Ein Besuch auf der Internationalen Bauaustellung in Hamburg
BLOG: Mente et Malleo
Letztens hatte ich die Gelegenheit, die Internationale Bauausstellung in Hamburg Wilhelmsburg zu besuchen. Während meiner Hamburger zeit hatte man ja so manches über Planung und Bau der Ausstellung gehört, also sollte man auch die fertige Ausstellung mal gesehen haben. Und es lohnt sich wirklich.
Die Stimme eines unbekannten Anwohners? Mich jedenfalls nervt die IBA nicht. Und ich hoffe, mir noch vieles ansehen zu können. Eigenes Foto, CC-Lizenz.
Die ganze Ausstellung ist eigentlich zu groß und zu komplex (und auch zu sehr über die ganze Stadt verteilt), um an einem Nachmittag abgehandelt zu werden. Daher haben wir uns als erstes die Projekte zu den Metrozonen in Wilhelmsburg vorgenommen. Und dabei einige interessante Häuservarianten zu sehen bekommen.
Eines der Themen, das sich durch die von uns besuchten Häuser zieht, lässt sich auch relativ gut mit geowissenschaftlichen Themen verbinden. Allem voran die Schonung von Ressourcen, seien es die zum bau benötigten Stoffe oder die zum späteren Betrieb der Häuser. In einer endlichen Welt, wie die in der wir nun einmal Leben, können die Ressourcen nun einmal nicht endlos sein. Von daher ist es durchaus sinnvoll, sich bereits bei der Planung von Gebäuden über die sinnvolle und sparsame Nutzung der zur Verfügung stehenden Stoffe ausgiebig Gedanken zu machen.
“Grundbau und Siedler”, ein Haus im Ikea-Stil. Eigenes Foto, CC-Lizenz.
Das fängt beim Bau an, wie die “Smart Price Houses” zeigen. Hier sollen vor allem die Ressourcen in den Geldbeuteln der späteren Bewohner geschont werden. Preiswert und doch flexibel sollen sie sein, damit sich die Menschen auch in der Zukunft das Wohnen in der Stadt noch leisten können. Denn Wohnen in der Stadt könnte auch noch an anderer Stelle positive Auswirkungen haben. Die Landschaft wird nicht so zersiedelt, und der Pendlerverkehr wird verringert und/oder kann auf die öffentlichen Nahverkehrsmittel innerhalb der Stadt umsteigen. Die Idee also ist aus meiner Sicht schon einmal nicht verkehrt. Bleibt die Ausführung.
Das erste Beispiel sieht ein bisschen so aus, als wenn es noch nicht ganz fertig ist. Und das dürfte richtig sein. Das Projekt “Grundbau und Siedler” setzt auf bauliche Selbsthilfe. Den künftigen Bewohnern wird schlicht die Konstruktion, die tragenden Decken und die Anschlüsse zur Verfügung gestellt. Den Rest, angefangen von den Außenwänden bis hin zum Grundriss der Wohnung ist dann die Sache der späteren Eigentümer. Das wird natürlich mit großen und vor allem innovativen Worten begleitet. Da mag auch sicher was dran sein. Nur ist es so neu nicht. Das Ganze hat mich ein klein wenig an meine zeit in Afrika erinnert (das dürfte aber auch in anderen Ecken der Welt so ablaufen). Auch dort wird, mit ziemlich dem selben Grundriss zuerst die Gebäuderohstruktur aus Säulen und Decken hochgezogen. Erst später mauern dann die Eigentümer ihre Wände hinein.
“CSH Case Study Hamburg”. Eigenes Foto, CC-Lizenz.
Äußerlich ansprechender fand ich da schon “CSH Case Study Hamburg“. Holz ist für mich einfach immer ein Hingucker und ein toller Werkstoff. Und die Loggien dürften im Sommer ein toller Ort sein.
Spannend war auch das “Case Study #1“, die loftartigen Innenräume machen was her und so ein Dachgarten sollte eigentlich ein Muss in der Stadt sein.
“CSH Case Study #1”. Eigenes Foto, CC-Lizenz.
