Kolontár-Dammbruch in Ungarn – Rotschlamm aus einem Aluminiumwerk
BLOG: Mente et Malleo
Am 4. Oktober 2010 brach um 12:25 Uhr nahe des im westliche Ungarn gelegenen Ortes Kolontár der Damm eines Deponiebeckens einer Aluminiumhütte und rund 700 000 Kubikmeter ätzender Rotschlamm ergossen sich in die nahe gelegenen Orte Kolontár, Devecser und Somlóvásárhely. In den Schlammfluten starben 4 Menschen und 123 wurden verletzt, sechs Menschen werden noch vermisst. Rund 400 Menschen mussten evakuiert werden. Auch viele Tiere wurden Opfer der Schlammflut. In den betroffenen Gebieten wurde der Notstand ausgerufen. Insgesamt sind rund 40 Quadratkilometer direkt betroffen. In angrenzende Flüsse wurden rund 1000 Tonnen Gips geschüttet, um den Schlamm zu neutralisieren und eine Verschmutzung der Donau verhindern. Rotschlamm ist ein Abfallprodukt der Aluminiumherstellung, nachdem das Aluminium aus dem Bauxit mit Hilfe von Natronlauge herausgelöst wurde. Dabei bleiben Eisen (das Eisen(III)-Oxid verleiht ihm seine charakteristische rote Farbe) und Titanverbindungen und verschiedene Silikate übrig. Der Schlamm ist durch die Natronlauge stark alkalisch (pH-Wert um 14) und daher ätzend. Daneben enthält er auch, je nach dem verwendeten Bauxit-Erz, gewisse Mengen an toxischen Schwermetallen. Heute wird Rotschlamm meist in speziell abgedichteten Becken deponiert und die austretende Natronlauge wieder verwendet. Ist die Deponie gefüllt, so wird sie mit Sand und Erde abgedeckt und anschließend rekultiviert. Die Ursache für den Dammbruch ist noch unklar, aber Berichten zufolge sollte die Deponie nur für rund 300 000 Kubikmeter ausgelegt sein. Da sich hier eine deutliche Diskrepanz zu den ausgetretenen Mengen an Rotschlamm zeigt, liegt der Verdacht nahe, dass möglicherweise mehr Rotschlamm in der Deponie abgelagert wurde, als zulässig war, was aber die betreffende Firma dementiert. Hier heißt es, man habe den Schlamm gemäß den EU-Richtlinien gelagert.
Bilder der Katastrophe:
A flood of toxic sludge – the big picture, boston.com
Nachtrag: 11. Oktober 2010
Am 9. Oktober hat der EO-1 Satellit der NASA mit dem Advanced Land Imager Bilder der Katastrophe von Kolontár geschossen. Dabei ist das Aluminiumwerkauf der rechten Seite der Aufnahmen gut zu erkennen an der hellen blauen und ziegelroten Becken. Der Schlamm hat einen deutlichen Kanal in die nordwestliche Ecke des Damms vom Rotschlammbecken geschnitten, die umgebenden Felder bedeckt und die nahegelegenen Dörfer Kolontár und Devecser überschwemmt.
Greenpeace hat den Schlamm von der Österreichischen Umweltbehörde analysieren lassen. Demzufolge enthält er mit rund 110 Milligram pro Kilogramm Trockenmasse verhältnismäßig viel Arsen für Rotschlöamm aus der Aluminiumgewinnung. Ähnliches soll für die Gehalte an Quecksilber und Blei gelten, die auch deutlich über den üblichen Werten liegen. Laut Greenpeace soll Arsen, als verhältnismäßig leicht lösliches Element eine Gefahr für das Grundwasser der Region darstellen. Die Gehalte werden zwar von einigen ungarischen Chemikern mit Skepsis gesehen, sollen aber laut Greenpeace auch von einem unabhängigen ungarischen Labor bestätigt worden sein. Da Rotschlamm eigentlich die unbrauchbaren Bestandteile des Bauxits enthält, und Bauxite sich aus den absolut am schwersten löslichen Elementen zusammensetzen, die in einer langen und intensiven tropischen Verwitterung übrig bleiben (wie eben Aluminium und Eisen(III)Oxide), sollten leicht lösliche Elemente wie Arsen eigentlich nicht in größeren Mengen darin vorhanden sein. Denn die sind bereits während der Verwitterungsphase abgeführt worden.daher überrascht mich der hohe Arsengehalt des Schlamms ebenso wie Tamás Weiszburg, einen Mineralogen von der Eötvös Loránd Universität in Budapest, der laut Nature die Vermutung äußerte, dass hier möglicherweise Industrieabfälle mit dem Rotschlamm vermischt wurden.
Nachtrag 22. Oktober 2010
Ich habe zwei interessante Videos aus der Reihe “Periodic Table of Videos” gefunden.
Analysis lags on Hungarian sludge leak – Nature 11 October 2010 | Nature | doi:10.1038/news.2010.531
DeepwaterHorizon, Kolontar-Dammbruch,…
Ohne diesen Rotschlammdammbruch hätten wohl die wenigsten je etwas über die Probleme und potentiellen Gefahren der Aluminiumherstellung erfahren.
Ohne den DeepHorizon Unfall wäre es bei den Tiefseebohrungen einfach so weitergegangen und ohne Tschernobyl wäre die Nuklearindustrie kaum so reguliert.
Vorausschauendes Handeln scheint nicht verbreitet zu sein und oft braucht es sogar mehrere Unfälle bis das man an die Sicherheit denkt.
Auf gute Hilfe für die Betroffenen
Auf das den Betroffenen geholfen wird.
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