Geo Foto: Totwasser und interne Wellen

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Vor Flussmündungen oder an Küsten mit abtauenden Gletschern kann Schiffen manches Mal etwas Unheimliches widerfahren. Obwohl sich die Wassertiefe nicht ändert und sich an der Wasseroberfläche nichts kräuselt, bremst das Schiff wie von Geisterhand ab und kommt zum Stillstand. Das hatte bereits der norwegische Forscher Fridtjof Nansen erleben müssen, als er 1893 sein Schiff Fram von ohne erkennbare Ursache von rund 7 Knoten (ca. 13 km/h) auf nur noch 1,5 Knoten abgebremst wurde. Er war in so genanntes Totwasser geraten. Leichteres Wasser, beispielsweise Süßwasser, hatte sich über schwereres Salzwasser gelagert. Das fahrende Schiff hatte an der Grenzfläche Wellen erzeugt, welche sich bremsend auswirkten. Dabei ist an der Oberfläche meist wenig von den Vorgängen unter Wasser zu sehen und früheren Seeleuten muss es wie die Auswirkung böser Mächte vorgekommen sein. Jetzt haben französische Forscher um Thierry Dauxois von der Universität in Lyon das Phänomen in einem Tank nachgebildet und gefilmt. In einer drei Meter langen Wanne schichteten sie leichteres, gefärbtes Süßwasser über schwereres Salzwasser und ließen ein Modellschiff darin fahren. Hinter dem Heck des Bootes bildete sich eine deutlich erkennbare Welle an der Grenzschicht zwischen dem Salz- und dem Süßwasser, welche das Boot abbremste. An der Wasseroberfläche zeigte sich gleichzeitig kein Hinweis auf die Vorgänge.

 

 

Auch unsere Ozeane besitzen unterschiedliche Wasserschichten. Tiefes Wasser ist kälter und salzhaltiger und damit dichter als Oberflächenwasser, welches wärmer und ärmer an Salz ist. Diese Unterschiede in der Dichte des Wassers verursachen eine Schichtung und werden gerne auch dafür verwendet, um U-Boote zu verstecken. Denn die verschieden dichten Wasserschichten verhalten sich wie unterschiedliche Flüssigkeiten, zum Beispiel in ihrer Fähigkeit, Schall zu leiten. Und natürlich können an den Grenzflächen der Schichten eben auch Wellen entstehen, auch ohne darüber hinwegfahrende Schiffe. Wenn zum Beispiel Strömungen das Wasser über Untiefen bewegen, können in den dichteren Wasserschichten Wellen entstehen. Diese internen Wellen können manchmal mehrere zehner Kilometer lang sein. Sie sind aber an der Wasseroberfläche oft nicht zu erkennen. Sie beeinflussen aber die Strömung in der darüber liegenden Wasserschicht, welches von den Wellenköpfen in Richtung Wellentälern fließt. Das wieder beeinflusst die Wellen an der Wasseroberfläche und führt zu abwechselnd rauerem und ruhigerem Wasser. Da raues Wasser aber ein anderes Reflexionsvermögen besitzt als ruhigeres, können auf diese Weise manchmal die internen Wellen von Satelliten aufgespürt werden. Das untere Bild des Advanced Land Imager (ALI) vom Satellit Earth Observing 1 zeigt sowohl Oberflächenwellen als auch interne Wellen in der Andamanensee. Die Insel ist Barren Island mit einem aktiven Vulkan, der zum Zeitpunkt der Aufnahme (6. März 2007) gerade Dampf ausstieß. Die kleinen, auf dem Bild fast horizontal verlaufenden Oberflächenwellen sind gegenüber den großen, diagonal verlaufenden internen Wellen kam erkennbar. Der Maßstab gibt eine ungefähre Vorstellung von der Wellenlänge der hier zu sehenden internen Wellen. Die genaue Kenntnis der Schichtungen des Ozeans kann auch dabei helfen, die Verteilung von Schadstoffen in den Ozeanen besser zu verstehen.

 

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Gunnar Ries studierte in Hamburg Mineralogie und promovierte dort am Geologisch-Paläontologischen Institut und Museum über das Verwitterungsverhalten ostafrikanischer Karbonatite. Er arbeitet bei der CRB Analyse Service GmbH in Hardegsen. Hier geäußerte Meinungen sind meine eigenen

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