Reden wir über Asbestanalytik – Teil 2 der DCONex 2025 Nachlese

Den ersten Teil meiner Nachlese zur DCONex 2025 hatte ich ja bereits vor einigen Tagen publiziert. Der vorliegende Beitrag befasst sich mit dem zweiten Tag des Kongresses. Der Fokus liegt hierbei auf der Asbestanalytik und der Frage, welche Implikationen die neue Asbestrichtlinie der Europäischen Union für die Beteiligten haben wird. Einige Aspekte dieses Themas wurden bereits in der vorherigen Ausgabe behandelt, jedoch soll dieses Mal ein Schwerpunkt auf eben jenem gelegt werden. Neben diesem Thema wurden jedoch auch weitere Themen behandelt. Darüber hinaus wurden die Neufassung der VDI 3492 sowie das DGUV Messprogramm über Asbest in Putzen und Spachtelmassen erörtert, welche interessante Ergebnisse brachten.
Dünne Fasern – Grenzen und Möglichkeiten mit REM und TEM im Vergleich
Die Vertreter des Instituts für Arbeitsschutz (IFA) der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung, Markus Mattenklott und Bianca Gasse, begannen mit einer umfassenden Analyse. Obwohl die Aufnahme der sogenannten dünnen Fasern nur eine marginale Änderung zu sein scheint, hat sie zumindest auf die Asbestanalytik eine enorme Auswirkung. In der bisherigen Fassung der Richtlinie 2009/148/EG wurden lediglich Fasern mit einer Länge von 5 µm, einer Breite von 3 µm sowie einem Längen-zu-Breiten-Verhältnis von 3:1 berücksichtigt.
Die Asbestrichtlinie der EU
In der aktuellen Fassung (Richtlinie (EU) 2023/2668) findet sich noch der Zusatz: Unbeschadet des Unterabsatzes 1 sind für die Zwecke von Artikel 8 Absatz 2 Buchstabe a ab dem 21. Dezember 2029 auch Fasern mit einer Breite von weniger als 0,2 µm zu berücksichtigen.
Bislang wurden Fasern mit einem geringeren Durchmesser als 0,2 µm (oder 200 nm) zwar im Urprotokoll vermerkt, sie gingen jedoch nicht in das Zählergebnis ein. Dieses Vorgehen soll nun mit einer relativ kurzen Übergangsfrist modifiziert werden. Diese Modifikation hat signifikante Konsequenzen.
Es sei darauf hingewiesen, dass dies nicht die einzige Änderung ist. So galt bislang, dass der Arbeitgeber die Sicherstellung der Einhaltung der Konzentration von 0,1 Asbestfasern pro Kubikzentimeter (10.000 Asbestfasern pro Kubikmeter) in der Atemluft seiner Arbeitnehmer zu gewährleisten hatte. Die Berechnung dieses Wertes erfolgt als gewichteter Mittelwert über einen Referenzzeitraum von acht Stunden.
In der Neufassung wird der Grenzwert auf 0,01 Fasern pro cm³ (1000 Fasern / m³) gesenkt. Ab dem 21. Dezember 2029 bestehen zwei Möglichkeiten: Der Grenzwert bleibt bei 0,01 Fasern cm³ und die dünnen Fasern werden berücksichtigt. Alternativ können sie jedoch auch weiterhin nicht berücksichtigt werden. In diesem Fall sinkt der Grenzwert auf 0,002 Fasern je cm³.
Was sind dünne Fasern genau?
Zur Veranschaulichung sei an dieser Stelle der Chrysotil genannt. Diese Asbestart wurde historisch vorrangig verwendet und ist mutmaßlich das Hauptziel der neuen Richtlinie. Chrysotil wird aus einzelnen Elementarfibrillen aufgebaut, die jeweils einen Durchmesser zwischen 20 und 80 Nanometern aufweisen. Da bislang keine sinnvolle Untergrenze für die Faserdefinition angegeben ist, könnte die Messung selbst einzelner Fibrillen gefordert werden. Obwohl dies nicht zwangsläufig zielführend ist, könnte es dennoch relevant sein. Die Entwicklung verbindlicher Verfahren setzt zwingend einen Mindestdurchmesser voraus.
Darüber hinaus ergeben sich weitere Fragen. Es bedarf einer Klärung, wer für die Definition des Mindestdurchmessers der Fasern zuständig wäre. Zudem ist unklar, wann dieser Mindestdurchmesser definiert werden würde. Ein zu langes Zögern bei der Festlegung dieses Mindestdurchmessers sollte vermieden werden, wobei jedoch zu berücksichtigen ist, dass auch eine Zeitspanne von vier Jahren eine durchaus anspruchsvolle Zielvorgabe darstellen würde.
