Nachlese vom 9. Geologentag und GEC expo & congress Offenburg #2

BLOG: Mente et Malleo

Mit Verstand und Hammer die Erde erkunden
Mente et Malleo

Eines der Hauptthemen den 9. deutschen Geologentages waren die Georisiken in Deutschland.

Wenn von Georisiken die Rede ist, fühlt man sich hierzulande ja meist auf der sicheren Seite. Dennoch sind einige Gebiete auch in Deutschland z.B. durchaus erdbebengefährdet. In anderen Gebieten kann es zu Erdfällen kommen, die Problemlos Straßen und Häuser gefährden. Und Erdrutsche stellen ebenfalls in den gebirgigen Gebieten eine durchaus reale Gefahr dar. Neben Siedlungsflächen und der Infrastruktur sind auch Bergbauflächen und wasserwirtschaftliche einer Gefährdung ausgesetzt.

9. Deutscher Geologentag
Dr. Matthias Kracht, Hessisches Landesamt für Geologie und Umwelt Eigenes Foto, CC-Lizenz.

Den Anfang machte Dr. Matthias Kracht vom Hessischen Landesamt für Umwelt und Geologie mit einem Überblick über Erdbeben in Deutschland. Zugegeben, wenn man die Situation hier bei uns mit der in anderen Ländern an aktiven Plattengrenzen wie zum Beispiel Japan, Chile oder auch den Mittelmeeranrainerstaaten vergleicht, kommen wir eigentlich ganz gut weg. Die Erdbeben hierzulande fallen zum Glück nur mittelmäßig stark aus und sie sind auch sehr selten (zumindest die mittelstarken, schwächere kommen durchaus häufiger vor). Als Beispiel für deutsche Erdbebengebiete wird meist der Oberrheintalgraben genannt, aber auch der Süden Hessens ist gefährdet. So erschüttert in jüngster Zeit eine Erdbebenserie das Gebiet bei Ober-Ramstadt bei Darmstadt mit leichten bis mittleren Erdbeben, die zum Teil deutlich zu spüren sind. Der bislang stärkste Stoß dieser Serie erreiche am 17. Mai 2014 immerhin die Magnitude 4,2. Das macht deutlich, dass auch in Deutschland gegebenenfalls erdbebensicheres bauen angesagt ist. Und genau das wird, wie könnte es anders sein, durch eine eigene DIN (DIN 4149 – Bauten in deutsche Erdbebengebieten – Lastenannahmen, Bemessung und Ausführung üblicher Hochbauten) geregelt.        

 

Es soll ja Situationen geben, in denen man sich wünscht, der Boden möge sich auftun. Nun, in bestimmten Gegenden Deutschlands hat man da durchaus eine gewisse Chance, dass einem dieser Wunsch auch gewährt wird. Erdfälle werden diese meist rundlichen Löcher genannt, die einen Durchmesser von wenigen Dezimetern bis hin zu über 10 Meter erreichen können. Fatal, wenn sich darüber Häuser oder Straßen befinden. Sven Schmidt von der Thüringischen Landesanstalt für Umwelt und Geologie stellte die Untersuchungs- und Überwachungsmethoden vor, um eventuell auch frühzeitig vor Erdfällen warnen zu können.

9. Deutscher Geologentag
Dr. Sven Schmidt von der Thüringer Landesanstalt für Geologie und Umwelt. Eigenes Foto, CC-Lizenz.

Besonders in Thüringen stellen Erdfälle in nicht zu unterschätzendes Problem dar. Unter rund 60% der Landesfläche finden sich mehr oder minder wasserlösliche Gesteinsschichten wie Karbonat- und Sulfatgesteine (aka Kalk und Gips), aber oft auch Salzgesteine. Durch Lösungsvorgänge entstehen hier Hohlräume, die, wen sie einstürzen, eben an der Erdoberfläche Erdfälle bilden. Für Thüringen sind derzeit rund 10 000 dieser Erdfälle im „Subrosionskataster“ erfasst. Einer davon hat auch überregional für Schlagzeilen gesorgt. Der Erdfall von Schmalkalden 2010. Hier hatte sich mitten in einem Wohngebiet ein 26 x 30 großes und 12-17 m tiefes Loch aufgetan und Teile von Garagen, ein Auto und die Straße verschluckt. Die umliegenden 9 Häuser mussten anschließend geräumt werden. In diesen Fällen ist es wichtig, nicht nur einfach den Erdfall zu erfassen, sondern auch die nach dem akuten Erdfall gefährdeten Flächen abgrenzen zu können. Nur so kann gegebenenfalls die von ihm ausgehende Gefahr durch entsprechende Maßnahmen minimiert werden. Außerdem können Anwohner von Erdfällen bei einer erneuten Reaktivierung frühzeitig gewarnt werden.

