Auch der organisierte Atheismus hat eine Entwicklungsgeschichte

BLOG: Natur des Glaubens

Evolutionsgeschichte der Religion(en)
Natur des Glaubens

Als ich neulich ein Interview für n-tv.de zu Religion & Demografie gab, schloss ich mit einigen Sätzen zu den Zukunftsaussichten nichtreligiöser und besonders humanistischer Verbände.

Atheistische Gesellschaften sind auch gescheitert, als es etwa in den USA schon volle Religionsfreiheit und die strikte Trennung von Staat und Kirche gab. Und, wie bereits erwähnt, sogar in Systemen, die selber atheistisch waren. Trotzdem ist natürlich klar: Empirische Befunde gelten immer nur bis heute. Es könnte natürlich sein, dass sich in Zukunft zum Beispiel humanistische Gesellschaften bilden, die das irgendwie hinbekommen. Das will ich nicht ausschließen, zumal einige aus diesem Bereich sich intensiv und selbstkritisch mit dem Thema befassen.

Und das zu unterstreichen ist mir halt auch einmal wichtig: Neben den im Netz so genannten unsachlich-aggressiven “Kampfatheisten” (meist alleinstehende Männer) bzw. den in religiösen Diskussionsforen gefürchteten “Zeitvampiren” (meist ältere Semester mit viel Zeit) sollte nicht übersehen werden, dass es viele nichtreligiöse Menschen gibt, die sich konstruktiv und ehrenamtlich organisieren und versuchen, die Welt zu einem besseren Ort zu machen – auch, indem sie sich mit wissenschaftlichen Befunden auseinander setzen, die sicher anfangs “nicht schmecken”. (Ein Problem, das religiöse Menschen ja nicht weniger kennen!)

Als ein Positivbeispiel möchte ich das Gespräch zwischen Arik Platzek und Christoph Wagenseil auf dem REMID-Blog empfehlen. “Der Atheismus” ist eine weltanschauliche Haltung, die sich in historisch verschiedenen Formen – von Haeckels Monistenbund über Freidenker und Sozialisten bis zu modernen Humanisten, der Giordano-Bruno-Stiftung etc. – entfaltet und der wissenschaftlichen Betrachtung wert ist.

Als mich also Herder Korrespondenz vor einiger Zeit bat, einen Artikel über den Zustand des Atheismus in Deutschland zu schreiben, habe ich versucht, neben den Schwächen auch die Stärken der Bewegungen in den Blick zu nehmen. Auch diesseits.de berichtete.

Gerne habe ich Herder Korrespondenz wieder gebeten, den Leserinnen und Lesern meines Blogs den Artikel kostenfrei zugänglich machen zu dürfen. Hier ist er also:

Vereint nur in der Negation. Schwächen und Stärken der atheistischen Aktivisten.

in: Herder Korrespondenz Spezial 1/2014, S. 26 – 30

 

 

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Dr. Michael Blume studierte Religions- und Politikwissenschaft & promovierte über Religion in der Hirn- und Evolutionsforschung. Uni-Dozent, Wissenschaftsblogger & christlich-islamischer Familienvater, Buchautor, u.a. "Islam in der Krise" (2017), "Warum der Antisemitismus uns alle bedroht" (2019) u.v.m. Hat auch in Krisenregionen manches erlebt und überlebt, seit 2018 Beauftragter der Landesregierung BW gg. Antisemitismus. Auf "Natur des Glaubens" bloggt er seit vielen Jahren als „teilnehmender Beobachter“ für Wissenschaft und Demokratie, gegen Verschwörungsmythen und Wasserkrise.

54 Kommentare

      • Solche “Predictions” haben immer auch den Charakter von Suggestionen und dadurch Manipulationen. Und die sind nicht selten Ausdruck von menschlicher Aggression. Michaels Forschungsergebnisse zeigen ja, wie wenig solche Prognosen mitunter zutreffen.

        • Nein, die Abnahme der Religiosität ist keine Suggestion gewachsen aus Aggression. Religiosität nimmt mit dem Wohlstand ab. Nach Gallup bezeichnen sich heute 59% der Weltbürger als religiös, 23% als nichtreligiös und 13% als Atheisten. Atheisten gibt es vor allem in China und Japan. Personen, die sich als religiös bezeichnen leben vor allem in ärmeren Ländern und es gibt mehr Christen als Mosleme, die sich als religiös bezeichnen. Ich nehme an, der Grund dafür liegt darin, dass ein religiöser Moslem eine ziemliche Bürde auf sich lädt mit beispielsweise 5 Mal täglich beten. Wer als Moslem vorsichtig ist, wird sich nicht als religiös bezeichnen obwohl er vielleicht sogar religiöser ist als ein durchschnittlicher Christ.

