Die #metoo-Debatte aus neurobiologischer Sicht

Eigentlich wollte ich mich ja aus der #metoo-Debatte raushalten. Eigentlich wollte ich lediglich durch stilles Teilen gewisser Beiträge in den Sozialen Netzwerken meiner Zustimmung und Unterstützung leise Ausdruck verleihen. Eigentlich ist mir ja auch nie „so etwas“ passiert.

Eigentlich.

Bis auf die anzüglichen Blicke in öffentlichen Verkehrsmitteln, oder die ungewollten „Arschgrapscher“ – ob als 13jährige auf offener Straße oder als Mittzwanzigerin in einem Club – oder die abwertenden Bemerkungen über die geistigen Fähigkeiten einer Frau, oder oder oder. Wenn man einmal anfängt fallen einem dann doch leider viel zu viele Beispiele ein, die zwar nicht lebensbedrohlich aber doch symptomatisch für ein ganzes, patriarchalisch-geprägtes System sind, bei dem der Mann seit 2000 Jahren automatisch als Anführer gesehen wird und die Frau Folge zu leisten hat.

Willkommen in der Welt der Frauen

Warum ich mich jetzt doch äußere? Weil inzwischen von männlicher Seite auch immer häufiger der Satz kommt: „Also ich finde das jetzt langsam alles ein bisschen übertrieben – jetzt ist auch mal wieder gut.“ Man müsse ja als Mann schon Angst haben den Mund aufzumachen oder in einen Fahrstuhl zu steigen. „Willkommen in der Welt der Frauen“, kann ich da nur sagen.

Symptomatisch ist auch die neue Diskussion, mit der vor allem in den Medien in letzter Zeit kokettiert wird à la „Wie weit darf ich gehen? Ist das noch normal-sozial oder schon #metoo?“ Allein die Diskussionsführung ist nervig und wenig zielführend. Was für den einen noch lustig ist, ist für den nächsten schon unter der Gürtellinie. Der eine Mensch mag körperliche Nähe und umarmt am liebsten jeden, der nächste hat lieber eine Armlänge Abstand. Einen Konsens zu finden ist hier schier unmöglich, der eine fühlt sich bedrängt, der nächste ausgegrenzt.

Und ja, nicht jeder Blick, jede Geste oder jede Berührung ist ein Vergehen; oft ist es tatsächlich ein Versehen – aus Unwissenheit und fehlendem Feingefühl. Doch so lange Mitarbeiterinnen noch immer Bauchschmerzen dabei haben, einer Äußerung ihres männlichen Chefs Kontra zu geben, so lange Frauen noch immer zehnmal überlegen, ob sie „Nein“ zu etwas sagen, aus Angst als Zicke abgestempelt zu werden, so lange ist es eben noch nicht „gut“.

Lieber vorher fragen, als hinterher bereuen

Was zumindest bei körperlichen Begegnungen Abhilfe leisten könnte, ist nachfragen. Fragen, ob jemand bei einem Fototermin umarmt werden möchte, um unangenehme oder zweideutige Situationen zu vermeiden. Fragen, ob jemand wirklich Geschlechtsverkehr haben möchte, wie es eine neue Vorschrift in Schweden vorsieht. Einfach vorher fragen ob man(n) dem anderen näher kommen darf, bevor es zu körperlichem Kontakt kommt. Fragen, Rücksicht nehmen, mitdenken – eigentlich gar nicht so schwer.

Eigentlich. Denn Automatismen aufbrechen, alte Muster umtrainieren und neue Dinge zu erlernen wird schwerer, je etablierter bestimmte Verhaltensmuster sind.

Neue Verhaltensmuster brauchen Übung und Zeit

Aus neurobiologischer Sicht wird beim Neu- oder Um-Lernen nämlich nicht einfach etwas Altes ausgelöscht und mit dem Neuen ersetzt. Nein, die alten neuronalen Verschaltungen bleiben bestehen. Wird Neues gelernt, muss es ständig aktiviert und geübt werden, bis es mindestens so etabliert ist, wie das vorherige Muster. Ansonsten springen die Verschaltungen wieder zu den alten, gut ausgebauten Pfaden zurück und alte Verhaltensmuster brechen wieder durch.

