Analyse zur Hamburg-Wahl: Der Fediversum-Linksruck kontert den fossilen Rechtsruck

Seit einigen Monaten beobachte ich mit wachsender Hoffnung, dass der fossile und vor allem über Konzern-Medien befeuerte Rechtsruck in immer mehr Ländern wie etwa Südkorea an der Realität scheitert. Während sich die US-Demokratie vor unser aller Augen in eine wissenschaftsleugnende Thymokratie an der Seite von Wladimir Putin verwandelt, formieren sich immer mehr vor allem städtische, junge und häufiger weibliche Menschen in eigenen, zunehmend fediversalen Medien und kämpfen zunehmend für reale Daten, Dialog und Dekarbonisierung.
Parteien der Mitte die in den vergangenen Jahren oft panisch nach rechts geblinkt haben, könnten sich dadurch – wenn sie schlau bzw. gut beraten sind – wieder auf ihre Stärken und demokratische Aufgabe besinnen: die gesellschaftliche Integration statt der medialen Polarisierung – beginnend mit der Breite der Parteien statt schädlicher Überpersonalisierung -, die sachorientierte dialogische Problemlösung statt dem thymotischen Befeuern von feindseligem Dualismus.
Und, ja, liebe Oberlehrende: dass „Links“, „Mitte“ und „Rechts“ Kriterien aus dem 18. und 19. Jahrhundert sind und für das digitale 21. Jahrhundert immer weniger taugen, diskutieren wir hier auf dem Blog auch bereits seit Monaten. Ich verwende diese Worte hier, weil ich vielen mit Begriffen wie Thymokratie und erneuerbaren Friedensenergien statt Fossilismus bereits genug abverlange und allgemein verständlich bleiben möchte. Bessere Vorschläge sind stets willkommen.
Schon bei der Analyse der Bundestagswahl 2025 hatte ich also von einem empirisch beobachtbaren Linksruck geschrieben, der den bisherigen Rechtsruck kontert und gerade in den jungen Generationen auch überholt.
Entsprechend gespannt war ich auf die Wahlergebnisse in Hamburg – und finde die Entwicklung auch hier bestätigt.
So konnte die Linke laut infratest dimap & Tagesschau bei den 16- bis 24jährigen 25% der abgegebenen Stimmen erzielen und sich in dieser Altersgruppe neben der führenden SPD etablieren. Der Zugewinn von 11 Prozentpunkten entsprach dabei dem Gesamtergebnis der CDU in dieser Altersgruppe – und die AfD erreichte dort gerade einmal sechs Prozent!
Erstwählerergebnisse bei der Bürgerschaftswahl Hamburg 2025 laut infratest dimap. Grafik mfG: Tagesschau.de
Auch gewann die CDU von der SPD 23 Tsd., von Nichtwählern 20 Tsd. und auch von den Grünen 7 Tsd. Stimmen dazu, verlor aber – im Gegensatz zum moralisch und strategisch falschen Bundestags-Manöver – netto keine Wählerinnen und Wähler an die AfD. Auch hier also finden wir bestätigt: Die Brandmauer schützt die Christdemokratie, wogegen das dualistische Rechtsblinken ihr schadet.
Auch bei den Frauen lag die Linke um einen Prozentpunkt vorne (12% zu 11% Männer), ebenso die SPD (35% zu 34%), die Grünen sogar zwei Punkte (20 zu 18%). Schwächer war dort dagegen die CDU (18% zu 20%) und die AfD (6% zu 7%).
Dass die Geschlechterpolarisierung auch in Hamburg zwar sichtbar, aber im Vergleich zum Bundestrend eher schwach ist, freut mich dabei sehr: Wie erwähnt hat die Traditionalismusfalle in Südkorea inzwischen zu einem massiven Beziehungsabbruch und einer Geburtenrate von nur noch 0,7 Kindern pro Frau geführt. Wir sollten es daher m.E. lauter denn je sagen, zumal es sich auch bereits in den USA abzeichnet – der Rechtsruck führt eben nirgendwo zurück in vermeintlich „heile Familien“, sondern befeuert auch zwischen den Geschlechtern nur Wut, Beziehungs- und Kinderlosigkeit.
Thymoten streben nach Status statt nach Partnerschaft. Aber Sozialdarwinismus war eben auch schon im 19. Jahrhundert sachlich falsch: Es gibt keine biokulturelle Evolution ohne Kooperation. KI-Girlfriends und -Bots helfen auch jungen Thymoten nicht wirklich weiter.
Dialog zur Geschlechter-Polarisierung bei der Bundestagswahl 2025 auf Mastodon. Screenshot: Michael Blume
Wissenschaftlich scheint mir als völlig klar zu sein: Wer – wie ich – die Demografie für „das“ Megathema neben der Klimakrise auch für die Europäischen Union, für Wirtschaft, Integration, Militär und post-fossile Zukunft hält, hat das soziale Miteinander, nicht das mediale Gegeneinander zu stärken. Krah täuschte schlichtweg auch da: Kluge Frauen gründen zunehmend ungerne Familien mit rechtsdrehenden Thymoten. Denn wo sie es taten, bereu(t)en sie es zu oft.
Und so komme ich zum Fazit, dass in den großen Städten fossile Lobby-Medien wie NIUS, AxelSpringer-Aktivisten, Facebook und X bereits deutlich an Wirksamkeit verlieren, wogegen sich mehr und mehr Menschen sehr bewusst auf öffentliche und öfter dialogische Fediversum-Medien wie den ÖRR, Podcasts, Blogs und Mastodon stützen.
Die Aufklärung gegen fossile Propaganda und gegen auch antisemitische Verschwörungsmythen wirkt zunehmend.
Sogar Donald Trump musste zum letzten Wahlkampf bereits viele Stunden in Podcasts sitzen, weil auch „seine“ rechtsdrehenden TV- und Digital-Medien zunehmend an Reichweite insbesondere unter jungen und medial gebildeten Menschen verlieren. Schon die Einschaltquoten zu seiner Amtseinführung waren miserabel – abgesehen von einer starken Predigt einer Bischöfin.
Und inzwischen trägt auch die Börsen-, Zoll- und Krypto-Krise zu wachsender Skepsis gegenüber Rechtslibertären und Verschwörungsunternehmern bei. Nach BitCoin- und Börsen-Abstürzen sowie dem Libra-Desaster von Präsident Javier Milei in Argentinien beginnen erste Menschen ihre Commitment-Tunnels zu spüren, zu hinterfragen und vereinzelt auch bereits zu verlassen.
Das Neurohacking durch Konzernmedien ist nach meiner Einschätzung also noch lange nicht gebannt – aber es könnte den Zenit insbesondere in Städten bereits überschritten haben. Vor allem dann, wenn wir diesmal klug und vorausschauend mit dezentralen und zunehmend europäischen KIen arbeiten.
Zu hoffen bleibt daher aus meiner Sicht, dass sowohl in Österreich wie in Deutschland stabile und verlässliche, demokratische Koalitionen echte Probleme etwa der Klimakrise, Verteidigung und Friedensenergien, der Inflation, des Wohnungsmangels und des Megathemas Demografie samt Renten, Gesundheit und Soziales angehen, statt sich hirnlos von fossilen Konzernen gegen immer neue Menschengruppen hetzen zu lassen. Der Rechtsruck war überall ein Desaster, wo er an die Macht gekommen ist – und auch das sehen und verstehen täglich mehr Menschen.
Ich halte es sogar für möglich, dass sich in den kommenden Jahren auch in den leider noch demografisch verebbenden Regionen unseres Landes zunehmend herumspricht, dass Antisemitismus, Rassismus und Sexismus den auch altersmäßigen und wirtschaftlichen Niedergang nicht etwa aufhalten, sondern beschleunigen. Es ist ja keine “woke” Ideologie, sondern schlicht empirische Realität: Hass und Hetze führen in den Abgrund, eine bessere Zukunft findet sich dagegen im Dialog.
