Die Spur des Todes

BLOG: Mente et Malleo

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Spurenfossilien verraten uns viel über ihre Verursacher, und in ganz seltenen Fällen wird dieser mit ihnen zusammen erhalten. Diese so genannten mortichnia stellen einen seltenen Glücksfall dar, vor allem, wenn sie auch noch lang sind.

Mesolimulus walchi with trace
Die letzten Zentimeter eines Pfeilschwanzkrebses der Spezies Mesolimulus walchi. Ihm ging es vermutlich ebenso wie dem Verursacher der langen Spur. By Ghedoghedo (https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Mesolimulus_walchi_with_trace.JPG), „Mesolimulus walchi with trace“, https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/legalcode, via Wikimedia Commons
Vor rund 150 Millionen Jahren, mitten im Zeitalter des Jura, spielte sich ein Drama ab. Ein Pfeilschwanzkrebs wurde möglicherweise durch einen Sturm in das Innere einer flachen Lagune befördert. Das Wasser im Inneren der Lagune war sehr sauerstoffarm, also nicht unbedingt gesundheitsförderlich. Daher versuchte der kleine Pfeilschwanzkrebs verzweifelt, sich aus seiner misslichen Lage zu befreien, doch je länger er in dem tödlichen Wasser blieb, desto schwächer wurde er. Bis ihn am Ende die Kräfte verließen…

Ich hatte ja schon ein paar mal darüber geschrieben, dass uns ausgestorbene Lebewesen nicht nur ihre versteinerten sterblichen Überreste hinterlassen haben. Spuren zum Beispiel. Und anders als alte Knochen (oder andere härtere Strukturen) bieten sie uns einen Einblick im Bewegungsabläufe, die uns dann wieder verstehen helfen, wie die sterblichen Überreste zusammen funktioniert haben. Und hier haben wir wieder einen dieser Glücksfälle.

Wobei, über den Begriff „Glücksfall“ können wir hier sicher streiten. Ich schätze, unser kleiner Protagonist hätte auf seine Rolle in dieser Geschichte gerne verzichtet. Wie so oft, ist auch hier das Unglück des einen Lebewesens das Glück eines anderen.

Und das Glück ereilte Paläontologen bereits 2002, als in einem Steinbruch bei Wintershof (Bayern) im Solnhofener Plattenkalk eine Spur eines Pfeilschwanzkrebses geborgen wurde. Das ist an sich zwar schon sehr schön, aber noch nichts sensationelles. Aber diese Spur hatte es in sich. Am Anfang der Spur liegt eine Stelle, an der der Krebs anscheinend gelandet war. Sie war insgesamt 9,7 Meter lang, zeigt verschiedentliche Kopfabdrücke, Schwanzabdrücke und verschiedene Bewegungsarten. Das verzweifelte Tier hatte mehrfach die Richtung gewechselt, um in bessere Gewässer zu entkommen. Und am Ende der Spur befand sich tatsächlich ein fossil überlieferter Pfeilschwanzkrebs. Das bedeutet, wir haben hier tatsächlich die letzten Minuten eines Lebewesens vor uns, das bereits vor rund 150 Millionen Jahren gestorben ist.

Fälle, in denen am Ende einer Bewegungsspur auch der Verursacher überliefert ist, sind in der Paläontologie recht selten, aber von unschätzbarem Wert. Das liegt nicht etwa daran, dass Paläontologen eine morbide Freude daran haben, die letzten Minuten eines Lebewesens zu beobachten. Aber es ist sonst oftmals ungeheuer schwer, eine Spur einem konkreten Lebewesen zuzuordnen. Und nur wenn eben das gelingt, kann die Spur uns auch etwas über die Lebensweise und die Bewegungen des Lebewesens verraten.

 

Hier ist ein Bild des Fundes in voller Länge.

 

Dean R. Lomax, Christopher A. Racay. 2012. A Long Mortichnial Trackway of Mesolimulus walchi from the Upper Jurassic Solnhofen Lithographic Limestone near Wintershof, Germany. Ichnos: An International Journal for Plant and Animal Traces, vol. 19, issue 3; doi: 10.1080/10420940.2012.702704

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Gunnar Ries studierte in Hamburg Mineralogie und promovierte dort am Geologisch-Paläontologischen Institut und Museum über das Verwitterungsverhalten ostafrikanischer Karbonatite. Er arbeitet bei der CRB Analyse Service GmbH in Hardegsen. Hier geäußerte Meinungen sind meine eigenen

1 Kommentar

  1. Fantastisch, sieht toll aus und wenn man dann noch an das Alter etc. denkt. Paper zum durchschauen heute Abend im Bett gerade ausgedruckt.

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