Was geschah am Oroville Damm?

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Dämme und die hinter ihnen liegenden Seen dienen meist nicht nur als Wasserreserven für trockenere Zeiten oder der Energiegewinnung. Sie sollen auch Hochwasserereignisse mildern, indem sie starke Zuflüsse abfangen und dann kontrolliert in kleineren Schüben an die Unterläufe abgeben. Dazu sollten sie nicht bei jeder Gelegenheit bis zum Rand gefüllt sein.

Auf der anderen Seite sollen sie natürlich auch nicht bei plötzlich ansteigenden Wasserständen einfach überspült werden. Darum haben sie einen Überlauf, über den in Zeiten mit sehr starken Zuflüssen das Wasser wieder abgegeben wird, bevor es die Dammkrone überspülen kann. Diese Überläufe müssen anständig dimensioniert sein, denn auch starke Zuflüsse sollten sie nicht überfordern. Und sie müssen so gebaut sein, dass das Wasser den Überlauf nicht beschädigt, wenn es mit hoher Kraft dort entlangfließt.  Nun kann es immer zu besonderen Ereignissen kommen, die selbst diese Überläufe überfordern. Darum gibt es meist noch einen Notüberlauf, eine Stelle, an der das Wasser abfließen kann, bevor der Damm selber in Gefahr gerät, selbst wenn der Überlauf es nicht mehr schafft. Dieser ist oft deutlich weniger stark gesichert, soll er doch nur in absoluten Notfällen als absolut letzter Notanker dienen. Und nur in Fällen, die eh so unwahrscheinlich sind, dass sie nie eintreten…

Spannend wird es dann, wenn dieser Fall dann doch eintritt. So wie im Februar 2017 am Oroville Damm in Kalifornien.

Der Oroville Damm

 Der Februar 2017 war außergewöhnlich nass in Nord-Kalifornien.  Starke Regenfälle im Einzugsgebiet hatten den Lake Oroville stak ansteigen lassen. Soweit alles kein Problem, da die Wettervorhersagen weitere Regenfälle ankündigten, entschloss man sich,  das Wasser des Sees über den Überlauf abzulassen. Soweit alles ganz normal.

Am 7. Februar stellten die Betreiber allerdings ein ungewöhnliches Verhalten des Wassers am Überlauf fest. Die Betreiber waren so beunruhigt, dass sie den Überlauf schlossen, um diesem Verhalten auf den Grund zu gehen.

Als das Wasser nicht mehr floss, konnte man den Schaden gut erkennen. Das Betonbett des Überlaufs war auf halbem Weg stark beschädigt, das Wasser hatte sich einen neuen Weg gesucht. Kurz gesagt, ein großes Loch zeigte sich mitten im Überlauf.

Da auch weiterhin starke Regenfälle im Einzugsgebiet vorhergesagt waren, wusste man, dass für ausgedehnte Reparaturen keine Zeit bestand. Sobald man den Überlauf öffnete, zerstörte die einsetzende Erosion an den beschädigten Stellen den Überlauf noch stärker. Die rückschreitende Erosion am Überlauf war auch für den Damm selber nicht ungefährlich. Was also sollte man tun? Den Überlauf schließen, auf den Notüberlauf hoffen (der noch nie getestet worden war), oder den Überlauf öffnen, und zusehen wie die Erosion alles mit sich nimmt?

Hinzu kam, dass auch die Stromleitungen durch die Schäden am Überlauf gefährdet waren. Ohne diese wäre der Betrieb des Dammes nicht möglich gewesen.

Auf der anderen Seite war der Notüberlauf nie getestet worden. Man war sich nicht sicher, ob dieser derartige Wassermengen überhaupt sicher ableiten kann, zumal man am Überlauf gesehen hatte, wie schnell das anstehende Gestein der Erosion zum Opfer fiel.

