Wie zuverlässig sind Altersdatierungen mit Zirkon?

Rasterelektronenmikroskopisches Bild eines Zirkon Kristalls mit

Zirkon ist wegen seines oft hohen Urangehalts einer der Hauptträger der Radioaktivität in der Erdkruste. Gleichzeitig ist es als akzessorisches Mineral in den Gesteinen der Erdkruste, wie zum Beispiel in Graniten, recht weit verbreitet. Während sich Uran gut in das Zirkoniumgitter einbauen lässt, passt sich Blei nicht gut in das Kristallgitter ein, sodass es bei der Kristallisation nicht eingebaut werden kann. Alles Blei in einem Zirkonkristall muss also einmal Uran gewesen sein.

Rasterelektronenmiksoskopisches Bild eines Zirkons.

Gleichzeitig ist Zirkon ziemlich widerstandsfähig gegen Verwitterung und sogar gegen hochgradige Metamorphose. Es kann sogar Bedingungen überstehen, unter denen andere Minerale längst geschmolzen wären. So bleibt die Isotopensignatur von Zirkon, Uran und Blei, die bei dessen Zerfall entstehen, oft über lange geologische Zeiträume erhalten[1] [2].

Ebenfalls im Zirkon enthaltene Spurenelemente wie Hafnium, Seltene Erden und Titan können wertvolle Hinweise auf die magmatische und metamorphe Entstehung der Gesteine geben [3] [4].

Die Sauerstoffisotropie von Zirkonen kann ebenfalls Aufschluss über die verschiedenen Quellen des Magmas geben, aus dem sie entstanden sind, während die Uran-Thorium-Helium-Thermochronologie viel über die Erosions- und Landschaftsgeschichte aussagen kann [5] [6].

Zirkon ist ebenfalls ein wichtiges Mineral für die Altersdatierung. Damit liefert es uns wichtige Informationen über die Erdgeschichte. Vieles von dem, was wir heute über die Entwicklung der frühen Erde und die Entstehung der ersten Kontinente wissen, verdanken wir diesem Mineral. Nicht umsonst gilt es als „Time Lord“ (z.B. beim jährlich stattfindenden Mineral Cup).

Pleochroitischer Hof um einen Zirkon. Dabei wird das Gitter des umschließenden Minerals durch die Strahlung des Zirkons zerstört. Bild: Strekeisen (https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Dark_crown.JPG), „Dark crown“, https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0/legalcode

U-Pb Datierung

Bei der Uran-Blei-Datierung zeigen Zirkone in der Regel eine von zwei Möglichkeiten. Im ersten Fall verhalten sie sich wie ein geschlossenes System, das von äußeren Faktoren weitgehend unbeeinflusst bleibt. Diese Minerale zeigen konkordante Alter, die mit dem Kristallisationsalter übereinstimmen.

Im zweiten Fall beobachtet man diskordante Alter, deren oberer Schnittpunkt das Kristallisationsalter des betreffenden Zirkons darstellt, während der untere Schnittpunkt den Zeitpunkt des Bleiverlustes repräsentiert.

Viele Zirkone liegen irgendwo zwischen diesen beiden Typen. Bei ihnen liegt das Alter irgendwo zwischen diskordantem und konkordantem Alter. In diesen komplexen Fällen zeigen die Zirkone nicht nur Anzeichen von Bleiverlust, sondern auch von Aufnahme, Umverteilung und lokaler Anreicherung von Blei innerhalb des Minerals sowie möglicherweise von Uranmobilisierung. ​[7] ​[8].


Dabei kommen Prozesse wie etwa die plastische Verformung der Kristalle zum Tragen ​[9], die Diffusion von metamiktem Zirkonen ​[10] oder auch die durch Fluide geförderte Ersatz von Zirkonen durch Lösung und Ausfällung ​[11] ​[12].

Zirkon zeigt Schwäche

wodurch die Uran-Blei-Alter von Zirkonen überraschend komplex werden können. Ohne ein vertieftes Verständnis der hier ablaufenden Prozesse und der Zirkonchemie sind dann geologische Aussagen nur schwer abzuleiten.

