ist Status aber auch subjektiv und von Werten mitbestimmt. Wie man zu sich selber steht, ist das eine, wie das potentielle Partner einschätzen, ist wieder was anderes.

    Hier kann man sogar Hoffnung haben, dass sich die Maßstäbe, was jetzt wirklichen Status ausmacht, auch mal ins Bessere wenden. Ein verschwenderischer Lebensstil kann angesehen sein, es kann aber auch eine gewisse Genügsamkeit im Sinne einer vernünftigen Lebensgestaltung attraktiv beurteilt werden.

    Und auch insbesondere sichtbare Hinweise auf ein ökologisch vorbildliche Lebensweise kann als Statuselement vorteilhaft beurteilt werden.

    Wer reich ist, ohne was dafür geleistet zu haben, genießt sicher auch hier in da einen anerkannten Status, aber nicht von jedem. Was bleibt ist das Geld, das ist nun eindeutig universal einsetzbar und entsprechend attraktiv. Insbesondere wenn man es sichtbar in grüne Technik investiert, kann man damit bei einigen Zeitgenossen durchaus an Status gewinnen.

    Besondere Leistungen etwa, egal wo, sind immer auch attraktiv. Das kann auch Sport oder Kunst sein, ohne dass man gleich Weltmeister werden muss. Ansonsten geht die Liebe auch immer wieder eigene Wege. Status ist nur ein Element bei der Partnerwahl.

    Und man braucht auch nur einen Partner, wenn man eine dauerhaft gute Beziehung hinbekommt.

    • Vielen Dank, @Tobias 🙏 – auch dafür, dass Du den m.E. zentralen Begriff des Status mit dem Thymos und der Frage nach der Formbarkeit von Kultur verknüpfst.

      So erklärt der junge Erfolgsautor Jakob Springfeld zum Anwachsen von Rechtsdualismus in Deutschland m.E. zu Recht:

      „Gerade bei jungen Männern gelingt es den Rechten besser, auf einer ganz niedrigschwelligen Ebene als cool zu gelten. Man kann da sehr leicht mitmachen, indem man zum Beispiel in ein rechtes Kampfsportstudio geht. Wenn man sich irgendwie für einen starken Mann hält, findet man bei denen schnell eine Gemeinschaft. Bei demokratischen, zivilgesellschaftlichen Initiativen ist die Zugangsschwelle oft höher und es fehlt auch oft an Räumlichkeiten.“

      https://www.n-tv.de/politik/Die-Entwicklung-der-Union-macht-mir-Angst-article25545809.html

      Auf Mastodon postete der Account einer studierten Philosophin zu diesem Blogpost:

      „Als leidenschaftliche Liebhaberin der ‘Fussballkultur’ erinnert mich das thymotische Verhalten sehr an die aktuellen “Ultràs”. In der Tierwelt gibt es einen Mechanismus der das reguliert, junge Männchen werden in dieser Phase des Rudels/der Herde verwiesen & schließen sich oft zu Junggesellengruppen zusammen um ‘sich die Hörner abzustoßen’ .
      Menschen haben soziale Regeln, doch diese biologisch-evolutionären Muster & Mechanismen sind älter und gehen viel tiefer.“

      Das entspricht auch der These, dass unsere menschliche Evolutionspsychologie nicht auf Ökonomie reduziert werden kann, weil sie über Jahrmillionen der Säugetier-Evolution auf Status geprägt wurde. So entstand doch auch der Begriff „Gier“ aus dem althochdeutschen „giri“ für „Verlangen“ und „Begehren“ und ein gieriger Mensch ist bis heute etwas anderes als ein geiziger Mensch. Geld ist ein Ausdruck, nicht aber die Wurzel unserer Thymotik. Wir rechnen erst sekundär, aber fühlen schon primär.