Das Problem hier wie auch am normalen Überlauf war, dass die Erbauer davon ausgegangen waren, dass es sich um festen Fels handelt. Das war aber nicht der Fall, das Gestein war deutlich brüchiger und stark verwittert, sodass es dem Wasser keinen nennenswerten Widerstand entgegensetzen konnte.

Am 11. Februar war es dann so weit. Zum ersten Mal in seiner Geschichte trat der Lake Oroville über den Notüberlauf. Schnell war klar, dass auch das nicht gut gehen konnte. Auch hier zeigte sich schnell die rückschreitende Erosion, die den Damm am Notüberlauf selber schnell in Gefahr brachte.

 

Der Not-Überlauf am Oroville-Damm

Wenn die rückschreitende Erosion den Betondamm am Not-Überlauf erreichen würde, könnte dieser das Wasser nicht länger zurückhalten und eine Flutwelle würde sich das Tal entlang bewegen. Daher wurden am 12. Februar 2000 Menschen unterhalb des Dammes evakuiert.

Außerdem wurde der normale Überlauf wieder geöffnet, um den Wasserspiegel des Lake Oroville wieder unter die Höhe des Notüberlaufs zu drücken.

Es gelang, den Spiegel des Sees genügend abzusenken, um den Überlauf zumindest für einige Zeit wieder zu schließen.

Was genau am Damm passierte, und welche Gründe zu dem Ereignis führten, ist eine ziemlich interessante Geschichte. Sie zeigt auch, wie Fehleinschätzungen und kleine Fehler sich im Zusammenspiel zu größeren Katastrophen aufschaukeln können, die allen beteiligten am Schluss kaum mehr eine freie Wahl lassen. Das Video unten versucht, die Geschichte nachzuzeichnen. Dabei wird auch auf die konstruktiven und planerischen Mängel am Oroville-Damm eingegangen.

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Gunnar Ries studierte in Hamburg Mineralogie und promovierte dort am Geologisch-Paläontologischen Institut und Museum über das Verwitterungsverhalten ostafrikanischer Karbonatite. Er arbeitet bei der CRB Analyse Service GmbH in Hardegsen. Hier geäußerte Meinungen sind meine eigenen

21 Kommentare

  1. Sanierungsarbeiten an Infrastrukturen wie Dämmen, Brücken, Straßen, Überlandleitungen sind in den USA an vielen Orten im Verzug: Politiker bauen lieber neue, zusätzliche Infrastruktur als Alte zu unterhalten oder neuen Sicherheitsstandards anzupassen, denn mit dem Unterhalt oder Ertüchtigung kann man sich keinen Namen machen. Der Unterhalt wird von den Bürgern als gegeben angenommen. Doch er ist es eben nicht.

    Beim Oroville-Staudamm trifft genau das zu, was ich eben als Problem für einen Grossteil der in den USA verbauten Infrastruktur beschrieb: es war bekannt, dass der Notablauf ungenügend war und dass auch der Hauptablauf bauliche Mängel aufwies, aber es wurde aus Kostengründen nichts unternommen. In der Wikipedia liest man dazu:

    2005 forderten drei Umweltverbände von der Federal Energy Regulatory Commission (FERC), den Notüberlauf des Dammes mit Beton zu sichern, anstatt den ungesicherten Erddamm-Überlauf zu belassen. Die Umweltverbände erklärten, dass der Erddamm-Überlauf modernen Sicherheitsstandards nicht gerecht würde. Falls der Notüberlauf genutzt werden müsste, könnte dies zu schweren Erosionen am Erddamm-Überlauf führen und dies wiederum zu Überschwemmungen in Ortschaften unterhalb des Dammes. Die FERC und weitere Behörden, welche die Kosten für die Sicherung des Notüberlauf mit Beton tragen müssten, hielten dies für unnötig und die Bedenken für übertrieben.

    So gesehen ist das Beinahe-Unglück am Oroville-Staudamm nur eines von vielen mit denen US-Bürger immer wieder konfrontiert wurden und und weiterhin leben müssen.