Schön zu vergleichen ist das beispielsweise mit dem Fahrradfahren: sagen wir, es wurde mit einem Fahrrad mit Rücktrittbremse erlernt und anschließend wurde auch jahrelang mit Rücktrittbremse gefahren. Dieses Frühjahr soll jedoch ein neues Fahrrad her, es sind schließlich viele weite Fahrradtouren geplant. Das Fahrrad, dessen Stil und Ausrüstung am besten zum Geldbeutel passt, gibt es aber nur mit Leerlauf und ohne Rücktrittbremse. Es wird trotzdem gekauft – man kann sich ja schließlich anpassen.

Und tatsächlich, nach einer kurzen Eingewöhnungsphase geht alles gut, der neue Drahtesel ist der beste Freund. Doch was passiert in einer Stresssituation? Plötzlich kommt ein Ball oder ein Auto aus einer Nebenstraße geschossen – was passiert? Mit hoher Wahrscheinlichkeit wird zusätzlich zur Aktivierung der Handbremsen am Lenkrad auch „automatisch“ in den Rücktritt getreten – der ja aber gar nicht mehr da ist.

Soll heißen: einmal fest eingeprägtes, automatisiertes Verhalten wie das Fahrradfahren mit Rücktrittbremse wird nicht „verlernt“ oder „vergessen“. Etwas Neues wird hinzugelernt und wir entscheiden uns aktiv für das neue Bewegungsmuster oder die neue Verhaltensweise.

Diese Entscheidung für etwas Neues funktioniert unter Stresssituationen allerdings wesentlich schlechter – denn dann werden andere Schaltkreise aktiviert und die „tiefer liegenden“, rituellen Muster brechen wieder auf.

Auch wenn wir nicht täglich lebensbedrohlichen Situationen ausgesetzt sind, die unsere neuronalen Schaltkreise beeinflussen, so reichen schon Stress im Job, Schlafmangel oder kleine Streitigkeiten im sozialen Umfeld, um unser Gehirn in genügend Stresshormonen zu baden um unsere guten Vorsätze zu vergessen.

Überholte Verhaltensmuster gar nicht erst anerziehen

Deshalb ist es um so wichtiger, so früh wie möglich bei den Kindern geschlechtertypisches Denken zu vermeiden – Tim kann Ballett tanzen und Lisa darf Fußball spielen. Nur so kann sich unsere Gesellschaft verändern, wenn sich die „alten Strukturen“ gar nicht mehr in den Köpfen und neuronalen Schaltbahnen der nächsten Generation festsetzen.

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Veröffentlicht von

Judith M. Reichel hat ihre Doktorarbeit auf dem Themengebiet der Neurobiologie/ Neuropsychiatrie absolviert und ging anschließend für eine Postdoc-Stelle nach New York. Dort angekommen verschob sich ihr Interesse immer mehr in Richtung Wissenschaftskommunikation, und sie sammelte erste Erfahrungen als Gast-Bloggerin für verschiedene etablierte Seiten. Schließlich entschloss sie sich dem Labor den Rücken zu kehren und kam als Wissenschaftsredakteurin zurück nach Deutschland. Inzwischen arbeitet Sie als wissenschaftliche Referentin im Bundesforschungsministerium (BMBF), schreibt hier aber privat. Judith twittert als @worklifesthg und ist auf LinkedIn zu finden.

19 Kommentare

  1. Einer der besten Kommentare zu dem Thema, die ich seit langem gelesen habe und der die Diskussion in Richtung Gedanken, wie man eine Veränderung bewirken kann in der Gesellschaft, weiter bringt. Danke. Ich würde mich freuen mehr zu lesen.

