Vom 8 Geologentag und der GEC Geotechnikmesse in Offenburg #1

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Mit Verstand und Hammer die Erde erkunden
Mente et Malleo

Letzte Woche fand vom 17.10 bis 18.10. in Offenburg parallel der 8. Geologentag und die GEC Geotechnik Expo und Congress statt. Die GEC in diesem Jahr zum ersten Mal Das war mal wieder ein guter Grund, ein paar Tage in den Süden der Republik zu reisen, und sich die Sache einmal aus der Nähe anzusehen.

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Das Programm war recht eng gepackt. Eigenes Foto, CC-Lizenz.

Ob die Verbindung Geologentag mit seinem Programm und Messe mit ihrem Programm für alle Beteiligten so geschickt war, weiß ich nicht. Klar, ohne den Geologentag wäre ich sicher nicht bei der GEC aufgeschlagen. das war sicher ein Vorteil. Andererseits war das Ganze dann auch so überfrachtet, dass man sich hätte zerteilen müssen, um an allen interessanten Veranstaltungen teilnehmen zu können. Zum Glück waren die Wege nicht sehr weit, so dass man alles ziemlich eng packen konnte.
Nach den Begrüßungen durch die Oberbürgermeisterin der Stadt Offenburg, Frau Edith Schreiner und der Vorsitzenden des Berufsverbandes Deutscher Geowissenschaftler Frau Dr. Ulrike Mattig, kam auch gleich der erste interessante Vortrag über die geologischen Anforderungen der Endlagersuche für unseren lieben Atommüll durch Volkmar Bräuer von der BGR.

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Edith Schreiner, die Oberbürgermeisterin der Stadt Offenburg. Eigenes Foto, CC-Lizenz.

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Frau Dr. Ulrike Mattig, Vorsitzende des Berufsverbandes deutscher Geowissenschaftler. Eigenes Foto, CC-Lizenz.

Die Suche und Auswahl eines Standortes für ein Endlager für Wärme entwickelnde radioaktive Abfälle soll drei Grundsätzen folgen:
Der Standort sollte mindestens für 1 Million Jahre Sicherheit gewährleisten, also geologisch hinreichend stabil sein. Weiterhin soll das Prinzip der weißen Deutschlandkarte gelten, nach der kein Ort bevorzugt betrachtet wird, aber auch kein Ort von vorneherein aus politischen Gründen ausgeschlossen wird. Und die Findung des zukünftigen Standortes soll schrittweise geschehen.
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Volkmar Bräuer hält den Impulsvortrag zu einem Thema, das uns alle angeht, und das uns Geowissenschaftler sicher noch einige Jahre in Atem halten wird.Eigenes Foto, CC-Lizenz.

Die erste Bedingung lässt Gebiete mit seismischer Aktivität, wie beispielsweise den Oberrheingraben, schon einmal ausscheiden. Gleiches gilt für vulkanisch aktive Gebiete und aktive Störungszonen (die ja oft auch schon seismisch aktiv sind). Schon alleine damit sollten einige Gebiete der Bundesrepublik aus dem Raster herausrutschen.

Als in Frage kommende Wirtsgesteine werden Salz, Tongesteine und Granite ins Auge gefasst. Tongesteine und Granite spielen ja auch in anderen Ländern eine deutliche Rolle bei der Suche nach möglichen Endlagern, und immer wieder werden auch in Deutschland die Argumente für und wider verschiedener Alternativen für das hier gerne bevorzugte Salz angeführt. Aber wenn man sich die Anforderungen hinsichtlich der Temperaturbeständigkeit und -belastbarkeit, Undurchlässigkeit, Festigkeit, dem Verformungsverhalten, der für den Ausbau des Endlagers sehr wichtigen Hohlraumstabilität sowie dem Lösungs- und Sorptionsverhalten anschaut, steht Salz nicht schlecht da. Bis auf das Lösungs- und Sorptionsverhalten ist bei Salz nämlich von den Materialeigenschaften alles im mehr oder weniger optimalen Bereich. Die Festigkeit ist zwar nur mittel, aber es zeigt sich viskos und schließt Hohlräume von selbst, was für ein Endlager eigentlich keine schlechte Option ist.
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Dr. Volkmar Bräuer von der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe. Eigenes Foto, CC-Lizenz.