Die Frage, wie Deutschland sich in dieser Angelegenheit entscheiden wird, bleibt vorerst ungeklärt. Es stellt sich zudem die Frage, ob sich die Länder der EU jedes für sich oder lieber alle zusammen für eine der beiden oben genannten Möglichkeiten entscheiden sollten. Ein weiterer Aspekt, der berücksichtigt werden sollte, ist die Tatsache, dass im Falle der Festlegung auf die dünnen Fasern sämtliche bisherigen Messergebnisse ihre Gültigkeit verlieren würden. Die bisherigen Messdaten wären in diesem Fall obsolet.
Wir wirken Fasern in der Lunge?
Damit eine Faser in den Alveolen der Lunge eine Wirkung entfalten kann, ist neben einer hohen Biopersistenz auch eine gewisse Rigidität erforderlich. Dieser Unterschied lässt sich am ehesten mit dem Vergleich zwischen rohen und gekochten Spaghetti veranschaulichen.
Der dafür notwendige Mindestdurchmesser variiert dabei je nach Faserart. Für Chrysotil kann man davon ausgehen, dass diese Asbestart erst ab einem Faserdurchmesser von ca. 60 nm die notwendige Rigidität erreicht. In der Folge wäre es zielführend, den Mindestdurchmesser für die zu zählenden Fasern bei 50 nm anzusetzen.
Welche Auswirkungen hat die Berücksichtigung der dünnen Fasern?
Die Berücksichtigung dünner Fasern in der Zukunft bedingt eine grundlegende Überarbeitung einer signifikanten Anzahl von Regelwerken. Hierzu zählen insbesondere die Exposition an Arbeitsplätzen gemäß DGUV Information 213-546 sowie die VDI 3492 (Messen von Innenraumluftverunreinigungen – Messen von Immissionen – Messen anorganischer faserförmiger Partikel – rasterelektronenmikroskopisches Verfahren) für Freimessungen nach Reinigung oder Sanierung.
Ebenso betroffen wären die herkömmlichen Materialproben, zumindest in Bezug auf die Bestimmung des Massengehalts. Darüber hinaus ist zu bedenken, dass bei nationalen Alleingängen die Vergleichbarkeit internationaler Daten nicht mehr gewährleistet ist. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass die Absenkung der Nachweisgrenze auf 0,01 Faser/cm³ (und noch mehr auf 0,002 Fasern/cm³) zu einer signifikanten Steigerung des Aufwands bei der Auswertung führt. Dieser Anstieg betrifft sowohl den erforderlichen Zeitaufwand für die Analyse als auch die damit verbundenen Kosten.
Und gerade Filter nach Sanierungen haben sich bisher immer als extrem Zeit sensitiv gezeigt.
Empfehlung der Arbeitskreise
Die in diesem Kontext relevanten Arbeitskreise TRGS 517 und TRGS 519 haben eine Empfehlung formuliert. Es wird die Beibehaltung der bisherigen Messgröße empfohlen, wobei eine Berücksichtigung der dünnen Fasern nicht erfolgt. Obwohl sich dadurch der Grenzwert ab 2029 auf 2000 Fasern je m³ (0,002 Faser cm³) absenken würde, sollte berücksichtigt werden, dass in der TRGS 910 bereits ab 2018 eine Absenkung der Akzeptanzkonzentration auf 1000 Fasern je m³ gefordert wird. Diese Vorgabe sollte bereits umgesetzt worden sein.
Ein bedeutender Vorzug dieser Maßnahme wäre jedoch die Tatsache, dass die bereits erfassten Daten zur Asbestexposition auch zukünftig weiterverwendet werden könnten.
Die Sache mit den Nachweisgrenzen
Die Nachweisgrenzen der durchgeführten Luftmessungen sind in erster Linie abhängig vom gezogenen Luftvolumen. Bei einem konstanten Luftvolumen pro Zeit ergibt sich eine Abhängigkeit von der Dauer der Messung. So würde beispielsweise die Auswertung eines zweistündigen Probenzeitraums eine Dauer von knapp zweieinhalb Stunden in Anspruch nehmen, um eine bestimmte Nachweisgrenze zu erreichen. Eine Verkürzung der Probenahmedauer resultiert demnach in einer erhöhten Auswertungszeit. Bei einer Probenahmedauer von einer Stunde ergibt sich eine Auswertung von fünf Stunden. Eine weitere Verkürzung der Probenahmezeit auf eine halbe Stunde würde zu einer Verlängerung der Auswertung auf nahezu zehn Stunden führen.