          Wer heute voraussagt, dass Menschen, die sich selbst als religös bezeichnen bald schon in der Minderheit sind, sagt im Grunde dasselbe wie: Der Wohlstand wird in naher Zukunft weltweit zunehmen.
          Bekennende Atheisten werden meiner Ansicht immer in der Minderheit bleiben. Für immer mehr aber wird die Relgion weniger wichtig.

  1. Atheismus ist keine Haltung, sondern die Abwesenheit eines Gottesglaubens. So ist das geregelt in der deutschen Sprache mit der Vorsilbe a-.
    Dass Religionen unmenschlich und schädlich sind, das ist eine Haltung.

    Aber ich finde es wirklich großzügig, dass Sie neben den Schwächen auch die Stärken des Atheismus beleuchten. Chapeau!

    Tut mir leid, wenn ich mal nicht sachlich bin, angesichts Ihrer religiösen Arroganz und ihrer permanenten Diffamierung Nichtgläubiger.

    • @Elvenpath

      Tut mir Leid, wenn es bei Ihnen so rüber kommt – selbstverständlich möchte ich gerne zum Denken und Diskutieren anregen, aber “religiöse Arroganz” und die “permanente Diffamierung Nichtgläubiger” zählen nicht zu meinen Zielen. So komme ich selbst aus einer nichtreligiösen Familie und mein Doktorvater ist ein bekannter, atheistischer Religionskritiker. Wie auch bei religiösen Fundamentalisten erlebe ich es bei einigen Antitheisten eher so, dass manchmal emotionale Vorurteile auf mich projeziert werden, die wenig mit meiner eigenen Arbeit und meinen Äußerungen zu tun haben.

      Ihnen auf jeden Fall alles Gute auf dem Pfad der Elfen! 🙂

  2. Wir aggressiven und unsachlichen Kampfatheisten haben unsere Persönlichkeit in den Atheismus mitgenommen, obwohl sie uns das Christentum nur geliehen hat, und wir bei Austritt die aggressive Unsachlichkeit eigentlich hätten zurückgeben müssen – habe ich das richtig verstanden? 😉

    • @Stefan Wagner

      Es sieht bislang eher so aus, als dass psychologische Grundzüge auch durch (De-)Konversionen oft kaum verändert werden. Allerdings organisieren sich religiöse Fundamentalisten oft besser als ihre antitheistischen Counterparts… 😉

  3. Könnte mal jemand ein paar Beispiele für unsachlich-aggressive “Kampfatheisten” und deren Aussagen geben?

  4. Ja genau, denn in erster Linie ist der Atheismus organisiert vom System des geistigen Stillstandes und seiner Profiteure 🙂

    • @Horst

      Man mag Atheisten – die in sich eine sehr heterogene Gruppe aus völlig unterschiedlichen Menschen und auch Weltanschauungen sind – ja manches vorhalten – aber “geistigen Stillstand” ganz sicher nicht! Viele setzen sich sehr intensiv und vielseitig auch mit religionsbezogenen Themen auseinander, einige bekennende Atheisten – wie z.B. Jesse Bering – haben zur Evolutionsforschung zu Religiosität und Religionen großartiges beigetragen. Ob gegen “Religioten” oder gegen Atheisten – gruppenbezogene Vorurteile sind völlig daneben.

      Ich möchte Sie also bitten, weitere Kommentare zu unterlassen, mit denen Sie anderen “geistigen Stillstand” attestieren – und doch nur Ihren eigenen dokumentieren…

      • Ich habe nicht den Atheisten einen geistigen Stillstand unterstellt, sondern mal wieder darauf hingewiesen, daß der geistige Stillstand das Betriebssystem aller Gruppen, Interressen-Gemeinschaften, usw. ist – Die Wahrheit, ist für mich als konfessionsloser Christ, nach Verstand der von Christus versuchten zu reformierenden Vernunft der Bibel eine ganz andere, was mich sicher zu einem unsachlichen Christ macht!?

