Immer noch ein Thema – Gebäudeschadstoffe – DCONex 2025

Manchmal vergeht die Zeit wie im Flug. Ich hatte das Gefühl, die DCONex ist gerade erst vorbei und schon ist sie wieder da. Am 28. und 29. Januar fand die DCONex 2025 zum zweiten Mal im MCC in Münster statt.
Die Location hatte sich bereits im letzten Jahr bewährt und auch in diesem Jahr zeigte sich Münster wieder von seiner besten Seite. In diesem Jahr hatten wir einen Gemeinschaftsstand mit der Firma i3 Membrane geplant. Das hat mich bei der Planung etwas entlastet, da ich auch in diesem Jahr wieder die Session zu aktuellen Fragen der Asbestanalytik moderieren sollte. An dieser Stelle möchte ich mich noch einmal bei meinen Kollegen und unseren Kollegen vn i3 Membrane bedanken, dass sie mir den Rücken freigehalten haben, damit ich auch verschiedene Sessions des Kongresses besuchen konnte. Schließlich soll daraus auch dieser Blogbeitrag entstehen. Aber genug der Schleichwerbung.
Neue Entwicklungen
Ein bereits traditioneller Teil der DCONex, der sich direkt an die Begrüßung anschließt. Die Vorstellung der aktuellen Entwicklungen seit dem letzten Jahr und ein kurzer Ausblick auf die Themen des diesjährigen Kongresses. Fast schon traditionell übernimmt dies der Vorsitzende des Gesamtverbandes der Schadstoffsanierer, in diesem Jahr Olaf Dünger.
Die meisten der hier vorgestellten Themen werden uns auch in Zukunft beschäftigen. Zum Beispiel die Neufassung der Gefahrstoffverordnung. Sie war in den letzten Jahren so etwas wie der Running Gag des Kongresses, wurde aber schließlich doch verabschiedet und tritt nun endlich am 05.12. 2024 in Kraft. Dazu kam die aktuelle Asbestrichtlinie der EU, die auch für einige Diskussionen gesorgt hat und noch sorgen wird, da bin ich mir sicher.
Neu war im vergangenen Jahr auch die nationale Kreislaufwirtschaftsstrategie. Die Neufassung der VDI 6202 Blatt 10 ist bereits im Gründruck und die Einspruchsfrist läuft in diesen Tagen ab.
Der Trend, sich endlich um die „Jungen“ zu kümmern, hat natürlich auch vor den Altlastensanierern nicht haltgemacht. Nicht, dass ich das kritisieren will. Auf LinkedIn gibt es zum Beispiel die Gruppe der Next Professionals Schadstoffsanierung, die sich nicht nur virtuell, sondern in unregelmäßigen Abständen auch real trifft. Eine gute Gelegenheit zum Erfahrungsaustausch und Netzwerken. Geplant ist beispielsweise ein Treffen am 19. und 20. März in Berlin. Dann stehen eine Besichtigung der Sanierungsbaustelle Tegel sowie ein Vortrag und eine Diskussion zum Thema ATV DIN 18448 auf dem Programm. Wer Interesse hat, ist herzlich eingeladen.
Gefahrstoffverordnung
Wie bereits erwähnt, war die Neufassung der Gefahrstoffverordnung fast so etwas wie der Running Gag der letzten Kongresse. Andrea Bonner von der BG Bau kann ein Lied davon singen. Aber da schließlich alles einmal wird, kommt auch die Gefahrstoffverordnung endlich. Am 5. Dezember 2024 ist sie in Kraft getreten.
Notwendig wurde das Ganze, um die nationalen Regelungen an europäisches Recht und die fortschreitende Regulierung im Arbeitsschutz anzupassen. Dazu gehören auch die Verankerung des risikobasierten Maßnahmenkonzepts für Tätigkeiten mit krebserzeugenden Gefahrstoffen und die Einführung der Veranlasserpflichten sowie die Umsetzung der Ergebnisse des nationalen Asbestdialogs. Gut, das mit den Veranlasserpflichten ist dann doch nicht ganz so gelaufen wie ursprünglich geplant, aber dazu weiter unten mehr.
Risikobezogenes Maßnahmenkonzept
Das risikobezogene Maßnahmenkonzept baut auf den risikobasierten Konzentrationswerten auf. Damit sind die drei Risikobereiche verbunden, nämlich der Bereich mit geringem Risiko, der Bereich mit mittlerem Risiko und schließlich der Bereich mit hohem Risiko. Die Grenzen zwischen den Bereichen sind wie folgt definiert: Die Grenze zwischen niedrigem und mittlerem Risiko stellt das Akzeptanzrisiko dar, bei dem eine Erkrankungswahrscheinlichkeit von 4 : 10.000 besteht. Für den betreffenden krebserzeugenden Stoff liegt hier die Akzeptanzkonzentration.