Ein ähnliches Bild zeigt sich bei der Verringerung der Durchmesser der zu zählenden Fasern. Bei 0,2 µm oder 200 nm werden knapp 2,5 Stunden benötigt. Bei 100 nm wäre die Auswertung bereits mehr als fünf Stunden in Anspruch genommen worden. Eine Reduzierung auf 50 nm wäre mit einer Auswertung über 30 Stunden zu rechnen. Bei einem noch geringeren Wert von 25 nm würde die Auswertung eines einzelnen Filters ganze 128 Stunden in Anspruch nehmen. Es wird deutlich, dass dies weder praktisch im Sinne einer zeitnahen Auswertung ist, noch von einem einzelnen Menschen machbar ist.
Welche Einflussfaktoren gibt es am REM?
Die Sichtbarkeit der einzelnen Fasern wird von verschiedenen Faktoren beeinflusst. Als primäre Größe lässt sich die Auflösung, also beispielsweise die Pixelkantenlänge, identifizieren. Des Weiteren ist die gewählte Vergrößerung zu nennen. Auch der Detektor spielt eine signifikante Rolle. Im Normalfall ist der Sekundärelektronendetektor dem Rückstreuelektronendetektor vorzuziehen, da er ein kontrastreicheres Bild erzeugt. Des Weiteren ist die Beschleunigungsspannung und der Arbeitsabstand von Einfluss, wenngleich diese beiden Größen nicht immer frei wählbar sind. Die EDX benötigt in der Regel einen sehr genau definierten Arbeitsabstand, um gute Ergebnisse zu liefern.
Die gewählte Beschleunigungsspannung übt ebenfalls einen signifikanten Einfluss aus. Die Beschleunigungsspannung beeinflusst die Eindringtiefe des Strahls in das Material sowie die Größe des Bereichs, in dem die charakteristische Wechselwirkung entsteht, die sogenannte Wechselwirkungsbirne. Insbesondere bei sehr dünnen Fasern besteht die Gefahr, dass eine große Menge an Nebenmaterial angeregt wird, was dazu führt, dass das entstehende Elementspektrum nur wenig von der interessierenden Faser zeigt. Dies wiederum erschwert deren Identifizierung.
Infolgedessen erlangt die Belegung des Filters mit anderen Partikeln eine signifikante Relevanz. Eine starke Belegung führt zu einer erschwerten Identifizierung der Faser.
Eine Bedampfung der Probe mit einem leitenden Material (Gold, Kohlenstoff etc.) kann ebenfalls zielführend sein, um die Sichtbarkeit der Fasern zu erhöhen.Darüber hinaus ist die Erfahrung bei der Auswertung von entscheidender Bedeutung.
Transmissionselektronenmikroskopie (TEM)
Das Transmissionselektronenmikroskop, welches beispielsweise in Frankreich im Rahmen der Asbestanalytik Anwendung findet, weist gegenüber dem REM den entscheidenden Vorteil auf, dass sich auch dünne Fasern exzellent erkennen und vor allem auch identifizieren lassen. Darüber hinaus existieren für das TEM einige etablierte direkte Probenahmeverfahren, bei denen die Probe unmittelbar auf Grids abgeschieden wird, die anschließend im Gerät Verwendung finden. In der Regel finden jedoch indirekte Verfahren Anwendung. Diese Verfahren sind zwar mit dem REM vergleichbar, weisen jedoch einen entscheidenden Nachteil auf. Vor der Analytik muss die Probe umgelagert werden. Dies kann zu einer Veränderung der Faserzahl führen.
Neufassung der VDI 3492 – Probenahmestrategie
Gegenwärtig befindet sich die VDI 3492 in einem Prozess der Revision. Die Notwendigkeit einer solchen Revision ergibt sich aus dem Alter der bisherigen Fassung, die aus dem Jahr 20213 stammt.Die neuen Elemente der Probenahmestrategie wurden uns von Birgitta Höwing von der Wessling Consulting Engineering GmbH & Co. KG erläutert. KG erläutert.
Die vorliegende Normfassung wurde in der Vergangenheit wiederholt kritisiert. So bestand beispielsweise bei der Festlegung der Anzahl der Messpunkte sowie bei der Definition der Raumzellen ein gewisser Interpretationsspielraum. Die Vorgaben zur Probenahme erwiesen sich als nicht sehr praxisgerecht.