        • @Horst

          Ja, es ist zutiefst “unsachlich”, anderen Menschen, Weltanschauungen etc. pauschal und ohne Begründung “geistigen Stillstand” zu unterstellen. Bitte bemühen Sie sich endlich um ordentliche Umgangsformen oder verlassen Sie diesen Blog. Klowände für beleidigende Kritzeleien gibt es im Internet genug, hier ist kein Ort dafür. Punkt.

          • Na gut, fangen wir schrittweise an:

            Würden sie behaupten der Sündenfall, mit anschließender Vertreibung aus dem Paradies, hat mit Adam und Eva sozusagen persönlich stattgefunden, und war somit nicht eine Metapher für einen evolutionären Vorgang des Geistes, der mit Bewußtsein von Vernunft ALS MENSCH (alle!) inspiriert war?

          • @Horst

            Der zweite Teil Ihres Satzes war wieder unverständlich verschwurbelt. Was ist ein “evolutionärer Vorgang des Geistes” und wer hat ihn wie und mit was “inspiriert”?

          • @Blume

            Na der Geist / die Schöpfung / das Zentralbewußtsein, mit Vernunftbegabung, die auf Erden zu entwickeln ist, selbstverantwortlich ALS MENSCH (alle!) 🙂

          • @Horst

            Sind für Sie also “Geist”, “Schöpfung”, “Zentralbewußtsein” und “Vernunftbegabung” identisch? Und wer ist dann vor wem “verantwortlich”???

          • @Blume

            Ja ja, so funktioniert der Tanz um das goldene Kalb und den heißen Brei, damit nichts und niemand verantwortlich, usw. ist 😉

          • @Horst

            Aber wer ist denn nun nach Ihrer ganz persönlichen Theologie verantwortlich? “Der Geist” (wessen?), “das Zentralbewußtsein”(von was?), das goldene Kalb, der @Webbär oder gar der Horst? 😉

          • Ja ja, ist schon gut, wußte ja das man mit dir nicht wirklich vernünftig und wahrhaftig verantwortungsbewußt kommunizieren kann 😉

        • Horst, Sie müssen unbedingt erläutern, wenn Sie wie gewohnt “apodiktisch” vortragen, wenn Sie verstanden werden wollen. Wollen Sie dies nicht, müssen Sie keine Nachricht hinterlassen.
          Z. B. nerven Ihre Vorträge zur Wahrheit und Wahrhaftigkeit potentiell [1] ungemein.

          MFG
          Dr. W (der aber bestätigen kann, dass Horst in seltenen Fällen nachvollziehbar bis sachnah vorträgt)

          [1] d.h. : den Webbaer, und wohl bevorzugt nur den, >:-> , nicht

  5. Hallo Herr Blume

    wo finde ich eigentlich die Rohdaten auf denen Sie ihre Schlußfolgerungen hinsichtlich Kinderzahl bei unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen basieren?
    Hab das Büchlein noch nicht gekauft, weil ich mich ärgern würde wenn ich dafür Geld ausgebe und dann nichtmal die Rohdaten bekomme.

    • Lieber @GST,

      auf meiner Homepage habe ich zahlreiche frei zugängliche Datenquellen verlinkt.

      Die für mich entscheidenden Rohdaten entstammten u.a.
      – den ALLBUS-Erhebungen
      – den World Value Surveys (vgl. Auswertungen von Inglehart & Norris sowie von Enste)
      – der Schweizer Volkszählung (das Statistische Bundesamt gibt auf Antrag anonymisierte Datensätze an Forschende)

      Weitere, von mir gänzlich unabhängige Studien mit identischen Befunden finden Sie u.a. beim MPI für Demografie in Rostock und bei den Kolleginnen & Kollegen der Demografie- und Familienforschung aus Wien.

      Beste Grüße, danke für Ihr Interesse & viel Erfolg!

  6. Hallo lieber Michael Blume,
    neben vielen anderen Punkten in deinem Artikel in der Herder Korrespondenz, sind mir zwei Aussagen aufgefallen denen ich hier gerne widersprechen möchte.

    1. Zum “Homo religiosus”
    Sollte es nicht aus evolutiver Perspektive eher “Homo superstitiosus” heißen, der sich durch soziokulturelle Prozesse zum “Homo religiosus” entwickeln kann?
    Meiner Meinung nach ensteht der “Homo religiosus” durch die Fähigkeit zur sozialen Kognition verbunden mit kulturellen Einflüssen.
    Damit wäre Religion, neben Kunst und Musik eher ein Nebenprodukt der Evolution.