    Nun, das bringt ja auch etwas Spannung in den – ausser gelegentlichen Schiessereien – recht grauen und langweiligen Alltag!

    Der vergleichenden Gerechtigkeit halber möchte ich aber erwähnen, dass es in Italien nicht besser damit steht. Auch dort kann sich unerwartet ein Loch in der Strasse so erweitern, dass Autofahrer von der Erde verschluckt werden oder eine altbekannt unsichere Brücke wird nicht saniert und bricht dann mitten im Betrieb ein.

    • So gesehen ist das Beinahe-Unglück am Oroville-Staudamm nur eines von vielen mit denen US-Bürger immer wieder konfrontiert wurden und und weiterhin leben müssen.

      Die Lage war nicht so prekär wie sie dargestellt wurde:

      Update: 8pm 12Feb Excessive erosion on the Emergency Spillway, cranking the busted spillway up to 100,000CFS to relieve the pressure on the emergency spillway

      “Geologists are convinced that there’s good solid bedrock up here to prevent this this from being continued to erode too far up the spill way”

      https://youtu.be/jIzldNLv8ww?t=141

      Es wurde sofort erkannt, dass die Notentlastung nicht funktionierte und eine massive Entlastung über die Hauptrinne keine Gefahr darstellte.

      Bleibt hinzuzufügen dass die Gefahr in den deutschen Medien unverhältnismäßig übertrieben wurde. Ähnliches geschah in Chile, wo sich die Einheimischen über die Darstellung der Folgen des Bebens von Illapel (Magnitude 8.3) in den ausländischen Medien wunderten:

      https://en.wikipedia.org/wiki/2015_Illapel_earthquake

    • Ich kenne die konkrete Situation in den USA bezüglich der Erhaltung der Infrastrukturen nicht im Einzelnen. Schaut man sich die Situation in Deutschland an, scheint die Situation in Bezug auf die Instandhaltung von Bundesautobahnen und Bundesstraßen ähnlich zu sein, Stichwort BAB 1 Rheinbrücke Leverkusen. Es wird ständig neu gebaut, dabei wird gegenüber der Öffentlichkeit mit diesen Neubauten hausieren gegangen, ohne gleichzeitig mitzuteilen, wie die Instandhaltung finanziert werden soll. Wobei man da ja mit dem (fragwürdigen) Vehikel Public Private Partnership den Stein der Weisen zur Finanzierung der Instandhaltung gefunden haben will.

      • Die Public Private Partnership funktioniert hier vor der Haustüre:

        Sechsstreifiger Ausbau ÖPP-Projekt Autobahnkreuz Biebelried bis Autobahnkreuz Fürth/Erlangen

        http://www.abdnb.bayern.de/autobahndirektion/projekte/a3_oepp_projekt.php

        Die Arbeitsgemeinschaft besteht aus Eiffage Infra-Bau und JOHANN BUNTE. Die freuen sich über neue Mitarbeiter:

        https://bau.eiffage-infra.de/de/news/2021/05/werden-sie-teil-von-deutschlands-groesstem-infrastrukturprojekt-auf-der-a3

        Die beiden Firmen übernehmen den Unterhalt für 30 Jahre. Die Vertrag enthält Klauseln über die Mindestverfügbarkeit und sieht Pönalen bei Nichteinhaltung vor.

        Anders sieht es in Kalifornien aus: Die Politiker fördern “grüne” Energien und wollen den Stromkunden keine hohen Preise zumuten. Das muss eben die Infrastruktur vernachlässigt werden. Anschaulich werden die Folgen hier:

        “Here is the picture of the failed how little area remained of the hook in operation”

        https://youtu.be/7WAB5cflHBI?list=PL6SYmp3qb3uOTYPP0POWMA7FOi-A08X6u&t=226

        ‘Camp’ Fire 2018 heißt die Playlist von Juan Browne.

        https://en.wikipedia.org/wiki/Camp_Fire_(2018)

        • @Karl Mistelberger: Danke für die Verlinkung des Campfire 2018 -Videos mit dem Untertitel „PG&E $25 Billion Settlement Calpocalypse 2019“.

