Die Intensität von Erdbeben

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Was beeinflusst die Intensität eines Erdbebens, also die Stärke der an der Oberfläche fühlbaren Erschütterungen? Wenn in den Medien über Erdbeben berichtet wird, wird deren Stärke meist über die Magnitude angegeben. Sehr oft verfolgt man dann in den sozialen Medien oder Diskussionsspalten, wie sich Leute verwundert die Augen reiben, das Erdbeben mit einer vermeintlich geringen Magnitude oftmals verheerende Auswirkungen mit vielen Toten zeigen, während in anderen Fällen selbst höhere Magnituden weniger Schäden und Tote verursachen. Die Zusammenhänge werden in einem interessanten Video von IRIS EPO gezeigt.

Dazu müssen wir erst einmal klären, was die Intensität und was die Magnitude eines Erdbebens eigentlich ist, und wie diese beiden zusammenhängen. Beide, sowohl Intensität als auch die Magnitude sind ein Maß für die Stärke von Erdbeben. Die Intensität wird jedoch Anhand der Auswirkungen der Erdbebenwellen auf Landschaft, Menschen und Gebäude auf der Oberfläche bestimmt (heutzutage geschieht dies meist ebenfalls instrumentell). Die Magnitude, hier meist die Momenten-Magnitude, ist das Maß für die bei dem Erdbeben freigesetzte Energie.

Den Zusammenhang dieser beiden Begriffe kann man am einfachsten anhand einer Glühbirne erläutern. Wenn die Glühbirne das Hypozentrum, also den exakten Ort des Erdbebens in der Erdkruste darstellt, dann wäre die Wattzahl dieser Birne die Magnitude. Die Intensität hingegen wäre die von dem jeweiligen Standort und der Entfernung zur Glühbirne abhängige Helligkeit.

Die Intensität nimmt, ähnlich wie die Helligkeit, mit zunehmender Entfernung zum Hypozentrum ab, wie man an den so genannten Shakemaps, den Karten der Erschütterungen, gut erkennen kann. Diese Karten wurden früher auf der Basis von menschlichen Beobachtungen und der Zerstörung angefertigt, Heute ermitteln Seismometer die Höhe der örtlichen Beschleunigung. Ganz grob gesagt; wie heftig wurde der Boden erschüttert, und wie oft änderte die Bewegung dabei ihre Richtung. Für das Erdbeben von 1906 in San Francisco erreichten die Gebiete mit der höchsten Intensität eine Beschleunigung von 1 g.

Intensität und Magnitude

In dem Video von IRIS EPO wird auch anhand von mehreren Beispielen gezeigt, wie die Intensität mit der Magnitude, also der bei dem Erdbeben freigesetzten Energie, zusammenhängt. Das Beispiel Kumamoto in Japan demonstriert das sehr gut. Hier ereigneten sich zwei Erdbeben, beide in 10 Kilometer Tiefe. 16 April 2016 eines mit der Magnitude 6,2. Starke Erschütterungen (Intensität VI) wurden bis in 40 Kilometer Entfernung gemessen. Ein zweites Beben ereignete sich dann am 15 April eines mit der Magnitude 7.0, also 20 fache Energiefreisetzung. Hier konnten starke Erschütterungen der selben Intensität bis in 100 Kilometer Entfernung gemessen werden.

Intensität und Entfernung

Die örtliche Intensität hängt auch von der Entfernung zum Epizentrum ab, wie man an der Erschütterungskarte eines Erdbebens vom 22. Februar 2006 in Mosambik mit der Magnitude 7.0 gut erkennen kann. Hier verlaufen die Gebiete mit den Intensitätsstufen sehr schön konzentrisch um das Epizentrum herum.

Wenn die Entfernung vom Ort des Bebens so entscheidend ist, dann natürlich in der Vertikalen,die Tiefe des Hypozentrums. Zum Beispiel ein Beben im Hindukusch 2015 mit einer Magnitude von 7,5. Das Hypozentrum dieses Bebens lag in einer Tiefe von 212 Kilometern. Obwohl eine große Fläche von starken Erschütterungen getroffen wurde, waren insgesamt nur 399 Menschenleben zu beklagen.
Dagegen lag das Hypozentrum des Kaschmir Erdbebens von 2005, ebenfalls mit einer Magnitude von 7,5, in nur 23 Kilometern Tiefe. Heftige Erschütterungen konzentrierten sich um das Gebiet direkt um das Epizentrum und verursachten dort schwere Schäden mit rund 87 000 Toten.

Intensität und Geologie

Außer der Entfernung zum Ort des Erdbebens spielt auch die lokale Geologe eine sehr große Rolle für die Intensität. Dies demonstriert das Loma Prieta Beben in Kalifornien von 1989 mit einer Magnitude von 6,9 sehr deutlich. Die dramatischen Bilder des kollabierten doppelstöckigen Highways haben sich vermutlich in die Erinnerung meiner Generation eingebrannt. Bei diesem Erdbeben traten mit die stärksten Erschütterungen und Zerstörungen nicht direkt am Epizentrum auf, sondern in Oakland und im Marina District von San Francisco. Beide Orte liegen gut 100 Kilometer vom Epizentrum entfernt und befinden sich auf wassergesättigten Sedimenten. Diese wassergesättigten Sedimente haben die ankommenden Erdbebenwellen verstärkt und damit die Intensität erhöht.

Der Effekt kann auch auf Seismogrammen von lokalen Stationen beobachtet werden. Erdbebenwellen, die sich vom Grundgebirge in sandige oder kiesige Sedimente bewegen, werden um einen Faktor 2 verstärkt. In den wassergesätttigten Sedimenten der Bucht wurden sie sogar um den Faktor 5 verstärkt, was dann zum Zusammenbruch des als erdbebensicher geltenden, doppelstöckigen Highways führte und 42 Menschenleben forderte.

Die wassergesättigten Sedimente bergen noch eine weitere Gefahr bei Erschütterungen. Sie neigen zur Verflüssigung, was auf ihnen errichteten Gebäuden und Infrastruktur jegliche Stabilität rauben kann. Es ist vermutlich eine besondere Ironie in der Geschichte, dass ausgerechnet der Marina District in San Francisco auf dem Schutt des Erdbebens von 1906 aufgebaut wurde, den man zur Landgewinnung in die Bucht kippte. In ausgerechnet hier kam es zu schweren Schäden durch die von dem Erdbeben ausgelöste Bodenverflüssigung.

Wie kann man sich schützen?

Am Schluss gibt es in dem Video noch einige sehr gute Tipps, wie man sich im Falle eines Erdbebens wenigstens minimal schützen kann. Zum einen sind die ersten spürbaren Erschütterungen nicht unbedingt auch die stärksten. Es bleibt also eine zumindest kurze Zeit, sich in Bodennähe und in Deckung zu begeben, bevor die stärksten Wellen eintreffen. Schnelles Handeln kann das Risiko schwerer Verletzungen oder schlimmerem durchaus minimieren.

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Gunnar Ries studierte in Hamburg Mineralogie und promovierte dort am Geologisch-Paläontologischen Institut und Museum über das Verwitterungsverhalten ostafrikanischer Karbonatite. Er arbeitet bei der CRB Analyse Service GmbH in Hardegsen. Hier geäußerte Meinungen sind meine eigenen

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