Die Grenze zwischen mittlerem und hohem Risiko, bei der eine Erkrankungswahrscheinlichkeit von 4 : 1 000 besteht, wird als Toleranzrisiko bezeichnet und die stoffspezifische Konzentration ist dementsprechend die Toleranzkonzentration. Die Akzeptanzkonzentration soll in Zukunft auf ein Risiko von 4 : 100 000 abgesenkt werden.
Für die Risikobereiche sind unterschiedliche Maßnahmen vorgesehen. So ist für Bereiche mit mittlerem Risiko die Anzahl der exponierten Personen sowie die Dauer der jeweiligen Exposition zu begrenzen. Bei Expositionsspitzen ist Atemschutz zu tragen und ein entsprechender Maßnahmenplan zu erstellen.
In Bereichen mit hohem Risiko ist die zuständige Behörde spätestens 2 Monate nach Aufnahme der Tätigkeiten zu benachrichtigen und ein Maßnahmenplan vorzulegen. Der Maßnahmenplan beschreibt die jeweils vorgesehenen Maßnahmen, die angestrebte Reduzierung der Exposition sowie den vorgesehenen Zeitrahmen.
Mitwirkungs- und Informationspflichten
Kommen wir schließlich zu § 5a Mitwirkungs- und Informationspflichten. Das war ja in den letzten Monaten so ein bisschen der Zankapfel und hat für einige Irritationen gesorgt. Ich hatte ja hier schon den vorherigen Referentenentwurf dazu kritisiert. In der ursprünglichen Fassung ging man ja noch von einer Erkundungspflicht des Veranlassers von Bautätigkeiten aus. Das ist dann in der Endfassung etwas abgeschwächt worden. Jetzt heißt es nur noch:
Wir sehen, dass hier die Veranlasserpflicht doch etwas abgeschwächt wurde. Er muss sich nur noch mit zumutbarem Aufwand um die Informationsbeschaffung kümmern, von Erkundung ist hier nicht mehr die Rede. Ob hier ein Widerspruch zwischen Schadstofferkundung, Arbeitsschutz und klimawirksamer Gebäudeertüchtigung gesehen wurde, weiß ich nicht. Die Informationsbeschaffung und Erkundung ist hier wohl eine Aufgabe des Arbeitgebers. Dies wird auch in § 6 deutlich, denn hier heißt es sinngemäß, dass der Arbeitgeber die ihm vom Veranlasser zur Verfügung gestellten Informationen daraufhin zu überprüfen hat, ob Gefahrstoffe freigesetzt werden und zu einer Gesundheitsgefährdung der Beschäftigten führen können. Gegebenenfalls ist eine Gefahrstofferkundung durchzuführen.
(1) Derjenige, der Tätigkeiten an baulichen oder technischen Anlagen
veranlasst (Veranlasser), hat vor Beginn der Tätigkeiten dem
ausführenden Unternehmen alle ihm vorliegenden Informationen zur
Bau- und Nutzungsgeschichte über vorhandene oder vermutete
Gefahrstoffe schriftlich oder elektronisch zur Verfügung zu
stellen. Der Veranlasser hat sich zur Informationsbeschaffung in
zumutbarem Aufwand der ihm zugänglichen Unterlagen zu
bedienen. (2) Damit festgestellt werden kann, ob Asbest vorliegt,
hat der Veranlasser vor Beginn der Tätigkeiten an Objekten Baujahr
zwischen 1993 und 1996 das Datum des Baubeginns des Objekts
oder das Baujahr des Objekts, sofern das genaue Datum des
Baubeginns nicht bekannt ist, an das ausführende Unternehmen
schriftlich oder elektronisch zu übermitteln. Bei Objekten mit
Baujahr vor 1993 und nach 1996 reicht die Angabe des Baujahrs aus.
Dabei spielt das Datum des Baubeginns eine zentrale Rolle.
Bei Baubeginn nach dem 31. Oktober 1993 ist in der Regel davon auszugehen, dass kein Asbest vorhanden ist. Dies ist im Übrigen auch schon anders gesehen worden. In dem bekannten Diskussionspapier wird z.B. davon ausgegangen, dass in der Regel bis zum Baubeginn 1996 durchaus noch Restbestände asbesthaltiger Baustoffe verbaut wurden. Auch hier mag der Gedanke an zu aufwendige Schadstofferkundungen Pate gestanden haben.