  2. Die humane Sexualität bleibt frickin sexistisch, insofern ist es nur gu-ut, wenn sich weibliche Betroffene im “#metoo-Kontext” nun entscheidend offenbaren, nachträglich und die Rechtspflege, wie auch die Öffentlichkeits-Arbeit meinend, offenbaren.

  3. Die #metoo-Debatte kann ebenso gut Vorbote einer besseren wie auch einer viel schlechteren Zukunft im Verhältnis der Geschlechter sein. Schlechter wäre in meinen Augen etwa, wenn die neue Vorschrift in Schweden mit der Pflicht zu Fragen ob jemand wirklich Geschlechtsverkehr haben möchte, dazu führt, dass jeder Geschlechtsakt auf Film gebannt werden muss um nachzuweisen, dass Sex im gegenseitigen Einvernehmen geschah. Oder wenn es eines beidseitig unterzeichneten Vertrages bedarf. Und hier besteht für mich kein Zweifel: die Vorschrift einvernehmlichen Sex zu gewährleisten hat rechtlich nur mit dem Segen von Notaren und/oder Beweismitteln Bestand.
    Schlecht wäre wohl auch eine Umkehr der Geschlechterrollen, wo Chefinnen/dominante Frauen sich genau gleich verhalten wie heute gewisse dominante Männer – etwas was etwa im Kinofilm Basic Instinct angedeutet wird.
    Die #metoo-Debatte offenbart vor allem Machtverhältnisse und weniger die Tatsache, dass Frauen weniger/ungenügende Rechte hätten, denn im Endeffekt geht es ja darum, dass Frauen, die sich bei #metoo beklagen, ein Unrecht in Kauf genommen haben etwa um der Karriere willen. Erst jetzt beklagen sie sich – quasi im sicheren zeitlichen Abstand, in dem sie nicht mehr von dem Mann abhängig sind, der seine Machtposition ausnutzte, der aber wohl auch das Schweigen irgendwie belohnte, indem er etwa die Karriere der Betroffenen beförderte.

  4. In Bayern sieht man das alles nicht so ernst. Meinte doch am vergangenen Mittwoch Luise Kinseher

    Zu Claudia Roth: Damit sich da mal in Bayern was ändert, müsste Markus Söder erstmal acht Stunden mit Claudia Roth in einen Raum! Das würde zwar inhaltlich noch nichts nützen, aber nach acht Stunden greift das Stockholm-Syndrom!

    Auf einen Zwischenruf von Claudia Roth und Anton Hofreiter: Toni, I habs ma grad überlegt, ob Dir mei Kleidl passt.

    Apropos: Über Geschmack lässt sich streiten, meiner geht eher in diese Richtung, auf der anderen Seite kann ich Brüderle gut verstehen.

  5. Ich neige dazu, die Dinge, die über Harvey Weinstein im Rahmen der @meToo-Debatte berichtet wurden, für mehr zu halten als für neurobiologisch antrainierte Reflexe vergleichbar mit dem automatischen Betätigen des Rücktritts beim Velofahren, wenn es darum geht, zu bremsen. Für mich ist das, was Harvey Weinstein machte, ein zutiefst berechnendes Verhalten, wobei ihn die Erfahrung gelehrt hatte, dass es funktioniert.
    Naheliegend ist für mich folgende Erklärung: Für Harvey Weinstein ist wie für viele Männer Sex und der Wunsch eine Frau zu besitzen, sehr stark und er ist bereit, fast alles dafür zu tun, inklusive eigentlich illegales. Schliesslich schafft er es mit einer Art Deal: ich bekomme was ich will und Du als Frau erhältst ebenfalls das, was Du willst aber nur über die Erfüllung meiner Wünsche.
    Mir ist schon klar, dass nun alles mögliche mit der #meToo-Debatte vermischt wird, doch wohin führt das? Gehört letztlich jedes männliche Verhalten gegenüber dem weiblichen Geschlecht unter die #meToo-Kategorie? Ich tendiere dazu, bei dem zu bleiben womit diese Debatte begann: dem Ausnutzen männlicher Macht beim Versuch Frauen zu erorbern oder (vorübergehend) in Besitz zu nehmen. Tatsächlich werden wohl nur wenige Männer und Frauen daran zweifeln, dass einige Männer zu vielem bereit sind um diesbezüglich etwas zu erreichen. Und dass umgekehrt nur wenige Frauen solche Mittel wie etwa Harvey Weinstein einsetzen. Wenn schon sind Frauen hier die Opfer. Es ist allerdings problematisch beim Verhältnis Mann/Frau das Täter/Opfer-Verhalten am Werk zu erkennen – obwohl das eben vorkommen kann.
    Jedenfalls finde ich das Heranziehen von automatischen Reflexen als Erklärung für das Verhalten von Harvey Weinstein für ziemlich deplaziert und für eine Fehlinterpretation.