          PG&E (Pacific Gas and Electric Company ) versorgt Nordkalifornien fast exklusiv mit einem völlig heruntergekommenen Stromnetz, welches schon mehrmals Grossbrände auslöste. Deswegen schaltete PG&E in den letzten Jahren bei der Kombination von Trockenheit und Wind häufig den Strom im betroffenen Gebiet ab.Die Leute helfen sich durch die Installation von Notstromaggregaten oder auch durch die Kombination von Solardächern mit Batterien. Die Firma Tesla kann deshalb unzählige Powerwall-Einheiten an Private ausliefern.

          Eines kann man mit ziemlicher Sicherheit sagen: Die Kosten für Notstromaggregate und Powerwalls sind zusammengezählt wohl bald einmal grösser als die Kosten für die gesamte elektrische Infrastruktur Kaliforniens.

  2. @Martin Holzherr 21.05. 12:46

    „Die Leute helfen sich durch die Installation von Notstromaggregaten oder auch durch die Kombination von Solardächern mit Batterien.“

    Etwas kurz offtopic:

    Auch eine Variante, mit der Klimaschutz auch ohne Mitwirkung der Stromkonzerne dennoch vorwärts kommen kann. Alle Dächer schon mal mit PV nutzen, eine eher kleine Batterie im Keller, zusätzlich das Elektroauto mit eigener Steckdose am Haus. Und wenn dann noch die Arbeitgeber mitziehen, und auch PV auf dem Dach installieren, wo die Autos tagsüber, wenn die Sonne scheint, auch aufgeladen werden, dann hat man schon mal was.

    Das wäre durchaus auch ein Anfang, den viele selbst realisieren könnten. Wenn dann die Stromkonzerne doch noch aktiv werden, und neue Fernstromtrassen bauen, sowie der Ausbau der Windenergie endlich mal weitergeht, um so besser.

    • @Tobias Jeckenburger (Zitat): Alle Dächer schon mal mit PV nutzen, eine eher kleine Batterie im Keller, zusätzlich das Elektroauto mit eigener Steckdose am Haus. .. Das wäre durchaus auch ein Anfang, den viele selbst realisieren könnten.
      Genau das, die Energieselbstversorgung nämlich, wird uns von vielen Erneuerbaren-Apologeten, immer wieder nahe gebracht – und kaum jemand widerspricht oder denkt zu Ende. Das möchte ich hier nachholen.

      Selbstversorgung mit Energie war auch schon im fossilen und präfossilen Zeitalter möglich und in der Tat haben die Getreidemühlen im Mittelalter mit selbsterzeugter Windenergie gearbeitet. Und im „Busch“ versorgen sich auch heute noch viele mit Dieselgeneratoren.