Verwendungs – und Tätigkeitsbeschränkungen bei Asbest
In § 11 werden die Verwendungsbeschränkungen und Tätigkeitsbeschränkungen für Asbest beschrieben. Eigentlich sollte das klar sein, aber manches muss doch immer wieder gesagt werden. So ist die Gewinnung, Aufbereitung, Wiederverwendung und Weiterverarbeitung von natürlich vorkommenden mineralischen Rohstoffen und daraus hergestellten Gemischen und Erzeugnissen mit einem Massengehalt von mehr als 0,1 % Asbest verboten.
Ebenso verboten ist die weitere Verwendung von asbesthaltigen Materialien, denen Asbest absichtlich zugesetzt wurde und die bei Tätigkeiten anfallen. Ausgenommen sind die Abfallbehandlung und die Abfallentsorgung.
Ebenfalls verboten sind Tätigkeiten mit asbesthaltigen Materialien in baulichen oder technischen Anlagen.
Wie immer, gibt es auch hier Ausnahmen. So ist das vollständige Entfernen von asbesthaltigen Bauteilen oder Materialien selbstverständlich weiterhin möglich, auch in Teilbereichen.
Auch Sanierungsarbeiten, d.h. Maßnahmen zur Vermeidung von Gefährdungen der Nutzer, z.B. durch räumliche Trennung, wenn z.B. eine vollständige Entfernung des asbesthaltigen Materials aus technischen Gründen nicht möglich ist. Dies gilt auch für Sofortmaßnahmen zur Sicherung beschädigter, asbesthaltiger Bauteile. Hier ist unverzüglich mit der Entfernung zu beginnen.
Darüber hinaus sind auch Instandhaltungsarbeiten möglich, d.h. Wartungs- und Inspektionsarbeiten sowie Tätigkeiten zur funktionalen Erhaltung von Gebäuden oder Anlagen im Rahmen der laufenden Nutzung sowie Anpassungen an den Stand der Technik. Hierbei ist jedoch dringend zu beachten, dass eine Instandsetzung (!) nicht zulässig ist.
Voraussetzung für die Instandhaltung ist, dass keine Arbeiten im Hochrisikobereich (< 100.000 Fasern/m³) durchgeführt werden. Das Ende der Nutzungsdauer des asbesthaltigen Materials darf nicht erreicht sein, d.h. es muss seine ursprüngliche (!) Funktion noch erfüllen.
Die asbesthaltigen Materialien dürfen auch nicht kaschiert werden, um zu verhindern, dass die asbesthaltigen Materialien später schwer zu erkennen und zu entfernen sind.
Und natürlich sind auch weiterhin Tätigkeiten erlaubt, die der Forschung und Entwicklung dienen oder z.B. zu Analyse-, Mess- und Prüfzwecken. Da bin ich als Labormitarbeiter doch etwas erleichtert…
Und noch etwas: Die Verwendungs- und Tätigkeitsbeschränkungen gelten ausdrücklich auch für private Haushalte. In §11 (7) ist eindeutig festgelegt, dass auch private Haushalte, in denen zulässige Tätigkeiten an asbesthaltigen Materialien durchgeführt werden, verpflichtet sind, die Entstehung, Freisetzung und Ausbreitung von Asbestfasern oder potenziell asbesthaltigem Staub so weit wie möglich zu verhindern und andernfalls auf ein Mindestmaß zu reduzieren.
Anforderungen an Tätigkeiten mit Asbest
Nach Möglichkeit sind immer Verfahren anzuwenden, die eine Faserfreisetzung verhindern oder zumindest minimieren. Darüber hinaus gelten die risikobasierten Schutzmaßnahmen und Qualifikationsanforderungen. Für Arbeiten mit Expositionen unter 1000 Fasern pro m³ gelten keine asbestspezifischen Anforderungen.
Der Arbeitgeber hat hier die Aufgabe, im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung festzustellen, ob die Tätigkeiten überhaupt zulässig sind und ob sie zu einer Faserfreisetzung führen können. Weiterhin muss er festlegen, ob die Tätigkeiten in Bereichen mit geringer, mittlerer oder hoher Gefährdung durchgeführt werden und welche Schutzmaßnahmen dafür vorgesehen sind. Außerdem muss er einen Arbeitsplan erstellen.
Die Zulassung für Tätigkeiten mit hohem Risiko gilt für 6 Jahre und kann widerrufen werden.