      Auch darf ich daran erinnern, dass sowohl rechtsdualistische Politik-Influencer wie auch sog. TradWives etwa auf Tiktok große Erfolge damit erzielten, gegen die Verunsicherungen einer egalitären Gesellschaft mit Botschaften von Megalothymia anzutreten: Glaube auf Dein Recht auf hohen Status, dann findet sich auch eine Dir ergebene Gefährtin und willige Mutter zukünftiger Kinder. Wird hier nicht die säkulare Kultur frontal als „unnatürlich“ vorgeführt?

      Mich beschäftigt derzeit sehr, dass das lateinische „status“ über das italienische „stato“ auch das deutsche Wort „Staat“ hervorgebracht hat. Auch das englische „State“, Spanisch „Estado“ und Französisch „État“ gehen auf lateinisch „status“ zurück. Politik erwuchs wiederum aus der griechisch-jafetitischen „Poleis“, dem Stadt-Staat.

      Daher ringe ich derzeit mit der vor allem politikwissenschaftlichen Frage, ob wir den Staat als säkulare Organisation auf Basis von Schriften verstehen können, in der politische Macht- und Statusbeziehungen zwischen Menschen ausgehandelt werden.

      Mein Gefühl ist, dass dort viel zu finden ist, aber noch etwas fehlt. Auch deswegen Danke für den Dialog dazu! 🙏📚🤔🙌

  11. @ Hans

    Um es thymotisch auszudrücken: Ziehe ich den Kopf ein, wenn mir jemand mit seiner Grossartigkeit und Agressions-/Gewalt-/Drohgebärdebereitschaft kommt, oder halte ich dagegen?
    Kusche ich vor dem möglichen Schmerz oder nutze ihn?

  12. @Michael 07.02. 19:20

    „Mein Gefühl ist, dass dort viel zu finden ist, aber noch etwas fehlt. Auch deswegen Danke für den Dialog dazu!“

    Religion und Geisteswelten spielen hier auch noch rein. Wer in des einen Augen z.B. mit Gottgefälligkeit punktet, wird dann auch als Partner attraktiver, auch das kann man zum Status zurechnen.

    Und was noch wesentlicher ist, dass man mit seiner eigenen Gottgefälligkeit ziemlich zufrieden sein kann, und auf die Anerkennung von Ungläubigen ziemlich gründlich pfeift.

    Ich persönlich sehe mich vor allem als Subjekt in einem auch geistigen Kosmos, und bin sehr an Erkenntnis interessiert. Insbesondere auch, um hier als Mensch wirklich Mensch zu sein, und nicht irgendwelchen Moden und Verschwendungsaktionismus hinter her zu laufen.

    Was andere davon halten, bleibt erstmal denen überlassen. Wie ich mit den Menschen in meinem Umfeld interagiere, ist in erster Linie davon bestimmt, wie man sich denn wirklich gegenseitig fördern kann.

    Ich gehe auch davon aus, dass Geisteswelten vernünftige Aktionen meinerseits durchaus ganz konkret fördern, und da ich auch eine Spielernatur bin, zieht mich das dann wieder unwiderstehlich an.

    So ist man dann auch verschieden. Status ist vielfältig und öfter nicht so wirklich wichtig.

  13. Ich persönlich verwende lieber leicht verständliche Worte, und auch einen einfachen Satzbau.
    Das erspart komplizierte Begriffsklärungen, und langwieriges Suchen in Wikipedia und in Google.
    Bei einigen Texten wünscht man sich ein Übersetzungsprogramm von philosophischer Fachsprache in die einfache Sprache.
    Wenn man ein Fachgebiet gut beherrscht, dann kann man auch komplizierte Vorgänge mit leicht verständlichen Worten erklären.

  14. Auch heute noch verachten rechte, libertäre und linke Dualisten die Staatsform der Demokratie als vermeintliche Verfallsform.

    Mit Verlaubt Herr Blume, aber das ist ziemlicher Unsinn!

    Linke lehnen die Demokratie nicht ab, sie begreifen sie nur als unvollendet. Da die “repräsentative Demokratie” unter den Bedingungen des Kapitalismus einen antidemokratischen Rahmen besitzt.