  6. Der Artikel verwechselt unbeholfenes Verhalten, verunglückte Kontaktversuche und allgemein schlechtes Benehmen (gibts alltäglich) mit sexueller Übergriffigkeit (wird dadurch realiter verharmlost).

    „Automatismen aufbrechen, alte Muster umtrainieren und neue Dinge zu erlernen wird schwerer, je etablierter bestimmte Verhaltensmuster sind.“

    Dieses verschämt „eigentlich“ vor dem anschließenden voller Freude reproduzierten „#metoo ichauchichauch!“ ist ein Automatismus – nicht der normale Frauen, die schätze ich, sondern verschämten Kampfemanzen.

    Ein Automatismus, den aufzubrechen sich lohnt, verehrte Frau – wie war gleich der Name? – Reichel. Natürlich.

  7. Ballett und Fussball

    “… die “alten Strukturen” gar nicht mehr …”

    – ach, so löst sich dann der Kreislauf des imperialistischen Faschismus und sein “gesundes” Konkurrenzdenken für den nun “freiheitlichen” Wettbewerb in Wohlgefallen auf??? Friede, Freude, Eierkuchen, die sexuelle “Befreiung” heilt uns wie ein Wunder auch von der systemrationalen Bewusstseinsschwäche in Konsum- und Profitautismus!? 😎

  8. Bonuskommentar hierzu :

    Fragen, ob jemand wirklich Geschlechtsverkehr haben möchte, wie es eine neue Vorschrift in Schweden vorsieht. Einfach vorher fragen ob man(n) dem anderen näher kommen darf (…) [Artikeltext]

    Blöd halt, dass die humane Sexualität nur schlecht direkt verabredet werden kann, die nonverbale Kommunikation (das Fachwort) hier eine wichtige Rolle spielt.
    ‘Zu spielen hat’, womöglich, denn wer will sich schon direkt derart verabreden, gar bestimmte vertrags-ähnliche Klauseln zum sexuellen Fortkommen meinend?
    “No sex please, we are british!” heißt es denn auch so schön im Vereinigten Königreich.

    Die Erotik (ein weiteres Fachwort) käme so zu kurz, zudem ist es oft wohl auch so, dass das Männchen abzuwehren hat, wenn bereits hinreichend über eigenen diesbezüglichen Proviant verfügend, iYKwIM, und zudem gibt es auch homosexuelle Annäherung, die ebenfalls nicht streng geordnet erfolgen muss, auch in der Abwehr nicht – bspw. Dr. W zumindest wusste hier, trotz scheinbarer Lockerheit streng Grenzen zu setzen, natürlich hauptsächlich nur : in jüngeren Jahren.

    Vgl. auch mit dem kleinen Gag “man(n)” im Zitierten.

    Es ist ja nicht so, dass nur Männchen sich wie gemeint bemühen, Grenzen zur Übergriffigkeit austestend; insgesamt kann hier nur schlecht staatlicherseits reguliert werden, die bisher übliche Rechtsprechung [1] muss aus Sicht einiger genügen.