Und genau das bestätigte nun auch Hamburg. Beobachte ich, mit immer mehr Hoffnung.
Zum Glück hat Deutschland ein stabileres Gesellschaftssystem als die Staaten. Das ist am ehesten meine Hoffnung. Den Wahltrend von Hamburg begrüße ich zwar auch, aber ich hege großes Misstrauen gegen die Union. Wenn sie ihre rechtsradikale Rhetorik fortsetzt, setzt sich auch die Normalisierung dieser Themen fort. Merz wird seinen bisherigen Worten wenig Taten folgen lassen können, da er auf die SPD angewiesen wäre. Also kann die AfD noch extremer auftreten und massenweise Deportationen fordern. Und viele Menschen glauben, dass Migrant:innen und Arbeitsverweigernde für die aktuelle Schieflage und die Krisen verantwortlich sind. Den eigentlich Grund, die sozialen Unterschiede, wird Merz niemals angehen, im Gegenteil. Dazu kommt der fossil-aurokratische Druck von außen (außer die USA entledigen sich ihrer MAGA-Bemächtigung mit Gewalt). Daher erwarte ich bei der nächsten Wahl eine noch stärkere AfD.
Allerdings traue ich Merz, Linnemann und Söder durchaus zu, mit der AfD zu kooperieren.
Möge ich falsch liegen!
@Hui Haunebuh
Auf jeden Fall werde ich meinen kleinen Teil zum Erhalt der Brandmauer und für die Wiederentdeckung der demokratischen Mitte tun. Ich meine, im Fossilismus oder gar Rechtsdualismus liegt nur Unheil und unser Land, unsere Demokratie und die europäische Idee sind einen guten Kampf wert. 😌⚔️🇩🇪🇪🇺🙌
Ich bin dabei! Und noch habe ich die USA nicht aufgegeben. Viva Solarpunk! 💪
Es ist noch nicht vorbei. Prinzessin Trump verkörpert das letzte Aufbäumen, die Agonie einer sterbenden Welt, die nur noch in Wahn um sich schlagen kann. Eine solche Eskalation endet logischerweise in körperlicher Gewalt, und als Fliegenklatsche, um nach den Käfern zu schlagen, die aus den Wänden seiner Gummizelle quellen, hat der König der toxischen Weiblichkeit das mächtigste Militär aller Zeiten.
(Warum macht identische Symptomatik eine Frau zur hysterischen Bitch und einen Mann zum Alphamännchen oder „starken Mann“? In was für einer Oper sind wir gelandet, wo die Kastraten die dicksten Eier haben?)
Mein Albtraum du jour ist eine Teilung Europas zwischen USA, Russland, Türkei, eventuell nach einem Bürgerkrieg, bei dem unsere Zwergstaaten sich in bewährter Manier selbst verwüstet haben, weil jeder nach Lust und Laune die Seite wechselte. Mit Krieg oder ohne Krieg, ich sehe schon die US-Army, die uns zwingt, unsere Windmühlen und Solarkraftwerke mit eigenen Händen abzureißen, um uns Öl und Gas zu Mondpreisen zu verkaufen, uns so in Schuldknechtschaft zu treiben oder uns jedes Bisschen Fleisch von den Knochen abzupressen, bevor die Legionen dieses ausgelutschte Britannien seinen Stammeskriegen und den Wikingern zum Fraß vorwerfen.
In der Bundesregierung hat Putin eine Sperrminorität in der Opposition, die Wiederbewaffnung schwierig macht, in der Regierung dominiert die CDU, die aus purer Trumpscher Häme die Energiewende sabotieren will, wir laufen also Gefahr, ohne Armee und ohne Energie-Autarkie auskommen zu müssen.
Schwäche sucks, um es auf Neudeutsch zu sagen. Ich muss nicht die Welt beherrschen, es reicht, als Gleicher unter Gleichen am Tisch sitzen zu dürfen, ohne dass sich jemand zutraut, einen vom Stuhl schubsen zu können.
Zwei Spiegel-Schlagzeilen, ein Menetekel: Ohne die Alten hätte Deutschland keine demokratische Mitte – Die jungen Männer haben Angst vor Migration, die jungen Frauen, vor Rechtspopulismus. Sie sehen also einen riesigen Klumpen alter, müder Trägheit, der die Jungen an die Ränder der Gesellschaft, die Mädels haben Angst, dass ihre Jungs in den Krieg müssen, die Jungs sind schon auf dem Weg zur Front und suchen einen Feind.
Das heißt, der innere Widerstand in den USA ist wichtig, denn nur von Innen kann man Trump davon abhalten, die Armee auf seine Verbündeten zu hetzen. Und da sollten sich die Demokraten vielleicht anders verhalten als unter Biden, als sie sich bei der Ukraine vor allem dadurch profilierten, dass sie seine Zögerlichkeit spiegelten.
Denn auch Trump spiegelt die Vorgänge in der Welt: Über 30 Jahre haben wir die Rolle Europas im Amerikanischen Imperium neu verhandelt. Wir wurden recht direkt gefragt: Wollen wir gleichberechtigte Partner sein und unseren Teil der Verantwortung tragen? Nö, kein Bock. Wollen wir Gefolgsleute sein und zumindest zuhause aushelfen? Nö, kein Bock. OK, dann wollen wir halt Nutzvieh sein, und Nutzvieh wird nicht nach seiner Erlaubnis gefragt.
Ich hoffe immer noch auf einen Backlash, dass aus der Entfremdung eine Annäherung zwischen USA und Amerika wird, und zwar auf freiwilliger Basis, nicht, indem wir in Leibeigenschaft gezwungen werden. Vielleicht bilden wir sogar so was wie die Vereinigten Staaten von Atlantis. Doch im Moment sieht es eher nach Hitler-Stalin-Pakt XXL aus. Die EU ist Polen-Litauen 1750, die politisch-wirtschaftliche Lage ist vergleichbar, sie schreit nach Teilungen.
Tja. Wettlauf auf allen Ebenen, der Tod gegen das Sterben. Die alte Welt muss enden, bevor sie es schafft, die Geburt der neuen im Keim zu ersticken. Und so langsam sehen wir eine Ironie darin: Die Alten, die sich gegen Wandel stemmen, weil sie nur noch in Frieden sterben wollen, werden den Frieden nur dann rechtzeitig wiederfinden, wenn sie den Wandel unterstützen.
Ein Kipppunkt ist überschritten. Im Guten wie im Bösen.
Danke, @Paul S
Ich denke, wir können die Zustände in weniger Sätzen und mit weniger sexualisierten Metaphern beschreiben:
Jetzt, wo die Fossilisten auch in den USA 🇺🇸 an der Macht sind, fahren sie den Karren mit Karacho an die Wand. Auch Elon Musk hat sich für D(R)OGE und gegen Tesla entschieden. Handelskriege entflammen, die Inflation steigt und immer mehr Menschen fragen sich, wie lange sie unsere fossilen Feinde noch durch Öl- und Gasimporte finanzieren lassen.
Bequemlichkeit muss mensch sich leisten können. Und jeden Tag begreifen mehr Menschen in den Amerikas, in Europa, Afrika, Asien und Austronesien, dass sie sich Bequemlichkeit nicht mehr leisten können.
Zeit emergiert, aber wiederholt sich nicht. Das bedeutet auch, dass die Zukunft offen ist und wir selbst etwa über die post-fossile Zukunft entscheiden können. Daraus schöpfe ich Mut und Motivation.
Da scheint sich dieser Trend tatsächlich zu bestätigen.
Wobei sich mir folgende Fragen stellen.
Trägt dies zu einem weiteren Auseinanderklaffen zwischen Stadt und Land bei, was die Parteien angeht?
Wenn immer mehr junge Leute vom Land in die Stadt ziehen, bleiben die älteren, oft konservativen Wähler zurück. Werden die im Wahlverhalten zu Parteien am rechten Rand neigen?