 

Hangrutsche stellen eine weithin unterschätzte Gefahr dar, deren Erkundung uns Dr. Marco Walter von Seismic Solutions etwas näher brachte. Oft werden auch noch zusätzlich durch anthropogene Ursachen noch zusätzlich verstärkt. Siedlungsgebiete werden in Landschaften mit ausgeprägter Topographie errichtet, oder für die Infrastruktur werden Hänge destabilisiert oder übersteilte Böschungen errichtet. Außerdem führt der bereits ablaufende Klimawandel zu einer abtauen der Permafrostböden in alpinen gebieten und dies zu einer Schwächung stabiler Bodenzonen. Besonders Starkregenereignisse können dann zu einem Hangversagen führen.

9. Deutscher Geologentag
Dr. Marco Walter, Seismic Solutions. Eigenes Foto, CC-Lizenz.

Unterschieden werden hier zwischen Erdrutschen und Murengängen, bei denen Hänge in sehr kurzer Zeit instabil werden sowie langsamer bewegenden Hangrutschen, die sich mit wenigen Zentimetern bis einigen Metern pro Jahr zu Tal bewegen und recht komplexe und oft auch räumlich sehr große Systeme darstellen. Gerade diese langsamen Hangrutsche stellen auch eine Gefahrenquelle dar, weil die betroffenen, bereits geschwächten Hänge zu einem späteren Zeitpunkt beschleunigt abrutschen können. Daher ist es unabdingbar, diese langsamen Rutschungsvorgänge möglichst genau zu verstehen. Hierbei kommen verschiedene Methoden der Fernerkundung wie Satellitenaufnahmen aber auch Verfahren der Geoelektrik, Seismik und des Georadars zum Einsatz. An aktuellen Beispielen wie dem Rutsch vom Slumgullion Pass in der Nähe von Lake City im Südwesten von Colorado sowie der Rutschung am Heumöser Hang, Vorarlberg (Österreich). Interessant sind dabei unter anderem die seismische Überwachung so genannter slidequakes, rutschungsinduzierter Bruchprozesse an Lockergesteinsrutschungen, die in Abhängigkeit von der Topographie des Untergrundes der Rutschungsbahn erzeugt werden.

 

Als letzter Beitrag dieser Session brachte uns Prof. Dr. Hans-Joachim Kümpel vom BGR noch einmal das breite Spektrum extremer Naturereignisse nahe. Dabei muss die Menschheit mit lokal und regional sehr unterschiedlichen, aber eben doch sehr realen Risiken umgehen. Und hinzu kommt noch der Mensch als eigenständiger Faktor. So sind Bergrutsche in unbewohnten Gebieten sicher interessant, aber sobald Siedlungen oder Infrastruktur im Wege steht, können die Auswirkungen sehr katastrophal werden. Auch der sich bereits abzeichnende Klimawandel dürfte zu einer Zunahme von Extremwettern führen, und damit zu den mit ihnen einhergehenden Ereignissen wie Hangrutschen und Hochwasser.  

9. Deutscher Geologentag
Prof. Dr. Jörg Bartels, iwb Ingenieurgesellschaft. Eigenes Foto, CC-Lizenz.

Die dritte Session behandelte das Thema Altlasten und Deponien Prof. Dr. Jörg Bartels machte den Anfang mit einem vielleicht trocken anmutenden Thema, das sich aber sehr direkt auswirken kann. Die Risiken bei er Ausführung von Bauleistungen im Umweltschutz, und hier speziell mit dem Umgang mit Bauablaufstörungen. Das war sicher für alle, die sich mit Ausschreibungen und Claimmanagement beschäftigen, interessant. Denn hier gibt es einige Fallstricke, die es zu umschiffen geht, wenn man nicht mit steigenden Kosten bei Bauprojekten kämpfen will. Für den Fall der Fälle wurden entsprechende Lösungswege für die unterschiedlichen Bauphasen vorgestellt.

9. Deutscher Geologentag
Clemens Lehr, Lehr Geotechnik. Eigenes Foto, CC-Lizenz.

Clemens Lehr von Lehr Geotechnik stellte uns die Sanierung eines ehemaligen Tanklagers aus dem Kalten Krieg vor. Hier haben Austritte von Kohlenwasserstoffen, wie sie für Treibstoffe typisch sind, einen erheblichen Grundwasserschaden verursacht, der seit 1996 saniert wird. Dabei ist interessant zu sehen, wie auch die Sanierung von Grundwasser der Mode und der fortschreitenden Technik unterworfen ist. Der Zeitraum ist aber auch nicht verwunderlich, da der Schaden ziemlich groß war. Bislang wurden 95 000 kg Schadstoffe aus dem Grundwasser entfernt.

