Deine Spuren im Sand – Wie Spurenfossilien entstehen können

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Ein relativ populärer Schlager von Howard Carpendale aus den 1970´er Jahren ging in etwa so:

Deine Spuren im Sand

Die ich gestern noch fand

Hat die Flut mitgenommen

Fussabdruck

Fußspur in lockerem Sand. Die wird die nächste Flut mit großer Sicherheit weg spülen. Eigenes Foto, CC-BY-NC-SA 2.0

 

Auch wenn es im Kern natürlich um jede Menge Herzschmerz ging, kann man durchaus auch eine geologische Weisheit daraus gewinnen. Es gibt wohl kaum etwas flüchtigeres, als ausgerechnet Spuren im Sand. Eigentlich sind Fußspuren überall sehr flüchtig und werden, auch das dürfte eine Alltagserfahrung sein, kaum längere Zeit sichtbar bleiben. Und doch, ab und an und unter glücklichen Umständen können Fußspuren von Lebewesen die geologischen Zeiten überdauern und uns mehr über ihre Verursacher erzählen, als es Knochen alleine könnten. Sie ermöglichen uns oft Einblicke in längst vergangene Ökosysteme, Verhaltensweisen ausgestorbener Lebewesen und oft auch in die Anatomie der die Spuren verursachenden Gliedmaßen. Ganz besonders spannend wird es dann natürlich, wenn die Urheber der Spuren unsere eigenen Vorfahren gewesen sind. Ein gutes Beispiel sind die Fußspuren von Laetoli. Einer netten Anekdote nach (Agnew & Demas 1999) wurde der Tuff mit den Hominidenspuren gefunden, als sich einige Wissenschaftler unter der Leitung von Mary Leakey mit getrocknetem Elefantenkot bewarfen und einer der Beteiligten den Geschossen ausweichend zu Boden ging.

Warum wurden die Spuren von Laetoli erhalten? Nun, in diesem Fall war der Zufall ziemlich hilfreich. Kurz bevor die drei Hominiden (und die anderen Lebewesen, die dort ihre Spuren hinterlassen haben), dort ihre Füße im buchstäblich in den Staub der Geschichte senkten, ist dort ein Vulkan mit dem Namen Sadiman ausgebrochen. Und dieser Vulkan hatte nicht nur die Landschaft mit seiner Asche bedeckt, diese Asche hatte auch dazu noch eine sehr interessante Zusammensetzung, sie war karbonatitisch. Wenn eine derartig zusammengesetzte vulkanische Asche mit Wasser in Berührung kommt, dann verhärtet sie sich. Es war also so ähnlich, als wenn die Lebewesen damals vor rund 3,6 Millionen Jahren in frischem Zement herumgelaufen waren. Kurz nach der Passage der drei Hominiden härtete die durchfeuchtete Asche in der afrikanischen Sonne aus und die Spuren konnten bis in unsere Zeit überliefert werden. Das Ganze funktionierte also so ähnlich wie bei Leuten, die ihre Hände oder Füße in frischen Gips (oder Zement) drücken, um die Abdrücke als Erinnerung aufzuheben. 

Nun werden Spuren ja nicht nur in karbonatitischer vulkanischer Asche überliefert, sondern auch in anderen Sedimenten. Tonhaltiger Schlamm, der nach dem Betreten in der Sonne aushärtet, dürfte den Zweck daher ebenso gut erfüllen. Vor allem, wenn er nach dem Aushärten von weiteren Sedimenten (am Besten mit einer anderen Zusammensetzung) bedeckt wird, die ihn nicht nur vor dem wieder feucht und weich werden schützen, sondern sich auch in der fernen Zukunft leicht von ihm lösen lassen, ohne die Spuren zu beschädigen.

Sandstrukturen

Faszinierende Sandstruktur. Die obere Schicht ist Salz verkrustet, der darunter liegende lockere und unverkrustete Sand wurde ausgeblasen. Das Bild hat Larry Bullock zu einem Haiku inspiriert. Eigenes Foto, CC-BY-NC-SA 2.0

Welche Bedingungen brauchen wir also, damit unsere Spuren im Sand nicht das von Howard Carpendale besungene Schicksal erleiden, sondern in der fernen Zukunft über uns erzählen? Mit karbonatitischer vulkanischer Asche funktioniert es also. Toniger Schlamm, der in der Sonne schön hart wird, könnte auch ganz gut klappen. Bei Sand ist es schon etwas schwieriger, denn Sand härtet ja normalerweise nicht so einfach von sich aus, wenn er in der Sonne liegt. Zumindest nicht so, dass sich die darin befindlichen Spuren auch über einen längeren Zeitraum erhalten. Und doch kann man manchmal bei einem Strandspaziergang beobachten, wie Spurenfossilien entstehen können. Ein sehr schönes Beispiel konnte ich im Frühjahr am Strand von St. Peter Ording entdecken. Die Sonne hatte den Sand am Strand ausgetrocknet und das zurückbleibende Salz die Sandkörner an der Sandoberfläche verkrustet. Dadurch konnten sich nicht nur teilweise recht bizarre Sandstrukturen halten, sondern eben auch Abdrücke von Füßen, die in dieses feste Substrat hinein getreten wurden.

Fussspur

Fußabdruck in dem mit Salz verkrusteten Sand mit frisch eingewehtem, lockerem Sand als Füllung. Diese Spur hätte durchaus eine größere Chance auf geologische Überlieferung als die im obigen Bild.  Eigenes Foto, CC-BY-NC-SA 2.0

Wenn nachfolgender Windtrockenen und lockeren Sand in die Abdrücke hineinweht, haben wir den ersten Schritt zur Bildung eines Spurenfossils schon getan. Jetzt darf die nächste Flut nur nicht das Salz aus dem Sand herauslösen. Und besonders schön wäre es natürlich, wenn der den Abdruck füllende lockere Sand nicht ebenfalls nicht nur die nächste Flut überlebt, sondern sich auch noch farblich von dem durch das Salz verhärteten Sand unterscheiden würde. Im Angebot wären eventuelle Schwermineralsande, wie man sie ab und an am Strand beobachten kann. Das würde dann in Etwa so aussehen, wie manche Scolithus Sandsteine, in denen ehemalige Wurmröhren aus dem Kambrium durch farblich abweichenden Sand gekennzeichnet sind. Es wäre also sehr unwahrscheinlich, aber eben nicht unmöglich, dass von unserem Strandspaziergang mehr bleibt, als nur die flüchtigen Eindrücke oder die Fotos, die wir aufnehmen.

Schwermineralseife

Rötlicher Schwermineralsand, hauptsächlich aus Granat und Magnetit sowie einigen anderen, schweren und schwer verwitterbaren Mineralen bestehend.  Eigenes Foto, CC-BY-NC-SA 2.0

Agnew, N. Demas, M. (1999): Rettung der Hominidenspuren von Laetoli. Spektrum 01/99, p. 62 – 71.

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Gunnar Ries studierte in Hamburg Mineralogie und promovierte dort am Geologisch-Paläontologischen Institut und Museum über das Verwitterungsverhalten ostafrikanischer Karbonatite. Er arbeitet bei der CRB Analyse Service GmbH in Hardegsen. Hier geäußerte Meinungen sind meine eigenen

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