Zudem hatte sich die Technik, beispielsweise im Hinblick auf EDX-Detektoren sowie die Anwendung digitaler und KI-basierter Analytik und Auswertung, signifikant weiterentwickelt.
Anzahl der Messpunkte
Dies erforderte eine substanzielle Überarbeitung der Richtlinie.Die VDI 3492 bot bisher einen hohen Interpretationsspielraum hinsichtlich der Anzahl potenzieller Messpunkte, die nicht nur von der Raumgröße, sondern auch von der Messaufgabe abhängig waren. So waren beispielsweise bei der Sanierungskontrolle deutlich mehr Messungen vorgesehen als bei der Gefährdungsbeurteilung. In der überarbeiteten Fassung soll eine Angleichung erfolgen.
Zudem wird der Begriff der “Raumzellen” gestrichen, da dessen Definition bislang unklar war und sich Text und Tabelle nicht vollständig deckten. Stattdessen sollen nun die Quadratmeterangaben der Bodenfläche des Raums herangezogen werden, was aus meiner Perspektive die Handhabung vereinfacht. Zudem erfolgt eine Einteilung der Räume in Größenbereiche, denen jeweils eine Anzahl Messpunkte zugeordnet wird. Diese Vorgehensweise erleichtert die Planung der Probenahme.
Allerdings sind jetzt auch deutlich mehr Messungen durchzuführen. Das erhöht auf der einen Seite die Aussagesicherheit, allerdings wohl auf der anderen Seite auch die Kosten.
Probenahmezeit
Bislang bestand die Möglichkeit, insbesondere in Räumen mit geringem Raumvolumen, die Probenahmezeit zu verkürzen. Dies war dadurch bedingt, dass das gezogene Luftvolumen 10 % des Raumvolumens nicht überschreiten durfte. Da die Probenahmezeit nicht weniger als drei Stunden betragen durfte, waren Luftmessungen in Räumen mit einem Volumen von weniger als 13 m³ nicht möglich.
Die neue Fassung setzt eine Forderung der DIN ISO 16000-7 und DIN ISO 16000-1 um. Gemäß dieser dürfen die stündlich gezogenen Luftmengen 10 % des Raumvolumens nicht überschreiten. Infolgedessen sind Luftmessungen in Räumen mit einem Volumen von weniger als 4,8 m³ nicht durchführbar. In Räumen mit einem Volumen von über 4,8 m³ hingegen können vollständige achtstündige Messungen durchgeführt werden.
Eine Verkürzung der Probenahmezeit ist lediglich bei potenziellen Gefahren, wie beispielsweise einer starken Staubentwicklung, die eine Überladung der Filter zur Folge hätte, zulässig. Es ist also festzustellen, dass die Anzahl der Messungen mit verkürzter Zeit (und damit kleinerem Luftvolumen) deutlich reduziert wird, was zu einer Vereinheitlichung der Ergebnisse führt. Darüber hinaus trägt dies zu einer signifikanten Reduktion des Analyseaufwands bei, was aus der Perspektive eines Labormitarbeiters von großer Bedeutung ist. Dieser steigt bei verringertem Luftvolumen schnell stark an.
Volumenstrom und analytische Empfindlichkeit
Ein weiterer Aspekt, der in der überarbeiteten Fassung berücksichtigt wurde, ist die Diskrepanz zwischen dem Volumenstrom bei der Probenahme und der daraus resultierenden analytischen Empfindlichkeit. In der ursprünglichen Fassung der Richtlinie wurde ein normaler Volumenstrom von 7,6 L/min festgelegt, der nach den Berechnungen eine analytische Empfindlichkeit von 104 Fasern/m³ ergibt. Laut Norm wird jedoch eine analytische Empfindlichkeit von 100 Fasern/m³ gefordert.
In der revidierten Fassung wurde der Volumenstrom daher auf 8 l/min erhöht, was zudem an ältere Fassungen der VDI 3492 anknüpft.
Weitere Änderungen
Selbstverständlich sind dies lediglich die signifikantesten Änderungen, die in der Neufassung der VDI 3492 zu finden sind. Auch im Bereich der Analytik wurde eine Vielzahl an Anpassungen vorgenommen, um die neuen Geräte zu integrieren und die zunehmende Entwicklung von KI-basierten Systemen zu berücksichtigen. Von besonderem Interesse ist zudem die Anpassung der Zählregeln. Ein interner Vergleich hat in diesem Bereich bisher eine gewisse Inkonsistenz in der Auslegung festgestellt.