    Wohin das führt, kann man heute wieder beobachten: nämlich in den USA, Frankreich, Österreich, etc.

    Und wenn das Bürgertum nicht so verdammt sturr und ignorant am Kapitalismus festhält, dann hätten wir das auch vermeiden können! Es ist die sogenannte “Mitte”, die einmal mehr den Faschismus hervorgebrach hat. Da helfen auch keine Verrenkungen und geistigen Gymnasitiken der Politikwissenschaftler!

  15. Kleiner Nachtrag noch:

    Wem es nicht aufgefallen ist, das Vorgehen von Musk entspricht der Agenda von F.A. Hayek. Und damit jener radikal-Kapitalistische Ideologe, die das Bürgertum (aka die Mitte) so stark verinnerlicht hat. Jenes Mannes, der die Süfadrikanische Apartheid unterstützte und auch die Rechtsextreme Diktatur von Pinochet. Jener Mann, der meinte, man müsse Wahlen abschaffen(!), da nur der Markt Freiheit bringe.

    Sowohl Herr Merz, als auch Lindner und Söder beziehen sich auf seine Thesen. Von den Tories (UK) ganz zu schweigen. Mehr “Mitte” geht ja wohl kaum.

    Sie sehen, es sind nicht irgendwelche “radikalen Linken”, sondern das Bürgertum, das die Demokratie zugunsten der Kapitalherrschaft beendet.

    • Ja, @Kirche2 – ich hatte ja die Zerspaltung der liberalen Hayek-Bewegung in einen liberal-demokratischen Flügel und einen rechtslibertär-dualistischen Flügel 2015 live miterlebt:

      https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/das-gift-terrors-mein-artikel/

      Dazu gehört freilich auch, dass rechtslibertäre Dualisten auch F.A. von Hayek (1899 – 1992) als „Sozialdemokraten“ schmähten, weil er ihnen zu liberal & demokratisch war. Für mich war diese Erfahrung wesentlich, um das Hufeisen hinter mir zu lassen und die Dualismus-These auch auf die sog. Mitte anzuwenden.

  16. @Michael 08.02. 04:35

    „Es stimmt, dass nicht nur in politischen Gemeinschaften, sondern auch in Glaubensgemeinschaften Status verliehen wird. Bislang kriege ich das jedoch noch nicht auf einen Nenner.“

    Wir müssen ja nicht mit der Brechstange wieder unbedingt für mehr Nachwuchs sorgen. Klar verständlich ist es sicher, dass gerade Frauen zu Religiosität neigen, schließlich bleibt die Hauptverantwortung für die Kinder bei ihnen hängen. Deshalb sind sie eher auf einen treuen Partner angewiesen.

    Entsprechend ist hier Status auf der einen Seite und Verlässlichkeit auf der anderen Seite durchaus ein Konflikt für Frauen bei der Partnerwahl.

    Einfacher wird es allerdings, wenn in modernen Zeiten der Staat Alleinerziehende umfassend unterstützt. Wenn man das noch ausbaut, könnte das durchaus für mehr Nachwuchs sorgen.

    Das würde auch die Partnerwahl der Frauen deutlich erleichtern, und auch für Männer hätte das Vorteile. Dann ist Liebe eben noch weniger von stabilen Partnerschaften und von genug Geld abhängig.

    Es nützt auch wenig, hier zu mehr Religiosität aufzurufen. Die Leute glauben nun mal was sie wollen, das ist doch nicht mehr zurückzudrehen.

    Gute Argumente für Religion darf man aber gerne suchen und verbreiten, warum nicht. Stabilere Partnerschaften sind hier dann durchaus auch ein gutes Argument.

    Nebenbei können auch Männer ein großes Interesse an ihren Kindern haben, und allein deswegen sich konsequent für eine stabile Partnerschaft engagieren, unabhängig von Religion. Auch das kann eine Eigenschaft sein, die seit etlichen Jahrzehnten längst evolutionär bevorzugt wird.

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