Geo-Foto: Kupfer als Biozid

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Kupfer ist bereits in sehr geringen Mengen für viele Mikroorganismen giftig, die für Wirbeltiere noch unbedenklich sind. Dies ist einer der Gründe, warum Wasserleitungen oft aus Kupfer bestehen. Ein anderer Grund ist die einfache Handhabung von Kupferrohren. Kupfer hat also, ebenso wie Silber, eine biozide Wirkung. Man spricht auch von einem oligodynamischen Effekt.
Diesen Effekt macht man sich verschiedentlich zu Nutze, nicht nur in den Wasserleitungen. Zum Beispiel kann eine ins Blumenwasser gelegte Kupfermünze verhindern, das es schnell faulig wird. Und in Krankenhäusern können aus Kupfer gefertigte Türklinken und Lichtschalter möglicherweise die Verbreitung antibiotika-resistenter Keime verhindern helfen. Kupfer half auch, Schiffsrümpfe frei von Bewuchs zu halten. Früher enthielten die Antifouling-Anstriche neben Quecksilber auch gerne Kupfer.

Kupferionen binden die Thiolgruppen von Proteinen und peroxidieren die Lipide der Zellmembranen. Die dabei entstehenden freien radikale schädigen die Erbinformation der Zellen.

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Kalkstein am Roche Bayard südlich von Dinant. Anhand einer alten Bronzetafel kann man die biozide Wirkung der Kupferionen gut beobachten. Mit freundlichjer Genehmigung flickr user tepui.geoversum, CC-Lizenz.

Gut beobachten kann man die Wirkung der Kupferionen an alten Gegenständen aus Kupfer oder kupferhaltigen Legierungen, so wie auf diesem Foto. Eine alte Tafel aus Bronze, die am Roche Bayard (südlich von Dinant) befestigt ist. Das Gestein ist Kalkstein, der durch mikrobiellen Bewuchs und Pilze eine graue Farbe bekommen hat. Niederschläge lösen aus der Bronze die Kupferionen. Dort, wo die ablaufenden kupferhaltigen Lösungen der alten Tafel entlang ließen, ist das Gestein frei von Bewuchs. Da die Felswand eine auf dem Foto nicht erkennbare Schrägstellung aufweist, ist der helle Streifen nicht ganz gerade.

Das Foto entstand anlässlich eines Treffend der User des Geoversums, einer auf Geowissenschaftler spezialisierten Community.

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Gunnar Ries studierte in Hamburg Mineralogie und promovierte dort am Geologisch-Paläontologischen Institut und Museum über das Verwitterungsverhalten ostafrikanischer Karbonatite. Er arbeitet bei der CRB Analyse Service GmbH in Hardegsen. Hier geäußerte Meinungen sind meine eigenen

13 Kommentare

  1. Ich kenne das Prinzip auch vom Apfelsaftpressen. Dabei befindet sich eine kleine Rinne aus Kupfer am Ausfluß der Presse.

    Es gibt auch das gleiche Prinzip zur Reinigung von Dachpfannen, wobei nur ein Kupferblech auf dem Dachfürst verlegt wird und das Dach nach und nach sich wie von alleine reinigt (von Moos und Flechtenbewuchs).

  2. Lidschatten

    Grüner Lidschatten mit Malachit wurde schon im Alten Ägypten verwendet. (Schwarzer Lidschatten enthielt Antimon- bzw. Blei-Verbindungen.)
    Diese Stoffe schützten gegen Krankheitserreger, durch welche die Augen vereiterten.

  3. GEOversum

    Ich möchte darauf hinweisen, dass GEOversum nicht nur Geowissenschaftlern sondern auch interessierten Laien (bin selbst einer) offen steht. Bei dem erwähnten Treffen waren knapp die Hälfte der Teilnehmer Nicht-Geowissenschaftler.

  4. @ C. G.

    @ C. G. schrieb:

    “Es gibt auch das gleiche Prinzip zur Reinigung von Dachpfannen, wobei nur ein Kupferblech auf dem Dachfürst verlegt wird und das Dach nach und nach sich wie von alleine reinigt (von Moos und Flechtenbewuchs.”

    Das Moos oder die Flechten scheinen aber gerade im Einflussbereich der Kupfertafel (Sockel der Felswand/Pflasterritzen)gut zu wachsen.

  5. Redox-Reaktionen?

    Könnte es sein, dass der helle Streifen eher durch Redox-Reaktionen als durch biozide Wirkung entstanden ist? Wie Geoman ja schon schrieb, den Moosen und Flechten scheint das Kupfer recht egal zu sein.

  6. Streifen auf Dach

    Solche hellen Streifen findet man auch auf Dächern, unter Kupferleitungen oder kupfernen Kaminummantelungen.

    Dass auf dem Bild der untere Bereich grün bewachsen ist, könnte daher kommen, weil vom Pflaster hochspritzendes Wasser bei Regen die Kupferlösung vom Gestein abwäscht – vermute ich ´mal.