      Warum dann überhaupt ein öffentliches Stromnetz, das letztlich jeden Haushalt, jede Fabrik, die Kirche und das Schulhaus versorgt? Warum tut das nicht eder selbst? Warum nicht eine Schule in der die Kinder im Winter das Brennholz mitbringen und wo Solarpanel das ganze Schuldach bedecken und der überschüssige Strom in grossen Batterien im Schulkeller gespeichert wird? Nun, das möchte ich hier und jetzt begründen:
      1) Das Stromnetz (aber auch das Netz der Wasserleitungen) hat es möglich gemacht mit minimalem baulichen und finanziellen Aufwand überall wo es einen Anschluss gibt zu jeder Tages- und Nachtzeit Strom zu beziehen. Alles was man dazu tun muss ist es einen Schalter zu betätigen..
      2) Die Stromgeneratoren sind umso billiger je grösser sie sind und das Stromnetz selber ist recht billig – ausser es erstreckt sich über riesige Distanzen wie in Grossflächenstaaten mit niedriger Bevölkerungsdichte
      3) Selbstversorger sind nur dann gut dran, wenn ihre Stromquelle gerade Strom liefert, der Wind also weht, die Sonne scheint oder der Bach an dem das Wasserrad steht, nicht eingefroren ist. Speicherung von Strom war im Mittelalter absolut unmöglich weswegen die Getreidemühlen ohne Wind stehen blieben. Auch heute ist Stromspeicherung um ein Vielfaches teurer als wenn man den fehlenden Strom beispielsweise mit einem Dieselgenerator erzeugen würde.
      4) Der Ressourcenaufwand für ein Millionen-/Milliardenheer von Selbstversorgern wäre gigantisch. Nehmen wir einmal an, jede einzelne Person wolle selber Strom, zum Beispiel Solarstrom, für mindestens 24 Stunden in einer eigenen Batterie speichern. Unter der Annahme von 20 Kilowattstunden Stromverbrauch pro Person und Tag und bei im Jahr 2050 9 Milliarden Erdeinwohnern bräuchte es für den Eintages-Stromspeicher insgesamt und weltweit Batteriespeicher mit einer Kapazität von 180 Terawattstunden, was gerade etwa einem Drittel der Stromjahresproduktion von Deutschland entspricht. Diese Batterien, die nur den Strom eines einzigen Tages speichern, würden zu den Batteriepreisen von 2022 insgesamt 18 Billionen Dollar kosten, was etwa 1/5 des Welt-Bruttoinlandprodukts des Jahres 2019 entspricht. Diese Batterien würden zusammen 1.8 Gigatonnen wiegen, also 1.8 Milliarden Tonnen, was gewichtsmässig ungefähr 2/3 des weltweiten jährlichen Zementsverbrauch entspricht. Klar halten diese 1.8 Gigatonnen wohl 10 Jahre lang, aber Batterien sind auch mindestens 100 Mal „edler“ als Zement und Beton.

      Zusammengefasst: Es ist kein unglücklicher Zufall der Geschichte, dass es Dinge wie ein Strom- oder ein ganze Siedlungen versorgendes Wassernetz gibt. Nein, Dinge wie ein überall hinreichendes Stromnetz haben Wohlstand in der Breite überhaupt erst möglich gemacht.

  3. @Holzherr 26.05. 16:28

    „Zusammengefasst: Es ist kein unglücklicher Zufall der Geschichte, dass es Dinge wie ein Strom- oder ein ganze Siedlungen versorgendes Wassernetz gibt. Nein, Dinge wie ein überall hinreichendes Stromnetz haben Wohlstand in der Breite überhaupt erst möglich gemacht.“

    Ich meine ja nicht komplette Selbstversorgung, sondern einfach einen Anfang mit PV-Anlage und kleinem Batteriespeicher. Wenn man ein passendes Dach hat, lohnt sich das ja sogar finanziell. Ich zahle z.Z. 25 ct pro Kwh für den Strom aus dem Netz. Wenn ich nur in etwa soviel Paneele auf dem Dach habe, wie ich auch selber an Strom verbrauchen kann, dann wird das für mich sicher noch wirtschaftlich sein. Vermutlich wäre auch eine kleine Batterie noch wirtschaftlich, die nur die Abendstunden versorgen kann, das aber regelmäßig. Wenn die dann leer ist, und keine Sonne scheint, beziehe ich eben wie gewohnt meinen Strom aus dem Netz. Aber ich könnte wohl etwa meinen halben Stromverbrauch so decken, und entsprechend Geld und Treibhausgase dabei einsparen.