    2. “Eine stabile konfessionslose Mehrheit in Deutschland bleibt religionsdemografisch eher unwahrscheinlich”
    Ist diese Aussage jetzt bezogen auf organisierte Konfessionslosigkeit in Verbänden und Vereinen , oder bezieht sich die Aussage auf die allgemeine Konfessionslosigkeit?
    Beim letzteren würde ich laut loslachen, beim ersteren hättest du meine Zustimmung.

    Es wäre sehr nett, wenn du diese zwei Punkte vertiefen könntest.

    P.S.
    Ich bin ein religionskritischer Atheist, aber weder alleinstehend noch ein “Zeitvampir” älteren Semesters. Was jetzt? 😉

    Gruß, Michael

    • @Michael

      Zu 1. tatsächlich zeichnet sich ab, das “magisches Denken” v.a. auf rationalen Kognitionen aufbaut, Religiosität auf sozialen Kognitionen. Deswegen sind die Begriffe auch nicht einfach austauschbar. Zu “Homo religiosus” hier eine kostenfreie G&G-Titelgeschichte:
      http://www.spektrum.de/alias/religiositaet/homo-religiosus/982255

      Zu 2. Religion & Demografie hier ganz ausführlich (und auch z.B. im Gespräch mit dem humanistisichen diesseits-Magazin):
      https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/online-interviews-zu-religion-und-demografie/

      Ich bin ein religionskritischer Atheist, aber weder alleinstehend noch ein “Zeitvampir” älteren Semesters. Was jetzt?

      Freude! Ich schrieb doch, dass man den Atheismus nicht auf negative Stereotype eingrenzen darf, auch wenn diese sich stark im Netz tummeln. 🙂 Ernsthaft: Atheisten wie z.B. Jesse Bering sind hervorragend forschende Kollegen, schon daher ärgern mich die verallgemeinernden Klischees.

      • Hallo Michael,
        danke für die Informationen und Links.
        Leider beantworten diese nicht meine Fragen.

        Vielleicht formuliere ich mal direkt.

        Ist für dich der “Homo religiosus” eine evolutionäre Adapation (Genetik) oder ein Nebenprodukt (Kultur- und Sozialphänomen)?

        Bezieht sich diese Aussage “Eine stabile konfessionslose Mehrheit in Deutschland bleibt religionsdemografisch eher unwahrscheinlich” auf konfessionslose Organisationen oder auf Konfessionslosigkeit allgemein?

        Kann doch nicht so schwer sein darauf eine direkte Antwort zu bekommen um eine eindeutige Basis für eine Diskussion zu haben? 🙂

        LG, Michael

  7. Nietzsche hat gesagt: “Gott ist tot.” In Wahrheit ist nur ein bestimmter Gott tot. Aber nicht jeder Gott ist tot. Der “Vater im Himmel”, der nach Lust und Laune die Menschen belohnt und bestraft, und auch sofort alle Krankheiten von der Erde wegnehmen könnte, ist tot. Aber es gibt einen unpersönlichen Gott, der dem Menschen unter Umständen helfen kann; aber nicht in jedem Fall.
    Wir brauchen eine praxisorientierte Religion. Jedesmal wenn ein Mensch eine wesentliche Steigerung seiner Willenskraft und Liebe erreicht, kann er durch Beschäftigung mit schamanischen Verfahren (zusätzliche) göttliche Kräfte aktivieren.
    Die Kirche sollte nur ca. 100.000 Mitglieder haben; ebenso wie die Geistheiler-Organisationen. Die meisten Menschen brauchen nicht Mitglied in einer religiösen Organisation zu sein. Sondern es genügt für die meisten Menschen, gelegentlich religiöse Kurse (z. B. anthroposophische Kurse) zu besuchen.

  8. @ Elvenpath, @ Christian Mai,@ Stefan Wagner, @GST, @Michael

    Kann das vielleicht mal ENDLICH und ENDGÜLTIG begriffen werden!

    Weder der Atheismus, Humanismus etc. noch das Christentum, andere Religionen etc. als solche sind agressive und unsachliche Kampfhähne. Es sind der Mensch in seiner Entwicklung und die Menschheit als solche, die dieses agressive und unsachliche Potential sozusagen in den Knochen haben.

