V steht für Vermiculit – Mineralogisches Alphabet

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Das Mineral, welches ich heute hier vorstellen möchte, kommt in unserem Alltag immer wieder vor. Vor allem Katzenbesitzer haben es oft im Haus. Katzenstreu enthält oft Vermiculit. Aber auch in anderen Bereichen ist dieses Tonmineral zu finden.

Vermiculit
Vermiculit kann von grünlichgrau über bräunlich bis farblose blättrige, schuppige oder massige und weiche (Mohs-Härte 1,5 bis 2) Aggegate bilden. Hier sind es glimmerartige, tafelige Kristalle von grünlichbraunem Vermiculit. Sichtfeld 1,5 cm, Fundort: Paakkila, Tuusniemi, Ost-Finnland. Leon Hupperichs, Vermiculite-362652, CC BY-SA 3.0

Vermiculit gehört zu den Tonmineralen. Die stellen so etwas wie die bucklige Verwandtschaft der Glimmer dar. Gemeinsam ist ihnen die Zugehörigkeit zu den Schichtsilikaten. Tonminerale sind aber oft erheblich feinkörniger als Glimmer (auch wenn dies kein echtes Unterscheidungskriterium ist) und sie entstehen durch Verwitterung. Ihre Ionenaustauschfähigkeit macht sie zu wichtigen Bestandteilen fruchtbarer Böden.

Namensgebung und strukturelles

Vermiculit wurde 1842 erstmals von Thomas H. Webb nach einem Fund im Worcester County im US Bundesstaat Massachusetts beschrieben. Der Name leitet sich vom lateinischen her, wobei mir nicht ganz klar ist, ob von „vermiculus“, dem Würmchen oder „vermiculor“ dem Wurmbrüter.

Namensgebend ist eine Eigenschaft des Vermiculits. Wenn man ihn auf Temperaturen von über 200°C erhitzt, bläht sich das Mineral wie ein Wurm entlang der kristallographischen C-Achse auf. Die Ursache ist verdampfendes Kristallwasser, welches die einzelnen Schichten auseinandertreibt.

Vermiculit kristallisiert im monoklinen Kristallsystem und gehört zu dem Phyllosilikaten (Schichtsilikaten). Als 2:1-Schichtsilikat wird es aus zwei Lagen tetraedrisch koordinierten Kationen und einer dazwischen befindlichen Lage oktaedrisch koordinierten Kationen aufgebaut.

Es werden dioktaedrische und trioktaedrische Vermiculite unterschieden, wobei dioktaedrische Vermiculite bislang nur in der Tonfraktion von Böden nachgewiesen sind. In trioktaedrischen Vermiculiten enthält die Oktaederschicht hauptsächlich Magnesiumionen. In trioktaedrischen Mineralen sind die zweiwertigen Metallionen stellenweise durch einwertige ersetzt, bei den dioktaedrischen die zweiwertigen durch einwertige. Dadurch bekommen die Oktaederschichten eine negative Ladung. Diese wird im Vermiculit nicht vollständig durch die Ladung der Tetrraederschichten ausgeglichen. Die negative Überschußladung wird durch hydratisierte Kationen in der Zwischenschicht ausgeglichen.

Dadurch können beträchtliche Mengen Wasser in dem Mineral aufgenommen werden. Dabei kann sich der Ebenenabstand deutlich vergrößern, das Mineral ist quellfähig. Bei höheren Temperaturen (oder auch abnehmenden Wasserdampfpartialdruck) wird dieses Wasser wieder abgegeben. Dabei erfolgt die Abgabe nicht kontinuierlich, sondern stufenweise mit recht scharfen Übergängen, während sich die Ebenenabstände wieder verringern.

Bildung und Verwendung

Vermiculit wird hauptsächlich durch hydrothermale Umwandlung von Glimmern wie Phlogopit, Biotit aber auch Chlorit oder Pyroxenen gebildet.

Vermiculit wird häufig in Katzenstreu eingesetzt. Hier ebenso wie bei der Verpackung flüssigen Gefahrguts kommt seine ausgeprägte Saugfähigkeit nach dem Expandieren zum Tragen.

Er kann auch als Bodenverbesserer dienen. In sandigen Böden kann er die Wasserspeicherfähigkeit verbessern, und seine guten Eigenschaften als Ionenaustauscher verbessern die Nährstoffversorgung von Pflanzen. Im Gemüseanbau wird Vermiculit auch zur Regulierung der Feuchtigkeit eingesetzt.

Aufgrund seiner wärmeisolierenden Fähigkeiten und seiner Unbrennbarkeit findet sich Vermiculit auch in vielen Brandschutzbereichen oder Dämmungen wieder. Hier kommt noch hinzu, dass Vermiculit, anders als zum Beispiel Asbest, nicht krebserregend ist.

Vermiculit und Asbest

Stichwort Asbest. Vermiculit ist zwar im Gegensatz zu Asbest nicht krebserregend, und reiner Vermiculit auch in der Regel frei von Asbest. Allerdings gab es im Zeitraum bis ca. 1990 vor allem in den USA einige Fälle, in denen Vermiculit mit Asbest verunreinigt war. Die betraf vor allem Vermiculit, der in der in dem Vorkommen in Libby, Montana, gewonnen wurde. Hier befanden sich deutliche Gehalte an Tremolit im Vermiculit. Die Mine bei Libby förderte zeitweise rund 80% der Weltproduktion und wurde 1990 geschlossen. Der Asbestgehalt in dem Vorkommen sorgte nicht nur dafür, dass sich heute in vielen Vermiculit-gedämmten Häusern vor allem in den USA möglicherweise kontaminiertes Material befindet, er führte auch dazu, dass die Menschen in der Region um die Mine hochgradig Asbest ausgesetzt wurden. Der Fall hat auch die Gerichte beschäftigt.

Heute werden Vermiculitvorkommen regelmäßig auf etwaigen Asbestgehalt geprüft, um diese Fälle auszuschließen.

 

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Gunnar Ries studierte in Hamburg Mineralogie und promovierte dort am Geologisch-Paläontologischen Institut und Museum über das Verwitterungsverhalten ostafrikanischer Karbonatite. Er arbeitet bei der CRB Analyse Service GmbH in Hardegsen. Hier geäußerte Meinungen sind meine eigenen

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