Der Boden des Jahres 2023 – Ackerboden

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Mit Verstand und Hammer die Erde erkunden
Mente et Malleo

Natürlich soll es auch 2023 wieder einen Boden des Jahres geben, wobei ich diesmal ein kleines Problem sehe. Denn für 2023 ist der Ackerboden als Boden des Jahres ausgewählt worden. Ja, natürlich, der Boden eines Ackers ist wichtig, von ihm hängt letztlich unsere Ernährung ab. Daher ist die Wahl eigentlich doch ganz folgerichtig, wenn man das Motto des diesjährigen Weltbodentags bedenkt, der wie in jedem Jahr Anfang Dezember stattfand. „Soils – where food begins“ lautete es dieses Jahr.

Ackerboden, so wichtig

Wie schön also, dass der Ackerboden nun auch mal endlich die ihm gebührende Beachtung bekommt, oder? Da ist nur ein klitzekleines Problem: Wenn ich mir so die mir bekannte bodenkundliche Literatur anschaue, gibt es keine allgemeingültige Definition für Ackerboden. Bei genauerem Hinschauen erkennt man, dass unter Ackerboden eine ganze Menge Böden zu finden sind, die sich vergleichsweise gut für den Ackerbau eignen (was den Boden des letzten Jahres ein wenig ausschließt, tut mir leid, lieber Pelosol…).

Unter dem Oberbegriff „Ackerboden“ finden sich also recht unterschiedliche Bodentypen, die sich durch gegebene Faktoren wie ihr Ausgangsgestein, ihren Wasserhaushalt unterscheiden und durch das Relief und das Klima geprägt werden. Ihnen gemeinsam ist, dass sie neben diesen natürlichen Faktoren noch durch die menschliche Bearbeitung stark geprägt sind.

Nutzungsgeschichte und Entstehung

Unsere mitteleuropäischen Ackerböden hatten bereits eine mehrere Jahrtausende lange Bodenentwicklung hinter sich, als der Mensch begann, als bodenbildender oder zumindest bodengestaltender Faktor einzugreifen.

Ab der Jungsteinzeit setzte sich in unseren Breiten verstärkt der Ackerbau durch. Diese Veränderung der Landnutzung veränderte die Landschaft dramatisch. Aus einer offenen Waldlandschaft entwickelte sich eine Kulturlandschaft. Die Pflanzengemeinschaften, welche die Böden besiedelten, wandelte sich. Wo einst Bäume standen, wuchsen jetzt Getreide wie Emmer und Einkorn, zwei urtümliche Spelzweizenarten. Daneben wurden Erbsen, Linsen, Lein und Mohn angebaut.

Ackerboden, der Vielfältige

Der Mensch nutzte eine Vielzahl von Bodenarten für seinen Ackerbau. Sehr beliebt waren etwa die mittel- bis tiefgründigen lehmigen Sande bis lehmigen Tone wurden zunehmend als Äcker genutzt, selbst bei hohen Steingehalten. Dabei wurden die ursprünglichen Böden durch die mechanische Bodenbearbeitung, Tiefenlockerung sowie Ent- oder auch Bewässerung und Düngung zunehmend verändert und vereinheitlicht. Regional kamen auch noch andere Maßnahmen hinzu wie etwa Plaggenwirtschaft (siehe Plaggenesch, der Boden des Jahres 2013).

Dadurch glichen sich so unterschiedliche Bodenarten wie etwa Braunerden, Parabraunerden, Tschernoseme und Podsole an und verwandelten sich durch die Aktivitäten des Menschen in Ackerboden um. Auch Grundwasser- und Stauwasserböden oder sogar Moore erlitten dieses Schicksal.

Bodenbearbeitung

Über die ersten Techniken und Geräte für die Bodenbearbeitung wissen wir recht wenig. Vermutlich begann man in der Jungsteinzeit, den Boden mit Hacken aus Knochen und Geweihen zu bearbeiten, der sogenannte Hackbau. Dabei war die Bearbeitungsintensität zunächst noch gering.

Erst gegen Ende der Jungsteinzeit und zunehmend mit der Fähigkeit, Metalle zu nutzen, kam der Pflug auf. Dieses Werkzeug ermöglichte dem Menschen, den Boden grundlegend umzugestalten.

Der Pflug wendet den Oberboden und arbeitet dabei Pflanzenreste von der Oberfläche ein. Dadurch entsteht eine Ackerkrume, die zunächst noch flach, zunehmend aber immer mächtiger wird. In Lössgebieten kann sie heute bis zu 3 oder sogar 4 Meter mächtig sein.

