Druckwelle einer Schneelawine – Video vom Kapuche Lake, Nepal
Vom Kapuche Lake in Nepal gibt es ein interessantes Video einer Schneelawine, das ich hier nicht vorenthalten möchte.
Die Lawine
Man kann auf dem Video einige der Eigenschaften einer großen Lawine gut erkennen. Bemerkenswert ist auch die enorme Wucht der Druckwelle, die von einer Lawine dieser Größe ausgelöst wird. Das gibt auch eine ungefähre Vorstellung von den Druckwellen, die von größeren Bergstürzen ausgelöst werden, wie sie etwa beim Erdbeben 2015 in Nepal auftraten.
Das Video zeigt eine Gruppe bei einer Tour mit Booten auf dem See. Die Lawine tritt ungefähr bei Minute 1 in Erscheinung und rast eine schmale Schlucht herab. Man kann sehr gut die Wucht erahnen und sieht, wie weit die Lawine die gegenüberliegenden Hänge der sich windenden Schlucht hinaufreicht. Bei größeren Lawinenereignissen müsste man also schon sehr hoch über der eigentlichen Lawinenbahn sitzen, um absolut sicher zu sein. Zumindest bei scharfen Wendungen der Bahn der Lawine. Ich gehe stark davon aus, dass dies selbstverständlich auch für größere Erdrutsche gilt.
Bei Minute 1:17 und noch einmal bei 1:47 kann man gut erkennen, wie die Lawine auch größere Höhenunterschiede überwinden kann. Man kann sich also im Weg einer größeren Lawine nirgends wirklich sicher fühlen, auch wenn man vermeintlich weit oberhalb ihres Weges steht.
Die Druckwelle
Längere Strecken ohne Gefälle nehmen (zumindest in diesem Fall) der Lawine schnell ihre Kraft. Als die Lawine ab Minute 2:50 den See erreicht, wird schnell deutlich, dass ihre Wucht nicht ausreicht, um die Beobachter in Gefahr zu bringen. So scheint es zumindest, bis einige Zeit später die Druckwelle die Gruppe erreicht.
Der durch die Lawine ausgelöste Windstoß kommt für die Gruppe ziemlich unerwartet und ist stark genug, ihre Zelte loszureißen. Erst nach einigen Minuten ist der ganze Spuk vorüber.
In diesem Fall reichte eine im Vergleich zu großen Erdrutschen durchaus überschaubare Schneemenge für ein eindrucksvolles Beispiel. Man stelle sich stattdessen einen großen Erdrutsch vor, der wie im Gefolge des Gorkha-Erdbebens in Nepal 2015 auftraten. Die Lawine aus Erd- und Eismassen des Langtang-Erdrutsches löste eine Druckwelle aus, die stark genug war, um Bäume umzuwerfen [Collins & Jibson 2015].
Collins, B.D., and Jibson, R.W., 2015, Assessment of existing and potential landslide hazards resulting from the April 25, 2015 Gorkha, Nepal earthquake sequence (ver. 1.1, August 2015): U.S. Geological Survey Open-File Report 2015–1142, 50 p., http://dx.doi.org/10.3133/ofr20151142.
Eine der schlimmsten Lawinenkatastrophen ereignete sich 1970: https://en.wikipedia.org/wiki/1970_Huascar%C3%A1n_debris_avalanche
Doch auch vor ein paar Tagen wurde bewohntes Gebiet verwüstet: https://indianexpress.com/article/india/uttarakhand-flash-floods-glacier-burst-live-updates-rescue-operations-7180534/
Zur Sturzflut in Indien gibts auch was auf Spektrum Bergsturz löste tödliche Sturzflut aus https://www.spektrum.de/news/bergsturz-loeste-toedliche-ueberflutung-im-himalaja-aus/1830610
Der Himalaya ist riesiger Schutthaufen, der immer wieder einmal in sich zusammen stürzt:
https://labo.obs-mip.fr/multitemp/pleiades-images-of-the-uttarakhand-disaster/
Besonders gefährlich sind die zahlreichen Gletscherseen, die unvermittelt auslaufen:
The Sabai Tsho glacial lake outburst flood of 3 September, 1998 in Nepal
https://treks.org/lakeng98.htm
Der Maximalausfluss aus diesem See wurde auf 10.000m3/s geschätzt (Donau an der Mündung im Mittel 7.000 m3/s).
Vier Jahre vorher waren wir das Hinkutal hineingelaufen und hatten unterhalb der Endmoräne für zwei Tage unser Lager aufgeschlagen (erstes Video, Hinku Tal ab 30:00min, See ab 33:00min).
http://mistelberger.net/testjAlbum/1994/1994-11-12/index.html
Auf dem Rückweg machten wir einen Abstecher von Namche Bazar nach Thame. Auch dieses Tal war durch den Ausbruch eines Gletschersees verwüstet worden:
https://www.researchgate.net/publication/271811212_The_1985_Catastrophic_Drainage_of_a_Moraine-Dammed_Lake_Khumbu_Himal_Nepal_Cause_and_Consequences
Beeindruckend, was da für Kräfte walten.
Mich wundert es, dass die Jungs im Angesicht der weißen Wolken nicht zusehen, in höheres Gelände zu kommen? Sind die ahnungslos oder ignorant? Auf den Videos sieht man doch, dass sich in ihrem Rücken/neben ihnen ein kleiner Hügel befindet, der ein Stück über die Höhe des Sees hinausragt und einen gewissen Schutz bei einer Flutwelle bietet.
Der Kapuche See ist ein beliebtes Wanderziel unweit einer lange bestehenden Siedlung. Vermutlich sind weit hinten im Tal vom Annapurna-Kamm seit Menschengedenken jedes Jahr Lawinen abgegangen ohne dass am See jemand zu Schaden gekommen war.