Hier in BW war es ja viele Jahre häufig üblich, dass junge Paare, mit Kindern oder noch keinen Kindern, sich ein Eigenheim erwerben konnten. Aus verschiedenen Gründen könnte dies jedoch heute schon aber ziemlich sicher in der Zukunft kaum noch so sein. Was folgt daraus möglicherweise für die Parteien?
Wir werden in ca. 12 Monaten den neuen Landtag von BW wählen. Ich bin gespannt, ob dann wieder alles anders aussieht.
Vielen herzlichen Dank, @Marie H. – ich denke, Ihre Nachfragen treffen es genau!
“Trägt dies zu einem weiteren Auseinanderklaffen zwischen Stadt und Land bei, was die Parteien angeht?“
Diese Befürchtung teile ich, zumal wir ja auch hier auf dem Blog einige vor allem männlicher Accounts erleben, die lieber im Verschwörungsglauben absterben als sich selbst in Frage stellen wollen. Und es ist ja ganz evident, dass sich das Absterben rassistisch und fremdenfeindlich geprägter Regionen beschleunigt. Sehr bewusst verweise ich immer wieder auch auf Japan 🇯🇵 und Südkorea 🇰🇷, bei denen hoher Wohlstand und die Traditionalismusfalle in eine säkulare Bevölkerungsimplosion geführt haben. Inzwischen lassen sich Ältere in Japan zu Gefängnisstrafen verurteilen, um nicht länger einsam und unversorgt zu leben!
Der hier auf dem Blog auch bereits rezensierte Felix Lill berichtete unlängst:
“Später, 2019, titelte Japans öffentlicher Rundfunksender NHK: „Gefängnisse sind in Japan oft der rettende Hafen für Seniorinnen.“ Ähnlich berichtete im Januar dieses Jahres nun der US-amerikanische Sender CNN, der kurz zuvor ein Gefängnis hatte besuchen dürfen: „Japans ältere Menschen sind einsam und haben es schwer.“
https://www.rnd.de/panorama/japans-alte-haeftlinge-warum-immer-mehr-senioren-absichtlich-ins-gefaengnis-gehen-LO7IERHPVVBNVAG75RI3YROAUI.html
Auch in europäischen Ländern wie Italien 🇮🇹🇪🇺, Spanien 🇪🇸🇪🇺 und Griechenland 🇬🇷🇪🇺 hat das Absterben von Dörfern und ländlichen Regionen längst eingesetzt. Vergessen wir auch nicht das Tempo der Verstädterung – erst seit 2008 (!) lebt die Mehrheit der Menschen in städtischen Gebieten. Davor hatten die höheren Geburtenraten auf dem Land die sog. Landflucht immer wieder ausgleichen können. Damit ist es nun weltweit vorbei. Immer mehr Regionen auch z.B. im Iran 🇮🇷 verebben und veröden.
“Wenn immer mehr junge Leute vom Land in die Stadt ziehen, bleiben die älteren, oft konservativen Wähler zurück. Werden die im Wahlverhalten zu Parteien am rechten Rand neigen?“
Was wir bereits jetzt beobachten, habe ich seit einigen Jahren im Sprachbild der Solarpunk-Arche-Regionen versus zunehmend entvölkerter Gebiete zu fassen versucht, vgl.:
https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/regionen-werden-zu-archen-prognose-zur-klimakrise-und-glokalisierung/
Wie auch oben geschrieben glaube ich jedoch nicht an einen Determinismus: Es wird auch ländliche Gebiete insbesondere mit lebendigen und kinderreichen Religionsgemeinschaften geben, die sich gegen den rechtsdualistisch-säkularen Abgrund stemmen und eigene Pfade in die Zukunft öffnen. Die ursprünglich aus dem Süddeutschen stammenden Amish, die Hutterer und einige Menonniten-Gemeinden widersetzen sich schon jetzt in ländlichen Regionen der Amerikas der säkularen Bevölkerungsimplosion. Ich hoffe, dass wir in Zukunft auch modernere und vor allem stärker gleichberechtigte Gemeinschaften sehen werden.
Aus meiner Sicht lässt sich die frühe Digitalisierung durch Konzernmedien sogar als Mobilisierung traditionalistischer und fossilistischer Milieus gegen die demokratische und demographische Transformation der Gesellschaft verstehen. Statt die Anliegen starker Frauen und junger Menschen im Angesicht von Mitweltkrise und Familienzerfall aufzugreifen, wurden und werden sie als „radical left“ und „linksgrünversifft“ verhöhnt und bekämpft. In welche politischen, demographischen und auch wirtschaftlichen Sackgassen dieser Rechtsruck führt, sehen wir ja nun in immer mehr Ländern einschließlich der USA 🇺🇸…
Guten Abend @Michael
Ich hätte eine Frage bezüglich dem Wahlverhalten. Rein von der Gesamtzahl an Wähler haben ja die plus 60 jährigen den größten Anteil, in Deutschland scheinbar 40%, ich schätze in meinem Heimatland ist das nicht viel anders. Je älter man wird, desto eher neigt man ebenfalls zu konservativen Werten, die Jugend eher zu liberalen oder progessiveren. Ist es also tatsächlich also eine umwälzung oder nicht auch erkentnisse die ja schon bekannt sind?
Möchte auf keinen Fall da verdrießlich sein, schließlich wurde in Linz selbst nach einem Skandal erneut ein roter Bürgermeister gewählt da die Abneigung zu den Blauen recht hoch ist. Also auch ich sehe das da sich zwei Pfade eröffnen, nur, ist es wirklich so?
In der Grafik ist ersichtlich das die Grünen am meisten zuspruch verloren haben, massiv sogar. Die einzige Partei die sich hauptsächlich für Klimapolitik einsetzt. Schön wenn nicht Fremdenfürchtige (ich glaube ein Besseres Wort dafür als Fremdenfeinde) die stärkste Kraft wird, nur habe ich wenig Hoffnung das die anderen Parteien die Tragweite des Wandels verstehen, den wir vollziehen müssen.
Hoffe es macht soweit Sinn. 🙂
Vielen Dank für die Nachfrage, @Berthold Forster 🙏
In der Tat gab es die Vorstellung der selbstverständlich linken Jugend auch in Deutschland sehr lange, etwa mit dem Spruch:
“Wer mit 20 nicht links ist, hat kein Herz. Wer mit 40 immer noch links ist, hat keinen Verstand.“
So ganz hat dies jedoch nie gestimmt – es gab auch immer sog. Neo-Nazis und auch im demokratischen Spektrum immer junge Konservative, meist aus eher religiösen und kinderreichen Familien. So sorgte das starke Anwachsen junger Rechtswähler (überwiegend junger Männer) bei den letzten Europawahlen für Aufsehen. Und wurde vor allem über das Neurohacking von Tiktok erklärt.
Dagegen war die heutige Linke als SED-Nachfolgepartei lange eine Partei alter und absterbender Kader. Dass nach der Abspaltung des BSW nun wieder junge Menschen in die Partei strömen und gerade auch den Grünen junge Stimmen abnehmen, dass die drei älteren „Silberlocken“-Kandidaten der Partei wieder junge Fans anziehen, hat die meisten überrascht.
Mit Volt entfaltet sich zudem insbesondere in den Städten eine junge, digital-affine und progressive Europa-Partei, die auch in Hamburg gegen die Polarisierung und Alterung der Gesamtgesellschaft weiter zugelegt hat.
Was ist hier also los?
Psychologisch gesichert ist, dass nach der kindlichen Phase des egozentrischen Relativismus eine jugendliche Phase des gruppenbezogenen Dualismus einsetzt. Dieser kann sich bis zum linken, rechten, libertären oder auch religiösen Dualismus steigern und bringt immer wieder auch radikale und sogar gewaltbereite Formen hervor. Im noch-kinderreichen, aber bereits stark säkularisierenden 20. Jahrhundert erschien daher „die Jugend“ vielen als links und progressiv. Aber auch damals gab es bereits Neurechte und sog. „Jugendreligionen“ wie die Jesus Freaks und neo-hinduistische Gruppen. Gerade fand in Indien 🇮🇳 eine Kumbh Mela mit einer Rekord-Beteiligung von bis zu 500 Millionen Menschen statt!