Grün und mit plakativer Fassadengestaltung. Was mag hier wohl passieren? Das Bild hat übrigens zu einem witzigen Haiku inspiriert Eigenes Foto, CC-Lizenz.
Ein Highlight stellt wohl das BIQ dar. Ein Haus mit vorgebauten “Aquarien”, in denen einzellige Algen gezüchtet werden. Diese Aquarien vor der Fassade sehen zwar so aus, aber sie sind nicht verschiebbar. Wie uns erzählt wurde, war das einst wohl geplant, aber die Technik hätte das wohl nicht zugelassen. Denn die Algen werden nicht nur mit Wasser, Kohlendioxid und Nährstoffen versorgt, sie müssen auch geerntet werden. Denn das Ganze dient ja keinem dekorativen Spleen, sondern der Energieerzeugung. Der Rest der Sonnenenergie wird von der hinter den Algenbecken liegenden Fassade absorbiert und kann entweder direkt zum Heizen oder zur Erzeugung von Warmwasser dienen, oder er wird in einer geothermischen Anlage in der Erde für kalte Zeiten gespeichert.
Das “BIQ” mit seinen vorgehängten Algenaquarien. Dies ehen zwar so aus, können aber nicht seitlich verschoben werden, leider. Eigenes Foto, CC-Lizenz.
Besonders wurde auch das Interieur des Hauses angepriesen. Hier sollte ein innovatives Konzept Flexibilität und Anpassungsfähigkeit demonstrieren. Nun, ja, Innovativ ist wohl ein gutes Wort. Gut gemeint könnte man auch sagen. Meiner eigenen unbescheidenen Meinung nach war die besuchte Musterwohnung so flexibel, dass sie schon wieder unflexibel war. Bett, Bad, Küche und Sitzecken konnte man nach Belieben wegklappen, den Rest auch. Was aber dazu führte, dass eigentlich jeder Quadratzentimeter der Wohnfläche für irgendein klappbares Teil reserviert war. Man konnte also nicht mal einen Stuhl oder einen Hamsterkäfig aufstellen, ohne dass er nicht mindestens einmal am Tag im Wege sein würde. Die Ganze Wohnung war quasi ein einziger Durchgang. Und dann die Farben! Grau, die Innenseite (nach dem Aufklappen!) der Küche pink! Auch andere Innenklappen seltsam poppig. Grausam! Und an einer Stelle hat dem Architekten meiner Meinung nach schlicht der Mut gefehlt. Nirgends (außer auf den Loggien an der Seite) kann man direkt durch die Algenbecken gucken. Ich hätte die aber wenigstens im Badbereich als Sichtschutz genutzt und dahinter das Fenster gebaut. Dann könnte man morgens beim Baden das grüne Licht genießen und den Kohlendioxidblasen zuschauen, wie sie die Algensuppe durchrühren.
Blubb! Zumindest von der Terrasse aus kann man die Algensuppe blubbern sehen. Für ein Fenster hinter den Becken fehlte wohl irgendwie der Mut. Es hätte aber bestimmt etwas meditatives. Eigenes Foto, CC-Lizenz.
Ein anderes interessantes “Smart Material House” ist das “Soft House“. Hier soll eine flexible, auf einer Membran installierte Solaranlage Energie gewinnen und für Schatten auf der Terrasse im Obergeschoss sorgen. Ursprünglich war wohl statt der massiven Trägerkonstruktion eine filigranere aus Drähten vorgesehen. Aber Hamburg mit seinen teilweise recht windigen Tagen machte eine stabilere Halterung notwendig. Abgesehen davon wird eine Drahtverspannung bei Wind auch unangenehm laut, wie jeder Segler wohl bestätigen kann. Ab Windstärke 6 singt der Wind in der Takelage. Die einzelnen Lamellen sollten sich eigentlich wie eine Sonnenblume immer der Sonne zuwenden, aber die dahinter stehende Technik verweigerte sich derzeit. Ich bin mal gespannt, ob die das noch in den Griff bekommen.