 

 

Wer den enormen Flächenverbrauch etwas zurückfahren will, kommt man um die Sanierung und Baureifmachung, also um das Recycling ehemaliger Nutzflächen nicht herum. Mit dem Wort „Flächenverbrauch” wird die Neuinanspruchnahme von Flächen für Siedlung und Verkehr bezeichnet. Und die von diesen menschlichen Aktivitäten „verbrauchte“ Fläche wächst pro Jahr (im Zeitraum 2009-2012) um 74 ha pro pro Tag. Auf 4 Jahre bezogen wäre das eine Fläche so groß wie Berlin und Stuttgart zusammen. Bei begrenztem Raum kann das so natürlich nicht weitergehen. Daher hat die Bundesregierung bereits 2002 als Zielvorgabe angegeben, diesen Verbrauch auf 30 ha pro Tag zu reduzieren. Die recycelten Flächen müssen aber oft vorher saniert werden, und sie können einen überaus schwierigen Baugrund darstellen. So wie das Beispiel, welches uns Dr. Stefan Jung von Dr. Jung + Lang Ingenieure GmbH vorstellte. Hier sollte ein Gewerbepark auf einer verfüllten ehemaligen Kiesgrube entstehen. Das Problem dabei nur, dass die Kiesgrube mit Hausmüll und Siedlungsabfällen verfüllt worden war. Und die umliegende Wohnbebauung machte das Vorhaben zusätzlich kompliziert. Die Verfüllung verfügte im Tiefenbereich etliche Hohlräume und sackungsfähige Bereiche.  

9. Deutscher Geologentag
Dr. Stefan Jung, Dr. Jung + Lang Ingenieure GmbH, Eigenes Foto, CC-Lizenz,

Der Baugrund wurde mit Hilfe von statisch dimensionierten Steinsäulen ertüchtigt, die mit Hilfe eines 20 Tonnen schweren Gewichts, das aus 20 m Höhe fallen gelassen wurde, rasterförmig in den Boden eingeschlagen wurden. Die ca. 6 m langen Säulen stützen nicht nur die Tragschicht, sie dienen nebenbei auch als vertikale Drainage für die Deponiegase. Die Bebauung wurde zusätzlich gegen das Eindringen von Deponiegasen abgedichtet und die Tragschicht mit Gasdrainagen versehen.

Bei dem Einschlagen der Säulen durften die umliegende Bebauung und die Anwohner natürlich keinen Schaden nehmen. Baubegleitende Erschütterungsmessungen sollten die Einhaltung der Werte sicherstellen. Gleichzeitig wurden die Anwohner auch umfassend über die Baumaßnahmen u d die zu erwartenden Belästigungen informiert. Auch hier hat sich wohl gezeigt, dass eine frühzeitige und umfassende Information der Bevölkerung auch Maßnahmen ermöglicht, die für Anwohner mit einem erheblichen Potential an Belästigungen verbunden sein können. Zumal, wenn bei den Arbeiten zeitlich und vom Umfang her ebenfalls eine deutliche Rücksichtnahme signalisiert wird.
Der Freitag war vor allem der Mitgliederversammlung des BDG gewidmet. Dort wurde, neben wichtigen Wahlen für den Vorstand, auch Prof. Doherr zum neuen Ehrenmitglied des BDG ernannt.

Die Mitgliederversammlung an einem Freitag Vormittag hat, besonders bei sehr weitem Anfahrtsweg, eigentlich vergleichbare Nachteile wie der Donnerstag Abend. Denn um ab 10°° in Offenburg zu sein, muss man als Nordlicht entweder zu den Frühaufstehern zählen, oder 2 Urlaubstage opfern. Die lohnen sich aber durchaus, wenn man das Programm der Messe und des Geologentages betrachtet. Sehr schade fand ich aber, dass die für die Mitgliederversammlung angesetzten 3 Stunden problemlos überschritten wurden. Klar, es gab ja auch einiges und wichtiges zu diskutieren. Und die wichtigen Wahlen wollen wohlüberlegt, den Kandidaten ausreichend Zeit zur Vorstellung gegeben werden. Eng wird es nur, wenn man einen weiten Heimweg hat, und der Zug nicht warten will. Und aus mir nicht ganz verständlichen Gründen verlängerte sich ab 14:30 die fahrt in Richtung Norden exorbitant (dehnen sich Schienen bei Dunkelheit eigentlich aus?). Das war dann auch der Grund, die Ganze Veranstaltung ausgerechnet kurz vor den Wahlen so fluchtartig zu verlassen. Ich kann also nur dem neuen Vorstand allgemein und dem neuen Schatzmeister im Besonderen herzlich gratulieren.
Alles in allem war es die Reise wert. Man hatte die Gelegenheit, neue Kontakte aufzubauen und alte zu vertiefen. Man lernt immer was dazu und es macht eine menge Spaß. Ich hoffe, man sieht sich in zwei Jahren wieder.

9. Deutscher Geologentag
Die Vorsitzende des BDG, Frau Dr. Ulrike Mattig, hält die Laudatio auf das neue Ehrenmitglied, Prof. Dr. Detlev Doherr. Eigenes Foto, CC-Lizenz.

 

 

Weitere Fotos vom 9. Deutschen Geologentag finden sich hier auf Flickr

 

Der erste Teil der Nachlese findet sich hier.

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Gunnar Ries studierte in Hamburg Mineralogie und promovierte dort am Geologisch-Paläontologischen Institut und Museum über das Verwitterungsverhalten ostafrikanischer Karbonatite. Er arbeitet bei der CRB Analyse Service GmbH in Hardegsen. Hier geäußerte Meinungen sind meine eigenen

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