DGUV Messprogramm
Frau Andrea Bonner von der Berufsgenossenschaft Bau brachte die Teilnehmer auf den neuesten Stand des Messprogramms „Asbest in Putzen und Spachtelmassen“. In Bezug auf die Auswahl von Schutzmaßnahmen bei Tätigkeiten mit Asbest wird bisher hauptsächlich auf die Bindungsform (fest oder schwach gebunden) und die Art der Tätigkeit (Sanierung, Abbruch, Instandhaltung) abgestellt. Diese Faktoren spiegeln jedoch nur begrenzt die tatsächlichen Expositionen bei verschiedenen Tätigkeiten wider.
Das risikobasierte bzw. expositionsbezogene Maßnahmenkonzept zielt demgegenüber darauf ab, sich verstärkt auf die tatsächlich vorliegenden Expositionswerte zu beziehen. Allerdings mangelt es in vielen Fällen an verlässlichen Messwerten, die für genaue Aussagen erforderlich sind. Diverse Publikationen weisen jedoch darauf hin, dass bereits einfache Tätigkeiten zu signifikanten Faserfreisetzungen führen können.
So wurde in Schweizer Untersuchungen festgestellt, dass bereits das Anbohren einer Fliese auf asbesthaltigem Fliesenkleber bis zu 36 000 Fasern pro Kubikmeter freisetzen kann. Bei der Entfernung einer solchen Fliese wurde ein Wert von ca. 77.000 Fasern pro Kubikmeter ermittelt.
In Anbetracht dieser Ergebnisse sollte das DGUV Messprogramm darauf abzielen, die Exposition gegenüber Asbestfasern und Stäuben, darunter A- und E-Stäube sowie Quarz, für typische handwerkliche Tätigkeiten im Bestand, aber auch bei unterschiedlichem Niveau der Schutzmaßnahmen, zu ermitteln.
Die Ergebnisse sind meiner Meinung nach bemerkenswert. So liegt der Mittelwert beispielsweise beim Dosensenken zwischen 2500 und 2400 Fasern/³. Beim Mauernutfräsen ergaben sich, gemessen an der Belastung der Personen, Werte zwischen 2400 und 30 000 Fasern pro Kubikmeter.
Diese Ergebnisse unterstreichen die Notwendigkeit, auch bei einer scheinbar geringen Asbestbelastung des Materials bei einfachen Arbeiten eine Überschreitung der Akzeptanzkonzentration zu vermeiden.
Chlorparaffine
Asbest ist zweifelsohne der prominenteste Gebäudeschadstoff, der im Rahmen der DCONex behandelt wird, jedoch ist er bei Weitem nicht der einzige. Ein anschauliches Beispiel wurde von Patrick Jabs von der Gesellschaft für Bioanalytik aus Pinneberg präsentiert. Dieser vergleicht verschiedene Methoden der Chlorparaffin-Analytik.
Chlorparaffine werden definiert als gesättigte und polychlorierte Kohlenwasserstoffe mit 10 bis 30 Kohlenstoffatomen. Die Charakterisierung erfolgt anhand der Länge der Kohlenstoffkette und des Chlorierungsgrads sowie der räumlichen Anordnung der Kohlenstoffatome bei gleicher Kettenlänge. Dies umfasst die Konfigurationsisomere und die räumliche Stellung der Chloratome, die Konformationsisomere.
Diese Vielfalt führt dazu, dass einige zehntausend Isomere möglich sind, die sich nicht chromatisch trennen lassen. Die Analyse dieser Stoffe erweist sich somit als eine anspruchsvolle Aufgabe. In der Praxis wenden Labore häufig Hausmethoden an, die auf Normen und wissenschaftlichen Publikationen basieren. Die Anwendung unterschiedlicher Methoden führt in der Regel zu vergleichbaren Ergebnissen, was die Frage nach einer überlegenen Methode grundsätzlich erübrigt.
Fasergrößenverteilung in verschiedenen Materialien und dünne Fasern
Sebastian Döring von der Competenza GmbH in Hamburg thematisierte erneut die dünnen Fasern. Er begann mit der Frage, warum wir die bisherige Grenze der zählbaren Fasern bei 0,2 µm (oder 200 nm) haben. Diese Grenze ist historisch bedingt und resultiert aus der Anwendung von Lichtmikroskopen, insbesondere der Phasenkontrastmikroskopie. Diese werden auch heute noch teilweise verwendet. Bei dieser Technik lag die Grenze der Auflösung bei rund 0,2 µm. Fasern mit einem kleineren Durchmesser können mit dieser Methode folglich nicht erkannt werden. Bereits bei Fasern mit einem Durchmesser von 1 µm oder kleiner treten Schwierigkeiten auf, die Identifizierung ist in diesen Fällen nicht mehr möglich.