    Dagegen sind es vielmehr vor allem die Religions- aber auch Weltanschauungsgemeinschaften und überhaupt soziale Gruppierungen, in denen der Mensche seit eh und je zwangsläufig darum bemüht sein musste und war, dieses negative Potential im Menschen zu überwinden, in der Gemeinschaft positiv zu binden, um menschenfreundliches und -würdiges, gemeinschaftliches Leben zu ermöglichen. Und diese Gruppierungen müssen bemüht sein, dies zu erreichen, obwohl querbeet in allen, Atheisten wie Christen etc. Menschen mit agressivem Potential dieses Bemühen immer neu torpedieren. Und evolutionsbedingt war es lange unvermeidlich, dass friedliches Miteinander fast nur durch autoritäre Herrscher bewerkstelligt werden konnte.

    Das agressive, unsachliche Potential ist mithin weder atheistisch, humanistisch noch christlich, religiös, es ist ganz einfach universal menschlich und zwar menschlich unterentwickelt.

    Und weil dem so ist, hat das agressive unsachliche Potential in den unterschiedlichen Gruppierungen lediglich je ein anderes Gesicht. Die Aggressiven unter den Gläubigen sind anders als die unter den Ungläubigen, aber alle sind sie aus ein und derselben Quelle des menschheitlichen Unbewussten agressiv.

    Von daher ist es völlig kontraproduktiv weltanschauliche Gruppierungen gegeneinander aufzuhetzen, zu welchem zerstörerischen Zweck derzeit die Medien wieder verstärkt von diversen Kräften missbraucht werden, die solche Hetze unverantwortlich forcieren,…wohl weil sie eigenes aggressives Potential nicht erkennen und zu überwinden verstehen.

    Michael Blume ist m.E. einer der wenigen, der mit seiner Arbeit gerade in diesem Punkt sachlichen Dialog fördert und mit seiner Forschung Grundlagen dafür erarbeitet. Was z.B. soll daran diffamierend sein, wenn er empirische Fakten bereit stellt.

    In allen Gruppierungen sind die Menschen guten Willens, die aus ihm heraus gutes Tun im Sinne der Liebe ermöglichen, im Grunde die wahren ‘Gläubigen’, egal ob dem Etikett nach Atheist oder Christ etc.. Sie alle tragen dazu bei, dass aus unserem “zwischenmenschlichen Kosmos”, um es mal so zu formulieren (ist ein Kapitel für sich) Schritt für Schritt die “Hölle” verschwindet. Bislang jedenfalls wird dieser “zwischenmenschliche Kosmos” noch weitestgehend als Müllplatz menschlicher Agressionen missbraucht, während er doch für den “Himmel unter uns” frei bleiben müsste. Durch diesen Missbrauch als “Müllplatz” bleibt der “Himmel” ZWISCHEN den Menschen allzu oft (natürlich nicht nur) verschütt, kann nicht nachhaltig erfahren werden.

    Solange das so ist, kann man sagen: gerade weil DER MENSCH derjenige ist, der in seiner Unterentwicklung das agressive und unsachliche Potential in der Mitte ALLER weltanschaulichen Gruppierungen präsent und aktiv macht, es notwendig ist, dass es querbeet ein bewusstes, friedliches Miteinander aller Menschen guten Willens in gläubigen, gleichermaßen wie ungläubigen Gruppierungen gibt.
    Auf diese Weise können die in allen Gruppierungen vorhandenen Menschen guten Willens sich gegenseitig helfen, das interne agressive Potential zu binden, wenn es intern gelegentlich zu stark wird.
    Dass es gebunden werden kann, ist für jeden eine Frage ausreichender Glaubenskraft.

    • Lieber Eli Schalom,
      ein sehr schönes Plädoyer für die menschliche Vernunft!
      Eine geradezu humanistische Betrachtungsweise. Danke dafür.

      Nur wenn ich mir die heutige Welt und ihre Konflikte und Tragödien so betrachte, geht das größte Gewalt- und Konfliktpotential aus Religionen oder politischen Religionen hervor. Dabei ist es mir egal, ob Religion dabei missbraucht oder genuin dafür verantwortlich ist. Das liegt im Auge des Betrachters.
      Es war schon immer so und es wird auch so bleiben.

      Meine Hoffnung für die Zukunft ist, das die Welt immer säkularer wird um wenigstens dieses Konfliktpotential abzumildern. Das das geht, zeigen viele europäische Länder.
      Das es für meine katholische Mutter nach dem 2. Weltkrieg unmöglich war, einen evangelischen Mann zu heiraten, ist mittlerweile eine belächelte Anekdote aus anderen Zeiten.