    Hier gemeintes ‘schlechtes Benehmen’ [Wolf-Dieter Busch] wird oft nur in bestimmtem Zusammenhang schlecht, sollte keineswegs generell strafbewehrt gestellt werden. [2]
    Alleine schon die gegensätzliche Idee, tsk, tsk, tsk…

    MFG + schönes Wochenende noch,
    Dr. Webbaer

    [1]
    Heißt : Es muss sich (bisher) gewehrt werden ODER es muss (juristisch) klar sein, dass eine Person sich nicht ihrer Sinne bewusst ist, also bspw. unter (starkem) Einfluss von Wirkstoffen steht.

    [2]
    Wird manchmal auch als “gut” eingeschätzt, schlecht kann sozusagen auch gut sein, hier staunen womöglich einige.

  9. Ist schon komisch, Frau Reichel hat in Neurobiologie/ Neuropsychiatrie promoviert und ergänzt die #meToo-Debatte jetzt um diesen Beitrag.
    Sie wurde nie ernsthaft von einem Mann unter Druck gesetzt, aber bei genauer Betrachtung ist die ganze Welt für eine Frau doch schon schwierig.
    Ging es in der #meToo-Debatte hauptsächlich um psychopathologisches Verhalten von Männern, wird hier das “patriarchalische Denken” an sich zum Thema.

    Erinnert mich ein bisschen an die Zeit, als Emanzen noch darüber nachdachten, dass männliche Dominanz viel zu tief in unserer Sprache verankert sei. Ihrer Meinung nach sollte der männliche Pilot zum Piloterich umbenannt werden. Ganz wie bei der Ente ist dann die ungebeugte Form die weibliche. Eine Frau wird dann zur “Pilot”. Ja ja: Ungebeugt = Gut, Gebeugt = Zweitrangig.

    Auf die Männermeinung “Man müsse ja als Mann schon Angst haben … in einen Fahrstuhl zu steigen” heißt es hier „Willkommen in der Welt der Frauen“.
    Wie kann das zu einer Beseitigung patriarchalischen Denkens führen? Wird so männliche körperliche Dominanz durch weibliche juristisch/exekutive Dominanz ausgeglichen?
    Dann könnten Männer und Frauen je nach Lebenslage ihre Macht umgehemmt ausüben. Schließlich ist insgesamt gesehen die Welt ja gerecht!

    Sehr anschaulich wird erklärt, wie schwer “Mann” es hat, wenn er sein Verhalten ändern will…Will er denn wirklich?
    Mal ab von der Rücktrittbremse: Welches Verhalten angemessen ist, ist doch eigentlich offensichtlich. Das lernt jeder normale Mann automatisch.

    Thema der #meToo-Debatte sind doch eher die Nicht-Normalen, eben Psychopathen. Solche Erscheinungen ändert man nicht mit einer Diskussion über balletttanzende Jungs und fußballspielende Mädchen. Abgesehen davon, dass es dabei NICHT um Kultur geht, sondern um Neigungen und Motivation. Ein Linkshänder wird beim Umlernen zu keinem echten Rechtshänder.

    Wenn man es zur Gesellschaftsaufgabe machen würde, psychisch auffällige Verhaltensweisen besser zu kontrollieren, hätte man der #meToo-Debatte angemessen Taten folgen lassen.
    Ich bin mir sicher, dass auch politisch, wirtschaftlich, … dann einiges besser laufen wird!
    Die hier begonnene Debatte um patriarchalische Denkweisen verwässert das eigentlich wichtige Anliegen der #meToo-Diskussion und sollte meiner Meinung nach nicht in diesem Kontext geführt werden!

  10. @ Andreas Grund und hierzu :

    Ihrer Meinung [“Emanzen”] nach sollte der männliche Pilot zum Piloterich umbenannt werden. Ganz wie bei der Ente ist dann die ungebeugte Form die weibliche. Eine Frau wird dann zur “Pilot”.