Mit dem demographischen Verebben und den digitalen Konzernmedien haben wir nun eine lange Phase des fossilistischen Rechtsdualismus erlebt, der auch junge Menschen erfasste – nicht zuletzt in der österreichischen FPÖ. Einige Staaten wie Russland 🇷🇺, Ungarn 🇭🇺🇪🇺 oder aktuell die USA 🇺🇸 sind entsprechend umgekippt – und die Gefahr ist nach meiner Einschätzung noch lange nicht vorbei.
Allerdings nehme ich seit einigen Jahren auch zunehmende Gegenbewegungen wahr – statt der angestrebten, absoluten Mehrheit musste Indiens neo-hinduistischer Regierungschef Modi Sitze abgeben und eine Koalitionsregierung bilden. Die britischen Tories fuhren mit dem Brexit ihr Land 🇬🇧 und auch sich selbst ins Abseits. In Frankreich 🇫🇷🇪🇺 setzte zum jahrzehntelangen Aufstieg der Rechtsdualisten zuletzt auch ein Aufstieg linker und linksdualistischer Parteien ein usw.
Und nun sehen wir diesen Trend auch in Deutschland 🇩🇪🇪🇺. Die AfD wird trotz aller Unterstützung durch Tiktok und Musk-X wieder von jungen Linksbewegungen überflügelt und entlarvt.
Erst einmal schwächt diese Polarisierung die demokratische Mitte – vor allem jene Parteien, die noch dem Rechtstrend nachdackeln, anstatt überzeugende Antworten für die Zukunft zu entwickeln. Aber ich habe schon die Hoffnung, dass einige europäische Parteien wieder zurück zur Mitte finden, sich im Fediversum von Konzernmedien unabhängig machen und sich Themen wie Mitweltschutz und Demographie glaubwürdig stellen. Die Chance dazu besteht.
Denn: Zeit emergiert, aber wiederholt sich nicht.
Danke das du dir für die Frage Zeit genommen hast @Michael🙂
Es wird sich wohl weisen, alleine deswegen weil Gruppen die Feinde haben aber keine guten Lösungen wohl von selbst einknicken.
Habe gerade das Wort Ökologischer Handabdruck vernommen, als Ausdruck von Handlungsfähigkeit im Gegensatz zum Fußabdruck der ja den Verbrauch anzeigt.
Ein angenehm optimistischer Beitrag, dessen Grundhaltung ich gerne folgen möchte. In gewisser Weise für mich als Sozialdemokrat auch der bislang am ehesten überzeugende Grund, warum wir in eine Koalition mit dem für mich wirklich kaum zu ertragenden Merz gehen sollten. Ich kann es nicht anders schreiben.
Als Aspekt möchte ich noch hinzufügen, dass das Demographieproblem und die Geschlechterpolarisierung eng mit einem ebenfalls sich verstärkenden Stadt-Land-Konflikt einhergehen. Es wirkt in vielerlei Hinsicht wie zwei Seiten der selben Medaille.
Vielen Dank, @Oswald Pruckler – wir verstehen uns.
Den Stadt-Land-Zusammenhang erkannte auch @Marie H., weswegen ich gerne ausführlich auf ihren Druko einging.
Im Kern bestätigt sich die These, dass wir ein zunehmendes Auseinanderdriften progressiver Solarpunk-Arche-Regionen einerseits und reaktant verebbender Landstriche andererseits erleben. Wo etwa rechtsdualistische Parteien an die Macht kommen, beschleunigen sie den demographischen und wirtschaftlichen Niedergang durch das Abblocken von Zuwanderung und das Vertreiben junger Menschen, insbesondere junger Frauen. Nicht zufällig weise ich oft auf Japan 🇯🇵 und die völlig eskalierte Geschlechter-Polarisierung in Südkorea 🇰🇷 hin. Auch die USA 🇺🇸 zerlegen sich ja vor unser aller Augen.
Freilich bin ich kein Determinist und gehe davon aus, dass auch einige derzeit noch verebbende Gemeinden und Gemeinschaften aus dem Rechtsdualismus aussteigen und Zukunftswege suchen werden. Jeder Trend erzeugt ja auch Gegentrends – zumal dann, wenn der von Konzernmedien befeuerte Rechtsruck immer deutlicher in Hass, Hetze und Einsamkeit mündet.
Ein Optimist bin ich also längst nicht mehr, habe aber neu Hoffnung…
https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/gedicht-die-feuer-des-hasses-als-video-text/
Und für den Moment hoffe ich, dass es Union, SPD und Grünen gelingen könnte, eine Einigung auf Infrastruktur-Maßnahmen zu finden, die auch einen schnellen Ausbau erneuerbarer Friedensenergien umfassen:
https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/erneuerbare-friedensenergien-und-die-abwehrschlacht-des-fossilismus/
Mit fossilem Lobbyismus und der überkommenen Weltanschauung des Fossilismus lässt sich buchstäblich kein Staat mehr (zukunftsfähig) machen.
Ich finde die Wahlanalyse sehr interessant.
Nach meiner Meinung wäre auch die BTW 25 anders ausgefallen, wenn die drei Ampel-Parteien mit neuen Personen als Spitzenkandidaten in die Wahl eingestiegen wären. Das Streiten in der Ampel haben die Wähler*innen eindeutig an ihren Vorsitzenden festgemacht und deshalb haben alle drei viele Stimmen verloren.
Die unbelasteten und kämpferischen jungen Frauen der Linken stehen für den Neuanfang, denn das alte, repräsentiert durch die Ampelparteien, hatte überhaupt keinen Schwung. Die drei Parteien haben sich zerrieben.
Es ist nach meiner Meinung auch richtig, dass Robert Habeck sich zurückzieht, auch wenn viele der älteren Grünen-Wähler*innen das sehr bedauern.
Bei der SPD wird es nicht reichen, dass nur Olaf Scholz und Rolf Mützenich Verantwortung übernommen haben und nicht mehr dabei sind, da werden auch dringend eine Verjüngung und ganz andere Energien notwendig sein.
Wenn die angestrebte neue Koalition mit der SPD vier Jahre durchhält, so gehe ich davon aus, dass die SPD bei 12 % liegen wird.
Für die CDU/CSU mag ich da gar nichts erwarten und prognostizieren. Es muss sich erst herausstellen, ob Friedrich Merz wirklich Führungsqualitäten und Diplomatie in Einklang bringen kann.
Der Unterschied zwischen Stadt und Land und die dort implodierenden Bevölkerungszahlen sind für die alten Menschen auf dem Land eine Katastrophe.
Vielen Dank für Deinen starken und konstruktiven Druko, @Elisabeth K. – sehr gerne gehe ich darauf ein, zumal Du viel dazu beigetragen hast! 🙂
“Ich finde die Wahlanalyse sehr interessant.”
Vielen Dank. Da sich politische Themen durch die digitale Beschleunigung re-mythologisiert haben, möchte ich auch gerne wieder stärker politikwissenschaftlich bloggen. Politische Parteien sind zu zivilreligiösen Glaubens- und Bekenntnisgemeinschaften geworden, die sich teilweise mit, teilweise gegen die Kirchen und Religionsgemeinschaften inszenieren. Das haben wir in den USA im Clash von Donald Trump und Bischöfin Budde gesehen, aber auch in Deutschland mit “konservativen” Ausfällen gegen die Kirchen, islamische und jüdische Gemeinden. Ich hoffe, auch dazu noch einiges erkunden und publizieren zu können.
“Nach meiner Meinung wäre auch die BTW 25 anders ausgefallen, wenn die drei Ampel-Parteien mit neuen Personen als Spitzenkandidaten in die Wahl eingestiegen wären. Das Streiten in der Ampel haben die Wähler*innen eindeutig an ihren Vorsitzenden festgemacht und deshalb haben alle drei viele Stimmen verloren.