Die Bodenbearbeitung hat als Ziel die Schaffung von möglichst günstigen Keim- und Wachstumsbedingungen für die Nutzpflanzen. Eine Stabilisierung des Bodengefüges soll Verschlammung und Erosion vermeiden helfen. Pflanzenreste und organische Dünger werden in den Boden eingearbeitet, der Boden dabei aufgelockert. Dadurch wird die Versorgung der Wurzeln und der Bodenorganismen mit Sauerstoff verbessert und die organische Substanz schneller umgesetzt. Eventuell kann durch die Unterbrechung der Kapillaren auch der Verlust von Bodenfeuchtigkeit verhindert oder zumindest verlangsamt werden.

Negative Folgen

Parallel führte der Holzeinschlag zu einem schwinden der Wälder. Der Bedarf an Bau- aber auch Feuerholz stieg zu Beginn der Metallverarbeitung noch einmal rasant an. Durch Rodung wurden auch Wälder urbar gemacht. Etliche Siedlungsnamen tragen noch heute die Spuren dieser Rodungsperioden, wenn sie auf -rode, -reut oder ähnlich klingende Endungen tragen.

Das großflächige Roden der Wälder sowie die Umgestaltung der Vegetation auf periodische Nutzpflanzen zusammen mit der Bodenbearbeitung hatte aber auch unerwünschte Folgen für die betroffenen Böden. Es trat zunehmend ein Verlust an Humus ein. Dieser Rückgang an Humus führte zu einer Destabilisierung der Bodenstruktur. Zusammen mit dem Verlust einer stabilisierenden Pflanzendecke wurden die Böden anfälliger für die Erosion. Dadurch wurde wertvoller Boden in Senken und Tälern akkumuliert, was zu einer Angleichung des Niveaus führte. In manchen Gebieten wie etwa der Niederrheinischen Bucht war das Gelände ursprünglich viel stärker morphologisch ausgeprägt als es sich heute präsentiert. Schuld ist hier die Bodenbearbeitung des Menschen und der daraus resultierende Abtrag von Material in die Senken, wo sich bis zu 8 m mächtiges Kolluvium ansammelte.

Durch die zunehmende Entwaldung konnte auch der Wassergehalt der Böden steigen, es kam zunehmend zu einer Vernässung und zur Entwicklung von Feuchtbiotopen. Bodenmaterial wurde während Hochwasserphasen in Auen umgelagert. Ab dem Mittelalter wurden Feuchtgebiete und zunehmend auch Moore entwässert und teilweise zu Ackerland umgewandelt.

Ackerboden – Heutige Nutzung und Verbrauch

Natürlich wird auch heutzutage noch Ackerboden genutzt, sonst wären unsere Teller doch etwas leerer. Doch heutzutage wird Ackerboden nicht nur für menschliche Nahrung, sei es direkt oder indirekt über Tierfutter genutzt. Zunehmend gewinnt auch der Anbau von Pflanzen für die Energiegewinnung an Bedeutung. Auch Rohstoffe für die Verpackungsindustrie und Papierherstellung können angebaut werden.

Ackerboden in Gefahr

Möglich wird dies auch durch eine immer intensiver werdende Landwirtschaft, bei der die Kapazität der betreffenden Böden gegebenenfalls erhöht und voll ausgenutzt wird. Diese intensive Landwirtschaft hat aber auch ihre Schattenseiten. Sie erfordert einen hohen Einsatz an Maschinen und Düngemitteln sowie entsprechenden Pflanzenschutzmitteln, die den Boden belasten. So sind Ackerböden zunehmend von Bodenverdichtung durch immer schwerer werdende Maschinen betroffen. Überschüssige Düngung z.B. mit Gülle führt zu einer Nitratbelastung des Bodens und schließlich des Grundwassers. Dies ist z.B. in weiten Teilen Norddeutschlands ein ernstzunehmendes Problem. Ähnliches gilt für einen übermäßigen Gebrauch von Pflanzenschutzmitteln.

Manchmal sind es auch Stoffe, die ganz unerwartet in den Düngemitteln sind, und die dann zu erheblichen Problemen führen. So wurden zum Beispiel in der Umgebung von Rastatt in Baden-Württemberg rund 480 Hektar Ackerböden mit Kompost gedüngt, der mit Schlämmen aus der Papierproduktion vermischt war. Darin enthalten waren per- und polyfluorierte Alkylverbindungen, kurz PFAS, die sich im Boden, den Pflanzen und schließlich auch im Trinkwasser der Region wiederfanden. Hier wird inzwischen vom Anbau stark anreichernder Pflanzen wie z.B. Erdbeeren oder Spargel abgeraten.