      LG, Michael

  9. Hmmm – gehören zu den atheistischen aussterbenden Gruppen auch die Buddhisten, Thoaisten, Konfuzianer, Shintoismus, …?
    Zumindest lehnen diese (zumeist) ein höheres eingreifendes Wesen ab.
    Und sind teils somit eher Wertegemeinschaften, oder?
    Auch in China konnte ich noch keinen Bevökerungsrückgang feststellen??

  10. Kann es sein, das die Religiösen im Gegensatz zu den Atheisten mehr Kinder bei Selbstmordattentaten, Steinigungen, Selbstmorden nach Zwangsheiraten, mies gelaufenen Beschneidungen beiderlei Geschlechts, schief gelaufenen illegalen Abtreibungen, … verheizen?
    D.h. die Religiösen kriegen mehr Kinder, die Atheisten bringen mehr ihrer Kinder durch?

    PS: Atheist mit 7 Kindern 🙁

    • Klar ist das so. Nur erhöhen Selbstmordattentate und Steinigungen die Mortalität kaum, denn das sind vor allem symbolische, selten ausgeführe Akte, die nicht etwa nach jedem Gottesdient zur Belustigung und Erbauung der Gemeinde ausgeführt werden.

    • @klauswerner

      Wie schon Emile Durkheim aufzeigte, ist die Selbstmordrate unter Religiösen im Durchschnitt geringer als unter Konfessionslosen. Unter gläubigen Muslimen, gegen die sich Ihre Polemik vor allem zu richten scheint, gilt u.a. ein Alkoholverbot – und die jährliche Zahl der Toten aufgrund von Alkoholkonsum…

      Generell weisen Religiöse eine leicht erhöhte Lebenszufriedenheit und Lebenserwartung auf, was v.a. auf die höhere Stabilität und Größe der Familien zurück geführt wird. Insofern haben Sie gute Chancen (wenn es Ihnen gelingt, die entsprechenden lebensbejahenden Werte auch weiter zu geben 😉 ). Hier einige Daten, falls für Sie interessant:
      http://www.blume-religionswissenschaft.de/pdf/BGAEUReligionGlueckBlume.pdf

      • Kann man als Religiöser so glücklich sein wie ein Däne, oder nur schon wie ein durchschnittlicher Skandinavier (Schweden, Finnland, Norwegen, Dänemark wo die glücklichsten Menschen der Erde wohnen)? Diese Länder sind nämlich in Umfragen in der Glücksskala immer ganz oben. Das zeigt auch der WORLD HAPPINESS REPORT 2013

        In der UNO-Umfrage zeigt sich kein positiver Einfluss der Religion, wohl aber des Wohlstands und vielleicht auch der Gene. Die Dänen jedenfalls sind seit vielen Jahren an der Spitze von Umfragen, die nach dem Glück fragen.
        Möglicherweise sind Menschen die sich gesund fühlen und zwar sowohl körperlich als auch geistig, an und für sich relativ weit oben in der Glücksskala. Bei einer allgemeinen Umfrage kommt es also sehr stark darauf an, wieviele Menschen sich wohl fühlen. Hier in den industrialisierten Ländern sind das sehr viele Menschen – und das über alle Altersgruppen hinweg. Deutsche sind allerdings weniger glücklich als beispielsweise Holländer oder Skandinavier. Das mag kulturell bedingt sein.

        Weit oben auf der Glücksskala sind Länder mit vielen Religiösen jedenfalls nicht. Der Grund ist wohl einfach, dass dort oft in der Mehrzahl arme Menschen leben und viele davon nicht gesund sind. Wer arm und krankt ist, fühlt sich aber nicht glücklich, auch wenn ihm der Glaube Trost spendet.

        Um noch einmal auf die Ausgangsfrage zurückzukommen:
        “Kann man als Religiöser so glücklich sein wie ein Däne, oder nur schon wie ein durchschnittlicher Skandinavier”

        Wer religiös ist lebt auch oft in einer sozial streng kontrollierten Umgebung. Das war früher auch hier in Europa unter religiösen Christen der Fall und gilt jetzt wohl in vielen muslimischen Ländern. Diese starke soziale Kontrolle, die sich in der Jugend noch als starke Abhängigkeit von den Entscheidungen der Eltern zeigt (bis zur Verheiratung), macht wohl viele eher unglücklich als glücklich.