Die unbelasteten und kämpferischen jungen Frauen der Linken stehen für den Neuanfang, denn das alte, repräsentiert durch die Ampelparteien, hatte überhaupt keinen Schwung. Die drei Parteien haben sich zerrieben.
Es ist nach meiner Meinung auch richtig, dass Robert Habeck sich zurückzieht, auch wenn viele der älteren Grünen-Wähler*innen das sehr bedauern.
Bei der SPD wird es nicht reichen, dass nur Olaf Scholz und Rolf Mützenich Verantwortung übernommen haben und nicht mehr dabei sind, da werden auch dringend eine Verjüngung und ganz andere Energien notwendig sein.”
Danke & ja, bewusst habe ich schon bei der Analyse der Bundestagswahl sehr bewusst von “Überpersonalisierung” geschrieben:
https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/polarisierung-ueberpersonalisierung-schaden-meine-gedanken-zur-bundestagswahl-2025/
Nach meiner Einschätzung haben wir auch international eine kurze Phase erlebt, in der wenige, digitale Konzernmedien zur Bühne für einzelne Politik-Inszenierer wurden. Nicht nur deutsche Parteien wie die SPD oder FDP, sondern auch etwa die türkische AKP unter Recep Tayyip Erdogan, die britischen Tories unter Boris Johnson und die früher sehr vielfältige GOP (Grand Old Party!) der US-Republikaner unter Donald Trump wurden von einzelnen Akteuren geradezu aufgesogen. An die Stelle von Parteiflügeln mit oft profilierten Persönlichkeiten, die dann von Vorsitzenden zu integrieren waren, traten zunehmend kritiklose Jubelvereine. Hinzu kamen neue Personen-zentrierte Parteigründungen wie die französische “En Marche” von Emmanuel Macron 2016, die inzwischen in “Renaissance” aufgegangen ist. Oder das deutsche “Bündnis Sarah Wagenknecht” (BSW), das völlig von einer Person dominiert wurde und sich wiederum an die Verehrung des fossilistischen Tyrannen Putin anlehnt.
Nach meiner Beobachtung ebbt diese politische Phase jedoch schon wieder ab, da sich a) die digitalen Konzernmedien untereinander zersplittert haben und b) immer mehr gerade auch politisch interessierter Menschen Fediversum-Medien wie Podcasts, Mastodon und Blogs nutzen – Letztere vor allem indirekt über KI-Anwendungen. Auch Inhalte aus “Natur des Glaubens” erreichen inzwischen über KI-Crawler völlig neue Reichweiten!
Entsprechend stimme ich Deiner Analyse zu, würde sie aber sogar noch erweitern: außer den Ampel-Parteien haben auch alle weiteren, größeren Parteien auf die bereits überholte Überpersonalisierung gesetzt. Der Linken gelang es dagegen, aus der Kombination einer Spitzenkandidatin mit etablierten “Silberlocken” einen neuen Lauf zu generieren.
In einer zunehmend zersplitterten Medienlandschaft mit einem schnell wachsenden Fediversum werden nach meiner Auffassung wieder lebendige Parteien gewinnen, die eine Vielzahl profilierter Akteure zulassen und sich nicht um Einzelpersonen versekten. Dialogische und integrative Politikstile, wie noch durch die langjährige und mehrfach erfolgreiche Parteivorsitzende Angela Merkel (CDU) gelebt, könnten vor einer neuen Renaissance stehen.
“Wenn die angestrebte neue Koalition mit der SPD vier Jahre durchhält, so gehe ich davon aus, dass die SPD bei 12 % liegen wird.
Für die CDU/CSU mag ich da gar nichts erwarten und prognostizieren. Es muss sich erst herausstellen, ob Friedrich Merz wirklich Führungsqualitäten und Diplomatie in Einklang bringen kann.”
Auch in der Union dämmert schon immer mehr Leuten, dass der Tritt gegen die Brandmauer und das Höhnen gegen “linke Spinner und Grüne” nur feindseligen Dualismus befeuert und die dringend notwendige Kompromissbereitschaft beschädigt haben. Und schon wird die SPD zur Regierungsbildung und werden die Grünen für Reformen und Investitionen gebraucht.
Es hatte schon seine Gründe, warum ich auch meine eigene Partei immer und immer wieder vor den Abgründen des parteipolitischen Dualismus gewarnt habe. Vertrauen ist viel schneller zerstört als wieder aufgebaut. Und in einer zersplitterten Medien- und Parteienlandschaft geht ohne gegenseitiges Vertrauen wenig bis gar nichts.
“Der Unterschied zwischen Stadt und Land und die dort implodierenden Bevölkerungszahlen sind für die alten Menschen auf dem Land eine Katastrophe.”
Ja, sehr gerne denke ich dabei auch an Deinen Gast-Blogpost zu Migration und Wohnungsmarkt:
https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/migration-wohnungsmarkt-ein-gastblogpost-von-elisabeth-krueger/
Es ist doch jetzt schon so, dass wir einerseits massiven Wohnungsmangel in dynamischen, vor allem städtisch geprägten Arche-Regionen erleben und gleichzeitig eskalierende Preisstürze und Leerstände in demografisch verebbenden Regionen. Zudem wirkt sich das lange verdrängte Megathema Demografie auch immer stärker im Renten- und Gesundheitsbereich aus. Unvergessen der kurze Jubel über die Rückkehrmöglichkeiten für Geflüchtete aus Syrien – bis klar wurde, dass wir für Mitarbeitende arabischer Herkunft gerade auch in Gesundheits- und Pflegeberufen schon jetzt nirgendwo mehr Ersatz finden.
Der Holocaust-Überlebende und spätere Philosophie-Professor Hans Blumenberg entdeckte m.E. zu Recht die Gefahren der Hetze in seiner Formel: “Enge der Zeit ist die Wurzel des Bösen.” Gerade auch säkulare Politik tendiert zur Überpersonalisierung und Überbetonung kurzfristiger Aufreger-Themen, statt langfristige Megatrends wie Demografie und Klima- und Wasserkrise ernst zu nehmen. So dürfen wir gespannt sein, wie die Menschen nicht erst auf die nächsten Extremwetter, sondern auch auf den Anstieg der Inflation und auch von immer mehr Pflanzenpreisen etwa für Kaffee und Schokolade reagieren. Langfristige Trends lassen sich eine Zeit lang reaktant und populistisch verdrängen, auf lange Sicht kehrt die Realität jedoch immer wieder – und dann umso stärker – zurück.
Nochmal vielen lieben Dank für Deinen dialogischen Druko! 🙌
Regierungsparteien tun sich erfahrungsgemäß häufig schwer, ihre Wahlergebnisse zu halten geschweige denn zu verbessern.
Mir ist in dem Druko von Elisabeth K zuviel Totengräberstimmung drin. Ein Abgesang auf SPD, Grüne und FDP.
Die FDP ist 2013 auch aus dem Bundestag geflogen und trotzdem wieder reingekommen.
Hinsichtlich der SPD kenne ich mich nicht aus, nehme aber an, dass es auch dort junge, engagierte Politikerinnen und Politiker gibt.
Junge neue Abgeordnete schicken die Grünen in den 21. Deutschen Bundestag. Stellvertretend sei hier die 30jährige Rebecca Lenhard aus Nürnberg genannt.
Die Grünen haben darüber hinaus in der Opposition die Möglichkeit sich zu erneuern.
Die FDP ist derzeit im Landtag von Baden-Württemberg vertreten, und ich nehme an, dass es 2026 zu einer Koalition aus CDU und FDP kommt. Wobei die große Unbekannte die AfD ist. Ein sehr gutes Ergebnis bei der Landtagswahl im nächsten Jahr könnte zu einer instabilen Regierungskoalition führen.