    Sprachlich, die deutsche Sprache meinend, ist das Vorhaben sog. gerechter, geschlechtsgerechter, Sprache zuvörderst unter folgenden Gesichtspunkten zu bearbeiten:
    A) Das Genus meint in der deutschen Sprache NICHT den Sexus.
    B) Es liegt bei der Suffices- oder Suffixes-Bildung eine Markierung des Sexus vor.
    C) Diese sexuelle Markierung (das Fachwort) meint das Weibliche in der Form ‘-in’ oder das selten gebrauchte ‘-(e)rich’ – bspw. in der Form Enterich, Mäuserich etc. (wie von Ihnen ja auch erkannt).

    Es macht Sinn Substantive von biologisch feststellbarer Sexualität, dem Sexus, fern zu halten, denn es ist oft nicht relevant, wessen Geschlechts eine Person ist.
    Es darf in diesem Sinne, auch um Nachricht möglichst kurz zu halten, auf die Sexualisierung der Sprache verzichtet werden.
    In etwa so, wie auch bei Kleinwüchsigen oft darauf verzichtet werden darf, den Diminutiv sprachlich zu wählen.

    MFG
    Dr. Webbaer

  11. Die Einmischung von Judith Reichel in die #meToo-Debatte endet mit einer Gender-Equity Vision (Zitat): Tim kann Ballett tanzen und Lisa darf Fußball spielen. Nur so kann sich unsere Gesellschaft verändern, wenn sich die „alten Strukturen“ gar nicht mehr in den Köpfen und neuronalen Schaltbahnen der nächsten Generation festsetzen.
    Allerdings ist diese Vision auch eine Illusion, wenn Judith Reichel damit meint, dass jeder beobachtete Unterschied im männlichen und weiblichen Verhalten rein sozialen Ursprungs sei. Sollten Jungen und Mädchen genau gleich aufwachsen und genau gleich erzogen werden, so wird es meiner Meinung nach immer noch mehr Harvey Weinsteins männlichen als weiblichen Geschlechts geben und Männer werden weiterhin mehr zu Übergriffen und zu aggressivem Verhalten an und für sich neigen als es Frauen tun. Unsere Gesellschaft, ja jede Gesellschaft muss mit solchen Geschlechtsunterschieden im Verhalten und Denken zurechtkommen. Die Frage ist nur wie. In patriarchalischen Gesellschaften ist dies so geregelt, dass der Mann – ausser in Extremfällen – von vorneherein im Recht ist und die Frau sich zu ihrem eigenen Schutz kaum in der Öffentlichkeit zeigt. In Gesellschaften mit Gleichberechtigung der Geschlechter kann aber männliche Aggressivität gegenüber dem anderen Geschlecht nicht akzeptiert werden – höchstens noch als Rollenspiel, nicht aber um auf diese Weise etwas zu bekommen. Im Prinzip gilt das im Westen aber schon seit vielen Jahrzehnten, ja Machoverhalten war schon im 19. Jahrhundert weitherum verpönt. Der Zivilisierungsprozess bedeutet letztlich auch eine Feminisierung unserer Gesellschaft, weil typisch weibliche Verhaltens- und Kommunikationsweisen besser zu einem zivilisierten Umgang miteinander egal ob zwischen Frauen oder Männern passen. Allerdings hat die schon lange eingesetzte Feminisierung der Gesellschaft bis vor kurzem nichts am Machtverhältnis zwischen den Geschlechtern geändert und diese Machtverhältnisse haben sich gerade in der Harvey-Weinstein Geschichte offenbart und sie zeigen sich auch in den typisch weiblichen und männlichen Rollen von Hollywoodfilmen. Der Weg zu einer voll gleichberechtigten Gesellschaft scheint sehr lang zu sein und er bleibt auch dann noch lang, wenn es solche Dinge wie sie im Rahmen der #meToo-Debatte ans Licht kamen, nicht mehr passieren.

    • Howdy, Herr Holzherr,
      und hierzu :

      Der Zivilisierungsprozess bedeutet letztlich auch eine Feminisierung unserer Gesellschaft, weil typisch weibliche Verhaltens- und Kommunikationsweisen besser zu einem zivilisierten Umgang miteinander egal ob zwischen Frauen oder Männern passen.