        • @Martin Holzherr

          Als Hinweis aus der empirischen Glücksforschung: Wie bei der Demografie auch ist die Mikro- und Makroebene zu unterscheiden! Dass aufgrund unterschiedlicher familienpolitischer Bedingungen die Geburtenrate in Polen niedriger ist als in Schweden ist die Makroebene, dass in beiden Gesellschaften die Religiösen durchschnittlich mehr Kinder haben, die Mikroebene.

          Ebenso mit dem Glück: Da Menschen insbesondere in existentieller Not zu Religiosität neigen, ist es sogar erwartbar, dass auf der Makroebene im Schnitt “unglücklichere” Gesellschaften auch häufiger “religiöser” sind. Auf der Mikroebene ist aber je in beiden Fällen zu sehen, dass gelebte Religiosität vielen Menschen hilft, mehr Glücks- und Sinnerfahrungen zu machen.

          Hier nochmal eine ausführliche Arbeit zum Thema:
          http://www.blume-religionswissenschaft.de/pdf/BGAEUReligionGlueckBlume.pdf

  11. Es ist richtig, dass atheistische Gesellschaften zum Scheitern verurteilt sind. Allerdings ist eine Gesellschaft, in der es sehr wenige Kirchenmitglieder gibt, nicht unbedingt atheistisch. Die Hauptsache ist, dass religiöse Heilungen stattfinden. Und durch den Besuch von religiösen Kursen (z. B. Geistheiler-Seminaren) kann man sich religiös weiterentwickeln; auch ohne Mitglied der Kirche zu sein.

    • Die Geburtenrate in atheistischen Gesellschaften ist nicht unbedingt niedriger, als in religiösen Gesellschaften. Sondern atheistische Staaten scheitern, weil man sich zu sehr auf eine von Menschen geschaffene Wissenschaft verlässt (was zu einer gefährlichen Technologie führen kann), und weil die Hilfe aus höheren Welten fehlt.

      • @Reli-Schamane

        Es geht darum, dass quer durch alle Gesellschaften Religiöse im Durchschnitt mehr Kinder haben… Aber egal, wir senden offensichtlich aus sehr unterschiedlichen Perspektiven (Wissenschaft vs. Esoterik). 😉 Ihnen alles Gute!

      • @ Blume
        Wenn die Geburtenrate in religiösen Gesellschaften höher ist, dann ist Religion doch etwas wichtiges. Was wollen Sie tun, um die Religiösität zu erhalten? Mein Vorschlag ist eine neue Religion gemäß C. G. Jung und Rudolf Steiner. Denn die Kirche wird noch mehr Mitglieder verlieren.

  12. Selbst unter religiösen Gesichtspunkten ist dies eine Anmaßung. Denn es könnte sein, daß die “höheren Welten” Gefallen am Atheismus haben. Unter nichtreligiösen Gesichtspunkten ist dies auch eine Anmaßung, denn eine “von Menschen geschaffene Wissenschaft” ist in Ihrem Duktus nicht von einer von Menschen geschaffenen Religion zu unterscheiden. Die Betonung liegt hier nicht auf Wissenschaft vs Religion, sondern auf “von Menschen geschaffen”. Zu unterscheiden, ob eine Religion von “oben” in Form von Offenbarungen oder von “unten” in Form von psychotischen Schüben kommt, ist dem Menschen nicht gegeben.

    • @ Hilsebein
      C. G. Jung hat in vielen Büchern beschrieben, wie er durch Traumdeutung Krankheitsursachen herausgefunden hat, was später als richtig bestätigt wurde. In diesem Fall ist es dann doch erlaubt zu sagen, dass Offenbarungen “von oben” gekommen sind.
      Und wieso sollten die höheren Welten Gefallen am Atheismus haben? Wenn ein Mensch sagt: “Ich glaube nur das, was ich sehe”, dies ist doch offensichtlich ein sehr subjektiver Standpunkt. Man kann auch sagen, ein egoistischer Standpunkt.

      • “C. G. Jung hat in vielen Büchern beschrieben, wie er durch Traumdeutung Krankheitsursachen herausgefunden hat, was später als richtig bestätigt wurde.”