Dass Zirkon unter Umständen auch Schwäche zeigen kann, war schon lange bekannt. Die Diffusion erweist sich jedoch unterhalb von 1000 °C als ineffizient, sofern der betreffende Kristall nicht zu stark durch Strahlung geschädigt wurde [10]. In alkalischen und fluorhaltigen Fluiden hingegen sind Zirkone durchaus empfindlich und können radiogenes Blei aus ihrem Gitter verlieren [13] [14].

Bisher fehlen jedoch Kenntnisse darüber, wie silikatische Schmelzen Zirkone verändern. Es mehren sich die Hinweise, dass hier gekoppelte Lösungs-, Ausscheidungs- und Substitutionsreaktionen zu teilweise sehr komplexen Spurenelement-, Hafniumisotopen- und Altersmustern führen können [15] [16].

Kontakt mit Gesteinsschmelze

Doch wie lange müssen Zirkonen einer Schmelze ausgesetzt sein, damit ihre geologische Uhr beeinflusst wird? Vermutlich nicht sehr lange, wie Experimente mit Fragmenten von Zirkonen aus dem Mud Tank Carbonatite zeigen. Diese Zirkone sind ein weit verbreiteter Standard für die U-Pb-Datierung. Es zeigt sich, dass bereits relativ kurze Zeiträume von nur 18 Stunden bis 3,5 Tagen bei 0,9 Gpa ausreichen, um in Kontakt mit Zr-untersättigten mafischen und intermediären Schmelzen von 1100 bis 1180 °C zu kommen. Nach dieser Zeit zeigten die Zirkonfragmente deutliche Anzeichen von Lösungs- und Ausfällungsprozessen in den Kontaktbereichen mit der Schmelze.

Die der Schmelze ausgesetzten Zirkone wiesen zudem glasgefüllte Mikrorisse und Porenräume auf, sodass die beeinflussten Bereiche oft nur schwer zu erkennen waren [17].

In diesen Bereichen begannen die später gemessenen U-Pb-Alter über einen Zeitraum von 764 bis 647 Mio. Jahren zu streuen, während Mud-Tank-Zirkone typischerweise Kristallisationsalter von 731 +/- 0,2 Ma aufweisen [18].

Unser geliebter Time Lord kann also sehr empfindlich sein. Dies macht Altersdatierungen umso anspruchsvoller. Nur eine gründliche und sorgfältige Analyse der zu datierenden Zirkone, z.B. mithilfe der Raman-Spektroskopie, kann helfen, möglicherweise beeinflusste Bereiche vor einer Datierung zu erkennen.