Diese Grenze wurde beibehalten, auch als zunehmend auf die immer günstiger werdenden Rasterelektronenmikroskope umgestiegen wurde. Zwar sind diese in der Lage, auch dünnere Fasern zu erkennen und zu identifizieren, jedoch bestand das Ziel darin, die internationale Vergleichbarkeit der Ergebnisse zu bewahren. In diesem Zusammenhang erfüllten die Faserzählregeln der WHO die erforderlichen Kriterien.
Toxikologische Relevanz dünner Fasern
Die Frage, die auch ich mir immer wieder gestellt habe. Welche toxikologische Relevanz haben die dünnen Fasern mit ihrem Durchmesser von weniger als 200 nm eigentlich?
Es herrscht die allgemeine Auffassung, dass Fasern umso krebserregender wirken, je länger und dünner sie sind. Es existieren unterschiedliche Definitionen von Fasern. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) definiert eine Faser als mindestens 5 µm lang und maximal 3 µm dick, bei einem Länge zu Durchmesser Verhältnis von 3 : 1. Die American Society for Testing and Materials (ASTM) hingegen hat eine leicht abweichende Auffassung. Obwohl die Abmessungen identisch sind, d. h. eine Länge von mindestens 5 µm und eine Dicke von höchstens 3 µm, ist das Länge-zu-Durchmesser-Verhältnis hier 10 : 1. Zudem weisen Studien darauf hin, dass auch dünnere und kürzere Fasern krebserregend sein können. Diesem Sachverhalt muss mit erhöhter Aufmerksamkeit und entsprechendem Forschungsbedarf begegnet werden.
Wie werden Asbestminerale im REM bestimmt?
Für die Analytik von Asbest sind im REM zwei Kriterien von Relevanz. Dies sind zum einen die Morphologie der gefundenen Faser, wie sie sich im Elektronenbild zeigt, und zum anderen die chemische Zusammensetzung, die durch das EDX bestimmt wird. Hinsichtlich der Bildgebung ist festzustellen, dass im REM gegenwärtig Fasern mit einem Durchmesser von 50 nm detektiert werden können, gegebenenfalls sogar noch dünnere.
Die EDX-Analyse hingegen erfordert zusätzliche Methoden und ist in ihrer Aussagekraft eingeschränkt. Hier liegt der minimale Durchmesser für eine zuverlässige Identifikation in einem Bereich zwischen 100 und 50 nm, abhängig von den Einstellungen des verwendeten Mikroskops. Diese Werte werden jedoch in der Regel nur unter optimalen Bedingungen erreicht. Dies ist auf die Art der Erzeugung charakteristischer Röntgenstrahlung in der Probe zurückzuführen. Der Elektronenstrahl dringt in das Probenmaterial ein und breitet sich dort birnenförmig aus. Innerhalb dieser nicht scharf begrenzten Anregungsbirne entsteht die charakteristische Röntgenstrahlung. Das Volumen, das von der Anregung betroffen ist, kann, je nach den Anregungsbedingungen, einige Kubiknanometer bis einige Kubikmikrometer betragen und somit das Volumen von einzelnen Asbestfibrillen übertreffen.
In der Folge können auch benachbarte Partikel erfasst und in die Analyse einbezogen werden. Dies kann zu einer signifikanten Verzerrung des Ergebnisses führen. Die Interpretation der Ergebnisse ist in hohem Maße von der Expertise des analysierenden Wissenschaftlers abhängig, insbesondere in Bezug auf die korrekte Zuordnung von schwachen Signalen dünner Fasern.
Erhöhter Aufwand
Dies resultiert in einem signifikant erhöhten Aufwand im Bereich der Analytik, da alle vorgestellten Aspekte einen beträchtlichen Zeitaufwand erfordern. Einerseits wird eine signifikante Steigerung der Vergrößerung erforderlich sein. Gemäß der aktuellen VDI 3492 wird eine Vergrößerung zwischen 2000 und 2500 empfohlen. Um die dünnen Fasern adäquat erkennen zu können, wird die Vergrößerung in diesem Fall auf der höheren Seite liegen, wenn nicht sogar deutlich über 2500 fach. Dies erfordert eine wesentlich größere Anzahl von Bildfeldern, die bei gleicher Filterfläche abgesucht werden müssen.
