Planet X ist…. Merkur

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Ab und an geistert ja der "Planet X" durch die Medien. Angeblich soll die NASA ja Bescheid wissen und uns die Existenz dieses nach Meinung verschiedener Verschwörungstheoretiker verderben bringenden Himmelskörpers verschweigen. Nun, mit diesem Blödsinn hat sich Florian Freistetter ja bereits zur Genüge auseinandergesetzt. Aber wenn ich mich in unserem Sonnensystem so umsehe und dabei die Aufnahmen anschaue, welche die Sonde Messenger uns vom Merkur geschickt hat, dann würde Merkur wohl allem Anschein nach gerne die Rolle des Planeten X übernehmen. Warum sonst lässt er seine Oberfläche mit einem überdimensionalen "X" zieren?

 

Die "X"-förmigen Kraterketten auf Merkur. Die weißen Pfeile deuten auf die elliptischen Krater. Credit: NASA/Johns Hopkins University Applied Physics Laboratory/Carnegie Institution of Washington.

Diese faszinierende Aufnahme zeigt uns zwei einander fast rechtwinklig überkreuzende Ketten kleiner Krater, die in einem größeren Krater mit gut 120 Kilometern Durchmesser liegen (und dadurch noch besser sichtbar werden, fast wie in einem Logo). Doppel- oder gar Mehrfacheinschläge sind durchaus möglich. Etliche, wenn nicht sogar viele Asteroiden werden von kleineren Himmelskörpern begleitet, und wenn diese dann auf einem größeren Himmelskörper wie beispielsweise einen Planeten einschlagen, dann gibt es natürlich oft Doppelkrater, so wie der Schneemann-Krater auf der Vesta, welche ich neulich vorgestellt habe (auch wenn ich mir beim kleineren dritten Krater nicht ganz sicher bin, ob er zu dem selben Ereignis zählt). Auch auf der Erde finden sich doppelte Einschlage, wie beispielsweise das Steinheimer Becken, welches möglicherweise von einem Begleiter des Asteroiden stammt, der im Nördlinger Ries eingeschlagen ist. Aber ganze Kraterketten dürften auf diesem Wege kaum entstehen [Anmerkung 1]. Diese Formen entstehen wahrscheinlich dann, wenn bei einem sehr großen Einschlag und der daraus folgenden Explosion große Mengen an Gestein in Form von Plumes, also Ketten von Trümmern, herausgeschleudert werden und anschließend wieder auf dem Boden aufschlagen. Interessant an den beiden sich kreuzenden Ketten hier auf Merkur ist, dass sie beide an ihren oberen Enden leicht elliptische Krater haben. Diese Form deutet darauf hin, dass die Brocken, die diese Krater verursacht haben, in einem sehr spitzen Winkel auf den Boden aufgetroffen sind, denn alles was unter einem Winkel von mehr als 10 ° aufschlägt, würde einen rundlichen Krater verursachen. Im Fall des linken Kraters könnte die Änderung der Topographie geholfen haben, denn hier steigt der große Krater, in dem die beiden Ketten liegen zu seinem Kraterrand an. Als Ursache der Kraterketten dürften die beiden länglichen Krater aber kaum in Frage kommen, dafür sind sie wohl viel zu klein [Anmerkung 2].

 

Anmerkung 1 06.10.2011

Michael Khan hat mich darauf hingewiesen (danke, Michael), dass derartige Krater möglicherweise auch durch Kometen verursacht werden kann, die durch einen engen Vorbeiflug an der Sonne auseinandergerissen wurden, deren Trümmer aber immer noch sehr dicht beieinander liegen und die vor allem alle in einer Reihe einschlagen, wenn sie so kurz nach ihrem Sonnendurchgang auf ein Hindernis wie den Merkur treffen. Er hatte dazu auch einen sehr interessanten Blogbeitrag, der mir entgangen war. 