References

  • [1] Cherniak, D. J. and Watson, E. B. (2001). Pb diffusion in zircon, Chemical Geology 172 : 5-24.
  • [2] Möller, A.; O’Brien, P. J.; Kennedy, A. and Kröner, A. (2003). Linking growth episodes of zircon and metamorphic textures to zircon chemistry: an example from the ultrahigh-temperature granulites of Rogaland (SW Norway), Geological Society, London, Special Publications 220 : 65-81.
  • [3] Hawkesworth, C. J. and Kemp, A. I. S. (2006). Using hafnium and oxygen isotopes in zircons to unravel the record of crustal evolution, Chemical Geology 226 : 144-162.
  • [4] Belousova, E.; Griffin, W.; O’Reilly, S. Y. and Fisher, N. (2002). Igneous zircon: trace element composition as an indicator of source rock type, Contributions to Mineralogy and Petrology 143 : 602-622.
  • [5] Valley, J. W. (2003). Oxygen Isotopes in Zircon, Reviews in Mineralogy and Geochemistry 53 : 343-385.
  • [6] Reiners, P. W. (2005). Zircon (U-Th)/He Thermochronometry, Reviews in Mineralogy and Geochemistry 58 : 151-179.
  • [7] Halpin, J. A.; Daczko, N. R.; Direen, N. G.; Mulder, J. A.; Murphy, R. C. and Ishihara, T. (2020). Provenance of rifted continental crust at the nexus of East Gondwana breakup, Lithos 354-355 : 105363.
  • [8] Rimša, A.; Whitehouse, M. J.; Johansson, L. and Piazolo, S. (2007). Brittle fracturing and fracture healing of zircon: An integrated cathodoluminescence, EBSD, U-Th-Pb, and REE study, American Mineralogist 92 : 1213-1224.
  • [9] Piazolo, S.; Austrheim, H. and Whitehouse, M. (2012). Brittle-ductile microfabrics in naturally deformed zircon: Deformation mechanisms and consequences for U-Pb dating, American Mineralogist 97 : 1544-1563.
  • [10] Cherniak, D. J. and Watson, E. B. (2003). Diffusion in Zircon, Reviews in Mineralogy and Geochemistry 53 : 113-143.
  • [11] Geisler, T.; Schaltegger, U. and Tomaschek, F. (2007). Re-equilibration of Zircon in Aqueous Fluids and Melts, Elements 3 : 43-50.
  • [12] Kelly, C. J.; Schneider, D. A.; Jackson, S. E.; Kalbfleisch, T. and McFarlane, C. R. (2017). Insights into low- to moderate-temperature recrystallization of zircon: Unpolished crystal depth profile techniques and geochemical mapping, Chemical Geology 449 : 82-98.
  • [13] Geisler, T.; Rashwan, A. A.; Rahn, M. K. W.; Poller, U.; Zwingmann, H.; Pidgeon, R. T.; Schleicher, H. and Tomaschek, F. (2003). Low-temperature hydrothermal alteration of natural metamict zircons from the Eastern Desert, Egypt, Mineralogical Magazine 67 : 485-508.
  • [14] Harlov, D. E.; Anczkiewicz, R. and Dunkley, D. J. (2023). Metasomatic alteration of zircon at lower crustal P-T conditions utilizing alkali- and F-bearing fluids: Trace element incorporation, depletion, and resetting the zircon geochronometer, Geochimica et Cosmochimica Acta 352 : 222-235.
  • [15] Spier, C. A.; Ferreira Filho, C. F. and Daczko, N. (2022). Zircon U-Pb isotopic and geochemical study of metanorites from the chromite-mineralised Bacuri Mafic-Ultramafic Complex: Insights of a Paleoarchean crust in the Amapá Block, Guyana Shield, Brazil, Gondwana Research 105 : 262-289.
  • [16] Spier, C. A.; Daczko, N. R. and Zhou, R. (2024). Zircon coupled dissolution-precipitation textures distinguish xenocrystic cargo from rare magmatic zircon in the Paleoarchean Bacuri Mafic-Ultramafic layered Complex, Brazil, Precambrian Research 404 : 107342.
  • [17] Asimus, J. L.; Daczko, N. R.; Gazi, J.-A.; Ezad, I. S.; Belousov, I.; Rodemann, T.; Halpin, J. A. and Piazolo, S. (2024). Experimental Replacement of Zircon by Melt-Mediated Coupled Dissolution-Precipitation Causes Dispersion in U–Pb Ages, Journal of Metamorphic Geology 42 : 1179-1195.
  • [18] Gain, S. E. M.; Gréau, Y.; Henry, H.; Belousova, E.; Dainis, I.; Griffin, W. L. and O’Reilly, S. Y. (2019). Mud Tank Zircon: Long-Term Evaluation of a Reference Material for U-Pb Dating, Hf-Isotope Analysis and Trace Element Analysis, Geostandards and Geoanalytical Research 43 : 339-354.
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Gunnar Ries studierte in Hamburg Mineralogie und promovierte dort am Geologisch-Paläontologischen Institut und Museum über das Verwitterungsverhalten ostafrikanischer Karbonatite. Er arbeitet bei der CRB Analyse Service GmbH in Hardegsen. Hier geäußerte Meinungen sind meine eigenen

2 Kommentare

  1. Gibt es eine Grenztemperatur, oberhalb derer Zirkone, die ihr ausgesetzt waren, grundsätzlich nicht mehr altersdatierbar sind, weil dies einen Reset ihrer geologischen Uhr darstellt?

    Es fehlen übrigens die Verweise [16] – [18] in der Referenzliste.

  2. Mir ist jetzt auf die Schnelle keine Grenztemperatur bekannt. Ich vermute auch, dass es keine scharfe Grenze ist, sondern ein mehr oder weniger schleichender Prozess, der je nach den herrschenden Bedingungen unterschiedlich liegen kann. Generell dürfte aber gelten, dass die Mobilität der Atome bei höheren Temperaturen sicher größer ist als bei niedrigeren.

    Oh, was die Literaturliste angeht, so wurde scheinbar die zweite Seite nicht mit kopiert. War mir nicht aufgefallen, danke.

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