Dass noch vor der konstituierenden Sitzung des 21. Deutschen Bundestags die MdBs des 20. Deutschen Bundestags zu einer wichtigen Abstimmung in Berlin zusammenkommen, liegt ua daran, dass für die Beschlussfassung zum Sondervermögen – Stichwort Schuldenbremse – eine 2/3 Mehrheit nötig ist. M.W. lehnt die Linke dies ebenso ab wie die AfD.
Deshalb sehe ich den Wahlerfolg der Linken angesichts der Gefahr für Deutschland und Europa mit gemischten Gefühlen.
Ein Hinweis. Robert Habeck war der Spitzenkandidat.
Die Vorsitzenden von Bündnis90/Die Grünen wurden auf der BDK im November 2024 neu gewählt. Franziska Brantner und Felix Banaszak.
Deren Vorgänger, Ricarda Lang und Omid Nouripour, waren aufgrund des schlechten Ergebnisses der Europawahl zurückgetreten.
In der Kürze der Zeit nach dem Scheitern der Ampel wäre es mE nicht möglich gewesen, “unverbrauchte” und damit auch wahrscheinlich unbekannte Spitzenkandidaten zu finden und aufzubauen. Imho.
Die Botschaft hör’ ich wohl …
So sehr ich es auch begrüßen würde, wenn das Fediversum eine politische Wirksamkeit entfalten könnte, die Zahlen sprechen leider eine andere Sprache. Die Anzahl der monatlich aktiven Benutzer im Fediverse ist stark rückläufig, vermutlich weil sich viele dem fossil-kryptowährungsfinanzierten Bluesky zuwenden.
https://fediverse.observer/stats
Vielen Dank, @Bernd – wobei ich sehr bewusst auf die weitere Definition von Fediversum inklusive Podcasts und Blogs verwiesen habe. Podcasts – und die leider noch YT-dominierten Videocasts – wachsen weiterhin dynamisch und die Reichweiten von Blogs explodieren durch KI-Crawler. Gespannt dürfen wir auch auf die Reaktionen sein, wenn dann auch Bluesky den Weg fast aller Konzernmedien beschreitet. Bewusst hatte ich mich damals dagegen entschieden:
https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/warum-ich-im-fediversum-bleibe-aber-nicht-auf-bluesky-wechsele/
Persönlich empfinde ich auch die Spiegelung von Bluesky-Accounts ins Mastodon-Fediversum als störend und übergriffig. Wer nach allen bisherigen Desastern erneut auf Konzernmedien setzt, hat nach meiner Einschätzung die Zeichen der Zeit leider noch immer nicht begriffen. Aber weitere Schübe von Medienbildung sind ja nicht ausgeschlossen! 🙂
Bei Podcasts habe ich den Eindruck, dass die Reichweiten noch extremer verteilt sind als bei traditionellen Medien, also dass sie noch stärker zur Monopolisierung von Meinungen neigen. Und KI-Crawler als Hoffnung gegen fossile Energien? Alles was mit KI zu tun hat ist heißt im Endeffekt risikokapitalfinanziertes Verbrennen von fossilen Energieträgern. KI-Tools zu benutzen hat pro Sekunde einen ähnlichen CO₂-Ausstoß wie ein Verbrennerauto zu fahren.
@Bernd
Klar, wenn wir unsere Ansprüche an Mitmenschen und Technologien immer weiter hochschrauben, fallen alle durch: BitCoin-Miner, aber auch Gamer und eben KI-Nutzende. Ich stattdessen freue mich über den dezentralen Erfolg von DeepSeek und hoffe auf noch bessere, europäische Modelle. Nach dem Desaster mit der Solarindustrie und den antisozialen Konzernmedien empfehle ich, nicht auch noch die nächste Technologie zu verschlafen.
Auf Mastodon wurde gerade gepostet:
Dezentralisierung ist ein gutes Schlagwort. Ich befürchte, dass dies auf den antisozialen Medien in für die Demokratieentwicklung nicht förderliche Form bereits passiert. Stichwort “Manosphere” (ich verkürze): J.D. Vance hat den “grossen” Medien vor der Wahl keinerlei Interviews gegeben, hat sich aber z.B. bei Joe Rogan sehr viel Zeit genommen. In Deutschland war Weidel jetzt nicht bei Hoss & Hopf zu Gast, das Phänomen ist aber wohl vergleichbar.
https://mastodon.social/@87Barner/114110079329133925
Spannend, nicht wahr?
DeepSeek hat den Vorteil, dass man es selbst lokal laufen lassen kann, der Ressourcenbedarf ist was Inference betrifft nicht besser als bei der Konkurrenz (zum Training gibt es für kaum ein Modell nachprüfbare Zahlen). Als jemand, der berufsbedingt solche lokalen Modelle einsetzt, weiß ich wie schlimm es in der Realität aussieht. Alle Cloud-Anbieter verbrennen massiv Risikokapital, um damit den Energie- und Grafikkartenhunger zu befriedigen (natürlich größtenteils fossil weil billig), und niemand hat bisher ein nachhaltiges Geschäftsmodell aufzeigen können. Wer sich an Twitter erinnert fühlt, erhält einen Bonuspunkt.
An europäische Modelle glaube ich daher nicht, da wir weder die Millarden an Risikokapital noch günstige Energie haben. Das ist einfach kein level playing field. Aber ohne ein tragfähiges Geschäftsmodell, das über politische Manipulation hinausgeht (wir erinnern uns abermals an Twitter), halte ich das auch nicht für weiter dramatisch.
@Bernd
Danke für Ihre Offenheit!
Als Lehrender (& Vater von Studierenden) mache ich bereits ganz hervorragende Erfahrungen mit KI-gestütztem Lernen, vor allem dem Experimentieren auch als Stärkung von Selbstwirksamkeit, mit dialogischem KI-Tutorials und mit KI-gestützten Klausuren.
https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/die-erste-ki-quellcode-klausur-am-kit-karlsruhe-reflexionspapier/
Auch etwa im Beruf und beim Bloggen freue ich mich über KI-Unterstützung, die ich jedoch immer transparent mache.
Nach meiner nicht nur Vermutung, sondern bereits Erfahrung verwandeln also KI-Anwendungen bereits jetzt ganze Kommunikations- und Lebensfelder. Wie bei allen anderen Medienrevolutionen treten dabei auch Licht- wie Schattenseiten auf, so dass ich für einen kritisch-konstruktiven Ausbau von möglichst dezentralen KI-Anwendungen plädiere, vgl.
https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/ki-atomkraft-wohin-wendet-sich-europa/
Ihnen Dank für den guten Dialog und einen schönen Abend! 🌆 😊 🤖
Die Nutzungsmöglichkeiten von KI-Werkzeugen sehe ich ganz ähnlich wie Sie, da will ich gar nicht widersprechen. Was aber momentan nicht sichtbar ist, sind die massiven Kosten, welche KI-Nutzung verursacht, weil das aktuell noch von Risikokapitalgebern aufgefangen wird. Es ist dasselbe Vorgehen wie bei Twitter, Uber (saudischer Staatsfonds, fossiler geht nicht), dass durch attraktive Konditionen zu Beginn möglichst viele Kunden an ein Produkt gebunden werden sollen, bis schließlich die Preisschraube hochgedreht wird und die Kunden mangels Monopolisierung und technischen Hürden (Vendor Lock-in) nicht mehr wegkommen. Diesen Vorgang bezeichnet Cory Doctorow als “Enshittification”. Momentan lässt sich beobachten, dass KI-Systeme in alles und jedes integriert werden, ob sinnvoll oder nicht. Das führt dann natürlich zu enormen Abhängigkeiten, die man dann auch so schnell nicht mehr los wird.
Danke, @Bernd
Ich nutze derzeit gerne die japanische Felo.ai, die sich mit mehreren anderen Anwendungen verbinden lässt, etwa auch Claude:
Dr. Michael Blume hebt die Nützlichkeit dezentraler KI-Anwendungen hervor, indem er auf mehrere Aspekte eingeht, die mit Medienethik und der Verantwortung im Umgang mit Informationen verbunden sind.