Anmerkung 2 

Auch zu den länglichen Kratern gibt es von Michael eine alternative Erklärung. Wenn zwei Bruchstücke  sehr dicht nebeneinander einschlagen, können sie ebenfalls einen überlappenden, länglichen Krater erzeugen. Einen derartigen Krater findet man im obigen Bild in der rechten unteren Ecke.

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Gunnar Ries studierte in Hamburg Mineralogie und promovierte dort am Geologisch-Paläontologischen Institut und Museum über das Verwitterungsverhalten ostafrikanischer Karbonatite. Er arbeitet bei der CRB Analyse Service GmbH in Hardegsen. Hier geäußerte Meinungen sind meine eigenen

9 Kommentare

  1. Ich habe mich in einem Artikel am 12. Mai 2011 mit diesen auffälligen Kraterreihen befasst. Diese sind an vielen Stellen der Merkuroberfläche zu sehen, ich habe da noch ein paar andere Beispiele gezeigt, allerdings ohne Kreuz.

    Deiner Aussage, dass auf diese Art keine Kraterketten entstehen können, würde ich widersprechen. Wir müssen bedenken, dass es sich hier um den Merkur handelt. Aus dessen sonnennaher Bahn ergeben sich durchaus Konsequenzen, unter anderem die, dass er in die “Zielscheibe” von Kometen gerät, die der Sonne sehr nahe kommen, beispielsweise solchen der Kreutz-Gruppe. Bei diesen Kometen ist es aufgrund der extremen thermischen Belastungen bei ihren sonnahen Periheldurchgängen nicht nur wahrscheinlich, dass sie sich in viele Bruchstücke zerlegen. So ein Zerlegen wäre sogar schon unvermeidlich.

    Wenn dies einem Kometen passiert und kurz nach seinem Perihel trifft er auf ein Hindernis (wie Merkur), dann wären die einzelnen Trümmer noch nahe beieinander und würden alle den Planeten treffen, der sich ihnen in den Weg stellt, und zwar würde ich da genau so eine Reihe von Einschlagkratern erwarten, wie sie sich hier darstellt.

  2. Verständnisfrage @M.Khan

    Nach der thermischen Zerlegung eines Kometen würden also die Bruchstücke exakt in ein und der selben Bahnebene verbleiben?

  3. @ Michael Khan

    Da könnte durchaus was dran sein. Diese Möglichkeit hatte ich nicht bedacht. Danke für die Info.

  4. @RD: Mechanik der Zerlegung

    Die Änderung der Bahnebene bedarf eines hohen Geschwindigkeitsinkrements. Es ist unwahrscheinlich, dass das Zerbrechen eines Kometen zu solchen Relativgeschwindigkeiten der Trümmer führt. Viel wahrscheinlicher ist, dass die einzelnen Trümmer eine (geringe) Differenz in ihrer Bahnperiode aufweisen und deswegen in dinem langgestreckten, flachen Trümmerfeld auseinanderdriften, in einer Ebene ind sogar mehr oder weniger entlang einer Linie. Wenn das Auseinandrbrechen bei einem sonnennahen Perihel geschieht und der Einschlag auf dem Merkur auf dem Bahnbogen weg von diesem Perihel, dann ist es sogar sehr wahrscheinlich, dass sich in diesen wenigen Tagen oder maximal Wochen kaum eine nennenswerte Ausdehnung des Trümmerfelds aufgebaut haben wird.

    Es gibt durchaus Beobachtungen, die einen solchen Ablauf nahelegen, das Zerbrechen von 73P/Schwassmann-Wachmann 3 ab 1995 und das Zerbrechen von Shoemaker-Levy 9 nach seinem Einfang in eine weite Ellipsenbahn um den Jupiter 1992. Letzterer schlug 2 Jahre nach seinem Zerbrechen in den Jupiter ein, aber dennoch waren die Trümmer noch wie auf einer Perlenkette aufgereiht.