Für die Analytik sind Anregungsbedingungen erforderlich, die möglichst wenig Partikel aus der Umgebung mit erfassen. Dies erfordert eine Reduzierung der Beschleunigungsspannung und eine Verkleinerung des Spot-Feldes. Dies resultiert jedoch in einer erheblich längeren Zeit, bis man ein aussagekräftiges Spektrum erhält.
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die Faserdicke als Abschneidekriterium zu bevorzugen ist. Die Messergebnisse sind in diesem Zusammenhang in hohem Maße von der Erfahrung des Analytikers sowie dem Gerätetyp abhängig und können erheblich voneinander abweichen.
Dies resultiert in einem signifikant erhöhten Aufwand im Bereich der Analytik, da alle vorgestellten Aspekte einen beträchtlichen Zeitaufwand erfordern. Einerseits wird eine signifikante Steigerung der Vergrößerung erforderlich sein. Gemäß der aktuellen VDI 3492 wird eine Vergrößerung zwischen 2000 und 2500 empfohlen. Um die dünnen Fasern adäquat erkennen zu können, wird die Vergrößerung in diesem Fall auf der höheren Seite liegen, wenn nicht sogar deutlich über 2500 fach. Dies erfordert eine wesentlich größere Anzahl von Bildfeldern, die bei gleicher Filterfläche abgesucht werden müssen.
Für die Analytik sind Anregungsbedingungen erforderlich, die möglichst wenig Partikel aus der Umgebung mit erfassen. Dies erfordert eine Reduzierung der Beschleunigungsspannung und eine Verkleinerung des Spot-Feldes. Dies resultiert jedoch in einer erheblich längeren Zeit, bis man ein aussagekräftiges Spektrum erhält.
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die Faserdicke als Abschneidekriterium zu bevorzugen ist. Die Messergebnisse sind in diesem Zusammenhang in hohem Maße von der Erfahrung des Analytikers sowie dem Gerätetyp abhängig und können erheblich voneinander abweichen.
PFAS auch in Innenräumen?
Die per- und polyfluorierten Alkylsubstanzen werden im Folgenden kurz als PFAS bezeichnet. Es handelt sich hierbei um eine bekannte Schadstoffgruppe, die sogar Einzug in die überregionalen Nachrichten gefunden hat. Sie treten in verschiedenen Böden sowie im Grund- und Trinkwasser auf. Carmen Koroczek und Jörg Thumulla von der anbus analytik GmbH / Arbeitsgemeinschaft ökologischer Forschungsinstitute haben zudem dargelegt, dass diese Substanzen auch in Innenräumen eine Rolle spielen. Die als PFAS geführten Substanzen werden seit 1930 und verstärkt ab 1950 produziert. Bislang sind über 10.000 verschiedene Vertreter dieser Stoffgruppe bekannt. Sie weisen in der Regel neben Wasser auch Öle und Fette sowie Schmutzpartikel ab. Ihr Einsatzgebiet ist vielfältig und umfasst die Papierindustrie, Teppiche, Leder, Feuerlöschmittel, Reinigungsmittel, Polituren sowie verschiedene Textilien und Teppiche.
Da es keine natürlichen Quellen gibt, sind alle Vorkommen “in freier Wildbahn” auf menschliche Aktivitäten zurückzuführen. Sie werden als persistente organische Schadstoffe (POP) bezeichnet, da sie eine hohe thermische und chemische Stabilität aufweisen und kaum durch biologische Prozesse beeinflusst werden. In der Konsequenz reichern sich diese Substanzen in der Nahrungskette an. Erste Verbote dieser Substanzen sind ab 2009 zu erwarten.
Die Wirkung dieser Substanzen ist in der Regel chronisch, wobei der Fokus vornehmlich auf der Immunmodulation und der Karzinogenität liegt. Bei Kindern, die PFAS ausgesetzt sind, induzieren Impfungen eine deutlich geringere Produktion von Antikörpern. Zudem wurde eine Schwächung der Immunreaktion gegenüber Erregern sowie eine Verringerung der Fertilität beobachtet.