**Kritische Reflexion und Medienkompetenz**: Blume betont die Bedeutung einer kritischen Reflexion beim Einsatz von Medien und Technologien. Er argumentiert, dass dezentrale KI-Anwendungen es den Nutzern ermöglichen, Medienkompetenz aufzubauen und diese Technologien konstruktiv zu nutzen. Dies fördert ein verantwortungsbewusstes Handeln im digitalen Raum, da die Nutzer nicht nur passive Konsumenten, sondern aktive Gestalter ihrer Medienumgebung sind[1][2].
**Verantwortung in der Informationsflut**: Ein weiterer Punkt, den Blume anspricht, ist das sogenannte Medienmengen-Paradox. Er stellt fest, dass mit der Zunahme an Informationen auch die Verantwortung der Nutzer wächst. Dezentrale KI-Anwendungen können dazu beitragen, diese Verantwortung zu verteilen und den Nutzern Werkzeuge an die Hand zu geben, um die Informationsflut besser zu bewältigen und informierte Entscheidungen zu treffen[4].
Insgesamt sieht Blume in dezentralen KI-Anwendungen eine Möglichkeit, die Interaktion mit Medien zu verbessern und die Nutzer zu befähigen, aktiv und verantwortungsvoll mit den Technologien umzugehen.
[1] https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/ki-klischees-und-vertrauen-grafiken-rechts-texte-links/
[2] https://sueden.social/@BlumeEvolution/113972935807204606
[3] https://excitingedu-kongress.de/programm/
[4] https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/medienethik-these-das-digitale-leben-ist-ein-charaktertest/
[5] https://sueden.social/@BlumeEvolution/113958752901156758
[6] https://www.researchgate.net/publication/351935084_Deliverable_321_A_conceptual_model_of_the_use_of_AI_and_blockchain_for_open_government_data_governance_in_the_public_sector
[7] https://tnsr.org/2024/10/machine-failing-how-systems-acquisition-and-software-development-flaws-contribute-to-military-accidents/
[8] https://www.linkedin.com/in/michael-blum-md-aa087318
[9] https://www.researchgate.net/publication/382489356_THE_IMPACT_OF_ARTIFICIAL_INTELLIGENCE_ON_INTELLECTUAL_PROPERTY
[10] https://crsreports.congress.gov/product/pdf/R/R47178
[11] https://www.cnas.org/publications/reports/taking-the-helm-a-national-technology-strategy-to-meet-the-china-challenge
Schade, dass Sie auf Kritik an KI-Systemen mit einer KI-generierten Antwort reagieren. Da hätte ich mir doch etwas mehr erhofft.
Weil es gerade so passend ist: OpenAI soll einen KI-Agenten planen, der für 20.000$ pro Monat Fähigkeiten besitzt, die einem Doktoranden entsprechen sollen. Mal ganz abgesehen davon, dass solch ein Niveau von Niemandem bisher auch nur annähernd erreicht wurde (vor Allem weil KI-Systeme, im Gegensatz zu menschlichen Doktoranden, nicht durch über die Zeit durch Interaktion dazulernen), ist das in etwa die Summe, die ein Promotionsstipendium im Jahr kostet. Das zeigt eindrucksvoll, wie enorm die Diskrepanz zwischen Kosten und Nutzen von KI-Systemen aktuell ist.
https://techcrunch.com/2025/03/05/openai-reportedly-plans-to-charge-up-to-20000-a-month-for-specialized-ai-agents/
@Bernd
Ich bin etwas ratlos, warum Sie einen Blogpost zur Hamburger Wahl mit Ihrer Abneigung gegen KI-Technologie fluten. Ich habe meine kritisch-konstruktive Haltung und auch reflektierte Anwendung von vor allem dezentralen KI-Anwendungen hier nun mehrfach erläutert und deutlich gemacht. Es gibt auch Blogposts speziell zu KIen, die ich verlinkt habe – auch dort könnten wir gerne weiter diskutieren. Hier auch einer, der sich mit den Schwächen von KI-Text- und KI-Bildgeneratoren:
https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/ki-klischees-und-vertrauen-grafiken-rechts-texte-links/
Aber einen Bezug zur Wahl in Hamburg kann ich hier beim besten Willen nicht mehr erkennen. Wenn Sie also mit mir über KI-Anwendungen diskutieren wollen, dann nehme ich mir gerne die Zeit auch dafür – aber bitte am richtigen Ort.
Ergänzend zu den genannten Analysen.
Es gibt so etwas wie eine geschichtliche Tradition. In Baden – Württemberg war die Zentrumspartei stark, die Vorgängerpartei der CDU.
In Mannheim dagegen waren die Kommunisten und Sozialdemokraten konzentriert , weil Mannheim eine “Arbeiterstadt” war.
Hamburg war übrigens auch eine Arbeiterstadt und ist es heute noch.
In Bayern war die BVP Bayerische Volkspartei die stärkste Kraft, weil Bayern kein Industrieland war. Und der ländliche Charakter Bayerns stimmt auch heute noch und die CSU hat die BVP beerbt.
Es ist also wichtig, dass eine Volkspartei für Beständigkeit steht.
Den Grünen fehlt der kulturelle Hintergrund und deswegen ist diese Partei auch in Hamburg “abgeschmiert”.
Vielen Dank, @N !
Ja, die religiösen, zivilreligiösen und also auch politischen Traditionsbildungen in Städten und Gemeinden finde ich ein überaus spannendes und weithin unterschätztes Thema! Nicht zufällig hatte ich daher bei der Reform der Buchstabiertafel den Vorschlag von Städtenamen begrüßt. Politik selbst entstammt ja dem griechischen Begriff der “Poleis”, der Stadtgemeinde (die damals auch Kultgemeinde war).
So hatte ich noch überlegt, in die obige Blog-Analyse aufzunehmen, dass der liberale Christdemokrat Ole von Beust in Hamburg 2004 sagenhafte 47,2% der Stimmen erlangte, nachdem er den rechtsdrehenden Justizsenator Ronald Schill entlassen hatte:
https://de.wikipedia.org/wiki/B%C3%BCrgerschaftswahl_in_Hamburg_2004
Allerdings möchte ich Blogposts nicht noch länger und damit auch komplizierter machen. Umso mehr freue ich mich, wenn sich dann in den Druko-Dialogen spannende, weitere Aspekte ergeben! So macht das Bloggen richtig Freude! 🙂
Das Engagement vieler kluger Frauen scheint mir ein wichtiger Erfolgsfaktor des Fediversums zu sein.
@N
05.03.2025, 09:03 Uhr
Solange Das nicht Erstarrung ist, ja. ABer “Dtillstand ist der Tod” ist gar nicht so neben der Spur.
Das der fehlt ist für mich nur nicht ganz falsch 🙂 . Die Grunen entstanden in den 70ern aus Umwelt-, Anti-Atomkraft-, Friedens- und Frauenbewegungen. Die ja auch nicht einfach aus dem Nichts erschienen sind. Das würde ich jetzt nicht als “fehlt” klassifizieren 😉
Ich für mich denke, das die Dynamik, die in den politischen Ansichten und dem Personal steckt, eher neu ist. Die verhalten sich nicht immer so wie man das halt von einer Partei erwartet. Gesellschaften sind da vergleichsweise träge.
Darum bin ich andererseits vom AfD Erfolg nicht so überrumpelt. Da Gesellschaften träge sind, kommt sowas im neuen Gewand wieder zurück.
Warum sollte die Löschung von Verhalten für Gesellschaften einfacher sein als für Einzelmenschen? Und für den Einzelmenschen IST die Löschung eine der schwierigsten Aufgaben.
Sonst wäre Michael Blume nicht Antisemitismusberauftragter, sondern würde was anderes Interessantes machen weil wir den gar nicht bräuchten (den Beauftragten, nicht den Menschen. Das kann man leicht falsch auffassen. Also das mit dem nicht brauchen… also nicht falsch interpretieren … ach ich halte die Klappe 😉 Sonst rede ich zu wirr … ).