    Ich will gar nicht behaupten, das die Kraterreihen auf Merkur zwangsläufig auf die von mir genannte Ursache zurückzuführen sein müssen. Aber was man da auf dem Merkur beobachtet ist auffallend konsistent mit dem, was man erwarten sollte, wenn ein zerbrochener Komet aus der Kreutz-Gruppe den Merkur treffen sollte.

  5. @Gunnar

    Die von dir aufgezeigten länglichen Krater könnten auch daher rühren, dass zwei oder mehr Trümmer eines Kometenkerns in sehr kurzer zeitlicher Folge und in sehr geringem Abstand voneinander einschlugen udn ihre Einzelkrater zu einer länglichen Struktur wurden.

    Wenn man sich in dem Bild in deinem Artikel den länglichen Krater nahe am rechten, unteren Bildrand anschaut, dann sieht der sogar sehr deutlich wie die Überlagerung mehrerer fast zeitgleich entstandener Krater aus.

  6. Anordnung der Einschlagskrater

    Aber ganze Kraterketten dürften auf diesem Wege kaum entstehen [Anmerkung 1]. Diese Formen entstehen wahrscheinlich dann, wenn bei einem sehr großen Einschlag und der daraus folgenden Explosion große Mengen an Gestein in Form von Plumes, also Ketten von Trümmern, herausgeschleudert werden und anschließend wieder auf dem Boden aufschlagen.

    Wäre in diesem Fall nicht eine nahezu kreisflächenförmige Anordnung der Krater zu erwarten, d.h ein Zentralkrater mit kleineren Kratern rundherum, die in etwa eine Kreisfläche abdecken?

  7. Interessante Kennzeichnung

    Planet X kommt eigentlich von P. Lowell (X für unbekannt und röm. 10(.) Planet).
    Und wenn Sie schreiben: „Ab und an geistert ja der “Planet X” durch die Medien.“ – dann meist als Katastrophenplanet. Seit 2003 soll er jedes Jahr, aber bestimmt 2012 und sogar als 2. Sonne erscheinen. Hier haben M. Master & Co. im Buch „Das Planet X Survival-Handbuch für 2012 und danach“ astronomisches und mathematisches Unwissen demonstriert, um ‘ihr Überleben’ zu sichern.
    Als 10. Planet (jetzt 9.) gilt der von den Sumerern überlieferte Nibiru (Planet der Kreuzung unseres Sonnensystems), der noch um gut 100 AE von uns entfernt ist und dazu gut 600 braucht. Von ihm kann so keine Gefahr ausgehen.
    Mit einem Beitrag von Dr. Freistetter habe ich mich auseinandergesetzt [1], wobei ich meist feststellte – es stimmt. Nur er hat sich mit den Überlieferungen nicht befasst, z. B. dem Enuma Elisch [2]!
    Das X auf Merkur ist schon interessant. Aus dem bisher Gesagten geht nicht hervor, wie groß die Ausdehnung des Bildausschnittes des Merkur ist. Aus der Größe der Krater ließe sich ja auf die Größe der eingeschlagenen Asteroiden schließen. Den Vergleich mit Shoemaker-Levy 9 finde ich passend.
    Der Mond bietet hier auch eine gute Vergleichsmöglichkeit. In die großen Mare gab es ja später auch weitere Einschläge. Seine meisten Krater hat der Mond aus einer Zeit von vor 3,9 Mrd Jahren. Da hat der Merkur auch seinen Teil abbekommen. Danach verringerte sich die Einschlagzahl deutlich.

    [1] Deistung, K.: Planet X (Nibiru) wird wissenschaftlich abgelehnt. Ancient Mail, 48/2011, S. 19 – 24
    [2] Hecker, K. u. a.: Enuma Elisch. (TUAT), Gütersloher Verlagshaus
    http://www.dioezese-linz.at/…ung/enuma_elish.pdf

  8. Planet X ist…. Merkur

    Warum kommt eigentlich niemandem als wirklich alternative Erklärung in den Sinn, dass diese Kraterketten, besonders in der vorliegenden Dichte, nur durch elektrische Entladungen zustande gekommen sein können?

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