Die bisherigen Zulassungen gelten weiter bis zum 5. Dezember 2028. Betriebe, die ab dem 5. Dezember 2024 erstmals einer Zulassung bedürfen, müssen diese bis zum 5. Dezember 2025 beantragen.
Auswirkungen der EU-Asbestrichtlinie auf die Gefahrstoffverordnung und die TRGS 519
Mit der neuen Asbestrichtlinie der EU kommen einige interessante Dinge auf uns zu. Ich habe hier und in anderen Blog-Beiträgen schon mehrfach darüber berichtet. Andrea Bonner von der BG Bau und Anita Csomor vom Regierungspräsidium Kassel haben sich mit den Auswirkungen der neuen EU-Asbestrichtlinie auf die Gefahrstoffverordnung und die TRGS 519 beschäftigt.
Zur Zeit gibt es noch einige mehr oder weniger gravierende Unterschiede, aber einige Regelungen laufen bereits parallel oder können relativ einfach angeglichen werden. Interessant ist, dass auf EU-Seite neben der Informationspflicht auch die Pflicht des Inhabers besteht, ggf. eine fachkundige Ermittlung durchzuführen. Demgegenüber hat die gerade aktualisierte Gefahrstoffverordnung den Betreiber etwas aus der Verantwortung entlassen und sieht die Ermittlungspflicht stattdessen beim Arbeitgeber. Hier scheint mir das europäische Recht, die europäische Asbestrichtlinie stammt vom 22. November 2023, im Widerspruch zu den gerade aktualisierten nationalen Regelungen zu stehen. Wer will Popcorn?
Neue Grenzwerte
Die aber vermutlich tiefgreifendste Änderung dürften die Grenzwerte sein. Bis zum 20. Dezember 2029 gilt laut der EU Richtlinie ein BOELV (Binding Occupational Limit Value) von 10 000 Fasern /m³ als Grenze zwischen den Bereichen der Grundmaßnahmen und den zusätzlichen Maßnahmen. Das ist in etwa vergleichbar mit dem deutschen Grenzwert zwischen dem Bereich des niedrigen und des mittleren Risikos. Hier in Deutschland unterteilen wir den Bereich der zusätzlichen Maßnahmen noch weiter, denn hier gibt es bei 100 000 Fasern/m³ noch den Bereich des hohen Risikos.
Bislang gelten die Grenzwerte aber für Fasern, die den WHO Kriterien ( also mindestens 5 µm Länge, 3 µm Dicke und ein Länge zu Dicke Verhältnis von 3:1 haben, mit einer Untergrenze von 0,2 µm). Das soll sich bis zum 21. Dezember 2029 aber ändern. Dann sollen auch die Fasern berücksichtigt werden, die dünner als 0,2 µm sind, die sogenannten dünnen Fasern. Dabei gibt es zwei Möglichkeiten: Die dünnen Fasern werden berücksichtigt und der Grenzwert bleibt bei 10 000 Fasern/m³. Wenn die Dünnen Fasern nicht berücksichtigt werden, dann soll der Grenzwert auf 2000 Fasern/m³ abgesenkt werden.
Dünne Fasern als Herausforderung
Diese sogenannten dünnen Fasern, also Asbestfasern, die dünner als 0,2 µm sind, stellen aus analytischer Sicht eine Herausforderung dar. Zumindest in Deutschland und den Ländern, die in der Asbestanalytik auf das Rasterelektronenmikroskop (REM) setzen.
Generell ist es so, dass bislang in das Messergebnis nur Fasern eingehen, die mindestens 0,2 µm dick sind. Werden dünnere Fasern gefunden, so werden sie zwar separat ausgewiesen, sie gehen nicht ins Messergebnis ein. Moderne hochauflösende REMs können zwar auch dünnere Fasern bis etwa 0,05 µm erkenen und mittels energiedispersiver Analytik (EDX) auch analysieren, aber darunter ist Ende Gelände. Transmissionselektronenmikroskope (TEM) schaffen das durchaus.
Sollen wir jetzt also unsere gesamte Analytik umstellen? Das ist sicher keine gute Lösung, aus mehreren Gründen. Zum einen sind alle bisherigen Messungen und Daten dann nicht mehr kompatibel. Wir haben auch keinerlei Regelwerke dafür und können auch nicht dafür akkreditiert werden. Und so wie ich die Gremien und Vorgänge kenne, dürften 4 Jahre auch ein zu kurzer Zeitraum sein, um das stemmen zu können. Abgesehen von den Kosten und der Beschaffung der entsprechenden Geräte (TEM, Probenahmepumpen etc.) sowie der Schulung der Leute dafür.