  7. Schwefelsäurebildung als Zusatzfaktor

    “Trotzdem ist sehr deutlich, daß Kupfer allein nichts oder zumindest sehr, sehr wenig [zur Dachreinigung] bewirken würde.
    Wie weiter oben beschreiben muß also mindestens ein weiterer Faktor hinzukommen. Und hier muß der
    Autor wieder auf den Schwefel zurückkommen. Der Schwefel wird benötigt, damit sich bei dem Kupfer
    überhaupt Sulfate bilden können.

    Wenn man sich aber nun vor Augen führt, daß der Verschmutzungsgrad mit Schwefelanteilen in der Atmosphäre
    sich in den letzten Jahren um einen Faktor von ~30 (Tendenz steigend) verringert hat, dann wird wiederum klar,
    daß die Systeme, die hier angepriesen werden, nicht oder nur sehr wenig funktionieren. Und wenn man
    weiter berücksichtigt, daß die Luft zumindest im europäischen Raum noch schwefelärmer werden soll,
    dann kommt die Wirkung zum Erliegen.

    Letztlich ist die saubere Luft mit dafür verantwortlich, daß sich überhaupt Moose und Algen auf den Dächern
    bilden können. An der Neubildung oder gar an einer Reinigung der Dachflächen sind die Kupfervorrichtungen
    jedenfalls nicht im großen Stil beteiligt.”

    aus:

    http://planungsgruppe-dach.de/kupferreinigung.html

  8. Vorsprung durch Technik

    Oben links im Bild*) ist eine weitere Stelle abgebildet, die ebenfalls heller ist als die übrige Oberfläche. Über dieser Stelle ist deutlich ein Vorsprung erkennbar.

    Ich würde mich zu der These hinreißen lassen, dass die dunkelgraue Patina keine mikrobielle Plaque ist, sondern schlicht Schmutz aus Hausfeuerung, Industrie und Straßenverkehr darstellt, der durch den Regen aus der Atmosphäre gewaschen und dadurch ins Gestein eingetragen wird. Die hellen Stellen entstehen, weil dort weniger Regenwasser und damit weniger Schmutz angelangt ist.

    *) http://farm8.staticflickr.com/…_ae6e5dc7b1_o.jpg

  9. @ tepui
    Klar, es sind nicht nur professionelle Geowissenschaftler im Geoversum, sondern auch interessierte Laien. Ich habe der Einfachheit mal alle über einen Kamm geschoren.

    @ geoman

    Ich vermute, dass es sich bei den grünen Farbtönen unten mehr um Algen als um Moose handelt. Keine Ahnung, ob Algen gegenüber Kupferionen weniger anfällig sind, als andere Mikroorganismen.

    @ ano nym
    Das wäre sicher eine mögliche Erklärung. Die wand war aber im Bereich der Plakette nicht ganz senkrecht, sondern leicht schräg. Mir würde nicht ganz einleuchten, warum dieser viel tiefere Vorsprung einen wesentlich unschärferen Bereich vom Niederschlag beschatten sollte, als die viel flachere Plakette. Wenn man sich den hellen Bereich unterhalb der Bronzetafel anschaut, so ist er bis zum Boden fast wie mit einem Lineal gezogen. Ich hatte aber auch überlegt, ob (vielleicht zusätzlich?) hier ein abschattender Effekt vorliegt.

  10. Bei genauer Betrachtung diffus

    @ Gunnar Ries

    Ich vermute an der Basis des Felsen nicht Moose, sondern Flechten und Moose, womit ich meinte, dass am Felsen ‘Flechten’ (die eine Symbiose von Pilzen mit u. a. Algen sind) und in den Pfasteritzen davor auffällig gut Moose gedeihen.

    Bei den Moosen kann es sich natürlich auch um Triitpflanzen wie z. B. Poa annua handeln. Dessen Gedeihen kann wiederum – nicht nur von der Kupfertafel – sondern vor allem von interessierten höheren Spezies beeinflusst sein, die diese Tafel lesen.

    Sie sehen, Ihre Geschichte, d. h. die beeindruckende Übereinstimmung von Theorie und Wirklichkeit, wird – wie auch andere Kommentare zeigen – bei genauerer Betrachtung immer diffuser oder fraglicher.

  11. @ geoman

    ich tippe immer noch auf Algen. Diese Art der Vergrünung findet man gerne auf alten Marmorgrabsteinen oder Fassaden, wenn den Architekten eine Kalksteinfassade in unserem Klima als schmückend dünkt. Durch die Verwitterung weiten sich die Zwickel der Calcitkristalle auf und bieten Algen einen gut nutzbaren Lebensraum.

    Sie sehen, Ihre Geschichte, d. h. die beeindruckende Übereinstimmung von Theorie und Wirklichkeit, wird – wie auch andere Kommentare zeigen – bei genauerer Betrachtung immer diffuser oder fraglicher.

    Nun, bislang stellen wir nur Hypothesen auf, und versuchen mit ihrer Hilfe Vorhersagen zu treffen. Der nächste Schritt wäre jetzt, diese Vorhersagen zu testen.

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