      Der Schreiber dieser Zeilen ergänzt zu Ihrer übrigens sehr politisch inkorrekten Einschätzung (“typisch weibliche Verhaltens- und Kommunikationsweisen”) gerne die bundesdeutsche Gesellschaft, oft, abär nicht immer, aus der Ferne beobachtend, dass in der bundesdeutschen Politik die Emotionalisierung und die Empörung, das Sittliche meinend sich hervorstellend und sich überhöhend, auch das Fernpsychologische meinend, die Unterstellung, dass da Meinungsgegner primär von Emotionen getrieben seien, in den letzten 50 Jahren stark zugenommen hat, auch wenn sich dies, leicht erkennbar, so nicht gehört.

      Daran wäre dann exakt nichts gut, so wäre nichts positiv festzustellen.

      MFG
      Dr. Webbaer

      • @Dr.Webbaer (Zitat): “zu Ihrer übrigens sehr politisch inkorrekten Einschätzung (“typisch weibliche Verhaltens- und Kommunikationsweisen”)”. Faktisch gibt es typisch weibliche Verhaltensweisen und wer diese Bezeichnung als politisch inkorrekt ablehnt, der meint damit, dass es sie nicht geben sollte – nicht etwa dass es sie nicht gibt.
        Die Emotionalisierung und (moralische) Empörung, die in der bundesdeutschen Debatte zugenommen habe (wie sie nachfolgend schreiben), scheint mir aber mit dem Thema hier nichts zu tun zu haben.

        • Es sollte keine ‘typisch weibliche Verhaltens- und Kommunikationsweisen’ geben, sondern nur tauglichere und weniger taugliche Weisen, die Ziele des Verhaltens und die der Kommunikation meinend.
          Es lohnt sich hier nicht in das Wesen des Weibsvolks diesbezüglich näher einzudringen.
          Auch um nicht sexistisch zu werden. [1]

          Die Emotionalisierung und (moralische) Empörung, die in der bundesdeutschen Debatte zugenommen habe (wie sie nachfolgend schreiben), scheint mir aber mit dem Thema hier nichts zu tun zu haben.

          Doch, doch, die Emotionalisierung von Sach-Debatten auf besondere Gefühligkeit hinweisend, so dass sich sozusagen blitzkriegsartig empört werden kann, ist ein vglw. neues gesellschaftliches Phänomen, dies gab es früher, so vor 40 bis 50 Jahren sind gemeint, also dieser Zeitraum, nicht : bundesdeutsch.
          So etwas ist zivilisatorisch zerstörerisch, höchst “divisive” (die genaue d-sprachige Übersetzung fällt hier gerade nicht ein.

          Auch anderswo in denjenigen Gesellschaftsystemen nicht, die den Ideen und Werten der Aufklärung folgend implementieren konnten.
          Witzigerweise, womöglich, auch im sogenannten Ostblock seinerzeit nicht.

          Es könnte alternativ auch auf andere biologisch unveränderbare Eigenschaften des Wahlvolks oder der Bevölkerung geschaut werden, auch bspw. auf Kleinwüchsigkeit oder Dickheit, und dies bietet sich explizit nicht an, gerade auch nicht i.p. positive Diskriminierung oder Affirmative Action oder i.p. Quoten.
          Weil so X-Ismus, zwar benevolent erscheinend, aber doch, perpetuiert wird.

          Wer die (aufgeklärt-demokratische) Welt versauen will, muss nur auf unveränderliche biologische Eigenschaften schauen und dort aggressiv (erfolgreich) zu bewerben suchen!

          MFG + schöne Mittwoche noch,
          Dr. Webbaer

          [1]
          X-Ismen, wie immer sie auch begründet scheinen, können biologisch über die weitgehende Erbverwandtschaft sozusagen weggehüstelt werden und politisch durch sinnhafte Tabuisierung.
          Weiß jeder Gentleman.
          >:->

  12. Um die Gesellschaft zu verändern müsste es heißen, Mohamed kann Ballett tanzen und Aische kann Cheerleaderin werden.

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