Benötigt wird dringend ein unteres Abschneidekriterium, damit auch die Messungen unterschiedlicher Labore und Länder nicht vom Auge des Betrachters und dem jeweils genutzten Gerätetyp abhängen.
Zwei Szenarien
Es bleiben uns zwei Szenarien. Wir berücksichtigen die dünnen Fasern und bleiben bei dem Grenzwert von 10 000 Fasern/m³. Das Problem ist hier, dass immer noch kein unteres Abschneidekriterium der EU in Sicht ist. Wie oben angesprochen, hängt es aber davon ab, ob die Bedingungen von hochauflösenden REM oder nur vom TEM zu schaffen sind. Letzteres bedeutet hohe Anschaffungskosten, und damit verbunden zumindest in der ersten Zeit sehr eingeschränkte Laborkapazitäten. Abgesehen davon dass auch alle Probenahmegeräte vermutlich neu beschafft werden müssen. Die Kosten würden wohl nicht nur bei den Labors anfallen. Von der Umstellung der Regelwerke und der Notwendigen Akkreditierung will ich nicht reden.
Man muss dabei auch bedenken, dass das Freisetzungspotential der dünnen Fasern durch das Material und das verwendete Arbeitsverfahren stark beeinflusst wird. Wenn wir also die dünnen Fasern berücksichtigen, ist es nicht möglich, die bisherigen Daten umzurechnen. Das gesamte Messdatenkollekltiv für die Expositions-Risko-Matrix müsste neu aufgebaut werden. Was ein Spaß!
Aber schauern wir noch Szenario 2 an. Wir ignorieren die dünnen Fasern (zumindest für das Messergebnis) wie bisher und senken den Grenzwert auf 2000 Fasern/m³ ab. Das heißt, wir können wie bisher mit den alten Regelwerken (eventuell graduell angepasst) und dem REM arbeiten. Die alten Daten können weiterhin verwendet werden. Der Aufwand erhöht sich aber deutlich. Was aber auch für Szenario 1 gilt. Eventuell kann uns hier der Einsatz von KI unterstützter Auswertung helfen.
Wie können emissionsarme Verfahren den neuen Anforderungen gerecht werden?
Dominik Bogner vom bayerischen Landesamt für Umwelt und Lilian Graser vom chemischen Labor Dr. Graser Kg thematisierten die Untersuchungs- und Analysestrategien für asbesthaltige Materialien und Abfälle.
Da Abfälle nach dem Kreislaufwirtschaftsgesetz möglichst schadlos weiterverwendet werden sollen, oder eben, wenn dies nicht möglich ist, beseitigt werden müssen, müssen Schadstoffe wie etwa Asbest möglichst vollständig ausgeschleust werden.
Das mach eine vorherige Erkundung zwingend erforderlich. Asbesthaltige Produkte dürfen nicht in Verkehr gebracht werden. Damit dürfen sie auch nicht recycelt werden.
Dabei ist die Vorerkundung im Bestand die Voraussetzung, um Asbest wirksam aus dem Stoffkreislauf ausschleusen zu können. Diese Erkundung hat durch Sachverständige zu erfolgen.
Bei der Probenahme muss zwischen der Beprobung von technischen Produkten und der Beprobung von Haufwerken auch Bau- und Abbruchabfällen unterschieden werden. Gerade bei letzteren muss bei der Probenehmer Kenntnisse über möglichst viele asbesthaltige Materialien haben, damit er diese in den Haufwerken auch sicher identifizieren kann. Bei Funden muss dann zwischen Einzelfunden, die nicht auf die unsachgemäße Zerstörung asbesthaltiger Bauteile sowie Hot-Spots, die auf der unsachgemäßen Vermischung mit asbesthaltigen Abfällen zurückzuführen sind, unterschieden werden.
Asbestuntersuchung – was passiert eigentlich im Labor?
Viele Menschen scheinen keine genaue Vorstellung davon zu haben, was wir eigentlich im Labor so machen. Anscheinend passiert dort irgendein Zauber und am Ende präsentieren die Weisen ein Analyseergebnis.
Dabei ist das eigentlich gar nicht so geheimnisvoll. Die Proben, die das Labor erreichen, werden anschließend entsprechend aufbereitet und dann untersucht. Dabei steckt natürlich in der Aufbereitung und der Analyse auch einiges an Technik. Fangen wir also mal an.