    Das Stromnetz ist gut und wichtig, und muss für eine komplette Klimawende wohl auch noch ausgebaut werden. Aber den beschriebenen Anfang kann man wenigstens selber machen. Wenn mal Elektroautos attraktiver werden, kann dann die eigenen PV-Anlage noch mal etwas größer sein, sofern ich eine eigene Steckdose in der Garage bzw. am Stellplatz habe.

    „Unter der Annahme von 20 Kilowattstunden Stromverbrauch pro Person und Tag…“

    Also ich verbrauche derzeit als Singlehaushalt nur 5 Kwh Strom am Tag. Für Computer, Fernseher, Elektroherd und Kühlschrank, dazu noch die LEDs für die Beleuchtung.

    • @Tobias Jeckenburger: Ja, genau so wie sie es beschreiben, sieht es auch in der Realität, im Durchschnitt aller PV-Dachsysteme aus: PV-Strom ist additiv zum bestehenden Netz und das Netz wird sogar benötigt um Überschussstrom zurück ins Netz zu speisen, allenfalls benutzt der PV-Dachbesitzer noch eine kleine Batterie um Mittagsstrom am Abend selber nutzen zu können, etwas was sinnvoll ist, da viele Leute mittags ja gar nicht zuhause sind und Strom wenn schon abends benötigen.
      Leider verursacht solch selbst erzeugter Hausdachstrom bei den Stromfirmen zusätzlichen Aufwand für das Absorbieren des Überschussstroms und es verringert die Einnahmen der Stromfirma, die den Strom übers Netz liefert, weil weniger Strom aus dem Netz konsumiert wird.. Oft muss das Netz sogar ausgebaut werden um den von tausenden von Hausanlagen gelieferten solaren Mittagsstrom im Netz aufnehmen zu können.

      PV-Strom vom Hausdach kann also die Stromrechnung für den PV-Besitzer etwas reduzieren, doch PV-Strom macht die wenigsten netzunabhängig. Das Netz selber muss sogar ausgebaut werden um mit PV-Strom zurecht zu kommen und das Stromsystem landes- und regionenweit wird durch selbst erzeugten PV-Strom in keiner Weise entlastet. Im Gegenteil: das Netz wird sogar teurer und bringt gleichzeitig weniger Einnahmen.

    • Also ich verbrauche derzeit als Singlehaushalt nur 5 Kwh Strom am Tag. Für Computer, Fernseher, Elektroherd und Kühlschrank, dazu noch die LEDs für die Beleuchtung.

      Das Milchmädchen rechnet etwas realistischer:

      544 Terawattstunden pro Jahr verbrauchen Deutschlands 83 Millionen Einwohner. Das macht pro Kopf und Tag im Schnitt 18 Kilowattstunden. Bei mir waren es in 2019 laut Abrechnung 833 kWh oder 2,3 kWh/Tag.

      Strom hat einen sehr bescheidenen Anteil am Primärenergieverbrauch:

      https://www.bp.com/content/dam/bp/business-sites/en/global/corporate/pdfs/energy-economics/statistical-review/bp-stats-review-2020-full-report.pdf

      Pro Kopf und Jahr sind es 75,7 GJ oder 57,6 kWh/Tag. Der Deutsche verbraucht, deutlich über dem europäischen Durchschnitt, 157,3 GJ oder 119,5 kWh/Tag.

      • @Karl Mistelberger (Zitat):
        544 Terawattstunden pro Jahr verbrauchen Deutschlands 83 Millionen Einwohner. Das macht pro Kopf und Tag im Schnitt 18 Kilowattstunden.

        Ja, und im Jahr 2050 wird ein Deutscher
        durchschnittlich zwischen 25 und 30 Kilowattstunden Strom pro Tag verbrauchen, denn Autos, Heizungen und Klimaanlagen werden alle elektrisch betrieben werden. Es könnte noch viel mehr sein, wenn direkt elektrisch geheizt und gekühlt würde. Ich nehme aber an, Wärmepumpen und Fernheizungen werden dominieren.