Vergleichbar mit PFAS belastete Ackerflächen finden sich in vielen Gebieten, oft ist ebenfalls mit Papierschlämmen belasteter Düngemitteleinsatz die Ursache, aber es gibt auch andere Quellen.

Neben chemischen Belastungen kann auch die Erosion unseren Böden zusetzen. Besonders anfällig sind dabei Böden in Bereichen starker Topografie und zu Zeiten, in denen die Pflanzendecke Aufgrund von Ernte und Pflügen stark reduziert ist. Hier können unter anderem manchmal gescholtene Pflanzenschutzmittel auch helfen, die Erosionsgefahr zu reduzieren.

Verbrauch von Ackerboden

Ackerböden erfahren oft auch eine Nutzungsänderung. Nicht alle, aber sehr viele dieser Nutzungsänderungen können dazu führen, dass die Bodenfunktionen mehr oder weniger eingeschränkt werden.

Solange die ehemaligen Ackerböden zum Beispiel als Pferdeweide, als Golfplatz oder für eine Baumschule genutzt werden, bleiben die Bodenfunktionen zwar erhalten, die Nutzungsänderung hat aber trotzdem einen Einfluss auf die weitere Bodenentwicklung. So werden die Böden in Baumschulen zum Beispiel deutlich seltener umgegraben, dafür aber dann deutlich tiefer als es für Ackerböden üblich ist. Hingegen werden ehemalige Ackerböden, die als Weiden oder Reitplätze genutzt werden, deutlich extensiver genutzt als in ihrer ursprünglichen Funktion. Dennoch kann es auch hier, besonders bei einer starken Belegung, auch zu einer Belastung mit den Ausscheidungen der Tiere kommen.

Vielleicht würde man hier noch nicht von einem Bodenverbrauch sprechen, auch wenn durch die Umnutzung die Fläche der Ackerböden insgesamt abnimmt. Ähnlich sieht es aus, wenn Ackerflächen als Kompensation für Baumaßnahmen (ironischerweise ebenfalls oft auf ehemaligen Ackerflächen) umgewidmet werden. Auch hier bleiben meist die Bodenfunktionen meist erhalten.

Dagegen gehen die Bodenfunktionen zumindest teilweise verloren, wenn auf Ackerflächen zum Beispiel Strommasten errichtet werden. Die Fundamente der Masten verbrauchen Fläche, während der Schutzanstrich der Masten den umgebenden Boden belasten kann. Ebenso wird bei Windanlagen und Solaranlagen durch die Zuwege und die Fundamente Boden verbraucht. Zumindest in diesen kleinen Bereichen sind die Bodenfunktionen eingeschränkt oder gar ganz verloren.

Bei unterirdischem Leitungsbau, sei es für Stromtrassen oder Pipelines, kommt es ganz auf die Sorgfalt in der Ausführung an. Ist der Bau sachgemäß und möglichst bodenschonend, können die wesentlichen Bodenfunktionen erhalten bleiben.

Im Gegensatz dazu ist der Bau von Verkehrswegen oder Siedlungen sowie Gewerbegebieten auf ehemaligen Ackerflächen meist mit einem großflächigen und weitgehenden Verlust der Bodenfunktionen verbunden.

Dieser Flächenverbrauch lag 2017 noch bei rund 58 ha pro Tag und soll bis zum Jahr 2030 auf weniger als 30 ha pro Tag abgesenkt werden. Das klingt viel und es ist auch ein herausforderndes Ziel. Aber es scheint nicht ganz unmöglich, immerhin lag der Flächenverbrauch in den Jahren 1993 bis 2003 noch bei gut 120 ha pro Tag.

Wir sehen also, die Ackerböden sind vielfältig und es gibt sie überall. Sie sind die Grundlage unserer Ernährung und sie verdienen daher unsere volle Aufmerksamkeit und unseren Schutz. Behandeln wir die Böden doch einfach nicht wie den letzten Dreck.

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Gunnar Ries studierte in Hamburg Mineralogie und promovierte dort am Geologisch-Paläontologischen Institut und Museum über das Verwitterungsverhalten ostafrikanischer Karbonatite. Er arbeitet bei der CRB Analyse Service GmbH in Hardegsen. Hier geäußerte Meinungen sind meine eigenen

6 Kommentare

  1. @Bioanbau

    Ich vermisse hier die Auswirkungen von Bioanbaumethoden auf den Ackerboden. Durch Kompost steigt hier der Humusgehalt, durch weniger Maschineneinsatz nimmt auch die Verdichtung ab. Durch nicht komplettes Pflügen soll auch das Bodenleben gefördert werden. Zwischen- und Unterkulturen vermindern die Erosion. Über die Jahrzehnte soll dass so den Boden immer mehr verbessern können.