Soft House, mit seiner an Sonnensegen erinernden Photovoltaikanlage, die aber interessanterweise in die falsche Richtung zeigte. Hier sollte die Mechanik wohl den Praxistest erst nochbestehen. Eigenes Foto, CC-Lizenz.
Von den “Smart Material Houses” gibt es noch einige. Smart ist Grün zum Beispiel. Hier soll mit Hilfe von Solarthermie, Photovoltaik und PCM-Materialien (Phase Change Material) nicht nur die Heizkostenabrechnung klein gehalten werden, das Haus soll sogar mehr Energie erzeugen, als es selber verbraucht. Angenehm für die Bewohner dürften auch die großen Balkone sein.
Die Balkone haben Stil, oder? Eigenes Foto, CC-Lizenz.
Wie gesagt, ich mag Holz, auch als Baustoff für Häuser. Und der Woodcube ist wirklich eine interessante Sache. leider wurde sich nicht gescheut, das ganze auch noch reichlich esoterisch zu verbrämen. Angeblich soll das Holz “Mondholz” sein. Nun ja. Aber ein mehrgeschossiges Vollholzhaus hat doch auch was. Nur der Kern mit Treppenhaus und Fahrstuhl ist aus Beton. Und im Inneren wurde Zirbelkieferholz verbaut, was sich in einem angenehmen Duft bemerkbar macht. So eine Wohnung hätte sicherlich was.
Damit auch jeder weiß, um welches Haus es sich hier handelt, prangt der Name am Balkon. Eigenes Foto, CC-Lizenz.
Die Waterhouses sind auch ein Hingucker. Und die Wohnungen in den Häusern sollen weggegangen sein wie die sprichwörtlichen warmen Semmeln. Kann man verstehen, auch wenn man, solange die internationale Gartenschau und Die IBA stattfindet, ein gehöriges Maß an Zooinsassen-Mentalität an den Tag legen sollte.
Wohnen am Wasser. Solange aber die Gartenschau läuft, auch irgendwie im Zoo. Eigenes Foto, CC-Lizenz.
Die Hybrid-Houses sollen Wege zeigen, wie man Arbeit und Wohnen miteinander verbinden kann. dabei sagt mir das Haus “Hybride Erschließung” deutlich mehr zu als das IGS-Zentrum am Inselpark 1, das mich irgendwie mit seiner Farbgebung an militärischen Fleckentarnlook erinnert. Und das ist wohl auch nicht ganz unabsichtlich, wie man aus der Nähe erkennen kann. Um das Gebäude wurden hochkant gestellte Trockenrasen angelegt.
“Hybride Erschließung” ist ein seltsamer Name für das Haus. Irgendwie ziemlich fantasielos, oder?. Eigenes Foto, CC-Lizenz.
Das IGS Zentrum gibt sich modisch im Fleckentarn… Eigenes Foto, CC-Lizenz.
…und der ist farblich mit der Umrandung aus Mauerpfeffer und Co abgestimmt. Eigenes Foto, CC-Lizenz.
Einfach ne Windmühle drauf (früher waren da mehrere) und die alte Mülldeponie wird zum “Energieberg“. Vielleicht mein nächstes IBA Ziel. Die Sanierung war damals ein echtes Stück Arbeit, unddie Sicherungsmaßnahmen werden hier auch vorgestellt. Der Berg kann auch betreten werden, das war früher nicht möglich. Eigenes Foto, CC-Lizenz.
traurig
Architektonisch gesehen absolut grauenhaft, die Häuser sehen entweder aus wie Flickwerk ohne Konzept oder Stangenware ohne Fantasie/Mut.
Einzig die Ideen (Algen, Ikea-Haus, Sonnensegel) sind interessant, die Umsetzung allerdings kriegt von mir ne glatte Sechs.
Das Einzige, was einige Häuser ästhetisch ein wenig rettet, ist die Holzfassade.
Vielleicht sollte man die Architektur vollautomatisieren, mehr als unpersönliche Rasterklötzchen scheinen Architekten nicht mehr zustande bringen zu können und das schaftt ja wohl auch eine Software…