Quarz – Geben und Nehmen im Sediment

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Sand gehört in unseren Breiten zu den recht häufig vorkommenden Gesteinen, und bei zunehmender Reife des Sediments (sprich: im Laufe der Verwitterung) nimmt der Anteil an Quarz immer mehr zu, denn Quarz ist unter den häufigen gesteinsbildenden Silikatmineralen wie beispielsweise Feldspat oder Glimmer das mit der größten Resistenz gegenüber phsyikalischer und chemischer Verwitterung. Wir erinnern uns, Verwitterung ist wie Kaffeekochen.

Während andere Silikate wie beispielsweise Glimmer oder Feldspäte in dem Sand langsam verwittern, geben sie Silikat an die Lösung zwischen den Sandkörnern ab. Für die Auflösung spielen unter anderem auch der umgebende Druck, die Temperatur und der pH-Wert der Verwitterungslösung eine entscheidende Rolle. Je alkalischer die Lösung ist, desto schneller gehen Silikate in Lösung. So steigt die Löslichkeit von Silikatmineralen ab dem pH-Wert von 8,5 exponentiell an. Während also die Glimmer und Feldspäte in unserem Sand hauptsächlich Silikat zur Verfügung stellen, sind unsere Quarze sowohl Geber als auch Materialempfänger. Die Reaktionen sind dabei aber zumindest in unseren Breiten extrem langsam. Erst bei entsprechend hoher Jahresmitteltemperatur (oberhalb von 18°C) und hoher Wasserzufuhr, wie sie für tropische Bedingungen typisch ist, lassen sich merkliche Veränderungen an Quarzen und Feldspäten feststellen. Unser Sand stellt ein offenes System dar, die großen Wassermengen stellen nicht nur das benötigte Lösungsmittel zur Verfügung, sie entziehen auch die bei der Verwitterung frei werdenden Alkali- und Erdalkali-Ionen durch abfließendes Grundwasser. Zurück in unserem Sediment bleiben weniger mobile Elemente wie Eisen, Aluminium und Silizium.

Quarzwachstum

Beginnendes Wachstum an einem Quarzkorn. Diese dreieckigen Vertiefungen erinnern an Ätzgruben und werden in der Literatur auch oft als solche beschrieben. Die Form spiegelt aber die trigonale Symmetrie des Quarz wieder. Eigenes Foto, CC-Lizenz.

Wenn nun, zum Beispiel in einer Trockenzeit, durch Verdunstung die Konzentration in unserer Porenlösung steigt, können amorphe Krusten mit den Elementen Silizium, Aluminium oder Eisen ausfallen. Bei einem Al/Si Verhältnis von 1:1 kann aus den amorphen Niederschlägen Kaolinit entstehen.

Amorphen Krusten sind leichter löslich als die Quarzkörnchen, es genügt ein Wasserfilm, der sowohl die amorphen Krusten als auch Quarzkörner miteinender verbindet.

Diese Diffusionsprozesse können sich nur ein einem ruhenden Sediment mit nahezu stehenden Lösungen und vor allem lang anhaltenden und stabilen Bedingungen abspielen. Die Gleichgewichtsreaktionen zwischen den relativ leicht löslichen amorphen Krusten als SiO2 Geber und den abgerollten Quarzkörnern als SiO2 Nehmern bei Laufen bei Jahresmitteltemperaturen von 8 – 10° C, wie sie für unsere Breiten üblich sind, nur sehr langsam ab. Erst oberhalb von 18° C, um Lösung und Neuwachstum an Quarzen in größerem Umfang zu ermöglichen. Manchmal kann auch die lokale Geologie eine Rolle spielen. Gelöste Sulfate können ebenso wie gelöstes Steinsalz zusammen mit entsprechenden Kristallkeimen (und da kommen wieder unsere abgerollten Quarzkörner ins Spiel) die Ausfällung von Kieselsäure deutlich beschleunigen. Aus diesem Grund kann man Quarzwachstum in oberflächennahen und salzfreien Sedimenten durchaus als möglichen Indikator für Paläoklima verwenden. Aber bei tieferen Sedimenten beispielsweise in der Nähe von Salzstöcken ist dies nicht mehr so einfach möglich.

Quarzwachstum 3

Beginnendes Wachstum an einem Quarzkorn. Noch sind nicht alle Netzebenen abgeschlossen. Eigenes Foto,  CC-Lizenz.

Trotzdem kann Quarzwachstum uns in diesem Fall etwas über die Geschichte des betreffenden Sediments erzählen. Denn die neugewachsenen Quarzkristalle sine gegenüber erneutem Transport sehr empfindlich und werden vor allem an den Kanten sehr leicht wieder abgeschliffen, bis sie eventuell kaum noch als Hinweis auf Neuwachstum zu erkennen sind.

Quarzwachstum 2

Neugebildetes Flächensegment mit beginnenden Kristallindividuen. Eigenes Foto,  CC-Lizenz.

Quarzwachstum

Bei steigender Übersättigung der Porenlösung werden neue Flächen angelegt und Löcher verheilt. Schließlich kommt, sofern genug Raum vorhanden ist,  es zur Entstehung von klar begrenzten Kristallflächen. Eigenes Foto,  CC-Lizenz.

Quarzwachstum

Ist die Konzentration an Kieselsäure in der Porenlösung sehr hoch, kommt es zur Bildung eines Kristall-Rasens mit vielen Kristall Individuen. Eigenes Foto,  CC-Lizenz.

 

Quarzwachstum

In diesem Fall sind die neugewachsenen Quarze durch erneuten Transport wieder weitgehend abgerollt und kaum noch erkennbar. Die Form des Korns erinnert entfernt an Kopfsteinflaster. Eigenes Foto,  CC-Lizenz.

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Gunnar Ries studierte in Hamburg Mineralogie und promovierte dort am Geologisch-Paläontologischen Institut und Museum über das Verwitterungsverhalten ostafrikanischer Karbonatite. Er arbeitet bei der CRB Analyse Service GmbH in Hardegsen. Hier geäußerte Meinungen sind meine eigenen

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