    Ein Übermaß an Stickstoffeintrag soll auch vermieden werden, wenn man den Mist erst kompostiert, bevor man ihn auf den Acker zurückbringt. Im Komposthaufen geht ein Teil des Stickstoffs in Luftstickstoff (N2) über.

  2. Ackerboden scheint mir grundsätzlich etwas temporäres, nicht nachhaltiges zu sein, denn er dient ja der Aufzucht von Nutzpflanzen, die schliesslich geerntet werden, womit dem Boden Material entzogen wird. Kein Ackerboden kommt deshalb ohne Düngung aus. Über die organische Landwirtschaft liest man beispielsweise:

    sie [Ökobauern] leben davon, pflanzliche und tierische Produkte zu verkaufen und entziehen dem “Ökosystem Bio-Betrieb” damit Nährstoffe und organische Substanz. Deshalb muss auch im Ökolandbau gedüngt werden. Das heißt die Nährstoffvorräte im Boden mit für den Ökolandbau gesetzlich zugelassenen, organischen und mineralischen Düngemitteln ausgleichen.

    Neben Leguminosen düngen Bio-Bäuerinnen und Bio-Bauern ihre Felder mit langsam wirkenden organischen Düngern wie Mist oder Kompost aus dem eigenen Betrieb. Tierische Reste wie Hornspäne oder Blutmehl kommen ebenfalls zum Einsatz. Zu den im Ökolandbau zugelassenen mineralischen Düngemitteln gehören Gesteinsmehle, Kalke, Kaliumsulfat, Schwefel und Spurenelementdünger.

    Doch sogar gute Praktiken beim Düngen machen Ackerland noch lange nicht zu etwas Nachhaltigem wie man auch dem obigen Beitrag entnehmen kann, liest man doch dort:

    In manchen Gebieten wie etwa der Niederrheinischen Bucht war das Gelände ursprünglich viel stärker morphologisch ausgeprägt als es sich heute präsentiert. Schuld ist hier die Bodenbearbeitung des Menschen und der daraus resultierende Abtrag von Material in die Senken, wo sich bis zu 8 m mächtiges Kolluvium ansammelte.

    Erosion gehört also auch zum Ackerbau.
    Wie oben erwähnt war Acker zudem vorher meist Wald. Die Rodung/Entwaldung etwa in Form des Abbrennes des Waldes liefert zuerst einmal so etwas wie eine erste Düngung. Mit jedem Jahr der Nutzung nimmt die Fruchtbarkeit ab. Das wohl ist der Grund für die Praxis des Slash&Burn, zu deutsch Brandrodung und das wiederholt, immer wieder an anderen Stellen.
    Brandrodung war/ist eine Kultivierungstechnik, die bereits 6000 Jahre vor Christus nachzuweisen ist. Sie wird heute in Teilen Afrikas und der Tropen immer noch praktiziert.

    Fazit: Ackerböden waren in der ganzen Geschichte der Menschheit nie etwas Dauerhaftes, Nachhaltiges. Erst in der jüngsten Neuzeit wird das zum Problem, da wir heute keine Landreserven mehr haben, die man bei Bedarf für den Ackerbau nutzen könnte. Deshalb wird es wichtig, Böden so zu nutzen, dass sie möglichst lang erhalten bleiben. Dazu gehören die richtige Düngung, das Vermeiden von Erosion und der richtige Umgang mit Wasser.

    • Martin Holzherr
      03.03.2023, 16:00 Uhr

      Die Konsequenz aus Ihrem “Fazit” wäre dann aber eher und wirklich nachhaltig, dass wir in Gewächshochhäusern in ( Aqua- )Kulturen die Lebensmittel mit sachgerechter Zufuhr von Nährstoffen erzeugen und die Umgebung wieder zu dem werden lassen, was sie mal war, bevor der ackerbauende Mensch Hand und Pflug an sie gelegt hat.