        Wieviel davon bestätigt wurde, weiß ich nicht zu sagen, es muß aber eben doch bestätigt werden, sonst ist es eben nur Gesülze.

        “Und wieso sollten die höheren Welten Gefallen am Atheismus haben?”

        Da wir über die “höheren Welten” nichts wissen können, ist in diesen Welten eben alles und nichts möglich. Ich kann mir einen kalten und langweiligen Himmel vorstellen und eine heiße Hölle, wo Luzi ein freundlicher Gastgeber ist und die schärfsten Damen nackig auf den Tischen tanzen. Genauso ist es möglich, daß die “höheren Welten” den Atheismus lieben. Es ist eben Quark und bleibt Quark, wenn Menschen glauben zu wissen, was “die höheren Welten” wollen oder nicht wollen.

  13. Auch der organisierte Atheismus hat eine Entwicklungsgeschichte

    Leider ähneln manche Atheisten in ihrem Glauben daran, dass es keine außerempirischen (für Herr Dr. Blume: ‘überempirischen’) Akteure gibt, und vor allem daran, dass alle Religionen sittlich minderleistend, böse sein müssen, auch historisch zivilisationsbildenden Nutzen nie gehabt haben können, Theisten, die es ähnlich, aber andersherum sehen.
    Atheisten dieser Güteklasse bilden denn auch Vereinigungen, die den religiösen Vereinigungen wesentlich ähnlicher sind als es den Veranstaltern lieb sein kann.

    Das ist ein Fehler, der aus Sicht des Schreibers dieser Zeilen auf die zweiwertige Logik zurückzuführen ist, die agnostische dreiwertige schafft hier Abhilfe, auch wenn sie vielen antiintuitiv zu sein scheint. [1]

    MFG
    Dr. W

    [1] übrigens leiden viele gesellschaftliche Debatten genau an diesem Punkt, Beispiel: Frauen, so die erhobene Datenlage, werden schlechter bezahlt als Männer, Erklärung A: Frauen können nur weniger leisten als Männer, Erklärung B: Frauen werden unterdrückt und ausgenutzt * , Erklärung C: die Information, ob Frauen und Männer gleich leisten (wollen), liegt nicht zuverlässig vor (in den Daten), es ist davon auszugehen, dass Frauen und Männer ** als Gruppen nicht gleich leisten müssen.

    * weil sie gleich leisten müssen – Thilo Sarrazin, >:-> , nennt diese Forderung die Basis-Behauptung der ‘Gleichheitsideologie’

    ** hier dürfen sich auch andere Gruppen gedacht werden

  14. – spreche natürlich nur für mich: sehe mich als Atheisten, der weiss (also das Gegenteil von gauben), dass seine Existenz und das was ihn als Individuum unverwechselbar gemacht hat, mit dem “biologischen” Tod endet und dann irgendwann zerfallen in kleinste Substanzen aufgeht in dem was ist und immer war; losgelöst von allen menschlichen Befindlichketen. Eine sehr schöne, beruhigende und mir absolut befriedigende Gewissheit.
    Kein Leben nach dem Tod (ein Widerspruch in sich selbst), keine unsterbliche Selle und kein absurdes Himmelreich, welches (das versteht sich von selbst) sowieso nur nach einem den Religionen gemässen Wohlverhalten zu Lebzeiten erreichbar wäre.
    – Die Aufforderung Kants “habe den Mut dich deines eigenen Verstandes zu bedienen” scheint mir ein guter Weg, der den Menschen für sich selbst in die Verantwortung nimmt: traue nur deiner eigenen Wahrnehmung und ziehe dann mittels gründlicher Kontemplation deine eigenen Schlüsse. Vor allem bewahre dir eine grundsätzliche Skepsis gegenüber feststehenden (dogmatischen) Lehren und deren niedergeschriebenen Worten.
    – Kürzlich las ich die Antwort eines Philosophen, der auf den “Vorwurf” er sei Atheist konterte “bin eher evolutionärer Humanist, der bis zum Beweis des Gegenteils davon ausgeht, dass es im Universum mit rechten Dingen zugeht. Also weder Götter, noch Dämonen, weder Teufel noch Hexen oder Kobolde ins Geschehen und die Naturgesetze eingreifen”.
    Die Antwort hat mir gefallen2…

  15. Pingback:Demografisch nachhaltige Entwicklungen finden sich ausschließlich bei “religiös-offenen” Gruppen. | WAHRES - SCHÖNES - GUTES .

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