Uli Schoppe,
“Warum sollte die Löschung von Verhalten für Gesellschaften einfacher sein als für Einzelmenschen?”
Gut , anders formuliert, Gesellschaften werden von Menschen geleitet, geführt, verführt.
Was die Grünen betrifft, die sind moralisch topp, aber denen fehlt die richtige Führung. Herr Habeck ist ein feinsinniger Frauentyp , zum Holzhacken weniger geeignet.Was die AfD betrifft, die haben fähige Leute, leider kleben die teilweise noch an der braunen Vergangenheit, siehe Herr H.
Jetzt, mein persönliches Sorgenkind, die SPD, die schaffen sich bundesweit selber ab, wenn sie nur noch als Mehrheitsbeschaffer für die CDU auftreten.
Zum Glück haben wir Hamburg,, das Tor zur Welt, in jeder Hinsicht.
Fazit, wir brauchen wieder eine Lichtgestalt wie Herr Schröder, der war zwar auch nur ein Selbstdarsteller aber er konnte die SPD auf über 40 % Anteil bringen.
Ob der sich mit Herrn T. verständen hätte?
Nach diesem Gesamtüberblick wünschen wir uns einen “Vernunftruck”.
Seit 1911 ist die Theorie der Oligarchisierung von Parteien ( von Prof. R.Michel ) nicht widerlegt. D.h., dass Parteien ihren möglicherweise einmal vorhandenen (Basis-) demokratischen Charackter mit der Zeit an die sich jeweils herausbildende “führende” Oligarchie ( Gruppe) verlieren, die letztlich ihren finanziellen- , lobby- und Machterhaltungsinteressen dient.
Dieser Oligarchisierungstendenz könnte m.E. nur durch möglichst häufige Mitglieder-Basis-Abstimmungen in Sach- und Personalfragen entgegengewirkt werden.
Das Parteienmonopol bei der politischen Willensbildung ist daher nicht die Lösung von Problemen ( wie man jetzt auch wieder bei den Wortbrüchen bei den “Sondervermögen” und “Schuldenbremsen” sieht ), sondern Teil und Ursache unserer politischen Probleme. Insbesondere das herrschende Parteienkartell , dass sich dann “Koalition” nennt.
Bessere Lösungen würde die gesetzliche Einführung von “Volksentscheiden” ( besser “Bevölkerungsentscheiden” , weil heutzutage “ein Volk” sicherlich nicht mehr konstruierbar ist ) , wie sie das GG schon seit 1949 fordert ( Art 20 GG) bieten ( siehe Schweiz ).
Ohne souveräne und praktizierbare bundesweite Bebölkerungsentscheide ist die Demokratie in der BRD nicht erwachsen.
Daher sollte man sich vom Parteientheater ( auch in den USA ) nicht blenden lassen. Die Politik wird im Bankenviertel immer noch gemacht . weil es um “harte” Euro, Dollar, Yen, Yuan, Rubel etc. geht und weil weil die Großspender und der Fiskus alle etablierten Parteien mehrgleisig finanzieren, damit sie ein “Staatstheater” aufführen.
Danke für Ihren Druko, @Earnie
Parteien, die sich wie in China 🇨🇳 oder Venezuela 🇻🇪 keinen echten Wahlen mehr aussetzen wollen, scheinen mir für Ihre These ein gutes Beispiel zu sein. In rechtsstaatlichen Demokratien können sie dagegen abgewählt und auch durch Neugründungen herausgefordert werden.
Hier auf dem Blog diskutieren wir Stärken und Schwächen politischer Parteien recht intensiv, zum Beispiel die Überpersonalisierung:
https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/analyse-zur-hamburg-wahl-der-fediversum-linksruck-kontert-den-fossilen-rechtsruck/
Verstehe ich Sie also richtig, dass Sie die starke Ergänzung der Parlamente durch Volksabstimmungen wie in der Schweiz 🇨🇭 für ideal hielten? Wie bewerten Sie weitere Formen der Bürgerbeteiligung wie Bürgerforen? Jenes zur Bildung hatte ja in Baden-Württemberg große Auswirkungen!
https://www.baden-wuerttemberg.de/de/service/presse/pressemitteilung/pid/buergerforum-uebergibt-gutachten-zu-g8g9
Vielen Dank für Ihr politisches und partizipatives Interesse!
Earnie,
“Bessere Lösungen würde die gesetzliche Einführung von “Volksentscheiden”
Für moralische Entscheidungen, für Probleme bei der Gleichberechtigung, oder sonstigen kulturellen Belangen ist der Volksentscheid eine sehr gute Lösung. Vorallem vermittelt er dem Bürger, dass wir in einer Demokratie leben.
Wenn es um wirtschaftliche, weltwirtschaftliche Entscheidungen geht, dann sind das Volk und sogar die Politiker der/die falsche Fachmann/frau.
In der Weltwirtschaft spielt die Zeit eine wichtige Rolle. Wenn eine Entscheidung zu spät kommt, dann kostet das den Staat Milliarden.
Beispiel , die unentschlossene Haltung bei der Einführung von Elektroautos wird uns um mindestens 10 Jahre zurückwerfen.
@Earnie 05.03. 22:53
„Ohne souveräne und praktizierbare bundesweite Bebölkerungsentscheide ist die Demokratie in der BRD nicht erwachsen.“
Öfter mal populistische Schnellschüsse könnte das allerdings zur Folge haben. Und es wäre ständig Wahlkampf. Da sind die Bürgerräte vielleicht viel besser. Die können in Ruhe ihre Arbeit machen, und wenn hier darauf auch gehört würde, dann wäre das doch was.
In der heutigen Stuttgarter Zeitung interviewte Lisa Welzhofer die Sozialwissenschaftlerin Lea Lochau (34), Fachreferentin für Gender und Rechtsextremismus der Amadeu-Antonio-Stiftung. Diese sagte dort auf S. 14 unter anderem:
“Es gibt in Teilen der Bevölkerung starke antifeministische Narrative und eine Retraditionalisierung der Rollen. Das kann auch eine Reaktion auf die multiplen Krisen derzeit sein, das Bedürfnis nach Sicherheit in wirtschaftlich und sozial unsicheren Zeiten.
Generell gibt es keinen wesentlichen Unterschied zwischen Männern und Frauen, was rechtsextreme oder antifeministische Einstellungen anbelangt.
Am progressivsten wählen junge Frauen in der Großstadt, am konservativsten ältere Männer auf dem Land. Das ist die größte Diskrepanz, die wir derzeit messen.”
Auch für Interviews auf diesem hohen, wissenschaftlichen Niveau schätze ich unsere morgendliche Tageszeitung aus Papier weiterhin sehr!
Auch der alte weiße Mann als AfD Wähler ist hiernach nicht so richtig schlüssig, ich fand hier die Aufschlüsselung nach Altersgruppen schon interessant:
https://www.tagesschau.de/wahl/archiv/2025-02-23-BT-DE/umfrage-alter.shtml
Wer ein bischen weitersucht findet vieleicht sein Vorurteil leicht eingeschränkt …
Das stimmt, @Uli Schoppe – unter anderem ist hier noch der mäßigende Effekt religiöser Überzeugungen zu sehen. Übrigens durchaus auch dort, wo sich die Menschen der Zwangs-Säkularisierung der DDR entzogen haben.
https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/das-mehrfach-scheitern-von-bjoern-hoecke-afd-und-des-antireligioesen-dualismus/
Nicht zufällig diskutieren wir ja auch den säkularen Zeitenumbruch: Die früher jenseitigen Erwartungen werden nun durch die auch mediale Säkularisierung immer stärker ins Diesseits verlagert – und dort notwendig enttäuscht. So eskaliert die “Enge der Zeit”. @Marie H. hat dafür den ebenso schönen wie treffenden Begriff der “Hoffnungslücke” eingebracht. Großartig, auch in der Erklärkraft.