        Der Haushaltsverbrauch macht zudem nur einen Teil des Gesamtstromverbrauchs aus.

        Auch sie selber verbrauchen mehr Strom als sie angeben, wenn sie alle von ihnen konsumierten Produkte und alle Transporte mit einbeziehen.

      • @Karl Mistelberger (Zitat):

        Strom hat einen sehr bescheidenen Anteil am Primärenergieverbrauch:

        Pro Kopf und Jahr sind es 75,7 GJ oder 57,6 kWh/Tag. Der Deutsche verbraucht, deutlich über dem europäischen Durchschnitt, 157,3 GJ oder 119,5 kWh/Tag.

        Antwort: Im Jahr 2050 wird Strom die dominante Energiequelle in Europa sein, denn Erdöl, Kohle und Erdgas werden durch Strom substituiert werden. Der Stromverbrauch wird zunehmen, viele sagen sogar, er wird sich verdoppeln. Deutschland verbraucht heute BIP-bereinigt gleich viel oder sogar weniger Strom als der europäische Durchschnitt. Beispiele für den Pro-Kopf-Kilowattstundenstromverbrauch im Jahr 2019: Frankreich : 6,702 kWh; Deutschland: 6,306 kWh; Schweden: 12,814 kWh; Italien: 4,928 kWh

        Fazit: Strom ist unsere Energie-Zukunft. Strom ist zugleich die höchstwertige Energieform weshalb man nicht mit Strom direkt heizen sollte, sondern wenn schon indirekt über den Betrieb einer Wärmepumpe.

        • Deutschland verbraucht heute BIP-bereinigt gleich viel oder sogar weniger Strom als der europäische Durchschnitt. Beispiele für den Pro-Kopf-Kilowattstundenstromverbrauch im Jahr 2019: Frankreich : 6,702 kWh; Deutschland: 6,306 kWh; Schweden: 12,814 kWh; Italien: 4,928 kWh

          Mit Bereinigung schafft der deutsche Michel alles.

          Per capita CO2 emissions:

          In fact, some European countries have emissions not far from the global average: In 2017 emissions in Portugal are 5.3 tonnes; 5.5t in France; and 5.8t per person in the UK. This is also much lower than some of their neighbours with similar standards of living, such as Germany, the Netherlands, or Belgium.

          The choice of energy sources plays a key role here: in the UK, Portugal and France, a much higher share of electricity is produced from nuclear and renewable sources – you can explore this electricity mix by country here. This means a much lower share of electricity is produced from fossil fuels: in 2015, only 6% of France’s electricity came from fossil fuels, compared to 55% in Germany.

          https://ourworldindata.org/co2-emissions

  4. @Holzherr 27.05. 08:18

    „Im Gegenteil: das Netz wird sogar teurer und bringt gleichzeitig weniger Einnahmen.“

    Für die Stromkonzerne etwas ungünstig, aber plus für den Kleinverbraucher, da bin ich nicht gegen. In jedem Falle schon mal Klimaschutz, den man selber realisieren kann. Wir brauchen ja für die Klimawende sowieso jede Menge mehr PV, ob es jetzt den Konzernen ungünstig kommt oder nicht.

    @Mistelberger 27.05. 09:11

    „544 Terawattstunden pro Jahr verbrauchen Deutschlands 83 Millionen Einwohner. Das macht pro Kopf und Tag im Schnitt 18 Kilowattstunden. Bei mir waren es in 2019 laut Abrechnung 833 kWh oder 2,3 kWh/Tag.“

    Laut Wikipedia für 2015 600 TWh, davon gehen nur 24,8 % aufs Konto der Haushalte. Also sind das pro Kopf nur 4,9 KWh am Tag, was wir in unseren Privathaushalten verbrauchen.