Vorkommen in Gebäuden
PFAS finden in der Herstellung von Farben Anwendung. In diesem Kontext tragen sie zu einem gleichmäßigeren Fließen und einer optisch ansprechenden Oberfläche bei. Zudem fungieren sie als Schutzschicht gegen Verschmutzung und Graffiti. Auch in Bindemitteln sind sie enthalten. Darüber hinaus verringern Beschichtungen von Metalldächern mit Fluorpolimerbeschichtungen die Bildung von Kratzern und schützen vor Korrosion. Auch Bitumenbeschichtungen können PFAS enthalten.
Teppiche werden durch Fluorpolymere wasserabweisend und somit vor Verschmutzungen geschützt. Darüber hinaus können sie auch nachträglich als Bodenbehandlung auf Bodenbelägen aufgebracht werden. Die Versiegelung von Oberflächen, wie Fugen, Fliesen oder Beton, wird durch sie ermöglicht. Darüber hinaus werden sie in Dichtungsmassen und Klebstoffen eingesetzt.
PFAS im Hausstaub
bwohl PFAS in Böden und im Grund- und Trinkwasser bereits umfassend untersucht wurden, liegen bislang vergleichsweise wenige Erkenntnisse über ihr Vorkommen im Hausstaub vor. Hausstaub wird als Sammelbecken für verschiedene mittel- bis schwerflüchtige Stoffe angesehen und hat dadurch eine bedeutende Funktion als Indikator. Es besteht die Möglichkeit, dass der Hausstaub auch als Pfad für diese Stoffe zur Aufnahme in den Menschen fungiert.
Im Rahmen der hier behandelten Studie wurden in allen 40 untersuchten Haushaltsproben PFAS nachgewiesen. In einigen Fällen liegt die Hintergrundbelastung im Hausstaub so hoch, dass sie als deutliche Kontamination im Boden angesehen werden würde.
Fazit
Die DCONex war auch in diesem Jahr wieder eine sehr interessante Veranstaltung. Es macht immer wieder viel Spaß, alte und auch neue Gesichter zu treffen, sich auszutauschen und Kontakte zu erneuern. Auch die Themenauswahl war, wie in jedem Jahr, hochinteressant. Oft viel die Auswahl zwischen den einzelnen Sessions schwer. Ich hatte mich auch in diesem Jahr wieder verstärkt auf die Asbestproblematik konzentriert, weil ja auch dort mein beruflicher Schwerpunkt liegt. Ich freue mich schon darauf, auch im nächsten Jahr wieder dabei zu sein. Meine Bilder der DCONex sind unter https://flic.kr/s/aHBqjBZPe9 zu finden
Gunnar Ries
“dass bereits das Anbohren einer Fliese auf asbesthaltigem Fliesenkleber bis zu 36 000 Fasern pro Kubikmeter freisetzen kann. Bei der Entfernung einer solchen Fliese wurde ein Wert von ca. 77.000 Fasern pro Kubikmeter ermittelt.”
Welche Sicherheitsmaßnahmen schlagen sie vor, wenn man also eine oder mehrere beschädigte Bodenfliesen austauschen will ?
Atemmaske wie bei Corona ? Besprühen mit Wasser, damit kein Staub entsteht ?
Und woher weiß man, ob der neue Fließenklaber asbestfrei ist ?
Sicherheitsmaßnahmen:
Gemäß TRGS 519, wäre der Austausch ein Bodenfliese mit asbesthaltigem Fliesenkleber eine Instandhaltungsarbeit, die nur von Fachfirmen mit einer Zulassung für die entsprechende Tätitgkeit durchgeführt werden dürfen. “Private” Arbeiten an asbesthaltigen Materialien sind gemäß Gefahrstoffverordnung untersagt und unterliegen dem Strafrecht.
Neuer Fliesenkleber:
Gemäß Gefahrstoffverordnung dürfen in Verkehr gebrachte Produkte in Deutschland maximal 0,1 Massen-% Asbest enthalten. In der Realität lassen alle namhaften Hersteller auf dem deutschen Markt ihre Rohstoffe vor dem Herstellungsprozess auf Asbest prüfen. Bei der Bewertung wird hier häufig eine Schwelle von 0,01 Massen-% Asbest angesetzt, teilweise auch 0,001 Massen-%. Auf die Anwendung von Produkten unbekannter Marken würde ich persönlich verzichten.
Harald Schukow,
“Gemäß TRGS 519….”
Man weiß doch nicht vorher, ob in einer Küche z.B. ein asbesthaltiger Kleber verarbeitet wurde.
Gibt es diese Verbote schon oder ist die Jahreszahl nicht korrekt?
Hallo Uwe, ja, dämlich formuliert von mir. Die gibt es natürlich seit 2009