Probentypen
Ganz grob gesagt kann man die zu untersuchenden Proben in zwei Gruppen unterteilen: die mit notwendiger Aufbereitung, und die, bei denen keine weitere Aufbereitung notwendig ist. Vor allem letztere sind meist die Materialien, die sowohl einen relativ hohen Asbestgehalt haben, als auch wenig störende Stoffe. Das trifft vor allem auf die Faserzemente und Leichtbauplatten zu, aber auch verschiedene PVC-Produkte wie etwa die sogenannten Floor-Flex-Platten, Cushion-Vinyle und diverse Dichtungen, Asbestschnüre, Asbestpappen und dergleichen. Die Aufzählung ist nicht vollständig, gibt aber einen guten Überblick.
All diese Produkte lassen sich am einfachsten an einer frischen Bruchfläche untersuchen. Hier sieht man die enthaltenen Asbestfasern schnell, sie lasen sich auch gut mit der EDX erfassen. Darum wird dies auch gerne als Bruchflächenpräparat bezeichnet.
Daneben gibt es auch Proben, die zumindest eine gewisse Aufbereitung benötigen. Das trifft zum einen die Produkte, die vergleichsweise wenig Asbest enthalten und die, bei denen die Matrix oder Inhaltsstoffe stören können.
Die einfachste Methode, die Asbestfasern zugänglich zu machen ist das Aufmörsern. Das trifft auf Materialien wie etwa Estriche zu, aber auch diverse Putze, Spachtelmassen, Dünnbettkleber und ähnliches.
Reduktion der Matrix
Bei manchen Produkten kann auch die Matrix störend sein. Dies ist meist bei Materialien, die wenig Asbest und viel organische Stoffe enthalten, wie etwa Bitumenbahnen, Kitte, schwarze Kleber (obwohl die sich oft auch schon als Bruchfläche untersuchen lassen) oder Farben zu. Dann hilft eine Heißveraschung, die Matrix zu entfernen und die Proben für den Mörser vorzubereiten. Dabei muss man allerdings gut aufpassen, denn entgegen landläufiger Meinung ist Asbest alles andere als Hitzebeständig. Jedenfalls bei Temperaturen oberhalb 450°C.
Nach dem Aufmörsern kann jetzt ein Streupräparat hergestellt werden, bei dem auch geringere Asbestmengen meist sicher nachweisbar sind.
Die Reduktion der Matrix lässt sich noch steigern, zumindest bei vielen Baumaterialien. Bei kalkigen oder gipshaltigen Bestandteilen kann zusätzlich noch eine Säurebehandlung erfolgen. Wenn man das noch weiter auf die Spitze treiben will, kann man ein Suspensionspräparat herstellen. Dann wird das Probenmaterial nach Veraschung und Säurebehandlung in entspanntem Wasser suspendiert und auf einen goldbedampften Kernporenfilter aufgeschlagen.
Jeder dieser Schritte reichert das enthaltene Asbest an und senkt entsprechend die Nachweisgrenze. Man sollte sich aber vorher im Klaren sein, mit welchen Asbestgehalten man zu rechnen hat. Es ist zum Beispiel nicht sinnvoll, einen Faserzement mit ca. 10 – 15 Mass% Asbest per Suspensionspräparat oder auch nur Streupräparat zu untersuchen.
Ebenso ist es nicht die beste Lösung, Estriche als Bruchflächenpräparat analysieren zu lassen. Dazu haben sie in der Regel zu wenig Asbest enthalten.
Abschätzung des Massengehalts
Eine wichtige und von den Kunden geschätzte Sache ist die Abschätzung des vorgefundenen Asbestgehalts. Dazu muss gesagt werden, dass die Meisten Analysemethoden rein qualitativ sind, also eigentlich nur festgestellt wird, ob Asbest vorhanden ist und wenn ja, welche Asbestart.
Um den Gehalt abschätzen zu können, liefert die zuständige VDI 3866 einige Hilfestellungen. Sie teilt die Gehalte in Massenklassen auf.
- Asbest nicht nachgewiesen
- Spuren von Asbest nachgewiesen = weniger als 1 Mass%
- 1 – 5 Mass% Asbest
- 5 – 20 Mass% Asbest
- 20 bis 50 Mass% Asbest
- über 50 Mass% Asbest
Letztlich benötigt man einige Erfahrung mit den unterschiedlichen Massengehalten, um die Abschätzung sicher durchführen zu können. Hilfreich ist es auch, wenn man weiß, um welches Produkt es sich bei dem Probenmaterial handelt.Es gibt Erfahrungswerte und Tabellen, welche Asbestgehalte in welchen Produkten vorkommen. Leider sind nicht alle Kunden bereit, dem Labor die Art des Probenmaterials mitzuteilen. Sicher sollte man die meisten erkennen können, aber manchmal und vor allem bei geringen Mengen oder verschiedenen Gegenständen in den Probentüten kann das eine Herausforderung für sich sein.