  3. Zu T. Jeckenburger
    “Ich vermisse die Auswirkungen von Bioanbaumethoden….”
    Da bauchen Sie nichts vermissen denn das sind mehr grüne Phantasien. Falls Sie einem eigenen Garten haben sollten werden sie schnell erkennen das ohne chemische Spritzmittel ihre Erträge vielleicht nur 30 Prozent ausmachen. Bauern sind mehr oder weniger gezwungen großflächig zu arbeiten und kostendeckend. Ich lebe in einer Gegend wo Großflächen-ohne Bio- und wahrscheinlich mit sehr viel Glyphosat bearbeitet werden. Die Preise für diese Ackerflächen haben sich in den letzten Jahren beinahe verdoppelt. Acker ist eine, wahrscheinlich die beste Kapitalanlage , zur Zeit. Hier will man Gewinne erzielen und weniger grüne Träume leben. Kapitalanleger ,auch aus dem Ausland, haben das erkannt und entsprechende Agenturen handeln damit. . Der Besitz von Acker hat zu allen Zeiten die Besitzer reich gemacht, noch dazu wenn man Billiglohnarbeiter aus Osteuropa etc. einsetzen kann. Das die Kimaveränderung diese Ackerflächen zunehmend austrocknet hat man in den letzten Jahren gesehen, wo man dann berieselt hat und dieses Wasser aus Seen entnahm die als Folge dann wiederum langsam austrocknen und irgendwann dann versteppt.

  4. @Golzower 04.03. 11:36

    „Ich lebe in einer Gegend wo Großflächen-ohne Bio- und wahrscheinlich mit sehr viel Glyphosat bearbeitet werden.“

    Ich kenne Bioanbau konkret nur aus dem auch professionellem Gemüseanbau, für Getreide oder Kartoffeln in der Tat nur die Theorie. Jedenfalls muss auch der Biobauer ganz gezielt Dünger besorgen, und macht dies durch Kompostherstellung, die einiges mehr ist als ein Misthaufen. Da gehört neben Pflanzenabfällen und Mist auch Kalk, Lehm und Vulkangesteinsmehl hinein, und man muss sehr genau darauf achten, dass der Komposthaufen weder zu nass, noch zu heiß wird, und ihn mehrmals umsetzen, bevor man ihn verwenden kann.

    Wenn man es dann aber geschafft hat, dann hat man einen echten Superdünger. Den kann man kaum überdosieren, und der ist langlebiger weil wenig auswaschbar, und spart auch bares Geld. Kunstdünger ist nicht nur sehr wasserlöslich und recht giftig für das Bodenleben, sondern auch teuer. Dem Aufwand der Kompostherstellung stehen die Kosten des Kunstdüngers entgegen.

    Jedenfalls sorgt Kompost für ein gesundes Bodenleben, was die Anfälligkeit der Nutzpflanzen für Krankheiten und Schädlingsbefall reduziert. Zusammen mit resistenteren Sorten und biologischer Schädlingsbekämpfung kommt man dann doch zu Erträgen, die nur wenig geringer sind als im konventionellem Anbau, dafür aber von höherer Qualität sind.

    Der Einsatz von Giften jedenfalls ist nicht nur auch teuer, und auch durchaus Arbeitsintensiv, sodass hier auch Luft ist für einigen Aufwand in der biologischen Schädlingsbekämpfung. Das fatale an Insektengiften ist ja gerade, dass die Nützlinge, die normalerweise die Schädlinge kurzhalten, von den Giften mehr getroffen werden, als die eigentlichen Schädlinge. Kann man entsprechend ganz auf den Gifteinsatz verzichten, dann hat man viele Möglichkeiten, Nützlinge einzusetzen.

    Auch alternative Unkrautbekämpfung ist möglich, wenn auch teuer. Unterm Strich sind Bioprodukte schon teurer, aber durchaus bezahlbar, wenn sie keine Nischenprodukte sind, die über kleine Bioläden verkauft werden. Die derzeitigen Bioangebote bei Aldi oder Rewe sind entsprechend oft nur 30 % teurer, und das ist die höhere Qualität meistens auch wert.

    „Die Preise für diese Ackerflächen haben sich in den letzten Jahren beinahe verdoppelt.“

    Das trifft die Biobauern wie die konventionellen Betriebe gleichermaßen. Da der Anteil der Pacht für den Boden meistens nur etwa 10% des Erlöses ausmacht, werden dann die Produkte nur 10% teuer, wenn sich die Pacht verdoppelt. Im letzten Jahr haben sich vor allem die Kosten für Kunstdünger, Gift und Energie verteuert, dass könnte Biobauern sogar weniger getroffen haben.

    „Hier will man Gewinne erzielen und weniger grüne Träume leben.“

    Bei entsprechenden Rahmenbedingungen erzielt man mit Bioanbau mehr Gewinne, und dem werden die Bauern dann nach und nach auch folgen. Das ist nur eine Frage des politischen Willens, insbesondere würde es schon fast reichen, wenn man die EU-Subventionen für die Landwirtschaft in den Dienst der Nachhaltigkeit stellen würde.

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