Ton hingegen hat zwar sehr gute Sorptionseigenschaften und eine ebenfalls gute Undurchlässigkeit, aber seine Temperatureigenschaften sind meist weniger gut als die von Salz, und die Hohlraumstabilität ist ziemlich mies. Granite, zumindest die in Deutschland anzutreffenden, sind oft geklüftet und liegen daher im Bereich der Durchlässigkeit oft weit hinter salz und Tongesteinen. Ungeklüftet können sie allerdings mithalten. Das bedeutet, dass im Kristallin dem Lagerungsbehälter die Hauptbarrierewirkung unterliegt, während im Ton und Salz dem Behälter noch eine zuweite Hauptverteidigungslinie, nämlich das Wirtsgestein folgt (den Versatz wollen wir nicht vergessen). Zudem ist die Bergbauerfahrung im Ton in Deutschland nur unterentwickelt. Dagegen sind Granit (Erzbergbau) und Salz bekanntes Terrain, ein Faktor, den man nicht einfach unterschätzen sollte.

 

Ein Faktor, den ich als Geowissenschaftler immer wieder etwas zum schmunzeln finde, ist die Idee der Rückholbarkeit. Prinzipiell ist es natürlich nicht übel, bei einer Fehlkalkulation den ganzen Klumpatsch schnell wieder aus dem Loch zu holen. Wenn man nicht daran denkt, kann man schnell wie beispielsweise bei der Asse, vor einem ernsten Problem stehen. Auf der anderen Seite allerdings habe ich da immer ein kleines mentales Problem. Da wird nämlich schnell von Hybris geredet, wenn Geowissenschaftler von den 1 Million Jahren Standortsicherheit aus geologischer Sicht sprechen. Wie könne man denn für einen so langen Zeitraum eine Prognose abgeben? Kann man, sicher nicht mit absoluter Sicherheit, aber rückblickend und mit genügend Sicherheitsraum klappt das schon ganz gut. Immerhin haben wir in Deutschland einige Gebiete, wo in den letzten 1 Million Jahren nicht viel passiert ist, und in denen sicher auch in den nächsten nichts weltbewegendes stattfinden wird (OK, komme mir jetzt niemand mit Asteroiden und dergleichen, ich rede von vorhersehbar).
Auf der anderen Seite soll das Konzept der Rückholbarkeit diese für 500 Jahre (mindestens) garantieren. Während also einerseits geologische Prognosen bespöttelt werden, gibt man hier eine für die Zukunft unserer Gesellschaft ab. Und das für einen, gesellschaftlich gesehen sehr langen Zeitraum. Wer das nicht glauben mag, kann sich ja mal die Welt vor 500 Jahren vorstellen. Sicher hat damals kaum einer die Erde für eine Scheibe gehalten, aber für das Zentrum des Universums hielt man sie noch immer (abgesehen von wenigen Gelehrten, denen griechische und islamische Schriften zugänglich waren, Kopernikus veröffentlichte sein Werk De Revolutionibus Orbium Coelestium wurde erst 1543 veröffentlicht). Kaiser Maximilian I herrschte über das Heilige römische Reich deutscher Nation (dessen Reichsverfassung interessanter Weise eines der Vorbilder für die heutige US-Verfassung war). Irgendwo im Westen war gerade Neuland entdeckt worden. Mal im Ernst, alleine die Umbrüche in unserem Land in den letzten 100 Jahren sollten einen bei dem Gedanken an “Rückholbarkeit” eigentlich schaudern lassen. Außerdem würde eine Sicherung auf diese Weise durchaus beträchtliche “Ewigkeitskosten” verursachen. Andererseits könnten sich die Abfälle ja in Zukunft als brauchbare Ressourcen herausstellen. Dazu kam in einem anderen Vortrag interessantes.

Was ich auch interessant fand: in der 33-köpfigen Kommission, welche das zukünftige Endlager aussucht, sollen neben dem Vorsitzenden jeweils 8 Leute für den Bund, und 8 für die Länder sitzen. Weiterhin 8 Wissenschaftler und jeweils 2 Vertreter der Industrie, der Gewerkschaften, von Umweltorganisationen und (was ich bemerkenswert finde) der Religionsgemeinschaften.

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Gunnar Ries studierte in Hamburg Mineralogie und promovierte dort am Geologisch-Paläontologischen Institut und Museum über das Verwitterungsverhalten ostafrikanischer Karbonatite. Er arbeitet bei der CRB Analyse Service GmbH in Hardegsen. Hier geäußerte Meinungen sind meine eigenen

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