(Halb-) Quantitative Verfahren
Natürlich gibt es auch noch quantitative Verfahren, auch wenn die eigentlich nur halbquantitativ sind. Hier ist die Aufbereitung prinzipiell der Aufbereitung der Suspensionspräparate oben ähnlich, wenn auch etwas anspruchsvoller. Denn hier muss sowohl der Glühverlust beim Veraschen als das exakte Gewicht des suspendierten Probenmaterials bekannt sein. Die auf dem Präparat vorgefundenen Asbestfasern werden dann vermessen. So lässt sich zumindest grob die Masse der jeweiligen Faser bestimmen (das spezifische Gewicht der einzelnen Asbestminerale ist ja bekannt) und anschließend mit der Masse der Gesamtprobe in Beziehung setzen. Der ermittelte Wert ist dennoch relativ grob mit großem Fehlerbalken. Zum einen, weil die einzelnen Fasern eben nicht ideal wie im Modell sind, sie liegen gekrümmt vor, oder mit ungeraden Kannten. Zum anderen zeigt die abgesuchte Filterfläche immer nur einen Ausschnitt der Probe, es ist eine statistische Untersuchung. Daher würde ich die Verfahren eigentlich nur als halbquantitativ betrachten.
Bauschutt
Bei der Analytik von Bauschutt und ähnlichen Materialien kommen bei der Probenaufbereitung noch weitere Schritte hinzu. Hier wird die Probe zum Beispiel noch in verschiedene definierte Korngößenfraktionen aufgeteilt, die anschließend untersucht werden. Das macht diese Analytik relativ aufwändig und zeitintensiv.
Kommunikation wird überbewertet
Nein, das wird sie natürlich nicht! Leider scheinen manche aber genau dieser Meinung zu sein. Ich hatte das weiter oben schon angesprochen. Als Kunde eines Labors, als Probenehmer hat man doch einige Informationen, die einem Labor bei der Analytik weiterhelfen. Warum also diese Informationen nicht auch entsprechend weitergeben? Man ist ja manchmal schon ziemlich froh, wenn alleine die Anzahl der Proben und deren Bezeichnungen einigermaßen deutlich ist.
Ja, die Probenbezeichnung ist ziemlich wichtig. Sie sollte im Auftrag und auf der Probentüte übereinstimmen. Es sollte auch daraus hervorgehen, was und welcher Stoff das analytische Ziel ist, besonders bei mehreren Stoffen in der Probentüte. Denn nicht alle Stoffe lassen sich zusammen untersuchen, noch ist dies immer sinnvoll.
Ähnliches gilt für die Probenmenge. Gerade für die Asbestanalytik wird oft erstaunlich wenig Material benötigt. Generell reicht meist ein etwa Daumennagel großes Stück (ich bin immer wieder erstaunt, was für Riesen manche Kunden sein müssen…). Es gibt aber auch ein zuwenig. Die Probe sollte in der Tüte auffindbar sein und sich auch noch irgendwie handhaben lassen. Au jeden Fall sollte sie die Größe der handelsüblichen Asbestfaser übertreffen (ich hab tatsächlich schon öfters winzigste Krümel gehabt, die man nur unter dem Stereomikroskop in der Tüte erkennen konnte).
Bei hauchdünnen Schichten kann es schwierig sein, sie sortenrein zu trennen und zu analysieren. Ebenso ist es seltsam, verschiedene, nicht zusammengehörige Materialien in einer Tüte ins Labor zu schicken. Hier ist die Gefahr der Querkontamination so groß, dass es manchmal unmöglich wird, vernünftige Ergebnisse zu bekommen. Während z.B. Flexplatten und Kleber problemlos zusammen in einer Tüte sein können, vor allem wenn der Kleber noch an der Platte haftet, ist es nicht gut, Promabestplatten mit anderen Proben zu vermischen.
Und ja, ich erwähnte es oben schon, die Art des Probenmaterials ist durchaus auch wichtig. Ihr habt die Information, also warum teilt ihr sie nicht mit dem Labor?