    Hier verbrauchen die Industrie- und Gewerbekunden den meisten Strom. Aber die können ja auch PV-Anlagen auf ihre Dächer packen. Wobei insbesondere die Großverbraucher den Netzstrom deutlich günstiger beziehen können wie die Privatverbraucher, bei letzteren ist das finanzielle Einsparpotential deshalb sehr viel größer. Dafür bekommen die Industrieverbraucher größere PV-Anlagen dann wiederum günstiger.

    Das macht alles noch keine Klimawende komplett, aber ich finde, es geht in die richtige Richtung. Mehr Windenergie, neue Fernstromleitungen, Elektromobilität und Speicherlösungen, Wasserstoff aus Überschüssen und andere Backuplösungen fehlen dann noch. Auch große PV-Anlagen, insbesondere in sonnenreicheren Gegenden, werden dann auch noch nötig sein.

    • Das macht alles noch keine Klimawende komplett, aber ich finde, es geht in die richtige Richtung. Mehr Windenergie, neue Fernstromleitungen, Elektromobilität und Speicherlösungen, Wasserstoff aus Überschüssen und andere Backuplösungen fehlen dann noch. Auch große PV-Anlagen, insbesondere in sonnenreicheren Gegenden, werden dann auch noch nötig sein.

      Nimmt man den ganzen Krempel unter die Lupe sieht die Bilanz der Deutschen Energiewende sehr bescheiden aus, siehe “Per capita CO2 emissions” oben.

      Von meinem Bekanntenkreis kriege ich immer zu hören: Ja, aber die Deutschen sind nach Bereinigung die Weltmeister in Umweltfreundlichkeit, auch wenn der CO2 Ausstoß erheblich über dem globalen Durchschnitt liegt.

  5. @Mistelberger 29.05. 09:28

    „Nimmt man den ganzen Krempel unter die Lupe sieht die Bilanz der Deutschen Energiewende sehr bescheiden aus, siehe “Per capita CO2 emissions” oben.“

    In der Tat sind wir hier nicht Weltmeister. Auch weil wir nicht mehr viel Atomstrom im Mix haben. Das sehe ich aber doch zweischneidig. Der Weiterbetrieb unserer AKWs wäre sicherlich wirtschaftlich, allerdings würde ich mir hierfür eine Haftpflichtversicherung wünschen. Jeder PKW-Halter braucht die, und die Stromkonzerne haben gar nicht das Geld, bei einen Unfall wie in Tschernobyl die Haftung zu übernehmen, die Schäden muss dann der Steuerzahler übernehmen. Ich würde mich nicht wundern, wenn der Profit mit den alten AKWs ganz schnell dahin wäre, wenn die Betreiber eine Haftpflichtversicherung vorweisen müssten.

    Und ob neue AKWs überhaupt noch wirtschaftlich sind, wenn in Zukunft Wind- und Solarstrom unter 5 ct die kWh kommen, ist wirklich fraglich. Außerdem hat unser Nachbarland Frankreich reichlich Atomkraft, was im länderübergreifendem Strommix schon ein wesentlicher Faktor ist. Ich glaube, das damit das gemeinsame Potenzial der Atomkraft in Mitteleuropa schon fast ausgeschöpft ist.

    Wenn insbesondere die Fahrzeugakkus noch mal leichter und billiger werden, und dann überwiegend Elektroautos unterwegs sein werden, haben wir hier zusätzlich ein erhebliches Potenzial, nur mit diesen Akkus schon so viel Netzunregelmäßigkeit aufzufangen, dass die französischen AKWs als zusätzliches Backup für ganz Mitteleuropa reichen.

  6. Es war einmal: Hoover Dam Spillway Overflow 1983

    “I’ve been watching information the past few years of how Lake Mead’s water storage is slowly dropping to critically low levels. This is interesting to me because I visited the Hoover Dam in June of 1983 when the lake was full enough to send water over the spillways (the first and only time this has happened, other than for testing after construction). I dug out my old movies and slides of the historic event and posted them here.”

    https://www.youtube.com/watch?v=t-Jav4afsZ0

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