Die neue VDI 6202 Blatt 10
Bernd Sedat von SVB Sachverständigenbüro Dr. Sedat oblag das Thema der neuen VDI 6202 Blatt 10 als Konkretisierung der Anforderungen der LAGA M 23. Die Neue VDI 6202 Blatt 10 „Asbest im Bauschutt, in Recyclingmaterial und in Altablagerungen ist seit November 2024 im Gründruck draußen und die Einspruchsfrist ist mit Ende Januar abgelaufen.
Die neue VDI 6202 Blatt 10 ist eine Ergänzung zur bereits bestehenden VDI 3876, die ein notwendiges, aber nicht immer ausreichendes Instrument zur Beurteilung von Bau- und Abbruchabfällen hinsichtlich einer Asbestbelastung. Sie thematisiert unter anderem die Unterscheidung zwischen geogenem und technischem, also gezielt zugesetztem Asbest. Außerdem bietet sie eine Checkliste über die Anforderungen an die Erstellung eines Abbruchkonzeptes von der Asbestuntersuchung bis hin zur Abbruchplanung und der anschließenden Objektüberwachung.
Für die Hot Spot Untersuchung des Abfalls bietet sie ebenfalls eine gute Richtlinie, zum Beipisl wie einzelne Funde asbesthaltigen Materials zu bewerten sind.
Visuelle Verfahren und Analyse nach VDI 3876
Das bringt uns direkt zur bereits angesprochenen VDI 3876, bei der Martin Hönig von der Wessling Consulting Engineereing GmbH & Co. KG. Im Kern geht es dabei um die visuelle Erkennbarkeit von asbesthaltigen Baumaterialien in Haufwerken.
Die Verdachtsmaterialien werden in drei Gruzppen unterteilt. Die erste Gruppe ist visuell leicht identifizierbar und abgrenzbar. Darunter fallen zum Beispiel Faserzemente, aber auch Dichtungen und Asbestschnüre.
Die zweite Gruppe ist visuell nicht eindeutig identifizierbar, aber eindeutig abgrenzbar. Es weist zudem inhomogenitäten auf. Darunter fallen zum Beispiel Estriche undähnliches.
Die dritte Gruppe ist weder eindeutig visuell identifizierbar noch eindeutig abgrenzbar. Darunter fallen unter anderem die Putze und Spachtelmassen, die zudem auch gerne noch verdeckt sein können.
Als Hilfsmittel werden unter https://www.gesamtverband-schadstoff.de/media/asbest-visuell-datenblaetter-verdachtsmaterialien-29042024.pdf Bestimmungsblätter zur visuellen Bestimmung von Asbst in Abbruchmaterialien zur Verfügung gestellt.
Die asbesthaltigen Produkte werden anhand Farbbilder vorgestellt und ihre charakteristischen Merkmale zur Erkennung ausführlich beschrieben. Ich denke, dies stellt ein sehr brauchbares Hilfsmittel für die Erkennung von Asbestprodukten im Feld dar.
Herausforderungen bei der zirkulären Wertschöpfung im Baubereich
Der Bausektor in Deutschland steht für rund 63% des Ressourcenverbrauchs, ca. 40 % der Treibhausgase und 55% des Abfallaufkommens. Das hier also ein großes Problem und auch ein großes Potenzial für eine zirkuläre Wertschöpfung schlummert, sieht auch Sabine Flamme von der Fachhochschule Münster so.
Da muss sich etwas dringend ändern. Der regulatorische Rahmen wird sowohl von der EU als auch von den nationalen Regelungen, etwa dem Kreislaufwirtschaftsgesetz des Landes Nordrhein-Westfalen festgelegt.
Um qualitativ hochwertige Recyclingbaustoffe zu erhalten, muss aber schon beim Rückbau begonnen werden. Dort lassen sich schadstoffbelastete Bauteile am einfachsten ausschleusen.
Noch besser wäre es, wenn bereits bei der Herstellung von Baustoffen und Bauteilen an ein späteres Recycling angedacht wird. Man kann auch eventuell über Materialpässe oder ähnliches nachdenken, um die Datenlage über die Art und Qualität der verbauten Stoffe zu verbessern.
Soweit zum ersten tag der DCONex in diesem Jahr. Ich hab mich mal wieder entschlossen, den zugehörigen Blogbeitrag in zwei Teile aufzuteilen. Der zweite Tag kommt auch noch dran, versprochen. Da wird es wieder um die Analytik und die dünnen Fasern gehen. Die Bilder zur DCONex sind unter https://flic.kr/s/aHBqjBZPe9 zu finden.